Die Suche nach dem Eiskristall von Salome_chan (Weihnachtsgeschichte 2014) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war einmal, vor langer Zeit an einem fremden Ort, dass der Himmel dort vergaß zu schneien. Der Himmel vergaß es ein Jahr, ein weiteres und ein weiteres und irgendwann vergaßen es selbst die Wesen, die unter diesem ewig grauem Himmel lebten. Nur manchmal in einer besonderen Nacht des Jahres pflegten sie sich die alten Geschichten über jenes weiße, wundersame kristallne Geschenk der grauen Wolken zu erzählen. Einer der Jungen aus dem Clan des Dachses war von diesen Geschichten stets aufs Neue fasziniert, wenngleich er erst zwei Winter alt war. Dieser Dachs war später im Jahr geboren worden als die übrigen und so schien sein Fell heller und weicher, geradezu wie jener geheimnisvolle Himmelssegen aus den Erzählungen der Alten, deren Fell von der Zeit so grau ward wie der Himmel selbst. Als er nun die Geschichten über den Schnee zum dritten Mal hörte, fasste er einen Entschluss. Der kleine Dachs wollte diese winzigen Kristalle selbst sehen. Und so schlich er sich, als die Nacht hereinbrach im Licht des vollen Mondes davon, fort von der Lichtung, dem Wald, dem Tal. Er lief die ganze Nacht hindurch, bis er an einen großen See kam. Dort legte er sich erschöpft ins hohe Schilf und schlief ein. Ein melodisches Gequake weckte ihn wieder. Vor dem Dachs saß ein adretter Frosch der ihn sorgfältig musterte. »Kleiner weißer Pelz, was machst du hier am Großen See?« »Ich bin auf der Suche nach dem Eiskristall, der vom Himmel fällt.« »Du hast wohl zu lange den Geschichten gelauscht. Lauf und sieh zu, dass du wieder nach Hause kommst! Es ist kalt am See und kälter noch auf dem Berg.« »Auf dem Berg dort ist es kälter? Dann muss ich dorthin. Ich danke dir, Frosch!« »Bleib und lauf nicht in das Reich des Eises! Dort kann dich auch dein Fell nicht wärmen!« »Ich muss die Eiskristalle wieder finden, Meister Frosch, bald komme ich wieder und zeige ihn dir!« Der kleine Dachs mit dem weißen Pelz lief fort vom See, fort vom Tal, dem Berg entgegen. Immer größer wurde der Berg, je kleiner der Mond wurde. Als der Mond sich ganz verbarg, fand sich der Dachs am Fuße des Berges wieder. Grau und kalt ragte der Fels aus der gefrorenen Erde empor. Ein grau gefiederter großer Vogel flog zu dem kleinen Dachs herab, der die ganze Nacht grübelnd den Fels und die Sterne darüber betrachtet hatte. »Ich bin der König dieser Lüfte, was sitzt du hier die ganze Nacht und grübelt bis es Morgen wird?« »Ich bin der kleine Dachs mit dem weißen Pelz und ich bin auf der Suche nach den Eiskristallen, die vom Himmel fallen.« »Wenn du den Schnee suchst, darfst du nicht grübeln und auf der Erde bleiben, du musst hoch hinaus und die Welt von oben sehen.« »Leider bin ich nicht mit solch mächtigen Schwingen ausgestattet wir Ihr, König dieser Lüfte.« »So mag ich dir kleinem Dachs ein Geschenk machen und dich hinauf fliegen zum steilen Pass auf der halben Höhe des Berges, wenn du versprichst, wiederzukehren und mir den Eiskristall zu zeigen.« »Ich verspreche es, seid unbesorgt.« Der Adler schüttelte seine mächtigen Schwingen, schlang seine Krallen um den kleinen Dachs und flog mit ihm hinauf, dem Dach der Welt entgegen. Er trug ihn so hoch es seine Kräfte gestatteten, auf den schmalen Pass der das Gebirge mit dem Tal verband, dem der Dachs entstammte. Ein schmaler Pfad führte von dort in die steinige Welt der grauen Berge. Lange schon war der Mond wieder rund und voll gewesen, lange schon war er wieder hinter den Bergen verschwunden geblieben und lange war er erneut in seiner ganzen Pracht am Himmel zu sehen gewesen, als der kleine weiße Dachs an eine Weggabelung kam. Zwischen den Wegen saß eine Katze, groß wie der Dachs sie nie zuvor gesehen hatte und weiß wie die Wolken im Sommer. »Kleiner weißer Pelz, was suchst du hier auf dem Dach der Welt?« »Den Eiskristall der vom Himmel fällt.« »Du musst einen weiten Weg gekommen sein und vieles gesehen haben.« »Das mag wohl so sein.« »Komm und setze dich zu mir, erzähl von deiner Reise und ich werde dir helfen.« Der Dachs setzte sich und begann von seinem Weg zu erzählen, erst von seiner Höhle, den Geschichten der anderen Tiere, seinem Entschluss und dem Weg, dem Frosch und dem Adler. Er erzählte alles sehr genau und so brauchte er eine ganze Weile, während ihm auch die weiße Katze immer wieder Geschichten erzählte, da sie fand, dass sich das so gehöre. Er lauschte also dem feinen Singsang ihrer Stimme und sann über ihre Rätsel nach, während sie seiner ruhigen Stimme zuhörte, und vom Tal erfuhr, das dort jenseits der Berge lag. Viel Zeit war vergangen, seit der weiße Dachs zu der Weggabelung gekommen war. Doch eines Tages kam des rechten Weges eine Gestalt einher. Groß war sie, mit wehendem Haar und einem Kleid gewoben aus Sternenlicht. »Dort ist sie, die Schneekönigin«, sprach die Katze zum Dachs gewandt. »Ich grüße dich, weißer Pelz. Der Wind hat mir gewispert, dass du auf der Suche nach mir seist« »Es scheint so. Ich suche nach dem Schneekristall um ihn zurück in mein Tal zu bringen.« »Weise mir den Weg! Ich werde dir dorthin folgen und ebenso der Schnee.« Als die beiden nun auf dem schmalen Pass standen - sie kamen so schnell voran wie sonst nur der Wind - flog der Adler zu ihnen. In diesem Moment brachen die matten Sonnenstrahlen durch die grauen Wolken hindurch und vom Himmel fielen abertausende tanzende winzige Kristalle von Eis. Weiter reisten sie zum großen See und auch dort begann es zu schneien. Der Dachs konnte seinen Blick kaum vom Himmel abwenden, dass es ihm ganz die Schnauze verschneite und er nun wahrlich weiß wurde. Einem Schleier gleich waren sie umgeben von unzähligen winzigen Eiskristallen als sie die Lichtung im Wald erreichten. Es war der Tag im Jahr, an dem sich die Tiere dort die Geschichten über den grauen Himmel zu erzählen pflegten. »Seht dort, der kleine weiße Pelz! Und wie groß er doch geworden ist!«, echoten die Raben in den hohen Tannen, als sie ihn erblickten. »Meine Freunde, ich bringe euch einen Gast: die Eiskönigin und sie selbst bringt uns den sehnlichst erwarteten Schnee«, sprach der weiße Dachs zu allen die sich auf der Lichtung versammelt hatten. »Von nun an, liebe Bewohner des Tals, werde ich euch jedes Jahr um diese Zeit besuchen und euch Eiskristalle aus den Bergen und Geschichten aus dem weiten Land bringen.« fügte die Eiskönigin lächelnd hinzu. Gespannt lauschten auch die Tiere nun den Erzählungen der beiden und der Dachs, der nun so weise schien und so viel gesehen hatte, wurde von allen insgeheim ein wenig bewundert, während sanft der Schnee das Tal umhüllte. 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