Wichtelrunde von Adventshexen (Adventskalender 2016) ================================================================================ Kapitel 2: 2. Türchen --------------------- 2. Türchen   Es gab einige Dinge, die Zero nicht verstand. Die Euphorie, die viele in der Weihnachtszeit und meist auch schon gefühlte Ewigkeiten vorher an den Tag legten, war definitiv eines davon. Er hatte nichts gegen Weihnachten, gegen den Winter, gegen ein wenig festliche Stimmung und auch nichts gegen ein gewisses Maß an Vorfreude. Er war nicht der Grinch (auch wenn so manche Person, die ihn kannte wohl eine andere Meinung vertreten hätte), aber wenn es nach ihm ginge, würde der ganze Weihnachtszirkus um einiges gekürzt werden. Keine übertrieben Dekoration, kein Schnickschnack, wesentlich weniger Weihnachtsgedudel und entschieden weniger Leute mit übermäßig guter Laune. Bisher hatte es auch noch niemand übertrieben  und es waren ihm verhältnismäßig wenige Personen auf den Leim gegangen, bis auf Yuki (die gar nicht anders konnte), oder ihr Vater (der wesentlich anstrengender als seine Tochter war). Nur die erzwungene Teilnahme am Weihnachtswichteln ging ihm gegen den Strich. Ein kleiner Trost war jedoch das Wissen darum, dass er nicht der einzige an der Schule war, dem es so ging. Die Person, die er gezogen hatte, kannte er nicht einmal wirklich. Keinen einzigen Kurs belegte er zusammen mit Sasori und wusste dementsprechend herzlich wenig über ihn. Nicht, dass er irgendein Interesse an dieser Bekanntschaft gehabt hätte. Auf dem Schulhof erkannte er den Rothaarigen aus dem Naruto-Trakt, der immer mit seiner Clique von Idioten (Akatsuki nannten sie sich, wenn er sich richtig entsann) unterwegs war. Doch etwas Persönliches, wie etwaige Vorlieben oder Hobbys, hätte er beim besten Willen nicht aufzählen können. Am Ende würde ihm wohl nichts anderes als irgendein 0815-Standardgeschenk übrig bleiben. Eigentlich konnte es ihm ja auch egal sein, solange er nicht mit leeren Händen aufkreuzte. Es war etwas eine Woche vor der Weihnachtsfeier, als Yuki begann, ihn wegen dem Geschenk zu drängen. „Und, hast du schon ein Geschenk?“, fragte die Brünette, während sie zusammen im Gemeinschaftsraum des Vampire Knight-Trakts an ihren Hausaufgaben saßen. Er hatte zuvor schon nicht die beste Laune gehabt, doch mit dieser Frage löste sie bei ihm augenblicklich ein genervtes Stöhnen und ein Augenrollen aus. „Nein.“, antwortete er dennoch wahrheitsgetreu und konzentrierte sich sofort wieder auf das Lehrbuch vor ihm, entgegen besseren Wissens hoffend, dass das Thema damit abgeschlossen war. „Dann solltest du dir aber wirklich langsam mal Gedanken machen, so viel Zeit ist nicht mehr bis zur Feier.“, belehrte sie ihn mit tadelnd erhobenem Zeigefinger. Er hatte es kommen sehen. Wie konnte seine Kindheitsfreundin auch nicht einen ganzen – nebenbei bemerkt vollkommen unnötigen Vortrag daraus machen. Ohne sein offensichtliches Desinteresse zu beachten, fuhr sie fort. „Das Wichteln ist eine wichtige gemeinschaftliche Aktion. Es geht darum, anderen eine Freude zu machen und selber etwas zu bekommen, worüber man sich freuen kann. Außerdem bringt es uns als Schüler dieser Schule näher. Und wenn du nichts schenkst, kannst du auch nicht erwarten, dass man dich beschenkt.“ „Ich will doch auch gar nichts…“, warf er beiläufig ein, während er auf die nächste Seite blätterte. Er brauchte nicht einmal von dem elendig langen und unverständlich geschriebenen Text aufzusehen, um Yukis empörten Blick zu bemerken. Als er hörte, wie sie erneut zum Sprechen ansetzte, sah er schließlich auf und unterbrach sie. Auf noch mehr lehrreiche Beiträge zum gesellschaftlichen Wert des Wichtelns konnte er getrost verzichten. „Hast du denn schon etwas?“, drehte er daher den Spieß um, indem er ihre eigene Frage gegen sie verwendete. Und damit traf er genau ins Schwarze. Er konnte den Hauch des selbstzufriedenen Grinsens auf seinen Lippen nicht verhindern, als  er sah, wie sie ihn erst mit großen Augen ansah, nur um dann errötend den Blick abzuwenden. „N-noch nicht…“, gab sie betreten zu. Wenige Sekunden später sah sie ihn jedoch schon wieder entschlossen an. „Aber ich weiß schon genau, was ich schenke, ich muss es nur noch beschaffen.“, verteidigte sie sich energisch. Amüsiert über ihren kurzen Ausbruch hob er eine Augenbraue, beließ es dann jedoch dabei. Die Hausaufgaben machten sich schließlich nicht von allein. Die nächsten Tage vergingen wie im Flug und dann war es auch schon so weit. Die Weihnachtsfeier stand vor der Tür. Zuerst hatte Zero überlegt, ob er nicht einfach etwas später hingehen, das Geschenk abliefern und wieder gehen sollte. Jedoch wurde dieser Plan von einer viel zu gut gelaunten Brünetten verhindert, die eine halbe Stunde vor Beginn der Feier vor seiner Zimmertür stand, um sicherzugehen, dass er sich auch wirklich fertig machte und zur Feier kam. Daher blieb ihm gar nichts anderes übrig, als gleich zu Beginn da zu sein. Als er mit Yuki und Sayori in die Turnhalle kam, hielt er sofort nach dem roten Haarschopf Ausschau. Er wollte es hinter sich bringen und das Geschenk endlich loswerden. Es war zwar nichts Besonderes, aber die kleine weihnachtliche Geschenktüte mit ein paar spezielleren Naschereien würde genügen. Als Nervennahrung war es schließlich ein durchaus praktisches Geschenk. Vor allem in diesem Internat. Es dauerte nicht lange und er hatte die entsprechende Person gar nicht weit von sich entfernt entdeckt. Geschickt schlängelte er sich an den Bereits eingetroffenen Schülern vorbei und ging zielstrebig auf seine Zielperson zu. Dieser bemerkte den Silberhaarigen zeitig und kam ihm ein Stück entgegen. Er musste nicht erst die Geschenktüte sehen, um zu wissen, weshalb der andere zu hm kam. „Zero“, sagte er und nickte leicht, als ein Zeichen des Grußes. Der angesprochene wirkte einen Moment lang überrascht, fing sich dann wieder und drückte ihm stirnrunzelnd die Tüte in die Hand. „Frohe Weihnachten.“, sagte er in einem Ton, der seinen Gesichtsausdruck wiederspiegelte. Ein wenig amüsiert betrachtete Sasori das eben erhaltene Geschenk. Die kleine quaderförmige Tüte ein farbenfrohes Weihnachtsmannmotiv und war oben mit einer roten Schleife zusammengebunden. Nachdem er die Schleife geöffnet hatte, fanden sich in der Tüte einige Süßigkeiten. Keine, die man jeden Tag zu essen bekam. Mit einem schmalen, aber ehrlichen Lächeln sah er wieder zu seinem Gegenüber auf. Zugegeben, es war ein sehr einfaches Geschenk, aber es war immer noch wesentlich besser als das, was er im Allgemeinen erwartet hatte. „Danke.“, erwiderte er. Bevor er dem anderen jedoch ebenfalls frohe Weihnachten wünschen konnte, hatte dieser sich bereits wieder umgedreht und den Rückweg angetreten. Noch einmal betrachtete er die bunte Tüte. Von jemanden der so nach ‚Bah humbug!‘ aussah, hätte er definitiv etwas weniger kitschiges erwartet. Ein leichtes Schmunzeln lag noch immer auf den Lippen des Rothaarigen, als dieser sich wieder seinen hinter ihm langsam lauter werdenden Freunden zuwandte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)