Wo dich dein Leben hinführt von tatosensei ================================================================================ Kapitel 18: Das Geschenk ------------------------ „Du fliegst heute also weg?“ „Ja, ich muss, es gibt einige Probleme in der Firma, ich habe das Gefühl jemand versucht Kaiba Corp zu schaden. Sonst kann ich es mir nicht mehr vorstellen, weshalb in letzter Zeit so vieles hier schiefgelaufen ist.“ Kaiba klappte sein Laptop zu, als er seinen letzten Satz aussprach und stand ruckartig auf. Tea, die bis dahin mit ihren beiden Händen am Schreibtisch angelehnt war, richtete sich ebenfalls auf. Sie hatten sich eigentlich verabredet, um draußen zu Mittag zu essen, aber anscheinend gab es in den letzten dreißig Minuten eine komplette Planänderung, weshalb Kaiba es nicht einmal geschafft hatte Tea abzusagen. „Wann kommst du zurück?“, fragte Tea vorsichtig, ohne auf einer konkreten Antwort zu hoffen. „In einer Woche. Wenn alles gut läuft, dann vielleicht früher.“ Tea nickte nur. Ohne groß anzukündigen nahm Kaiba ihr Gesicht in den Händen und küsste sie: „Wir holen das Essen nach.“ Roland klopfte an die Tür und bevor er ankündigen konnte, dass alles bereit war für den Abflug, ging Kaiba auf ihn zu und beide verließen den Raum. Keine fünfzehn Minuten vergingen, als Tea den Helikopter, der Kaiba zum Flughafen bringen würde, wo sein Privatjet auf ihn wartete, starten und wegfliegen hörte. Sie wollte irgendwie nicht aus dem Büro gehen. So richtig hatte sie den Ort auch nie kennengelernt, wo ihr Gatte die meiste Zeit des Tages verbrachte. In letzter Zeit lief alles zwischen den Beiden so gut, dass sie befürchtete sie würde bald aus einem Traum aufwachen, und jede einzelne Minute ihres bisherigen Lebens würde verpuffen. Sie lebten bereits seit einigen Monaten wie ein echtes Paar, in der alltäglichen Routine zwar, aber mit viel mehr zärtlichen Augenblicken als vorher. Sie wusste, dass sich Kaibas Gefühle zu ihr sehr verändert hatten und sie es ihm sogar zutraute, dass er sie liebte. Sie jedenfalls war in ihrem Leben noch nie so verliebt gewesen. Sie schaute sich um. Der Raum war kühl, ganz anders als die Zimmer in Kaiba Villa, die durch ihre Dekoration mit massivem Dunkelholz, braunen und beigen Farben auffielen und einen warmen, gemütlichen Eindruck machten. Riesige Fenster auf der Westseite, die anstelle einer Wand eine atemberaubende Sicht auf die Stadt eröffneten - kein Wunder auf dem 120. Stockwerk - und kühle Farben, innovative elektronische Geräte und höchst funktionale Büromöbel prophezeiten die kühlen, sachlichen Deals, die im diesem Raum tagtäglich geschlossen wurden. In einer Ecke stand der Weiße Drache mit Eiskaltem Blick als Symbol für die ganze Firma und zum Teil für ihn selbst, Seto Kaiba. Tea lächelte. Plötzlich riss ein kurzes, aber sicheres Klopfen Tea aus ihren Gedanken, sie warf unwillkürlich einen Blick auf die futuristische Uhr hinter ihr auf der Wand. Ach du schreck! Es ist schon eine Stunde vergangen, seit Kaiba mit dem Hubschrauber abgeflogen ist! Wie die Zeit vergeht. Was hat sie eigentlich so lange in diesem Büro gemacht? Es klopfte wieder. Nicht wissend, wie sie jetzt auf das Klopfen reagieren sollte, ob hereinbitten oder schweigen, rief Tea den ungeduldigen Gast hinein. „ Verzeihen Sie, ich suche Mr. Kaiba, er hat einen Termin mit mir. Ich bin Michael Grobovski, der Notar. Es geht um die Tanzschule…“ „ Ah, Guten Tag Mr. Grobovski, ich freue mich Sie kennenzulernen.“, empfing ihn Tea freundlich die Hand reichend, „ Mein Name ist Tea Kaiba, ich bin die Ehefrau von Seto. Er ist heute leider außerplanmäßig verreist. Hat man Ihnen für heute nicht abgesagt?“ „Nein, leider nicht, wie es scheint. Das ist sehr schade, ich habe mit ihm in letzter Zeit oft versucht einen Termin auszumachen. Die Tanzschule muss neu aufgelassen werden, er hat sie, soweit ich verstanden habe, ja Ihnen geschenkt.“ Tea wusste sofort, um was es ging: die Tanzschule, die Kaiba aufgrund ihres gemeinsamen Plans gekauft und Tea von ihm geleast hatte. Sie hatte die Tanzschule bisher benutzt und nach und nach statt eine monatliche Miete, die Leasingraten bezahlt, sodass am Ende, nach langen Jahren , irgendwann einmal die Tanzschule ihr gehören würde. Und so überraschte Kaiba sie an Weihnachten, als sie ihr Weihnachtsgeschenk öffnete und einen Vertrag, einen notariell beurkundeten Schenkungsvertrag über das Grundstück und somit auch die Tanzschule vorfand. Sie verstand zunächst nicht worum es ging und sah Kaiba mit fragendem Gesichtsausdruck an. Dann las sie den ersten Paragraphen. Unter §1 stand, dass Seto Kaiba das Grundstück samt Tanzschule an seine Frau schenkungsweise übertrage… Die Überraschung war so groß, dass sie einige Sekunden schwieg, bis sie Mokuba fragen hörte, ob ihr das Geschenk gefalle. Heute wo sie sich an diese Situation erinnert hatte, kamen ihr die Gefühle und die Emotionen genauso stark hoch. Das ist wirklich das bedeutendste und beste Geschenk gewesen, das er ihr machen konnte. Das bedeutete, dass er ihr zugehört hatte, dass er nachvollziehen konnte, was ihr die Tanzschule bedeutete, dass er nicht immer der berechnende, kaltherzige Businessman sein konnte, den er immer zu spielen versuchte, sondern auch jemand, der auch einmal was gibt, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Dieses Geschenk war die Welt für sie und der Beste beweis, dass sie für ihn nicht selbstverständlich war, sondern dass er sie liebte, auf seiner Weise, aber dennoch mit tiefer und starker Verbundenheit. „Oh, verzeihen Sie mir, Mr. Grobovski, ich war gerade in Gedanken… Ja das stimmt, mein Mann hat mir das Grundstück an Weihnachten geschenkt. Kann ich Ihnen irgendwie helfen? Ich stünde zur Verfügung.“ „Nun, leider können wir keine Auflassung vornehmen, wenn Mr. Kaiba nicht da ist, aber was wir machen können, ist, dass sie mir hier den Antrag auf die Grundbucheintragung ebenfalls unterschreiben. Mr. Kaibas Unterschrift habe ich schon. Dann können wir wenigstens den Antrag stellen, bis Mr. Kaiba zurück ist. Warten Sie, ich habe hier sämtliche Unterlagen dabei.“ Während er dies sagte, kramte der alte Notar aus seiner Aktentasche ein Bündel Unterlagen, die er unordentlich auf Kaibas Schreibtisch verteilte. Tea sah aufmerksam zu. „Verzeihen Sie mir die Taktlosigkeit, aber ich muss ehrlich gestehen, ich habe damals nicht gewusst, weshalb sich Mr. Kaiba ausgerechnet ein Tanzstudio kaufen wollte,“ sagte Grobovskli, indem er endlich mit System alle Unterlagen, Verträge und Papiere zurechtlegte, „die Immobilie ist nicht besonders wertvoll und auch die Umgebung ist nicht gerade sein Milieu.“ „Ja, dass stimmt, er hat es damals auch für mich getan, wir waren damals ein Paar, wissen Sie“, antwortete Tea zaghaft. Sie wollte jetzt nicht unbedingt mehr verraten, als es nötig war, um das Interesse des alten Herrn zu stillen. Sie durfte sich insbesondere nicht über ihren Plan mit Kaiba verplappern. „Ach, ich wusste nicht, dass sie sich bereits so früh gekannt haben. Hier ist der Antrag, hier müssen Sie unterschreiben. Ich meine, als er das Grundstück vor zwei Jahren kaufte, war das wie aus heiterem Himmel.“ Zwei Jahre. Zwei Jahre? Tea hielt inne und hörte auf zu unterschreiben. „Vor zwei Jahren, sagten Sie?“, fragte sie den Notar, während Millionen von Gedanken in ihrem Kopf um dieses Zeitfenster kreisten. „Dürfte ich bitte den Kaufvertrag sehen?“ Tea fragte freundlich, bemüht, um sich nicht anmerken zu lassen, dass sie verwirrt war. Der Notar händigte ihr den Vertrag aus. Dort stand es, klar und deutlich, das Datum des Kaufvertrages mit Seto Kaiba und ihrem alten Vermieter. Es war vor etwa zwei Jahren. Aber das machte keinen Sinn. Sie haben doch ihre Abmachung erst vor knapp eineinhalb Jahren getroffen. Danach haben sie sich nach einigen Monaten verlobt und sind jetzt seit neun Monaten verheiratet. Wie konnte er schon vor zwei Jahren Eigentümer genau dieses Grundstückes sein, wo sie noch ihren alten Vermieter hatte und wo nicht einmal der Vermieter ihr gekündigt hatte? Sie musste aufstehen und alles liegen lassen. In ihr Kopf passte vieles nicht zusammen. Aber der Vertrag war echt, und das Datum auch. „Mrs. Kaiba, stimmt etwas nicht?“ Tea drehte sich vom Fenster um und sah den Notar vor dem Stapel Papier sitzen. Sie sah auch ihren unvollständig unterschriebenen Antrag. „Mr. Grobovski, ich muss mich entschuldigen, aber ich glaube nicht, dass ich den Antrag unterschreiben kann. Ich würde doch lieber warten, bis mein Mann wieder zurück ist.“ Sie spürte, dass ihr der Atem wegblieb, wo war die Luft hin geblieben, warum war es plötzlich in diesem Raum so stickig? „Aufwiedersehen…“, war alles, was sie noch mit einer konstanten Stimme sagen konnte, und bevor sie ihre Gefühle ungewollt bei diesem Fremden freilassen müsste, packte sie ihre Handtasche am Hänger und stürzte nach Draußen. Sie konnte dieses falsche Büro, dieses falsche Gebäude nicht mehr ertragen. Er hat sie betrogen. Er hatte alles von Anfang an geplant. Er befand sich hinter dem Vermieter, der sie plötzlich rausschmeißen wollte, er wollte, dass sie ihn um Hilfe bat, damit sie sich mit dem verfluchten Plan einverstanden gab. Aber wozu das Ganze? Wozu dieses Versteckspiel und diese Intrigen und Manipulationen? Doch nicht etwa um …? Plötzlich wurde ihr alles klar, klar wie der helllichte Tag. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)