Dilector Diaboli von Anemia ================================================================================ Kapitel 6: Outtake 2: Was ein paar Tage nach der Bondage-Session geschah ------------------------------------------------------------------------ Was ein paar Tage nach der Bondage-Session geschah (zwischen 3. und 4. Kapitel)       Sie mochte ein wenig naiv gewesen sein, das gab sie im Nachhinein sogar selbst zu. Jamie hatte man zwar nie als einen Mann bezeichnen können, der offen seine Liebe bekundete und stets von sich aus nach Zärtlichkeit suchte, aber zu seiner gewohnten Zurückhaltung, was Körperlichkeit anbelangte, hatte sich noch eine gewisse emotionale Barrikade zwischen ihnen gebildet, die es Emilie kaum noch ermöglichte, an ihn heranzukommen. Im Grunde war er seit dem Heiligen Abend so seltsam. Zuvor noch hatten sie in Emilies Augen das Leben eines ganz normalen Paares gelebt, dem es an nichts fehlte, aber bereits am Abend nach der merkwürdigen Erscheinung hatte Jamie begonnen, eine Art Schutzschild um sich herum zu errichten, wie seine Freundin es insgeheim nannte. Irgendetwas, das seine Liebe zu ihr vermissen ließ. Seitdem bemühte er sich zwar stets, nicht zu kalt zu ihr zu sein, allerdings spürte die junge Frau nur zu genau, dass etwas mit seinen Gefühlen und seinem Verhalten nicht stimmte. Zunächst wanderten ihre Vermutungen sofort zu dem Schluss, er hätte eine andere kennengelernt, womöglich gar in der Kirche, zwischen Krippenspiel und besinnlichen Chorgesängen, denn bis heute verstand sie nicht, wieso ihr Freund, welcher ohnehin nie begeistert gewesen war von der Idee, ein Gotteshaus aufzusuchen, allein dort geblieben war und sie für mehrere Stunden vergessen zu haben schien. Sein Anruf erreichte sie erst eine ganze Weile später, und über den Weihnachtsgottesdienst an sich hatte er hinterher kein einziges Wort verloren. Hätten sie eine intakte Beziehung geführt, womöglich hätte sie  dem Ganzen gar nicht allzu viel Bedeutung zugemessen. Da Jamie jedoch solch ein schwieriger, bisweilen zudem sehr verschlossener junger Mann war, der Probleme grundsätzlich allein löste oder die Dinge gern in sich hineinfraß, hegte sie bald gewisse Zweifel an dem, was zwischen ihnen war. Was zwischen ihnen sein sollte. Es gab keine Küsse mehr, und es gab erst recht keinen Sex. Jamie war auf Abstand gegangen, eine Begründung für sein Tun hatte er jedoch zu keiner Zeit, allenfalls jene, dass er mit den Gedanken bei seiner kranken Mutter sei. Deshalb tat Emilie bald etwas, das sie eigentlich nie hatte tun wollen. Als Jamie mit seinen Kumpels einen trinken gegangen war, stellte sie das Schlafzimmer auf den Kopf, durchwühlte die Taschen all seiner Hosen, um irgendetwas zu finden, das sein seltsames Verhalten erklären und womöglich auch ihren Verdacht bestätigte, so weh die Wahrheit auch tun mochte. Sie mochte zwar für eine lange Zeit zu naiv gewesen sein, aber als dumm konnte man sie keinesfalls bezeichnen. Und so stieß sie schließlich beim Ausräumen der Hosentaschen auf eine hastig auf einen zusammengeknüllten Zettel gekritzelte Telefonnummer, von der sie allerdings keine Ahnung hatte, zu wem sie gehörte. Aber das ließ sich ja leicht herausfinden. So viel Mut besaß Emilie, um kurzerhand die Nummer zu wählen und gespannt darauf zu warten, wer sich am anderen Ende der Leitung meldete. Oftmals waren nämlich Männer die viel größeren Schisshasen als Frauen. Jamie hätte sie auf jeden Fall zu diesem Lager gezählt. Jamie, der selbst davor Angst hatte, den Mund aufzumachen und Klartext zu reden.   "Guten Tag, Cari Crow am Apparat." Mit vielerlei hätte sie gerechnet, mit einem Erotikservice oder bestenfalls mit Jamies Freunden Tim oder Rikki, nicht allerdings mit einer ihr unbekannten Männerstimme, die sie nun in aller Förmlichkeit begrüßte. Dies wusste sie zunächst gar nicht einzuordnen. Aber auch dafür konnte es eine plausible Erklärung geben. Man musste diese nur in Erfahrung bringen. "Guten Tag...äh...wer sind Sie?", stotterte sie also in ihrer Verwirrung zusammen, woraufhin sie das Gefühl hatte, dass der Mann am anderen Ende der Leitung leicht schmunzelte. "Ich bin Cari Crow, und ich bin Wahrsager", erklärte er ihr geduldig, woraufhin für Emilie jedoch auch nicht sonderlich viel Licht ins Dunkel gebracht wurde. Viel mehr gab ihr das Ganze ein noch größeres Rätsel auf. Jamie besaß die Nummer eines Wahrsagers? Seit wann hatte solch ein bodenständiger Typ wie ihr Freund für solch einen esoterischen Kram etwas übrig? Irgendwie wollte das nicht so recht zusammenpassen. Aber sie hörte es ja mit eigenen Ohren. "Möchten Sie eine Sitzung buchen?" "Äh...ähm, ja", willigte sie ohne lange nachzudenken im Reflex ein und bekam sofort eine Uhrzeit genannt, zu welcher sie am nächsten Tag bei diesem Wahrsager auf der Matte stehen sollte. Dazu eine Adresse, die sie erst bei Google Maps nachschlagen musste, da sie ihr noch nie zu Ohren gekommen war. Sie würde hingehen, auch wenn sie selbst nicht so recht wusste, was sie dort überhaupt wollte, legte sie doch noch nicht einmal sonderlich viel Vertrauen in ihr Horoskop. Aber ihr Gefühl sagte ihr, dass sie den richtigen Schritt einleitete, um mehr über Jamie und seine Distanziertheit zu erfahren. Jedoch rechnete sie nicht damit, dass diese Begegnung einen noch größeren Keil zwischen das Paar treiben würde...     "Was führt Sie zu mir, Fräulein?" Schon ewig hatte sie keiner mehr mit dieser Höflichkeitsfloskel angesprochen, war sie doch dem Alter längst entwachsen, in welchem man junge Frauen derart betitelte. Und schon gar nicht wäre ein Mann in ihrem Alter auf die Idee gekommen, sie Fräulein zu nennen. Der ihr gegenüber sitzende Wahrsager, welcher sie auf den ersten Blick an ihren Freund, Jamie, erinnert hatte aufgrund der ganz ähnlichen Ausstrahlung, schien nicht viel älter zu sein als sie selbst. Aber dennoch haftete ihm etwas an, das eine galante Ausdrucksweise wie die, die er an den Tag zu legen pflegte, berechtigte. Etwas ungemein Kokettes, Selbstbewusstes, Umwerbendes; eben all die Dinge, die sie in Jamie fast schmerzlich vermisste, wie sie prompt erkannte, so wie sie sich diesem Mann gegenüber setzte. Aber dennoch wirkte er auf der anderen Seite beinahe so unnahbar wie Jamie, erhaben und weise, wenn er es denn darauf anlegte. Weswegen sie bald aufhörte, ihn als Mann wahrzunehmen. Einen Wahrsager hätte sie ohnehin nicht in ihr Haus gelassen. Mit dieser esoterischen Macke wollte sie möglichst nichts zu tun haben. Zumindest nicht auf ewig. Der Wahrsager blickte sie ohne zu blinzeln vollkommen offen, aber auch äußerst ungeniert an, so wie sie darüber nachdachte, ob sie ihm, einem Wildfremden, tatsächlich ihr Seelenleben offenbaren sollte. Die Probleme mit Jamie hatten ihr ein gewisses Misstrauen gelehrt, weswegen sie sich schwer tat, mit der Sprache herauszurücken. Man wusste ja nie, an wen Quacksalber wie dieser Crow die Informationen über seine Kunden verkaufte. Allerdings spürte sie, dass all der Mist, der sie bedrückte, endlich ans Tageslicht wollte. Mit Jamie konnte sie ja nicht reden, und Milla, ihre beste Freundin, schwebte gerade zu sehr auf ihrer Wolke sieben, um für ihre Probleme ein offenes Ohr zu haben. "Es geht um meine Beziehung", begann sie schließlich zu erzählen, seufzte nun allerdings tief, während ihre Blicke über das braune Teakholz wanderten, aus dem der Tisch gefertigt worden war. "Eigentlich geht es um meinen Freund." "Okay", nickte Cari geduldig und ließ sie weitererzählen. "Ich weiß nicht, was mit ihm los ist. Er lässt mich nicht mehr an sich heran..." Ihre Finger verkrampften sich ineinander. "Es ist, seitdem...seitdem wir an Weihnachten in die Kirche gehen wollten. Ich aber...musste plötzlich nach Hause, und er ist allein dort geblieben, hat dem Gottesdienst bis zum Schluss beigewohnt. Und nun-" "Glaubst du, dass er eine andere hat?" Sie zögerte kurz, schmerzte ihr es doch, diesen Gedanken zuzulassen, ja gar auszusprechen. "Ja." Der Wahrsager fasste sich kurz mit dem Zeigefinger an die Stirn und schloss die Augen. "Ich kann dich beruhigen", sagte er dann. "Er hat keine andere." "Also ist er mir doch treu..." Ein riesiger Stein fiel ihr vom Herzen, der sich jedoch unter Caris eindringlichem Blick in ihr Gesicht wieder verhärtete. "Das habe ich nicht behauptet." "Aber..." "Mein Kind", säuselte er nun süßlich und legte den Kopf schief. "Deine weibliche Intuition verrät dir doch längst, dass zwischen euch etwas nicht mehr stimmt. Und du weißt auch, dass zwischen euch auch noch nie alles gestimmt hat." Sie musste zugeben, dass er Recht hatte. Woher wusste dieser Kerl das eigentlich? Er kannte doch weder sie noch Jamie...und wie er zwar keine andere hatte, aber ihr dennoch nicht treu sein konnte, das begriff sie nicht ganz... "Ich sehe ja andere Paare, zum Beispiel meine Freundin und ihren Mann", erzählte sie jetzt in ihrem Kummer. "Die strahlen diese Liebe so richtig aus. Die besitzen funkelnde Augen, wenn sie einander ansehen. Und sie können kaum die Finger voneinander lassen...Jamie allerdings, der wollte nie kuscheln, und richtige Küsse, also mit Zunge, die hat er auch nie von sich aus begonnen. Nicht mal in der Anfangszeit..." All diese Dinge trieben nun an die Oberfläche. All die Dinge, die sie schon immer gewusst, aber stets zu verdrängen versucht hatte mit der Erklärung, dieses Kühle entspräche einfach Jamies Art und sei nicht weiter beunruhigend. Aber insgeheim hatte sie immer geahnt, dass dem doch so war. "Gut", nickte Cari. "Also, das ist natürlich gar nicht gut. Wie mir scheint, steht eure Liebe unter einem schlechten Stern, war von den großen Mächten nie so angedacht, aber du hast ihn dazu gezwungen, deine Liebe anzunehmen." Sie wollte ärgerlich widersprechen, doch Cari brachte sie mit einer sanften, aber dennoch äußerst bestimmten Handbewegung jäh zum Stillschweigen. "Man kann allerdings keinen Menschen dazu bekommen, dass er auch von sich aus Liebe gibt. Weißt du, der innere Gott einer jeden Person überwiegt die Kraft des Himmels und der Hölle meist um ein Vielfaches, weswegen es nicht allzu schwer ist, sie zu überlisten. Deshalb hast auch du es geschafft, ihn an dich zu binden. Aber du wirst ihn nicht halten können. Weil dazu immer zwei gehören." Ihr Magen ballte sich krampfhaft zusammen. Hätte sie geahnt, dass dieser Kerl ihr derartig grausame Dinge offenbarte, dann hätte sie niemals einen Termin für eine Sitzung bei ihm ausgemacht. Manche Dinge erfuhr man lieber gar nicht erst, weil sie zu sehr schmerzten. "Ich möchte ihn aber nicht verlieren", klammerte sie sich an ihren im Moment einzigen und stärksten Wunsch. "Ich möchte, dass es zwischen uns besser funktioniert, dass er vielleicht lernt, mit seinen Gefühlen umzugehen. Er liebt mich doch, wenigstens ein bisschen, oder?" Caris Mundwinkel zuckten bedauernd. "Wenig. Zu wenig." Nun schossen ihr Tränen in die Augen. "Und wie kann ich seine Liebe vergrößern?" "Mädchen, er ist nicht wirklich in der Lage, dich zu lieben", brachte Cari knallhart hervor, da er wahrscheinlich bemerkt hatte, dass Emelie das Ganze nicht anders verstand. "Du solltest dich viel lieber fragen, ob du wieder glücklich sein möchtest. Denn wenn du glücklich bist, dann wird auch er glücklich sein." "Natürlich möchte ich das." Ihre Stimme bebte. "Natürlich, nichts lieber als das..." "In Ordnung, in dem Falle habe ich etwas für dich, das dir dabei helfen wird, deinen Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen..."     *     Er sah umwerfend aus, wie er da betont cool auf dem Stuhl lümmelte und den Arm auf die Lehne gestützt hatte. Allen Anscheins nach hatte er sich bereits einen Kaffee bestellt, beachtete die Tasse jedoch nicht, sondern beschäftigte sich ausgiebig mit seinem Mobiltelefon, weswegen er mich auch nicht am Schaufenster vorübergehen sah. Problemlos hätte ich ihn in aller Heimlichkeit beobachten können, all die kleinen Dinge in mir aufsaugen, die er unbewusst tat, doch ich wusste, dass ich ihn nicht nur still zu bewundern brauchte, sondern mir jederzeit mehr holen durfte. Was ich nun auch tat. Schnellen Schrittes betrat ich das Café, in dem wir uns verabredet hatten und näherte mich dem Tisch, an dem Cari bereits auf mich wartete. Als ich ihm grinsend meine Hände auf die Schultern legte, kam endlich Leben in ihn. "Ach, Baby!", rief er freudig aus, so wie er mit einem Lächeln auf den Lippen an mir emporblickte. "Du bist ja verdammt pünktlich dran." Schnell ließ ich mich auf dem Stuhl ihm gegenüber nieder, stützte meine Ellenbogen auf den Tisch und bettete mein Kinn auf meine gefalteten Hände, während ich mich gar nicht sattsehen konnte an meinem Teufel. "Ich hatte eben Sehnsucht", säuselte ich. "Zu Hause ist mir fast die Decke auf den Kopf gefallen." Mit meinen Worten und wahrscheinlich auch meinem auffordernden Blick provozierte ich Cari dazu, sich zu mir vorzulehnen, meine Handgelenke zu umfassen und mir einen ungemein zärtlichen Kuss auf die Lippen zu drücken. Kurz schlossen sich meine Lider vor Wonne, doch schon im nächsten Moment riss ich meine Augen wieder auf und wich ihm etwas aus. "Wir sollten nicht hier", erklärte ich ihm, als er einen enttäuschten Schmollmund zog, seine warmen Hände jedoch nicht von meinen Armen nahm. "Wenn uns jemand sieht..." Daraufhin zog er sich schließlich ganz zurück und lehnte sich an. "Immer noch wegen Emilie..." "Ja, Mann. Ich habe keinen Bock, dass sie es auf die harte Tour erfährt." Seufzend schaute Cari aus dem Fenster. Eigentlich mochte ich es nicht, dass er mich unter Druck setzte, auf der anderen Seite jedoch wollte auch ich endlich reinen Tisch machen und zu meinem Teufel stehen. Obwohl dieser so viel von mir verlangte... "Wie sieht es eigentlich aus?" Seine Augen maßen mich, und trotz des Blickkontaktes konnte ich spüren, dass die leise Zärtlichkeit, die vorhin noch von ihm ausgegangen war, einer gewissen Distanz gewichen war. "Hast du dich nun entschieden?" Natürlich wusste ich genau, auf was er anspielte. Und ich hatte bereits im Vorfeld geahnt, dass er mich darauf ansprechen würde. "Ich weiß nicht..." Rat- sowie etwas hilflos kratzte ich mir den Kopf und blickte auf den Tisch. "Es ist doch-" "-auch wegen ihr. Ja, Jamie, ich weiß..." "Nicht nur", lenkte ich ein, damit es nicht gar so blöd aussah. "Es ist ja doch ein ziemlich großer Schritt, und-" Caris Augen schauten mich mittlerweile fast gelangweilt an. "Im Grunde ist es nur eine Art Ehegelübde", erklärte er mir. "Und so verknallt, wie du jetzt schon in mich bist..." Eine gewisse Amüsiertheit kehrte in sein Gesicht zurück. "Du willst mich doch eh nicht mehr gehen lassen. Und außerdem giert dir doch nach dem Trank. Vielleicht sogar noch mehr als nach mir..." "Ich würde sagen, es ist gleichwertig..." "Na, na, na, nicht so diplomatisch, meine Sünde! Sonst muss ich noch glauben, dass ich Emilie Quatsch erzählt habe und du sie tatsächlich liebst, auch wenn du es ihr nur schlecht zeigen kannst..." Mit einem Mal kam ich nicht mehr ganz mit und schüttelte unverwandt den Kopf. Stirnrunzeln inklusive. "Äh, hab ich irgendwas verpasst?" Lässig hing Cari in seinem Stuhl und nippte inzwischen an seinem Heißgetränk. Dabei sah er so selbstzufrieden aus, wie es nur ein Teufel konnte. "In der Tat", rückte er genüsslich mit der Sprache heraus. "Ich habe da ein wenig meine Macht spielen lassen...dir zuliebe...und auch ein wenig zu meinen Gunsten..." "Sag schon", forderte ich ihn ungehalten auf und konnte mein Misstrauen nicht komplett verbergen. "Ich hoffe nur, du hast ihr nicht wehgetan, denn falls ja, dann-" "Was du immer von mir denkst...tze..." Cari schnalzte mit der Zunge. "Aber wenn ich es mir so recht überlege, hat ihr die Wahrheit ganz offensichtlich schon ein wenig wehgetan...ich habe ihr nämlich mitgeteilt, dass du nicht in der Lage bist, sie zu lieben. Freilich wollte sie sich mit aller Macht an dich klammern und dich nicht gehen lassen, aber da ich solch ein Überzeugungstalent bin..." "Du solltest dich doch nicht einmischen!", keifte ich recht ärgerlich hinter zusammengebissenen Zähnen. "Ich hätte das schon noch geklärt." "Ja, ja, alles klar...aber davon einmal abgesehen: Was hätte ich den machen sollen? Sie belügen? So wie du?" Er lehnte sich zu mir vor und ignorierte mein empörtes Schnauben. "Hör mal, sie hat mich von sich aus angerufen! Sie hat einen Termin bei mir vereinbart! Hätte ich sie abwimmeln sollen? Gott heißt doch auch jedes Schäfchen in seiner Herde willkommen, ganz egal, wer es ist und wie es aussieht. Der Fanclub kann schließlich nie groß genug sein..." Ich sah ein, dass ich an dem Geschehenen nichts mehr ändern konnte, selbst wenn ich es gewollt hätte. Während der Kellner meine Bestellung aufnahm, blieb mir genügend Zeit, um das Ganze zu verdauen. "Und was hast du nun genau mit ihr gemacht?", wollte ich schon ruhiger in Erfahrung bringen. "Ich hoffe, du führst sie nun nicht auch an die Sünderei heran und lässt sie in der Kirche deine Drillinge poppen." "Ach, das würde bei so einer Unschuld wie ihr nicht ziehen", winkte Cari ab. "Nein, ich habe sie nur gefragt, ob sie denn wieder glücklich sein möchte und ihr gesagt, dass du in dem Falle ebenfalls glücklich werden würdest. Natürlich wollte sie das und daraufhin habe ich ihr eben einen hübschen Trank gebraut, der ihre Liebe auflösen würde, und sie hat ihn auch ohne zu Zucken zu sich genommen...auch wenn sie mir hinterher fast auf den Teppich gereihert hätte." "Du Schwein!", rief ich aus und rang schockiert die Hände. "Boah, das arme Mädchen..." "Beruhig dich doch", befahl Cari, der sich von meiner Aufregung nicht aus der Ruhe bringen ließ, sondern besonnen in seiner Tasse herumrührte. "Ich hab ihr kein Sperma gegeben, was glaubst du denn? Sie findet das schließlich nicht geil, im Gegensatz zu dir." "Und aus was hast du da ihren Trank gemixt?  Aus Pisse und Scheiße?" "Sehr witzig." Cari schien vollkommen unberührt von meinen ungezogenen Verdächtigungen. "Es war lediglich ein Gemisch aus Wasser und etwas Spucke. Und trotzdem hätte sie fast gekotzt! Jamie, sag mal, bin ich wirklich so widerwärtig?" Ich verschränkte die Arme vor der Brust. "Ja." "Ach komm, neulich hast du mich sogar mit Zunge geküsst." Ich schwieg daraufhin, machte aber schon bald der Sache Luft, die mich ebenfalls zu beschäftigen begonnen hatte. "Wieso muss ich eigentlich alle möglichen Aufgaben erfüllen, um an meinen Trank zu gelangen und Emelie bekommt ihn sofort zum Mitnehmen?" Er warf mir einen Luftkuss zu. "Weil ich dich lieb hab und dich leiden sehen will." Sein darauffolgendes, kokettes Zwinkern verlieh mir unwillkürlich ganz weiche Knie. "Und, was ist nun mit deiner verirrten Seele? Schenkst du sie mir?" "Mh", brummte ich nur, was ein Ja, aber genauso gut ein Nein sein konnte. Denn ich wusste noch immer nicht, was ich tun sollte. Natürlich tendierte ich schon dazu, mich auf ewig an Cari zu binden, hatte ich doch tatsächlich begonnen, ernsthafte Gefühle für ihn zu entwickeln, und in Anbetracht meiner forcierten Trennung von Emelie standen mir theoretisch alle Türen offen... Nun war mir auch klar, weshalb sie letzte Nacht nicht nach Hause gekommen war. Wahrscheinlich genoss sie ihre Freiheit ganz genauso sehr wie ich es wohl in Zukunft tun würde. Doch würde ich im Gegensatz zu ihr tatsächlich die Ketten sprengen können? Stand hinter mir denn nicht bereits Cari, der mich erneut in ein enges Korsett zu zwängen beabsichtigte? "Babe, ich piss dir in den Kaffee, wenn du mich nicht willst", kommentierte Cari trocken, als ich mich nicht so recht äußern wollte. "Ich sag dir, meine magischen Körperflüssigkeiten sind zu so einigem fähig, von dem du nicht mal etwas ahnst." "Spars dir", knurrte ich und beugte mich zu ihm vor. "Du darfst die Braut nun küssen." "Nichts lieber als das", schmunzelte er, kam mir entgegen und sorgte dafür, dass unsere Lippen sich trafen. Ja, und nun hatte ich mich anscheinend doch entschieden. Und zwar für die Gefangenschaft in meiner Freiheit.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)