Wo dich dein Leben hinführt von tatosensei ================================================================================ Kapitel 8: Eiszeit der Gefühle ------------------------------ Sie hatte ihn den ganzen Tag lang gemieden. Er hatte sie in ihrem Zimmer gesucht, als sie nicht zum Frühstück erschienen war. Die Hausangestellte hatte ihm gesagt, dass sie ans Meer gegangen sei. Sie wollte alleine sein, also hatte er sie alleine gelassen. Irgendwie hatte sie ihn beunruhigt. Er würde sich eigentlich nicht viele Gedanken machen, es würde schon alles vergehen, ihr verletzter Stolz, ihre beleidigte Art wegen seines rüden Benehmens, aber irgendwie war sie ihm nicht gleichgültig, sondern  ihm war es wichtig, dass sie sich nicht verletzt fühlte.   Er hatte sich schon wieder in ihr geirrt. Er hasste es in Vorurteile zu verfallen, aber er hatte es schon wieder gemacht. Nicht nur, dass sie nicht so war, wie die anderen, sie war auch noch treu zu ihren Prinzipien. Sie hatte sich, trotz ihres Berufes und begehrenswertem Aussehen, niemals dem anderen Geschlecht hingegeben. Er wusste nur zu gut von einigen lüsternen Kandidaten, die gerne diese Stelle eingenommen hätten, aber sie war bodenständig geblieben. Das verschaffte ihr Respekt seinerseits und er war im tiefsten Inneren stolz, dass sie nur ihm gehörte. Er wäre, jetzt im Nachhinein betrachtet, wirklich etwas anders an die Sache herangegangen, hätte er diese eine kleine, aber wichtige Tatsache über sie gewusst. Natürlich würde er das alles aber nicht laut zugeben. Er war Seto Kaiba, makellos in allen seinen Entscheidungen.   Und obwohl es die richtige Entscheidung war sie in Ruhe zu lassen, so machte er sich langsam sorgen, da es schon spät am Abend und sie nicht zurückgekehrt war, geschweige denn etwas an dem Tag gegessen hatte. Er müsste sich auf den Weg machen und sie suchen, weit würde sie auf der kleinen Insel nicht gekommen sein, der Strand alleine streckte sich nur über wenige hundert Meter, der Rest der Insel waren Felsen und Wälder.   Die Nacht war angebrochen und der Vollmond glänzte am wolkenfreien Himmel. Das Meer war still, ab und zu hörte man leise Wellen an den Strand spülen und in den Sand verschwinden. Er sah sie auf einem Felsen sitzen, mit einem leichten  gelben Sommerkleid, ihr rechter nackter Fuß im Wasser planschend. Er näherte sich ihr mit langsamen Schritten.   „Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht. Du warst den ganzen Tag weg.“   Sie hatte ihn gehört und verstanden, denn sie zuckte leicht zusammen, als er sprach. Dennoch drehte sie sich weder um, noch antwortete sie ihm. Dasselbe Spiel, wie im Schlafzimmer…   „Hör zu, Tea, ich weiß, dass du dich verletzt fühlst, aber was geschehen ist, ist geschehen. Wir können entweder friedlich miteinander umgehen, oder uns das Leben schwer machen. Ich bevorzuge das erste.“, er stoppte kurz um ihre Reaktion mitzubekommen, aber sie reagierte nicht, „Ich möchte, dass du ins Haus kommst und etwas isst, das Abendessen ist schon serviert. Ich will nicht, dass du krank wirst.“, nach einer kurzen Pause fuhr er fort, „Ich verspreche dir, ich werde mich zurückhalten, ich werde dich nicht anfassen, bis du es nicht selber willst.“   Während er den letzten Satz gesagt hatte, merkte er, wie sie sich anspannte, sich dann wieder beruhigte. Er drehte sich um und ging. Sie würde schon kommen, wenn sie wollte, dort zu stehen und auf sie zu warten, würde der Sache nicht weiter helfen.   Es waren etwa zehn Minuten vergangen, nachdem er im Esszimmer vor dem gedeckten Tisch saß und auf sie wartete, noch fünf Minuten und er würde wieder nach ihr sehen müssen. Aber da kam sie schon, mit einer Hausangestellten, die sie, herzlich und offen wie die Griechen eben sind, ins Zimmer zog und enthusiastisch erklärte, wie lecker das griechische Essen sei. Tea wollte eigentlich gar nichts essen, sie war noch nicht bereit mit ihm am selben Tisch zu sitzen, aber sie wollte die aufgeregt klingende, füllige Dame mit dem runden, aber sehr herzlichen Gesicht, nicht unterbrechen. Dies führte dazu, dass sie mitten im Esszimmer landete, vor einem reichlich gedeckten Tisch und vor Seto Kaiba am Kopf dieses Tisches. Sie könnte sich immer noch entschuldigen und weggehen, aber der Anblick des Essens, auch noch so bunt und wohlriechend, brachte ihr Magen zum Zucken. Sie hatte seit gestern nichts gegessen.   „Bitte setzten Sie sich, Mrs. Kaiba, möchten Sie etwas trinken? Wein? Saft?“, fragte die Hausangestellte, die Daphne hieß. Den Namen Kaiba an sie adressiert zu bekommen, war ungewöhnlich für sie. Tea gehorchte dennoch, wie sie ihrer Mutter gehorchen würde, so einen mütterlichen Eindruck hatte die ältere Dame auf sie hinterlassen: fordernd wie eine Mutter, aber gleichzeitig fürsorglich.   „Vielen Dank, Daphne, ich kümmere mich um das Getränk. Sie können jetzt gehen“, sprach Kaiba und war innerlich sehr dankbar, dass seine Hausangestellte ohne große Mühe das geschafft hatte, was er mühevoll und vergeblich versucht hatte.   Die Dame nickte, wünschte einen guten Appetit und  verließ den Raum.   Sie schwiegen sich an. Konzentriert erst einmal jeder auf seinen Teller.   „Möchtest du was trinken? Einen Wein?“, fragte schließlich Kaiba, als er sich selbst ein Glas Wein einschenken wollte.   „Nein“, kam etwas überstürzt ihre Antwort, als sie zum ersten Mal an diesem Abend ihn in die Augen schaute. Ihre Augen waren nicht mehr die, die sie an diesem Morgen waren. Sie waren deutlich milder, hatten aber auch ein wenig Anspannung in sich. Das Abendessen war nicht sehr entspannt, für keinen der Beiden, dennoch war er froh, dass sie überhaupt an einem Tisch mit ihm saß und etwas aß.   Ihre rasche Antwort überraschte ihn nicht. Der ganze gestrige Abend hatte mit einem Glas Whiskey begonnen, selbstverständlich traute sie sich an keinen Alkohol mehr, vor allem, wenn er aus seiner Hand kam. Er lächelte leicht, und schenkte ihr deshalb etwas Orangensaft ein.   „Ich habe meine Sachen ins Vorzimmer gebracht. Ich werde auf der Couch schlafen. Ich kann kein anderes Zimmer nehmen, weil sonst die Angestellten skeptisch werden könnten.“   Sie hob ihr Kopf hoch und schaute ihn an. Das hatte sie jetzt nicht erwartet. Zunächst war er so offensiv, aber jetzt ging er nicht einen, sondern zwei Schritte zurück. Sie dachte aber, er würde niemals einen Fehler zugeben, geschweige denn korrigieren wollen. Sie schwiegen und aßen weiter   Als sie später im Zimmer war, bemerkte sie, dass seine Sachen wirklich im Vorzimmer waren. Der Türrahmen, der die beiden Zimmer miteinander verband, war nun mit zwei weißen Flügeltüren abgeschlossen. Es war jetzt wie eine Trennwand. Sie betrat ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Sie war ihm für diese Privatsphäre dankbar.   Sobald sie ins Zimmer kam gewann die  Müdigkeit die Oberhand über ihren Körper. Sie spürte, dass sie die Nacht davor zwar geschlafen, aber der Schlaf ihr keine Erholung gebracht hatte. Eine Erholung brauchten ihre strapazierten Nerven und ihr beanspruchter Körper jetzt am allermeisten. Sie machte sich deshalb sofort fertig fürs Bett und war nach einigen Sekunden in einem tiefen und beruhigenden Schlaf gefangen.                                                                   *   *  *     Sie kam wieder nicht zum Frühstück und erschien auch nicht zum Mittagessen, sondern verbrachte den ganzen Tag auf ihrem Zimmer. Sie mied ihn. Er hatte auf sie gewartet beide Male, dann aber gemerkt, dass sie nicht erscheinen würde. Sie wollte ihn entweder ärgern oder, ihre Abneigung gegenüber ihm war so groß, dass sie lieber hungrig blieb, als mit ihm zu essen.  Beides ärgerte ihn zutiefst. Er hatte keine besondere Geduld, wenn es um solche Kinderspielchen ging, aber jetzt war er dabei den letzten Geduldstropfen zu verlieren, denn sie hatte anscheinend auch nicht vor zum Abendessen kommen.   Dass sie überhaupt gestern zu Abend gegessen hatte, hatte er Daphne zu verdanken. Diese Frau hatte ein besonderes Gespür bewiesen und hatte sie durch Ablenkung in ein Gespräch verwickelt und sie zum Tisch gebracht. Vielleicht sollte er sich ihrer Hilfe bedienen, bevor er wieder etwas tat was sie beide bereuen würden.   Er schickte deshalb die Hausangestellte hoch, um sie zu holen. Nach fünf Minuten berichtete Daphne, dass Tea keinen Hunger habe und deshalb auf das Abendessen verzichte. Sie log! Natürlich hatte sie Hunger, sie hatte den ganzen Tag nichts gegessen und natürlich wollte sie jetzt nur ihm zum Trotz nicht kommen.   Er stand auf und ging mit schnellen Schritten nach oben ins Schlafzimmer. Er könnte das nicht so lassen, er müsste ein für alle Mal ein Machtwort sprechen.   Die Tür ging heftig auf und knallte gegen die Wand, als er reinkam. Tea stand am Fenster und schaute raus. Sie hörte den Knall der Tür und drehte sich erschrocken um. Seto Kaiba stand im Zimmer.   „Ich habe seit heute Morgen auf dich gewartet, damit du zum Essen kommst. Drei Mal bist du nicht erschienen. Was für eine Erklärung hast du dafür?“   „Ich habe keinen Hunger“, antwortete Tea, ihre Hände vor ihrer Brust verschränkt und ihn ansehend.   „Das ist nicht wahr! Du hast sehr wohl Hunger und spielst dieses Theater nur um mich zu ärgern!“, er verlor langsam die Geduld. Er war nicht bereit sie jedes Mal anzuflehen, damit sie etwas aß. Er hatte gestern Abend verständlich gemacht, dass sich die Situation dieser verhängnisvollen Nacht nicht wiederholen würde und dass er sich zurückhalten würde, aber das müsste auch reichen.   „Ich kann nichts dafür, dass es dich ärgert“, nun provozierte sie ihn. Sie hatte es aber nicht absichtlich gemacht, die Worte kamen einfach so aus ihrem Mund raus. Sie bereute aber im gleichen Augenblick so unvorsichtig gewesen zu sein, denn er kam auf sie zu und sie würde sich bald wieder in dieser gar nicht vorteilhaften Situation zwischen Wand und ihm befinden. Sie wollte dem ausweichen, indem sie sich wegbewegen wollte. Aber er versperrte mit seinem Arm ihren Weg und zog sie zurück.   Seine Augen waren tiefblau und konzentriert auf ihrem Gesicht. Er sah angespannt aus.   „Ich warne dich, Gardner, fordere nicht das Schicksal heraus, sonst…“, er konnte jedoch seinen Satz nicht zu Ende bringen, weil sie ihm ins Wort fiel.   „Sonst was, Kaiba? Zwingst du mich etwa wie das letzte Mal?“, sie hatte Mut in ihrer Stimme und würde dieses Mal unnachgiebig sein. Sie war kein kleines ängstliches Mädchen, die jedes Mal zusammenzucken würde, sobald Kaiba etwas gröber mit ihr umsprang.   „Wenn es sein muss, dann ja“, schnappte er ein. Er erkannte wieder in ihr die Tea Gardner, die er aus der Collagezeit gekannt hatte, die, die vor ihm Stand und ihn ohne Angst ihre Meinung sagte.   „Das wagst du nicht Kaiba! Das werde ich nicht zulassen!“, sie hatte nicht vor sich zu fügen, nur weil er ihr drohte. Nicht dieses Mal.   „Und du glaubst, dass es dir gelingen wird? Sei vorsichtig mit wem du dich anlegst!“   Entgegen ihrer Erwartung, hatte sie nun doch ein mulmiges Gefühl. Er sah sie mit durchstechenden Augen an, er pinnte sie wieder an die Wand. Wieso sollte er nicht das machen, was er letztes Mal gemacht hatte? Möglicherweise würde er jetzt sogar erbarmungslos sein, da sie ihn geärgert hatte.   „Lass mich los Kaiba!“, sie wollte sich aus dieser Zwangslage befreien, indem sie ihn wegschieben wollte, aber er schnappte ihre Arme und drückte sie gegen die Wand.   Im nächsten Augenblick war sein Mund auf ihrem, ihre zarten Lippen gefangen durch seinen hungrigen Kuss. Er bewegte sich so gekonnt, dass er jede ihre Bewegung, die sie machte um ihn abzuschütteln einfangen konnte. Dadurch gewannen seine Bewegungen an Energie, Geschwindigkeit und Leidenschaft. Sie dachte schon, dass diesem intensiven und fordernden Kuss bald der nächste Schritt folgen würde und sie sich wieder in der gleichen Position wiederfinden würde, wie in dieser Nacht, aber zu ihrer Überraschung löste er seine Lippen von ihren, jedoch blieb ihr genauso nah, wie vorher. Sie schnappten nach Luft. Der gegenseitige heiße Atem streichelte die Lippen des jeweils anderen.   „Ich habe mich klar ausgedrückt“, fing Kaiba an mit rauer Stimme zu sprechen, „ich habe keine Lust auf Kinderspielchen, Gardner. Ich lasse dich in Ruhe, wenn du nach meinen Regeln spielst. Wenn ich sage, dass du zum Essen kommen sollst, dann machst du das auch. Mehr verlange ich von dir nicht.“   Er ließ ihre Hände los und bewegte sich von ihr weg. Beim Hinausgehen drehte er sich kurz vor der Tür und ergänzte:   „Andernfalls siehst du was passieren kann.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)