Ohne Moos nix los von Trinculo (Geld ist nichts. Aber viel Geld, das ist etwas anderes.) ================================================================================ Kapitel 1: The Italian Job -------------------------- Squalo Superbi war sich nicht mehr zu hundert Prozent sicher, wie genau er in diese Situation geraten war - aber fest stand, dass sein verdammter Boss an alledem Schuld war.   Gut, zugegeben, der Bankraub war seine Idee gewesen – aber Xanxus hatte zuvor das komplette Budget der Varia in einem Anfall geistiger Umnachtung (oder, kurz gesagt, Hunger) für einen Lastwagen voller Kobe-Steak ausgegeben und anschließend seine Untergebenen dazu gezwungen, neue Kohle heranzuschaffen, weil sie pleite waren. Tja, und das war dann der Beginn des ganzen Desasters gewesen. Und Squalo hatte nicht mal von dem Fleisch abbekommen! Alter Geizhals...   Im Moment kümmerte sich Squalo allerdings herzlich wenig um den Füllstand der Hitman-Hauskasse, denn er befand sich auf der Flucht vor einem guten Drittel der gesamten italienischen Polizei. Über seinen Schultern trug er zwei dicke, schwere Säcke: Der eine war bis obenhin voll mit Geldbündeln, der andere war Lussuria und ebenfalls voll – allerdings nicht mit Banknoten. Er bekam von alledem herzlich wenig mit, denn er pofte seelenruhig vor sich hin und brabbelte im Schlaf perverses Zeug in Squalos Ohr. Außerdem wog er gefühlt Tonnen (etwas, dass man ihm im wachen Zustand auf keinen Fall sagen durfte, wenn man nicht übers Knie gelegt werden wollte - im wahrsten Sinne des Wortes) und war mal so überhaupt nicht hilfreich beim Wegrennen.   Während Squalo mit seinem wehenden, weißen Haar von Dach zu Dach sprang, schwor er sich, Xanxus nach seiner Rückkehr in die Varia Manor mal erst einmal gehörig die Meinung zu geigen. Allein der Gedanke daran, dass der Kerl sich in diesem Augenblick zu Hause in seinem Stühlchen den Magen vollschlug, während sie schuften mussten, machte ihn rasend. Das wütende „Mheeey!“, das dabei herauskam, war natürlich strategisch ungeschickt – da hätte er auch gleich im Hula-Rock vor den Sicherheitskameras herumtanzen können. Aber das hatte Lussuria vorhin ja schon für ihn übernommen.   Alles in allem war Squalo Superbi nicht unbedingt zufrieden mit der Lage. Und das wurde auch durch das Auftauchen zweier ihm sehr bekannter Personen nicht wesentlich besser...   „Bel-Senpai, was musst du auch immer so einen Mist bauen? Jetzt sind die hinter uns her, guck doch.“ „Haaah? Wer von uns beiden hat denn unbedingt falschspielen müssen? Und jetzt bleib stehen, du dummer Frosch, damit ich dir deine vorlaute Zunge herausschneiden kann! Mir egal, was dieser laangharige Affe sagt - ich werde dich schööön langsam in deine Einzelteile zerlegen! Shishishi...“   „MHEEEY! BEL, WER IST HIER EIN LANGHAARIGER AFFE?!“ Squalo hatte die Hände leider nicht frei, ansonsten hätte er seinem Varia-Kollegen jetzt mit Freuden eine gescheuert. Bel und Fran (dem unerklärlicherweise eine ganze Messersammlung im Froschhut steckte) waren ebenfalls auf der Flucht, wie es schien; denn eine Meute wütender Sicherheitsleute jagte sie durch die Fußgängerzone der italienischen Kleinstadt. Außerdem fielen dem türkishaarigen Illusionisten mit dem Gefühlsspektrum eines Stück Toastbrots unaufhörlich Asse aus den Ärmeln, was Squalo ebenfalls reichlich komisch vorkam.   „Oooh. Da sind der dumme Kommandant und die perverse Drag-Queen“, bemerkte Fran trocken und wich einem Laternenpfahl aus. „OI! FRAN! HALT DIE KLAPPE!“ „Ja, habe ich mitbekommen.“ Belphegor steckte sich den Finger ins schmerzende Ohr. „Ist aber auch schwer zu überhören.“   Das brachte das Fass zum überlaufen. Squalo hatte keine Lust mehr. Zur Hölle mit dieser Mission! „OKAY, DAS REICHT JETZT! BEL, FRAN – WIR HAUEN AB! IHR BEWEGT EURE HINTERN JETZT SOFORT ZURÜCK ZUR VARIA MANSION, VERSTANDEN?“ Fran salutierte träge. „Jawooohl.“ „Schi. Meinetwegen.“   Die Polizisten waren erstaunlich penetrant, und die Verfolgungsjagd zog sich. Genug Zeit, um die Ereignisse des Tages noch einmal Revue passieren zu lassen und zu dem Schluss zu kommen, dass diese Mission wohl besser aus allen Aufzeichnungen gestrichen werden sollte...   Kapitel 2: Des Prinzen neue Kontoauszüge ---------------------------------------- -- Einige Stunden zuvor... --     „Du, Bel-Senpai?“ „Hmpf.“ „Oi, Bel-Seeeenpai. Seeenpai. Senpai, kann ich dir eine Frage stellen?“ „Shi. Halt den Mund, Fran, ich versuche zu zielen.“ „Das ist es ja, was mich stört, Bel-Senpai. Du musst zielen, um mich nicht zu treffen? Wie erbärmlich.“ „Tja, vielleicht sollte ich mir dann weniger Mühe geben.“   Ein silbernes Messer zischte durch die Luft und bohrte sich in den schwarzen Froschhut, genau zwischen die riesigen Glubschaugen. „Aua“, dröhnte Fran, monoton wie eh und je. „Du hast den Freiwilligen umgebracht, Bel-Senpai. Als Messerwerfer bist du eine totale Flachpfeife. Und wenn du das vor dem Publikum machst, fallen sie alle vor Schreck ihn Ohnmacht.“ „Klappe, Frosch.“ Ein zweites und ein drittes Messer gesellten sich zu dem ersten. „Au. Das hast du mit Absicht gemacht, Bel-Senpai. Und wieso muss ich eigentlich der Freiwillige sein? Da würde doch ein junges, schönes Mädchen mit Netzstrumpfhosen und knappem Kleid viel besser passen. Würde mir auch mehr gefallen.“ Belphegor wirbelte eine Klinge um seinen Finger und grinste heimtückisch. „Zappel ruhig weiter so herum, Froggy. Vielleicht treffe ich aus Versehen an einer unschönen Stelle und mache dich kurzerhand zum Mädchen.“ „Oohh. Du bist ein böser, böser Mann, Senpai.“ „Shishishi. Ich weiß.“   Mit einer blitzschnellen Bewegung des Handgelenks schleuderte Bel das Messer in Richtung der Zielscheibe, vor der Fran stand, und die eigentlich nichts weiter als drei mit einem feuchten Stück Kreide auf Holzbretter gemalte Kreise in verschiedenen Größen waren. Nicht gerade professionell, und ganz bestimmt nicht angemessen für einen Prinzen und meisterhaften Messerwerfer, wie er es war – doch Bel nahm, was er kriegen konnte, solange das bedeutete, dass er den nervigen Frosch bald wieder los sein würde. Die Klinge landete mit einem 'Plopp' in dem übergroßen Hut.   Was war das hier eigentlich für eine hirnverbrannte Mission?   Normalerweise erhielten die Varia Aufträge die mit Attentaten, Geiselnahmen, Spionage, Drogenkriegen, Sommerschlussverkauf, Sabotage oder anderen lebensgefährlichen Ereignissen einhergingen - Arbeit ganz nach Bels Geschmack. Normalerweise. Für ihn war jede blutige Mission eine gute Mission. Und je mehr Körperflüssigkeit während besagter durch die Gegend spritzte, desto zufriedener war auch er. Das ganze verhielt sich proportional zueinander, Bel hatte das mal in einer schicken Formel ausgedrückt: Wenn Blutvolumen x in Kubikmetern zu Laune y in Kilo-Ushishishi linear homogen zugeordnet war, hieße das schlicht und einfach: y = m · x, oder y / x = m. Noch mal zum Mitschreiben, für alle, die nicht mitgekommen sind: Matsch, Kreisch, Splatter → zufriedener Bel.   Ah, die Mathematik des Todes. Das war es, was ihn antrieb; was sein Blut zum Kochen brachte. Naja, und manchmal auch einfach nur sinnloses Morden - es musste ja nicht überall ein tieferer Sinn dahinter stecken.   Ja, so einfach war es, Belphegor glücklich zu machen. Es war doch wirklich nicht zu viel verlangt, ein paar Leutchen am Tag erdolchen zu wollen, oder? Leider schienen Xanxus und Squalo das anders zu sehen. Letzterer hatte ihm ausdrücklich befohlen, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen (was, wenn man mal darüber nachdachte, aus seinem Munde mehr als ironisch war), denn Geldprobleme waren nicht unbedingt etwas, womit die erfolgreichste und tödlichste Attentäter-Gruppe Italiens sich rühmen konnte. Das war einfach nur peinlich.   Wenn Mammon noch am Leben wäre, dachte sich Bel, hätte er sie alle zur umgebracht, weil sie schlechter haushalteten als die FDP. Und danach die Varia Mansion innerhalb einer Viertelstunde zur Wall Street umfunktioniert.   Belphegor hatte kurz darüber nachgedacht, einfach ein paar Millionen von seinem eigenen, doch recht voluminösen Konto auf das der Varia zu buchen, aber er sah nicht ein, wieso ausgerechnet er die Ausschweifungen seines Bosses finanzieren musste. Außerdem hatte er die Kontonummer und die PIN nicht im Kopf. Er war schließlich ein Prinz, sollte er etwa Geld von einem dreckigen Geldautomaten abheben, so wie das gemeine Volk? (Bei der Vorstellung, in der nächsten Sparkasse seine Kontozüge zu ziehen, hatte er plötzlich Lust, ein paar Business-Männer mit den Designer-Schuhen zuerst an der Decke aufzuhängen.)   Jedenfalls mussten die Varia auf die altbewährte Methode zurückgreifen: arbeiten. Das war was für den Pöbel, dachte Bel, und verfluchte Squalo im Stillen. Arbeiten, widerlich. Sollte doch Levi A Than sich die Hände blutig schuften (so wie der Kerl bei Xanxus' Anordnung abgegangen war, tat er das auch höchstwahrscheinlich) - aber Bel selbst würde keinen Finger rühren, unter keinen Umständen.   Er hatte miese Laune, was sich in gesteigerter Mordlust und einem in seiner Magengrube brennenden Hassgefühls gegenüber seinem Partner wider Willen, dem armen Fran, äußerte. Belphegor verabscheute es, wenn er den Frosch Babysitten musste. Und Fran machte es mit seinen Kommentaren, die, um es vorsichtig auszudrücken, nur wenig einfühlsam waren, auch nicht unbedingt besser.   „Ich bin echt erstaunt, dass ausgerechnet du auf diese Idee gekommen bist, Senpai“, bemerkte dieser gerade mit dieser trockenen, unterschwellig sarkastischen Stimme, die selbst den friedfertigsten Pazifisten auf ganz Erden in speichelspuckende Rage hätte treiben können. „Dafür, dass du dich selbst als Genie bezeichnest, ist der Einfall nämlich reichlich bescheuert.“ „Red nur weiter, Fran“, grinste Bel nur mäßig amüsiert. „Wenn du gleich deine Organe farblich sortiert auf dem Boden aufgereiht haben willst.“ „Äh. Nettes Angebot, Senpai, aber ich glaube, das wäre keine so gute Idee.“ „Wirklich bedauerlich, shishishi-“ „Und so wie du wirfst, triffst du mich sowieso nicht.“   Snap. Damit riss Belphegors Geduldsfaden. Kaum eine Milisekunde braucht er, um 10 hauchdünne Klingen zwischen seinen Fingern erscheinen zu lassen und sie alle gleichzeitig auf Fran zu feuern. Auf das leise 'Swish', als die Messer durch die Luft schnitten, folgten mehrere, harte 'Klank'-Laute. In einem perfekten Kreis waren die Messer um Frans Umriss angeordnet, in auf den Milimeter genau gleichmäßigen Abständen, und nur um Haaresbreite von seinem Körper entfernt.   Ein paar Fußgänger, die gerade auf ihrem Mittagsspaziergang durch den ansonsten ziemlich verlassenen Park am Stadtrand waren, blieben in Ehrfurcht stehen und staunten. Fran beäugte einen Moment lang die Zielscheibe mit steinernem Gesichtsausdruck und begann dann absolut euphorisch zu klatschen. Für seine Verhältnisse. „Bravo, Senpai“, jubelte er mit dem Enthusiasmus einer Schildkröte unter Vollnarkose. „Ich habe dich unterschätzt. Du hast definitiv das Zeug dazu, als erfolgreicher Straßenkünstler von Spenden der Passanten überschüttet zu werden. Fehlt nur noch die rote Nase, dann ist die Clownsnummer perfekt.“ „Fraaaan...“, knurrte Bel. „Und da wir das jetzt geklärt haben, Senpai... Darf ich endlich nach Hause gehen?“   Bel zog mehr Messer hervor. Die Passanten waren offenbar klug genug, sich bei dem klang seiner Stimme schnellstmöglich zu verkrümeln. „Du schleimige Drecks-Amphibie, ich werde dich von oben bis unten aufschlitzen, so langsam, dass du nur noch um den Tod bettelst!“ „Oookay, ich denke mal damit ist die Idee mit dem Zirkusauftritt gegessen“, schlussfolgerte Fran, schälte sich aus seinem Rahmen aus Messern und machte, dass er davon kam, bevor sein Hut noch aussah wie ein Mettigel. „Schade.“ Er zuckte mit den Schultern, während er floh. „Und dabei wollte ich schon immer mal die zersägte Jungfrau spielen.“       -- Zur selben Zeit... --       Der Schweiß rann Levi A Than in Strömen das Gesicht und den Nacken herab. Sein Gesicht war knallrot, da ihm das Blut beim Arbeiten zu Kopf stieg, und machte seinen Kollegen bei der Umzugsfirma Angst, dass sein Schädel jeden Moment explodieren könnte. Der Blitzwächter stapelte fünf Kartons übereinander und balancierte sie vom Lastwagen zum Haus, wobei seine Arme und Knie unter der Last zitterten und der Kistenturm gefährlich wackelte. „HOAA!“, grölte er. „Sieh her, Boss! Ich arbeite, bis ich umfalle! Das Geld habe ich im Handumdrehen wieder, hörst du! Mwahahaha!“ Die anderen Arbeiter hielten sich von da an von Levi fern, weil der offensichtlich ein Ei am Wandern hatte. Wusste schließlich jeder, dass der Chef in seinem Büro saß, Kaffee schlürfte und die Umzugstrupps koordinierte. Und wer trug schon einen scheißheißen, schwarzen Ledermantel im Hochsommer? Der Typ musste sich ja tot schwitzen! Levi war das völlig wurscht. Alles, was für ihn zählte, war, Xanxus stolz zu machen. Mann, der Boss würde ihn mit Lob überschütten, wenn er zurückkam; die Taschen voller Geld, die Hände schwielig, aber reicher als alle anderen Varia zusammen!   Die Kollegen sahen nur Kopfschüttelnd zu, wie Levi hin und her rannte und praktisch ihre Arbeit gleich miterledigte. Irgendwann machten sie Pause, fläzten sich auf die Weise und packten ihre Sandwiches aus. Levi A Than ackerte weiter, bis seine Schicht vorbei war. Dann machte er sich im Laufschritt auf den Weg zu seinem zweiten Teilzeitjob.     Kapitel 3: Work It, Baby ------------------------ -- Zur selben Zeit... --       „Na na na, Squ-san, wo wollen wir denn so eilig hin?“   Verflixt! Squalo hielt mit in der Luft schwebendem Fuß inne. Fluchtversuch fehlgeschlagen! Grr, hatte der alberne Papageientaucher seine Augen überall, oder was?   Nein, das konnte nicht sein. Denn Squalo konnte persönlich bezeugen, das Lussurias Augen derzeit nur an einem klebten: dem Hintern seines Vordermannes. Das war (glücklicherweise) nicht Squalo, sondern irgend so ein halbstarker Hallodri mit offenem Hemd, geöltem Bizeps und hochgegelten Haaren, die ihn fast schon so groß erscheinen ließen wie der silberhaarige Auftragskiller selbst (dem mit seinen beachtlichen 1,80 Sawada Tsunayoshi quasi nur bis zum Bauchnabel ging).   Lussuria und Squalo standen in einer langen Schlange vor einem Café, das man mit viel Wohlwollen als 'auffällig' bezeichnen konnte. Squalo, der so etwas wie Zurückhaltung nicht kannte, benutzte allerdings lieber Ausdrücke wie 'kolossal grauenhaft', 'ekelerregend' und 'zum Schreien' (sein Favorit, wer hätte es gedacht), um die Fassade zu beschreiben. Daraufhin ließ sich Lussuria eine geschlagene Minute über Squalos schlechten Geschmack aus und war der Hauptgrund dafür, dass der Schwertkämpfer die nächste Zeit widerwillig die Klappe hielt. Zur Schadensbegrenzung.   „Oi, Lussuria! Warum muss ich mir hier mit all diesen Modepüppchen die Beine in den Bauch stehen, MHEEY?!“, beschwerte er sich schließlich doch zum x-ten Mal, weil 'Klappe halten' und 'Squalo' sich niemals lange vertrugen. Das war fast schon ein Paradoxon. Wenn der Killer einmal länger als eine halbe Stunde still war, würde es vermutlich ein Loch in das Raum-Zeit-Kontinuum reißen.   „Hör auf zu jammern wie ein kleines Baby, Squ-san. Du weißt doch, der Boss hat mir befohlen, auf dich aufzupassen!“ „Hat er NICHT!“ „Hat er doch, und keine Widerrede, ja? Ich soll dich nicht aus den Augen lassen, weil du nur wieder Chaos anrichtest! Du böser, böser Junge!“ „GRAAH! KOMM HER, DU- ICH GEB DIR GLEICH BÖSE!“   Die gesamte Menschenmenge drehte sich zu Squalo um. Alles knallig bunt angezogene, durchtrainierte, aufgedonnerte 'Weibsmänner', die für das 'Casting' in dem Host-Café anstanden. Es gab nicht viel auf dieser Welt, das Squalo aus der Fassung bringen konnte - aber eine so große Zahl an neugierigen Blicken aus brauengezupften, belidschatteteten und anderweitig vollgekleisterten Gesichtern gehörten ausnahmsweise dazu. Sie machten ihn nervös.   Er räusperte sich peinlich berührt in seine Faust und beugte sich dann zu Lussuria vor, sobald die Leute sich wieder von ihm abgewandt hatten. „Verdammt, Lussuria! Können wir uns nicht einfach einen normalen Job suchen? Musst du dich gleich prostituieren?“, zischte er. „Wie bitte?! Squ-san!“ Lussuria war empört. „Also echt, jetzt mach aber mal einen Punkt, du ungehobelter Idiot! Das ist ein seriöses Restaurant, in das Männer gehen können, die die wahre Liebe suchen und sich im Licht der Schönheiten Sonnen wollen!“ „Sag ich ja. Bordell“, meinte Squalo schulterzuckend.   Patsch! Lussuria klatschte seinem Kollegen seine Lederhandschuhe auf den Kopf. „OOOI! WOFÜR WAR DAS JETZT BITTE?“ Drei Dutzend Wartende wandten sich ihm zu. „Oi, wofür war das jetzt bitte?“, wiederholte Squalo zerknirscht, diesmal leiser.   Lussuria stemmte die Arme in die Hüften. „Für deine unglaubliche Unverschämtheit! Du trittst meine Träume mit Füßen, Superbi Squalo! Schon mein ganzes Leben wollte ich ein Host sein! Strahlend, stolz, und wunderschön! Der Inbegriff der Männlichkeit!“ Squalo wagte das zu bezweifeln. „Oooh, die ganzen Adonisse, die in den Laden kommen werden, um meinen Traumkörper zu bewundern... Ah!“ Er lief knallrot an und drückte mit Inbrunst seine zitternde Hand gegen die Lippen.   Igitt. „Mheey! Das ist noch lange kein Grund, mich in deine perversen Geschäfte mit reinzuziehen!“ „Nein, da hast du Recht. Du bist einfach nicht gebildet genug, um echten Liebreiz zu erkennen!“ Lussuria warf theatralisch die Hände in die Luft. Dann flötete er, „Aber der Befehl des Bosses, dich nicht alleine weggehen zu lassen, ist ein ausgezeichneter Grund! So, und jetzt zier dich nicht so, Squalolein. Geld ist Geld!“ „ARGH! Was bin ich, ein Kleinkind?! Du- „Oh, wir sind als nächstes dran!“ Er ignorierte Squalos berechtigten Einwand geflissentlich und stolzierte in Richtung Eingang des Cafés, wobei er zu beiden Seiten den wenig begeisterten Türstehern Kusshände zuwarf.   Squalo knurrte etwas Unverständliches und dachte einen Moment lang ernsthaft darüber nach, einfach mit seinem Schwertarm alles kurz und klein zu schlagen und sich schnellstens vom Acker zu machen. Aber da hatte Lussuria ihn schon in den Schwitzkasten genommen und hinter sich her in diese Drecksbude geschleift.   Es war kein guter Tag für Squalo. Ganz und gar nicht. Und das Schlimmste war: von dem Punkt an ging es nur noch weiter abwärts...     * * * * *     Bel war zugegebenermaßen nicht übermäßig unglücklich darüber, dass seine Karriere als Messerwerfer den metaphorischen Bach runter gegangen war. Ganz ehrlich, er hätte während der Vorstellung vermutlich wirklich eher auf Fran gezielt als neben ihn, einfach nur, weil seine Fresse ihn dazu anstiftete. Es war schwer, dem Drang, Fran über den Jordan gehen zu lassen, zu widerstehen, wenn er Bel anguckte wie ein toter Fisch und redete wie ein Roboter.   Generell war seine Idee sowieso gewesen, während der „Vorstellung“ plötzlich die Messer in eine ganz andere Richtung zu werfen, alle Zuschauer abzumurksen, ihr Geld zu klauen und innerhalb eines halben Tages wieder in die Varia Mansion zurückzukehren. Das wäre eine echte Win-Win-Situation für ihn gewesen, und Bel hätte sich für diesen Mordsspaß (ha, get it?) auch mit Genuss gegen Squalos Anweisung, keine Aufmerksamkeit zu erregen, widersetzt. Aber Fran hatte nicht mitgespielt. Konnte Bel gar nicht nachvollziehen - es machte dem Kerl doch sonst so viel Spaß, mit Messern beworfen zu werden. Zumindest seinem losen Mundwerk nach zu urteilen.   Bel befand sich zurzeit in der Innenstadt von Montepadrone; ein Ort, der sich zum Schauplatz eines Blutbades verwandeln würde, wenn Fran nicht bald mal wieder auftauchte. Der blöde Frosch war abgehauen; wahrscheinlich, um sich irgendwo faul in die Sonne zu legen und zu schlafen, während die anderen Varia Geld beschafften.   Der Prinz stapfte missmutig durch die Fußgängerzone, die neugierigen Blicke der Passanten und seine steigende Verärgerung ignorierend. Er suchte nach seinem Partner, wenn auch nicht ganz freiwillig. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er Fran in diesem Kaff verrotten lassen. Aber die Option stand leider nicht zur Auswahl, weil Xanxus ihn umbringen würde, wenn er ohne den wertvollen Illusionisten des Teams wieder zurückkehrte. Und wenn er noch dazu ohne einen einzigen eingenommenen Heller vor der Matte stand, waren Bel niemals endende Folterqualen sicher. (Er war zwar kinky, aber dann doch nicht so sehr. Und eher S als M, vielen Dank auch.)   Also gab es nur eine Lösung; Augen zu und durch. Den Frosch finden, schnelle Kohle machen, verschwinden. Konnte ja wohl nicht so schwer sein.   Was Belphegor jedoch nicht wusste: Fran war genau in diesem Augenblick dabei, gefühlt mehr Geld sinnlos auf den Kopf zu hauen, als die Regierung von Griechenland es in einer halben Woche könnte.     Kapitel 4: Zerstörung --------------------- „Nun, Herr... Lussuria... ähem. Darf ich fragen, was sie beruflich machen?“ Squalo warf seinem Kollegen einen warnenden Blick zu. Er lehnte gegen die Wand des kleinen Büros, in dem er, Lussuria und der Manager des Host-Cafés, ein kleiner, schmieriger Kerl mit Marilyn Monroe – Haarschnitt und knallrot angepinselten Lippen, saßen und das Vorstellungsgespräch führten. Squalo war sich sicher, dass das hier der Tiefpunkt seiner Karriere sein musste. Nicht einmal dieser eine schicksalhafte Morgen, an dem er und Levi verkatert und halb nackt in einem Froschteich in Montenegro aufgewacht waren, konnte daran heranreichen. (Naja, fast.) Das Bedürfnis, sämtliche Möbel in diesem Raum in mundgerechte Stücke zu schnippeln, stieg von Sekunde zu Sekunde exponentiell an. Die schrille, über mehrere Oktaven hin und her springende Fistelstimme des Interviewers, die sich wie eine rostige Schraube in seinen Gehörgang bohrte, war dabei nicht unwesentlich für seinen Groll verantwortlich. Lussuria würdigte den Langhaarigen keines Blickes und nahm stattdessen einen Schluck von dem knallbunten Drink, der vor ihm auf dem Tisch stand. (Ein Vorstellungsgespräch, bei dem man Alkohol vorgesetzt bekam? So viel zu 'seriöses Restaurant'.) So weit Squalo das von seinem Platz aus erkennen konnte, waren Lussurias Wangen schon gefährlich rot... „Ahahaha, das ist eine vortreffliche Frage! Wissen sie, ich bin nämlich sehr beschäftigt! Mit meinen vier Kinderchen hat Mama immer alle Hände voll zu tun!“ „Ah... also, sind sie alleinerziehender Vater?“, fragte der Manager ein wenig irritiert. „Wie? Ach, nein! Papa passt natürlich auch noch auf die Kleinen auf!“ „Äh... Hä?“ Squalo schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „W-wie auch immer. Was machen sie denn jetzt für ihr Geld?“ Schreckliche, schreckliche Dinge, dachte Squalo trocken. Lussuria schien sich wieder dunkel daran zu erinnern, dass diese Frage schon mal gestellt worden war. „Ah, das! Ein toller Job: Ich bin Auftragskiller!“, strahlte Lussuria und schien stolz wie Bolle. ...So viel zum unaufällig bleiben. „OI!“ Squalos Kopf schnellte in die Höhe. „Ach ja. I-i-ihr Beruf ist es also, Me-me-menschen umzubringen?“, stammelte der Manager. Seine Augäpfel drohten, aus den Höhlen zu purzeln, so sehr gaffte er sein Gegenüber an. Squalo stieß sich abrupt von der Wand ab, um Lussuria zu unterbrechen. Dieser Idiot! Der konnte doch nicht einfach alles ausplaudern! Gleich erzählte der dem noch, dass sie von der Mafia waren, und lud ihn zum Kaffeekränzchen in das Herrenhaus ein! Doch zu seiner Überraschung winkte Lussuria ab. „Waas? Hick! Aber neeein, das haben sie falsch verstanden!“ Squalo und der Interviewer atmeten beide erleichtert auf. „Es ist mein Hobby, Menschen umzubringen!“ „Eeeeh?“ „MHEEY, LUSSURIA!“ „Ah, wenn die Körper sich krümmen vor Schmerzen, gebadet in frischem Blut, und zu meinen Füßen liegend um Gnade winseln... Aaahh...“ Der Manager rückte ein Stück von ihm weg und nahm die Gesichtsfarbe von Schafskäse an. „W-w-wie bitte?!“ Squalo stürzte herbei und knallte die Hände auf die Tischplatte. „VOLLTROTTEL!“, brüllte er, dann wandte er sich an den völlig panischen Mann. „Der Hohlkopf hat gar keinen Job, das war natürlich ein Scherz! Sonst würde er sich ja nicht bei ihnen bewerben! STIMMTS, DU MINDERBEMITTELTER MUSKELFREAK?! HAAH?“ Lussuria leerte seinen Drink und kicherte. „Natürlisch war das ein Sch-schers! Hick!“ Na tolle Wurst. Jetzt war der Depp auch noch betrunken. Ganz großes Kino. „O-o-okay...“ So wie der arme Mann guckte, war gar nichts okay. Der hatte sich mit Sicherheit gerade in die Hosen gemacht. „Ich glaube, wir können a-an dieser Stelle mi-mi-mit dem Vorstellungsgespräch aufhören.“ Squalo schickte ein schnelles Dankesgebet gen Himmel. Lussuria sprang auf und warf dabei seinen Stuhl um. „Echt?! Hab ich den Job?“ „Äh... ich fürchte nein.“ „Waaaas?“ Lussuria war völlig erschüttert. Ganz ehrlich, womit hatte der gerechnet? Dass man ihm einen Schrein errichten und bis in alle Ewigkeit seiner umwerfenden Schönheit huldigen würde? „Na endlich!“, rief Squalo. „Wird Zeit, dass wir verschwinden! Allein durch meine Anwesenheit in diesem blöden Laden sterben meine grauen Zellen ab!“ Der Manager war hastig aufgesprungen und vom Tisch weggetreten. Hektisch fummelte er mit der Klinke der Bürotür. Aber zu Squalos Ärger schien Lussuria die Sache nicht ruhen lassen zu wollen. „Warum nicht?!“, kreischte er. Er stürzte auf den Mann zu, packte ihn am Kragen und fiel vor ihm auf die Knie. „Aber es ist doch mein Lebenstraum, ein Host zu sein! Sagen sie mir, was ich tun muss, bitte! Bitte, bitte, bitte!“ „OI, LUSSURIA! LASS ES GEFÄLLIGST GUT SEIN!“ „Hick! Halt den Mund, Squalo, die Erwachsenen reden gerade!“ „MHEEEY! WAS HAST DU GESAGT?!“ Squalo fuchtelte drohend mit der Faust in der Luft herum. Der Interviewer drückte sich gegen die Wand und machte sich ganz klein. Sein Blick sprang panisch zwischen den beiden Varia hin und her, wie bei einem Ping-Pong-Spiel. „Ich sagte, du sollst deinen vorlauten Mund halten! Das hier ist wichtig für Mama!“ „GAH! Hör auf, dich als Mama zu bezeichnen, du Perversling! Mann, ich hätte nie mit dir mitgehen sollen!“ „Squ-san, wenn du dich unbedingt wie ein pe-puberet-pubertierender Teenager benehmen musst, kann ich nicht andersss, als Papa darüber zu infromieren!“ „Hey! Halt den Boss da bloß raus, klar? „Pst! Mama ist beschäftigt!“ „VOOII, ICH MACH DICH FERTIG!“ Squalo rastete aus und zog sein Schwert, mit dem er die Holztür kurzerhand in Spähne zerlegte. Der Manager konnte nur verblüfft starren, als er plötzlich mit der nutzlosen Klinke in den Händen neben einem frischen Loch in der Wand stand. „Halt, Squalo!“ „NERV NICHT! ICH VERSCHWINDE!“ Und damit sprang der Langhaarige durch den neu eingerichteten Türrahmen und stapfte wutentbrannt in Richtung Ausgang. Der kleine Mann wand sich derweil aus Lussurias Griff und machte, dass er Land gewann. Weit kam er jedoch nicht, denn plötzlich packte ihn jemand an der Schulter und wirbelte ihn herum. Lussuria drückte sein Gesicht in das des Managers, die Augen zu schlitzen verzogen. „Waaaarum neeehmen sie mich niiicht?“, knurrte er. „Hiiiiii!“ Tränen stiegen dem Manager in die Augen, er zitterte unkontrolliert und schlotterte mit den Knien. „S-s-sie haben eine zu laute Stimme, sind ein Attentäter, vertragen keinen Alkohol, kommen nicht mit Frauen klar und haben unseren Oberkellner vorhin beinahe zu Tode geprügelt, weil er, Z-Z-Zitat, 'genau mein Typ ist und ich ihn ausbluten lassen will, bis seine lauwarmen Muskeln im Todeskampf unter seiner Haut zu zucken aufhören'!“ „Hey, hick! Der sollte sisch geehrt fühlen, das sag ich nicht zu jedem Mann, wissen sie?“ „Das wäre ja auch noch schöner!“ „Pah! Und wegen so einer Kleinischkeit wollen sie mich nicht einstellen?“ „K-Kleinigkeit?“ „Seien sie doch kein Weichei – ich hab ja nicht mal Muay Tai eingesetzt!“ „Ja, z-z-z-zum Glück! Gott, sie sind völlig irre!“ Lussuria ließ den Manager los, welcher kraftlos zu Boden sackte, legte den Kopf in den Nacken und fuhr sich in einer überdramatisch-wehleidigen Geste durch das grüne Haarbüschel. „Ah! Warum versteht mich denn nie jemand? Alles Banausen, allesamt! Hm...“ Er zögerte. „Manager, sie haben wirklich ein schö-schönes Café. Aber wissen sie, was das noch schöner machen würde?“ Der Mann hatte eine ganz schlimme Vorahnung. „W-was denn?“, fragte er ängstlich. Lussuria grinste. „Zerstörung!“ -- Zur selben Zeit, am Eingang des Cafés... -- „Hallo, schöner Mann...“ „Huh?!“ Squalo fuhr herum. Ein blonder Gigolo mit ekelig langen Wimpern blinzelte ihn verführerisch an. „Deine Haare glänzen wie Seide in einer hellen Mondnacht, und deine Augen stechen wie die Dornen einer Rose, temperamentvoll, angefüllt bis zum Rand mit loderndem Feuer...“ „WIE BITTE?!“ Eine Hand legte sich ihm auf die Schulter. Drei... „Oh! Und deine Stimme, wie eine wohlklingende Symphonie berührt sie mein Männerherz!“ Squalos Zähne knirschten hörbar aufeinander. Zwei... „Bist du öfter hier, mein silberfarbener Engel? Ich hab dich noch nie in dieser Stadt gesehen...“ Die Finger spielten mit einer Haarsträhne. Squalo sah rot. Eins... „Darf ich dich nach deinem Namen fragen, Süßer?“ Null. „LUSSURIIIIAAAAAAA!“ Den leichtsinnigen Bewunderer erwischte ein Roundhouse-Kick direkt in den Magen. Er hob vom Boden ab, flog ein Stück und krachte durch die Scheibe in den Hauptraum des Cafés, wo er über mehrere Tische rutschte, Besteck, Teller und Gläser mit sich riss und schließlich in einem Häufchen von Metall und Scherben liegen blieb – genau vor den Füßen des Managers. Es war alles sehr beeindruckend. Der Mann quiekte, dann kippte er hinten über und landete mit dem Toupee zuerst in einer Schale Kaviar. Squalo stürmte blind in den Saal und hieb alles kurz und klein, was ihm vor die Klinge kam. Lussuria gab ihm ein Thumbs-up. „Good thinking, Squaloleinchen! Hier muss wirklich dringend mal umgestalten werden...“ Kapitel 5: It's-a me! --------------------- Eine alte Dame stöckelte langsam und bedächtig auf die Veranda vor ihrem Haus. Sie ließ sich viel Zeit beim Zuziehen und Abschließen der Tür, stand noch ein paar Sekunden bedächtig da und betrachtete den friedlichen, wunderschön grünen Vorgarten. Dann begann sie vorsichtig den Abstieg der Stufen.   Es waren ganze vier an der Zahl, und die alte Dame musste auf der Hälfte eine Pause machen, weil ihr Hüftgelenk nicht mehr mitspielte. Unten angekommen stieß sie einen wohligen Seufzer aus und hob den Fuß, um endlich den beschwerlichen Weg zum Markt um die Ecke anzutreten - als ein riesiger Kerl im schwarzen Ledermantel plötzlich mit einem Affenzahn auf ihr Grundstück einbog. Hinter ihm holperte ein Wägelchen voller Zeitschriften daher, dass bei seinem Tempo eher flog als rollte.   Der Zeitungsausträger sprintete an ihr vorbei (sein dünner Schnurrbart wippte auf und ab), griff hinter sich in den Wagen, riss eine Papierrolle heraus, so als ob sein Leben davon abhinge, und rammte sie in den Briefkasten der alten Frau wie einen Zaunpfahl in die Erde. „BOSS! ICH ERLEDIGE MEINEN JOB GEWISSENHAFTER ALS JEDER ANDERE! SCHNELLER ALS JEDER ANDERE! BESSER ALS JEDER ANDERE! ALLES NUR FÜR DICH!“ Kaum hatte er die Zeitschrift versenkt, drehte er auch schon wieder ab und hetzte zurück durch den Vorgarten, an der alten Dame vorbei und auf den Gehweg. Er schlitterte, stemmte den Fuß in den Boden, riss den Wagen herum – und schon war er um die Ecke verschwunden. Sein lauter Kampfschrei (oder zumindest klang es danach) verhallte in der Ferne.   Die alte Frau schüttelte den Kopf. „Die Jugend von heute...“     * * * * *     „Oh. Ich hab was gewonnen.“ Fran starrte auf den kleinen Behälter, in den plötzlich die Münzen klimperten, und blinzelte erstaunt. Nachdem er die letzten Stunden kein einziges Spiel gewonnen hatte, war er sich eigentlich sicher gewesen, dass der Einarmige Bandit, an dem er saß, getürkt war und schlicht und einfach keine Gewinnmöglichkeiten bot. Natürlich war Fran nicht naiv genug, um zu glauben, dass auch nur irgendein Spielautomat auf dieser Welt jemand anderen begünstigte als den Betreiber – aber das hielt ihn trotzdem nicht davon ab, sich an dem bunten, fröhlich blinkenden Gerät prächtig zu amüsieren.   Die Kirschen, Glocken, Sterne und Zitronen, die auf den Glücksrädern vor seinen Augen vorbei zischten, nachdem er den Hebel, den letzten verbliebenen Arm des armen Banditen, mit freudiger Erwartung heruntergezogen hatte, machten ihn ganz wuschig und hatten irgendwie eine beruhigend-hypnotisierende Wirkung an sich. Keine Ahnung, wie viel Geld die Maschine schon geschluckt hatte, aber was interessierte ihn das. Er hatte von der Bank vor dem neonbeleuchteten Casino aus einfach das Konto der Varia ausgeräumt. War ja nicht seine Kohle. Hauptsache er hatte Spaß, und wenn er dabei noch die anderen Mitglieder der Varia zum Narren halten konnte – um so besser. So eine Gelegenheit ließ man nicht ungenutzt verstreichen!   Fran fischte die paar Münzen aus der Rückgabeschale, wog sie in der Hand und nickte wissend. Nicht unbedingt viel, aber genug, um den hoffnungsvollen Glücksspielsüchtigen für einen erneuten Versuch auf den großen Jackpot zu ködern. Ein alter Trick. „Auf ein Neues!“, murmelte Fran und machte Anstalten, die große Münze zwischen seinen Fingern in den Einwurfschlitz zu schieben.   In diesem Moment zischte ein kleiner Gegenstand ganz knapp neben seinem Kopf vorbei und rammte sich nur Zentimeter von seinen Fingern entfernt genau in den Münzschlitz. Die Klinge flirrte mit einem metallischen 'drrr' hin und her, bevor es schließlich ausschwang und still stecken blieb. „Wer sagt jetzt, ich kann nicht zielen?“ Fran, der mitten in der Bewegung erstarrt war, drehte unbeeindruckt den Kopf zu dem Neuankömmling um. „Bel-Senpai. Du musst auch immer alles kaputt machen, was mir Freude macht.“ „Sehr witzig, du blöder Frosch.“ „Manager! Maaanager, der Prinz hat mein Spielzeug kaputt gemaaacht!“ „Halt die Klappe. Ich hab stundenlang nach dir gesucht, Fran– was machst du da eigentlich?“ „Siehst du doch. Ich knacke den Jackpot und mache uns alle stinkreich.“   Das grausame Grinsen auf Belphegors Gesicht, das Fran ziemlich schnell deutlich machte, dass der Prinz offenbar über gebratene Froschschenkel nachdachte, drehte sich um 180° herum. Jetzt sah Bel aus, als dachte er über gebratene Froschschenkel nach – serviert auf einem Teller aus Menschenknochen, in einer Folterkammer in der Mitte eines Vulkans aus kochend heißer Erdbeermilch. Und Bel hasste Erdbeermilch. „Du verspielst gerade unser Geld, oder?“ „Aber nein, Senpai. Wie kommst du bloß auf so was? Ich spiele um Gummipunkte.“ „Ach. Ist das so?“ „Ah, nein, das war gelogen. Tut mir Leid. Eigentlich spiele ich um ewigen Ruhm, Ehre und den Weltmeistertitel.“ „Shishishi. Du spielst vor allem mit deinem Leben, Froggy.“ „Ooh, jetzt habe ich aber Angst.“   Bel verlor die Geduld und steckte eine Handvoll Messer in Frans Hut.   Fran zog derweil die Klinge aus dem Münzschlitz, brach sie feinsäuberlich in zwei Teile (woraufhin Bel seinen Kopf ein weiteres Mal aufspießte), steckte seelenruhig eine Münze in die Öffnung und drückte den Hebel des Automaten. Die Rollen setzten sich in Bewegung. Ihr Surren wurde begleitet von einem penetranten Elektrogedudel. „Bel-Senpai, wenn du weiter so mit den spitzen Dingern rumfuchtelst, kommt der Türsteher und du wirst im hohen Bogen rausfliegen. Und dann bist du Bel, der Prinz von Bel-Air.“ „Haah...? Was hast du gerade gesagt?“, zischte der Prinz, der jetzt nicht mehr lächelte, und drückte Fran ein Messer an die Halsschlagader. Der Illusionist folgte mit den Augen ungerührt den wirbelnden Symbolen auf dem Bildschirm. „Du verstehst einfach keinen Spaß“, seufzte Fran, ohne den Blick abzuwenden. „Der Witz war grauenhaft. Dafür verdienst du den Tod.“ „Oh. So was Blödes, schon wieder verloren.“ „Hör zu, verdammt! Ich bin ein Prinz, zeig gefälligst mehr Respekt!“ „So was hab ich nicht.“ „Ach. Wäre mir nie aufgefallen.“ „Echt nicht? Und du schimpfst dich ein Genie. Ah, Senpai, hast du vielleicht noch ein bisschen Kleingeld? Ich hab alles vom Varia-Konto schon verspielt.“ „WAS?! Okay, das reicht. Mir es ist egal, was Squalo sagt, ich mach dich jetzt kalt.“   Bevor Bel seine Drohung wahr machen konnte, näherten sich Schritte. Durch das Labyrinth von mit kotzgrünem Stoff überzogenen Spieltischen und Automaten, die der Albtraum eines jeden Epileptikers sein mussten, marschierte ein Monster von einem Mann auf die beiden zu. Sein weißer Hut saß schief auf seinem Quadratschädel und passte farblich zu dem Anzug, der wirkte, als hätte man ihn nicht über einen menschlichen Körper, sondern auf einen Holzschrank gespannt. Das Gesicht war übersät mit dunklen Bartstoppeln. Eine fiese Narbe, die so klischeehaft war, dass sie eigentlich gar nicht echt sein konnte, zog sich vom Auge bis zum Mundwinkel über die Haut. Sein finsterer Blick erweckte den Eindruck, als verdiene er seinen Lebensunterhalt mit dem Treten von Hundewelpen.   Fran warf Bel unwillkürlich einen Blick zu, um zu sehen, ob der sich schon in die Hosen machte. Natürlich tat er das nicht - aber witzig wäre es schon gewesen. Der italienische Herkules baute sich vor den beiden auf und verschränkte die Arme vor dem Waschbrettbauch. „Signori. Tute mir Leid, aber hier wirde gleich stattfinden eine Pokerturnier“, grollte er. „Wenn sie nicht teilnehme wolle, ich bitte sie zu gehen. Es gehte um ein Menge Moneta.“ „Hooh“, machte Fran und sah hinüber zu Belphgor. „Hast du das gehört, Senpai?“ „Shishishi...“ Bel grinste breit. „Froggy - wir kümmern uns jetzt mal um ein bisschen um die Finanzen.“       Kapitel 6: Po-po-po-pokerface ----------------------------- Wie sich herausstellte, war Belphegor kein guter Pokerspieler. Es bedurfte mehreren vernichtenden Niederlagen und Massen an abfälligen Kommentaren seines Kollegen, um ihn davon zu überzeugen, dass sein Pokerface mehr als dürftig war.   „Bel-Senpai, also ich weiß nicht. Du bist so leicht zu durchschauen, da könnte man auch eine Eisstatue spielen lassen“, meinte Fran gelangweilt. „Die würde wenigstens nicht bei jedem guten Blatt grinsen, als hätte sie Zahnstocher hochkant im Gebiss stecken.“ „Halt den Mund, Frosch. Ich erhöhe.“ Chips klimperten auf das grünen Filz. Kaum war die Runde vorbei, schon waren sie von Bels Haufen verschwunden und auf einen der Gegner gewandert. Das Geld, das zuvor wie von Geisterhand auf dem Varia-Konto aufgetaucht war, hatte sich schon lange wieder in Luft aufgelöst. „Schi.“ Er war nicht begeistert.   Fran blickte emotionslos in die Runde. Um den Tisch saßen, Bel nicht mitgezählt, vier weitere Mitspieler: Ein magerer, hochgeschossener Kerl mit Nickelbrille und einem extrem glattgebügelten Nadelstreifenanzug, der ihn irgendwie zweidimensional erscheinen ließ (Fran taufte ihn heimlich 'Strich in der Landschaft'), ein verwahrloster, adipöser Schmandi mit einer Zigarre so dick wie eine Dose Pringles (Fran nannte ihn 'Mr. Meatball'), eine pferdegesichtige Frau, die ihre besten Jahre schon lange hinter sich hatte (sie trug jetzt den liebevollen Beinamen 'alte Trulla') und der Koloss, der sie vorhin über das Spiel informiert hatte ('der menschliche Schrank').   Eine interessante Gruppe.   „Spiel du doch, wenn du meinst, du könntest es besser. Das will ich sehen, unverschämter Glitschfrosch.“ Bel warf die Karten auf den Tisch. Seine Tonlage ließ vermuten, dass er viel lieber alle Anwesenden abgestochen und das Geld so mitgenommen hätte. Aber das wäre feige, und Fran würde ihm das bis in alle Ewigkeit nachtragen. Da hatte er definitiv keinen Nerv für.   Der Illusionist zuckte mit den Schultern. „Wenn du unbedingt willst, dass ich dich mit meinem umwerfenden Pokertalent auf die Knochen blamiere, bitte sehr.“ „Quatsch nicht“, grummelte Bel und räumte seinen Platz. „Noch so ein dummer Spruch und ich häute dich.“   Die Runde begann. Karten wurden ausgeteilt; jeder guckte stumm in sein Blatt, schätzte seine Gewinnchancen ab, bestimmte seinen Einsatz. Strich in der Landschaft begutachtete den Neueinsteiger mit dem albernen Froschhut misstrauisch, schien aber bald zu dem Schluss zu kommen, dass von ihm keine ernstzunehmende Gefahr ausging.   Großer Fehler, dachte Bel.   Er würde es zwar nie laut zugeben, aber Fran hatte einen gewaltigen Vorteil bei diesem Spiel – er brauchte kein Pokerface. Seine blöde Visage war immer blank wie ein unbeschriebenes Blatt Papier. Manchmal fragte sich Bel sogar, ob der dämliche Frosch überhaupt Gesichtsmuskeln besaß – wahrscheinlich nicht. Tja, vielleicht barg Fran ja noch die ein oder andere Überraschung, wer konnte es wissen?   Und Bel hatte tatsächlich Recht - Fran war durchaus für die ein- oder andere Überraschung gut. Auch dieses Mal. Er starrte eine Weile konzentriert in seine Karten, bevor er sich zu dem Prinzen umdrehte. „Du, Senpai - wie spielt man dieses Spiel?“     * * * * *       Nach dem Desaster mit dem Vorstellungsgespräch im Host-Café nahm Squalo die Zügel in die Hand. Das war zum Glück nicht mehr schwer, denn Lussuria war dank seines alkoholisierten und demoralisierten Zustandes mit ein wenig roher Gewalt leicht zu überzeugen.   Squalo hatte genug von all dem albernen Herumgerenne. Und arbeiten kam für ihn auch nicht in Frage, auf gar keinen Fall. Er wollte einfach nur Geld scheffeln, es Xanxus an die Birne werfen und dann ab ins Bett und nie wieder an diese Geschichte zurückdenken.   Also hatte er in den zwei Minuten Fußmarsch, die sie vom Café bis zur städtischen Bank brauchten, einen perfiden Plan ausgeheckt, der unglaublich viel Feingefühl und taktisches Denken voraussetzte: Sie würden die Bank überfallen, massenhaft Scheine in Säcke stopfen und Fersengeld geben (ha, get it?), bevor die Polizei auch nur Wind davon bekam. Sie wurden eh schon aufgrund unautorisiertem Auseinandernehmens einer gastronomischen Einrichtung gesucht, also was sollte es?   Das war ein so simpler Plan, das selbst ein dusseliger Stümper wie Lussuria ihn nicht vergeigen konnte. Vorausgesetzt natürlich, er erfüllte seine Aufgabe. Er sollte die Wachmänner vor der Bank ablenken, während Squalo hinein spazierte, ein paar Geldautomaten in zwei Hälften schnitt, um seine Machtposition zu demonstrieren (und nebenbei seine angestauten Aggressionen auszulassen) und dann so lange mit seinem Schwert vor den Nasen der Angestellten herumfuchtelte, bis sie das Geld rausrückten.   Squalos einzige Sorge war, dass Lussuria im Stehen einschlief, bevor er sein Ablenkungsmanöver starten konnte (der Kerl vertrug absolut keinen Alkohol, was häufig dazu führte, dass er auf der Stelle einratzte und nicht mehr wach zu kriegen war) - doch dies stellte sich als völlig unbegründet heraus.   Stattdessen war Lussuria eher übermotiviert, denn für seine Show stibitzte er sich allen ernstes aus dem Kramsladen auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Hularock und ein Dutzend Blumenketten aus augenkrebserregend leuchtendem Plastik, mit denen er seinen 'Traumbody' behängte und vor den Überwachungskameras der Bank herumtanzte, bis die Wachen ihn aus dem Verkehr zogen.   Das alles konnte Squalo über die Sicherheitsmonitore im Vorraum des riesigen Tresors beobachten. Man konnte sich vorstellen, dass er in diesem Moment nicht sehr gut auf Lussuria zu sprechen war. (Eine maßlose Untertreibung. Er hatte nicht übel Lust, dem Idioten den Kopf abzureißen und an der anderen Seite seines Körpers wieder anzunähen - Aber naja, lassen wir das.) „MHEEY! PACKT DIE KOHLE IN DEN SACK DA, ABER DALLI! ICH HAB NICHT DEN GANZEN VERFLUCHTEN TAG ZEIT!“ Eine Handvoll verstörter Bankangestellter wuselten um den Tresor herum und schleppte Päckchen mit Geldscheinen hinaus. Sie versenkten sie in dem Sack zu Squalos Füßen, während sie die Klinge, die anstatt seines linken Arms bedrohlich funkelnd aus seinem Ärmel hervorragte, mit respektvollem Abstand beäugten. „HOPP HOPP! ODER WOLLT IHR, DASS ICH EUCH EINEN KOPF KÜRZER MACHE?“ Die Leute gingen mit noch mehr Elan zur Sache, sofern das überhaupt möglich war. Bald quoll der Sack über vor Geld. Das sollte ja wohl fürs erste genug sein, um Xanxus' schier unstillbaren Appetit zu sättigen, oder? „Squuu-saaaan!“ Ugh, was war denn jetzt schon wieder los? Genervt wandte Squalo sich den Monitoren zu – und erstarrte. Lussuria war unter einem Haufen uniformierter Wachmänner begraben, die ihn mit aller Kraft zu Boden drückten. Was bei seinem albernen Gezappel wohl nicht ganz einfach war. „MHEEEY! LUSSURIA, WAS MACHST DU DENN SCHON WIEDER?!“ Gut, das war dann wohl sein Signal zum Aufbruch. Er schubste kurz entschlossen die Bankangestellten aus dem Weg, packte den Sack, schwang ihn sich über die Schulter und polterte aus dem Raum zurück in die Schalterhalle der Bank.   Dort erwartete ihn eine Überraschung. Oder streng genommen auch wieder nicht, denn mit dem Auftauchen der Polizei hätte man bei dem Aufstand, den die beiden Varia veranstaltet hatten, nun wirklich rechnen können. Squalo stürmte einfach geradewegs weiter, ohne sich um die vierzig Beamten, allesamt bewaffnet, zu kümmern. Stattdessen zog er seine Boxwaffe aus der Tasche und rammte seinen Ring hinein. „AUS DEM WEG, IHR DUMMBEUTEL!“ Blaues Licht ergoss sich aus der Box, und ein gigantischer, weißer Hai fegte plötzlich über die Köpfe der Polizisten hinweg. „SQUALO GRANDE PIOGGIA!“   Teile der Marmorsäulen und der Decke regneten in die Halle hinab, als die Heckflosse des Tieres ausschlug und die Halle halb in Schutt und Asche legte. Die Polizisten gerieten völlig in Panik und stoben kreischend auseinander, sodass Squalo einfach hinaus spazieren konnte. Vor der Bank parkten die Einsatzwagen mit Blaulicht, von denen er erst einmal die nächsten drei mit seinem Schwert zerhackte und die Teile in Richtung der herannahenden Verstärkung schleuderte. Eine Massenkarambolage mitten auf der Hauptstraße war die Folge.   „GESCHIEHT EUCH RECHT!“, donnerte er und wandte sich vor dem großen Eingangsportal nach rechts, wo er Lussurias Aufenthaltsort vermutete. Tatsächlich war er nicht schwer zu finden, denn das laute „Ich LIEBE Männer in Uniform!“ wies ihm schon von Weitem den Weg. Als er ankam, fand er einen Haufen ausgeknockter Gesetzeshüter vor, die sich mit Armen und Beinen ineinander verknotet hatten. Das ganze wurde von künstlichen Blumenketten zusammengehalten. Neben dem Berg lag Lussuria, knuddelte ein nicht zuzuordnendes Paar Beine und schnarchte selig vor sich hin.   Na toll. Jetzt war er doch noch eingeschlafen. Perfektes Timing. Squalo schrie ein paar Mal kräftig in sein Ohr, aber es hatte keinen Zweck. Der ratzte wie ein Murmeltier im Winterschlaf. Nachdem er den Gedanken, Lussuria einfach hier verrotten zu lassen, schweren Herzens wieder verdrängt hatte, warf er sich ihn einfach über die noch freie Schulter, ließ Squalo Grande Piogga noch ein paar Polizeiautos zum Mittagessen verspeisen und machte sich dann flugs aus dem Staub, bevor noch das Militär anrückte.       * * * * *       Levi A Than hatte endlich einmal Zeit zum Durchatmen. Vielleicht gefiel ihm gerade deswegen dieser Job von den bisherigen am wenigsten – auf den Verkehrsfluss hatte er nämlich keine Einwirkungsmöglichkeiten. Wenn die Ampel rot war, war sie rot. Da konnte Levi schreien, zetern, mit Regenschirmen werfen und sie eine sture Kackleuchte nennen, so viel er wollte.   Durchatmen hatte einen entscheidenden Nachteil: Der Pizzaduft von seiner Lieferung stieg ihm in die Nase und brachte seinen Magen dazu, lauter zu knurren als Bester mit einem Megaphon.   Levi war eigentlich recht zufrieden mit sich. Den ganzen Tag hatte er geschuftet – da musste doch eine ganze Menge Kohle bei zusammen gekommen sein. Der Boss wäre mit Sicherheit stolz auf ihn!   Tja, wenn er sich da mal nicht irrte...       Kapitel 7: Das dicke Ende ------------------------- „WAAAAS? Und ihr verfluchten Vollidioten habt die Kohle einfach da liegen lassen?!“, schrie Squalo und hätte vor Wut beinahe Lussuria als Peitsche benutzt. Hinter den drei Flüchtigen heulten Polizeisirenen, brummten Motoren und quietschten die Reifen. „Es ist eben nicht jeder so dreist, einfach an helllichtem Tage einen Sack voller Moneten durch die statt zu schleppen, so als wäre er ein kleptomanischer Weihnachtsmann mit fehlendem Sinn für Lautstärkeregulierung, Vize-Kommandant Squalo.“ „OI, FRAN! DU BLÖDMANN, DAS IST JA MITTENDRIN ZUR BELEIDIGUNG GEWORDEN!“ „Mittendrin?“, kicherte Bel. „Eher von vorne bis hinten.“ „MISCH DU DICH NICHT AUCH NOCH EIN!“   Plötzlich blieb Fran abrupt stehen. „Hey. Schaut mal, da ist Levi.“ Tatsächlich. In einem grauen Lieferwagen mit der Aufschrift 'Beppones Pizzaexpress' saß der Blitzwächter und schrie eine Ampel an. Squalo, Bel und Fran wechselten einen Blick. Dann sprangen sie gleichzeitig vom Hausdach und landeten mit einem ohrenbetäubenden 'RUMMS!' auf dem Dach von Levis Auto.   Der rammte vor Schreck den Fuß auf das Gaspedal. Das Fahrzeug machte einen gewaltigen Satz nach vorne, bevor es über die Kreuzung raste, vier Autos beinahe über den Haufen fuhr und mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Kleinstadt sauste. „FAHRTS ZUA, LEVI! DAS IST EIN BEFEEEEHL!“, brüllte Squalo so laut, dass nicht nur ihr völlig entgeisterter Fahrer, sondern auch halb Italien ihn über den Fahrtwind hinweg hören konnte. „BRING UNS HIER RAUS, UND DANN ZURÜCK ZUM HAUPTQUARTIER!“   Bel rammte zwei Messer in das Autodach, legte sich flach auf den Bauch und genoss den super Ausblick auf die in Panik vor dem Lieferwagen flüchtenden Menschen. Squalo hatte den Geldsack um die Radioantenne geschlungen, betete stumm, dass sie nicht abknicken würde und ließ derweil weniger leise verlauten, dass es ihm nicht Recht war, dass Fran sich an seinen langen, weißen Haaren festklammerte und daran wie ein Fähnchen im Wind hinter dem Auto her trudelte. Lussuria bekam von dem ganzen Chaos nach wie vor nichts mit. Er schlummerte selig auf der Motorhaube wie ein darauf zerquetschtes Insekt, wurde von den Scheibenwischern fest an Ort und Stelle gehalten und Träumte von Xanxus im Hula-Rock.     * * * * *     Einige Dutzend Kilometer weiter steuerte Levi den Lieferwagen in die Leitplanke, weil Squalo während der Fahrt versucht hatte, Fran seine Faust in den Mund zu stecken. Dadurch verlagerte sich das Gewicht auf eine einzige Seite des Wagens und ließ diesen ausbrechen, über eine Wiese holpern und schließlich gegen einen Baum prallen. Die blinden Passagiere auf dem Dach flogen durch die Wucht des Aufpralls durch die Gegend und nahmen unfreiwillig ein Bad in dem See direkt neben dem Varia-Anwesen.   Während Levi noch ausgeknockt im Führerhaus des Wagens hockte (man hatte ihn einfach da vergessen – wie immer) zogen ein paar Untergebene von Xanxus die anderen aus dem Wasser und schleppten sie zum Boss, der ihnen allen eine Kopfnuss verpasste und sie dann dazu verdonnerte, die ziemlich eingeweichten Scheine aus dem Bankraub einzeln (!) an einer laaaaangen Wäscheleine aufzuhängen und notfalls mit einem Föhn trocken zu pusten, bis sie wieder brauchbar waren.   Als Levi A Than schließlich ein paar Stunden später angeschlagen und mit einigen Dellen in das Haus gehumpelt kam, erwartete ihn ein beinahe friedliches Bild: Bel, Fran und Squalo saßen im Wohnzimmer und spielten gemeinsam Poker. Lussuria schlief derweil auf dem Sofa seinen Rausch aus; jemand hatte ihm mit wasserfestem Edding das Wort 'Gaylord' auf die Stirn geschrieben. Dem Lautstärkepegel nach zu urteilen verlor Squalo dauerhaft, während Fran schummelte und Bel ihm dafür Messer in den Kopf steckte. Wirklich ein unheimlich friedliches Bild.   Ahh. Levi war zu Hause.   Aber es gab noch eine Sache zu erledigen! Er wankte an ihnen vorbei in Richtung Arbeitszimmer des Bosses, um ihm über seinen hart erschufteten Arbeitslohn Bericht zu erstatten. Er war mächtig stolz auf sich. Diesmal musste der Boss einfach seine Mühen anerkennen!   Levi hatte jedoch keine Ahnung davon, dass Fran und Bel seinen kompletten Lohn für ihre Casino-Eskapaden auf den Kopf gehauen hatten. Wie man sich vielleicht denken kann, machte Xanxus Levi dafür, dass er angeblich kein bisschen zu der Mission beigetragen hatte, die Hölle heiß. Der arme Kerl konnte noch Tage später nicht richtig laufen.   Und so kam es, dass das einzige Mitglied der Varia, dass sich tatsächlich Mühe gegeben hatte, um Geld in die Kasse zu spülen, am Ende der am meisten Gelackmeierte war.   Tja, aber wie sagt man so schön: Das Leben ist nicht fair, Bananen schmecken gut. Hirsebrei.     - THE END - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)