Ta Sho von Turbofreak (die Outtakes) ================================================================================ Kapitel 3: Insiderinfos ----------------------- Durch das große Panoramafenster hatte er schon lange nicht mehr hinaus gesehen. Fireball stand neben seiner alten Satteleinheit und ließ den Blick über das Rollfeld schweifen. Momentan war niemand im Kontrollraum, sie hatten die Arbeit für diesen Abend mal wieder beendet. Wider Erwarten war auch Fireballs Vater eine große Hilfe bei den Berechnungen für den Zeitsprung. Einerseits war er Informationsquelle, welche Umstände bei seiner Zeitreise geherrscht hatten, andererseits kannte er unzählige Flugrouten um den Orbit des Königreichs. Fireball lehnte sich gegen seine Satteleinheit. Er war doch immer wieder erstaunt, welches Wissen und welchen Fundus an Spitzfindigkeiten sein Vater hatte. Der Knoten in ihrer Beziehung war lange schon geplatzt. Kein Wunder, immerhin hatte sich Fireball an jenem Abend wirklich alles von der Seele geredet. Seither fühlte er sich befreit. Der Captain war zuversichtlich, dass sie alles hinbekamen. Es bedeutete zwar, dass er seinen Vater wieder verlieren würde, allerdings wusste er nun, dass das der Lauf der Geschichte war und es auch bleiben musste. Der sternenübersäte Nachthimmel über dem Königreich war wunderschön anzusehen. Ein Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit hatte sich eingeschlichen. Fireball sank in die Satteleinheit des Piloten und lehnte sich entspannt zurück. Er hatte nie ganz vergessen, wie es sich anfühlte, auf Ramrod zu sein, das Gefühl wieder zu spüren und es genießen zu können, war zu herrlich. Fireball fühlte sich, als würde sich endgültig alles fügen und in sich stimmig sein. Seine Fingerspitzen glitten über das Metall, strichen an der Konsole entlang und über die Schubregler. Mit Ramrod konnte auch der beste Jet im Neuen Grenzland nicht mithalten. „Hier bist du also“, die einzige Frau kniete sich zur Satteleinheit des Piloten hinunter. Ihr war irgendwann aufgefallen, dass die kleine Toilettenpause länger als üblich gedauert hatte und hatte sich deshalb auf die Suche nach ihm begeben. Abgesehen davon herrschte ihr im Aufenthaltsraum einfach zu viel Trubel. Himmel, ihr hatten ihre drei Jungs an Bord locker gereicht, der Testosteronüberschuss, der momentan hier herrschte, spottete jeder Beschreibung. April setzte sich neben die Satteleinheit. Seit Ramrod hier war, hatte sie keine Gelegenheit gehabt, unter vier Augen mit Fireball zu reden. Das wollte sie nun nachholen. Die junge Frau war so unglaublich froh, zu Fireball wieder ein halbwegs normales Verhältnis zu haben. Sie waren sogar wieder Freunde. Deshalb empfand es April auch nicht, als würde sie sich mit Fireball hier vor den anderen verstecken. Mit einem versonnenen Lächeln sah Fireball zu ihr hinüber. Leise murmelte er: „Ich wollte Ramrod mal wieder einen Besuch abstatten, so wie früher.“ April nickte verstehend. Sie wusste, was er ihr damit sagen wollte. Mit einer Hand strich sie sich die Haare hinter die Schulter, die andere stützte sie auf dem Boden ab. Ramrod war immer so etwas wie ein Zuhause für sie alle gewesen, definitiv mehr als ein Jet es hätte sein können. Es war klar, dass sich Fireball auch jetzt noch hier wohl fühlte. Er hatte lange hier gearbeitet und auch gewohnt, hatte seine Freunde und seine Vertrauten hier um sich gehabt. Aber sie machte sich auch Sorgen. Sie waren seit einigen Tagen schon hier, Fireballs Vater war noch ein paar Takte früher hier gelandet und von Fireball hatte man bisher kaum eine Reaktion darauf gesehen. April wusste nicht, ob wirklich alles im grünen Bereich war. Beinahe schüchtern wollte sie wissen: „Geht’s dir gut, Turbo?“ Fragend zog Fireball die Augenbrauen zusammen. Er stand aus der Satteleinheit wieder auf und ging auf die große Glasfront zu. Dabei ließ er April allerdings nicht aus den Augen. Wie hatte sie die Frage gemeint? War er jetzt verstimmt, weil er die Flucht vorzog? April stand ebenfalls auf und ging zum großen Panoramafenster. Aufmerksam musterte sie ihren Freund und erkannte schließlich, dass er ihre Frage nur nicht zuordnen konnte. Ihre warme Hand legte sich auf seine Schulter, während sie ihm erklärte: „Ich mache mir ein paar Gedanken. Als wir in der Vergangenheit waren, hat dich das alles ziemlich mitgenommen. Und jetzt scheint es an dir vorbeizugehen.“ „Ich nehm’s nur, wie’s ist“, Fireballs Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. Er ließ April wissen: „und ich versuch das Beste draus zu machen. Ich genieße die Zeit gerade. Mein Vater ist hier, meine engsten Freunde auch und es ist ein herrlicher Sommer. Es wird alles schnell genug wieder vorbei sein. Versteh mich nicht falsch, natürlich würde ich meinen Vater lieber hier lassen und Ramrod nicht auf eine Reise mit fraglichem Ausgang schicken müssen, aber ich habe eines gelernt. Man kann dem Schicksal nicht dreinpfuschen.“ „Jetzt bin ich platt“, erstaunt ließ April ihre Hand sinken und blinzelte zu Fireball hinüber. Hilfe, da hatte sich in den letzten Monaten einiges verändert. April bemerkte nicht nur eine gewisse Reife in den Worten ihres ehemaligen Piloten sondern auch die Wärme in seinen Augen. Sie strahlten wieder. Während ihrer Affäre hatten seine Augen manchmal leer gewirkt. Das war nun wieder anders und verdammt, sie verlor sich beinahe in diesem Augenpaar, das glänzte und in dem der Frohmut wohnte. Sie glaubte Fireball jedes Wort, das er ausgesprochen hatte. April genoss seine Offenheit. Sie spürte, sie waren endlich wieder an dem Punkt angelangt, an dem sie vor ihrer Beziehung gewesen waren. Sie würden sich auch wieder ohne die anderen treffen und die Dinge tun, die sie früher schon gemeinsam getan hatten. Unbewusst griff April nach Fireballs Hand und senkte schüchtern den Kopf: „Das ist eine gute Einstellung.“ Kaum spürte er ihre zarten Finger zwischen seinen, drückte er sie sachte. Es fühlte sich richtig an. Er genoss ihre Nähe, ihre Gegenwart. Sein Blick ging zu den Sternen hoch, als er ihr gestand: „War ein steiniger Weg bis zu dieser Erkenntnis. Ich weiß, dass der Tag, an dem ich Vater von hier verabschieden werde, ein harter sein wird. Gerade deswegen, und weil ich ihn nie kennen gelernt hätte, wenn alles nach Plan gelaufen wäre, will ich die Zeit mit ihm so intensiv und bestens nützen. Vater weiß von seinem Schicksal und er wird es erfüllen.“ Sie lehnte sich an ihn und sah mit ihm in den Sternenhimmel auf. Auch, wenn ihr Freund im Moment stark und in sich gefestigt wirkte, hatte sie Angst vor dem besagtem Tag, an dem Ramrod mit Shinji abheben würde um ihn wieder in seine Zeit zurück zu bringen. April hoffte da auf das Gespür von Martin. Er beobachtete die zwei Schatten, die da aneinander geschmiegt standen und die Ruhe für einen Augenblick genossen. Lächelnd lehnte er sich gegen die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Shinji freute sich über diesen Anblick, sein Sohn und April waren sich also doch näher, als er zuletzt befürchtet hatte. Das junge Glück erwärmte sein Herz. Aber es schwang auch ein wenig Wehmut in seinen Gedanken mit. Shinji mochte die Bande um seinen Kurzen, vor allem die Stammbesetzung von Ramrod. Diese drei kannte er am längsten und auch wenn er bei Martin sofort erkannt hatte, dass dieser der Gegenpart zu Fireball in der Base war, so hatte er doch manchmal den Eindruck, dass Martin sich ihm gegenüber distanziert verhielt. Shinji konnte nicht ahnen, dass der Brasilianer und alle anderen von Fireball die strikte Anweisung bekommen hatten, nichts von der Zukunft zu erzählen. Das fiel naturgemäß allen schwer. Wie sollte man sich mit jemanden anfreunden, dem man nichts erzählen durfte? Plötzlich wurde er von jemandem angetippt. Es war Saber, der auf die Suche nach seinen verschwundenen Freunden gegangen war. Langsam war es spät geworden und zumindest den Freunden auf Ramrod stand der Sinn nach Schlaf. Der Schotte flüsterte ihm zu: „Wir warten auf dich.“ Shinji wandte sich mit einem sehnsüchtigen Lächeln um und ging von Saber begleitet aus dem Kontrollraum. Der ältere Hikari murmelte: „Sie wären ein hübsches Paar.“ Saber warf einen Blick über seine Schulter zurück in den Kontrollraum. Auch er sah das Gespann vor dem Panoramafenster eingehend an. Viel war nach dem Ausflug in die Vergangenheit geschehen, ein Anblick wie dieser erinnerte Saber daran, dass sich manches nicht so entwickelt hatte, wie sie alle gedacht hatten. Einige Dinge hatten ihnen zu schaffen gemacht, anderes wiederum war erfreulich gewesen. Die gravierendsten Änderungen hatte jeder von ihnen in seinem Privatleben erfahren. Saber glaubte sich manchmal noch daran zu erinnern, wie es vor ihrer Reise gewesen war. Meistens spielte er mit diesen Gedanken, wenn er mit June zuhause saß und in aller Seelenruhe in den Sternenhimmel aufsehen konnte. Einiges war schief gegangen, aber so wie es jetzt war, standen die Zeichen wieder auf Schönwetter. Sabers Augen glitten zum Captain zurück. Er dachte an dessen Worte. Shinji konnte es nicht wissen. Mit einem leichten Kopfschütteln führte Saber den Captain in den Aufenthaltsraum zurück. Er erklärte ihm: „Frag ihn lieber nie nach April.“ „Er schweigt sich diesbezüglich aus, aber ich hab Augen im Kopf, Junge“, Shinji blieb erneut im Flur stehen. Geradeheraus ließ er Saber an seinen Gedanken teilhaben: „Der Kurze hat April gerne, er ist nur zu feige, es ihr zu sagen!“ Saber verstand, was Shinji ihm da sagen wollte. Unweigerlich huschte ihm ein kleines Lächeln über die Lippen. ‚Gern haben‘. Saber fiel wieder ein, wie Fireball dieses gern haben vor einigen Monaten benutzt hatte. Es musste nicht immer das bedeutungsschwere Wort Liebe sein um zu beschreiben, welche Sehnsüchte in einem hausten, wenn man an den einen Menschen dachte. Saber war damals aufgefallen, dass Fireball niemals über Liebe sprach, wenn er von April erzählte. Sehr wohl aber hatte man dem jungen Mann ansehen können, was er für sie empfunden hatte und vielleicht immer noch für sie empfand. Gefühle ließen sich nicht wegreden und auch nicht durch Trennung ändern. Das wusste Saber. Schweren Herzens zerschlug der Highlander die unübersehbaren Hoffnungen des Captains, als er ihm eine Hand auf die Schulter legte und murmelte: „Sie sind Freunde, Shinji. Und das ist meines Erachtens auch besser so.“ Nach einer kurzen Pause fuhr Saber fort. Er wollte den Captain wieder ein wenig aufheitern. Schnell hatte er gemerkt, dass Shinji es bedauerte: „Keine Sorge, der Topf findet schon noch seinen Deckel. Er ist ja noch jung.“ „Er muss erst mal eine finden, die ihn erträgt“, mit einem unsicheren Grinsen wischte Shinji die Hand von seiner Schulter. Die Kinder hier wollten ihn trösten, ihn während seiner Zeit hier in Watte packen, in eine zuckersüße, rosa Welt stecken. Shinji wusste was in ihnen allen vorging. Die Kinder waren angespannt. Kein Wunder, trugen sie doch ein so großes Geheimnis mit sich herum und mussten es nun auch noch verstecken. Und bestimmt war es nicht einfach, einen Weg in die Vergangenheit zurück zu finden. Dann waren sich auch noch alle um ihn herum einig, einfach nichts Persönliches Preis zu geben. Er fand es ätzend. Aber er konnte sie auch verstehen. Mit einem wissenden Blick sprach Shinji weiter: „Wenn er wirklich mein Sohn ist – und Himmel diesbezüglich gehe ich mittlerweile jede Wette ein! – dann ist er gerade in einem unausstehlichen Alter.“ Saber wich erstaunt einen Schritt zurück: „Will ich wissen, woher du das so genau weißt?“ Shinji lachte indes munter auf. Die Reaktion von Saber gefiel ihm. Endlich konnte er mal aus dem Nähkästchen plaudern. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, erklärte er dem blonden Mann, wie er in Fireballs Alter gewesen war, welche Kämpfe er ausgefochten hatte, nur um sich Jahre später einzugestehen, dass sie allesamt unnötig gewesen waren. Selbst Ai, die er schon früh kennen gelernt hatte, war oft nicht im Stande gewesen, ihn zu beschwichtigen, ihn eines Besseren zu belehren. Bis er irgendwann Verantwortung übernommen hatte. Shinji wollte Saber keine Angst machen, das war nicht seine Absicht. Viel eher wollte er, dass Fireballs Freunde für etwaige bevorstehende kleinere und größere Krisen gerüstet waren. In jedem Fall waren manche Aussetzer leichter zu ertragen, wenn man wusste, dass es solche geben konnte. Der Schotte war mehr als dankbar für die guten Ratschläge. Er wusste, dass Fireballs Vater ihm ein Werkzeug in die Hände gab, den Wirbelsturm notfalls sogar von der Ferne aus etwas eindämmen zu können, sollte er losbrechen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)