Ohne Moos nix los von Trinculo (Geld ist nichts. Aber viel Geld, das ist etwas anderes.) ================================================================================ Kapitel 5: It's-a me! --------------------- Eine alte Dame stöckelte langsam und bedächtig auf die Veranda vor ihrem Haus. Sie ließ sich viel Zeit beim Zuziehen und Abschließen der Tür, stand noch ein paar Sekunden bedächtig da und betrachtete den friedlichen, wunderschön grünen Vorgarten. Dann begann sie vorsichtig den Abstieg der Stufen.   Es waren ganze vier an der Zahl, und die alte Dame musste auf der Hälfte eine Pause machen, weil ihr Hüftgelenk nicht mehr mitspielte. Unten angekommen stieß sie einen wohligen Seufzer aus und hob den Fuß, um endlich den beschwerlichen Weg zum Markt um die Ecke anzutreten - als ein riesiger Kerl im schwarzen Ledermantel plötzlich mit einem Affenzahn auf ihr Grundstück einbog. Hinter ihm holperte ein Wägelchen voller Zeitschriften daher, dass bei seinem Tempo eher flog als rollte.   Der Zeitungsausträger sprintete an ihr vorbei (sein dünner Schnurrbart wippte auf und ab), griff hinter sich in den Wagen, riss eine Papierrolle heraus, so als ob sein Leben davon abhinge, und rammte sie in den Briefkasten der alten Frau wie einen Zaunpfahl in die Erde. „BOSS! ICH ERLEDIGE MEINEN JOB GEWISSENHAFTER ALS JEDER ANDERE! SCHNELLER ALS JEDER ANDERE! BESSER ALS JEDER ANDERE! ALLES NUR FÜR DICH!“ Kaum hatte er die Zeitschrift versenkt, drehte er auch schon wieder ab und hetzte zurück durch den Vorgarten, an der alten Dame vorbei und auf den Gehweg. Er schlitterte, stemmte den Fuß in den Boden, riss den Wagen herum – und schon war er um die Ecke verschwunden. Sein lauter Kampfschrei (oder zumindest klang es danach) verhallte in der Ferne.   Die alte Frau schüttelte den Kopf. „Die Jugend von heute...“     * * * * *     „Oh. Ich hab was gewonnen.“ Fran starrte auf den kleinen Behälter, in den plötzlich die Münzen klimperten, und blinzelte erstaunt. Nachdem er die letzten Stunden kein einziges Spiel gewonnen hatte, war er sich eigentlich sicher gewesen, dass der Einarmige Bandit, an dem er saß, getürkt war und schlicht und einfach keine Gewinnmöglichkeiten bot. Natürlich war Fran nicht naiv genug, um zu glauben, dass auch nur irgendein Spielautomat auf dieser Welt jemand anderen begünstigte als den Betreiber – aber das hielt ihn trotzdem nicht davon ab, sich an dem bunten, fröhlich blinkenden Gerät prächtig zu amüsieren.   Die Kirschen, Glocken, Sterne und Zitronen, die auf den Glücksrädern vor seinen Augen vorbei zischten, nachdem er den Hebel, den letzten verbliebenen Arm des armen Banditen, mit freudiger Erwartung heruntergezogen hatte, machten ihn ganz wuschig und hatten irgendwie eine beruhigend-hypnotisierende Wirkung an sich. Keine Ahnung, wie viel Geld die Maschine schon geschluckt hatte, aber was interessierte ihn das. Er hatte von der Bank vor dem neonbeleuchteten Casino aus einfach das Konto der Varia ausgeräumt. War ja nicht seine Kohle. Hauptsache er hatte Spaß, und wenn er dabei noch die anderen Mitglieder der Varia zum Narren halten konnte – um so besser. So eine Gelegenheit ließ man nicht ungenutzt verstreichen!   Fran fischte die paar Münzen aus der Rückgabeschale, wog sie in der Hand und nickte wissend. Nicht unbedingt viel, aber genug, um den hoffnungsvollen Glücksspielsüchtigen für einen erneuten Versuch auf den großen Jackpot zu ködern. Ein alter Trick. „Auf ein Neues!“, murmelte Fran und machte Anstalten, die große Münze zwischen seinen Fingern in den Einwurfschlitz zu schieben.   In diesem Moment zischte ein kleiner Gegenstand ganz knapp neben seinem Kopf vorbei und rammte sich nur Zentimeter von seinen Fingern entfernt genau in den Münzschlitz. Die Klinge flirrte mit einem metallischen 'drrr' hin und her, bevor es schließlich ausschwang und still stecken blieb. „Wer sagt jetzt, ich kann nicht zielen?“ Fran, der mitten in der Bewegung erstarrt war, drehte unbeeindruckt den Kopf zu dem Neuankömmling um. „Bel-Senpai. Du musst auch immer alles kaputt machen, was mir Freude macht.“ „Sehr witzig, du blöder Frosch.“ „Manager! Maaanager, der Prinz hat mein Spielzeug kaputt gemaaacht!“ „Halt die Klappe. Ich hab stundenlang nach dir gesucht, Fran– was machst du da eigentlich?“ „Siehst du doch. Ich knacke den Jackpot und mache uns alle stinkreich.“   Das grausame Grinsen auf Belphegors Gesicht, das Fran ziemlich schnell deutlich machte, dass der Prinz offenbar über gebratene Froschschenkel nachdachte, drehte sich um 180° herum. Jetzt sah Bel aus, als dachte er über gebratene Froschschenkel nach – serviert auf einem Teller aus Menschenknochen, in einer Folterkammer in der Mitte eines Vulkans aus kochend heißer Erdbeermilch. Und Bel hasste Erdbeermilch. „Du verspielst gerade unser Geld, oder?“ „Aber nein, Senpai. Wie kommst du bloß auf so was? Ich spiele um Gummipunkte.“ „Ach. Ist das so?“ „Ah, nein, das war gelogen. Tut mir Leid. Eigentlich spiele ich um ewigen Ruhm, Ehre und den Weltmeistertitel.“ „Shishishi. Du spielst vor allem mit deinem Leben, Froggy.“ „Ooh, jetzt habe ich aber Angst.“   Bel verlor die Geduld und steckte eine Handvoll Messer in Frans Hut.   Fran zog derweil die Klinge aus dem Münzschlitz, brach sie feinsäuberlich in zwei Teile (woraufhin Bel seinen Kopf ein weiteres Mal aufspießte), steckte seelenruhig eine Münze in die Öffnung und drückte den Hebel des Automaten. Die Rollen setzten sich in Bewegung. Ihr Surren wurde begleitet von einem penetranten Elektrogedudel. „Bel-Senpai, wenn du weiter so mit den spitzen Dingern rumfuchtelst, kommt der Türsteher und du wirst im hohen Bogen rausfliegen. Und dann bist du Bel, der Prinz von Bel-Air.“ „Haah...? Was hast du gerade gesagt?“, zischte der Prinz, der jetzt nicht mehr lächelte, und drückte Fran ein Messer an die Halsschlagader. Der Illusionist folgte mit den Augen ungerührt den wirbelnden Symbolen auf dem Bildschirm. „Du verstehst einfach keinen Spaß“, seufzte Fran, ohne den Blick abzuwenden. „Der Witz war grauenhaft. Dafür verdienst du den Tod.“ „Oh. So was Blödes, schon wieder verloren.“ „Hör zu, verdammt! Ich bin ein Prinz, zeig gefälligst mehr Respekt!“ „So was hab ich nicht.“ „Ach. Wäre mir nie aufgefallen.“ „Echt nicht? Und du schimpfst dich ein Genie. Ah, Senpai, hast du vielleicht noch ein bisschen Kleingeld? Ich hab alles vom Varia-Konto schon verspielt.“ „WAS?! Okay, das reicht. Mir es ist egal, was Squalo sagt, ich mach dich jetzt kalt.“   Bevor Bel seine Drohung wahr machen konnte, näherten sich Schritte. Durch das Labyrinth von mit kotzgrünem Stoff überzogenen Spieltischen und Automaten, die der Albtraum eines jeden Epileptikers sein mussten, marschierte ein Monster von einem Mann auf die beiden zu. Sein weißer Hut saß schief auf seinem Quadratschädel und passte farblich zu dem Anzug, der wirkte, als hätte man ihn nicht über einen menschlichen Körper, sondern auf einen Holzschrank gespannt. Das Gesicht war übersät mit dunklen Bartstoppeln. Eine fiese Narbe, die so klischeehaft war, dass sie eigentlich gar nicht echt sein konnte, zog sich vom Auge bis zum Mundwinkel über die Haut. Sein finsterer Blick erweckte den Eindruck, als verdiene er seinen Lebensunterhalt mit dem Treten von Hundewelpen.   Fran warf Bel unwillkürlich einen Blick zu, um zu sehen, ob der sich schon in die Hosen machte. Natürlich tat er das nicht - aber witzig wäre es schon gewesen. Der italienische Herkules baute sich vor den beiden auf und verschränkte die Arme vor dem Waschbrettbauch. „Signori. Tute mir Leid, aber hier wirde gleich stattfinden eine Pokerturnier“, grollte er. „Wenn sie nicht teilnehme wolle, ich bitte sie zu gehen. Es gehte um ein Menge Moneta.“ „Hooh“, machte Fran und sah hinüber zu Belphgor. „Hast du das gehört, Senpai?“ „Shishishi...“ Bel grinste breit. „Froggy - wir kümmern uns jetzt mal um ein bisschen um die Finanzen.“       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)