Glückspiraten von Anyi ================================================================================ Kapitel 1: Aufbruch mit Anfangsschwierigkeiten ---------------------------------------------- Kapitel 1 - Aufbruch mit Anfangsschwierigkeiten "Wahnsinn!" Naruto staunte. Seine Augen waren aufgerissen, glänzten und funkelten vor Begeisterung, während Sasuke neben ihm nur verhalten ein kleines Lächeln zeigte. "Sieh nur wie groß das ist", bewunderte er unbeschwert, mit leichter Aufregung in der Stimme, die er nicht zurückhalten konnte und wandte sich glücklich strahlend an den jungen Mann neben sich. Nur ein knappes Nicken erhielt er. Eine stumme, karge Erwiderung, nichts Besonderes, weshalb er seine Unterlippe leicht schmollend nach vorn schob. Das hier war immerhin etwas ganz Großes. Etwas Gewaltiges! Eine Veränderung. Ein riesiger Einschnitt in ihr bisheriges Leben, auf das man doch mehr Reaktion zeigen sollte. Nicht nur ein Nicken und nettes Lächeln. "Sasuke", ermahnte er seinen Freund und boxte ihm neckend gegen die Schulter. Auf das genervt klingende Murren schüttelte Naruto jedoch nur seinen Kopf und wandte sich wieder dem riesigen Objekt zu, welches sich in prachtvoller Größe vor ihnen befand. „Das ist echt krass. Ich mein, schau dir die Segel an, Sasuke. Die sind der Wahnsinn, ich kann es kaum erwarten damit in See zu stechen.“ Sasuke hörte das obligatorische „Echt jetzt“ am Ende des Satzes, auch wenn es nicht ausgesprochen wurde, was er aber nicht hörte, war die Vorsicht, die in seinem nächsten Satz lauerte. „Was meinst du, bringt uns dieses Schiff bis ans Ende der Welt?“, fragte er, verdeutlichte seine Worte mit einem verspielten Blick, der seinen Freund eigentlich ein wenig locken sollte, aber eine Antwort erwartete er dennoch nicht. Er kannte Sasuke mittlerweile zu gut. Im Grunde sein ganzes Leben lang und doch wurde Naruto überrascht, als Sasuke leise zugab: "Ich denke schon." Sein Blick, und vor allem das sympathische Lächeln auf seinen Lippen verrieten, dass er damit nicht gerechnet hatte. Ganz und gar nicht. Dabei empfand er Sasukes Stimme eindeutig als angenehm. Einprägsam, stimmig. Es war wirklich schade, dass er sie so selten benutzte, um mit ihm zu reden. Zu selten, um diesen Moment nicht noch ein wenig auszunutzen. Genau aus diesem Grund legte Naruto einen Arm um ihn, ignorierte das versteifte Hochziehen der Schultern. "Und, wann segeln wir los?", hauchte er dem anderen ins Ohr und grinste leicht über die Reaktion, die augenblicklich folgte. Sasuke zuckte merklich zusammen, weil sich der warme Atem auf seiner Haut verteilte, hauchzart und ganz fein seinen Nacken streifte. Ungewohnt und auf eine angenehme Weise, was ihn deutlich irritierte. "In zwei Stunden wollte ich von dieser Insel weg sein", gab er dennoch angespannt kühl von sich, vollkommen neutral und trotzdem wie immer. Typisch Sasuke eben, dachte Naruto innerlich ein wenig wehmütig, während Sasuke sich seinen Arm locker von den Schultern streifte. Naruto hätte beinahe missfallend protestiert, doch Sasukes ernster Blick verschlug ihm die Sprache. "Pack deine restlichen Sachen. Wir treffen uns Punkt zwölf wieder hier, ich muss noch was erledigen", sagte er und noch bevor Naruto etwas darauf erwidern konnte, war er verschwunden. Na ganz klasse. Was auch immer so wichtig war, dass er Naruto hier allein ließ, sorgte dafür, dass er ihm nicht gerade begeistert nachsah, ehe er sich leise grummelnd ebenfalls in Bewegung setzte. Sein Weg führte ihn über steinige, grobsandige Straßen, die sich durch die kleine Innenstadt des Dörfchens schlängelten, über ein paar Hügel hinweg, direkt zu dem kleinen Häuschen, das er zusammen mit Sasuke bewohnte. Auch wenn er es nicht aussprach, so wusste Naruto sehr wohl, weshalb es sein Freund so eilig hatte von dieser Insel zu verschwinden. Schuld war ein Ereignis, das jetzt schon mehr als ein halbes Jahr zurücklag. Ein schwerwiegendes, einschneidendes Erlebnis, an das auch Naruto nur mit bedrückten Gefühlen denken konnte. Sasukes Eltern - Mikoto und Fugaku … Naruto erinnerte sich noch an das sanfte Lächeln auf ihrem Gesicht und das ermunternde Nicken von einem Mann, den er selbst oft als Vater bezeichnet hatte, ehe alles undeutlich wurde. Sie waren nur noch ein Bild, ein kleiner Fetzen einer Erinnerung, dessen Konturen hinter milchigem Glas verschwammen. Dass sie nicht mehr lebten, hatte Sasuke verändert. Hatte sie beide verändert. Von einem Tag auf den anderen. Sasuke war seither kühler geworden, distanzierter und deutlich wortkarger, ganz anders, als ihn Naruto aus ihren Kindheitstagen in Erinnerung hatte. Jetzt war es selbst für ihn ein schweres Herankommen. Manchmal jedenfalls. Noch in Gedanken bei Sasuke schloss er seufzend die Holztür hinter sich, die bei jeder Bewegung ein sanftes Quietschen von sich gab. Ein vertrautes Geräusch, weil er immer noch nicht die alten Scharniere geölt hatte, wie es Sasuke mehr als einmal von ihm gefordert hatte, doch das mahnende Murren seines Freundes blieb dieses Mal aus. Immerhin reichte der Gedanke daran, um ihm ein Lächeln zu entlocken. "Das werde ich bestimmt vermissen", meinte er zu sich selbst und schüttelte amüsiert seinen Kopf. Vereinzelte Haarsträhnen fielen ihm dabei vor die Stirn, ehe er sich abwandte und auf sein Zimmer zuging, um die restlichen Sachen einzupacken. Ganz wie es Sasuke von ihm erwartete. Er ging leichtfüßig über den rauen Holzboden, ignorierte das leise Knarzen der Dielen und blieb stockend stehen, als sein Blick beiläufig in das Zimmer seines besten Freundes glitt. Es war leer. Nur sein altes Bett stand verlassen an der Wand. Abgedeckt von den weißen Bettlaken erschien es neu und ungebraucht, als hätte noch nie jemand darin geschlafen, doch Naruto wusste es besser. Zu oft hatte er sich in schlaflosen Nächten in Sasukes Zimmer geschlichen, um diesen zu beobachten. Beim Schlafen, vielleicht sogar beim Träumen, wenn er selbst kein Auge zubekam. Jetzt jedoch würde sich das vielleicht ändern. Es war ein merkwürdiges, belastendes Gefühl, das dieser Gedanke in ihm hervorrief. Ein Gefühl, das sich schwer auf seinen Magen legte und das er doch nur verdrängen konnte. Verdammt. Er wollte gar nicht so denken. Er wollte nicht zweifeln. Er wollte seiner Befürchtung nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken. Sasuke würde immer sein bester Freund bleiben, immer. Für immer. Daran wollte er festhalten, auch wenn es Momente gab, die an seiner Überzeugung kratzten. Sasuke war sein Freund und er würde es bleiben. Wenn nötig, würde er dafür Himmel und Hölle in Bewegung setzen, kompromisslos! Seit langem spürte er, dass sich etwas verändert hatte. Sein Herz schlug höher, sobald er Sasuke sah. Es schlug schneller, sobald er ihn sprechen hörte und es hüpfte aus seinem Takt, wenn er Narutos Blicke erwiderte, doch auch wenn er wusste, was es zu bedeuten hatte, fasste er nicht den Mut es auszusprechen. Vielleicht war Sasuke nicht einmal abgeneigt. Manchmal gab es Situationen, Momente zwischen ihnen, die anders waren. Er hatte Blicke gesehen und Reaktionen bemerkt, sobald er Sasuke mit seinen Fingern berührt hatte, aber das würde nichts ändern. Noch nicht. Sasuke weckte Zweifel in ihm, genauso schnell wie er Hoffnung erzeugte. Jedes Mal, wenn Naruto bereit war die Wahrheit zu sagen. Notgedrungen löste er seinen Blick von dem leeren Zimmer, das ihm unheimlich vorkam, jetzt, wo es dort kein Anzeichen mehr auf Leben gab. Abgelegen und dunkel – ein Teil seiner Vergangenheit … Er warf jeden trüben Gedanken beiseite, als er die Zimmertür seines Freundes schloss und sein eigenes kurz darauf betrat. Vergangenes bleibt zurück, wenn vor einem eine ungewisse Zukunft liegt. Ein Abenteuer … Ein Neuanfang? Nur das Nötigste fand einen Platz in zwei großen Reisetaschen, dann begab sich Naruto wieder auf den Weg zu ihrem gemeinsamen Schiff, für das sie jahrelang gespart und geschuftet hatten. Freudige Erwartung mischte sich unter die nagenden Zweifel, dessen Ranken sich fest um sein pochendes Herz geschlungen hatten. "Da bist du ja endlich. Es ist bereits zehn nach zwölf, Naruto", grummelte Sasuke, während Naruto mit einem aufgesetzten Lächeln neben ihm zum Stehen kam. Es war nicht leicht ihm gegenüber zu treten und nichts zu fühlen, sein Herz auszuschalten und das Bedürfnis, ihm endlich alles zu gestehen, in den Hintergrund zu drängen. Es war verdammt schwer, aber trotzdem schaffte er es in wenigen Sekunden wieder unbeschwert und gewohnt lässig zu Schmunzeln, ohne verräterische Nachdenklichkeit. Pure Lebensfreude – ein dünner Mantel seiner Seele. „Ich hab mich noch verabschiedet“, sagte Naruto, wohl wissend dass Sasuke niemals nachfragen würde. Es gab Menschen in diesem Dorf, bei denen würde sich Naruto niemals verabschieden. Nicht einmal mit einem halbherzigen Winken aus sicherer Entfernung. Aber es gab auch einige wenige, die Naruto ans Herz gewachsen waren. Iruka und Ayame, bei denen er Milch und Kekse bekommen hatte, wann immer ihm danach war. Selbst der alte Bürgermeister, der bei Narutos Streichen immer nur gelacht hatte, war einer dieser Menschen, von denen er sich sicher verabschiedet hatte, auch wenn Sasuke dafür keine Bestätigung bekam. Tatsächlich war Naruto aber nur nochmal zum Friedhof gegangen, und die einzige Zimmerpflanze dort abgestellt, die sie beide über Jahre gepflegt hatten. "Hn. Es wird Zeit, wir müssen eine Crew zusammensuchen", erwiderte Sasuke auf seine abgeklärte Weise sogar ein wenig euphorisch und warf kurzerhand sein Gepäck über die Reling. Erst danach schwang er sich selbst in geschmeidig eleganter Bewegung auf das Deck, wobei ihm Naruto etwas ungeschickt folgte. „Jaja, jetzt hetz doch nicht so, wir haben doch alle Zeit der Welt“, meinte er unbekümmert und fing sich einen Blick ein, der ihn gleich wieder verstummte. Dafür stieg ihm der frische Geruch von gerade getrockneter Farbe in die Nase. Lack, der glänzend schöne Akzente an dem einheitlichen braunen Holz hinterließ. Wieder kam Naruto ins stumme Staunen, sodass er nur mühsam seinen Mund geschlossen halten konnte, als er die Treppe hinab ins Innere des Schiffes betrat. "Das hier ist meins", begeisterte sich Naruto für eines der Zimmer. Erst im Nachhinein bemerkte er den Schatten, der sich neben ihm aufbaute. Fast zeitgleich schlug sein Herz penetrant schneller, sodass er dem Drang, sich dem anderen zuzuwenden, nicht widerstehen konnte. Naruto hielt seinen Atem beinahe automatisch an, als ihm Sasukes markante Gesichtszüge so nah waren, dass er jede einzelne Wimper sehen konnte. Perfekt ... diese Perfektion, die geraden Kieferstrukturen … "Es ist jedenfalls das größte Zimmer", murmelte Sasuke neben ihm. Ungerührt und nah, bewegte sich nicht und gab Naruto unwissend die Chance, ihn länger betrachten zu können. Was er auch ungeniert in die Tat umsetzte. Sich von diesem atemberaubenden Anblick zu lösen war ihm im Moment einfach unmöglich. "Welches wirst du nehmen?", fragte er dann flüsternd, riss die Aufmerksamkeit des Schwarzhaarigen gewollt auf sich. Nur mit Mühe konnte Naruto das verräterische Keuchen verhindern, das seiner trockenen Kehle entweichen wollte, als er in diese unergründlichen, dunklen Augen blickte. Er konnte sehen, wie sich Sasukes Adamsapfel bewegte, als dieser schlucken musste, doch die ebenmäßigen Lippen lenkten ihn ab – fesselten ihn. Naruto konnte nur noch starrend beobachten, wie sie sich öffneten und von einer flinken Zunge befeuchtet wurden, ehe ihn die raue Stimme seines Freundes zurück in die Realität holte. Zurück aus seinen Träumen, wo er niemals in einen intensiveren Genuss dieser Lippen, dieser Zunge, dieses Mundes kommen würde. Seiner Einschätzung nach war das nichts weiter als Wunschdenken. "Keins. Wir brauchen noch eine Mannschaft und für alle werden wir kein Einzelzimmer haben", sagte er bestimmt. Anschließend wandte er sich von Narutos verdutztem Gesichtsausdruck ab. "Aber...", begann Naruto, doch Sasuke unterbrach ihn. "Ich schlafe oben an Deck oder unten bei den anderen. Ein Pirat lebt nicht im Luxus, Naruto", er zwinkerte ihm unerwartet verwegen zu. "Und für Extrawünsche haben wir keine Zeit." Naruto hatte es sich anders vorgestellt. Entspannter, viel ausgeglichener. Mehr wie Urlaub, ziemlich ruhig und eher gechillt, aber bitte mit zwischenzeitlichem Nervenkitzel. Hier und da ein paar kleine Abenteuer aber stattdessen bekam er einen terrorisierenden Sasuke, der ihn mit Kleinigkeiten beschäftigte. Den ganzen Tag. Schrubb das Deck. Flick die kaputten Segel. Lerne das Schiff zu steuern. Zähl die Vorräte nach … Naruto hörte ihn dauerhaft in seinen Gedanken, auch dann, wenn sich Sasuke nicht in seiner Nähe befand. Es war unglaublich. Zudem schien Sasuke ein besonderes Gespür dafür zu haben, wenn er sich gerade mal irgendwo entspannt zurückgezogen hatte. So wie jetzt auch. Keine zwei Sekunden hatte er seine Augen geschlossen, da spürte er einen kühlenden Schatten auf seinem Gesicht. Er unterdrückte das entnervte Seufzen, genauso wie den Drang seine Augen zu öffnen. „Was wird das?“ Sollte er wirklich versuchen ihn zu ignorieren? Einfach so tun als würde er schlafen? „Ich weiß, dass du wach bist.“ Ja leider, dachte Naruto und seufzte nun doch, ehe er zaghaft ein Auge wieder öffnete. Er hätte echt gern einfach mal ein paar Minuten geschlafen. Sich ausgeruht, die Sonne auf seiner Haut gespürt und tief die salzige Meeresluft eingeatmet, denn seit Sasuke ununterbrochen nur noch über irgendwelchen Karten brütete, durfte er hier nämlich alles allein machen. Ausnahmslos alles. Selbst jetzt, da war sich Naruto sicher, kam er bestimmt nicht ohne Grund. Sasuke stand mit verschränkten Armen vor ihm. Sein Kopf verdeckte die Sonne und Naruto bemerkte mit einem Schmunzeln die Kette, die um seinen Hals hing. „Ich bin müde, Sas“, versuchte er es mit verspieltem Charme. Einem Lächeln, von dem er überzeugt war, auch wenn Sasukes einzige Reaktion darin bestand, dass er die Arme lockerte und seine Augenbrauen hochzog. „Das bist du immer“, stellte er nüchtern fest. „Ich hab den ganzen Tag das Geschirr gespült und die Kanonenkugeln poliert …“ Naruto verzog das Gesicht. Er verstand immer noch nicht, warum er das machen sollte. Sasukes Erklärung war mehr als dürftig und auf eine lange Diskussion war er gar nicht erst eingegangen. „Ich hab mir echt eine Pause verdient.“ „Hn“, machte Sasuke und Naruto glaubte, dass darauf noch irgendwas folgen würde. Worte. Sätze. Aber nichts, dafür bewegte er sich und setzte sich zu seinem Erstaunen neben ihn. „Es ist echt ätzend immer alles allein zu machen.“ Ob er den kleinen Seitenhieb in seiner Stimme geschickt verpackt hatte, konnte Naruto nicht sagen. Dafür war Sasukes Gesichtsausdruck zu regungslos. „Hm, wir brauchen wirklich dringend ein paar Leute“, stimmte er jedoch zu. Irgendwie nachdenklich. „Dann solltest du erstmal deine Ansprüche runterschrauben. Bisher hast du doch jeden als unqualifiziert abgelehnt“, erwiderte Naruto. Als er seinen Kopf drehte, um Sasuke anzusehen, funkelte der kleine Anhänger im Sonnenlicht. Es war ein silbernes Pergament mit einem eingravierten Raben. „Sie waren schlecht …“ „Sie könnten besser werden …“ „Hn … In der nächsten Stadt versuchen wir es erneut“, sagte er, während er sich zurücklehnte. Mit dem Rücken gegen ein altes Weinfass, das sie von ihrem letzten Landgang mitgenommen hatten. Eine Requisite, die sie nicht wirklich brauchten, aber von der besonders Naruto überzeugt gewesen war, dass man sowas unbedingt auf einem Schiff haben musste. Man konnte es schließlich in Büchern nachlesen, auf Bildern sehen – sowas gehörte einfach auf ein echtes Piratenschiff. Und wenn es nur die Möglichkeit bot Sasuke dabei zu beobachten, wie er etwas von seiner dauerhaften Anspannung verlor. „Ich bin dafür, dass wir uns als erstes einen Koch besorgen sollten. Immer nur diese Dosensuppen essen wird nämlich echt langweilig …“, lachte Naruto und konnte das Schmunzeln auf Sasukes Lippen nicht sehen, als er sich rücklings nach hinten fallen ließ. Die Arme hinter seinem Kopf verschränkt seufzte er zufrieden auf. Über ihnen nur weiter, blauer Himmel. „Bei dir steht Essen wohl immer noch an erster Stelle, was?“ Sasukes Stimme war so leise und weich wie der warme Wind, der seine Nasenspitze streichelte und sie langsam über das Wasser trieb. „Jap, Essen ist auch echt wichtig. Hab gelesen, dass es auf dem Meer häufig …“ „Du hast gelesen?“, unterbrach ihn Sasuke amüsiert. Die Antwort kam in Form einer Faust, die ihn am Oberarm traf und Sasuke zur Seite kippen ließ. „Bastard … du hast doch gesagt, dass ich mir die Bücher ansehen soll.“ Naruto schob schmollend die Unterlippe vor, fühlte sich ernsthaft verarscht, als Sasuke ein kurzes Glucksen von sich gab. „Hätte nicht gedacht, dass du es wirklich tust …“, gab er seine Feststellung offenkundig zu, doch Naruto schnaubte nur. „Jaja … verarsch mich ruhig … du bist ein fieser, gemeiner Bastard, echt jetzt!“, entgegnete er beleidigt, ließ sich zur Seite fallen und wandte Sasuke ganz absichtlich den Rücken zu, damit er nicht sehen konnte, dass es ihn eigentlich amüsierte. Immerhin hatte er Sasuke auch ein wenig überrascht, oder? Er hatte ihn damit gezeigt, dass er es ernst nahm, nicht nur faul auf der Haut lag und bereit war, für ihren Traum etwas zu tun. Selbst wenn Sasuke es nicht zeigen konnte, ihn lieber wie gewohnt provozierte und neckte, war er doch bestimmt ein wenig Stolz auf Naruto. Ein ganz kleines Bisschen, richtig? „Und du bist gerade kindisch“, kommentierte Sasuke das Verhalten des Blonden, der nur ein verächtliches Geräusch zustande brachte. „Na und …“ „Hn.“ Naruto konnte nicht sehen, dass ihn Sasuke beobachtete. Hatte keine Ahnung von dem Blick, der auf seinem Rücken ruhte und dem Lächeln auf seinem Gesicht, das so selten geworden war. Sie sprachen nicht. In diesem Moment herrschte angenehmes Schweigen zwischen ihnen. Eine Stille begleitet durch sanftes Rauschen des Wassers und vorsichtigen Blicken aus schwarzen Augen. Ein Seufzen. Ein Schlucken. Naruto brummte verträumt, zuckte mit den Beinen. Da wäre er beinahe unter der Sonne eingeschlafen, wenn ihn Sasukes Finger nicht berührt hätten. An seinem Hals, seinem Nacken. Sie tasteten über stacheliges, kurzes Haar, über die ersten Halswirbel und Naruto biss sich stumm auf die Zunge, um das Summen zu verhindern, das nur unbeabsichtigt signalisiert hätte, wie sehr ihm Sasukes Behandlung gerade gefiel. Wann hatte sich die Stimmung verändert? Seit wann suchte Sasuke diese Nähe und warum genau jetzt? Naruto traute sich nicht irgendetwas zu sagen. Konnte sich nicht einmal bewegen, weil er befürchtete, dass es sofort aufhören würde. Das hier. Das alles. Sasuke … die Zärtlichkeit … selbst die Gänsehaut würde er vermissen, die sich über seinen Rücken zog. Er wäre doch verrückt, wenn er jetzt dagegen arbeiten würde. Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn er so tat, als würde er es kaum bemerken. Einfach weiter schweigen und im Stillen genießen, ganz eigennützig. „Du trägst sie nicht …“, hört er ihn schließlich leise sagen, als Finger tiefer wanderten, sein Hemd etwas verrutschte und Sasuke mehr Haut sehen konnte, als er gewollt hatte. Aber sie zuckten nicht weg, wanderten nur fester über seine Haut, dennoch versteifte sich Naruto. Sein Herz schlug zu schnell, zu kräftig. Viel hektischer noch als zuvor, weil er genau wusste, worauf Sasuke anspielte. „Ich …“, er schluckte. Jetzt noch weiterhin vorgeben nicht wach zu sein wäre fatal. Sasukes Hände schmiegten sich derweil um seinen Hals, versprachen einen Griff, der ihn sichtlich nervös machte. „Sie liegt unten. Ich hab sie vorhin nur kurz abgemacht, als ich mich gewaschen habe“, erklärte er und als Sasukes Finger den Druck minderten hörte er nur noch ein verstimmtes Brummen, ehe sie gänzlich verschwanden. „Hm…“ Sasukes Kleidung raschelte. Er wusste genau warum und vermutlich wäre es besser gewesen wenn er sich nicht umgedreht hätte. Dann hätte ihn Sasukes enttäuschter Blick nicht so unvorbereitet getroffen. Mit einer Intensität, die ihm die Luft zum Atmen nahm – mitten ins Herz. „Du solltest sie tragen. Er hat sie dir nicht umsonst gegeben bevor er …“ „Ich weiß“, warf Naruto dazwischen, als er seiner Stimme anmerkte, dass sie drohte zu versagen. „Ich weiß es … wirklich.“ „Hn …“ Ein letztes Mal fiel Narutos Blick auf die silberne Kette, bevor sich Sasuke von ihm abwandte. Diese Kette… Seine lag unten auf seinem Bett. Er hatte sie vergessen. Einfach nicht mehr daran gedacht. Und er hatte nicht geahnt, dass es Sasuke auffallen würde. Es war nur ein Versehen, das er bereute, weil ihm Sasukes Blick nicht mehr aus dem Kopf ging. Enttäuschung. Wegen einer Kette. Wegen einer vergangenen Geste. Dabei wusste Naruto ganz genau, warum sich Sasukes Blick so schmerzlich anfühlte. Es lag nur an einer Person. An einem einzigen Mann, dessen Name nicht mehr ausgesprochen wurde. Itachi Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)