Wenn zwei Psychopathen sich treffen von Nightglass ================================================================================ Kapitel 3: Das Wiesel --------------------- Tiere waren faszinierende Wesen und jedes Einzelne hatte eine eigene Bedeutung. Und dies war es auch, was ihn so sehr begeisterte. Zu sehen wie Tier und Mensch sich in der Bedeutung und Charakter ähneln. Es interessierte ihn nicht, wie die Tiere waren, sondern lediglich welch eine Bedeutung diese hatten. Es war sechs Uhr morgens, als er erwachte und die blonden Haare seiner Frau im Gesicht spürte. Liebevoll löste er seinen Arm von ihr und stand auf. Murrend kuschelte sie sich in die Decke und blinzelte ihn verschlafen an. „Morgen, Liebling“, flüsterte er sanft und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Morgen“, murmelte sie. „Wieso musst du eigentlich immer so früh aufstehen?“ Er lachte und entledigte sich seiner Schlafkleidung, „Das sagst gerade du, Becky. Bis auf Mittwoch stehst du immer um fünf auf und weckst mich bei meinen ach so schönen Schlaf.“ Rebecca lachte leise und richtete sich verschlafen auf. Ihre langen Haare fielen ihr über die Schultern. Sie ist ein Schwan. Sie spiegelt die Gesamtgnade, Gelassenheit und die reine Unschuld wieder. Er hatte es vom ersten Tag an gewusst, dass sie ein Schwan war. So anmutig wie sich bewegte und so gütig wie sie war. Als er sich angezogen hatte, fuhr er zärtlich über die weiße Haut seiner Frau. Sie räkelte sich unter einer Berührung und schnurrte leise. „Kannst du heute die Kinder in die Schule bringen? Ich muss noch bei meinen Eltern vorbei, um die Blumen zu gießen. Sie haben ihren Aufenthalt in Venedig verlängert und kommen wahrscheinlich erst an Weihnachten wieder. Außerdem hat sich Katy noch nicht gemeldet, also werde ich wohl ihre Schicht übernehmen müssen. Also werde ich voraussichtlich erst um halb sieben wieder da sein.“ Er seufzte leise: „Natürlich mach ich das und deine Eltern können mir gestohlen bleiben. Wenn sie schon in Venedig wohnen, müssen sie dich nicht täglich auffordern ihre Blumen zu gießen. Sie sehen sie ja eh nie. Und überhaupt denke ich, dass du viel zu gütig bist. Und lass dich nicht so viel von Katy rumschubsen. Nur weil sie ihre Arbeit nicht richtig macht, musst du nicht gleich ihre Schichten zu übernehmen.“ Rebecca stand auf und torkelte ins Badezimmer. „Du kennst mich doch. Wenn jemand Hilfe braucht kann ich einfach nicht anders. Und so haben wir uns überhaupt kennen gelernt, also sag bloß, dass es eine schreckliche Eigenschaft von mir wäre!“ Er folgte ihr in das kleine Bad und lehnte sich an die Tür. Er beobachtete, wie sie sich das Gesicht wusch und sich ihre Haare machen. „Nein, es ist eine wundervolle Eigenschaft von dir, aber Katy und deine Eltern verdienen das einfach nicht“, sagte er und trat einen Schritt auf sie zu. „Ach, Nick. Wird es jemals der Zeitpunkt kommen, dass du dich mit meinen Eltern verstehen wirst?“ Sie blickte ihn mit ihren dunkelblauen Augen an und er grinste: „Nein, wird er nicht.“ Sie küssten sich kurz und Rebecca widmete sich wieder ihre Haare, die sie zu einem Gretenzopf flocht, während Nick die Kinder weckte. Maggie und Tim teilten sich ein großes Zimmer. Die Linke Seite stand Maggie zu, welche Nick auf ihren Wunsch hin hellbläulich gestrichen hatte und Tims Seite dunkelrot, da dieser ebenfalls eine neue Wandfarbe haben wollte. Somit gab es einen abrupten Schnitt im Zimmer, wo die hellblaue Wandfarbe auf dunkelrot übersprang. Maggie lag seelenruhig in ihrem Bett und schlief wie eine Tote. Ganz im Gegensatz zu Tim, welcher sein Kissen zu Boden geworfen hatte, ein Bein und den Kopf über die Kante hängen ließ und laut schnarchte. Wie unterschiedlich Geschwister waren. Als wäre ein Fuchs mit einem Esel verwandt. Maggie, der Fuchs, war äußerst intelligent, wenn auch ein bisschen hinterlistig, und hatte trotz dessen die Güte ihrer Mütter geerbt. Tim hingegen war stur und sehr eigensinnig und liebte es gegen der Willen von anderen zu handeln. Aber was erwartete man denn auch anderes von einem siebenjährigen Jungen? Er weckte Maggie behutsam auf, indem er ihr vorsichtig übers Haar strich und flüsterte: „Maggie, Süße, die Schule ruft. Und Mom macht euch Spiegelei mit Speck.“ Maggie schlug mit einem Mal die hellblauen Augen auf. Sie hatte das hübsche Gesicht ihrer Mutter geerbt und nur anhand ihrer Augen konnte man erkennen, dass sie seine Tochter war. „Du hast mir versprochen mir heute das Essen ans Bett zu bringen, wenn ich das Rätsel mit der Brücke löse… Ich hab´s gelöst. Zuerst müssen Mutter und Vater über die Brücke, da sie die beiden schnellsten sind und gemeinsam nur zehn Minuten brauchen. Die Mutter, die alleine nur fünf Minuten braucht, kommt dann zurück um dem Kind im Rollstuhl und dessen Begleiter, welche zusammen fünfundzwanzig Minuten brauchen, die Taschenlampe zu geben. Dann läuft der Vater alleine zurück um die Mutter abzuholen. Insgesamt schaffen es alle innerhalb von einer Stunde über die Brücke, gerade rechtzeitig bevor diese einstürzt.“ Nicht schlecht, für eine Neunjährige. Nick lächelte sie an, „Gut gemacht, Maggie. Ich hol dein Essen, aber weck doch bitte Tim. Er muss sich auch noch fertig machen.“ Als Nick das Kinderzimmer verließ, hörte er noch wie Maggie gelangweilt rief: „Tim, steh jetzt nicht auf und bleib liegen. Ich will, dass du heute zuhause bleibst und dich nicht für die Schule fertig machst.“ Die hohe und freche Stimme von Tim ertönte, „Du hast mir gar nichts zu sagen, Mag! Ich hör doch nicht auf dich und tu was du sagst!“ Tim riss die Zimmertür auf und trippelte an Nick vorbei ins Bad. Ja, wie ein Esel, immer das Gegenteil tun, was einem gesagt wird. Als Nick in die Küche kam, stand Becca schon am Herd und kochte die Spiegeleier und den Speck. Sie hatte ihre Bürokleidung an, ein Knielanger enganliegender Rock und eine farblich passende Bluse. „Hier, bring das Maggie. Ich hab schon gehört, dass sie das Rätsel gelöst hat. Sie ist wirklich ein Genie. Ich hab das Rätsel noch nicht mal innerhalb einer Woche gelöst und sie braucht nur eine Nacht“, lachte Becca und übergab Nick das Tablett. Nick gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange und brachte Maggie das Essen. Er hörte wie Tim Motorgeräusche machte, während er sich die Zähne putze. Na, das war mal was. Er putzte sich die Zähne. Maggie saß schon aufrecht im Bett und band sich das lange blonde Haar zu einem straffen Zopf. „Hier. So wie du es magst, das Spiegelei beidseitig gebraten. Und den Speck schön knusprig.“ Maggie lächelte ihn an. Sie sah ihrer Mutter wirklich ähnlich. In paar Jahren würde sie den Jungs reihenweise die Herzen brechen. „Danke, Paps“, sagte sie und schlang das Essen freudig runter. In der Zeit in der Maggie das Essen aß, musste Nick sie einfach anschauen. Es war so schön zu sehen, dass es ihr gut ging. Erst als Becca aus dem Wohnzimmer rief, dass sie nun gehen müsse, konnte er aus seiner Trance erwachen und klatschte in die Hände: „So, nun aber hopp. Ihr dürft doch nicht zu spät in der Schule sein. Tim! Beeil dich. Du musst auch noch dein Frühstück essen!“ Tim, der sein T-Shirt verkehrt herum anhatte, sprang auf Nicks Schultern und schrie diesem ohrenbetäubend ins Ohr: „Ich will Kuchen zum Frühstück! Matt bekommt auch Kuchen zum Frühstück!“ Matt war auch ein übergewichtiger kleiner Schnösel, der seine schokoladenverschmierten Finger nie von etwas essbaren lassen konnte. Hätte ein Serienkiller es auf ihn abgesehen, so müsste er nur mit einer geöffneten Schokoladenpackung wedeln und Matt würde freiwillig in den Käfig laufen. Zu allem Übel war er Tims bester Freund, wobei er sich Tims Freundschaft mit teuren Geschenken erkaufte. „Matt ist auch ein Kind, das in der Zukunft mit zwanzig an Diabetes sterben wird, bevor es überhaupt ein Mädchen nur auch berühren konnte“, lachte Nick verächtlich, sodass sein Goldzahn aufblitzte. Tim sah ihn mit großen Augen an und fragte, während Maggie anfing böse zu lachen: „Was ist Diabetes und warum stirbt Matt? Kommt er denn in den Himmel? Papa, ist Matt krank?“ Tims großen braunen Augen füllten sich mit Tränen. Nick seufzte. Er vergaß manchmal mit wem er sprach und er eher sagen sollte, dass Kuchen vor zwölf Uhr nach Medizin schmecken würde und die Kuchenfee erst um zwölf Uhr dem Kuchen seinen vorzüglichen Geschmack brachte. Beruhigend tätschelte er Tim über das zerzauste braune Haar und meinte: „Diabetes ist eine kleine gemeine Frau, die dich immer begleitet, wenn du zu viel Süßes isst und wenn du mal nicht aufpasst, nimmt sie dich mit. Sie bestraft gierige Menschen. Also esse nichts Süßes vor Mittag, verstanden?“ Maggie lachte bei seiner Geschichte nur noch mehr und hielt sich den schmerzenden Bauch. Nick wusste selbst, dass er in so Erfinden von Geschichten richtig schlecht war. Jedenfalls wenn es darum ging jemanden zu beruhigen. Aber Tim schien angestrengt nachzudenken. Dann nickte er langsam und ließ sich von Nick das T-Shirt richtig anziehen. Nick gab ihm einen leichten Klaps auf den Rücken und sagte: „Ab mit dir Frühstücken. Maggie du machst dich jetzt auch fertig.“ Seine Tochter richtete sich auf, wischte sich die Tränen weg und gluckste noch einmal erfreut. Nick drückte aufs Pedal und überholte den lahmen VW vor ihm und verstieß dabei ganz nebenbei zwei der Verkehrsregeln. Der schwarze Aston Martin DB9 schlitterte auf den Schulhof und bremste knapp vor einem alten BMW, indem eine erschrockene Ms. Maddison saß und ihn entgeistert ansah. Entschuldigend hob er die Hand: „Entschuldigen Sie, Ms. Maddison. Maggie, Tim, steigt schon aus. Und beeilt euch. Ich möchte nicht wieder von Mr. Gumble angerufen werden, dass ihr immer so unpünktlich seid!“ Tim motze unverständlich, während er ausstieg und seinen Spiderman-Rucksack schulterte. Maggie öffnete die Beifahrertür und gab Nick einen kurzen Kuss auf die Wange: „Bis später, Dad.“ „Bis später, Süße. Und blamier bitte die Lehrer wieder.“ Grinsend stieg Maggie aus und warf ihr Haar schwungvoll nach hinten: „Immer doch.“ Nick wartete noch bis Maggie und Tim hinter den Schulpforten verschwunden waren und fuhr dann weiter zu seiner Arbeit. Der Verkehr war kaum auszuhalten. Bei solch einem Stau kam man nur sehr langsam voran und es würde bestimmt schneller gehen, wenn er irgendwo parken und zu Fuß weiter gehen würde. Als er die Chance sah in eine Seitenstraße abzubiegen, riss er das Lenkrad herum und brach aus dem Verkehr aus. Die Seitenstraße führte zu einem kleinen Parkplatz. Wenn das mal nicht Zufall war. Langsam parkte er seinen Wagen neben einen grellroten Sportwagen, der so stark leuchtete, dass es schon schmerzte und einem mattblauen Mini. Er stieg aus und verschloss sein Auto. Dann machte er sich schnell auf den Weg und quetschte sich durch die Menschenmassen. Plötzlich fiel ihm ein junger Mann auf, der ihm entgegen kam. Er hatte feuerrotes Haar und grünleuchtende Augen. Genervt rempelte er immer wieder paar Passanten an und funkelte diese drohend an. Kleine unscheinbare Sommersprossen zierten das Gesicht des Jungens und ein Pflaster verdeckte seine rechte Schläfe. Ein Dachs, dachte Nick erfreut und blieb stehen. Fasziniert beobachtete er den Mann, der anscheinend in allem eine Bedrohung sah. Ein Dachs, das Tier das Aggression aber auch gleichzeitig Leidenschaft symbolisiert. Es kribbelte in seinen Fingern und ein Herz begann zu rasen. Seine Lippen wurden trocken und er begann zu schwitzen. Noch nie hatte er einen Dachs getroffen. Es gab nicht viele Menschen, wenn sogar nur ein paar, welche man mit einem Dachs assoziieren konnte. Und er hätte sich nie erträumen können einem zu begegnen. Hier, mitten auf einer öffentlichen Straße. Je näher der junge Mann kam, desto nervöser wurde er. Er griff nach seinem schwarzen Hut und zupfte an der Krempe herum. Das feurige Haar stach so stark aus der Masse hervor, als wolle es die Aufmerksamkeit kriegen, die der Mann bekam. Kaum ein Mensch ging ohne ihn anzuschauen an ihm vorbei. Zudem kam noch, dass er recht attraktiv war. Manche Mädchen blieben sogar kurz stehen um ihn anzusprechen, sich jedoch im Endeffekt nicht trauten und still weitergingen. Der Junge schaute plötzlich direkt an. Dieses giftige Grün traf auf das eisige Blau und es schien, als würde der Mann kurz stocken. Er rempelte ganz demonstrativ gegen Nick und funkelte ihn so böse an, als wäre er sein schlimmster Erzfeind. Er reagierte nicht, sondern starrte ihm einfach hinterher, während der Dachs sich weiter entfernte. Als ihn eine Frau ansprach und fragte, ob es ihm gut ging, wandte er sich von dem jungen Mann ab und nickte abwesend. Er blickte zu Frau runter und lächelte kalt. Er kannte sie. Es war Sophie, die Mutter von Josh, welcher Maggie mal versucht hatte zu verprügeln- auch wenn sie ein Mädchen war -. Die Betonung lag auf versucht, da er sich ziemlich die Zähne an Maggie ausgebissen hatte. Sie hatte ihm einen Zahn ausgeschlagen, nachdem er sie in den Dreck geworfen hatte und ihr gegen den Rücken getreten hatte. Sophie hatte auf Schmerzensgeld plädiert und wollte, dass Maggie sich bei dem kleinen Drecks… Josh entschuldigte. Anstatt sich zu entschuldigen, hatte sie Josh gedroht ihm einen weiteren Zahn auszuschlagen, wenn er es noch einmal wagte sie zu schlagen. Er hatte vor Angst wie ein Baby geweint und sich bei seiner Mutter ausgeheult, die Maggie als psychotischen Fall erklärte. Waren Psychologen nicht tolle Menschen. Jeden und allen als Psychopathen zu diagnostizieren, wenn dieser sich wagte sich zu wehren, sollte das kleine Anhängsel des Psychologen den Drang verspüren, diesen zu verprügeln. „Sophie, schön dich zu sehen.“ Sophie schien ihn erst jetzt zu erkennen, denn ihr Gesicht wurde auf einen Schlag hart und sie sagte: „Oh, du bist es. Wie geht es eigentlich Becky?“ Rebecca und Sophie waren einst beste Freunde. Als Rebecca aber begehrter wurde und Sophie somit ungewollt in den Schatten stieß, zerbrach die Freundschaft durch die verdorbene Eifersucht die Sophie Becca gegenüberbrachte. Nun hatte Sophie einen Banker als Mann und einen heranwachsendes Arschloch als Kind. „Hervorragend. Sie ist hübsch und gütig wie eh und je. Ich denke, sie kommt langsam darüber hinweg, dass du sie als beste Freundin verlassen hast.“ Es traf Sophie und sie drehte ihren Kopf weg, damit er ihre feuchten Augen nicht sehen konnte. Er sah sie dennoch. „Sagst du ihr, dass es mir Leid tut“, fragte sie ihn zaghaft. „Ist es nicht schon ein bisschen zu spät für eine Entschuldigung? Ich mein es ist schon fast zwanzig Jahre her“, antwortete Nick kalt und ging an ihr vorbei. Sie stand ziemlich verloren auf dem Weg und blickte ihm traurig hinterher. „Du weißt, dass du der Grund dafür warst“, flüsterte sie, jedoch laut genug, dass er es hören konnte. Aber er ging einfach weiter, blickte nicht zurück. Er würde später auf sie zurückkommen, denn er war ein Wiesel. Ein Wiesel stand für die Gerissenheit und Rache. Ein Wiesel stand für Vieles mehr, doch das, mit dem er sich am meisten mit einem Wiesel verband, war nicht etwa die genaue Beobachtungsgabe oder die Listigkeit, sondern es war die Rache. Denn jeder Mensch hatte etwas, für das er bestraft werden sollte und wenn er seiner Familie zu nahe trat, sollte er leiden. Denn niemand nutzte seine Familie aus oder tat ihr weh und kam ungeschoren davon. Niemand. Nick setzte seinen Hut wieder auf und seine kalten blauen Augen blitzten auf. Außerdem brauche er doch seinen Spaß. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)