Status Quo von xCxJx ================================================================================ Kapitel 13: ------------ Biep.   Biep.   Biep.   Biep.   Biep.   Biep.   Langsam erwachte Draco von diesem immer wiederkehrenden nervtötenden Geräusch. Er fühlte sich grässlich wie noch nie in seinem Leben. Sein Bein und sein Arm taten ihm weh, sein Kopf fühlte sich an als wäre er tausendfach gespalten worden. Am liebsten wollte er wieder einschlafen und rollte sich deshalb zur Seite. Als sich damit ein weiterer stechender Schmerz in seinem anderen Arm meldete, stoppte er die Bewegung und legte sich wieder auf den Rücken. Nach einigen Minuten fiel er tatsächlich in einen unruhigen Schlaf.     Es war heiß, unerträglich heiß. Er bekam kaum Luft und sehen konnte er genauso wenig. Noch ein paar Sekunden vergingen, bis er bemerkte, dass er doch etwas sah. Nämlich rabenschwarzes Haar. Und es dauerte einen weiteren Moment, um zu begreifen, dass er sich wieder im Raum der Wünsche befand. Im Dämonfeuer.   Die schwarzen Haare gehörten Potter und seine Arme hatte Draco um den Gryffindor-Zauberer geschlungen als hinge sein Leben davon ab. Was es ja auch irgendwie tat. Sein Herz klopfte wie wild, genauso wie Harrys, und dennoch fühlte er sich in Gegenwart des Gryffindors fast sicher. Heute wusste er, dass es noch etwas dauern würde, bis er begreifen würde, dass sich seine Einstellung Harry gegenüber begonnen hatte zu verändern.   Die Szene wechselte.   Verstört lief Draco den Gang entlang.   Er war frei.   Er war freigesprochen worden. Eigentlich hätte er sich darüber freuen müssen. Er hatte nun ein Leben, eine Zukunft vor sich. Stattdessen fühlte er sich überfordert. Plötzlich bemerkte er, dass er gegen etwas gelaufen war, etwas Warmes, Weiches. Jemanden. Er war so sehr in seinen Gedanken gefangen gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, dass er nicht alleine war. Potter war auch da, wie immer. War er etwa bei seiner Verhandlung gewesen? Vielleicht sogar bei allen? Harrys Gesichtsausdruck wechselte von überrascht zu freundlich.   „Viel Glück für alles Weitere“, sagte Harry mit einem Lächeln, drückte ihm aufmunternd die Schulter und ging dann weiter.   Obwohl Draco es sich nicht eingestehen wollte, konnte er nicht verhindern und nicht ignorieren, dass ihm dieser kurze Augenblick tatsächlich Mut gab, als hätte Harrys aufmunterndes Drücken eine Last von ihm genommen. Und mit einem Mal war sein Kopf wieder klar. Er war ein Malfoy. Als nächstes sollte er seine Energie auf die Prozesse seiner Eltern verwenden, anstatt Trübsal zu blasen...   ...Jetzt war er plötzlich in der Winkelgasse. Es war ein sonniger Frühlingstag und unter seinem Arm befanden sich ein paar Bücher, die er gerade erstanden hatte. Seine Füße trugen ihn zu Mr. Ollivander's. Genau in dem Moment, als er sich fragte, was er hier wollte, fiel ihm ein, dass sein Zauberstab weg war. Nur wieso war er weg? Irgendwie konnte er sich nicht genau erinnern. Aber er brauchte auf jeden Fall einen neuen Zauberstab. Als er die Tür geöffnet und den Laden betreten hatte, befand er sich stattdessen in Tinworth. Fröstelnd schlug er den Kragen gegen den kalten Herbstwind hoch. Er konnte sich daran erinnern, dass es nach einem Besuch bei einem alten Bekannten war und er nun auf dem Weg war, zum nächsten Bekannten. An der Ecke blieb er abrupt stehen. Weiter runter die Straße hatte er Harry Potter erblickt. Potter lief mit einem anderen jungen blondhaarigen Mann die Straße entlang. Draco konnte sehen, dass sie sich unterhielten, auch wenn sie viel zu weit weg waren, um sie zu verstehen. Aus irgendeinem Grund ließ das Draco trotzdem wütend werden und gerne hätte er ihnen ihr Lächeln aus dem Gesicht gewischt. Schnell ging er wieder zurück in die andere Straße und in den Hauseingang. Eigentlich hatte er gedacht, nachdem er aus der Schule war, der Krieg und die Prozesse vorbei waren, würde er Potter deutlich weniger sehen. 'Eigentlich' stimmte in dem Fall überhaupt nicht. Er lief ihm alle paar Wochen über den Weg. „Hab' ich dir schon erzählt, Kyle, was Teddy letztens gemacht hat?“, hörte er Harry fragen, während sie an ihm vorbei liefen.   Draco wartete noch einen Moment, dann ging er wieder zurück in die Straße und setzte seinen Weg fort. Wenn er pünktlich sein wollte, musste er sich beeilen. Der ehemalige Todesser, den er treffen wollte, legte viel Wert auf Pünktlichkeit. Warum der Ort aber inmitten von Muggel war, das konnte er sich wirklich nicht erklären. Verärgert über Potters erneutes Erscheinen und über die Anforderungen des Ex-Todessers, apparierte er.   Biep.   Biep.   Biep.   Biep.   Schon wieder dieses Geräusch, aber lauter, durchdringender. Als Draco dieses Mal aufgewachte, fühlte er sich keineswegs besser. Eher noch grässlicher, da er nicht mehr so schläfrig war. Während er versuchte erneut einzuschlafen überlegte er, wo er war und wie er herkam. Immer noch nicht ganz hellwach, kramte er nach seinen Erinnerungen. Potter. Und Menschen in merkwürdiger, grüner Kleidung. Ein... Weihnachtsmarkt. Er wollte Potter, nein, Harry etwas sehr persönliches sagen. Ruckartig setzte er sich auf und spürte an seinem Körper mehrere Widerstände. In seiner Nase hing ein Schlauch, an seinem Arm hing ein anderer Schlauch, auf seiner Brust waren weitere. Der Schlauch an seinem Arm führte zu einem Beutel mit durchsichtiger Flüssigkeit, die anderen Schläuche verliefen in einem merkwürdigen Gerät zusammen, auf dem eine Linie zu sehen war, die einen unregelmäßigen Ausschlag hatte. Er beobachtete es eine Weile, bis er begriff, dass diese Linien und Piepsen seinen Herzschlag wiedergaben.   Der Raum, in dem er lag, war spartanisch eingerichtet, nur das Kreuz über seinem Bett war ein dekorativer Fehlschlag. Wer hängte sich schon zwei kreuzende Holzstöckchen ins Zimmer? Sein Beistelltisch war ungewohnt leer, normalerweise erhielt er Geschenke, wenn er in einem Hospital war. Potter sollte wirklich an seiner Etikette arbeiten. Andererseits, vielleicht war er noch nicht so lange hier. Oder die Muggel erlaubten keinen Besuch. Und dass es ein Muggel-Hospital war, erkannte er daran, dass es einen Fernseher gab. Muggel! Muggel konnten nicht zaubern! Bestimmt würde eine hässliche Narbe zurück bleiben! Draco zerrte an dem viel zu langen Kittel und begutachtete seinen Bauch. Nichts. Gar nichts. Auch als er ihn abtastete, konnte er nichts spüren. Erleichtert atmete er auf. Die Muggel schienen mehr ohne Magie bewältigen zu können als er ihnen zugemutet hätte. Aber erstaunlicherweise hatte er an seinen Beinen und Armen blaue Flecken entdeckt, die sie wohl nicht entfernen konnten. Darum machte er sich vorerst weniger Sorgen, blaue Flecken verschwanden wieder von allein.   Draco wusste nicht, was er nun tun sollte, also schaltete er den Fernseher an und wartete darauf, dass sich jemand um ihn kümmerte. Schließlich konnte unmöglich von ihm erwartet werden, dass er all die Schläuche allein entfernen würde. Wenig später klopfte es und eine ganz in Blau gekleidete Frau trat ein.   „Ah, Sie sind wach“, sagte sie erfreut und schloss die Tür. In der Hand hielt sie ein Klemmbrett. „Nun, wie geht es Ihnen denn?“ „Fürchterlich“, gab Draco ohne Umschweife zu, auch, wenn er bezweifelte, die Frau würde verstehen, dass er primär den Aufenthalt in einem Muggel-Hospital meinte. Sie lachte. „Wir müssen noch kurz die Formalitäten klären, dann lasse ich Ihnen etwas zu Essen kommen. Der Arzt wird auch noch vorbeischauen und Ihnen bestimmt etwas gegen Ihre Schmerzen geben.“ Draco ließ das alles über sich ergehen, was hatte er auch für eine Wahl? Schließlich ging sie und kam mit einem Tablett Essen und dem Heiler, oder Arzt wie sie ihn nannte, zurück. Sie stellte das Tablett auf seinen Krankenbetttisch ab, dessen Ablage er zu sich ziehen konnte.   „Nun, Mr. Malfoy, das hier ist Dr. Hunter. Er wird mit Ihnen alles Weitere besprechen.“ Die Frau verließ das Zimmer.   Während Draco dem Arzt zuhörte, würgte er das Essen hinunter. Es schmeckte fast so grässlich wie er sich fühlte, aber er hatte so großen Hunger, dass es ihm egal war. Dem Arzt nach hatte er eine leichte Gehirnerschütterung, nichts weiter bedrohliches. Da er aber im Koma gelegen hatte, sollte er noch ein paar Tage zur weiteren Beobachtung dableiben.   „Okay, Mr. Malfoy, wenn sonst nichts ist, sehe ich Sie morgen Abend wieder. Ah, beinahe hätte ich es vergessen. Sie hatten keine Dokumente bei sich, wenn jemand kontaktiert werden soll, geben Sie Mrs. Jennings Bescheid.“   Dass Draco keine Dokumente dabei hatte, das verstand er noch. Aber war Harry nicht nachgekommen? Er hatte doch gesehen, ihn doch selbst verletzt. Draco konnte sich nicht vorstellen, dass Harry nicht wenigstens versucht hätte hierher zu kommen.   „Mr. Malfoy?“, fragte ihn der Arzt mit hochgezogenen Augenbrauen. Vermutlich dachte er, Dracos Abwesenheit war eine Nachfolge der Gehirnerschütterung.   „Ja, schicken Sie sie her.“   „Ich werde Mrs. Jennings Ihre Bitte ausrichten, sie kommt, wenn sie Zeit hat“, sagte der Arzt leicht tadelnd, während er aus dem Zimmer ging.   Wenig später öffnete sich die Tür erneut und herein kam die Frau von vorhin. „Was gibt es?“, fragte sie lächelnd. „Während dieses Unfalls war ein Bekannter anwesend. Ist er nicht hier?“   Die Krankenschwester blickte ihn beinahe mitleidig an. „Nein, Mr. Malfoy, es hat sie niemand besucht. Tut mir Leid. Nur als sie eingeliefert wurden, ist eine Frau kurz da geblieben, um den Ausgang abzuwarten.“ „Frau?“, fragte Draco verwirrt. Bestimmt meinte sie jemanden von den in grün Gekleideten. „Ja. Die junge Dame hatte den Notruf gewählt. Sie sagte, sie kenne Sie nicht, aber hätte beobachtet, wie Sie von einem Hund angegriffen worden seien.“   Draco war noch mehr verwirrt. Hund? Das war doch ein Brieföffner.   „Hm, die Frau hat kurze, nun ja“, die Krankenschwester lächelte entschuldigend, „sehr unordentliche, schwarze Haare und trägt eine Brille. Sie war wie Sie ziemlich durchnässt. Klingelt da etwas?“   Ein verschwommenes Bild von einer dunkelhaarigen Person tauchte vor seinem inneren Auge auf. Damals hatte er diese Person wegen dem Dreckwasser in seinen Augen nicht unzweifelhaft erkennen können.   „Ich erinnere mich, aber die Sache mit dem Hund ist doch schon ein paar Tage her. Gestern war ich auf dem Weihnachtsmarkt und weil ein Betrunkener Potter angerempelt hatte, hat er mir den Brieföffner in den Bauch gestoßen“, stammelte Draco verwirrt. Er hörte, wie die Maschine schneller zu piepsen begann und die Krankenschwester nahm seine Hände. Sofort entzog er sie ihr, aber sie schien es ihm nicht krumm zu nehmen.   „Mr. Malfoy, beruhigen Sie sich. Dass Sie ein paar Dinge durcheinander bringen oder sich nicht mehr erinnern, ist nach einer Gehirnerschütterung ganz normal. Sie werden sehen, bald werden Sie sich wieder an alles erinnern.“   „Und Sie sind ganz sicher, dass das eine Frau war? Kein Mann, der Potter heißt?“, fragte Draco und griff jetzt doch nach ihrer Hand, da sie sich zum Gehen gewandt hatte.   „Ja, ich bin ganz sicher. Sie sind eingeliefert worden, weil Sie von einem Hund angefallen wurden. Dabei haben Sie sich den Kopf vermutlich an einem Stein gestoßen. Bedenklich war auch noch, dass das Ganze an einem Watt mit Flut passiert ist. Wir hatten befürchtet, dass Ihr Gehirn zu lange einen Sauerstoffentzug hatte. Aber Sie hatten wirklich sehr viel Glück gehabt. Wir werden beobachten, ob und welche eventuellen Folgeschäden Sie noch haben werden, aber Ihre Genesungschancen sehen wirklich gut aus. Um wieder zu Ihrer Frage zurückzukommen, die junge Dame ist auf Sie aufmerksam geworden, weil Sie nach ihr geschrien hatten. Sie hat erzählt, dass Sie sie bestimmt in dem ganzen Durcheinander gar nicht richtig wahrgenommen und deshalb verwechselt haben. Glauben Sie mir, hier war niemand mit dem Namen „Potter“ und schon gar kein Mann. Sie sind wegen dem Zwischenfall mit dem Hund eingeliefert worden.“   „Mrs. Jennings“, rief er ihr nach, weil sie schon fast die Tür erreicht hatte.   „Ja?“ Sie drehte sich zu ihm um.   „Kann es sein, ist es möglich, dass man während eines Komas träumt?“   „Ja“, antwortete sie, „das kommt durchaus vor, auch bei einem kurzen wie Ihrem.“ Leise zog sie die Tür hinter sich zu. Draco ließ sich zurück ins Bett sinken und versuchte, die chaotischen Dinge in seinem Kopf zu ordnen.   Dass er nicht von Harry Potter gerettet wurde. Dass er nicht eine unerwartet sympathische Seite an Harry kennen lernen durfte. Dass er nicht wusste, ob Kyle tatsächlich dieser nette, schmierige Freund Harrys war. Dass er nicht mit Harry auf dem Weihnachtsmarkt war und nicht diesen Unfall hatte. Dass er Harry nicht sagen konnte, was er wirklich über ihn dachte und fühlte. Dass er es Harry niemals würde sagen können. Dass das Alles niemals passiert war.   Aber dass die Gefühle für Harry Wirklichkeit waren.   Er konnte es nicht, er konnte sich nicht ordnen. Die verschiedenen Gefühle waberten wirr in ihm herum. Am schlimmsten war die Machtlosigkeit, weil die Realität eine andere war und er sich deshalb genauso fühlte wie zu Zeiten Voldemorts. Wieder hatte er nur einen flüchtigen Blick in ein anderes Leben werfen können, nur damit er umso gnadenloser in die harte Realität zurückgestoßen wurde. Plötzlich packte ihn die Wut und er fegte die Gegenstände von seinem Beistelltisch. Eine Zeitung, welche ebenfalls dort gelegen hatte, fiel aufgeschlagen auf dem Boden auf und ein Artikel der Sparte Spirituelles sprang ihm ins Auge: „Alles ist im Fluss, alles ändert sich“. Bitter lachte er auf. Nein, dachte Draco, es änderte sich nichts, es hatte sich gar nichts geändert.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)