Wo dich dein Leben hinführt von tatosensei ================================================================================ Kapitel 7: Nachwirkungen ------------------------ Er stand mit zusammengefalteten Armen angelehnt an dem doppelten Türrahmen, der das Vorzimmer vom Schlafzimmer trennte, und beobachtete sie. Sie schlief noch. Ihre braunen schulterlangen Haare waren unordentlich auf dem weißen Kissen verteilt. Sie lag auf dem Rücken, ihre eine Hand neben ihrem Kopf. Sie atmete leicht ein und aus und jedes Mal ging mit dem Ein- und Ausatmen ihre Brust, die nur mit einem dünnen Lacken bedeckt war, hoch und runter.   Der Anblick alleine war Gold wert. Ihre ruhige Form verriet zu diesem Augenblick nicht, wie lustvoll und wild die letzte Nacht gewesen war. Für beide. Er hätte nie gedacht, dass sie ihn so aufreizen könnte. Die gestrige Nacht hatte alles getoppt, was er bisher in seinem Leben mit einer Frau erlebt hatte. Er dachte, er könnte sein lang unterdrücktes Verlangen mit dieser Nacht stillen, denn so war es mit anderen Frauen schon immer gewesen. Eine verbotene Frucht schmecke immer am besten, bis man sie doch noch probiert hatte. Mit ihr, so schien es, hatte er eine falsche Vorstellung gemacht. Jetzt, wo sie ihm gehörte, wo sie gemeinsam eine unvorstellbar tiefe Leidenschaft entfacht hatten, wollte er mehr von ihr, er wollte es wieder und wieder, bis sie dem ähnlichen Muster der anderen Liebschaften Folge leistete und für ihn langweilig wurde. Das würde kommen, da war er sich sicher, aber nicht jetzt, nicht in nächster Zeit.   Sie bewegte sich kurz; sie war dabei aufzuwachen. Sie öffnete kurz die Augen, um sie wieder, geblendet von dem hellen Licht im Zimmer, zu schließen. Dabei hatte sie ein komisches Gefühl, ein Gefühl, wie wenn man etwas sehr wichtiges vergessen hatte, aber sobald einem die Gewissheit treffen würde, man es bereuen würde sich erinnert zu haben. Was war geschehen? Sie versuchte sich aufzusetzen, stützte sich auf die eine Hand, die andere ging automatisch zum Kopf, der erstaunlicherweise weh tat und sich schwer anfühlte. Erst jetzt bemerkte sie, wie ein dünner Stoff dabei war von ihrem Körper herunterzufallen und sie zu entblößen, erst jetzt wurde ihr klar, dass sie völlig nackt war unter der Seidendecke. Blitzschnell reichte sie mit dem freien Arm Richtung Brust und hielt den Stoff in einem tödlichen Griff an ihrem Körper fest.   „Guten Morgen.“   Sagte eine bekannte tiefe Stimme und zwang sie in ihre Richtung zu schauen. Dort, angelehnt am Türrahmen, selbstgefällig, mit verschränkten Armen und einem Grinsen stand er, Seto Kaiba. Auf einmal fiel ihr wieder alles ein… der Koffer, wie er in ihr Zimmer kam, wie er sie küsste, wie er sie in die Matratze drückte, wie sie seinen Namen schrie…   Sie konnte ihren Blick nicht mehr auf ihn lassen. Sie drehte augenblicklich ihr Kopf auf die Seite, weg von seinem Gesicht, seinen kalten herzlosen Augen. Sie spürte einen innerlichen Schmerz, als hätte man sie verraten, als hätte er sie betrogen. „Ich dachte, du hättest gut geschlafen, so schnell wie du gestern weg warst.“ Kaiba versuchte erneut etwas, ein Wort, eine Beleidigung, einen Empörungsschrei von ihr herauszubekommen, aber sie antwortete wieder nicht, sondern hielt ihren Kopf auf die Seite und ihren Blick auf die Wand. Nichts war schlimmer als Schweigen, wenn man sich so viel zu sagen hatte. „Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du Jungfrau bist?“   Jetzt reichte es ihr, wie konnte er nur so zynisch sein, wie konnte er ihr so etwas sagen, wo er doch, wie auch immer, sie dazu gebracht hatte das zu machen, wozu sie nicht bereit war, nicht jetzt, nicht mit ihm. Sie spürte, wie sich langsam Tränen in ihren Augen bilden wollten und wie ein Kloß im Hals aufstieg. Aber sie drückte alles weg, sie würde alles andere tun, als sich noch einmal vor ihm zu demütigen.   Sie drehte ihren Kopf wieder in seine Richtung und sah ihn mit ihren wütenden Augen an. Ihre Augen blitzten vor Schmerz und Wut und Hass und noch etliche anderen Gefühlen, die er nicht erkennen konnte. Könnten Blicke töten, so würde Seto Kaiba nun ein toter Mann sein.   „Wie kannst du es wagen mir so etwas zu fragen, du verdammter Mistkerl!“, ihre Stimme klang nun energisch und gefährlich, wie bei einer verwundeten Löwin, die zwar verletzt war, aber bis zum bitteren Ende zumindest ihre Würde behalten wollte, „Du hattest nicht das Recht mit mir so umzugehen. Was glaubst du, wer du bist, ein Superheld, oder Gott, dem alles erlaubt ist, der alles haben kann was er will, ob die anderen es wollen oder nicht?“ Nun musste sie aufhören, weil ihre Stimme auf einmal gebrochen klang und nicht mehr so kraftvoll und robust wirkte.   Er war von ihrem plötzlichen Gefühlsausbruch wenig beeindruckt. Trotzdem gab er seine angelehnte Position auf und machte zwei Schritte in ihre Richtung, seine Arme jetzt nicht mehr vor der Brust verschränkt, sondern jeweils auf beiden Seiten seines Körpers. Seiner Arroganz hatte der Wechsel der Position keinen Schaden getan, sondern im Gegenteil, jetzt bemerkte sie, dass sein weißes Hemd nicht zugeknöpft war und seine durchtrainierte Brust und die einzelnen Bauchmuskeln aufblitzen ließ. „Ich hatte das Recht, weil wir verheiratet sind. Und schließlich gehören zum Sex zwei dazu. So wie du gestern mitgemacht hast, zeugte dein Benehmen mehr als nur von Freiwilligkeit, Gardner.“   Er hatte das Recht, er war ihr Ehemann? Aber trotzdem sind sie eine Scheinehe eingegangen, und, wenn sie gewusst hätte dass er von ihr diese eine Sache verlangen würde, dann hätte sie niemals zugesagt… Aber das mit der Freiwilligkeit. Hat sie es wirklich auch gewollt? Nein, das könnte doch nicht sein! Aber wieso hatte sie sich nicht gewehrt, wieso hatte sie ihn nicht weggedrückt oder einfach nein gesagt? Hat sie ihm etwa Signale gegeben, dass sie es auch wollte? Hatte es ihr gefallen? Aber wenn dem so wäre, wieso war sie so sehr von dem Vorfall überrascht? Wieso fühlte sie sich so schlecht am Morgen danach? Nein er versuchte die Tatsachen umzudrehen, wie er immer dies machte, Hauptsache sie passten ihm.   „Du weißt genau, dass das nicht wahr ist, dass ich niemals auf die Idee gekommen wäre…“   „Es gibt immer ein erstes Mal. Es ist nur so gekommen, dass ich der erste in deinem Leben geworden bin.“   Nein sie konnte ihn nicht mehr antworten, ihn beschimpfen, ihm das Gegenteil beweisen, es hätte keinen Sinn, sie war einfach zu schwach und zu verletzt. Für ihn ist sie einer von vielen geworden, für sie würde er für immer der Erste bleiben, der Erste, auf den sie so lange gewartet hatte, für den sie sich aufgespart hatte, um ihn dieses besondere Geschenk zu machen. Der Erste ist jetzt er geworden, der es niemals verdient hatte. Noch schlimmer könnte man ihren Stolz nicht beleidigt haben, egal ob sie nun in der Sekunde des Rausches und der Euphorie die Kontrolle über sich verloren hatte, oder nicht, er dürfte niemals so weit gegangen sein.   „Ich will sofort zurück nach Domino! Ich werde keine Sekunde mehr dieses Spiel mitmachen und keine Sekunde länger hier bleiben!“   „Es tut mir leid dich wieder zu enttäuschen“, antwortete ihr Kaiba in gewohnter Gelassenheit, „aber du wirst nirgendwohin gehen. Ich habe dich hierher gebracht damit du dich an deine Rolle gewöhnst. Ich hoffe du reißt dich zusammen, es ist nicht der Weltuntergang, dass ich dich entjungfert habe. Lieber ich als ein One-Night-Stand, denkst du nicht? Immerhin wirst du mit mir ein ganzes Jahr verheiratet bleiben.“   Sie hatte endgültig gegen ihn verloren. Wie konnte sie nur so töricht sein und überhaupt mit ihm so eine Abrede treffen. Nun hatte sie das bekommen, was sie sich verdient hatte. Was für ein dummer Mensch sie war, mit Seto Kaiba einen Deal einzugehen und auch noch zu glauben, dass er fair sein würde, dass sie sich gegenseitig unterstützen und helfen könnten. Es ist ihr Recht geschehen, so naiv zu sein und immer an das Gute im Menschen zu glauben.   Er kam wieder näher an sie ran, nachdem er an der Kommode etwas in die Hand nahm, und legte es auf dem Nachttisch neben ihr. Ein Glas Wasser und eine kleine weiße Pille. „Nimm ihn. Es ist wichtig, dass du zumindest in dieser Sache vorsichtig bist.“ Er drehte sich um und ging aus dem Zimmer und ließ sie bei sich, endlich alleine.   Nun spürte sie, dass sie die Anspannung nicht mehr lange aufrechterhalten konnte. Sie schaute die Pille an und das Wasser. Am liebsten hätte sie ihm das Wasser aufs Gesicht geschüttet und die Pille weggeschmissen, nur zum Trotz, damit er nicht schon wieder das bekommen konnte, was er wollte. Aber sie konnte es nicht riskieren auch noch von ihm schwanger zu werden.   Mit schnellen Bewegungen, aber sichtlich zuwider, nahm sie die Pille und trank gierig das Wasser. Das nächste woran sie sich erinnern konnte, war, wie sie sich ins Bad stürzte, um endlich den ganzen Schmutz, der auf sie lastete und den sie mit jeder Sekunde immer stärker verspürte, abzuwaschen.   Erst als das warme Wasser der Dusche auf ihr Gesicht fiel und ihre warmen salzigen Tränen wegwischte, beruhigte sie sich ein wenig, nur um im nächsten Augenblick sich wieder daran zu erinnern, in welcher Hölle sie gelandet war und ein ganzes Jahr ihres Leben verbringen musste.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)