Beweismittel Ag47 von Arcturus ================================================================================ Beweismittel Ag47 ----------------- 23. Dezember 2005 22:10 Uhr Whitehall; Britisches Zaubereiministerium; Abteilung für Rechtsmagie City of Westminster London     „Bitte was?“ Morgan zog ein Gesicht, als hätte Draco ihm gerade eine tote Katze zu Weihnachten geschenkt. Gut – irgendwie hatte er das auch. Sie saßen an seinem Schreibtisch in der Rechtsmagie, die Akten zum Fall Silversteen, zwei Becher mit Salted Caramel-Schwarztee und einen Niffler in einem Aquarium zwischen sich. „Ich möchte“, wiederholte Draco mit aller Geduld, die er vierzig Minuten nach Feierabend aufbringen konnte, „dass du den Fall weiterverfolgst.“ „Du hast mir eben gerade gesagt, dass die Explosion ein Unfall war!“ Draco schüttelte den Kopf. „Ich habe gesagt, ich weiß, woran er gestorben ist. Einen Unfall würde ich es nicht nennen, eher ein – wie sagt man? – allgemeines Arbeitsrisiko.“ „Draco, du bist nicht die Chinesin deiner Abteilung.“ „Bin ich nicht, stimmt. Aber ich weiß, wo Sue ihre Cantopop-Sammlung hat, wenn dir der Sinn danach steht?“ Einen Moment lang funkelten sie einander an – Draco Morgan, Morgan Draco und der Niffler ihre im Kerzenlicht glänzenden Armbanduhren – dann knickte Draco ein. Seufzend. „Schon gut, ich zeig es dir. Hier.“ Mit einer knappen Handbewegung schlug Draco die Silversteen-Akte beim Marker 'Photographien' auf. Er überblätterte die Bilder von der Leiche und die von ihrem Finger, bis er das Bild des Ringes fand. Auffordernd schob er die Akte über den Tisch. Morgans Miene verdüsterte sich augenblicklich. „Flamels Erben“, murrte er. Bereits sein Tonfall ließ erahnen, dass er die Gruppierung nicht nur vom Hörensagen kannte. „Die Söhne haben ähnliche Ringe. Aber deren Besitz ist nicht verboten.“ „Der nicht“, gab Draco zu. „Aber ich kenne mittlerweile das Süppchen, das Daddy in den Caves geköchelt hat.“ Ohne eine weitere Aufforderung zu benötigen, blätterte Draco erneut durch die Akte, weiter nach vorn, dieses Mal, bis er die Tabelle fand, die er suchte. Sein Blick huschte nur kurz über die Zeilen, dann tippte er auf die linke Spalte. „Ich habe vor Ort Proben genommen und im Nachgang auf mögliche Zaubertränke überprüft. Die gute Nachricht ist: Du musst keine weiteren Zauberstäbe auf Sprengzauber überprüfen. Die Schlechte: Das hier sind die Inhaltsstoffe, die ich dabei gefunden habe.“ „Moonseed … Nifflers Fancy … Erumpentpulver … Einhornblut …“, las Morgan vor und übersprang dabei noch die Hälfte von dem Zeug, das selbst Draco flau im Magen werden ließ. Bei jedem Wort zog er die Augenbrauen weiter zusammen. Schließlich pfiff er anerkennend. „Das ist nicht unbedingt die Standard-Einkaufsliste deines 08/15-Hobbybrauers.“ Draco nickte düster. „Exakt. Und das ist noch nicht alles. Nach den Analysen habe ich überprüft, ob es Zaubertränke gibt, in denen diese Zutaten gemeinsam verwendet werden.“ „Nichts legales, nehme ich an?“ „Nichts legales“, stimmte Draco zu. Sie tauschten einen Blick, dann sah Morgan zurück zu der Akte und der aufgeschlagenen Tabelle. „Aber?“ Draco wies, eher wahllos, auf eine der hinteren Spalten. „Es gab in der Vergangenheit immer wieder Magier, die mit diesen Sachen experimentiert haben. Nicholas Flamel, falls dir der Name was sagt?“ Morgan stöhnte. Er rieb sich die Schläfen, auch wenn Draco bezweifelte, dass das viel brachte – sehr ähnliche Kopfschmerzen verfolgten ihn, seit er einen ersten, kritischen Blick auf die Zutatenliste geworfen hatte. „Der Stein der Weisen.“ „Und Gold“, stimmte Draco zu. „Vor allem Gold. Ich würde gerne behaupten, dass Silversteen das Zeug nicht alles in einen Kessel geworfen und kräftig gerührt hat, aber die Magiespuren der Explosion sind ziemlich charakteristisch. Außerdem habe ich Spuren der Zutaten da drin gefunden.“ Er griff nach einem Plastiktütchen, das er ebenfalls für dieses Gespräch bereit gelegt hatte. Ohne den Inhalt zu mustern – denn ehrlich, er konnte das Zeug nicht mehr sehen – warf er Morgan die Tüte zu. Diese beäugte sie kurz und lief dann, als er erkannte, was er da gerade fest drückte, grün an. „Ist das-?“ Draco schenkte ihm ein dreckiges Grinsen. „Genau das, was du glaubst, dass es ist, ja. Bitte mach sie nicht auf.“ Der Geschwindigkeit nach zu urteilen, mit der Morgan das Tütchen fallen ließ, hatte er das – Merlin sei dank – nicht vor. „Du stocherst echt in …“ „Nifflerscheiße?“ Draco lächelte böse. „Willkommen in meinem Job.“ Auf der anderen Seite des Tisches schluckte Morgan heftig, den Blick abwechselnd auf das Tütchen und auf den Niffler gerichtet. Vermutlich dankte er Merlin gerade für seine Berufswahl. Nicht, dass Auror Dracos Meinung nach viel ekelfreier gewesen wäre. „Jedenfalls verdaut unser Beweismittel hier“, fuhr er fort und klopfte mit seinen Fingerknöcheln gegen das Aquarium, „so halbwegs alles. Insekten. Würmer. Das Übliche. Edelmetalle fressen sie auch, verdauen aber nur so viel, wie sie benötigen. Der Rest gibt ihrem Kot den charakteristischen Glanz. Was das Zeug von unserer Liste anbelangt – eher nicht. Das zersetzt sein Magen in seine Einzelbestandteile und scheidet es anschließend wieder aus. Was vorn an falschem Gold reingeht, kommt hinten in dunkelbraunen Kötteln wieder raus.“ „Das heißt“, griff Morgan den Faden auf, während er die Zutatenliste anstarrte, als könne sie ihn vor den Nifflerkötteln retten, „Silversteen hat nicht nur illegale Zaubertränke gebraut, sondern sie auch an seine Niffler verfüttert.“ „Bingo. Und wenn deine Zeugin recht hat, mit dem was sie sagt, werden seine Söhne dort weitermachen, wo ihr Vater versehentlich BOOM! gegangen ist.“ Morgan nickte langsam. Gedankenverloren griff er jetzt doch wieder nach dem Tütchen zwischen ihnen. Einen Moment lang starrte er es an, als wäre es Schuld an allem. Draco konnte ihm förmlich dabei zusehen, wie er sich von der Vorstellung, Weihnachten bei Ente und Plumpudding zu verbringen, verabschiedete. Er ließ ihm die Zeit, denn er kannte den Prozess – eine sehr ähnliche Erkenntnis ereilte Draco jedes Jahr aufs Neue, immer dann, wenn er feststellte, dass der von ihm beantragte Urlaub zugunsten der alten Cinderford abgelehnt worden war. „Nur eines verstehe ich nicht“, murmelte Morgan irgendwann. „Wenn dieser Niffler nur falsches Gold zu fressen bekommen hat … warum sind dann goldene Flecken in seiner … Kacke?“ Draco biss die Zähne aufeinander. Er hatte mit vielen Fragen gerechnet. Einige hatte er sogar erwartet. Diese jedoch hatte er eigentlich nicht hören wollen. „Weil … Beweismittel Ag47 hier“, er warf dem Niffler einen finsteren Blick zu, „im Gegensatz zu seinen Kameraden nicht nur falsches Gold gefressen hat.“ „Was hat er-“ Morgan beendete die Frage nicht. Draco musste ihm zugutehalten, dass er nicht lachte, als er verstand, was dort den natürlichen Weg gegangen war. „Oh.“ Er nickte. „Mein Vater ist außer sich. Ich habe mir heute früh drei Stunden lang anhören dürfen, wie unverantwortlich es von mir sei, den ach so wichtigen Siegelring meiner Familie zu verlieren, was für eine Schande ich wäre und das das alles Astorias Schuld sei.“ Tatsächlich klingelte die Empörung, auch jetzt noch in seinen Ohren. Leider half dagegen – und das hatte Draco schon zu Zeiten seiner Verlobung hinreichend ausprobiert – nicht einmal schnulziger Cantopop. Morgans Blick glitt indes von ihm zurück zu Beweismittel Ag47. „Und dann lebt er noch?“ Draco erlaubte sich ein dünnes Lächeln. „Natürlich. Mein Vater beklagt schon seit Jahren, dass seine Pfaue immer nach ihm picken. Ich dachte, ich schenke ihm ein neues Haustier.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)