Wo dich dein Leben hinführt von tatosensei ================================================================================ Kapitel 19: Die schmerzhafte Wahrheit ------------------------------------- Sie durfte sich nicht verrückt machen. Sie durfte nicht durch Schmerz und Verbitterung ihren Vernunft verlieren und ohne Nachforschungen anzustellen etwas unternehmen, was sie später womöglich bereuen würde. Aber mit jeder Minute, jeder Sekunde, die verging, ohne dass sie eine vernünftige Antwort darauf finden konnte, warum dieser Vertrag bereits vor zwei Jahren geschlossen wurde, wurden ihre Zweifel mehr, und die Gewissheit, er habe sie angelogen, dreist ausgenutzt und betrogen, gewann die Oberhand. Die Nummer auf der Nummerntafel im Wartezimmer im Jugendamt von Domino City bewegte sich seit schon etwa zwanzig Minuten nicht mehr. Sie war die nächste. Nachdem sie die ganze Nacht nicht schlafen konnte und den Morgen damit verbracht hatte ihr nichts anmerken zu lassen und alle verräterischen Spuren von dicken roten Augen zu kaschieren, fasste sie den Entschluss alles Herauszufinden, bevor sie Seto Kaiba zum Teufel jagte. Und nun saß sie da, im Wartebereich des Jugendamtes, jenen Jugendamtes, welches Kaiba drohte das Sorgerecht bezüglich Mokuba zu nehmen, welches Grund dafür war, weshalb Kaiba diese ganze Geschichte mit dem Heirat erfunden hatte. Dennoch saß sie nun da und hoffte insgeheim, dass die Story wahr war, dass es nur Zufall war, dass Kaiba gerade dieses Grundstück gekauft hatte und, dass er es zufällig weiter an ihren Vermieter vermietete, dass das Jugendamt wirklich Mokuba von ihm trennen wollte und er deshalb ihr diesen Deal vorschlug. Die Nummer auf der Nummerntafel änderte sich. Sie begab sich zu der Sachbearbeiterin, begrüßte sie, nannte ihren Namen. Sie fragte, ob es noch irgendeinen Grund dafür gäbe, dass das Jugendamt ihnen Mokuba wegnehmen könnte, ob es sich die Problematik vor eineinhalb Jahren geklärt habe. „Ich verstehe sie nicht, Mrs. Kaiba, worum ging es vor eineinhalb Jahren?“ „Es ging um Mokuba. Eine Sachbearbeiterin, ich kenne ihren Namen nicht mehr, war bei meinem Mann und beanstandete die familiäre Situation bei ihm. Deshalb entschieden wir uns so schnell wie möglich zu heiraten. Ich wollte deshalb wissen, ob jetzt die Gefahr vorüber ist, dass man uns Mokuba wegnehmen wird.“ Die Sachbearbeiterin blickte ungläubig Tea an, wandte sich zum Bildschirm und tippte und klickte einige Sekunden lang auf der Tastatur. Teas Herz setzte einen Schlag aus. „Nach seiner Akte zu beurteilen gab es das letzte Mal einen umfangreichen Eintrag vor acht Jahren, als Gosaburu Kaiba verschwand und Seto Kaiba das Sorgerecht übernahm. Danach gab es insgesamt zwei Besuche vom Jugendamt, sonst wurde nie etwas beanstandet.“ „Die zwei Besuche… die …,“ Tea wusste, dass sie sich zusammenreißen sollte, wenn sie keinen falschen Eindruck hinterlassen wollte, sie fasste daher ihren letzten Mut zusammen und fragte: „Wann waren die letzten beiden Besuche?“ „Der erste war direkt nach einem Monat, nachdem ihr Mann das Sorgerecht erteilt bekommen hat, der zweite war ein Jahr darauf. Danach gab es keine Probleme mehr, deshalb weiß ich auch nicht was sie mit vor eineinhalb Jahren meinen. Unsererseits gab es an der Familiensituation nichts zu beanstanden und jetzt, wo Mr. Kaiba verheiratet ist, noch weniger.“ Nein, das konnte doch nicht wahr sein. Jemand versucht hier gerade ein bitterböses Spiel zu spielen. Alles war manipuliert, alles war gefälscht? Es gab nie die Gefahr, dass Mokuba ins Heim müsste, es gab nie diesen Vermieter, der sich auf einmal zur Ruhe setzten wollte, es gab nie einen Deal, denn alles, wirklich alles, was sich Seto Kaiba ausgedacht hatte, war, um sie über den Tisch zu ziehen. Wie konnte sie sich nur so in ihm irren, wie konnte sie so blind sein und glauben, dass ein Seto Kaiba Hilfe brauchen könnte und dass dahinter in Wahrheit kein teuflischer Plan steckte, um sie zu bekommen. Tea wurde schlecht von diesem Gedanken und auch die Luft draußen auf der Straße verschaffte ihr keine Linderung. Was war sie für ihn gewesen die letzten Monate? Das was sie in der ersten Nacht gewesen war, jemand den man ausgesucht hatte um sich Vergnügen zu bereiten und dann wie ein benutztes Stück Lappen wegzuschmeißen. Wie kam sie überhaupt dazu ihn um Hilfe zu bitten? Warum zum Teufel gerade er? Serenity. - „Hey warum fragst du nicht Seto Kaiba, ihr kennt euch doch so lange, er wird dir sicher helfen.“ - Nein, sie kann damit nichts zu tun haben. Das kann nur ein Zufall sein. Aber in diesem Spiel gibt es keine Zufälle, Seto Kaiba kennt keine Zufälle. Die Haustür, welche früher auch mal zu ihrer WG gehört hatte, war geschlossen, deshalb klopfte Tea mit aller Kraft an ihr, um ihren Wut, Schmerz und ihre Enttäuschung an dem Holz auszulassen, bevor sie vorher explodierte. Mai machte auf und blickte keine zwei Sekunden auf Tea, die, da sie den Weg kannte, direkt ins Wohnzimmer stürzte und mitten drin stehenblieb. „Wo ist sie?!“, rief sie um sich schauend. „Wo ist Serenity?“ „Tea, was ist denn los, was ist passiert?“ „Habe ich da meinen Namen gehört“, kam vom hinteren Zimmer die piepsige Stimme von Serenety, die im nächsten Augenblick das Wohnzimmer betrat, „Oh, Tea, du bist´s. Hi.“ Schnell bemerkte sie aber, dass dieses Mal etwas ganz anders war als sonst. Teas Gesicht war düster und sie konnte sogar ein leichtes Zittern wahrnehmen. „Sag mir, dass du nichts mit Seto Kaiba zu tun hattest! Sag mir, dass es einfach nur deine Idee war, dass ich Kaiba um Hilfe für unser Tanzstudio bitten sollte!“ „Wovon redest du, bitte?“, fragte Serenety mit echter Verwunderung, sicherlich hatte sie Tea nie so erlebt und sie hatte nicht mit so einer Frage von ihr gerechnet. „Du weißt ganz genau was ich meine, Serenity. Kaiba hatte alles geplant und du hast ihm dabei geholfen. Wie viel hat er dir bezahlt? Was war es dir Wert mich zu verraten?“ „Du bist verrückt geworden, Tea, wovon redest du?“ Mai, die sich nicht eingemischt hatte, war auf einmal blass, weil sie verstand, worum es in dieser Sache ging. Sie konnte es nicht bei sich behalten und ließ einen ächzenden „Serenity“ raus, und sprach eher mit sich selbst als mit den beiden anderen Frauen: „Jetzt verstehe ich alles! Der plötzliche Geldsegen. Du hast gar keine teuren Geschenke von einem Verehrer bekommen! Und der Umzug in diese neue schicke Wohnung… und ich durfte Tea nichts erzählen…“ „Was hat das alles zu bedeuten? Sag es endlich!“, rief Tea nun außer sich. Der letzte Geduldstropfen war gefallen. „Ach was soll´s…“, lächelte Serenity, „früher oder später musste es sowieso rauskommen. Und da du hier bist und irgendwelche Fragen stellst, zeigt mir, dass Kaiba schon genug von dir hat. Dieser Kerl ändert sich nie. Ich wusste dass er bald die Nase voll von dir haben würde und dich fallen lassen würde. Aber Respekt, Tea, dass du so lange gehalten hast…“ „Wovon redest du, Serenity?“, mischte sich jetzt Mai ein, weil Tea nur versteinert da stand und Mühe hatte zu durchleuchten, ob es sich hier um einen Alptraum oder um die Realität handelte. „Ich rede von unserer kleinen Abmachung. Ja, ich habe Kaiba geholfen, um diesen absurden Plan mit der Ehe und Mokuba vor dem Jugendamt retten, aufzustellen.“, ganz ungeniert bewegte sich Serenity näher zu den beiden anderen Freundinnen und verlieh ihrer Stimme mehr Gelassenheit, als würde sie eine Anekdote oder einen Tratsch erzählen. „ Ich weiß auch nicht warum, aber nach dem Abend der Premiere von Schwanenkönigin, war er hin und weg von dir. Und wenn sich Kaiba in den Kopf setzt etwas zu bekommen, dann kriegt er es, selbst so eine Heilige wie dich Tea, auch wenn das bedeutete, dass er eine Ehe eingehen müsste.“ Ausdrucksvoll stellte sie sich vor Tea und lachte demonstrativ. Sie konnte endlich das zeigen, was sie wirklich von ihrer ehemaligen Mitbewohnerin hielt. „Aber was hattest du überhaupt mit Kaiba zu tun, Serenity. Ihr kanntet euch doch genauso wenig?“, fragte Mai, die nun alles durchleuchten und klarstellen wollte, auch wenn ihre Fragen möglicherweise Tea Schmerzen bereiten würde. „Da irrst du dich aber, meine liebe Mai. Ich hatte schon immer was mit Kaiba zu tun. Ich war seine Geliebte. Ich habe sie alle überlebt, alle kleinen und großen Affären, am Ende ist er immer zu mir zurückgekehrt. Er ist einfach eines Tages gekommen und wollte sie unbedingt haben. Ich glaube sein Jagdinstinkt wurde geweckt, denn es gibt fast keine Frau die keine Affäre mit Seto Kaiba haben würde. Ich habe ihn damals gesagt, dass du, meine liebe Tea, dich niemals auf eine Affäre einstellen würdest, weil du viel zu traditionell bist und von einer Ehe und Familie träumst. Und dass er dich nie beeindrucken konnte mit seinem Reichtum und Arroganz und Macht. Ich glaube er hat meinen Gedankengang nachvollzogen, aber anstatt auf Abstand zu gehen, hat ihn der Gedanke, dass eine ganz normale unbedeutende Frau wie du, absagen könnte, nicht in Ruhe gelassen. Wie du sicher weißt, überlässt ein Seto Kaiba nichts dem Zufall. Er konnte nicht riskieren abserviert zu werden, deshalb hat er den perfekten Plan geschaffen.“ Serenity blieb stehen, hielt inne und schaute sich um. Entsetzte Gesichter, eines blasser als das andere. Tea hielt sich gerade noch am Sofakopf fest um nicht umzukippen. Sie war zufrieden, sie hatte einen tiefen Eindruck hinterlassen. Sie konnte jetzt zum nächsten Schlag ausholen. „ Der Plan war simpel. Tea dazu bringen, dass sie selbst zu ihm ging, ihn um Hilfe bat und in die Falle tappte. Wisst ihr wenn man Geld hat, hat man fast keine Probleme, nur Lösungen. Und bei einem so reichen Milliardär wie Kaiba gibt es keine Grenzen, was er alles anstellen kann, nur die Grenzen seiner Phantasie. Also hat er das Studio aufgekauft, noch lange bevor unser Vermieter zu uns kam und uns rausschmeißen wollte. Ich habe etwas nachgeholfen, damit du dich an Kaiba wendest und et voilá, da warst du schon in seinem Netz.“ Tea war niedergeschlagen, ruiniert und nur ein Schatten ihrer selbst. Sie wurde von den engsten Menschen betrogen, die sie jemals an sich ran gelassen hatte. Die eine zählte sie zu den engsten Freunden, die sie jemals besessen hatte, in den anderen hatte sie sich Hals über Kopf verliebt. Sie beide haben sie kaputt gemacht. Ihn hat sie anscheinend nie richtig gekannt, und dass, was sie von ihm wusste, seine zweifelhaften Methoden, mit dem er seine Ziele erreichte, dass er oft skrupellos und unmenschlich handelte, hatte sich am Ende des Tages eigentlich nur als richtig erwiesen. Mehr war es nicht. Aber sie, den sie immer zu dem liebsten und nettesten Menschen gehalten hatte, die eine schwere Kindheit hatte und vieles durchmachen musste - wenig Geld, die Augenoperation, getrennte Familie - und diejenige, die die Schwester von Joey war, ihrem Schulfreund, mit der sie studiert hatte, ein Tanzstudio eröffnet hatte und gewohnt hatte, mit ihr Sonntags immer ein üppiges Frühstück mit Pancakes und Fruchtsalat vorbereitet hatte, sie hat ihr alles genommen, jede Illusion, jeden schönen Tag und Augenblick der Freude, die sie zusammen erlebt hatten; jeden Zukunftstraum hat sie ihr weggenommen, weil alles nur eine Farce war, eine Lüge. Warum? „Warum hast du das gemacht?“, trotz aller Mühe kam ein kraftloses Hauch von einem Satz aus Teas Munde raus, die an Serenity gerichtet war. Sie hatte sich bemüht auf den Beinen zu bleiben, sie hatte sich bemüht bloß keine Tränen zu vergießen und bloß nicht ihr die Freude an ihrem Schmerz zu bereiten. Aber sie blickte trotzdem mit von Tränen verschwommenen Augen, die nur einen Wimpernschlag davon entfernt waren ihr schönes Gesicht unter dem salzigen Strom zu durchnässen, Serenity an. „Wir waren doch immer gute Freunde“. „Ja du hast das sicherlich gedacht, aber irgendwann bist du mir auf die Nerven gegangen. Tea, die immer perfekt war, die in Julliard aufgenommen wurde, die von allen beliebt war, die am erfolgreichsten von uns allen war, und die immer von den Männern bewundert wurde! Ich hatte niemals Probleme Männer kennen zu lernen, das ist richtig, ich habe sie alle sehr schnell erobert, aber das waren nur Affären, bei keinem habe ich mich als etwas Besonderes gefühlt, stattdessen hast du, ohne nach jemanden speziell zu suchen, immer die tollsten Männer um dich herum, denen du sogar einen Korb gegeben hast. Du hast dir nicht einmal Mühe gegeben. Aber als du auch Kaibas Aufmerksamkeit hattest, war meine Geduld am Ende. Mit ihm war alles anders, weißt du, er, so steinreich und berühmt hatte mich ausgewählt. Dass ich mit ihm eine Affäre hatte, das war das tollste was mir passieren konnte. Ich wusste, dass ich irgendwann einmal offiziell seine Freundin sein würde, und endlich das alles besitzen könnte, was ich mir jemals erträumt hatte - Geld, kostbaren Schmuck, eine Villa und Berühmtheit. Dann kommst du daher und nimmst ihn mir weg! Er gibt dir nicht nur all das, wovon ich in den letzten vier Jahren geträumt habe, sondern macht dich auch noch zu seiner Frau! Das hast du dir nicht verdient Tea! Nicht nachdem ich vier Jahre lang seine Affären ausgehalten habe und ihn immer wieder verziehen habe nur um irgendwann mal annähernd das zu bekommen, was du innerhalb einer Nacht ohne große Mühe bekommen hast. Deshalb ist es dir Recht geschehen, dass er mit dir nur gespielt hat, dass er dich jetzt loswerden will und du endlich weißt was es bedeutet mal nicht auf der Sonnenseite im Leben zu stehen. Du bist nicht besser als alle anderen Golddigger, denn du warst auch bereit deine Prinzipien und sogar deinen Körper für Geld, für das Studio zu verkaufen. Ich freue mich wirklich dich so zu sehen, du hast es dir verdient … “ Ein Knall, Haut an Haut, schallte durch das Zimmer und zwang Serenity aufzuhören. Tea, die sich unwillkürlich ihr genähert hatte, verpasste ihr eine Ohrfeige, um sie endlich zum Schweigen zu bringen. „Halt den Mund! Sei still, ich will nichts mehr von dir hören!“ Kaum ausgesprochen, brach Tea in Tränen aus und sackte neben dem Sofa auf dem Boden zusammen, Mai eilte zu ihr um sie in den Arm zu nehmen. Wenn es für sie so schlimm war, was müsste das alles für Tea bedeuten. Serenity griff nach ihrer Handtasche und einem kleinen Koffer, den sie vorhin gepackt und bereitgestellt hatte. Sie hatte nichts mehr mit dieser WG und mit diesen Leuten zu tun. Sie hatte jetzt genug Geld um ein neues Leben in einer neuen Welt zu verbringen. Und als Sahnehäubchen hatte sie auch Kaiba zurück. Das Leben könnte nicht schöner für sie sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)