Allein von G-w-e-n ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Wir traten gemeinsam auf die Lichtung. Ich sog den Duft des Waldes ein. Es waren die ersten Tage der Blattgrüne und der betörende Duft des Holunders, der hier wuchs, lag in der Luft. Während ich noch die Sonne genoss, kletterte Eichenfell bereits auf einen der Büsche. "He, Blütenschweif! Kommst du auch hoch?" Ich blinzelte weiter in die Sonne. "Ach was, ist es da oben etwa sonniger als hier?" "Du traust dich doch nur nicht!" Ich raste zum Busch und sprang auf den Zweigen nach oben. "Wer traut sich hier nicht!", miaute ich triumphierend, doch da warf sich Eichenfell von hinten gegen mich und wir plumpsten zusammen ins Gras. Fchch, das musste ich Eichenfell heimzahlen. Ich rollte mich in den Schutz der Blätter, um nacheiner Weile herauszuspringen und ihn zu erschrecken. Doch Eichenfell schien die gleiche Idee gehabt zu haben, denn er war nirgendwo zu sehen. "Wir spielen verstecken? OK, ich finde dich schon!" Ich öffnete das Maul, um Eichenfells Geruch zu entdecken, doch zu meiner Überraschung führte seine Duftspur von der Lichtung weg! Ich folgte der Spur bis zu einem Zweibeinerweg, als ich plötzlich einen Zweibeiner mit einem Hund roch. Mit einem entsetzten Jaulen raste ich zu einem Baum und schaffte es gerade noch aus der Reichweite des Hundes auf einen Ast, als er nach mir schnappte. Eine Weile kläffte der Hund noch herum, bis ihn schließlich der Zweibeiner fortzerrte. Als die Geräusche der beiden verklangen, kletterte ich herunter und sog prüfend die Luft ein, doch Eichenfells Duftspur war nicht mehr zu erkennen, der Duft von Hund und Zweibeiner überlagerte alles. Dann viel mir ein, dass weiter ostwärts der Bach war und dass sich Eichenfell beim Warten vielleicht einen Fisch gönnte, das Wasser stand zur Zeit der Blattgrüne niedrig. Also machte ich mich auf und mied so viele Zweibeinerwege wie möglich. Ich kam bald beim Bach an und war so durstig, dass ich gleich einige Schlucke trank. Zudem stiegen mir die verlockenden Gerüche von Maus und Eichhörnchen in die Nase. "Nein, erst muss ich Eichenfell finden," sagte ich bestimmt. Plötzlich hörte ich ein angsterfülltes Jaulen und das Geräusch des Monsters, dass sich auf zwei Stöcken bewegt. Ich rannte in die Richtung, aus der es kam, in der irrsinnigen Hoffnung, Eichenfell sei in Sicherheit. Als ich näher kam, roch ich den süßlichen, schweren Duft, der in der Luft lag: Blut. Dann sah ich es, das braun-schwarz getigerte Fell, mit rotem Blut befleckt. Eichenfells Kopf war unversehrt geblieben und zwischen seinen war noch eine Maus, die er mir wohl hatte bringen wollen. Wie eine Kralle gruben sich Trauer und Einsamkeit in mein Herz. Ein schmerzerfülltes Miauen drang aus meiner Kehle. Ich war allein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)