Ein einfaches Ende von GotoAyumu (Yamato Ishida x Taichi Yagami) ================================================================================ Kapitel 10: ------------ Schläfrig drücke ich das Kissen dichter an meinen Körper. Inzwischen ist Taichis Geruch vollständig verschwunden. Ich presse mein Gesicht stärker in den Stoff. Nichts. „Versuchst du es dieses Mal mit Ersticken? So funktioniert das nicht.“ Erschreckt zucke ich zusammen und schaue in die Richtung, aus der die Stimme kam. „Tai?“, flüstere ich ungläubig, während ich mich aufsetze. Dieser legt den Pullover, den er gerade aus seiner Reisetasche holte, aus der Hand, kommt auf mich zu und nimmt neben mir auf dem Bett Platz. Seine schönen braunen Augen fixieren mich mit einem ernsten Ausdruck. Liebvoll streicht er eine Strähne hinter mein Ohr, dann haucht er einen Kuss auf meine Lippen. Als er mich wieder ansieht, ist sein Blick starr. Mit seiner Hand gleitet er sanft über meine Wange, hinab zu meinem Hals und drückt unvermittelt zu. Reflexartig ergreife ich sein Handgelenk, dessen ungeachtet zwingt Taichi mich in eine liegende Position. Voller Verachtung schaut er auf mich herab. „Hure bleibt eben doch Hure. Ich hoffte, unsere zeitweilige Trennung würde eine Veränderung in dir hervorrufen, in deinem Denken, in deinem Verhalten. Aber du bist einfach nur triebgesteuert.“ „Tai... was...“ Der Druck auf meinen Kehlkopf ist schmerzhaft und erschwert mir das Sprechen. Ebenso wird das Rauschen in meinen Ohren allmählich unangenehmer. „Du stinkst wieder nach einem anderen Typen, wenn auch diesmal nur dezent.“ Es fällt mir schwer, die Worte meines Freundes zu erfassen und deren Bedeutung zu verstehen. Shota. Er muss Shotas Geruch meinen. „Ich... habe mit... niemandem geschlafen“, beteuere ich mit schwacher, kratziger Stimme. „Elender Lügner!“ Tai verstärkt seinen Druck. Meine Sicht trübt sich, benommen schließe ich meine Augen. Die Anspannung meines Körpers lässt allmählich nach. „Bitte... glaube mir...“, gebe ich kaum hörbar von mir. Tränen laufen seitlich mein Gesicht hinab. Kurz bevor ich das Bewusstsein verliere, gibt Taichi mich unerwartet frei. Krampfartig hustend drehe ich mich auf die Seite und krümme mich zusammen. Ich spüre, wie Tai beruhigend über meinen Kopf streichelt. „Armer Yamato. Du wirkst gerade unglaublich unschuldig und hilflos, dabei bist du doch so verdorben“, säuselt mein Freund in seinem Wahnsinn, der mich gleichermaßen erschreckt wie erregt. Mit seiner Hand gleitet er unter mein Hemd, streicht sinnlich über meinen Brustkorb. Aufgewühlt schlägt mein Herz schneller, mein Körper reagiert empfindlicher als sonst auf seine Berührungen. Hitze steigt in mir auf und ich kann ein leises Stöhnen nicht unterdrücken, als Tai zwischen meine Beine greift. „Ziemlich hart, wenn man bedenkt, dass ich dich bisher kaum angefasst habe. Entweder du bist sexbesessener, als ich dachte, oder du sagst ausnahmsweise die Wahrheit und bist länger nicht gefickt worden. Schade, eigentlich wollte ich es dir jetzt so richtig besorgen, doch wahrscheinlich würde ich damit genau das tun, was du möchtest. Allerdings bin nicht ich dein Spielzeug, sondern du meines. Wenn du also Erleichterung möchtest, mach es dir selbst. In meinem Beisein.“ Taichi lacht. Seine herablassende Art macht mich wütend. „Ich habe kein Problem damit, mich vor deinen Augen selbst zu befriedigen. Akito verlangte das auch von mir, ebenso einige Freier.“ Brutal drückt mein Freund mir von hinten mit seinem Unterarm die Luft ab. „Du provozierst mich? Dann verrate ich dir jetzt ein Geheimnis, mein Liebling.“ Mit seiner freien Hand streichelt er liebevoll über meine Wange, ohne den leichten Druck auf meine Kehle zu vermindern. „Akitos Selbstmord war keine Kurzschlussreaktion. Ich wusste lange vorher, dass es passieren würde“, flüstert Tai überlegen in mein Ohr. Ein kalter Schauer durchfährt meinen Körper. „Was?“, hauche ich ungläubig. Die Worte meines Freundes lösen eine schmerzhafte Taubheit in mir aus. „Erinnerst du dich? Kurz vor unserer Trennung damals suchte er mich auf. Ich erzählte dir davon.“ „Ja, du meintest, er hätte dir mit Konsequenzen gedroht, falls du dich nicht von mir trennst. War das gelogen?“ „Nein, ich verschwieg dir nur ein paar Details. Zu der Zeit hatte ich bereits den Entschluss gefasst, einen stationären Entzug zu machen. Die Notwendigkeit einer temporären Trennung hättest du mit Sicherheit nicht verstanden, weshalb ich einen Weg finden musste, dich auf Abstand zu halten. Ich musste mein Leben wieder in den Griff bekommen, mich selbst schützen. Auch vor dir.“ Auf erregende Weise berührt er die Innenseite meines Oberschenkels. Taichi genießt die Situation. Seine Macht über mich. „Dein kleiner Hurensohn machte im richtigen Moment seine Besitzansprüche an dir geltend. Somit erzählte ich ihm von meiner etwa dreimonatigen Abwesenheit und unterbreitete ihm einen Vorschlag.“ Seine Hand gleitet erneut zwischen meine Beine. Schwerfällig atme ich aus. „Ich beende die Beziehung zu dir, dafür passt er auf dich auf. Allerdings war der Gedanke, dass er dich als dein fester Freund vögelt, kaum zu ertragen. Aber ich sah eine Möglichkeit, ihn loszuwerden. Ich wusste, dass du dich jederzeit für mich entscheidest, also gab ich ihm die vermeintliche Chance, dich für sich zu gewinnen. Falls er es jedoch in den drei Monaten nicht schaffen sollte, müsste er endgültig aus deinem Leben verschwinden.“ Taichi haucht einen Kuss auf meine Wange. „Zugegeben, Akito war intelligenter, als ich dachte. Er wusste sofort, worauf ich hinaus will. Ich unterschätzte seine Gefühle für dich, denn er akzeptierte seinen Selbstmord ohne Weiteres. Genau genommen bist du somit für seinen Tod verantwortlich.“ Reglos liege ich in den Armen meines Freundes. Tränen brennen in meinen Augen, die ich krampfhaft zu unterdrücken versuche. Ein ungutes Gefühl beschleicht mich und ich hoffe, dass sich meine Befürchtung nicht bewahrheitet. „Du wusstest von Akitos Maske anderen Menschen gegenüber und dass er eigentlich labil, sogar suizidal ist, oder?“ „Ja, ich wusste es und machte mir seine Schwäche zunutze. Welch Ironie, dass gerade du sein wunder Punkt warst.“ „Deine Forderung war wirklich ernst gemeint“, stelle ich bitter fest. „Du wolltest tatsächlich, dass er sich tötet. Verdammt, Taichi! Warum gehst du so weit?“ „Dieser kleine Schwanzlutscher hat meinen Freund gevögelt und mein Eigentum beschädigt. Er musste ein für alle Mal aus deinem Leben verschwinden. Ich hatte dich oft genug gewarnt, Yamato. Du bist selbst schuld, dass ich mich gezwungen sah, zu handeln. Also überlege dir gut, ob du Reiji oder diesen perversen Kinderficker, bei dem ich mir sicher bin, dass du noch Kontakt zu ihm hast, ebenfalls auf tragische Weise verlieren willst oder ob eine Trennung nicht die bessere Alternative wäre. Es liegt bei dir.“ Voller Entsetzen löse ich mich aus der Umarmung, richte mich auf und starre meinen Freund fassungslos an. Seine Augen sind kalt und seine Mimik ausdruckslos. Verbal erreiche ich Taichi in diesem Zustand nicht, nonverbal werde ich ihn jedoch erst recht nicht in seine Schranken weisen können, da ich ihm in meiner momentanen körperlichen Verfassung, vor allem aufgrund des Gewichtsverlusts, deutlich unterlegen bin. „Warum bist du nicht bei meinem Vater?“, frage ich mit belegter Stimme. „Ich lasse dich nicht länger allein. Zudem möchte ich die Krankschreibung nicht noch einmal verlängern und wieder arbeiten gehen.“ Ich bin skeptisch bezüglich dieses Vorhabens und fürchte einen baldigen Rückfall, schweige jedoch. Einer weiteren Diskussion gehe ich im Augenblick lieber aus dem Weg. „Tut mir leid, aber ich werde nicht bleiben. Ich wollte nur einige Sachen holen. Ohnehin bin ich schon viel zu lange hier.“ Als ich mich erhebe, hält Tai mich am Handgelenk fest und steht ebenfalls auf. Dicht vor mir bleibt er stehen. Mit seiner freien Hand packt er grob meinen Nacken. „Du legst es darauf an? Also gut, zu wem gehst du?“ Der Griff um mein Handgelenk wird schmerzhaft. „Zu Shinya“, antworte ich ehrlich. Es hätte keinen Sinn, zu lügen. „Derzeit sollte er nicht allein sein.“ „Geh“, antwortet mein Gegenüber unerwartet. Skeptisch betrachte ich ihn. „Ich begleite dich.“ „Vergiss es. Deine Vorwürfe und Drohungen sind das Letzte, was er momentan braucht.“ Indem Taichi den Griff um mein Handgelenk noch einmal verstärkt, unterstreicht er, dass er keine Widerworte duldet. „Wir fahren mit dem Auto. Du beschreibst mir den Weg“, befiehlt er wie selbstverständlich. Schweigend schaue ich zu Boden. Warum gewähre ich meinem Freund, mir seinen Willen aufzuzwingen? Ich unternehme nicht einmal ernsthaft den Versuch, ihm Einhalt zu gebieten. Mein Herz schlägt schnell bei dem Gedanken an ein mögliches Aufeinandertreffen, welches eigentlich nie stattfinden dürfte, erst recht, da ich die Folgen nicht abschätzen kann. Shinya ist nur noch ein Schatten seiner selbst und Tai ein unberechenbarer Psychopath. „Bitte versprich mir, Shinya weder verbal noch körperlich anzugreifen.“ „Warum sollte ich dir diesen Gefallen tun?“ „Bitte Taichi“, flehe ich beinahe. Meine Unterwürfigkeit widert mich an. „Ich verspreche dir nichts. Aber ich bemühe mich, lediglich zu reagieren. Es hängt somit vom Verhalten deines Freiers ab. Mehr werde ich dir allerdings nicht entgegenkommen.“ Die Bemerkung, Shinya sei nicht mehr mein Freier, schlucke ich hinunter, um meinen Freund nicht unnötig zu reizen. „Taichi.“ Mit gemischten Gefühlen betrachte ich das Gesicht des Menschen, den ich liebe. „Du bist kalt und skrupellos geworden.“ „Das ist dein Verdienst, Yamato. Kommst du damit nicht klar?“ „Doch. Kommst du mit den sich daraus ergebenden Reaktionen und Konsequenzen klar?“ Tai ignoriert meine Aussage, stattdessen deutet er auf meine Tasche, die gepackt neben dem Bett steht. „Wohnst du zur Zeit bei diesem Typ?“ „Ja. Und bevor du wieder obszöne und beleidigende Bemerkungen von dir gibst... ja, ich schlafe auch mit ihm. Ich bin nun einmal nichts weiter als eine billige Hure, die für jeden die Beine breit macht.“ Ohne eine Gefühlsregung zu zeigen, fährt mein Freund mit seinen Fingern durch meine Haare. Anschließend küsst er mich. Zunächst verhalten, dann leidenschaftlicher, fordernder. Ich schließe meine Augen, lasse mich widerstandslose auf das Zungenspiel ein. Der vertraute Geschmack und Tais Geruch vernebeln meinen Verstand. Einmal mehr wird mir bewusst, wie sehr ich diesen Mann liebe, wie sehr ich ihn begehre und dass ich nur seinetwegen, aber auch für ihn, noch am Leben bin. Erhitzt lösen wir uns voneinander und schauen uns schweigend in die Augen. Bevor ich mich ganz darin verliere, trete ich einen Schritt zurück und unterbreche den Blickkontakt, indem ich meinen Kopf senke. „Wir sollten uns auf den Weg machen.“ Meine Worte gleichen eher einer Bitte als einer Aufforderung. „Wenn es das ist, was du jetzt möchtest...“, entgegnet Taichi nüchtern, geht in den Flur und zieht seine Jacke sowie Schuhe an. Nach kurzem Zögern folge ich ihm. „Die brauchst du nicht“, meint er bestimmt, nimmt mir die Tasche mit meinen Sachen aus der Hand und stellt sie neben sich ab. Seufzend füge ich mich und wir verlassen schweigend die Wohnung. Auch im Auto sprechen wir, abgesehen von der Wegbeschreibung, nicht miteinander. Erst als ich die Tür zu Shinyas Wohnung öffne, durchbricht mein Freund die unangenehme Stille zwischen uns. „Er hat dir sogar einen Schlüssel für seine Wohnung anvertraut?“ „Na ja, momentan ist das mein Zuhause.“ Im Augenwinkel sehe ich, dass sich Tais Miene bei meinen Worten verfinstert. Ich ignoriere seine Reaktion und auch er sagt nichts, sondern folgt mir in den Flur. „Er scheint zu schlafen“, schließe ich aus der vorherrschenden Stille. Die Befürchtung, Shinya könnte sich wieder zugedröhnt haben, schiebe ich beunruhigt beiseite. Wir entledigen uns unserer Schuhe und Jacken, dann gehe ich voran in Richtung Schlafzimmer. Als ich am Wohnzimmer vorbeigehe, werfe ich einen flüchtigen Blick hinein. Wie erstarrt bleibe ich stehen. Auf dem Tisch stehen zwei Whiskeyflaschen, eine davon ist vollständig geleert, in der anderen befinden sich nur noch wenige Schlucke des hochprozentigen Alkohols. Daneben liegen einige Blisterverpackungen, zum Teil leer, die Art des Medikaments erkenne ich auf die Entfernung jedoch nicht. Angsterfüllt registriere ich Shinya, der leblos, mit geschlossenen Augen auf dem Sofa liegt. „Verdammt!“ Schnellen Schrittes laufe ich zu ihm und stelle erleichtert fest, dass er noch atmet. Ich nehme eines der Blister vom Tisch. Schlaftabletten. Eine offensichtliche Überdosierung kombiniert mit Alkohol... Absicht? Wollte er sich töten? Dagegen sprechen Shinyas Kenntnisse solche Substanzen betreffend. Die Menge, die er zu sich nahm, ist nicht ausreichend, zudem wären andere Drogen eine bessere und effektivere Wahl. Diese Handlung ist für ihn untypisch irrational. Vermutlich war die Überdosierung ein Versehen beziehungsweise eine Kurzschlussreaktion resultierend aus seiner Verzweiflung. Vielleicht wollte er einfach nur schlafen, endlich schlafen können, nachdem er in den letzten Nächten meistens wach lag und auch tagsüber nicht zur Ruhe kam. Ich verstehe Shinya, greife ich doch selbst oft genug zu solchen Mitteln, aber meine Angst um ihn überwiegt. Möglicherweise unterschätze ich die Gefahr. Mein Blick richtet sich auf meinen Freund, der abwartend am Türrahmen lehnt. „Tai, ruf bitte den Notarzt. Das Telefon steht im Flur.“ Dieser bleibt bewegungslos, fixiert mich weiterhin mit seinen Augen. „Verdammt, worauf wartest du? Oder kannst du mit Sicherheit sagen, dass keine Gefahr besteht? Ich kann es nicht einschätzen. Die Menge der Tabletten allein wäre nicht ausreichend, aber wie viel Alkohol er zu sich nahm, ist uns nicht bekannt, somit... ach, vergiss es.“ Taichis unbeteiligtes Verhalten macht mich wütend und die Angst um Shinya wird übermächtig. Kurz überprüfe ich dessen Puls, dann versuche ich selbst zum Telefon zu gelangen, werde von meinem Freund jedoch am Arm festgehalten. „Du bleibst hier“, befiehlt er kalt. Ungläubig starre ich ihn an. „Was?“ „Du wirst ihm nicht helfen. Sollte er sterben, tut er mir den Gefallen, nicht selbst aktiv werden zu müssen. Du packst jetzt deine Sachen zusammen und wir verschwinden von hier.“ „Lass mich los! Wage es noch einmal, mir Gefühllosigkeit vorzuwerfen. Du bist nichts weiter als ein kranker Psychopath!“ Ich befreie mich aus seinem Griff, woraufhin er mir sofort den Weg versperrt. Ein Lächeln umspielt seine Lippen. „Glaubst du wirklich, ich rette das Leben dieses Kinderfickers? Damit er weiter meinen Freund vögeln kann? Er tut nicht nur mir, sondern der Welt einen Gefallen, wenn er elendig verreckt.“ Unwillkürlich muss ich an Shota denken. „Sollte er überleben und bleibende Schäden zurückbehalten, die zur Folge haben, dass zwischen euch nichts mehr läuft, könnte ich mich auch damit zufrieden geben.“ Mit Tränen in den Augen nehme ich Abstand von meinem Freund. „Verstehe.“ Ich gehe zu meinem einstigen Freier zurück. Noch einmal überprüfe ich seine Vitalfunktionen, anschließend ziehe ich mein Portemonnaie aus der Hosentasche und entnehme die Rasierklinge, die ich für den Notfall immer darin aufbewahre. Das Portemonnaie lasse ich achtlos fallen, die Rasierklinge drücke ich längs auf die Innenseite meines linken Handgelenks. „Wenn ich mir die Pulsadern aufschneide, rufst du dann den Notarzt? Oder lässt du mich verbluten, weil es für dich und die Welt ebenfalls besser wäre, wenn ich elendig verrecke? Ich biete dir Shinyas Tod für meinen Tod.“ Tais Lächeln schwindet einem ernsten Gesichtsausdruck. Seine Augen spiegeln noch immer Wahnsinn und Unberechenbarkeit wider. Hat diese Seite von ihm inzwischen die Oberhand gewonnen? „Du wirst dein Verhalten bereuen, mein Liebling.“ Seine Stimme ist ruhig, bedrohlich. Er wendet sich ab und geht in den Flur. Gleich darauf höre ich, wie er dem Notarzt am Telefon Shinyas Zustand schildert. Es ist dunkel im Zimmer, lediglich das Licht einer Straßenlaterne scheint durch das Fenster. Ich liege im Bett, an Schlaf ist jedoch nicht zu denken. Zu viele Gedanken schwirren durch meinen Kopf und halten mich wach. Zu viele Gefühle lassen mich nicht zur Ruhe kommen. Taichi liegt neben mir, aber ob er ebenfalls wach ist, vermag ich nicht zu sagen. Bei Shinya hingegen weiß ich es immer, da er nachts zu verarbeiten scheint, was er am Tag krampfhaft beiseite schiebt. Dementsprechend unruhig ist er. Nicht selten sind seine Albträume, die meist von Shotas Vergewaltigung handeln, so heftig, dass ich es für nötig erachte, ihn zu wecken. Immer häufiger versucht er mithilfe von Drogen zu vergessen. Leider führte das in letzter Zeit aufgrund seiner psychischen Verfassung eher zu Horrortrips, bei denen es mir kaum gelang, Zugang zu ihm zu finden, geschweige denn ihn zu beruhigen. Im Nachhinein erkenne ich, dass ich Shinyas eventuellen Selbstmordversuch zu verschulden habe, dass ich ihn hätte verhindern können, wenn ich bereits seinen Drogenkonsum genutzt hätte, um ihn in ärztliche Obhut zu geben. Auch hätte ich realisieren müssen, dass sein selbstbestimmter Entzug ohne professionelle Hilfe und Aufsicht nur mäßig Erfolg brachte. Vielleicht trug die dadurch aufgestaute Anspannung sogar zu seinem Kontrollverlust bei. Ich halte nicht viel von Kliniken und Therapien und wollte Shinya nicht antun, wofür ich meinen Vater und Taichi früher hasste. Ich hoffte, Shinya allein helfen zu können, doch das war naiv. Letztlich blieb mir nichts, als ihn abzuschieben, mich der Verantwortung zu entziehen. Einmal mehr aus reinem Egoismus. Weil ich Angst hatte, ihn zu verlieren. Von den Sanitätern erfuhr ich, dass keine akute Lebensgefahr besteht, eventuelle Folgeschäden aber noch nicht abzusehen seien. Viel hängt davon ab, wann er das Bewusstsein wiedererlangt. Ob Maßnahmen, wie das Auspumpen des Magens oder die Gabe eines Antidots, vorgenommen wurden, weiß ich nicht. Allerdings wird er eine Weile in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie bleiben müssen. Sollte ich Shinyas Familie informieren? Oder würde ich dadurch noch mehr Schaden anrichten, als ich es ohnehin bereits tat? Ich schaue zu Taichi, betrachte nachdenklich seine Silhouette. Er hätte Shinya wirklich sterben lassen, dessen bin ich mir sicher. „Denkst du an diesen Kinderficker?“, höre ich meinen Freund plötzlich in die Dunkelheit fragen. „Ich finde es sehr amüsant, dass ausgerechnet du es warst, der ihn einsperren ließ. Jetzt befindest endlich du dich einmal in der Position, die sonst dein Vater und ich innehaben.“ Ohne auf die Bemerkung meines Freundes einzugehen, drehe ich mich auf die Seite, wende ihm meinen Rücken zu. Er jedoch rutscht an mich heran, nimmt mich von hinten in den Arm. „Akito ist tot, dein Freier in der geschlossenen Psychiatrie... was muss noch passieren, damit du endlich begreifst, dass du nur mir gehörst? Kündige deinen Job, bevor...“, beginnt Tai in mein Ohr zu säuseln. „Mit Reiji habe ich nie geschlafen“, beteuere ich sofort. „Du lügst schon wieder.“ Er drückt mich schmerzhaft fest an sich. „Taichi, so kann ich nicht atmen“, keuche ich angestrengt. „Dann sag die Wahrheit.“ Sein Tonfall ist noch immer beängstigend ruhig. „Ich sage die Wahrheit. Verdammt, warum sollte ich Sex mit Reiji abstreiten, aber den mit Shinya zugeben?“ „Selbst wenn er es dir tatsächlich noch nicht besorgt hat, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er seinen Schwanz in deinen süßen Arsch rammt. Der Typ steht ganz offensichtlich auf dich und du lässt jeden irgendwann ran.“ „Von Anfang an habe ich Reijis Annährungsversuche abgewiesen und ihm verdeutlicht, dass zwischen uns nichts laufen wird. Er würde mich nie gegen meinen Willen ficken.“ „Im Gegensatz zu mir“, fügt mein Freund merkwürdig tonlos an. Ich schließe meine Augen und versuche ruhig zu atmen. Zwar hat Tai seine Umarmung inzwischen gelockert, aber meine Gefühle für ihn schnüren mir die Kehle zu. „Ich liebe dich“, flüstere ich beinahe schüchtern. Als Reaktion dreht mein Freund mich auf den Rücken und küsst mich ungewohnt zärtlich. Dann liebkost er meinen Hals, wandert hinab zu meinem Brustkorb. Erregung durchflutet meinen Körper. Mit meinen Fingern suche ich Halt im Bettlaken. Meine Atmung wird schwerer, als Tai damit beginnt, mir einen zu blasen. „Unglaublich, wie sensibel du geworden bist, wenn man bedenkt, dass du früher beim Sex nicht einmal Lust empfinden konntest. Reagierst du bei anderen mittlerweile auch so intensiv?“ „Nein... nicht so...“, bringe ich mühsam hervor. Ich öffne meine Augen und fixiere verbissen die Zimmerdecke. Mit einem Lächeln kommt Taichi über mich, leckt genüsslich über seine Lippen. „Es ist sehr verführerisch, wenn du so hilflos und sinnlich unter mir liegst.“ Während er diese Worte spricht, dringt er mit zwei Fingern in mich ein, gleich darauf folgt ein dritter, dann ein vierter. Scharf ziehe ich die Luft zwischen meinen Zähnen ein. „Fast hätte ich vergessen, wie wunderschön dein erregtes Gesicht ist.“ Liebevoll betrachtet er mich, die Kälte in seinen Augen ist vollständig verschwunden. Beschämt drehe ich meinen Kopf zur Seite. „Bitte...“ Um mein Anliegen zu verdeutlichen, spreize ich meine Beine weiter auseinander. „Schon gut“, flüstert mein Freund zärtlich, hält in der Bewegung seiner Finger inne und entfernt sie aus mir. Sanft haucht er einen Kuss auf meine Stirn, dann dringt er, wie von mir ersehnt, mit einem kräftigen Stoß tief in mich ein. Lautes Keuchen entweicht meinen Lippen. Ich versuche Tai anzusehen, da er ohnehin darauf bestehen wird, doch es gelingt mir nicht. Stattdessen gebe ich mich ihm bedingungslos hin. Schnell finden wir unseren Rhythmus, von unseren erhitzten Körpern perlt der Schweiß. „Tai...“, stöhne ich ungehemmt. Mit meinen Nägeln kratze ich über den Rücken meines Freundes, woraufhin dieser seine Stöße intensiviert. Seine Penetration ist sehr kraftvoll, aber weder brutal noch schmerzhaft. Trotzdem durchströmt mich eine Erregung, die meinen Verstand vernebelt und meine Empfindungen unerträglich intensiv werden lässt. Keuchend bäume ich mich auf. Taichis Sperma scheint mich von innen zu verbrennen, er zieht sich aus mir zurück und fällt erschöpft neben mich auf die Matratze. Die Anspannung meines Körpers lässt nach. Schwer atmend starre ich ins Nichts, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Nach einer Weile des Schweigens stützt sich Tai auf seinen Arm und streicht mir behutsam eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich schaue ihn an, auch er ist verschwitzt von der Anstrengung. In seinen Augen erkenne ich noch immer nichts als Zuneigung. Die gesamte Situation wirkt grotesk, in Anbetracht dessen, was einige Stunden zuvor passiert ist. Manchmal finde ich das extrem gegensätzliche Verhalten meines Freundes erschreckend, aber genau deshalb wirkt er auf mich auch so unglaublich anziehend. Nach wie vor frage ich mich, ob er selbst sein Verhalten aktiv steuert, ob er seine Skrupellosigkeit als solche realisiert beziehungsweise ob er tatsächlich, nach medizinischer Definition, psychopathische Züge besitzt. Ich bin alles andere als empathisch, dennoch gibt es wenige Menschen, die ich nicht verlieren möchte. Im Fall Akitos ist es leider zu spät, die anderen kann ich noch schützen. Vor ihm. Eigenhändig würde Tai niemanden töten, da er die Konsequenzen für sich nicht akzeptiert. Außerdem wäre es seinem Ziel, mich für sich zu haben, abträglich. Ich gebiete mir gedanklich Einhalt. Im Moment möchte ich nicht darüber nachdenken. Eine Lösung finde ich ohnehin nicht. Abgesehen von meinem Selbstmord wird es wahrscheinlich auch keine geben. Doch auch darüber möchte ich momentan nicht nachdenken. Ich will einfach nur Taichis Nähe spüren. Mich uneingeschränkt fallen lassen. „Ich liebe dich“, hauche ich mit bebender Stimme. Lächelnd beugt er sich zu mir hinab und liebkost meine Lippen. „Du wirst für immer mir gehören“, flüstert er bestimmt in mein Ohr. „Nur mir, Yamato Ishida.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)