Nummer Neun von Avialle ================================================================================ Kapitel 14: ------------ Die Tage im Dorf vergingen wie im Fluge. Es gab so viel zu tun und als InuYasha mit Miroku zurückkam, hatten sie neben Saatgut auch einige Werkzeuge dabei, die ihnen ihre Arbeit deutlich erleichterten. Lange waren die beiden nicht geblieben, sondern direkt am nächsten Tag wieder aufgebrochen. An diesem Abend stand Kagome allein auf einem Hügel und blickte auf das Dorf hinab. Zwei weitere Bewohner waren ihren Verletzungen erlegen, dafür schienen sich die anderen Verwundeten umso besser zu erholen. Manch einer war bereits auf den Beinen und trug auch einen kleinen Teil zum Wiederaufbau bei. Felder wurden gerichtet, die stehenden Hütten ausgebessert und die ersten Neuen waren bereits in Arbeit. Zwischen den Menschen herrschte auch ein viel festerer Zusammenhalt als früher. So ein Erlebnis schweißte zusammen, das konnte niemand bestreiten. Das Einzige, was ihr Sorge bereitete, war, dass sie weiter nichts über Rins Verbleib wussten. Sango war zu der Überzeugung gelangt, dass Sesshomaru sie so oder so nicht mehr im Dorf lassen würde. Kagome selbst war sich da nicht so sicher. Häufiger hatte sie sich mit Kaede – allein schon ihren Namen zu denken schmerzte – über deren Schützling unterhalten. Der Fürst hatte sie bei der alten Miko gelassen, damit sie wieder unter Menschen kam. Dorthin, wo sie hin gehörte. So wenig man es bei seiner Erscheinung und seinem Auftreten vermuten mochte, er sorgte sich um Rin, wusste aber auch, dass diese mehr brauchte, als nur einen Beschützer. Die menschliche Nähe konnte er nicht ersetzen, daher hatte er sie bei ihnen gelassen. Gleichzeitig auch eine Botschaft. Er traute es seinem Halbbruder zu, diesen Ort vor Gefahren zu bewahren. Dennoch, er würde Rin sicherlich herbringen. Dieses Dorf war das zu Hause der Waise und das würde er ihr nicht nehmen. Ein frischer Wind kam auf und ließ sie frösteln. Es wurde Zeit, ihren abendlichen Rundgang anzutreten und sich dann in ihre Hütte zurückzuziehen. Bei dieser Gelegenheit wollte sie auch Kaedes Grab aufsuchen. Zwei weitere Tage waren vergangen, in denen sich zusehends etwas im Dorf getan hatte. Kagome verließ soeben eine der Behausungen, in der einer ihrer Patienten lag, als sie mit ihren Sinnen zwei sich nähernde Personen bemerkte. Sofort stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen und sie lief zum Dorfrand, suchte mit den Augen die Umgebung ab. Sie hatte sich nicht getäuscht, Miroku und InuYasha waren zurück. Beide Männer waren schwer bepackt, was auf weiteres Material hoffen ließ. Die Freude war bei allen groß, erst recht, als sich zeigte, dass mehrere Bahnen Stoff unter den Mitbringseln waren. Diese schnappten sich gleich eine Gruppe von Frauen, die daraus Kleidung nähen würden. InuYasha förderte noch einen kleinen Beutel zutage, den er wortlos Kagome überreichte und sich dann abwandte. Darüber konnte sie nur den Kopf schütteln, besah sich aber den Inhalt und musste dann Schmunzeln. Er hatte ihr einige Kräuter mitgebracht, die nicht in der Nähe des Dorfes wuchsen und von denen sie Nachschub brauchte, da die Vorräte ja zerstört waren. Das war typisch InuYasha… Sie blickte sich suchend nach ihm um und fand ihn schließlich etwas abseits von der Menschenansammlung, die sich um ihn und Miroku herum gebildet hatte. Schnell war sie bei ihm angekommen. „Danke.“ Er nickte lediglich und schien mit den Augen die Anwesenden abzusuchen. Kagome wusste, nach wem er Ausschau hielt, obwohl der fehlende Geruch bereits Antwort genug war. „Er war nicht hier.“ Tröstend legte sie ihm eine Hand auf die Schulter. Eine Geste, die er früher nie zugelassen hätte. „Es geht ihr bestimmt gut. Sesshomaru wird sie gefunden haben.“ Ein widerwilliges Schnauben war die Antwort. InuYasha gab es nicht gerne zu, aber er sorgte sich nicht nur um Rin, sondern fühlte sich sogar ein Stück weit schuldig. Mehr noch als bei den anderen Dorfbewohnern, denn sein Halbbruder hatte Rin bei ihnen im Dorf gelassen. Die Akzeptanz und das bisschen Respekt, die er sich beim Kampf gegen Naraku bei seinem Bruder verdient hatte, konnte er getrost vergessen. Was das Schlimme daran war: Sesshomaru hatte verdammt noch mal recht. InuYasha selbst würde nicht anders reagieren, würde es um Kagome gehen. So lange hatten sich die beiden bekämpft, waren dann endlich auf einen grünen Zweig gelangt… Es war sogar genug Vertrauen vorhanden gewesen, dass sein Halbbruder in gewisser Weise sein Mündel in InuYashas Obhut gab. ~~~ Ein gewisser Alltag war für ‚Neun‘ eingekehrt. Ihre Reise, wohin auch immer, ging nur langsam voran, da sie immer wieder für ihre Übungseinheiten unterbrochen wurde. Langsam aber sicher schien sich ihr Körper an die veränderten Anforderungen gewöhnt zu haben. Zwar nahm sie an jeder Mahlzeit teil, aber fiel nicht mehr bei jeder Gelegenheit in einen komatösen Schlaf. Manchmal aber auch rasteten sie einfach so, ohne einen für sie ersichtlichen Grund. So war es auch jetzt. Während der Reitdrache wieder in der Sonne döste, tat der Kappa wichtig und behielt die Umgebung im Auge. Lächerlich, sie waren auf einer offenen Fläche, niemand würde sich hier anschleichen können. Dazu noch, dass sie es eh riechen oder hören würde, sollte sich ihnen jemand nähern. „Jetzt musst du den Stiel hier durch ziehen.“ Aufmerksam verfolgte sie die Hände Rins, die ihr vormachten, was sie selbst tun sollte. Was auch immer es sollte, es war Beschäftigung und schien der Kleinen wichtig zu sein. Also tat sie einfach, was von ihr verlangt wurde. Mit ihren Krallen musste sie ziemlich aufpassen und ihr zerbrechliches Werk musste öfters geflickt werden, doch dann schien das Menschlein zufrieden zu sein und zeigte ihre, wie sie das komische Gebilde schloss. ‚Neun‘ hielt es hoch, betrachtete es und legte den Kopf schief. Rin strahlte sie ein „Dein Blumenkranz ist wirklich schön geworden!“ Mehr als ein Blinzeln erntete sie nicht von Seiten der Youkai, die noch immer versuchte, den Sinn hinter dieser Aktion zu verstehen. Doch die Jüngere schien sich daran nicht zu stören, sondern stand auf. „Ah-Uhn, guck Mal, was wir tolles für dich haben!“ Träge hob der Drache beide Köpfe und gähnte erst mal. Derweil wurde ‚Neun‘ an der Hand gepackt und zu dem Reittier gezogen. Je ein Kopf besah sich einen Kranz und schnupperte daran. „Still halten“, murmelte Rin und legte dem Kopf vor ihr ihre Blumenkette um, ehe sie ‚Neun‘ auffordernd anblickte. Die zuckte gedanklich mit den Schultern und legte auch ihre Kette dem Drachen um. Das Menschenkind neben ihr klatschte in die Hände. „Toll! Komm, wir machen gleich noch welche.“ Wieder wurde die Sklavin an einer Hand gepackt und von dem Mädchen hinterher gezogen, das erneut auf jenes Stück Wiese zu hielt, auf dem sie bereits Blumen gepflückt hatten. Über die Schulter sah sich ‚Neun‘ den Drachen an, der bereits wieder döste. Begeisterung sah anders aus, also war sie zumindest nicht die Einzige, der offenbar der Sinn für so etwas fehlte. Ihre zweite Blumenkette bekam sie jedenfalls schon besser hin, als die Erste. Auch wenn sie sich doch fragte, wie sie in diese Situation gekommen war. Warum machte sie das alles mit? Es war keine Aufgabe ihres Herrn, dennoch hatte sie ohne zu zögern gehorcht, als die Kleine mit ihr Blumen pflücken gehen wollte. Ihre zweite Kette war kleiner als die erste. Also schien sie nicht für Ah-Uhn zu sein. Für wen dann? Auch Rin hatte dieses Mal deutlich weniger Blumen genommen. „Fertig! Halt den Kopf gerade.“ Etwas perplex saß ‚Neun‘ da und ließ zu, dass ihr Rin den Blumenkranz auf den Kopf setzte. Das Mädchen lächelte sie an. „Du bist wirklich hübsch!“ Eine Bezeichnung, von der ‚Neun‘ nicht sagen würde, dass sie auf sie zutraf. Aber da sie eh nicht widersprechen konnte, nahm sie diese Worte einfach hin. Irritiert sah sie dann, wie Rin den Kopf vorbeugte. Was sollte das denn jetzt wieder…? Dann aber dämmerte es ihr und vorsichtig legte sie Rin die Blumen um den Hals. Eine gänzlich andere Kette als jene, die sie der Kleinen zuvor angelegt hatte. Irgendwas daran tat ihr leid. Nur was? Sie verstand nicht, was da gerade in ihr vorging. Warum dachte sie überhaupt über so etwas nach? Doch der Mensch vor ihr schien sich zu freuen und begann, wie bereits öfters in den letzten Tagen, zu reden. So wirklich wollte die Youkai nicht alles glauben, was sie da zu hören bekam, wenn Rin von ihren früheren Reisen mit dem Fürsten erzählte, vom Kampf gegen Naraku – und von ihrer neuen Heimat. Von Dämonenjägern, einem Mönch und einer Miko, die gemeinsam mit einem Kitsune, einer Nekomata und einem Hanyou Seite an Seite kämpften. Das Klang selbst in Anbetracht ihrer eigenen seltsamen Reisegruppe zu verrückt. Welche Miko ließ sich denn auf Youkai ein? Selbst wenn es nur Hanyou waren. Überhaupt wollte sie ihren Ohren nicht trauen, als Rin zum ersten Mal vom jüngeren Halbbruder ihres Herrn erzählte. Immerhin sprachen sie von einem der vier Fürsten, einem offensichtlich stolzen und vor allem reinen InuYoukai. Ein Hanyou-Bruder passte da nicht ins Bild. Zum einen, weil auch der gemeinsame Vater ein Fürst gewesen sein muss und welcher hochrangige Youkai ließ sich schon auf einen schwachen Menschen ein? Zeugte auch noch einen Hanyou? Zum anderen erschien es ihr nicht sehr plausibel, dass ihr Herr einen solchen Bastard dulden würde. Wenn das heraus kam, würde das kein gutes Licht auf seine Familie werfen. Es wäre doch viel einfacher, diesen auszuschalten. Viel konnte ein Mischling einem Youkai doch eh nicht entgegensetzen. Zumindest jene, die ‚Neun‘ gesehen hatte. Auch wie schnell sie die Kontrolle verloren, weil das dämonische Blut zu stark war… Nur etwas Wahres musste an der Sache dran sein, solche Geschichten konnten nicht komplett frei erfunden sein. Vielleicht würde sie diese seltsame Truppe treffen, dann konnte sie sich selbst ein Bild davon machen… ‚Neun‘ hielt in ihren eigenen Gedanken inne. Seit wann interessierte sie so etwas? ‚Neun‘ machte einen Satz zur Seite. Nur weg aus der Gefahrenzone. An jener Stelle, an der sie bis eben stand, traf die grünlich leuchtende Klaue ihres Herrn den Boden. Glück gehabt, auch wenn er sie bisher nicht damit verletzt hatte. War sie zu langsam, stoppte er rechtzeitig seinen Angriff. Nur wenige Millimeter von ihrer Haut entfernt, aber immerhin. Woran das lag, wusste sie nicht sicher zu sagen, aber sie vermutete, es hing damit zusammen, dass er kein Interesse daran hatte, auf diese Art und Weise herauszufinden, wie ihr Körper mit seinem Gift klarkam. Sie auch nicht, wenn sie ehrlich war. Zwar wusste sie, dass ihr für Menschen tödliche Gifte nichts anhaben konnten… Aber zwischen dem Angriff eines solchen Youkais und einigen Beeren, die ihr unters Essen gemischt wurden, in der Hoffnung, sie damit auszuschalten, gab es dann doch gewaltige Unterschiede. Abermals musste sie sich mit einem Sprung in Sicherheit bringen. Zwar sollte sie auch selbst angreifen, doch fiel ihr dies schwer. Immerhin war das ihr Herr, gegen ihn konnte sie doch nicht die Hand erheben. Andererseits war es eine klare Anweisung seinerseits und sie bezweifelte, ihm ernsthaft schaden zu können. Also überwand sie sich, hob die Hand und lenkte ihr Youki dorthin. Etwas, das sie noch nicht sonderlich beherrschte – was sich umgehend rächte. Schon fand sie sich auf dem Boden wieder. Um ihren Hals lag in einer eindeutigen Geste die Hand ihres Herrn. Unter normalen Umständen wäre sie tot. Schon wieder. Warum versagte sie andauernd? „Du bist schneller geworden“, stellte er da fest. Sachlich, in keinster Weise ein Lob – aber sie wusste diese Worte durchaus zu schätzen. Erinnerten sie diese doch daran, dass sie zu Anfang dieser Übung kaum dazu kam, ihr Youki zu erfühlen, ehe er sie hatte. Dass sie es bereits in ihre Hand leiten konnte, war ein Fortschritt. Aber noch lange nicht gut genug, was ihr ebenfalls klar war. ‚Neun‘ traute sich nicht, zu nicken, daher schlug sie nur die Augen nieder. Ihre Position verunsicherte sie. Er war über ihr – und zwar so richtig. Sie lag zwischen seinen Beinen, während er über ihrem Körper hockte. Das machte sie tatsächlich nervös. Diese Nähe, die sie an etwas anderes erinnerte. Ruckartig löste er sich von ihr und augenblicklich vermisste sie etwas. Normal war das sicher nicht. Nie hatte sie dermaßen reagiert. Schnell erhob sie sich, drängte das Gefühl, wie immer, nieder und konzentrierte sich auf ihren Herrn. Dieser verzieh keine Unachtsamkeit, wie sie gelernt hatte. Zwei Stunden später beendete ihr Herr die Übung, nachdem sie es mehrmals hintereinander schaffte, ihre Youki-Sicheln zuverlässig abzufeuern. Nicht, dass sie ihn tatsächlich getroffen hatte, aber immerhin schaffte sie es, ihre Energie schnell genug an den gewünschten Punkt zu leiten und den Angriff auszuführen. Ehe sie auf den Boden befördert wurde, versteht sich. Sie atmete tief durch – und verzog das Gesicht. Schien so, als müsste sie sich wieder einen Fluss suchen, um sich und ihre Kleidung zu säubern. Fragend blickte sie zu ihrem Herrn, der ihr aber nicht wie sonst ein knappes Nicken schenkte, als Zeichen, dass sie gehen dufte. Stattdessen lief er einfach davon. Sie wusste, er konnte sich eigentlich schneller bewegen, tat dies aber nicht, damit sie folgen konnte. Was sie natürlich umgehend tat. Der Fürst ließ ihr die Möglichkeit, bis auf wenige Schritte aufzuholen, ehe er das Tempo wieder anzog, sodass ihr Abstand gleich blieb. Erst nach einigen weiteren hundert Metern bemerkte sie, dass sie nicht auf den Weg zurück zum Lagerplatz waren. Sesshomaru warf einen Blick über die Schulter zurück. Seine neuste Begleitung folgte ihm nach wie vor. Gut so. Ihre Kondition hatte sich wesentlich verbessert, ebenso wie sie bei allem anderen stetig Fortschritte machte. Bis sie ihr Ziel erreicht hatten, wäre sie ihrer vorläufigen Aufgabe gewachsen. Dass sie dieser nachkommen würde, bezweifelte er nicht. Außerdem schien Rin die Youkai mittlerweile zu mögen, was ein weiterer Pluspunkt war. Als er vor zwei Tagen zurück kam (zurückkam) und die Inu mit dem Blumenkranz auf dem Kopf sah, wusste er sofort, dass das Rins Werk war. Auf der einen Seite ein Zeichen für ihn, dass das Menschenkind langsam wieder zu ihren alten Freuden zurück fand, aber auch dafür, dass sie ‚Neun‘ vertraute. Ein klein wenig konnte er ‚Neun‘ aber noch fordern. Eben noch hatte er sie kurz gemustert – dann war er weg und sie sah lediglich einen gelben Orb verschwinden. Was zum… Egal was das gerade war – sie musste sich beeilen, hinterher zu kommen, ehe sie ihn komplett verlor. ‚Neun‘ streckte ihre Fühler aus, spürte einen Hauch von seinem Youki, dass er wohl mit Absicht frei ließ, damit sie ihn finden konnte. Ihr Herr entfernte sich abermals urplötzlich weiter von ihr. Das sie ihn einholen sollte war offensichtlich, nur wie? Verbissen presste sie die Lippen aufeinander, konzentrierte sich auf jenen Punkt, an dem sie ihn spürte. Mehr unbewusst als bewusst nutzte sie ihr Youki – und staunte nicht schlecht, als sie plötzlich wieder hinter ihm war. Vor Überraschung kam sie ins straucheln und rannte fast gegen einen Baum, ehe sie sich fing. Was konnte sie denn noch alles?! Sesshomaru spürte ‚Neuns‘ Youki. So ganz die Kontrolle hatte sie nicht, aber das war zweitrangig. Was für ihn mehr zählte, war, dass sie tatsächlich in der Lage war, ihn einzuholen und dies auch tat – auf dieselbe Weise, wie er sie abgeschüttelt hatte. Da sah er auch darüber hinweg, dass sie beinahe mit einem Baum kollidierte. Denn das ‚Neun‘ absolut keine Ahnung von ihrem Körper hatte und zu was dieser fähig war, wusste er mittlerweile zur Genüge. Egal bei was, ihre erste Reaktionen waren Überraschung und ungläubige Blicke. Ihm stellte sich lediglich die Frage, wie jung sie war, als sie von ihren Eltern getrennt wurde. Denn das war sie ohne Zweifel gewesen, so wenig wie sie wusste. Auch erklärte sich ihre Unterwürfigkeit so, hatte sie doch scheinbar von klein auf dieses Verhalten eingebläut bekommen. Für den heutigen Tag reichte es aber. Daher verlangsamte er seine Schritte, führte sie noch tiefer in das Waldstück hinein, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Hinter ihm blieb sie ebenfalls stehen, während sich vor ihnen der Dampf einer großen, heißen Quelle ausbreitete. Wenn er es recht bedachte, konnte er selbst diese Gelegenheit ebenso nutzen. Verunsichert beobachtete ‚Neun‘ ihren Herrn, der zwischen den Dampfschwaden hindurch ging. Unweit vom Rand der Quelle löste er seinen Brustpanzer, als auch seine Schwerter und legte diese ab. Was sollte sie jetzt tun? Hier stehen und abwarten, bis er fertig war? Oder sollte sie sich einen anderen Platz suchen, um sich zu säubern? Nur nebenbei registrierte sie, wie er sich vollständig entkleidete und in das Wasser stieg. War ja nicht das erste Mal, dass sie einen Mann unbekleidet sah, zumal es auch nur seine Rückseite war. Mehrere Minuten lang geschah nichts und nervös trat sie von einem Fuß auf den anderen. Dann hörte sie den Fürsten, der es sich bereits gemütlich gemacht hatte. „Komm.“ Mit vorsichtigen Schritten trat ‚Neun‘ näher heran, ehe sie ihr Haarband löste und den Schlüssel daneben ins Gras legte. Dann erst schälte auch sie sich aus ihrer Kleidung, nur um dann inne zu halten. Sie konnte die Stücke doch nicht in dem Wasser säubern, in dem ihr Besitzer saß. Nun, wenn er fertig war, könnte sie sich noch darum kümmern. Vorausgesetzt, er ließ ihr genug Zeit… Eine andere Möglichkeit sah sie aber nicht, weshalb sie den Stoff nah am Rand der Quelle ablegte, um ihn direkt greifen zu können. Dann erst stieg sie in das entspannend warme Nass. Nicht, dass ihr die kühlen Flüsse etwas ausmachten, aber sie wusste den Luxus von heißen Quellen durchaus zu schätzen. Da sie nur selten die Gelegenheit dazu bekam, genoss sie es umso mehr. Auch wenn sie nach wie vor nicht wusste, was sie davon halten sollte, dass ihr Herr sie mit sich zusammen baden ließ. Da das Becken nicht sonderlich tief war, suchte sie sich, ebenso wie ihr Herr, eine geeignete Stelle und ließ sich dort nieder. Natürlich in angemessenem Abstand zu ihm. Ihre geschundenen Muskeln entspannten sich zusehends, was sie sehr genoss und für einige Minuten die Augen schloss. Doch so wirklich kam sie nicht zur Ruhe, weshalb sie bald wieder zu dem Fürsten sah. Dieser schien im Gegensatz zu ihr keinerlei Probleme zu haben. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, wie sie nur in diese Lage hatte geraten können. Nur so langsam arrangierte sie sich damit und musste zugeben, dass ihr neuer Besitzer durchaus Vorteile hatte. Mit all dem Unbekannten würde sie schon irgendwie fertig werden. Trotz der Gefahr erwischt zu werden, musterte sie sein Gesicht, welches gerade nicht ganz so kalt wirkte. Vielleicht bildete sie sich das aber auch nur ein, weil sie diese unterkühlten, goldenen Augen nicht sehen konnte. Manch einer ihrer Besitzer hatte eine beeindruckende Ausstrahlung gehabt, doch gegen ihn verblassten sie alle. Schon allein ein Blick von ihm… ‚Neun‘ zuckte zusammen, denn er starrte zurück. Sofort senkte sie den Blick und zog den Kopf ein. Das war doch nicht mehr normal… Die Wasseroberfläche geriet in Aufruhr und sie ahnte, dass er auf sie zukam. Am liebsten würde sie sich ganz klein machen, ließ es aber bleiben. Ihre Haltung war bereits demütig und sie wollte keine falsche Bewegung machen. Sie spürte eine klauenbewährte Hand auf der Haut an ihrem Nacken und ohne das sie es verhindern konnte, stellten sich an ihrem gesamten Körper die Haare auf. ‚Neun‘ war wie erstarrt. Auf der einen Seite fürchtete sie sich vor einer Zurechtweisung, doch dem gegenüber standen diese zarten Berührungen, die sie ebenfalls durch ihn erfahren hatte. Er bewegte sich, strich ihr über die vor Spannung harten Muskeln und ließ sie erschaudern. Alles nur mit einer so einfachen Geste. Langsam wandte sie den Kopf zur Seite und erschrak fast, als sie merkte, wie nah er ihr schon wieder war. Da sie nicht wusste, was sie davon halten sollte, wagte sie es doch, den Blickkontakt zu suchen, um so einen Hinweis zu erhalten, was er vorhatte. ‚Neun‘ schluckte, als sie bemerkte, dass sich seine Mundwinkel leicht anhoben. Obwohl er ohne Zweifel gefährlich war, strahlte er aber gerade etwas anderes für sie aus. Eine Sicherheit, die sie in dieser Form bisher nicht kannte. Die sie Vertrauen fassen ließ. Von ganz allein löste sich ihre verkrampfte Haltung und sie drehte sich leicht. Neugierig darauf, was der Fürst an diesem Abend noch mit ihr vorhatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)