Projekt Traumfänger von KleineEidechse ================================================================================ Kapitel 7: Sequenz 007 ---------------------- I am not judgmental A sinner nor a saint Cause either you're my best friend or you ain't … I'm deadly only when I'm getting caught I count down to zero, I'm a soldier without soul …  Kill by any means necessary Win by any means necessary   Leichtfüßig lief Agent C auf die gummierte Schaumstoffbarrikade zu und stieß sich mit einer Hand auf der Kante ab, während sie elegant darüber sprang um dahinter in Deckung zugehen. Ein kurzer Moment reichte ihr um sich zu orientieren und ihr Ziel zu erfassen. Sie feuerte ihre Trainingswaffe, die mit Gummigeschossen geladen mit routinierter Schnelligkeit ab. Ein leises Fluchen sagte ihr, dass sie ihr Ziel getroffen hatte. Er würde neben dem Schmerz, der seinen Oberarm durchjagt hatte auch einen kleinen, blauen Fleck davon tragen, der sich aber durchaus in der Eigenen Welt wieder rückgängig machen lassen würde. Es war nicht die Absicht hinter einer Trainingseinheit den Gegner ernsthaft zu verletzen. Sie wusste, dass er ihre Position jetzt lokalisiert hatte und bewegte sich langsam in der Hocke um die Ecke einer neben ihr stehenden Schaumstoffsäule. Die Waffe immer im Anschlag. An die Wand in ihrem Rücken gepresst wandte sie den Kopf gerade so weit um, dass sie aus den Augenwinkeln das Trainingsgelände überblicken konnte. Erst als sie sich sicher war, keine Bewegung wahrzunehmen änderte sie ihre Position und überbrückte den Abstand zur nächsten Deckung mit einer schnellen Rolle, sodass sie am Ende flach auf dem Boden liegen blieb. C legte die Waffe wieder an und wartete bis sie erneut eine Bewegung zwischen den Schaumstoffblöcken wahrnahm. Ein leises Zischen der Druckluft drang an ihr Ohr als sie den Abzug betätigte. „Miststück.“ Der unterdrückte Fluch ließ ihre Mundwinkel zucken. Treffer. Sie hatte ihren Kameraden am Rücken zwischen den Schulterblättern erwischt, in dem Moment in dem er seine Position gewechselt und damit seine Deckung aufgegeben hatte. Eine schmerzhafte Stelle, aber er würde es überleben. Es war Teil ihrer Ausbildung und Teil ihres Trainings zu lernen mit Schmerz umzugehen und ihn in einem Höchstmaß aushalten zu können. Sie war sich sicher, dass T darin auch geübt war. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Sektion Alptraum das anders handhabte. C rollte sich mit einer geschmeidigen Bewegung in die nächste Deckung und durchwanderte den Raum mit langsamen Schritten. Sie lief barfuss und hatte die Fußgelenke bandagiert. Sollte ihre Munition ausgehen konnte sie immer noch zum Nahkampf übergehen. Das waren die Regeln nach denen die Trainingseinheiten abliefen. Durch ihre kurzen, schwarzen Sportshorts und das ebenso schwarze Tanktop hatte sie maximale Bewegungsfreiheit, lediglich das Tiefziehholster um ihren Oberschenkel störte sie, war aber Vorschrift. Erneut ging sie hinter einem niedrigen Block in Deckung und spähte wieder über die Kante, als es neben ihrem Kopf leise klickte. C wandte den Kopf in die andere Richtung und sah in die Augen ihres Kameraden. Langsam legte sie ihre Waffe beiseite und hob die Hände. Ebenso langsam erhob die sich und ließ ihn dabei nicht aus den Augen, während er seine Waffe auf die gerichtet ließ. Eine ganze Weile lang verharrten sie in ihren Positionen und taxierten sich gegenseitig. Aus der kurzen Distanz wäre sie nicht schnell genug um einer Kugel auszuweichen, die ihren Kopf als Ziel hatte. Sie musste ihn also irgendwie entwaffnen. Agent C wusste, dass er nur auf die kleinste Bewegung ihrerseits wartete. Ihr Körper spannte sich an ohne dabei auch nur ein Muskelzucken zu zeigen. Für den Bruchteil einer Sekunde bewegten sich ihre Finger und der Blick ihres Kameraden huschte zu ihren Händen. Er konnte sie gar nicht vollständig beobachten, wenn er sich auf jedes Detail konzentrieren wollte. C nutzte den Moment in dem sein Blick nicht auf ihrer unteren Körperhälfte lag und trat ihm mit einer schwungvollen Drehung die Waffe aus der Hand. Mit einem Schritt war die Distanz zu ihm überbrückt und sie brachte ihn mit einem weiteren Tritt gegen die Kniekehle dazu einzuknicken. Ihren nächsten Angriff jedoch blockte er geschickt ab und holte zum Gegenangriff aus. Er brachte sie mit einem Stoß durch seinen Handballen gegen ihr Brustbein dazu leicht nach vorne gekrümmt ein paar Schritte rückwärts zu taumeln. T kam auf die Beine und näherte sich ihr mit langsamen vorsichtigen Schritten, den ganzen Körper angespannt, bereit jeder Zeit anzugreifen. C richtete sich wieder auf und ging ebenfalls in Angriffshaltung über. Sie umkreisten einander ein paar Mal, bevor sie zeitgleich aufeinander losgingen und sich gegenseitig in ein schlagkräftiges Duell verwickelten. T gewann irgendwann die Oberhand und schaffte es sie gegen eine der Schaumstoffbarrikaden zu drängen, wo er sie mit einer Hand um den Hals fixierte. Ihre Hände legten sich um sein Handgelenk und sie versuchte sich zu befreien, aber sein Griff war eisern, auch wenn er seine Finger nicht zu fest um ihren Hals geschlossen hatte, sodass sie es schließlich aufgab. Der Soldat fing den Blick der jungen Frau auf und für einen kurzen Moment hatte er das Gefühl, das die weißen Augen, die ihn so kalt und entschlossen fixierten aufleuchteten. Er spürte, dass sie noch nicht bereit war den Kampf aufzugeben. Er hatte sie schon kämpfen sehen, sowohl in der Eigenen Welt, als auch in der Realität, aber es war etwas ganz anderes das auch am eigenen Leib zu spüren zu bekommen. Sie würde niemals klein beigeben, bevor sie nicht einen Sieg errungen hatte. Jeder der Traumfänger war ausgebildet worden mit allen ihm zu Verfügung stehenden Mitteln zu kämpfen, bis das Ziel einer Mission erreicht war. Aber bei der jungen Frau vor ihm hatte er das Gefühl, dass dieser Drang noch stärker war, denn es lag noch weniger Gnade in ihren Angriffen. Er wusste, dass sie ihn auch ohne eine Waffe ernsthaft verletzen konnte. Die Spannung die von ihrem Körper ausging, ließ die Luft um sie herum beinahe vibrieren. Sie war eine tickende Zeitbombe, die jederzeit hochgehen konnte. Die Kampfeslust in ihren Augen verlieh ihm das Gefühl einer großen  Raubkatze an den Hals zu packen und er ahnte, dass ihre Kräfte tödlicher wurden, je mehr man sie in die Enge drängte. Er bemerkte zu spät, dass sich ihre Hände fester um sein Handgelenk geschlossen hatten um ihn als zusätzliche Stütze zu nutzen. Ihr Knie traf seine Rippen mit voller Wucht und während er sich noch wunderte woher sie auf die kurze Schwungdistanz so viel Kraft genommen hatte, drückte es ihm mit einem leisen Aufkeuchen die Luft aus den Lungen. Seine Hand löste sich von ihrem Hals und die junge Frau brachte mit ein paar Schritten Abstand zwischen sich und ihren Kameraden. Sie beobachtete, wie T einen Moment brauchte um sich zu sammeln. Sein Blick fiel dabei auf ihre am Boden liegende Waffe. Während er danach griff, erinnerte sie sich, dass sie seine Schusswaffe in etwa die Richtung getreten hatte, in die sie geflüchtet war. Das Metall rückte in ihr Blickfeld und sie hechtete mit einem großen Sprung darauf zu, rollte sich ab und richtete den Lauf noch auf dem Boden liegend auf ihren Kameraden, der genau das gleiche mit ihrer Waffe tat. Das synchrone Klicken der Abzugshähne war das einzige Geräusch, das noch durch die geräumige Trainingshalle hallte. Wieder hatten sie eine Patt-Situation erreicht. Doch bevor sie in der Lage waren den Konflikt zu klären knackten die Lautsprecher der Halle und die Stimme ihres Vorgesetzten forderte sie zum Abbruch des Trainings auf und wies sie an ihre Ausrüstung anzulegen. Gleichzeitig legten sie die gesicherten Waffen nieder und kamen der Aufforderung nach, bevor sie sich an der Zugangstür der Halle sammelten. Die beiden Agenten nahmen Haltung an und warteten darauf, dass der ältere Mann im Raum erschien. Es dauerte nicht lange, bis sich einer der beiden Türflügel öffnete und ihr Vorgesetzter in der gewohnten, dekorierten Uniform erschien. „Agent C, Agent T, Sie haben genug Kampftraining in der Realität absolviert. Folgen Sie mir. Sie werden jetzt eine Einheit in der Eigenen Welt absolvieren.“    Sie tauchen ein in die trostlose Einöde des Übungstraumes. Es gibt hier nur ein einziges, alles überdeckendes Weiß, keinerlei Schatten, keinen Gegenstand, den das Auge oder der Verstand zu greifen vermag. Ts  Augen verdunkeln sich. Zuviel Zeit hat er schon in dieser ganz speziellen Isolationszelle verbracht. Hier ist das projizieren von Gedanken um einiges schwieriger, als es für Traumfänger eigentlich normal sein sollte. C kennt diese Art von Raum auch, nur nicht aus so negativen Erfahrungen wie ihr Partner. Beide nehmen eine entspannte Grundhaltung an und stehen sich unbewegt gegenüber. C grinst leicht schelmisch: „Bereit wenn du es bist.” „Wie du willst...” Unsichtbare Hände reißen C von ihren Füßen, heben sie hoch und schmettern sie auf den weißen Boden. Sie sprengt mit ihrer Willenskraft eben jene Hände weg, lässt sich einen Kriegshammer aus den Händen wachsen und holt damit nach T aus. Doch dieser ist nicht mehr dort wo er kurz zuvor noch gestanden hatte. Kurz bevor der Hammer aufschlägt verblasste er in der weißen Leere des Raums, indem er selbst diese Farbe annahm. C schlägt noch mehrmals mit der brachialen Waffe um sich, in der Hoffnung ihn zu treffen, doch nur das sausende Geräusch des Hammers ist zu hören. Sie lässt ihn schließlich resigniert verschwinden und fängt an sich besser zu konzentrieren. Die junge Frau spürt die Energie ihres Partners, wie sie ihn umfängt und in Dunkelheit hüllt. Blitzschnell schneidet sie sich mit aus Klingen bestehenden Armen durch ihre nähere Umgebung. Doch die Schwärze bleibt, weicht ihr nicht einmal aus, sondern umgibt die einfach nur kurz wie Rauch. „Nutzlos, denk nach C!” Die Stimme des Traumfängers hallt aus allen Richtungen um sie herum. Die Glocke aus Dunkelheit schließt sich langsam um sie. „Are you ready for some Darkness ?”, fragt T verschmitzt grinsend. Dunkelheit. Nichts als Dunkelheit umgibt sie jetzt. Eine formlose, nicht greifbare, wabernde, schwarze Masse aus Nebel und ihrem Partner. Sie legt die linke Faust in ihre rechte Hand, welche diese umschließt, wobei sie zugleich Zeige- und Mittelfinger ausstreckt, und schießt wahllos auf das wabernde Etwas, das ihr Partner verkörpert. Schallend lachend öffnen sich zehntausend rot und blau leuchtende Augen, die sie aus allen Winkeln fixieren. Ebenfalls mit Augen überzogene Mäuler bilden sich daraus, mit einer malmstromgleichen, kaskadenartigen, unendlich erscheinenden Anordnung von spitzen Zähnen und fangen an, größere Stücke aus ihr zu reißen. Bis ihr Verstand sich kurz unter diesen Schmerzen in Dunkelheit begibt. Sie öffnet die Augen, wieder ist sie in dem Trainingsraum, ihr Herz rasend, die Augen noch unfokussiert und starr. Es war eine durch und durch grässliche Erfahrung für sie. „Sei froh, dass das hier nur der Trainingstraum ist. Für jemand mit einem so hohen Level war das gerade aber nicht sehr gewandt.“, schmeichelt die tiefe, ruhige Stimme von T ihrem Zustand ein wenig spöttisch. Sie schlägt blindlings nach ihm, doch ihre Faust geht ins Nichts. Wieder ein Arm als Klinge, schnell und wendig verteilt sie Angriffe in ihrer Umgebung, schafft sich so einen Freiraum um nachdenken zu können, keinesfalls will sie sich von ihrem Partner so abservieren lassen. T beobachtet grinsend das Ganze aus dem für seine Partnerin unsichtbaren Raum, studierte ihre Bewegungen und schnellt mit zwei Blitzschritten vor. Er gibt ihr einen Klaps auf die rechte Pobacke und entfernt sich geschwind wieder aus ihrer Reichweite. Fast hätte ihre Schneide ihm doch ein Haar abgetrennt! C spürt Wut in sich aufsteigen. So dreist war bislang keiner der Traumfänger mit ihr umgesprungen, geschweige denn, dass es einer gekonnt hätte. Wieder spürt sie einen Klaps, diesmal auf der anderen Seite. „Komm schon!”, bellt es aus allen Richtungen. „Wehr dich! Mach es mir nicht so leicht.” Diesmal piekst er sie sanft in die Seiten, woraufhin sie hoch zuckt und im Reflex ausholt. Ihre Faust landet mitten auf seiner Nase und wirft seinen Kopf nach hinten. Eine leichte Fahne Blut weht durch die Luft. Doch aus seinem Torso wächst, mit gleicher Geschwindigkeit wie sein Haupt sich nach hinten dreht, ein neuer Kopf heraus - Ein mechanisches Puppengesicht mit seinen Zügen. „Hahaha, endlich Spaß!“, entweicht dessen mechanischem Mund schnarrend, während das Puppengesicht zerfliest und sich zu den normalen Gesichtszügen von T wandelt. „Langsam wirst du ja.” Wieder schelmisch grinsend verschwindet er im Weiß des Traums und die von C geworfene Klinge fliegt ins Leere. Sie dreht sich, atmet tief und ruhig. Die Traumfängerin konzentriert sich und fängt langsam an Ts Aura zu spüren. Wieder zu spät, denn er piekst sie erneut in die Seite, doch diesmal landet ihr mit Dornen besetztes Knie, in seiner empfindlichsten Körperstelle. Stöhnend wird T für kurze Zeit sichtbar und verschwindet wieder. C lässt ein Schwert aus ihren Händen wachsen, doch kaum, dass sie in der Verteidigungshaltung steht, streift sie ein Lufthauch und Ts unsichtbare Klinge sorgt dafür, dass ihre in einem hohen Bogen und mit einem metallischen Klirren davon segelt. „Streng dich mehr an, oder willst du von unserem Chef als kampfuntauglich angesehen werden?“ C ändert ihre Strategie, zischt hierhin und dorthin, durchsticht den Raum planlos und gedankenlos so schnell sie kann und zumindest scheint T ihr nicht nachzukommen. Doch plötzlich spürt sie einen stechenden Schmerz an ihrem Hintern. Eines von Ts Mäulern hat sie doch tatsächlich gebissen! Ihrer prompt folgenden Faust weicht T haarscharf mit einem Salto aus, während die andere Hand von C das Maul würgt und abreißt. „Are you ready for some darkness?“, wiederholt er lachend und verschwindet. Sie wird plötzlich zu Boden gerissen, unfähig sich zu bewegen, gefesselt von tausenden unsichtbaren Händen. T taucht, ganz gemütlich aus der Unsichtbarkeit auf, während er auf sie zugeht. Er setzt sich im Schneidersitz vor sie hin, während sie sich wie ein schweißgebadeter, fluchender, zorniger Wurm windet. Trotzdem hat sie keine Chance freizukommen. „Komm schon, du kannst das.”, flüstert er ihr ermutigend zu. Exakt die falschen Worten. Langsam hebt sie mit dunklen, zornig funkelnden Augen den Kopf und taxiert ihn mit einem eisigen Blick. Sein mitleidvolles Grinsen ist zu viel für sie. C begreift in ihrem Zorn den Raum auf einmal ganz anders. Die Hände, die aus einem dunklen, von verblassenden Umrissen durchzogenen Raum heraus halten und zu Boden drücken. Ihre Pfade, die unbeholfen durch den Raum getanzt wurden. Ts schnelle Schritte, die er darin getätigt hat. Unter einer mächtigen Explosion von Willenskraft zerbricht sie ihre Fixierung, springt auf T zu und trifft ihn mit dem Fuß so hart im Gesicht, dass sich sein Kopf und dessen Inhalt in der näheren Umgebung verteilen.  Ts Körper zerfließt und bildet sich in respektvollem Abstand neu. Er verneigt sich förmlich, wobei eine Hand von ihm weg zeigt, die andere auf seinem Bauch liegend und sein inzwischen komplett in unbestimmter Dunkelheit gehaltener Körper sie aus blitzenden Augen fixiert. „Endlich können wir Anfang.”, grollt er durch den Raum. Aus seiner Handfläche erscheint langsam ein relativ dünnes Schwert von in etwa einem Meter Länge. Sie tut es ihm gleich und geht zum Angriff über. „Are you ready for the light?” Die Klingen treffen klirrend aufeinander, sie springen voneinander weg um gleich wieder aufeinander los zu gehen und anzugreifen. Er weicht zurück in den hellen Raum wo sie ihn kurz nicht sehen kann, bis sie ihm nachkommt. Seine Klingenspitze erwischt sie an der Nasenspitze, dafür fängt er sich ihren Knauf in die Seite ein. Sie fangen einen ebenbürtigen Kampf zu führen. Wechseln zwischen Licht und Schatten, umeinander springend, begleitet von dem Surren und Klirren des Stahles. Es ist wie eine Art Tanz, eine Choreografie, wie man sie aus längst vernichteten Filmen über Kampfkunst kennt. Nach einer schier unendlichen Abfolge von Schlägen, Paraden, Kontern, Ausweichmanövern und Angriffen schlagen sie ihre Klingen so hart gegeneinander, dass sie zerbersten. T grinst wild und schnaufend, die ebenfalls außer Atem gekommene C an „Du hast es begriffen. Noch eine Runde?” Ihre sich reformierende Waffe ist ihm Antwort genug.   Kälte zog in ihren Körper ein und sie wurde sich bewusst, dass man sie unvermittelt zurückgerufen hatte. Ihr Blick fiel auf ihren Kameraden, der sich neben ihr aufsetzte und mit dem Handrücken das feine Rinnsal Blut wegwischte, das ihm aus der Nase lief. C erinnerte sich. Ihre Faust hatte ihn dort erwischt. Ihre eigene Hand wanderte zu ihrer Nase und berührte die Stelle, an der ein leichter Schmerz unter der Haut pochte. Auf ihren Fingerspitzen entdeckte sie Blut. Ein feiner Cut, den seine Schwertschneide verursacht hatte. Sie musste neidlos anerkennen, dass er wirklich gut war. Es würde noch ein hartes Stück Training bedeuten, besser zu werden. Ihre Hand ballte sich einen Moment lang zu Faust und ihr Blick verdunkelte sich, während sie kurz die Zähne zusammenbiss und tonlos in sich reinknurrte. Sie war nicht dazu erzogen worden aufzugeben. Ihre Gegner waren zumeist mehr oder weniger ungeübte Kämpfer, aber er hatte die gleiche Ausbildung genossen. Frustriert machte sich die Erkenntnis breit, dass sie bei einem Gegner, der auf dem gleichen Niveau wie ein Traumfänger kämpfte chancenlos war. Das durfte sie nicht zulassen. Es würde die Enttäuschung ihrer Vorgesetzten hervorrufen. Etwas, das sie auf jeden Fall vermeiden musste. Sie kannte die Strafen, die einen dann erwarteten nur zu gut und sie wollte es nicht riskieren eine davon noch einmal über sich ergehen lassen zu müssen. Allein der Gedanke daran jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. T hingegen amüsierte sich über den gelungenen Trainingskampf und erhob sich mit einem leichten Grinsen im Gesicht. Sie war gut, aber sie konnte noch besser werden. Er hatte es sichtlich genossen sie zu reizen und auszutesten, wie weit er gehen konnte und musste. Dennoch war er froh, dass er auf derselben Seite stand, denn zum Feind wollte man vermutlich keinen von ihnen beiden haben. Seine Teamkameradin lernte schnell und irgendwie freute er sich auf kommende Trainingseinheiten mit ihr. C wandte ihm den Blick zu. An das stechende, eisige Weiß hatte er sich mittlerweile gewöhnt, sodass es ihm nicht mehr das Blut in den Adern gefrieren ließ. T liebte den Kampf und genoss es, wenn er sich austoben konnte. Dabei war es gut jemanden zum Gegner zu haben, der einem auch etwas entgegenbringen konnte. Er zwinkerte ihr zu und der kalte Blick der ihn getroffen hatte, flackerte kurz auf, bevor sie irritiert den Kopf abwandte. Die junge Frau wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie hatte es trotz ihres nachträglichen Frustes genossen sich mit ihm zu duellieren, auch wenn sie nicht sicher sagen konnte, woran sie dieses Gefühl festmachen sollte. Man hatte ihr nie etwas über Gefühle oder Emotionen beigebracht. Es war Soldaten und vor allem Traumfängern verboten darüber nachzudenken, geschweige denn sich ihnen zu ergeben. Das hatte man ihr in ihrer Ausbildung immer wieder aufs Neue eingehämmert. Trotzdem erwischte sie sich in letzter Zeit immer öfter, dabei dass Wut und Zorn von ihrer Seele Besitz ergriffen. Sie veränderte sich. So langsam, dass es ihr kaum auffiel, aber dennoch war irgendwas anders seit sie mit T zusammenarbeitete, das spürte sie. Sie begann T zu vertrauen. Zumindest glaubte sie das. Sie konnte sich im Kampf auf ihn verlassen, das hatte er bewiesen. Aber ob das Vertrauen war, wusste sie nicht. Sie empfand seine Gegenwart als angenehm. Zumindest würde sie es so bezeichnen, da es nichts Negatives in ihr auslöste. Sie ahnte, dass es etwas zu bedeuten hatte, aber um es beschreiben zu können fehlten ihr die Worte. Mit einem leichten Kopfschütteln vertrieb sie die seltsamen Gedanken und erhob sich ebenfalls. Gemeinsam verließen sie den Einsatzraum. T folgte ihr zurück zu ihren Stuben und ließ den Blick dabei fest auf ihren Rücken gerichtet. Etwas war anders an ihr. Er ahnte, dass ihr erster Einsatz in der Eigenen Welt damit zu tun hatte. Dennoch waren die Veränderungen nicht deutlich genug, als dass er sie hätte benennen können. Er wusste nur, dass er auf sie aufpassen müssen würde. Damit nicht dasselbe mit ihr geschah, was mit ihm geschehen war. Er war so konzentriert auf sich selber, dass er nicht bemerkte, wie sie an einem der Fenster stehen geblieben war und den Blick irritiert nach draußen gewandt hatte. Trotzdem gelang es ihm seine Bewegungen rechtzeitig zu stoppen, bevor er in sie hineinlief. Er folgte ihrem Blick, der abwesend über die Stadt, die sich am Fuße des hohen Gebäudes ergoss, schweifte. Der Himmel sah aus wie immer. Dichte, graue Wolken hingen so tief über den Dächern, dass man das Gefühl hatte jeden Moment würde sich ein Wolkenbruch daraus ergießen. Aber der Regen würde nicht kommen. Es fielen nie Wassertropfen aus dem Himmel. Der Himmel war kaputt, genau wie die Wolken, die darüber zogen. Diese ganze Welt war kaputt, das wusste er.  Irgendwann blieb ihr Blick an einem Punkt irgendwo in der Ferne hängen, doch er konnte nicht erkennen, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Eine Weile versuchte Agent T es, bevor er dazu überging die junge Frau vor sich zu beobachten. Ihre Augen wirkten etwas trüb auf ihn und der konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob sie nicht sogar in der Eigenen Welt verweilte. Sie hob ihre Hand und legte sie auf die Scheibe. „Ein Sturm zieht auf.“ Ihre Stimme war so leise, dass sie kaum an seine Ohren drang. Dennoch verstand er jedes Wort. Wieder wandte er den Blick auf den Horizont, doch er konnte beim besten Willen nicht erkennen, woraus sie das schloss. Bis er spürte, wie ihre Hand nach der seinen griff und ein Ruck durch seinen Körper ging. Seine Sicht auf die Welt veränderte sich und er sah die Eigene Welt auf die Realität projiziert und jetzt erkannte er, wovon sie sprach. Vor der Schwärze des Firmamentes formten sich langsam glutrote Wolken am Horizont, die sich auftürmten und stetig näher zu kommen schienen ohne sich dabei jedoch vorwärts zu bewegen. „Siehst du es auch?“ Dumpf drang ihre Stimme an seine Ohren und er nickte. „Ja, ich kann es sehen.“, antwortete er ohne wirklich darüber nach zudenken. Er wandte den Kopf nicht zu ihr, einerseits gefesselt von dem Anblick außerhalb der Scheibe, andererseits, weil ihn das, was er sehen würde ihn verunsicherte. Er spürte ihre Hand in seiner und sie fühlte sich viel zu klein und zart an. Er war sich sicher, dass sollte er den Blick auf seine Kameradin lenken dort nicht die junge Frau in Uniform stand, sondern ein kleines Mädchen in einem weißen Kleid. Innerhalb eines Augenblicks normalisierte sich seine Sicht auf die Welt, als sich ihre Finger von den seinen gelöst hatten. Ihr Blick wandte sich vom Fenster ab und sie setzte ihren Weg auf die Stube fort, als wäre nichts weiter gewesen. Er folgte ihr schweigend. Das leichte Kribbeln in seinen Fingerspitzen versuchte er zu ignorieren. Der nächste Einsatz würde sicher nicht lange auf sich warten lassen und die Trainingseinheit war anstrengend gewesen. Eine Regenerationspause würde ihnen beiden gut tun. T verabschiedete sich knapp von seiner Kameradin, bevor er sich alleine auf den Weg in seine eigene Stube machte. Fasziniert beobachtete der Mann im eleganten Anzug die Projektion zweier kämpfender Menschen vor sich. Er konnte keine Gesichter erkennen, aber er wusste nur zu gut um wen es sich handelte. Seine Augen waren fest auf die zierlichere der beiden projizierten Gestalten gerichtet und sein Herz schlug ungewollt eine Spur schneller. Ihre geschmeidigen Bewegungen zogen ihn in ihren Bann. Er wollte sie haben. Wünschte sich so sehr, dass die Zeit endlich reif sein würde und er sie in seinen Armen halten konnte. Aber er musste sich gedulden. Sie würde nicht zu ihm kommen, wenn er es zu eilig hatte und überstürzt handelte. „Geduld, mein Sohn, ist eine Tugend, die nur wenige besitzen. Sie zu erlangen ist schwer. Es verlangt einem viel an Selbstdisziplin ab, aber wenn man die Lernphase erst gemeistert hat, ist der Lohn nur umso süßer. “ Der Mann hob den Blick und sah in das flirrende Licht vor sich, dort wo er das Gesicht vermutete. Wieder einmal schien die Lichtgestalt in ihm gelesen zu haben wie in einem Buch. „Ja Vater, ich weiß. Es ist eine Prüfung die mir auferlegt wurde und die ich bestehen muss um an mein Ziel zu gelangen.“, erwiderte er. „Und du wirst sie meistern mein Sohn. Die Weichen dafür sind gestellt.“ Die hallende, formlose Stimme des Vaters, die nicht männlich und nicht weiblich, nicht menschlich und nicht tierisch, nicht natürlich und nicht künstlich war löste ein warmes Gefühl in ihm aus, das ihn irgendwie beruhigte. Seine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf die beiden Figuren, von denen die Kleinere gerade auf einen imaginären Boden stürzte. Die andere Figur kam auf sie zu und reichte ihr die Hand um ihr wieder auf die Beine zu helfen. Zweifel stiegen in dem Mann auf. Würde sie wirklich so einfach zu ihm kommen? Was war, wenn er ihr wirklich folgen würde? Er musste es mit allen Mitteln verhindern. Energisch schüttelte er den Kopf. Er durfte sich nicht von Zweifeln zerfressen lassen. Er musste an das glauben was der Vater ihm sagte und an den Erfolg. Er atmete tief ein und konzentrierte den Blick erneut auf die zierliche Figur die mit geschmeidigen Bewegungen den imaginären Raum durchquerte.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)