Forever von Last_Tear ================================================================================ Kapitel 1: Sick cuz love you ---------------------------- In this moment We pretend we're all that matters We're endless Do you think this is forever? Wieso war er hier her gekommen? Das war doch absolut bescheuert. Ai schnaubte leise, während er den Bilderrahmen in seiner Hand drehte und sich schließlich müde aufs Bett sinken ließ. Der Holzrahmen hatte sich dunkel verfärbt über die Jahre, das Glas war gesprungen, aber das Bild darin war immer noch vorhanden und vielleicht der Hauptgrund, wieso er noch nicht wieder gegangen war, sondern wartete. Auf was auch immer. Vielleicht ein Wunder. Mit einem müden Lachen fuhr er sich langsam durch die Haare - er war so müde. Die letzten Jahre hatten deutliche Spuren hinterlassen. Es hatte ja nie einen wirklichen Krieg gegeben, aber die Gesellschaft war zerfallen, Stück für Stück mehr und auch, wenn er am Anfang keine Schwierigkeiten gehabt hatte, sich zu verteidigen und auf sich aufzupassen, war es schwerer geworden. Zuerst hatte er gedacht, dass es sinnvoller wäre, nach seinen Freunden zu suchen, aber diese schienen wie vom Erdboden verschwunden zu sein, von seinen Bandkollegen hatte er nur noch Überreste gefunden. Takas Haus schien komplett abgebrannt gewesen zu sein und er hatte Angst gehabt, nach dem Gitarristen zu suchen. Denn manche Dinge musste man nicht sehen um zu wissen, dass sie doch passiert waren. Naoki hatte er irgendwann zwar kurz gesehen, aber das war vor Jahren gewesen, als dieser versucht hatte, seine Frau und seine kleine Tochter in Sicherheit zu bringen und seitdem war er allein durch die Gegend gewandert. Kousuke war verschwunden, kein Lebenszeichen oder sonst ein Anzeichen davon, dass dieser noch lebte und nachdem er sich nicht getraut hatte, nach Hazuki zu suchen…Wieso war er überhaupt hier? Es war Jahre her, seit sie in diesem Haus gelebt hatten, damals waren sie noch zusammen in einer Band gewesen, jung und dumm und sich der Konsequenzen absolut nicht bewusst. Nachdem Hazuki Deathgaze verlassen hatte, hatte er es hier nicht mehr ausgehalten, hatte sich eine kleine Wohnung am Ende der Stadt gesucht und vielleicht verdankte er diesem Umstand mittlerweile sein Leben. Close your eyes The second hand has turned to wave goodbye In time, a faded scar is all that's left behind Till then you'll make believe And I will keep pretending forever Remember, I'll never forget about you Auch wenn das Dach hier eingestürzt war und die Trümmer überall herum lagen, die Wände schienen stabil zu sein, ebenso wie der Boden, hatte er ihn doch auch bis jetzt getragen und die wenigen Gegenstände, welche immer noch in diesem Raum standen. Außer ihrem alten Bett war das nur noch ein Schreibtisch, an dem sie Songtexte geschrieben hatten - seine alten Gitarren und Bässe waren längst zerstört, der Kleiderschrank welcher an der linken Wand gestanden hatte, war wohl als Feuerholz geendet, wenn man von den Spuren ausging und die ganzen Poster lagen zerfetzt auf dem Boden. Alles was noch überdauert hatte, war ihr Bild gewesen - auch wenn es wirkte, als hätte jemand darauf herumgetrampelt, aber das hatte dem Foto kaum etwas anhaben können und mit einem leisen Lachen schloss Ai die Augen, schüttelte nur erneut den Kopf. „Ich bin bescheuert. Wieso sollte er überhaupt noch mal her kommen?“ Jetzt, wo die Gesellschaft sich langsam erholte - weit weg von den Städten, die meisten Menschen lebten mittlerweile in den Wäldern in kleinen Gruppen zusammen, aber es gab eben doch eine Gemeinschaft und man traf sich ab und an einfach um sich auszutauschen, aber er hatte es dort nicht mehr ausgehalten. Es war zu sehr auf heile Welt bedacht, auch wenn es hieß, dass Wunden heilen würden mit der Zeit, seine waren es nie. Vielleicht die körperlichen, welche er sich bei zahlreichen Kämpfen zugezogen gehabt hatte, aber niemals die seelischen. Hazukis Verlust hatte ihn viel härter getroffen, als er es je hätte zugeben wollen, weswegen er sein bestes versucht hatte, den Schmerz zu verdrängen und als das alles nichts mehr geholfen hatte, hatte er ihn versucht zu betäuben, mit jedem Mittel das ihm eingefallen war - meist war es Alkohol gewesen. Teilweise auch Frauen, ab und an auch Beides. Hauptsache er musste sich dem grauenvollen Schmerz in seinem Inneren nicht stellen. Und trotzdem sah er Hazuki vor sich, wenn er die Augen schloss, selbst als sie nach langer Suche einen neuen Sänger gefunden hatten, schien es absolut nicht besser zu werden. Es war, als hätte Hazuki ihm damals das Herz herrausgerissen und mit sich genommen, nichts als eine bittere Leere hinterlassend, welche durch nichts gefüllt oder verändert werden konnte. Und jetzt konnte er ihm nicht mal sagen, dass es ihm Leid tat und sie vermutlich Beide überreagiert hatten. Two hearts beating One beats the other While the other just looks away Two hearts dreaming nightmares together Leaving nothing more, nothing left to say Es war zu viel Zeit vergangen, dass wurde ihm nur mehr und mehr bewusst. Jahre die zwischen ihnen standen, voller unausgesprochener Gefühle und Ängste…Was erhoffte er sich hier eigentlich? Er würde nicht kommen, wenn er nicht mit viel Pech sogar damals gestorben war. Vielleicht sollte er schauen, dass er hier weg kommen würde, der Himmel färbte sich bereits, es war Mittag gewesen, als er hier angekommen war, aber nachdem er bereits etwas gegessen und sich überall genau umgesehen hatte, nur um sicher zu gehen, dass er hier allein war, näherte es sich dann doch langsam dem Abend und hier würde er wohl kaum schlafen können. Oder sollte er es riskieren? Machte es überhaupt noch einen Unterschied? Ai summte leise, bevor er eine Hand ausstreckte und schwach lächeln musste, während er sich vorstellte, dass es einfach so wäre wie früher. Ihr heiles Zuhause, Hazuki der von seinem Nebenjob nach hause kommen und ihn küssen würde, bevor sie sich ans gemeinsame Kochen gemacht hätten…“Happy Birthday to me…“ Ai hatte nicht mal bemerkt, dass ihm die Tränen gekommen waren, als er begonnen hatte leise zu singen und schlussendlich rollte er sich nur müde auf dem Bett ein - es war zu spät. Hazuki würde nie wieder zu ihm zurück kommen. Das Haus war zerstört, verdankte es wohl nur der etwas abgeschiedenen Lage, dass keine Diebe mehr dieses durchsuchten. Gras wuchs in allen Ecken, der Keller war garantiert überflutet worden und und die Treppe, welche hier nach oben in den ersten Stock führte war auch nicht mehr so stabil wie sie aussehen mochte. Gut, die Stufen schon, das Geländer weniger. Dafür hatten sie sich damals eben für Steinstufen entschieden, weil diese länger hielten. „SCHEISSE VERDAMMT!“ Mit einem Fluch hatte Ai schließlich den Bilderrahmen von sich geworfen, dass das restliche Glas welches noch heil gewesen war, an der nächsten Wand zersplitterte und er bereute es fast augenblicklich - was konnte denn das Bild dafür, dass die Welt ein ungerechter Ort war an dem Dinge passierten, welche niemand vorhersehen noch planen konnte? „Ich würde alles dafür geben, wenn du jetzt hier wärst…“ Jemand zum Kuscheln und in den Arm nehmen war aber offensichtlich doch zu viel verlangt, denn alles, was Ai antwortete war Stille - aus der Ferne drangen zwar Geräusche an seine Ohren, aber er ignorierte diese - selbst wenn es Gefahr sein sollte, welche sich ihm zu nähern drohte, er war zu müde von den ganzen Jahren in denen er versucht hatte, sich ein neues Leben aufzubauen und gnadenlos gescheitert war. Ob er sich mit Hazuki je hätte aussprechen können, wenn die Gesellschaft nicht zusammen gebrochen wäre? As life goes on I know that time will tear us apart And take you away And when you're gone I'll wake up with a hand on my heart And a foot in my grave Er konnte sich noch zu gut an dessen Gesicht erinnern, als er ihn gefragt hatte, ob sie zusammen ziehen wollten. Das Haus war damals ein Erbe seines Vaters gewesen, dass er zwar angetreten gehabt aber danach doch festgestellt hatte, dass er nicht allein einziehen wollte, weil es zu groß war. Immerhin, eine große Küche, ein Wohnzimmer unten, ein Wohnzimmer im ersten Stock, zwei Badezimmer und dazu noch drei Schlafzimmer…Nachdem Hazuki eingezogen war, hatten sie aus dem größten Schlafzimmer ihr Zimmer gemacht, ein weiteres Schlafzimmer war zum Gästezimmer geworden und das dritte Schlafzimmer war eben Hazukis Zimmer geworden, dass dieser ebenfalls noch einen Rückzugsort hatte, wenn sie Abstand voneinander brauchten. Und jetzt? War alles zerstört, die Möbel verbrannt, die Küche hätte noch funktioniert, wenn Elektronik noch vorhanden gewesen wäre, aber so war einfach alles nutzlos. Der Ofen, die Mikrowelle. Ihre geliebte Kaffeemaschine, nichts mehr zu gebrauchen. Das untere Wohnzimmer war komplett verwüstet worden, Brandspuren auf dem Boden legten nahe, dass auch dort Feuer angezündet worden waren und der Garten strotzte nur so von Unkraut und jungen Bäumen. Es war eigentlich ein Wunder, dass das Fenster in ihrem Schlafzimmer noch heil geblieben war, waren es die anderen Fenster doch nicht, aber gut, vermutlich hatte dies hier immer als Zufluchtsort gedient, für wer wusste schon wie viele Menschen. Mittlerweile war es auf jeden Fall spät genug, dass er sich auf den Weg machen sollte, aber Ai murrte nur leise auf - er wollte sich nicht bewegen. Auch wenn er hier nicht sicher war und sich kaum würde verteidigen können. Alles was er als Waffe hätte benutzen können, wären die Glasscherben gewesen und diese waren mittlerweile komplett außer Reichweite. Aber gegen einen Eindringling sollte er sich noch verteidigen können, wenngleich sich Ai fragte, was überhaupt jemand hier noch suchen wollte, immerhin, das Haus war längst geplündert, absolut nicht mehr bewohnbar und er war nur hier her gekommen, weil er gehofft hatte. Weil er der Meinung gewesen war, das sich etwas geändert hatte. Weil er ein Mal auf sein verdammtes Herz hatte hören wollen, was ihm dieses verfluchte Problem überhaupt erst eingebrockt hatte. Wie blöd war er eigentlich gewesen, darauf zu hoffen, Hazuki wieder zu finden und dann auch noch hier? Jahre nachdem sie sich getrennt hatten und eigene Wege gegangen waren? Nur erneut seufzte Ai tief auf, wenn er doch nur wenigstens noch Zigaretten gehabt hätte, das wäre so viel praktischer, dann hätte er jetzt wenigstens eine rauchen können, wobei er schwach lächeln musste, als er gleich wieder Hazukis mahnende Stimme im Ohr hatte, dass Rauchen im Bett tödlich enden konnte und er gar nicht auf die blöde Idee kommen sollte, sich das anzugewöhnen, weil er ihn dann gleich rauswerfen würde, egal ob das sein Haus war oder nicht. I could never speak anyway What you wanted to hear I couldn't convey We were just sinking too fast to save The two of us Whispering away „Oh Hazuki…“ Mit einem letzten Blick in den Abendhimmel drehte sich Ai auf die andere Seite, dass er die Tür im Blick hatte oder besser - die Mauer, welche mal Tür samt Rahmen beeinhaltet hatte, aber jetzt nur noch eine Öffnung aufwies, welche ins Unbekannte führte. Auch wenn er wusste, dass unten nur die Küche war, erschauderte Ai leicht - jetzt war es auch zu spät um zu verschwinden und wenn er ein Feuer anzünden würde, würde ihn wohl doch noch jemand entdecken und er wollte sich gar nicht ausmalen, was dann los wäre. Blöd, dass er keine Decke eingepackt hatte. Als er dieses Mal Geräusche hörte, saß er dafür senkrecht im Bett - ok, das klang gar nicht mal mehr so weit entfernt wie davor noch. Eher sogar sehr sehr nah. Zu nahe für seinen Geschmack aber leider auch viel zu nahe um sich unbemerkt verstecken zu können. Verdammter Mist. Hatte also doch noch jemand den Weg hier her gefunden. Aber wieso? Was sollte jemand in diesem Haus noch suchen? Langsam setzte er sich doch wieder auf, wobei er sich an die Wand hinter dem Bett drückte und für einen Moment die Augen schloss, sich zwang tief durchzuatmen. Hatte er vorhin nicht noch behauptet, es wäre ihm egal, wenn er sterben würde? So viel eben dazu. Aber vielleicht hatte er ja Glück und der Eindringling würde sich nur die unteren Räume ansehen. Jedoch starb diese Hoffnung sofort, als er Schritte auf der Treppe hören konnte und in diesem Moment verfluchte er sich dafür, dass er Parkett für den oberen Stock genommen hatte - mittlerweile war das Holz alt und knarrte wenn man nicht aufpasste. Noch ein paar Meter und er wäre entdeckt. Innerlich bereitete sich Ai bereits auf einen Kampf vor, er hatte nicht vor, sich in der Abenddämmerung in seinem alten Ehebett abstechen zu lassen…Womit er jedoch nicht gerechnet hatte, war die Taschenlampe, welche ihm direkt ins Gesicht leuchtete, als der Kerl ums Eck kam und dann…“Ai?!“ Bitte? Hatte er gerade seinen Namen gehört? Um sich vor dem Licht zu schützen, hatte er die Arme vor die Augen gerissen, zuckte dementsprechend erstmal heftig zusammen, als die Matratze sich senkte und sah dann mit großen Augen auf sein Gegenüber, welches zum Glück die Taschenlampe mittlerweile abgelegt hatte, dass ihr Lichtkegel nicht mehr ihn direkt traf. Das musste ein Traum sein. Das konnte nur ein Traum sein. „Hazuki…“ Sekundenlang traute sich keiner von ihnen, sich zu bewegen, bis Ai nicht anders konnte, als sich dem Anderen in die Arme zu werfen und ihn dann mit einer schnellen Bewegung unter sich aufs Bett zu pinnen und verlangend zu küssen. Als sie sich wieder voneinander lösten, standen Beiden Tränen in den Augen und Ai schluchzte leise auf, während er sich richtig an seinem Gegenüber festklammerte. „Was machst du Idiot denn noch hier?“ Hazuki lächelte nur schwach, während er seinem Freund vorsichtig ein paar blonde Haarsträhnen aus dem Gesicht strich und ihn mit der freien Hand enger an sich heran drückte. „Ich hab dich gesucht…Happy Birthday, Ai.“ Dieser lachte nur erstickt auf, bevor er Hazuki nur erneut geküsst hatte und sich dann neben ihn rollte, dass er es sich richtig bequem machen konnte. „Alles Gute zum Jahrestag, Hazuki.“ Offensichtlich konnten Träume doch noch wahr werden. You are my hope You are also, my hopelessness If you are my vacancy I would become your ocean Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)