Status Quo von xCxJx ================================================================================ Kapitel 11: ------------ Harry blätterte in einer Zeitschrift. „Was hältst du von... „Sherlock Holmes – Ein Fall von Pink“?“   Neugierig nahm Draco die Zeitschrift, die Harry ihm reichte. Er überflog mit seinen Augen die aufgeschlagene Seite, bis er an dem angesprochenen Artikel hängen blieb. Kurz gefasst ging es wohl um einen überaus intelligenten Detektiv, dem das Kleid der modernen Zeit übergestülpt wurde. Und wenn er richtig schlussfolgerte, war diese Figur in der Muggel-Welt eine sehr angesehene und intellektuelle Persönlichkeit. Er konnte sich vorstellen, dass das eher seinem Geschmack entsprechen würde als die Romanze von letztens. Sorgen machten ihm einzig und allein die muggelbezogenen Begriffe, die offensichtlich keine untergeordnete Rolle spielten.   „Wollen wir das sehen?“ Draco nickte. „Du kannst deinen Weitseher anschalten!“   In dem Moment, als Harry sich mehr schlecht als recht ein Lachen verkniff, wurde sich Draco wieder einmal bewusst, dass die Muggel und all ihre merkwürdigen Dinge in einer Zaubererwelt nichts zu suchen hatten. Dann würde sich nämlich auch niemand blamieren, indem er Muggel-Begriffe nicht zuordnen konnte.       Eine kurze Weile später saßen sie nebeneinander auf der Couch und teilten sich eine Schüssel Popcorn. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte Draco vermutet, dass er Muggel-infiltriert wurde, denn nach Harrys fortwährenden Erläuterung war ihr Abendprogramm ein typisches Muggel-Verhalten. Ein bisschen skeptisch war er noch, auch wenn er begann, es ganz angenehm zu finden. Bisher hatte der Film Draco ausgesprochen gut gefallen. Die Darstellung des genialen Sherlocks war authentisch und auch er als Zuschauer wurde dabei gefordert. Seine Begeisterung wurde lediglich, wie befürchtet, durch die unzähligen Muggel-Dinge gedämpft. Harry erklärte zwar hin und wieder etwas, aber das war bei weitem nicht ausreichend. Zwischendrin verlor Draco daher auch mal den Faden.     Es war schon das dritte Telefon, das genau dann klingelte, als Watson vorbeilief. Er blieb davor stehen und überlegte. In der Telefonzelle nahm er den Hörer ab und eine Stimme am anderen Ende der Leitung sprach zu ihm. Offensichtlich hatte diese Stimme gezielt die Telefone klingeln lassen. Genauso gezielt befehligte sie nun über die Kameras in der Straße. Und offensichtlich war dieses Verhalten in der Muggel-Welt nicht normal. Wie machen Sie das? Völlig vom Film eingenommen, griff Draco zur Schüssel. Erst als Angelo, der Restaurantsbesitzer und Freund von Sherlock, Watson seine Gehhilfe wiederbrachte, erinnerte er sich daran, dass er die Hand immer noch in die Popcornschüssel hielt. Und mit einem Schlag wurde ihm bewusst, dass sich seine Hand und die ebenfalls reglose Hand Harrys berührten. Die Berührung war schon fast... erdrückend. Einerseits war er durch sie nervös und wollte seine Hand wegnehmen und gleichzeitig doch da lassen. Es fiel ihm aber unglaublich schwer, sie einfach an Ort und Stelle zu lassen. Letztendlich konnte er ein kurzes Zucken nicht vermeiden und es war als hätte sich auch Harry wieder an seine Hand erinnert. Zu seinem Bedauern nahm dieser seine Hand inklusive ein paar Popcorn heraus.   War Dracos Konzentration auf den Film durch diese paar Sekunden nur gestört, so konnte er sich auf den Rest des Films überhaupt nicht mehr konzentrieren. Viel mehr lag seine Aufmerksamkeit nun auf der Popcornschüssel und den zwei Händen, die immer wieder darin hinabglitten. Draco kam es so vor als würden sie sich überdurchschnittlich oft berühren. Aber war das wirklich so? Und wie war es vor diesem Zwischenfall gewesen?   Als die Schüssel leer war, streckte sich Harry und legte seine Arme über die Rückenlehne der Couch ab. Das machte Draco noch nervöser, auch wenn Harry seine Arme bestimmt nur aus Bequemlichkeit dort abgelegt hatte. Draco schielte aus den Augenwinkeln nach links und sah geradewegs in Harrys grüne Augen. Sofort hätte er sich ohrfeigen können. Wenigstens war er so geistesgegenwärtig, nicht wie ein Ertappter wegzusehen.   „Was ist los? Du siehst so angespannt aus.“ 'Das liegt daran, dass ich es bin', dachte Draco. War er so tief gesunken, dass nun sogar Potter ihn durchschauen konnte?   „Es war etwas viel Ploppcorn“, sagte er stattdessen.   Harry lächelte. „Es heißt 'Popcorn'.“   Diesmal konnte Draco nicht verhindern, dass er wie ein Ertappter wegsah. Sei es nun, weil er etwas falsch gesagt hatte oder weil Potter ihn verbessert hatte. Oder weil der Grünäugige mit diesem Lächeln Draco beinahe zum sabbern brachte. Harry jedenfalls drehte ebenso den Kopf wieder zum Fernseher. Er nahm den ganzen Abend nicht den Arm herunter.   ~D~H~   Nervös setzte sich Draco im Wohnzimmer auf die Couch und schaltete den Fernseher an. Harry hatte ihm gestern Abend alles erklärt und jetzt wollte er zum Zeitvertreib sein Wissen testen. Ohne Probleme ging der Fernseher an und er zappte durch die Kanäle. In jedem – wirklich jedem! – Kanal lief eine Liebesgeschichte, die ihn an seine eigene unglückliche Situation erinnerte. Der gestrige Abend fiel ihm wieder ein; wie sich ständig ihre Hände berührt hatten und dass Potters Arm hinter ihm auf der Couchlehne gelegen hatte. Eifersüchtig betrachtete er das Paar im Fernsehen, das sich zum Abschied küsste und er schaltete frustriert weiter. Warum musste es auch Potter sein? Konnte es nicht irgendeine reinblütige Hexe sein? Im nächsten Kanal konnte man ein weiteres Paar sehen, das etwas aus dampfenden Tassen trank. Die beiden standen in einer Straße, in der viele andere Menschen waren und in der lauter kleine Häuschen standen. Keine, in denen man lebte. Es sah eher danach aus, als würden die Häuschenbesitzer etwas verkaufen. Er schaltete weiter. Auf dem nächsten Kanal faselte ein Mann, den man nicht sehen konnte, etwas von Partnership-online.de. Nein, er war nicht alleine, er musste niemanden kennen lernen. Sein Problem war, dass sein Objekt der Begierde nicht unpassender hätte sein können. Draco seufzte tief und schaltete den Fernseher aus. Endlich war er soweit, sich einzugestehen, dass er Potter ein bisschen mehr als nur mochte und dennoch änderte sich nichts an seiner Situation. Wieder einmal dachte er an die Möglichkeiten, die ihm nun blieben, um etwas daran zu ändern. Er hatte aufgehört zu zählen, das wievielte Mal das war.   Erstens: Er könnte es Potter sagen und dann weiter sehen. Im Prinzip die einfachste und logischste Lösung.   Zweitens: Er könnte seine heranwachsende Neigung ignorieren. Sie im Keim ersticken. Und versuchen, sich mit anderen Leuten auf andere Gedanken zu bringen.   Drittens: Er könnte Potter aus seinem Leben entfernen. Das würde bedeuten, dass er noch heute nach Hause zurückkehrte, die bisherigen Erlebnisse unter einer schönen Erinnerung abspeicherte und keinen Kontakt mehr zu Potter hielt. Und darauf warten würde, dass die Zeit ihr übriges tat.   Draco überlegte lange hin und her. Wog das Für und Wider ab. Versuchte, seinen Verstand und sein neues, andersartiges Empfinden in Einklang zu bringen. Letztendlich besann er sich auf das, was er war. Wer er war.     Er klopfte an Harrys Tür. Erstaunlich schnell wurde sie geöffnet.   „Hey“, sagte Draco.   „Hey“, sagte Harry. Fragend zog er die Augenbrauen hoch.   „Hast du einen Moment Zeit?“ Bildete er sich das ein oder huschten Harrys Augen nervös umher?   „Gerade ist es etwas unpassend. Geht das auch nachher?“   Draco nickte – denn wenn Harry mit den Gedanken woanders wäre, hätte es keinen Sinn – und Harry schloss die Tür wieder.       Ihm kam es vor als wäre Harry stundenlang beschäftigt und während dieser Zeit ging er geradezu auf dem Zahnfleisch. Unruhig lief er durch die Zimmer, setzte sich und stand sogleich wieder auf, um sich im nächsten Moment erneut zu setzen. Er machte den Fernseher an und aus, goss sich etwas zu trinken ein, fing sein Buch zehn Mal an zu lesen; nichts konnte er länger als fünf Sekunden durchhalten. Wieso hatte er nur 'ja' gesagt? Zu allem Übel erreichten seine Kopfschmerzen einen neuen Rekord. Obwohl er sich an einen leichten Dauerschmerz mittlerweile gewöhnt hatte, machte dieser ihm ordentlich zu schaffen. Wie gerne hätte er einen seiner Tränke. Gerade fing er an ernsthaft zu überlegen, ob er Harry bei was-auch-immer stören sollte, da hörte er wie ebenjener die Treppe hinunterkam. Ungeduldig sprang er auf und blieb im Türrahmen stehen.   „Da bist du endlich“, meinte Draco knapp, hörte sich dabei sicherer an als er sich fühlte und trat zur Seite, um Harry vorbei zulassen. Während Harry sich setzte, blieb er lieber stehen.   „Was gibt es denn?“, fragte Harry und fummelte an einem Fussel herum. „Also“, begann Draco und sein Herz hüpfte ihm in den Hals. Sein Blick fiel auf Harrys Hände, die jetzt zu Fäusten geballt in seinem Schoß lagen, sodass die Knöchel weiß hervor traten. War Harry wütend? Ein Blick in Harrys Gesicht verriet aber keinerlei Zeichen von Zorn. Er biss sich lediglich auf die Unterlippe.   „Ich...“, fing Draco noch mal an und sein Puls galoppierte davon. Verflucht, warum war das nur so schwer? „Ja?“   „Ich... Weißt du, wenn du mir das vor ein paar Wochen erzählt hättest, was ich dir gleich sagen werde, dann hätte ich dich vermutlich ausgelacht, für verrückt erklärt und dir dann Flüche der übelsten Sorte auf den Hals gehetzt.“ Das war schon mal ein guter Anfang. „Und glaub mir, wenn du lachen solltest, dann verhexe ich dich, dass du nur noch als armselige Kreatur dein restliches Leben dahin vegetieren wirst.“   Harry öffnete bereits den Mund, um etwas zu erwidern, zog schließlich doch nur die Augenbrauen zusammen, bevor er zögerlich nickte. Draco versuchte innerlich, sich selbst zu überzeugen. Nur noch ein Satz!   „Ich... ich habe dich ger-... gerne darum bitten wollen, ob wir einen Weihnachtsmarkt besuchen könnten.“   Nein! NEIN! So war das nicht geplant! Er wollte nicht auf den Weihnachtsmarkt! Er wusste doch noch nicht einmal, was das überhaupt war! Wie kam er nur darauf? Nein, nein, nein! Aber so sehr sein Versprecher ihn auch ärgerte, so wenig kam ihm über die Lippen, dass er das gar nicht gemeint hatte. Stumm sah er nur zu Harry und beobachtete, wie sich erst Unverständnis und Verblüffung und… vielleicht so etwas wie Traurigkeit zeigte.   „Ja, kein Problem. Und keine Sorge, ich mag mein Leben lieber unkompliziert, also... werde ich es schon keinem sagen.“ Draco war resigniert. Jetzt würde er auf einen Weihnachtsmarkt gehen, von dem er nicht mal wusste, was das überhaupt war und er hatte sein Problem trotzdem nicht gelöst.   „Der Weihnachtsmarkt macht vor zwölf nicht auf. Aber ich finde es ohnehin schöner, wenn es dunkel ist. Ich würde vorschlagen, dass wir am späten Nachmittag hingehen?“ Draco nickte matt.   „Gut. Falls noch was ist, ich bin im Arbeitszimmer. Ich bin noch nicht ganz fertig.“ Draco nickte wieder nur wie betäubt und Harry ging aus dem Wohnzimmer. Der Blonde ließ sich der Länge nach auf die Couch fallen und vergrub niedergeschlagen das Gesicht. 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