Brightest Light von Flordelis (Miracle) ================================================================================ Kapitel VII - Dinge ändern sich. -------------------------------- Vom Unterricht am Freitag bekam Kieran nicht so wirklich etwas mit – jedenfalls nicht am Vormittag. In der Mittagspause saß er wie üblich an seinem Tisch und versuchte, nicht einzuschlafen, was nach der letzten Nacht gar nicht so einfach war. Richard war diesmal nicht anwesend, offenbar hatte er die Zeichen erkannt, dass Kieran nicht mehr mit ihm sprechen wollte und ignorierte ihn jetzt deswegen selbst. Es schmerzte ihn zwar, aber er glaubte, dass es der wirklich richtige Weg war und das einzige, was er tun konnte. Aber allzu viele Gedanken konnte er sich in dieser Pause nicht machen, da er plötzlich von einer Stimme unterbrochen wurde: „He, Kieran.“ Als er den Kopf hob, entdeckte er Faren, der mit verschränkten Armen vor ihm stand und ihn kritisch musterte. Es war selten, ihn derart zu sehen, weswegen Kieran zurückweichen wollte, nur um festzustellen, dass das ein wenig kompliziert war, solange man auf einem Stuhl saß. Faren machte sich derweil nichts daraus und setzte sich stattdessen ungefragt neben ihn. Sein Blick blieb dabei weiterhin vollkommen ernst, seine Stirn war sogar gerunzelt. „Also?“ „Also was?“ Kieran wandte sich ihm zu und hob eine Augenbraue, da er nicht so ganz verstand, was der andere eigentlich von ihm wollte. „Was ist grad los mit dir?“ „Kannst du das näher definieren?“ Faren seufzte übertrieben theatralisch. „Seit wann redest du nicht mehr mit Richard?“ „Gestern“, kam die kurze Antwort, allerdings sehr zur Unzufriedenheit des Fragenden. „Hat das was mit deinen nächtlichen Aktivitäten zu tun?“ Wieder kam es Kieran so vor, als würde sein Inneres geradewegs gefrieren. Wusste Faren etwa wirklich, was er nachts tat? Und würde er es dann den anderen erzählen? Was müsste er tun, um ihn davon abzuhalten? Aber bevor er sich derart in Panik flüchtete, musste er versuchen, herauszufinden, was sein Gegenüber wusste: „Wovon redest du?“ „Oh, komm schon.“ Langsam wirkte Faren wirklich frustriert. „Du triffst dich nachts mit Frauen, ist es da nicht ziemlich eindeutig, was du tust?“ „Für mich offensichtlich nicht – und seit wann sind es Frauen im Plural? Soweit ich weiß, hast du mich nur mit einer gesehen.“ Faren wedelte ein wenig mit den Händen, was verriet, dass er gleich mit etwas kontern würde, das nur für ihn wirklich Sinn machte und das tat er auch sofort: „Ich dachte mir eben, dass es mehr sind. Was ja auch wirklich logisch wäre. Ich meine, ihr habt sicher Geldprobleme seit dem Unfall deines Vaters und da-“ „Worauf willst du hinaus?“, fragte Kieran und unterbrach ihn damit. Er konnte sich bereits denken, was Faren meinte, aber es erschütterte ihn regelrecht, dass es wirklich jemanden gab, der ihm das zutraute. Allerdings hätte er sich denken können, dass gerade Faren so etwas einfiel, anstatt an irgendwas anderes zu denken, das vielleicht nicht ganz so abwegig war. „Na ja, du hättest ruhig sagen können, wenn du jetzt unter die Escort-Personen gehst. Zumindest hoffe ich, dass du nur das tust.“ „Das tue ich nicht!“, erwiderte Kieran nachdrücklich. „Diese Frau, mit der du mich gesehen hast, ist meine Freundin!“ Eigentlich hatte er damit nur Faren zum Schweigen bringen wollen, aber zu seiner Überraschung blieb diesem sogar der Mund offen stehen. Das hatte Kieran noch nie an ihm gesehen, weswegen er nur überrascht blinzeln und darauf warten konnte, dass Faren noch etwas sagte – was auch sofort geschah: „Du bist ... ihr seid ...? Aber ...“ Er sah in Richtung der Tür, als erwartete er sich von dort Unterstützung, aber natürlich kam keine. „Aber was?“ „Ach, gar nichts.“ Hastig wandte Faren ihm wieder seinen Blick zu. „Ich finde es nur seltsam, dass du plötzlich eine Freundin hast. Bislang schienst du ja nicht wirklich Interesse an solchen Dingen zu haben.“ Hatte er eigentlich immer noch nicht wirklich, wenn man von Richard absah, aber das konnte er schlecht gegenüber von Faren zugeben. „Dinge ändern sich.“ Er glaubte immer noch, dass Aydeen eigentlich eine Dämonin war, die er irgendwie ausschalten müsste, aber das änderte nichts daran, dass er sich von Richard loseisen musste, um seinen Vater endlich zufriedenzustellen. Vielleicht stimmte es immerhin auch und er hing viel zu sehr an Richard und alles würde sich bessern, wenn er erst einmal ein bisschen weniger mit ihm zu tun hatte. Zumindest blieb ihm das zu hoffen. Faren sah nach dieser Aussage verwirrt aus, was Kieran nur allzugut an ihm kannte – manchmal wunderte er sich, wie dieser Kerl die Aufnahmeprüfung hatte bestehen können – aber er schien nicht weiter nachhaken zu wollen und stattdessen lieber seine Strategie zu ändern: „Oh, verstehe. Okay, wenn sie deine Freundin ist, weißt du doch sicherlich ihren Namen.“ Statt genervt zu seufzen, rollte Kieran mit den Augen. „Natürlich weiß ich den – aber was nützt dir das? Du kennst sie nicht, ich könnte dir jeden Namen nennen und dir bliebe nur, mir zu vertrauen.“ Er glaubte, nein, hoffte regelrecht, dass Faren das Thema damit endlich fallenlassen würde, aber stattdessen schmunzelte dieser nur siegessicher und verschränkte die Arme wieder vor der Brust. „Oh, ich weiß, wie sie heißt – Bell weiß nämlich, wo die Gute arbeitet.“ Also weißt du es nur, weil Bellinda es weiß, fuhr es Kieran durch den Kopf. Kein Grund, dich so aufzuspielen. Statt dieser Worte sagte er aber etwas anderes: „Das sieht Bellinda ähnlich. Sie kennt vermutlich jeden Mitarbeiter einer Buchhandlung in dieser Stadt, oder?“ „Oho, du weißt also wirklich etwas über sie. Und ihr Name ist?“ „Ich finde das absolut lächerlich“, erwiderte Kieran. „Was hast du denn davon? Warum glaubst du mir nicht einfach, dass sie meine Freundin ist?“ „Das verstehst du einfach nicht.“ Wieder sah Faren zur Tür hinüber, aber noch immer war dort niemand zu sehen. Langsam bekam Kieran den Eindruck, dass hinter der Tür jemand stand, der Faren erst zu dieser ganzer Aktion überredet hatte – auch wenn es sicher nicht schwer gewesen war, ihn dazu zu bringen. Diese Person würde jetzt auf jeden Fall entweder sehr enttäuscht oder sehr erleichtert sein. Dass es ihr egal wäre, daran glaubte Kieran keine Sekunde, aber er wollte auch nicht glauben, dass es sich dabei um Richard handeln könnte. Sicher hatte Faren lediglich eine Wette mit Bellinda abgeschlossen. „Mir ist egal, ob ich es verstehe“, erwiderte Kieran mit fester Stimme. „Ich denke, dass es unnötig ist, solche Dinge mit dir zu besprechen. Also lass mich einfach in Ruhe.“ Seine, wohl ungewohnten, Worte, brachten Faren diesmal dazu, überrascht den Mund zu öffnen, als wollte er eigentlich etwas sagen, wusste aber nicht so recht, was eigentlich, weswegen er stumm blieb. Es tat Kieran tatsächlich leid, ihn so zurechtweisen zu müssen, aber er konnte jetzt nicht mehr zurückweichen. Natürlich konnte er nicht in Richards Freundeskreis bleiben, wenn er mit diesem nichts mehr zu tun hatte, also war es nicht sonderlich verkehrt, einfach auch mit diesen zu brechen. „Fein.“ Tatsächlich stand Faren einfach auf. „Dann nerv ich dich nicht weiter. Hoffentlich hast du viel Spaß mit deiner Freundin.“ Sein letzter Satz klang eher ironisch, nein, fast schon gehässig, was Kieran nicht im Mindesten gewohnt war. Aber bevor er nachhaken konnte, was das nun sollte, war Faren bereits aus dem Klassenzimmer verschwunden. Als er die Tür öffnete, konnte Kieran einen kurzen Blick auf die im Gang wartende Bellinda erhaschen, was ihn nur darin bestätigte, dass es eine Wette zwischen den beiden gegeben hatte, die nun für Faren verloren war. Aber das konnte nicht der einzige Grund für die Gehässigkeit sein. Mit einem leisen Seufzen griff Kieran sich an die Stirn, hinter der es leise zu pochen begonnen hatte. Das erinnerte ihn nur wieder daran, weswegen er sich normalerweise von sozialen Interaktionen fernhielt, immerhin verschafften sie nur Kopfschmerzen und ein äußerst unangenehmes Gefühl im Inneren, wie er in diesem Moment feststellte. Aber jetzt hatte er angefangen, diesen Weg hinabzugehen und er würde zusehen, wo er damit landen würde. Richard kehrte nach der Pause nur in den Unterricht zurück, um seine Tasche zu holen und um dem Lehrer mitzuteilen, dass er krank sei und deswegen nach Hause gehen würde. Dabei bedachte er Kieran kein einziges Mal mit einem Blick, obwohl er in den letzten Tagen immer wieder zu ihm hinübergesehen hatte. In ihm keimte der Verdacht, dass es doch nicht um eine Wette gegangen war, sondern um etwas gänzlich anderes. Aber was das nun mit Richards plötzlicher Krankheit zu tun haben mochte, war ihm noch nicht so ganz klar. Es sollte mich aber auch nicht kümmern. Genau das ist doch mein Ziel. Dennoch kam er nicht umhin, sich weiter Gedanken darum zu machen. Vielleicht war es etwas Schlimmes, das Richard plagte. Eine schwere Krankheit, körperlich oder psychisch oder vielleicht ein Dämonenfluch und es war Kieran bislang nur noch nicht aufgefallen, weil er zu viele Gedanken an andere Dinge verschwendete. Ab sofort sollte er sich aber auch keine Gedanken mehr darum machen. Er musste sich nun auf Aydeen und die von ihr ausgehende Bedrohung konzentrieren und danach sollte er sich, endlich, neue Freunde suchen, nur damit sein Vater zufrieden war. Es mussten ja keine guten Freunde sein, aber zumindest irgendwer, der hin und wieder Zeit mit ihm verbrachte, damit er sich für seinen Vater normaler fühlen konnte. Da er dem Lehrstoff an diesem Tag ohnehin nicht folgen konnte, blickte er aus dem Fenster hinaus und betrachtete den Kirschbaum, der dort im Hof stand. Er befand sich bereits in voller Blüte und einige der rosafarbenen Blütenblätter wehten umher. Noch einige Wochen länger und die ganze Luft wäre davon erfüllt, was mit Sicherheit ein wunderbarer Anblick werden würde. Aber aus irgendeinem Grund wanderten seine Gedanken dabei wieder zu Aydeen und zu der Frage, wie er sie am besten entlarven sollte. Mit seinem Vater könnte er darüber nicht sprechen, immerhin würde dieser das nur wieder als Anlass nehmen, zu glauben, dass Kieran das alles nicht allein hinbekam, was wieder zu einem Streit führen konnte. Er musste selbst eine Lösung finden – und das noch bevor sie sich am nächsten Tag treffen würden. Hosted by Animexx e.V. 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