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Lust'n'Needs

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Aus einem Interview:

“Coming from Sweden you must be used to the cold, do you stay in hotels or have you got a plush tour bus?

Sister: NO! We have a van. Some nights it’s totally freezing and we are asking was like how long we can stay in the venue, they would say till 3am then we would go and freeze in our van!” Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Reference

Jamie: "Two girls wanted to buy me to have sex with me." Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Da Jamie sich neulich in einem Interview als Fitnesstrainer geoutet hat...blühte meine Libido *hust* quatsch...ich meine doch meine Fantasie...;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Welcome to the abyss... Komplett anzeigen

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Secret Fantasy

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

In the Mood


 

In The Mood
 

 
 

 

Es war nicht zu übersehen, dass Cari Blut geleckt hatte. Für niemanden.

Seine Augen starrten in der Größe von Suppentassen stetig in dieselbe Richtung, und Jamie musste bei Weitem nicht nur einmal den Mund des Schlagzeugers schließen, indem er dessen Kinn ergriff und es zurück an seinen Platz schob.

Nicht einmal diese Geste beachtete Cari. Im Grunde fehlten nur noch die Sabbertröpfchen, die über seine Lippen rannen, wie bei einem hungrigen Wolf.

Denn genau das war er. Zumindest im übertragenen Sinne. Und er machte sich nicht die Mühe, seine Gelüste zu verbergen, was seine Freunde natürlich zum eifrigen Kommentieren animierte.

 

"Deine Sexualität macht mir Angst", urteilte Jamie, der sich irgendwann zurückgelehnt hatte, als er der Meinung war, es sei hoffnungslos, zu versuchen, Cari zurück auf den Boden der Tatsachen zu holen. Mit einem amüsierten Glucksen steckte er sich seine Zigarette in den Mund und schüttelte dann noch immer den Kopf über das Gebaren des Schlagzeugers, welcher drohte, über die Sofalehne zu fallen, so arg, wie er sich über diese lehnte.

"Ach, lass ihn doch", zuckte allerdings Tim die Schultern, wie so oft durch nichts aus der Ruhe zu bringen, aber doch nicht ganz unbissig. "Wir wissen ja, wie du drauf bist, wenn du deine Paarungszeit hast."

"Paarungszeit", wiederholte der Sänger verächtlich und strich sich eine seiner langen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Dabei dachte er scharf über einen fiesen Spruch nach, dem er dem Gitarristen an den Kopf hätte pfeffern können für die Paarungszeit, aber zu dieser späten Stunde hatte sein Kreativzentrum im Hirn längst geschlossen. Deswegen beließ er es bei Schweigen und beguckte sich lieber wieder den verzweifelt geifernden Cari, der wahrscheinlich seit Minuten nicht mehr geblinzelt hatte.

 

"Du solltest dir Scheibenwischer zulegen, wenn du jetzt öfter keine Zeit mehr hast, um dir auf natürliche Weise die Augen zu befeuchten."

Jamie konnte jedoch sagen, was er wollte - Cari schien keine Notiz von ihm zu nehmen. Zu interessant war das Bild, welches sich etwas weiter von ihm entfernt abspielte. Nein, Bild war das falsche Wort. Es war diese Person, die seine ganze Aufmerksamkeit einnahm, ihn vollkommen in Atem hielt. Dieser wundervolle, blonde Engel. Dieses Gesicht, dieses Haar. Doch das war noch längst nicht alles. Da gab es noch ganz andere Vorzüge, und diese waren es auch hauptsächlich, die dafür sorgten, dass ihm beinahe die Augen aus den Höhlen purzelten.

 

"Die hat große Titten", merkte Rikki ungerührt an. "Das verdreht unserem Cari halt den Kopf."

Sein Blick war auf die Rückseite des Schlagzeugers gerichtet. Nachdenklich legte er den Kopf schief.

"Ey, Kunde", redete er weiter und ruckte mit dem Kinn in die Richtung dessen, mit dem er sprach, obwohl dieser nach wie vor überhaupt keine Reaktion zeigte. "Wenn du die Madame willst, dann musst du schon hingehen. Es wird nichts helfen, wenn du sie stumm und aus der Ferne beschwörst, mit dir in die Kiste zu gehen."

Jamie schien derselben Meinung zu sein, und da er direkt neben dem Schlagzeuger saß, war es für ihn ein leichtes, in so in die Seite zu knuffen, dass der er beinahe das Gleichgewicht verlor, für eine oder sogar mehr Sekunden den Blick von der holden Dame abwendete und dafür Jamie nicht sonderlich erfreut begutachtete.

"Hör auf, mich zu schlagen", beschwerte sich der liebestolle Hengst, der Sänger allerdings hatte nur ein müdes Lächeln für diesen und sein Verhalten übrig.

"Geh jetzt hin, aus der Ferne sabbern, das kann ja jeder."

Er nahm noch einen Zug von seiner Zigarette.

"Zeig mal ein paar Eier", fuhr er fort, noch während die Rauchschwaden seine Lippen verließen. "Du bist doch sonst nicht so schüchtern."

"Ihre Doppel-D-Körbchen schüchtern ihn ein", kommentierte Tim trocken, doch keiner von den anderen lachte oder ging auch nur darauf ein. Speziell Cari guckte, als stände er vor der Entscheidung seines Lebens und wüsste nicht, was er nun tun sollte.

"Lass uns schon alleine, wir sind schon groß", kam es von Rikki. "Man sollte den Braten fressen, so lange er noch heiß ist."

Tim lachte auf, kaum, dass sein Kumpel diese Worte ausgesprochen hatte und boxte den Bassisten gegen die Schulter, woraufhin dieser beinahe seinen Schnaps verschüttete.

"Oy, du hast gerade ein neues Sprichwort erfunden", freute der Gitarrist sich, Rikki reagierte zwar kurzzeitig mit einem kleinen, beinahe stolzen Grinsen, allerdings galt seine Aufmerksamkeit wie auch die der anderen sofort wieder Cari, der noch immer auf der Couch hockte und sich nicht entscheiden konnte.

"Ey, komm, was ist denn nun?", verdrehte Jamie langsam etwas entnervt die Augen, obwohl er sich selbst dafür hasste, wenn er diese tussige Reaktion zeigte. "Dein Schwanz schreit doch ganz laut Ja, ich hör ihn doch bis hierher."

"Meint ihr echt, die steht auf Typen, die schwarzen Lippenstift und Undercut tragen?"

Ein einvernehmliches Glucksen ging durch die Runde.

"Jeder steht darauf", befand Tim. "Also, zumindest, wenn es nicht schwuchtelig aussieht, sondern so böse wie bei uns."

"Schwuchtelig", amüsierte sich Jamie über das Wort, das es eigentlich gar nicht gab, gar nicht geben dürfte. Doch dann hob er sein Schnapsglas und gab ein Brummen von sich, was zeigen sollte, dass er noch etwas hinzufügen wollte. "Es gibt aber genug Weiber, die finden einen kleinen, schwuchteligen Touch ziemlich scharf. Nicht umsonst sagen die doch, dass alle heißen Typen entweder vergeben oder schwul sind."

"Also wäre es besser, ich würde ein rosa Tutu anziehen und weiße Strumpfhosen tragen?"

Alle guckten Cari an. Der ein oder andere musste sich prompt vorstellen, wie ihr Schlagzeuger in ein solches Outfit schlüpfte. Und das war tatsächlich schon so peinlich, dass niemand mehr darüber lachen konnte, auch nicht ein klein wenig.

"Lass mal", schüttelte Jamie schließlich den Kopf, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. "Du trägst kurze Hosen. Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der kurze Hosen trägt, und die Schnalle bestimmt auch nicht."

Er machte eine kurze Pause, um Cari ausgiebig von oben bis unten zu begutachten. Besonders dessen Beinen schenkte er Beachtung.

"Und dir steht das wirklich gut. Sehr gut sogar."

"Ooooh, Jamie gerät in die Paarungszeit", johlte Tim, erntete aber prompt einen bösen Blick von Jamie, der es hasste, wenn Komplimente immer gleich als Flirt ausgelegt wurden. Außerdem war es absurd, anzunehmen, er würde Cari anmachen. Die anderen wussten doch ganz genau, dass er nichts von Männern wollte. Im Grunde hatte er sich noch nie näher mit dem eigenen Geschlecht beschäftigt, nie in Erwägung gezogen, dass er dazu in der Lage war, schwule Gelüste zu hegen. Caris Aussehen lobte er deswegen auch nur, weil der Kerl einfach ganz objektiv betrachtet ein sehr attraktives Exemplar war. Im Grunde war er nicht nur mit einem Paar perfekter Beine ausgestattet worden, sondern auch mit einem ebenso wundervollen Gesicht. Cari war jemand, den man einfach gerne anschaute, wenn man einen gewissen Sinn für Ästhetik besaß. Und auch wenn das nicht viele wussten, so besaß Jamie einen ebensolchen. Wenn eine Person gut aussah, dann war es ihm egal, ob sie männlich oder weiblich war. Es hieß ja nicht zwangsläufig, dass er mit dieser ins Bett wollte. Basta.

 

Endlich hatte sich Cari nach einem tiefen Luftholen dazu entschlossen, sich auf die Socken zu machen. Von weitem wohnten die anderen dem Tun des Schlagzeugers bei, werteten aus, wie er sich anstellte und schlugen nicht nur einmal die Hände über dem Kopf zusammen. Denn es sah nicht so aus, als würde die Dame an ihrem Bandkollegen interessiert sein.

"Da trägt der schon kurze Hosen", schüttelte Jamie den Kopf. "Die Schnalle muss echt blind sein. Cari ist doch echt ein scharfes Ding."

Rikki und Tim zogen daraufhin beinahe gleichzeitig scharf die Luft ein. Schließlich bekamen sie ihr Grinsen nicht mehr aus der Fresse, was Jamie richtig anpiepte. Vielleicht war es besser, wenn er demnächst seine Gedanken für sich behielt. So ein dummes Getue konnte er sich echt sparen.

"Was denn?", keifte er nur irgendwann, als es ihm mächtig auf den Sack ging, wie die anderen ihn anguckten. Wie Geier. Als hätten sie etwas erfahren, was eigentlich niemand wissen sollte. "Wie würdet ihr mich denn bezeichnen?"

Er schüttelte den Kopf, als würde er mit Idioten sprechen.

"Bestimmt auch als gutaussehend oder so."

"Nein, als potthässlich."

Genüsslich schmunzelte Rikki vor sich hin. Solche Gemeinheiten, die ließen ein Gefühl der Genugtuung in ihm erblühen. Oh, was für ein Sadist er doch sein konnte, wenn es darauf ankam.

"Du Arschloch."

Mehr fiel Jamie dazu nicht ein. Schweigend wendete er seinen Blick wieder in die Richtung, in der Cari bis eben noch gestanden hatte. Doch dieser schien verschwunden zu sein. Genau wie die Madame, auf die er es abgesehen hatte.

"Ha, ich glaub, der hat nun doch einen Stich gelandet."

"Jap, sieht ganz danach aus. Schön für ihn."

Jamie wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Ja, natürlich, hauptsächlich er war es gewesen, der Cari regelrecht dazu gedrängt hatte, auf die Tante zuzugehen. Aber jetzt, als der andere tatsächlich Glück gehabt zu haben schien, da gefiel ihm die Sache doch nicht mehr so wirklich. Warum, das konnte er sich selbst nicht erklären. Vielleicht, weil er selbst leer ausgegangen war, sich keine einzige Frau für ihn interessierte. Aber im Gegensatz dazu interessierten ihn die meisten der anwesenden Vertreter der Damenwelt ebenfalls nicht sonderlich. Jamie war ein Gourmet, er nahm bei Weitem nicht alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war, außer, er war sehr besoffen. Heute hielt sich dies jedoch in Grenzen. Sein Kopf war noch klar, und er richtete sich mental schon einmal darauf ein, die heutige Nacht allein zu verbringen. Allein mit seinen Zigaretten und sicherlich noch ein paar Bieren.

Cari hatte es gut, dachte er. Cari durfte heute Nacht vögeln. Jamie hätte auch gern wiedermal gevögelt. Das letzte Mal war ja nun auch schon wieder ein paar Tage her...

 

Mittlerweile glitt er aufgrund seines Frustes immer weiter hinunter, bis er beinahe auf der Couch lag. Gerade hielt er sich das Schnapsglas an die Lippen und ließ sich diese von dem bräunlichen Inhalt umspülen, in der Hoffnung, Kummer und Gram ließen sich doch ertränken, als er sah, wie seine Kumpels ganz verdattert aufschauten und mit irgendjemandem redeten.

Daraufhin guckte auch Jamie hoch, und er vergaß zugleich, den Schluck Schnaps hinunterzuschlucken, so wie er ein sehr bekanntes Gesicht erblickte. Ein bekanntes Gesicht, welches allerdings ein wenig...geschunden aussah.

"Die blöde Bitch", fluchte Cari wie ein Rohrspatz vor sich hin und ließ sich schließlich auf seinen ehemaligen Platz neben Jamie fallen. Dieser konnte den Blick schlichtweg nicht mehr von Caris Antlitz abwenden. Sein rechtes Auge war dick geschwollen, rot unterlaufen und deutete unmissverständlich auf einen unerfreulichen Zwischenfall hin. Was war passiert?

 

"Dumme Schlampe", schimpfte Cari weiter, bis er endlich mit der Sprache herausrückte. Er erzählte, wie die Dame ihn zunächst keines Blickes gewürdigt hatte (was die Jungs natürlich gesehen hatten). Als sie dann auf die Toilette verschwand, witterte er die Chance, endlich mit ihr allein sein zu können. Ihre dummen Freundinnen hätten ihn daran gehindert, einen Stich zu landen. Also war er ihr gefolgt. Einmal mehr hatte er die Erfindung von Unisextoiletten sehr geschätzt. Doch als er sie dann ganz unverhohlen angequatscht hatte, hatte sie ihm eine geknallt.

"Einfach so", jammerte der Schlagzeuger und hielt sich die Hand vor sein verletztes Auge.

"Einfach so, mh?", grinste Tim forsch und zog eine Schnute. "Sicher, dass du nicht ein bisschen...zu frech geworden bist?"

"Na ja...", erwiderte Cari daraufhin etwas kleinlaut. "Ich hab...ihr an den Arsch gefasst..."

Ein beeindrucktes Raunen ging durch die Runde. Rikki lachte sogar auf.

"Woah, du bist ja ein richtig schlimmer Finger", urteilte der Bassist amüsiert und nahm kopfschüttelnd einen Schluck aus seinem Schnapsglas.

"Ein Grabscher", ergänzte Tim und biss sich äußerst belustigt auf die Unterlippe. Das war ja auch wirklich eine köstliche Geschichte. Dass ihr Schlagzeuger so offensiv versuchte, an sein Ziel zu kommen, damit hätte wohl keiner von ihnen gerechnet. Er war wohl tatsächlich heute ziemlich verzweifelt gewesen, was diese Tat rechtfertigte. Doch eigentlich hätte er wissen müssen, dass Grabschattacken eher kontraproduktiv ausfielen, besonders dann, wenn die Frau keinen Funken Interesse zeigte.

 

"Irgendjemand muss dir ins Hirn geschissen haben", meinte nun wieder Rikki, woraufhin Cari gar nichts mehr sagte, sich dafür aber Jamie einmischte.

"Die blöde Putte weiß einfach nicht, was gut ist. Von so einem wie Cari lässt man sich doch normalerweise gerne und sofort angrabschen."

Obwohl Jamie sich erst geschworen hatte, seine Gedanken wenigstens etwas zu zensieren, wenn er mit ihnen schon nicht komplett hinter dem Berg halten wollte, so war dieser Beschluss längst wieder hinfällig geworden. Viel mehr setzte er sich nun ganz entspannt und selbstsicher hin, die Arme über der Lehne ausgebreitet und die Knie in einem gewissen Abstand zueinander stellend.

"Die weiß echt nicht, was sie verpasst. Du bist ein toller Typ, Cari. Nächstes Mal grabscht du gleich an mir rum. Ich versprech dir auch, dass ich dir kein blaues Auge verpassen werde."

Tim und Rikki warfen sich vielsagende Blicke zu, was Jamie natürlich nicht entging. Pah, sollten die doch denken, was sie wollten. Die Gedanken waren schließlich frei.

Cari allerdings schaute ebenfalls etwas irritiert aus der Wäsche. Seine Stirn hatte sich in Falten gelegt und zwischen seinen Augenbrauen prangte eine hässliche, tiefe Furche.

"Guck nicht so kariert", murrte Jamie, dem dieser Gesichtsausdruck überhaupt nicht gefiel. Als er jedoch kurz seinen Blick durch die Kneipe schweifen ließ, fiel ihm doch prompt die Schlägerbraut auf, die sich wohl wieder aus der Toilette herausgetraut hatte, obwohl doch der böse, perverse Cari umging. Und sie schien ihn auch entdeckt zu haben. Immer wieder wanderten ihre großen Augen zu der Gruppe Jungs hinüber, die Jamie und seine Bandkollegen bildeten.

Plötzlich hatte der Sänger eine Idee.

 

"Ey", meinte er, während er nun wieder Cari anguckte. "Wollen wir der mal zeigen, was sie verpasst?"

Die Falten auf der Stirn des anderen blühten wieder auch. Die Augenbrauen hatte er nun jedoch beide emporgezogen, während er Jamie fragend musterte.

"Und wie soll das aussehen?"

Jamie zuckte die Schultern.

"Knutsch doch einfach mit mir rum."

Man hörte richtig, wie die anderen nach Luft schnappten. Nun war für jeden ersichtlich, dass Jamie tatsächlich etwas von Cari wollte, so unverhohlen, wie er sich an ihn heranmachte.

Cari wusste nun überhaupt nicht mehr, wie er darauf reagieren sollte. Zu viel ging ihm gerade durch den Kopf, lauter ungeordnete Dinge, die nicht zusammen passten und erst recht nicht unter einen Hut zu bringen waren. Mit dem, was Jamie vorgeschlagen hatte, hätte er nie im Leben gerechnet. Im Grunde war das - ja, es war reiner Wahnsinn. Wenn hier jemandem ins Hirn geschissen worden war, dann ja wohl dem Sänger.

 

"Klar", erwiderte er schließlich zynisch. "Ich knutsch mit dir rum, damit die Alte gleich denkt, ihr Korb hätte mich vor lauter Gram ans andere Ufer getrieben."

"Nein", schüttelte Jamie den Kopf. "Sie wird denken, dass es dir scheißegal ist, dass sie dich hat abblitzen lassen. So egal, dass du gleich jemanden anderen klargemacht hast."

Er lehnte sich leicht nach vorn, näher zu Cari.

"Jemanden, der dich zu schätzen weiß."

Kurz schwieg der andere, blickte auf den Boden. Dann rümpfte er die Nase und schaute Jamie unverwandt an.

"Aber...ich kann dich doch nicht einfach...küssen."

"Warum nicht? Ich rieche nicht aus dem Mund, ich kann wirklich gut küssen, beiße nicht, nur auf Wunsch und auch sonst bin ich nicht eklig. Oder findest du mich eklig?"

"Nein..."

"Dann los. Was hast du schon zu verlieren?"

"Meine Ehre? Meine Heterosexualität?"

Dies waren für Jamie jedoch keine Argumente.

"Guck mich an, ich würde für dich auch diese beiden Dinge verlieren."

In Caris Augen blitzte etwas auf. Und Jamie fand, dass er trotz des Veilchens noch verdammt sexy aussah. Er wollte unbedingt diesen verfluchten Kuss bekommen, ganz egal, was die anderen, was die ganze Welt von ihm denken würde.

 

"Ich kann keinen Typen küssen. Das ist doch..."

"Eklig? Du hast gesagt, dass du dich nicht vor mir ekelst. Oder meintest du pervers? Oh, du homophobes Arschloch."

Cari seufzte tief. Und dann zog er den Mund in die Breite.

"Ist ja gut, ich machs, aber ohne Zu-"

Doch da schnitt Jamie ihm bereits das Wort ab, indem er dem anderen todesmutig seine schwarzen Lippen aufdrückte.

Cari konnte gar nicht mehr tun, als es gewähren zu lassen. Dem Sänger schien seine Sache wirklich ernst zu sein, so enthusiastisch, wie er zu Werke ging. Im Hintergrund hörte er ihre Kumpels die Begebenheit bejubeln, doch sie schienen ganz weit weg zu sein, als Jamie es tatsächlich schaffte, ihn zu einem Zungenkuss zu drängen. Eigentlich wollte er dies um jeden Preis vermeiden, doch nun gab es kein Zurück mehr. Eine leise Stimme in seinem Hinterkopf flüsterte ihm, er solle sich einfach losreißen, aber aus irgendeinem Grund tat er es nicht, sondern ließ sich von den in ihm aufsteigenden Gefühlen die Sinne vernebeln.

Jamie hatte wirklich nicht gelogen, als er meinte, er könnte gut küssen. Er schmeckte den scharfen Rauch auf seiner Zunge und den herben Schnaps auf seinen Lippen, und er fand bald schon Gefallen an seinem Lippenpiercing, sobald er es durch Zufall mit der Zungenspitze berührt hatte.

Dieses Metall faszinierte ihn ungemein. Noch keine seiner Partnerinnen hatte jemals ein Piercing am Mund besessen, und deswegen hatte Cari die Vorzüge dessen bis dato nicht gekannt. Man konnte so schön mit der Zunge daran spielen, es drehen und leicht mit den Lippen daran zupfen, doch so viel Gelegenheit blieb ihm dazu nicht, denn Jamie war darauf erpicht, seine geöffneten Lippen auf die des anderen zu pressen. Er konnte kaum genug von dem Schlagzeuger bekommen. Sein gesamter Körper kribbelte vor Euphorie, und irgendwann wagte er es sogar, seine Arme um den anderen zu schlingen und eine Hand in dessen schwarzen Schopf zu vergraben, in ihnen Halt zu suchen.

 

"Die wollen es beide, guck dir das an", gab Tim sein Urteil ab und Rikki nickte seine Zustimmung.

"Wieder sehr hetero heute, die Herren."

Cari und Jamie aber nahmen keine Notiz von den auswertenden Worten der beiden. Längst hatten sie vergessen, wieso sie diese wilde Knutscherei überhaupt begonnen hatten. Cari scheute sich mittlerweile auch nicht mehr, voll in die Sache einzusteigen und Eigeninitiative zu zeigen. Jamie beziehungsweise sein Kuss hatte es ihm angetan, ihm komplett den Kopf verdreht. Der Kerl küsste auf diese Art und Weise, die einen wirklich zu erregen wusste, beinahe einem Vorspiel glich. Als er schließlich absolut provokant die Lippen um die Zungenspitze des anderen schloss und ihm dabei vielsagend in die Augen schaute, schaltete Cari endgültig in den 'Scheiß-drauf'-Modus um.

"Wollen wir bei mir weitermachen?", fragte er mit rauer Stimme, und natürlich nahm Jamie das Angebot äußerst gerne an.

Das triumphierende Lächeln, das auf seinen Lippen lag, als sie Rikki und Tim allein ließen, sprach Bände. Nie im Leben hätte Jamie gedacht, dass er es schaffen würde, Cari von sich zu überzeugen. Nun sollte er auch noch mit ihm im Bett landen, was mehr war, als er sich jemals erträumt hatte. Dass es die Realität war, bewies sich, als der Schlagzeuger forsch seine Hand auf seinen Arsch schob und leicht hineinkniff.

Jamie und er tauschten Blicke aus schmalen Augen.

"Du hast gesagt, ich kann bei dir so oft grabschen, wie ich will."

"Ich habe meine Meinung nicht geändert, du perverses Schwein", raunte Jamie gefällig und sah sich bereits in Caris Bett liegen, nackt und keuchend.

 

Im Vorbeigehen streifte er noch Caris ehemaliges Objekt der Begierde an der Schulter, welches den Sänger anschaute, als wäre er das achte Weltwunder.

"Danke", hauchte Jamie der Dame entgegen und zwinkerte ihr zu.

Dann verschwand das Paar in der Menschenmenge und bahnte sich den Weg zum Ausgang.

 

Three AM


 

Three AM
 

 
 

 

Wenn man fest davon überzeugt war, dass manche Plots und Begebenheiten nur in albernen Hollywoodfilmen funktionierten, aber niemals genauso in der Realität anzutreffen wären, dann irrte man sich. Das Leben schien manchmal sogar noch absurder anzumuten als das Drehbuch irgendeiner dämlichen Herzschmerzschnulze.

Das war zusammengefasst das, was Jamie durch den Kopf ging, als er die Klingeltaste betätigte. Wenn man die Umstände betrachtete, die sein Tun umrahmten und dazu einen Blick auf die Uhrzeit warf, dann konnte man sich nur zu gut vorstellen, wie hin- und hergerissen sich der Sänger in jenem Augenblick fühlte. Zugegeben, er hatte keine Ahnung, wie spät es genau war; es war lediglich offensichtlich, dass es eine nachmitternächtliche Stunde sein musste. Also eine Zeit, zu der man eigentlich niemandem mehr einen Besuch abstatten sollte. Auch nicht den besten Freunden. Denn selbst jemand, der den Orden 'Freund und Kumpel' verliehen bekommen hatte, brauchte seinen Schlaf. Und mit kaum etwas konnte man sich unbeliebter machen als mit dem Stören der Nachtruhe.

Doch das Drehbuch, das sich Jamies Leben nannte, war derzeit so vertrackt, dass er sich ohne großes Nachdenken zu dieser Verzweiflungstat hinreißen gelassen hatte. Er brauchte etwas Beistand, jemanden, dem er sein Leid klagen konnte. Denn es ging ihm wirklich dreckig. Und daran war klischeehafterweise natürlich die Liebe schuld. Die liebe Liebe. Was wäre man ohne sie? Bedeutend besser dran, dachte sich Jamie.

Auf diesen Scheiß konnte er gut und gerne verzichten. Obwohl er ganz tief in sich drinnen wusste, dass ihm die Rolle des Unschuldslamms, des armen Opfers nicht stand. Er hatte tatsächlich Dreck einstecken. Doch der Teufel auf seiner Schulter nahm ihn wie immer in Schutz. Und Cari, Cari würde das auch tun, da war er sich ganz sicher.

Cari verstand ihn und seine Probleme. Manchmal sogar fast zu gut.

 

Es erschien Jamie, als wäre ein halbes Jahrhundert vergangen, bis die Sprechanlage endlich leise knisterte und ein müdes, gemurmeltes 'Ja?' erklang.

Jamie wollte etwas sagen, öffnete schon seinen Mund, um Worte verlauten zu lassen, aber seine Stimme versagte. Alles, was ihm gerade durch den Kopf ging, und sei es eine banale Begrüßung, erschien ihm schwachsinnig, kindisch und schlichtweg albern. Machten solche Dinge nicht eigentlich nur Mädchen? Welcher Kerl im Erwachsenenalter zog schon mit solch einer Dreistigkeit die Best-Friends-Nummer ab? Gott, er hätte niemals herkommen sollen. So tief konnte man gar nicht sinken.

Peinlich, Jamie, peinlich, dachte er nur synchron zu den verschämt gekrächzten Silben, die seine Lippen verließen.

"Ich bins. Kann ich hochkommen?"

Doch da drang bereits ein Summen an sein Ohr und er brauchte ein paar geschlagene Sekunden, um zu reagieren und die Tür aufzustoßen.

Als er schließlich im Hausflur stand, klang das mulmige, leere Gefühl in seinem Magen jedoch noch längst nicht ab. Im Gegenteil. Es intensivierte sich sogar noch.

Diese Nacht würde ihm noch sein Gesicht kosten. Wenn irgendjemand aus der Band erfahren würde, was er getan hatte, dann würde er sich einen Strick nehmen, beschloss er prompt. Er konnte lediglich hoffen, dass Cari nicht schon in der Tür stand und ihn für sein affiges Verhalten verlachte.

 

Aber dem war natürlich nicht so. Wahrscheinlich lag dies nur an der Uhrzeit, denn Cari sah tatsächlich ziemlich zerknautscht aus, als Jamie ihm unter die Augen trat. Er hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, etwas überzuziehen, sodass er nur in Boxershorts im Türrahmen lehnte und sich mit der Hand durch das zerzauste, schwarze Haar fuhr. Das alles unterstrich er schließlich noch mit einem herzhaften Gähnen, und Jamie tat es prompt regelrecht leid, dass er seinen Kumpel um den Schlaf gebracht hatte wegen seinen nichtigen Problemen.

Er wusste erneut nicht, was er sagen sollte, aber das erübrigte sich ohnehin im nächsten Augenblick, als Cari ihm seine Hand auf den Rücken legte, um dem Sänger zu signalisieren, dass er eintreten sollte. Keiner der beiden sprach ein Wort, Cari nicht, weil er viel zu müde war, und Jamie, weil die Scham seine Hirnzellen gelähmt hatten. Zudem fuhren die Gedanken in seinem Kopf Karussell und schienen noch lange nicht anhalten zu wollen.

Jetzt, wo er sich kein verächtliches Wort von dem anderen anhören hatte lassen müssen, wurde ihm wieder etwas wärmer und die Angespanntheit wich schrittweise aus seinen Knochen.

Vielleicht war es doch richtig gewesen, hierher zu kommen. Denn er fühlte sich sofort viel besser, als er sich in Caris Nähe wähnte. Wäre er jetzt allein gewesen, wahrscheinlich wäre er durchgedreht. Aber er war es nicht. Sie waren schließlich sogar zu viert. Zwei Typen und zwei Bierdosen.

 

Sicherlich konnte Cari sich denken, dass es Jamie dreckig ging. Denn welche verirrte Seele klingelte einen schon aus dem Bett, auch wenn es sich um den besten Freund handelte? Irgendetwas musste im Argen liegen. Und Jamie hatte verdammtes Glück, dass Caris Leben gerade in recht geordneten Bahnen verlief, ansonsten hätte er ihn wahrscheinlich tatsächlich zum Teufel geschickt. Auch wenn es ihm im Nachhinein sicher leidgetan hätte. Aber Cari war eben ein Mensch, der oft unüberlegt handelte. Und das wiederum hatten er und Jamie gemein. Sie beide lebten manchmal zu intensiv und machten sich keine Gedanken über ihre Mitmenschen. Es gab Momente, in denen zählten nur sie selbst und die ganze Welt konnte sie am Arsch lecken. Dass das nicht immer ohne Folgen blieb war nur verständlich. Doch es war eben ihr Fehler. Und jeder Mensch besaß einen solchen. Oder sogar mehrere. Wer vorgab, perfekt und tadellos zu sein, der log sich selbst und andere an.

 

Eigentlich hasste Cari es, Bier zu trinken, nachdem er bereits geschlafen hatte. Doch da er genau sah, dass Jamie nun ein Bier brauchte, kam es ihm dumm vor, seinen Kumpel alleine trinken zu lassen.

Schließlich saßen sie nebeneinander auf der Couch im Wohnzimmer und starrten vor sich hin.

Cari drängte Jamie nicht zu einer Erklärung; natürlich wollte er schon ganz gerne erfahren, wo der Hund begraben lag, was den anderen dazu verleitet hatte, ihn um seine kostbare Schlafenszeit zu bringen, welche man abseits des Tourlebens ausgiebig nutzen musste. Aber er wusste, dass es sich eher kontraproduktiv auswirkte, wenn man Jamie auszuquetschen versuchte. Dann redete er nämlich meist gar nicht mehr, sondern errichtete eine hohe Mauer um sich herum.

 

Die Wanduhr zeigte drei Uhr an. Drei Uhr in der Früh. Eine Zeit, zu der man wahrhaftig noch nicht wach sein wollte. Und auch Jamie hätte lieber in seinem Bett gelegen als nun an einer Bierdose zu nippen und darüber nachzudenken, auf welchem Wege er seinem Kumpel das Herz ausschütten wollte. Über solche Gefühlsdinge sprach es sich stets so schlecht. Man fand nie die richtigen Worte, und meistens klang es einfach nur pathetisch und peinlich. Doch im Grunde hätte er sich nicht vor Cari schämen müssen. Cari wusste, dass Jamie nicht immer der harte, böse Junge war, der er stets vorgab zu sein. Denn er selbst besaß ebenfalls eine weiche Seite. Eine weiche, sogar sehr verletzliche Seite, die oftmals Auslebung in Lyrics fand.

 

"Tut mir leid, dass ich dich geweckt hab", begann Jamie schließlich, warf dabei einen kurzen, scheuen Blick auf den selbstverständlich noch immer halbnackten Schlagzeuger neben ihm. Dass seine Augen ausversehen ausgerechnet über dessen Schritt glitten, das machte es nicht besser. Das ließ für einen kleinen Augenblick die Anspannung zurückkehren.

"Schon okay", erwiderte der andere ruhig und hielt Jamie die Schachtel Zigaretten hin, die er am Abend wohl auf dem Couchtisch vergessen hatte.

Der Sänger langte dankbar zu und ließ sich zusätzlich Feuer geben. Als er den ersten Zug nahm und den Rauch ausblies, sah er aus, als hätte er die Erlösung darin gefunden. Viel entspannter wirkte er nun, und endlich fiel es ihm auch nicht mehr so schwer, seinem Kummer Luft zu machen.

 

"Ich hab mal wieder mächtig Stress mit Shelly."

"Schon wieder? Was hast du denn dieses Mal ausgefressen, du böser Bube?"

Jamie musterte ihn strafend aus schmalen Augen, doch als er sah, dass der andere den linken Mundwinkel angehoben hatte, wusste er, dass alles okay war.

"Sie macht mir Vorwürfe", erzählte er weiter. Seine Augen wanderten über die große Topfpflanze in der Ecke, die schon etwas heruntergekommen aussah; wahrscheinlich bekam es ihr nicht, dass in ihrer Anwesenheit geraucht wurde.

"Heute, da bin ich wieder erst um eins heim. Na ja, und ich hatte halt schon wieder mächtig einen im Tank, und das hat sie angekotzt. Da hat sie mir noch alles Mögliche an den Kopf geworfen, was sie anpisste."

"Scheiße", murmelte Cari ehrlich betroffen und nahm einen erneuten Schluck von der bitteren Flüssigkeit in seiner Dose. "Und jetzt?"

"Keine Ahnung."

Es war Jamie deutlich anzumerken, wie verzweifelt er war. Er ließ die Schultern hängen und guckte vor sich auf den Boden.

"Vielleicht hat sie ja auch Recht. Also damit, dass ich nicht immer so viel trinken soll. Aber ich bin trotzdem echt sauer."

Ihre Blicke trafen sich. Jamie hob kurz die Hand und machte eine abwinkende Geste.

"Sie denkt noch immer, dass ich sie betrüge."

Cari lachte auf. So recht wusste er nicht, was er darauf erwidern sollte, wie immer, wenn solche schwierigen Gespräche zu meistern waren. Trotzdem spürte er, dass er besser irgendetwas sagte. Und wenn es nicht viel war. Und wenn es unsinnig war.

"Echt?", hakte er also nach, woraufhin Jamie nur traurig nickte. Shelly war tatsächlich der Meinung, dass Jamie sich anderweitig auslebte. Sie fürchtete, dass es Dinge gab, die sie ihm nicht geben konnte.

"Aber", ergriff Cari erneut das Wort, "da ist nichts dran, oder?"

"Nee."

Natürlich nicht. Jamie war treu. Doch das war nicht immer so gewesen. Die Frauen vor Shelly, die hatte er beinahe alle betrogen. Einfach, weil er zu oft nicht nachdachte. Und vielleicht, weil er ein Arschloch war. Nicht einmal Cari wusste von all seinen Eskapaden, von all den schlimmen Dingen, die er sich bereits geleistet hatte. Selbst Cari durfte nicht alles erfahren. Am wenigsten durfte er jedoch wissen, wer die Person war, von der Shelly dachte, dass Jamie sie mit ihr betrog.

 

"Ich glaube, meine Beziehung ist im Arsch", schlussfolgerte Jamie schließlich. Obwohl es ihm sehr schwer fiel, diese Worte auszusprechen, so war es doch das, was er schon die ganze Zeit gedacht, gewusst hatte. Es war die Wahrheit, die nackte Wahrheit, und sie fühlte sich an wie ein tiefes, schwarzes Loch, ein Abgrund, wenn man sie direkt anschaute. Man wusste, dass man hineinfiel, wenn man nur einen Schritt weiter ging. Doch Jamie glaubte, dass er diesen letzten Schritt längst getan hatte.

Auch solche Situationen hasste Cari über alle Maßen. Wie sollte er nun reagieren? Jetzt wären Worte sicher nicht angebracht gewesen, denn jede Aufmunterung, jedes 'Das wird schon wieder' hätte abgedroschen, banal und heuchlerisch geklungen. Jamie glaubte nicht mehr an seine Beziehung. Und insgeheim fand Cari, dass er wahrscheinlich sogar Recht hatte. Dort gab es nichts mehr zu kitten. Das Paar hatte in letzter Zeit kaum noch glückliche Tage miteinander erlebt, es stritt sich meistens bereits wegen Kleinigkeiten und die Lyrics, die Jamie schrieb, muteten immer wütender und trotziger an.

Der Schlagzeuger sah schon lange, dass es seinem Freund nicht gut ging. Und manchmal, wenn es wieder besonders heftig gewesen war, dann hatte er ihn einfach in den Arm genommen. Man konnte vor Jamies verschriftlichten Gefühlen oft Angst bekommen und wahrscheinlich wäre eine andere Person niemals auf die Idee gekommen, sich in seinem Zustand der Rage, der Verzweiflung zu nähern, doch im Grunde brauchte der Sänger gerade in diesen Momenten Liebe und Trost. Jedes Mal hatte er sich beinahe verzweifelt an den anderen geschmiegt, sich in dessen Shirt festgekrallt und ihn erst nach Minuten äußerst widerwillig losgelassen.

Einmal hatte Shelly die vertraute Szene mitbekommen. Und seitdem glaubte sie, dass Jamie etwas mit Cari hatte.

 

Ihr Zuliebe hatte er ab diesem Tag stets etwas Abstand zu dem Schlagzeuger gehalten, jegliche seiner Versuche, ihn zu berühren oder ihn in den Arm zu nehmen abgewehrt, auch wenn es ihn innerlich zerriss. Die Nähe, die der andere ihm geben konnte, das war eine ganz andere als die er bei Shelly und all den Frauen vor ihr gefunden hatte. Er konnte keine Worte dafür finden; es war nicht schöner oder besser, es unterschied sich lediglich grundlegend voneinander. Und weil es ihm etwas geben konnte, das er nirgendwo anders fand, wollte er im Grunde nicht darauf verzichten. Er brauchte es, und in diesem Augenblick brauchte er es beinahe noch mehr als sonst.

Er schob die Selbstverurteilungen beiseite, als er den Kopf gegen die Schulter des anderen schmiegte und es mit geschlossenen Augen genoss, wie Cari den Arm um ihn legte, um ihn noch näher an sich zu ziehen. Ganz still schien es in diesem Moment in der Brust des Sängers zu werden, ganz still und ganz warm. Er dachte an nichts mehr, nur noch daran, wie gut sich diese Berührung anfühlte und ganz besonders die Nähe seines Freundes.

"Danke, kråka", wisperte der Sänger leise und Cari reagierte mit einem beinahe zärtlichen Schmunzeln, während er Jamie genau auf diese Weise durch die langen, schwarzen Haarsträhnen strich.

Er mochte es, wenn er ihn so nannte. Kråka war die schwedische Übersetzung seines Künstlernamens und irgendwann hatte Jamie angefangen, diese zu benutzen. Selten nur, ganz selten, und genau aus diesem Grund lag ein gewisser Zauber auf ihm. Etwas, das Cari tatsächlich so etwas wie ein Kribbeln im Bauch bescherte, so abgedroschen es auch klingen mochte. Denn wenn Jamie dieses Wort aussprach, dann klang es wie ein Kosename. Und wahrscheinlich war es auch so gemeint.

Jamie fand außerdem, dass der Name zu ihm passte. Cari besaß in seinen Augen etwas von einer Krähe. Etwas Dunkles, Abgewracktes, Kratziges und Raues. Zumindest gab er sich die meiste Zeit so. Doch unter der harten Schale schlummerte alles andere als eine Krähe. Für Jamie war er der liebste Kerl, den er jemals kennengelernt hatte. Er lächelte selten, aber wenn er es tat, dann aus vollem Herzen. Und meistens schaute er dabei den Sänger an. Weil dieser ganz oft den Grund für seine Freude darstellte.

 

Sie saßen lange so nebeneinander. Die Uhr zeigte mittlerweile halb vier an, aber Cari weinte seinem versäumten Schlaf keine einzige Träne nach. Ganz im Gegenteil. Er hätte sich nichts vorstellen können, mit dem er sich gerade lieber seine Zeit vertrieben hätte. Denn nicht nur Jamie war es, der die Umarmungen und die Nähe stets genossen hatte. Auch Cari hatte es schmerzlich vermisst, den anderen so halten zu dürfen. Ihm wurde klar, dass er längst vergessen hatte, wie das Haar des anderen duftete und wie niedlich er tatsächlich aussah, wenn er die Augen geschlossen hielt und ganz ruhig wirkte.

Er konnte es sich nicht nehmen lassen, die Nase in seinen Haaren zu vergraben und tief einzuatmen. Und wieder einmal war ihm, als würde der Wahnsinn mit seinen starken Griffeln nach ihm greifen. Es war verrückt, aber Jamie löste etwas in ihm aus. Ihm war, als würde er ihm am liebsten noch näher sein wollen. Doch das war absurd. Genauso wie das, was er sich plötzlich hören sagte.

 

"Gibt es irgendetwas, was dich jetzt aufheitern könnte?"

Jamie blinzelte zaghaft, schaute zu dem anderen auf. Er musste nicht lange nachdenken, um eine Antwort parat zu haben. Die Ruhe in ihm hatte etwas zu Tage gefördert, etwas, das schon sehr lange in ihm geschlummert hatte, was er aber krampfhaft zu bekämpfen versuchte. Doch heute, da hatte er nichts mehr, für das er zu kämpfen brauchte. Mit einem Mal fühlte er sich frei. Frei und erfüllt von etwas, das man genauso wenig beschreiben konnte, wie das, was Cari gerade eben heimgesucht hatte.

 

"Das machst du sowieso nicht", murmelte Jamie mit einem unsicheren Grinsen auf den Lippen. Seine Wangen brannten etwas, und er hätte sich am liebsten selbst für seine Albernheit geohrfeigt.

"Raus mit der Sprache", verlangte Cari allerdings hartnäckig und lachte auf. "Ich mach alles."

"Aber nicht das..."

Erneut stand Jamie vor einem Abgrund. Der hollywoodreife Plot setzte sich fort. Er fühlte sich tatsächlich wie in einem schlechten Film. Doch nein, etwas war anders. Hollywood hätte niemals einen solchen Film in sein Repertoire aufgenommen, da er ganz und gar nicht massentauglich war. Und ob der Film schlecht war, das konnte Jamie noch nicht jetzt entscheiden. Das würde sich erst zeigen, nachdem er seinen Wunsch ausgesprochen hatte. Diesen großen, wahnsinnigen Wunsch, der hätte alles zerstören können. Und Jamie hätte für nichts auf der Welt die wunderschöne Freundschaft zu Cari aufs Spiel gesetzt.

 

"Also theoretisch", begann er schließlich und ließ seine Augen suchend über die Decke wandern. Er wagte es schon längst nicht mehr, Cari anzusehen. Nicht jetzt. Das war etwas, das man niemandem so einfach ins Gesicht sagen konnte. Niemandem, der einem etwas bedeutete.

"Theoretisch würde ich jetzt liebend gerne einen Blowjob haben."

Nun war es raus. Und Jamie hätte wirklich beinahe aufgelacht, weil es sich im Nachhinein so seltsam in seinem Kopf anhörte. Doch es war genau das, was ihm gefallen hätte. Nichts half so gut gegen Ärger wie ein gepflegter Orgasmus; bereits der Weg zu diesem machte einem auf wunderbare Art und Weise das Hirn ganz leer und frei.

"Aber...ich weiß, das geht nicht und ich verlange auch nicht-"

Doch Caris Lippen lagen bereits auf seinem Ohr und sein Atem wärmte diese empfindliche Stelle auf eine ganz besondere Art und Weise, so dass Jamie gar nicht anders konnte, als abrupt inne zu halten und nur noch seinen donnernden Herzschlag zu spüren.

"Dein Wunsch ist mir Befehl", flüsterte Cari mit einem lasziven Lächeln auf den Lippen, welches Jamie deutlich an der Melodie seiner Stimme hören konnte.

In ihm wurde etwas laut. Irgendetwas schrie, irgendeine lange zum Schweigen gezwungene Stimme. Die Nervosität breitete sich immer weiter in ihm aus und schien ihn letztendlich zum Explodieren zu bringen, als er den Schlagzeuger vor dem Sofa hocken sah, direkt zwischen seinen Beinen. Dessen Grinsen war im Grunde bereits alles, was er brauchte, um neuen Mut zu schöpfen.

Cari verstand ihn wieder einmal. Wie immer. Cari war das Beste, was ihm je passiert war. Das wurde ihm in diesem Augenblick klar.

 

Es dauerte nicht lange, bis Jamies Kopf wie erwartet ganz frei wurde. Bald schon fühlte er nur noch diese Wellen in sich aufsteigen, die immer höher schwappten, ihn irgendwann komplett mit sich rissen.

"Du bist so gut, Baby, du bist so gut", ließ er nur noch hektisch und atemlos verlauten, während er den anderen doch recht unsanft am Schopf ergriff, um ihn zu noch schnelleren Bewegungen zu animieren, obwohl er doch genau wusste, dass Cari zuvor noch nie etwas mit Männern gehabt hatte. Das hier, das war sein Debüt. Und dieses schenkte er Jamie, seinem besten Freund.

Dieser verlor sich schließlich komplett in seinen Empfindungen. Mit einem Mal hielt er die Luft an und ließ sich durchfluten von seinem Höhepunkt, mit in den Nacken gelegtem Kopf und zum stummen Schrei geöffneten Lippen.

Doch nicht nur für ihn waren dies ganz besondere Momente. Auch Cari fand es faszinierend und zugleich wunderschön, welche Reaktionen und Gefühle er Jamie entlocken konnte. Er hatte es schon immer geliebt, diesem ein wenig Glück zu schenken, und in seinen Augen war es egal, wie oder womit er dies anstellte.

Er hätte Jamie am liebsten alles gegeben, alles, was er sich wünschte und was er brauchte. Und als sie sich wenig später in die Augen sahen, da wusste er, dass Jamie ihm das nur zu gern erlauben wollte.

"Min kråka", nannte er ihn voller Zartheit in seiner sonst so rauen Stimme, woraufhin die Krähe ihre schwarzen Schwingen behutsam über ihrem Schatz ausbreitete.

 

Wild Spot

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Scantily Clad


 

Scantily Clad
 

 
 

 
 

Jamie hatte es satt. Endgültig.

Seit Tagen, ja sogar seit Wochen quälte er sich mit diesen Empfindungen herum, die sein Hirn zu einer weichen, puddingarten Masse verkommen ließen, sodass er es schon regelrecht spüren konnte, wie seine letzten mit Intelligenz gefüllten Zellen dem Wahnsinn Platz machen mussten.

Es half auch nichts, wenn er schnell die Augen schloss, wann immer sich ihm das Übel darbot, wie er es insgeheim liebevoll zu nennen begonnen hatte. Um eine Reaktion zeigen zu können, musste man erst einmal von der Quelle der Provokation Notiz genommen haben, und dann war es natürlich längst zu spät. Ein Blick reichte, um dieses einmalige Bild auf Jamies Netzhaut zu brennen und ihn für Stunden, ja für den gesamten restlichen Tag in Atem zu halten, ihn regelrecht auszuknocken wie mit einem Holzhammer. Die süßen Träume, denen er dann nachhing, konnten durch nichts und niemanden durchbrochen werden. Der Sänger mutierte zu einem Schlafwandler, war nicht mehr anzusprechen und eines schönen Tages war seinen Kumpels schließlich die Ausbeulung aufgefallen, die zwischen Jamies Beinen prangte.

Direkt, wie sie waren, hatten sie ihn natürlich darauf angesprochen. Bis ins Detail hätten sie am liebsten wissen wollen, an was er dachte, und als der Sänger nur zerknirscht geschwiegen hatte, glaubten sie, er hätte Viagra genommen. Diese Vermutung war von Cari gekommen. Ausgerechnet von ihm. Jamie sah sein abschätzendes Grinsen noch jetzt vor seinem geistigen Auge, und es ärgerte ihn noch nicht einmal so sehr, wie es eigentlich sollte. Viel mehr ärgerten ihn andere Dinge. Nämlich, dass er nichts, absolut nichts gegen seine kruden Empfindungen tun konnte, egal, wie sehr er versuchte, sie sich zu verkneifen.

Aber die größte Schuld schob er dem Übel in die Schuhe. Denn es war nicht von der Hand zu weisen, dass es einen ganz kirre machen musste. Es war schon fast so etwas wie ein Naturgesetz, dass man darauf so reagieren musste wie Jamie es tat. Zumindest war der Sänger zu diesem Schluss gekommen. Aber das war nicht die einzige Entscheidung, die er an jenem Tag gefällt hatte.

Es musste sich etwas ändern. Und das besser gestern als heute.

 

Der Zufall war ein merkwürdiger Halunke, den man niemals unterschätzen sollte. Heute hatte er Jamie eindeutig die Karten zugespielt, ohne, dass er einen Beitrag dazu geleistet hätte.

Er sollte mit Cari allein im Proberaum sein. Die anderen hatten sich per Kurznachricht via Handy entschuldigt; sie würden erst später erscheinen, was man nichts anderen als ihrem übermäßigen Alkoholkonsum zurechnen konnte. Dass Jamie und Cari heute die fast Nüchternen waren, das grenzte fast schon an ein Wunder. Dabei wünschte sich Jamie prompt, als ihm das Übel begegnete, dass er gestern noch einen mehr getrunken hätte, um jetzt wie Rikki und Tim friedlich in seinem Bett zu schlummern.

Doch es war zu spät. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er musste den Umständen standhalten, und er würde reinen Tisch machen. Das hatte er gestern Nacht entschieden, während er auf das letzte Bier verzichtet hatte. Denn so ging es nicht weiter. Das wurde Jamie einmal mehr bewusst.

 

Der Wahnsinn, dieser ungeduldige Wahnsinn fuhr in seinen Körper und setzte sich in seinen Eingeweiden fest, sobald er ihn erblickte. Heiß wurde ihm, furchtbar heiß, und gleichzeitig begannen die Triebe in ihm zu wüten wie ein Sturm, der gleichzeitig jeglichen Denkprozess erschwerte.

Jamie konnte nichts dagegen tun. Er musste sich schutzlos seiner einsetzenden Erregung aussetzen, und das kostete ihm den letzten Nerv. Heute würde das ein Ende haben. Er würde ignorieren, dass er einen glasigen Blick besaß und eine Wulst zwischen den Beinen. Vielleicht würde er an alte, knarrende Bäume im Wind denken oder noch besser an alte Männer, die nackt aussahen wie fette Schweine, besonders, wenn sie auf der Seite im Bett lagen. Doch um ehrlich zu sein war er viel zu nervös, als er die Zähne zusammenbiss und Cari, der neben ihm saß, direkt ins Gesicht schaute. Immer wieder glitten seine Blicke am Körper des anderen hinab, als wäre alles, was über seinem Hals lag, glatt, rutschig, sodass man sich nicht daran klammern könnte.

Die alten Männer waren längst verschwunden, und anstelle tauchte das komplette Gegenteil leibhaftig vor ihm auf. Schön, jung, aber ganz sicher ebenfalls männlich. Der Protagonist all seiner feuchten Träume.

Kurz schaffte Jamie es, die Beherrschung zurückzugewinnen. Und er nutzte diese klare Sekunde, um mit der Sprache herauszurücken. Egal, mit welchem Blick Cari ihn musterte, egal, wie oft er daran dachte, wie makellos doch sein Gesicht war: Jamie hatte es satt. Und das gehörig.

 

"Kannst du nicht endlich mal aufhören, diese verdammten, kurzen Hosen zu tragen?"

Erst sagte Cari gar nichts. Dann drehte er gelassen den Kopf in Jamies Richtung und bewegte ganz leicht die Lippen, während er nur einen prüfenden Blick für ihn übrig hatte.

Jamie kam schon wieder ins Schwitzen. Aber dieses Mal war nicht nur er der Grund für die Misere. Nein. Dieses Mal war es seine allgemeine Aufregung, die kleine Wut, die in ihm brannte und seine Hände feucht machte, welche sich in den Sofastoff gekrallt hatten.

"Es ist kein Sommer mehr, wieso musst du dann immer halb nackt rumlaufen?", keifte Jamies unterdrückte Stimme weiter, es klang allerdings weniger bissig als ziemlich verzweifelt und resigniert. Mittlerweile hatte er aufgegeben, Cari ins Gesicht zu schauen. Er guckte aber auch nicht mehr auf seinen tätowierten Oberkörper oder alles, was darunter lag. Seine Augen hatten sich ebenfalls wie seine Hände an das Sofa geklammert. So fiel ihm das Sprechen leichter. So fiel es ihm bedeutend leichter. Denn er musste sich zum gefühlten tausendsten Mal eingestehen, dass Cari sehr sexy war. Ganz besonders dann, wenn er diese verdammten, kurzen Hosen trug und sonst nichts. Wie oft hatte er darüber spekuliert, ob er überhaupt Shorts darunter anhatte. Und jedes Mal stellte dies einen Fehler dar. Denn es hätte noch weniger Stoff bedeutet. Und noch mehr Erregungspotenzial geboten.

 

"Wieso?", hakte der andere nach einer Weile verständnislos nach und guckte an sich hinab. "Ich kann das doch tragen. Oder nicht?"

Das ist ja das Problem, dachte Jamie im Stillen. Du kannst es tragen. Weil du die perfekte Figur hast. Weil du einfach nur wahnsinnig gut aussiehst. Ich würde mich am liebsten auf dich stürzen und dir zeigen, was ich von deinem schlampigen Outfit halte. Mir ist, als würdest du dir anstatt irgendwelcher Symbole und Muster 'Ficken' in die Haut gebrannt haben. Denn ich lese es jedes Mal von deinem Körper ab, und es ist ein sehr mitreißendes Wort.

 

"Du kannst es nicht tragen", log Jamie daraufhin verbissen. Dabei schaute er so weit nach unten, dass seine langen, schwarzen Haare sein Antlitz verdeckten. "Man läuft nicht so rum. Das ist mir echt zu viel..."

Der letzte Satz war fast schon erschreckend ehrlich ausgefallen, und deswegen hatte Jamie ihn auch leiser ausgesprochen. Er wollte hinaus in die Freiheit entlassen werden, aber er hatte dies mit unsicheren, wackeligen Schritten getan.

 

"Gut", meinte Cari schließlich und erhob sich kurzerhand. "Wenn dir das zu viel ist, dann gefällt dir das vielleicht...besser."

Dass Jamie es gewagt hatte, das Tun des anderen mit neugierigen, aber dennoch zögerlichen Blicken zu begleiten, war ein erneuter Fehler gewesen. Vielleicht sogar der größte, den er während seiner Zeit mit dem Übel begangen hatte.

Cari hatte Jamies Worte nämlich missverstanden. Mit purer Absicht, denn so dumm konnte kein normaler Mensch sein.

Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken hatte er den Bund seiner Hosen ergriffen und dafür gesorgt, dass dieses einzige Kleidungsstück von seinem Körper verschwand. In Jamie machte sich ein Gefühl breit, das man mit gutem Willen als Explosion beschreiben konnte, als die Hose nutzlos um Caris Knöchel schlackerte, aber im Grunde gab es keine Worte für das, was in Jamie vor sich ging.

Es war wie sterben, aber gleichzeitig auch wie emporgehoben werden. Puls auf Maximum. Und Luft, wo war die Luft hin? Dafür stach ihm die Hitze in die Wangen, machte sich in seinem gesamten Kopf breit und schickte zuckende Blitze durch seinen armen, hilflosen Körper.

Oh, verdammt, wie sollte er das aushalten? Cari stand wahrhaftig und splitterfasernackt vor ihm, und Jamie dachte nur eine unsinnige, bescheuerte Sache, als er gegen seinen Willen dessen Körpermitte betrachtete: Endlich weiß ich, wie er aussieht. Und fuck, der ist ja noch schöner, als ich geglaubt hätte...

Der Sänger war so beschäftigt mit sich selbst und der Nacktheit des anderen, dass er gar nicht bemerkte, wie keck der Schlagzeuger auf ihn hinabgrinste. Er sonnte sich noch eine ganze Weile in der Aufmerksamkeit Jamies, doch dann, als er glaubte, dass der andere genug geglotzt und gesabbert hätte, schob er sich aus dessen Blickfeld und ließ sich anstelle lässig auf die Couch fallen.

Nun saßen sie wieder nebeneinander, genau wie vorhin. Und doch war nichts mehr so wie erst. Jamie hatte keine Ahnung, wie er das Verhalten Caris zu deuten hatte, welcher die Entspannung selbst war und schließlich sogar noch zu rauchen begann, nachdem er es sich noch eine ganze Ecke gemütlicher gemacht hatte.

Dass das in einem hochgestellten Bein resultierte, was Jamie Anblicke offenbarte, die ihn nach Luft ringen ließen, setzte der Provokation noch die Krone auf. Dachte der Sänger zumindest. Doch es war noch nicht die Spitze des Eisberges. Im Grunde war es ein gefährliches Spiel, welches der Schlagzeuger mit dem Sänger veranstaltete, aber Cari wusste, was er tat. Und er war sich sicher, dass Jamie sich nur so albern verhielt, weil er an ihm interessiert war. Nun, das traf sich wirklich gut, dachte Cari mit einem gefälligen Schmunzeln und unterbrach dann das lästige Schweigen, das zwischen den beiden gehangen hatte.

 

"Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mir deine Klamotten auch nicht gefallen", bemerkte er und musterte den neben ihm sitzenden Jamie von oben bis unten. Den Arm, mit dem er die Zigarette hielt, hatte er auf sein Knie gestützt. Es war einfach zu köstlich, mit anzusehen, wie Jamie sich regelrecht in seinem Verlangen windete, in einem Meer aus Lust badete. Lust auf ihn. Lust auf das, was er zwischen den Beinen trug...

"Zieh sie aus. Ich sag es dir wenigstens unverblümt ins Gesicht, dass ich dich nackt sehen will."

Cari konnte nicht anders, als sich auf die Lippe zu beißen, als er auf Jamies Reaktion wartete. Er sah, dass der andere ganz außer sich, dass er regelrecht ready to fuck war. Im Gegensatz zu Cari konnte Jamie sich unglaublich schlecht beherrschen, was es aber für den Schlagzeuger umso reizvoller gestaltete. Man musste eben wissen, ob einem das Pokerface stand oder nicht.

 

Jamie stand es jedenfalls nicht. Und er hatte es inzwischen selbst erkannt. Seitdem Cari reinen Tisch gemacht hatte und offensichtlich war, dass die Anziehungskraft auf Gegenseitigkeit beruhte, konnte er sich ein wenig lockerer machen, sich ein wenig fallen lassen.

Es fiel ihm schwer, sich wie gewünscht aus seinen Kleidern zu schälen, denn die verfluchte Begierde hatte seinen Körper komplett von sich eingenommen, ja war sogar drauf und dran, ihn regelrecht lahmzulegen. Selbst in seinen Fingerspitzen prickelten Verlangen und Vorfreude gleichermaßen, und als er es schließlich vollbracht hatte, sich komplett vor dem anderen zu entblößen, da durchströmte es ihn umso heißer. Zumal Cari sich über die Lippen leckte, als seine Blicke hektisch über ihn wanderten und in diesen ein vielsagendes Funkeln lag.

Jamie war vollends hart, das überraschte Cari nicht, aber es gefiel ihm ungemein, endlich den Beweis in Farbe und zum Greifen nach vor sich zu haben. Wie leicht es doch ging, Jamie zu verführen. Ihr böser, wunderschöner Sänger war eben sehr einfach gestrickt. Ein paar nackte oder sogar nur halbnackte Tatsachen und er geiferte wie ein läufiger Rüde. Aber wie gesagt, es traf sich gut, dass Jamie Cari in diesem Licht sah. Denn der Schlagzeuger hatte sich schon so manches Mal gefragt, wie er den anderen am effektivsten dazu überreden konnte, mit ihm in die Kiste zu gehen. Und jetzt war alles so einfach, dass es beinahe lächerlich schien. Mit Frauen hätte er nie im Leben eine solche Nummer durchziehen können. Die hätten ihm wahrscheinlich nur eine geknallt und wären dann abgezogen. Aber Jamie war eben keine Frau, und genau das war es schließlich auch, was Cari an ihm so reizte.

 

"Komm schon her, Hübscher", raunte er letztendlich, da er es selbst fast nicht mehr ertrug, sich und den anderen hinzuhalten. "Bis Rikki und Tim ausgenüchtert haben, bin ich längst mit dir fertig."

Das ließ sich Jamie nicht zweimal sagen. Ehe er es sich versehen konnte, lag er auf der Couch und Cari thronte triumphierend über ihm, mit einem Grinsen, das an einen Jäger erinnerte, der gerade seine Beute erlegt hatte.

 

War die Liebe nicht manchmal ein einfaches Spiel? Zumindest Jungs durften untereinander auch mal etwas frecher und direkter werden, sich das Wort im Munde herumdrehen und sich jeden Wunsch von den Lippen ablesen.

Vielleicht war die schwule Liebe nicht weniger kompliziert als die heterosexuelle. Zumindest dann nicht, wenn man sie kompliziert machte.

 

Doch Jungs wussten eben am ehesten, was Jungs wollten. Nämlich meistens nur das Eine.

Und das war auch gut so.

Gentle Teasing


 

Gentle Teasing
 

 
 

 
 

Umso länger die Nacht, desto hemmungsloser die Geister. So ungefähr konnte man es ausdrücken. Wenn sich dann auch noch der Alkohol zu der ohnehin schon ausgelassenen Stimmung hinzugesellte, dann wurden die nächtlichen Stunden noch um einiges humorvoller.

Zumindest Cari, Tim und Rikki hatten mächtig Spaß, lachten in einem Fort und schienen ganz vergessen zu haben, dass sie sich in einem öffentlichen Verkehrsmittel befanden. Zum Glück war um diese Uhrzeit kaum noch jemand unterwegs, der sich an ihrem ausgelassenen Lachen und Johlen hätte stören können.

Niemand außer Jamie. Dieser stierte aus dem Fenster, obwohl die Dunkelheit keinen Blick nach draußen erlaubte und er lediglich sein Spiegelbild und das der anderen begutachten konnte.

Doch das scherte ihn nicht. Er war ohnehin viel zu sauer, um irgendetwas anderes um sich herum mitzubekommen, als die ständigen, doofen Sprüche und Grinsgesichter der anderen. Besonders das von Cari ging ihm mächtig auf den Pisser. Denn der Kerl war es auch, der den Bogen langsam überspannte.

 

"Es gibt da etwas, das wollte ich schon lange mal loswerden", setzte er erneut an; seine Stimme bebte vor Belustigung. Er schaute von den anderen wieder hin zu Jamie. Es schien, als würde er gerade eine erneute Gemeinheit aushecken. Tja, und so ungefähr empfand der Sänger es schließlich auch.

"Jamie hat eine Stupsnase."

Ein amüsiertes Raunen ging durch die Runde, nur Jamie blieb wie versteinert sitzen und zeigte keine Reaktion. Erneut hoffte er, Cari würde ihn endlich in Ruhe lassen. Er hatte einen anstrengenden Tag gehabt, einen wenig befriedigenden noch dazu. Die Lieder, die er geschrieben hatte, waren nicht zu seiner Zufriedenheit ausgefallen, und er hatte noch einmal ganz von vorne anfangen können. Kein Wunder, dass es ihn verdrießlich stimmte, als seine Freunde ihn zu mobben begannen. Im Grunde wollte er nur noch in sein Bett fallen und niemanden mehr sehen oder hören.

Erschrocken fuhr er zusammen, als er eine Hand spürte, die sich in sein Gesicht verirrt hatte. Er erkannte blitzschnell, dass sie zu Cari gehörte, der nun auch noch versuchte, seine vermeintliche Stupsnase zu begrabschen.

Das Gelächter schwoll an, als Jamie beschloss, sich das nicht zu bieten lassen. Mit einem Mal war er sogar richtig sauer, sodass es ihm nicht schwer fiel, sich gegen den Angriff zu wehren. Verzweifelt versuchte er, Caris Handgelenke zu packen, um sie anschließend in so festen Griff zu halten, dass er nicht noch einmal zu solch einer Dummheit in der Lage war.

Doch Cari war kein leicht zu schlagender Gegner. Er lachte sich beinahe schlapp, während Jamie ihn verkloppte, ihn dadurch noch unverhohlener begrabschte, als er es vorhin getan hatte.

"Aber es stimmt doch", verteidigte er sich, musste aber schnell seinem Gesicht mit den Händen Deckung bieten, denn Jamie hatte ihm gerade eben schon eine geklatscht. "Du hast ein Stupsnäschen. Haben das nicht eigentlich nur Kinder?"

Er schielte vorsichtig zu dem anderen hinüber, aber da hatte dieser ihn längst hart an den Seiten gepackt und so fand er sich wenig später an Jamie gelehnt wieder und musste ertragen, dass der Sänger ihn komplett verwuschelte.

Aber selbst da konnte er noch nicht aufhören, zu lachen. Er fand es einfach zu niedlich, wie Jamie reagierte, wenn man ihn ärgerte. Genau aus diesem Grund konnte er es sich einfach nicht nehmen lassen, den schönen Sänger immer und immer wieder aufzuziehen.

"Stupsi", giggelte der Schlagzeuger und windete sich in den Armen des anderen, der ihn schließlich von sich wegschubste, sodass er gleich auf den gegenüberliegenden Viersitzer zu rannte und sich an der Scheibe festhalten musste. Dort blieb er kurz stehen, doch dann drehte er sich um, damit er Jamie beobachten konnte, dieses Mal jedoch aus der Ferne.

 

"Was sich liebt, das neckt sich", hörte er Rikki und Tim amüsiert tuscheln, was ihm ganz im Gegensatz zu Jamie ein kleines Schmunzeln abrang. Der Sänger hingegen zog eine bitterböse Fresse und presste seine Schläfe erneut gegen die Scheibe, um den Abweisenden zu spielen.

Doch nicht lange verharrte er in dieser Position. Etwas hatte sein Interesse geweckt, auch wenn er es nicht unbedingt zugeben wollte.

Rikki hatte eine Schachtel Kekse hervorgezaubert. Schokoladenkekse. Kein Wunder, dass Jamie die Öhrchen spitzte, denn er liebte Süßigkeiten und ganz besonders Kekse.

Er versuchte, sich seine Begeisterung nicht zu deutlich anmerken zu lassen, als er zulangte, aber dann steckte er den Keks doch ein wenig zu gierig zwischen seine Lippen und kaute genüsslich.

Cari kam gar nicht mehr dazu, sein Lächeln abzulegen. Stundenlang hätte er Jamie nur anschauen können, wenn er ihn nicht gerade ärgerte. Letzteres tat er ohnehin nur aus einem Grund. Ja, natürlich, er war auch zuckersüß, wenn er sich aufregte, aber ganz besonders hatte er es auf den dann entstehenden Körperkontakt abgesehen.

Wenn Jungs frech wurden, dann wollten sie Liebe. Wusste Jamie das denn nicht? Oder wollte er es nicht wissen?

 

"Awww!"

Cari konnte nicht anders, als ein Laut des Entzückens von sich zu geben. Prompt setzte er sich in Bewegung und ließ sich auf seinen angestammten Platz neben dem Sänger fallen, von dem er ihn noch besser betrachten konnte. Ihn und dieses kleine Detail...

"Jamie hat Schokolade im Mundwinkel!"

Wäre Cari ein Mädchen gewesen, dann hätte er sicherlich gequietscht. Aber er konnte sich gerade noch so beherrschen. Anstelle grinste er ganz breit, als Jamie sich zu ihm umdrehte, ihn anschaute und ganz verdattert 'Wo?' fragte. Da hatte er noch immer einen braunen Mundwinkel.

"Dort!", meinte Cari und prompt hatte Jamie erneut die Griffel des anderen im Gesicht, was ihn unverzüglich reagieren ließ.

Ein noch wilderer Kampf als beim ersten Mal entbrannte zwischen den beiden, doch dieses Mal nahm er eine überraschende Wendung. Zumindest für Jamie.

Urplötzlich hatte Cari ihn am Hinterkopf gepackt, seine Finger in seinen langen Haaren vergraben und ihm so schnell seine Lippen aufgedrückt, dass Jamie noch gar nicht checkte, was überhaupt vor sich ging.

Erst allmählich wurde ihm klar, dass Cari ihn gerade küsste, und das nicht gerade sonderlich zart, sondern voll ungestümen Verlangens.

 

"Müsst ihr dem ganzen Abteil zeigen, wie verrückt ihr nacheinander seid?", hörte er Tim im Hintergrund stöhnen, doch um zu antworten war er viel zu beschäftigt. Denn seine Wut war mit einem Mal verflogen und er spürte tatsächlich nur noch, wie verrückt er nach diesem ungezogenen Bengel war, der ihm gerade einen Kuss geraubt hatte. Freilich konnte er gar nicht anders, als den Kuss zu erwidern, und das ebenso hart, wie der andere ihn begonnen hatte.

Zum Glück war das Abteil inzwischen leer geworden, sodass sie tun und lassen konnten, was sie wollten. Außer Tim und Rikki war niemand da, dem sie zeigen konnten, wie verknallt sie waren. Und das war auch besser so. Wahrscheinlich hätte nicht jeder einfach weggesehen und so getan, als ob nichts wäre. Homophobe Arschlöcher gab es überall, die Jungs ihre Liebe nicht gönnen wollten, weil sie selbst frustriert waren.

 

"Reicht das als Entschuldigung?", hakte Cari leise nach, als er sich von Jamie gelöst hatte, ihre Gesichter aber noch ganz dicht beieinander waren.

"Mh..."

Jetzt war es endlich an Jamie, mal ein wenig frech zu sein. Er tat so, als würde er scharf nachdenken und genoss die Ungeduld des anderen in vollen Zügen.

"Ich glaube, ich muss dich noch mit zu mir nehmen", erklärte er Cari schließlich und grinste schief. "Vielleicht vergebe ich dir, wenn du vor mir auf die Knie fällst..."

"Uh, Dirty birdy!", rief Rikki aus, der natürlich alle Tuscheleien gehört hatte. "Tja, Cari, da wird wohl noch nichts mit schlafen. Alle Hände voll zu tun wirst du haben. Und sogar den Mund..."

Der Schlagzeuger aber lächelte nur süßlich, während er den Blick gar nicht mehr von Jamie abwenden konnte. Diesem wurde es schon bald etwas suspekt und er wollte wissen, wieso er so guckte, aber da drückte Cari ihm plötzlich einen Kuss direkt auf die Nase.

"Ein Stupsnäschen hast du aber trotzdem", feixte der Schlagzeuger anschließend und verpasste ihm noch einen Nasenstüber, was Jamie mit zusammengekniffenen Augen gewähren ließ. "Und das ist total süß."

Nun war es anderen, laut 'Aww!' zu rufen, denn nicht nur Jamies Nase war es, die süß war.

"Hoffentlich ist mein Mundwinkel nun wieder sauber", murmelte Jamie vor sich hin, aber da leckte ihm Cari bereits über die vorhin etwas schmutzige Stelle und bestätigte ihm mit einem gehorsamen Nicken, dass nichts mehr daran erinnerte, dass er vorhin einen Keks gegessen hatte.

"Na ja, außer, dass du noch nach Keksen schmeckst", meinte er dann mit schiefgelegtem Kopf, woraufhin ein Lächeln auf Jamies Lippen aufflackerte.

 

Die restliche Fahrt verbrachten sie so eng aneinander gekuschelt, wie es ging. Jamie hatte seine Stupsnase in das noch immer verwuschelte Haar Caris gedrückt und hielt die Augen geschlossen. Genau wie der andere. Der schlief vielleicht sogar schon, seinen ruhigen Atemzügen nach zu urteilen.

 

"Gesucht und gefunden", beurteilte Tim die friedliche Szene und legte einen Arm um seinen Nebenmann, der prompt seinen Kopf gegen die Schulter des Gitarristen lehnte, während er ihren Kumpels beim Schlafen zuschaute.

"Gefunden und nicht gesucht", murmelte der Bassist müde vor sich hin und ignorierte die verflixte Haarsträhne des anderen, die ihn unter der Nase kitzelte.

"Könnte man so sagen", meinte Tim ruhig, der seinen Kopf nun auf den des anderen legte und diesen Zustand nicht mehr änderte, bis sie an ihrem Ziel angekommen waren.

Fun with Food


 

Fun with Food
 

 
 

 
 

"Da vergess ich doch glatt, dass ich eigentlich hetero bin."

Tims Blicke wanderten suchend über den Pulk an Menschen, der sich mittlerweile nicht mehr nur auf die Bar beschränkte, sondern auch auf die Tanzfläche ausgeweitet hatte. Nun gestalte es sich natürlich noch schwerer, eine ganz bestimmte Person ausfindig zu machen. Auch wenn diese so auffällig gekleidet war wie jene, nach der der Gitarrist gerade auf der Suche war.

Doch auch Rikki schaute sich recht hektisch um. Und dieser war es schließlich auch, der seinem Bandkollegen mit einem Kinnrucken in die entsprechende Richtung zu verstehen gab, dass die Suche geglückt war.

Da stand er tatsächlich. Jamie. Man konnte ihn nur von hinten sehen, denn er lehnte sich über die Bar und kommunizierte angeregt mit dem Barkeeper. Anhand der langen, schwarzen Haare, die über seinen Rücken fielen, hätte man ihn gut und gern mit einer Frau verwechseln können. Sein Outfit trug außerdem seinen Teil dazu bei.

 

Tim und Rikki brauchten nur ein paar Blicke zu tauschen, um sich zu verständigen. Kurz darauf kämpften sie sich durch die Menschenmassen, rempelten hier und da ein paar Cocktailtrinkerinnen an oder fielen auf das Kreuz eines wild tanzenden Typen, dem zugleich seine Polizeimütze vom Haupt purzelte und der Tim einen mürrischen Blick zuwarf.

Rikki packte seinen Kumpel am Arm und zog ihn weiter.

"Sonst nimmt der dich noch fest", feixte er, hatte allerdings keine Ahnung, ob Tim es gehört hatte. Denn die wummernden Bässe der Musik verschluckten alle anderen Geräusche und gingen einem durch Mark und Bein. Eigentlich hielten die Sister-Boys nicht sonderlich viel von elektronischer Musik, aber heute ertrugen sie sie. Der Club war nämlich echt in Ordnung, und er war der einzige in der ganzen Gegend, der eine Faschingsparty veranstaltete. Und Fasching musste einfach sein. Man musste sich nur Jamie anschauen, damit man begriff, wie lohnenswert es war, sich in ein Kostüm zu werfen. Zumindest Tim und Rikki waren dieser Ansicht. Dafür nahmen sie den gleichmäßig klopfenden Rhythmus nur zu gern in Kauf.

 

"Na, Kater?"

Sie hatten es letztendlich geschafft, Jamie zu umringen, ihn in ihre Mitte zu nehmen. Rikki tat ihre Anwesenheit kund, indem er sich zu dem Ohr des Sängers beugte und eher hineinschrie, als dass er flüsterte.

Jamie warf den beiden einen recht zufriedenen Blick zu, nippte an seinem Schnapsglas und ließ seinen Bandkollegen ausreichend Zeit, damit diese ihn erneut in aller Ausgiebigkeit mustern konnten. Und er genoss es schon ein wenig, wie bewundernd ihre Augen an ihm auf und ab glitten.

Es hatte ihn keinerlei Überwindung gekostet, in dieses Outfit zu schlüpfen. Enge Leggings hatte er früher öfter getragen, als Sister noch eine wesentlich sanftere, herkömmliche Sleaze-Rock-Band waren. Und die Felljacke war einfach nur kuschelig und stand ihm wunderbar, wie ihm ein Blick in den Spiegel bestätigt hatte. Er hatte lediglich lange darüber nachgedacht, ob er sich tatsächlich Schnurrhaare ins Gesicht und einen schwarzen Punkt mitten auf die Nasenspitze malen sollte, es aber letztlich doch getan. Wer eine richtige Katze sein wollte, der musste auch ein Wagnis eingehen. Außerdem zierten seinen Kopf ohnehin schon ein paar niedliche, schwarze Öhrchen, die er mittels Haarklemmen befestigt hatte. Und das kleine, bei jedem Schritt bimmelnde Glöckchen um seinen Hals war ja wohl schon so kindisch, dass das passende Make Up den Kohl auch nicht mehr fett gemacht hätte.

 

"Na, Cowboy?", stellte er die Gegenfrage, schaute von Rikki hin zu Tim, dem sein Matrosenhütchen so gut stand, dass Jamie jedes Mal lachen musste, wenn er ihn anblickte.

"Na, Matrose?"

Er machte eine kurze Pause und schaute sich suchend um.

"Ist Cari noch immer nicht aufgekreuzt?"

"Macht doch nichts", erwiderte Tim jedoch nur und strich Jamie eine seiner langen Strähnen, die ihm über die Schulter gefallen war, wieder nach hinten. Dann kraulte er das Plüsch seiner Jacke wie das Fell einer wirklichen Katze und schmiegte seine Stirn an den Kopf des anderen.

"Wir spielen genauso gerne mit dir..."

"Ihr habt nicht mal ein Wollknäuel", pikierte Jamie sich und ging ein wenig auf Abstand.

"Ich hab leider auch keines", vernahm er hinter sich eine Stimme, was ihn prompt aufschrecken und sich umdrehen ließ.

Cari stand vor ihm. Und er grinste ihn keck an. Der Sänger brauchte eine ganze Weile, um zu verarbeiten, was er sich gerade anschaute. Im Grunde klappte ihm nur die Kinnlade nach unten, denn das Outfit konnten keine Worte beschreiben.

Der Cowboy und der Matrose waren plötzlich vergessen, obwohl die beiden auch sehr niedlich gewesen waren. Aber eben nicht so eindrucksvoll wie Cari. Der war nämlich auch alles andere als niedlich. Der war einfach nur total heiß und sexy! Bestimmt wusste er ganz genau darum, und deswegen genoss er es auch in vollen Zügen, als Jamie die Arme um ihn schlang und seinen Kopf an seiner Brust rieb. Auf diese Art und Weise zeigten Katzen, dass sie jemanden gern hatten. So markierten sie ihr Revier. Wenn Cari nach ihm duftete, dann war er seins. Ganz allein nur seins.

"Mrau", machte Jamie auf ganz hinreißende Art und Weise und blickte hinauf zu seinem Bandkollegen.

Was hatte diesen nur dazu inspiriert, als Teufelchen zu gehen? Diese roten Hörner, die er auf seinem Kopf trug, die standen ihm so gut zu Gesicht, dass Jamie sich fragte, ob die ihm nicht tatsächlich über Nacht gewachsen waren.

Begehrlich fuhr er mit der Hand über den knisternden Lack, den der andere am Körper trug, und das freilich nicht nur obenrum. Auch seine wirklich extrem kurzen Shorts bestanden aus diesem Material, welches verführerisch glänzte und perfekt zu einer Sünde wie Cari passte. Die hohen Stiefel, die kurz unter seinem Knie abschlossen, komplettierten das Outfit auf fabelhafte Weise.

Jamie war komplett fasziniert von dem heißen Schlagzeuger. So sehr, dass er ihn auf eine gerade freigewordene Sitzecke zog und keinen Millimeter mehr von dessen Seite wich. Tim und Rikki schmeckte dies gar nicht so recht, aber sie konnten Jamie, aber auch Cari nur zu gut verstehen. Niemand im ganzen Club konnte mit ihnen mithalten. Selbst ihren eigenen Bandkollegen liefen sie gnadenlos den Rang ab. Tim hätte sich am liebsten in den Arsch gebissen, als er darüber nachdachte, dass er die Idee, als Teufel zu gehen, sofort wieder verworfen hatte. Ihm hätte dieser Aufzug nämlich auch wunderbar gestanden. Den bösen Blick beherrschte er seiner Meinung nach sogar noch besser als Cari.

 

Dieser stieß das kleine Glöckchen an Jamies Hals zum wiederholten Male an, während die andere Hand sich wie zufällig ihren Weg zu einer ziemlich pikanten Stelle an Jamies Körper bahnte, welche sich unter der engen Hose ziemlich deutlich abzeichnete.

"Ich habe dich ehrlich gesagt nur an Tim und Rikki erkannt", gestand der Schlagzeuger ihm schob sein Gesicht so nahe zu Jamies Hals, als ob er ihn gleich küssen wollte. "Von hinten sieht man echt nicht, dass du ein Kater bist und keine Katze."

Er schmunzelte in sich hinein.

"Ich hoffe, du bist nicht kastriert..."

Jamie riss fassungslos den Mund auf und drehte sich zu Cari um, dessen Grinsen noch nicht einmal jetzt aus seinem Gesicht verschwand.

"Ich bin doch nicht kastriert!", belehrte der Sänger ihn zugleich und drängte sich wieder ein wenig näher gegen ihn. So nah, dass er dessen Duft nach Patchouli deutlich wahrnehmen konnte. "Ich bin anstelle zurzeit sogar ziemlich rollig. Ich glaube, ich muss mir heute noch eine Katze suchen, die sich mit mir paaren will."

"Ich habe hier aber noch keine Katze gesehen", stellte Cari fest und zog eine Schnute.

"Schade", bedauerte Jamie. Sein Kopf ruhte nun endgültig an der Brust des anderen und sein Blick war nach oben in dessen Gesicht gerichtet. "Dann werde ich wohl mal den Teufel fragen müssen, ob der sich meiner heute Nacht annimmt..."

Die Richtung, in der ihr Flirt ging, gefiel Cari mehr als nur gut. Außerhalb von Karneval hätte keiner von ihnen wohl nur im Ansatz gewagt, einen der anderen anzubaggern. Doch jetzt, gehüllt in Kostüme, fielen prompt alle Hemmungen und zugleich gestaltete sich das Spiel so um einiges interessanter.

 

"Ist das nicht zoophil, mit einer Katze rumzumachen?", wollte Cari wissen, doch Jamie grinste ihm nur keck entgegen und leckte ihm forsch über die Lippen.

"Den Teufel sollte das nicht stören, der lebt doch in ständiger Sodomie. Außerdem ist der Teufel kein Mensch. So heiß kann einfach kein Mensch sein. Er ist doppelt so heiß wie alle Cowboys und Matrosen zusammen. Schon deshalb, weil er kurze Hosen und Hörner trägt."

Jamie stupste mit der Nase gegen Caris Wange, was einen kleinen, schwarzen Streifen auf dessen Haut zur Folge hatte. Doch es störte ihn keineswegs, dass sein gepudertes Gesicht nun nicht mehr so makellos war wie noch zuvor. Sie würden ohnehin nicht mehr lange bleiben, sondern sich zurückziehen. Dass sie sich sehr zueinander hingezogen fühlten, das war offensichtlich. Auch für Tim und Rikki, die mit ihren Getränken an einer Wand lehnten und sich wie das fünfte Rad am Wagen fühlten. Jamie und Cari hätte dies bestimmt leidgetan, hätten sie irgendeinen Gedanken an die anderen verschwendet. Aber mittlerweile waren sie so miteinander beschäftigt, dass es außer Knutschen nichts anderes auf der Welt mehr für die beiden zu geben schien. Dass sie eigentlich hetero waren, das hatten sie genau wie ihre Bandkollegen schlichtweg vergessen.

 

"Ich hab Hunger", schnurrte Jamie, als sie es geschafft hatten, sich für kurze Zeit voneinander zu lösen. Seine Hände legten sich beide auf Caris Brust und ihre Blicke trafen sich. "Hast du was zu naschen für mich?"

"Zu Hause...", raunte der Schlagzeuger und erhob sich kurzerhand, packte dabei Jamie an der Hand. "Zu Hause hab ich etwas Leckeres."

"Und das wäre?"

Jamies Augen funkelten.

"Es ist weiß, es ist cremig, und alle Katerchen lieben es."

"Mhhh...", machte der Sänger angetan und leckte sich über die Lippen. Er ahnte bereits, um was es sich handelte, und er war prompt voller Vorfreude. Nur zu gerne ließ er sich von seinem heißen Teufelchen durch die Menschenmassen ziehen, doch als Tim und Rikki vor ihnen auftauchten, legte sein Lackprinz kurzerhand einen Stopp ein.

"Wir gehen", rief er ihn zu, was die anderen mit langen Gesichtern kommentierten.

"Dürfen wir nicht mit?"

Jamie drängte sich dicht neben Cari und verzog frech die schwarzen Lippen.

"Cowboys reiten doch nur Pferde", urteilte er, als er Rikki anschaute. "Und Matrosen kommen in den Knast, wenn sie sich an Katzen vergehen." Dabei guckte er Tim an, welcher etwas sauer die Arme vor der Brust verschränkte.

"Und was, wenn die Katze es auch will?", wollte der Gitarrist wissen.

"Die Katze will es nur, wenn du sie mit einer weißen Leckerei bestichst."

Das war Cari, der sich triumphierend einmischte. Jamie war seine Beute, er würde sie nicht mit den anderen teilen. Zumindest nicht heute Nacht.

"Und du glaubst, die kannst nur du ihr bieten, Teufel?"

Rikki blieb skeptisch. Und Tim guckte mürrisch vor sich hin.

"Geh du lieber mal dein Pferd besamen", ärgerte Cari ihn, zwinkerte ihm zu und verschwand dann mit Jamie lachend in der Menschenmenge.
 

 
 

*
 

 

"Ich habe eventuell recht", meinte der Schlagzeuger, als sie bei ihm zu Hause angekommen waren und Jamie zu allen Schandtaten bereit auf dessen Couch im Wohnzimmer saß. "Die anderen haben womöglich wirklich keine weiße Leckerei."

Jamie verschluckte sich beinahe an seinem Getränk. Er prustete belustigt auf, aber war zugleich auch ein wenig irritiert.

"Das sind doch Typen", wunderte er sich und warf Cari einen Blick zu, welchen dieser erwiderte. "Und die haben einen recht krassen Sexualtrieb, ich glaub nicht, dass die-"

"-kastriert sind?"

Nun war es an Cari, loszuprusten. Jamie guckte ihn lediglich verdutzt an.

"Mit 'weißer Leckerei' meinte ich auch gar nicht unbedingt Sperma. Aber schön, dass du meinen Samen als so köstlich ansiehst."

Jamie grinste etwas beschämt vor sich hin, was in Caris Augen absolut hinreißend war. Er hatte sich ohnehin schon in sein schönes Katerchen verguckt, aber wenn es plötzlich ganz schüchtern und verdruckst wurde, dann konnte der Teufel sich kaum mehr beherrschen. Jamie war furchtbar heiß in seinem Outfit, mit seinen langen Haaren, den schnuckeligen Katzenöhrchen und dem putzigen Make Up. Mittlerweile überlegte er tatsächlich, ob er nicht doch gleich damit beginnen sollte, die eigentliche, von Jamie ersehnte Leckerei anzuzapfen. Doch ein paar aufreizende Spielchen waren auch nicht schlecht. Schließlich musste die Nacht genossen werden und es wäre schade gewesen, wenn sie zu schnell aus ihren hübschen Outfits geschlüpft wären, wo sie sich doch so gefielen.

 

Noch ehe Jamie etwas sagen konnte, hatte Cari sich in die Küche verzogen, um einen Blick in den Kühlschrank zu werfen. Er hatte Recht gehabt. In einem der Fächer befand sich noch genau ein Becher mit Naturjoghurt, so, als hätte der Zufall ihn hergezaubert.

Kurzerhand griff Cari nach dem Produkt, gab der Tür einen Stoß, damit sie zufiel und gesellte sich dann wieder zu dem Objekt seiner Begierde, dessen Glöckchen bereits verführerisch bimmelte, als er sich mit dem Becher in der Hand neben es fallen ließ.

"So, Katerchen", begann er verheißungsvoll. Dabei riss er unter Jamies neugierigen Blicken den Deckel ab. "Soll ich dich füttern?"

Jamie nickte eifrig, und Cari musste grinsen, als er ohne groß zu Zögern zwei Finger in dem weißen Milchprodukt versenkte und sie kurze Zeit später wieder herauszog, um sie Jamie an die Lippen zu halten.

Gierig begann der hübsche Kater, den Joghurt von Caris Fingers zu lecken. Die Erregung des Teufels bekam daraufhin einen mächtigen Schub verpasst, rieselte mit einer Intensität durch dessen Körper und setzte sich schließlich hartnäckig zwischen dessen Beinen fest.

Es war einfach nur zu erotisch, dem Sänger dabei zuzusehen, wie er genüsslich die Augen geschlossen hielt und seine weiche, aber zugleich etwas raue Zunge über die von Joghurt über und über benetzten Finger gleiten zu spüren. Jamie stand die Katzenrolle wirklich wunderbar, und Cari fragte sich, wie man das Verlangen nach Sex bei einem Teufel wohl bezeichnen würde.

 

Bald schon tat Jamie aber etwas wenig Katzenhaftes. Nachdem Cari seine Finger erneut in den Joghurt getaucht hatte, öffnete er seinen Mund und schloss seine Lippen um die Fingerkuppen des anderen. Prompt begann er, regelrecht zu lutschen, und dabei schaute er Cari direkt in die Augen.

Dass der Sänger einen Blowjob simulierte, das war mehr als eindeutig. Und das sorgte dafür, dass Cari immer ungeduldiger wurde. Schließlich rieb er die Lippen des anderen mit dem Joghurt ein, so großzügig, dass Jamie fast Angst um sein Felljäckchen bekommen hätte, aber noch ehe etwas sagen konnte, hatte Cari ihn in einen ungestümen Kuss verwickelt, der sie beide gleichsam aufkeuchen ließ. So viel Lust, so viel Verlangen schwang darin, und sie beide fragten sich gleichermaßen, wieso sie das nicht schon viel eher einmal gemacht hatten.

Der säuerliche Geschmack von Joghurt vermischte sich mit dem ihres Speichels, und immer wieder nahm Cari etwas von der Leckerei nach, um sie in den Kuss einzubinden.

Irgendwann begann der Joghurt aber tatsächlich über Jamies Kinn zu rinnen, und da er nicht sprechen konnte, weil er viel zu sehr mit küssen beschäftigt war, gab er einen gurrenden Laut von sich und versuchte, seine Jacke loszuwerden.

"Sag mir doch, dass du dich ganz dringend ausziehen möchtest", neckte Cari ihn und half ihm natürlich nur zu gerne aus dem viel zu warmen, schwarzen Kunstpelz, streifte ihn über die Schultern des anderen, bis dieser mit bloßem Oberkörper vor ihm saß.

Das konnte man selbstverständlich nicht ungenutzt lassen. Diese wundervolle, durch ihre Aufenthalte am Strand etwas gebräunte, tätowierte Haut, musste man einfach küssen, und das tat Cari auch in aller Ausgiebigkeit, nachdem er den kleinen Joghurtfaden vom Kinn des mit einem Zungenschlag entfernt hatte.

Er rieb den schönen Sänger regelrecht ein mit dem weißen Zeug, nur, um es zugleich wegzulutschen, zu lecken und zu küssen. Und Jamie genoss es mit in den Nacken gelegten Kopf und geschlossenen Augen, so intensiv von seinem heißen Teufelchen verwöhnt zu werden. Dieses zupfte mit den Lippen herausfordernd an seinen kleinen Brustwarzen, saugte ein wenig an ihnen, bis Jamie aus seinen halb geschlossenen Liedern sehen konnte, wie der Kopf mit den Teufelshörnern weiter abwärts wanderte.

Da begann das Prickeln in ihm endgültig zu blühen. Oh ja, er konnte es um ehrlich zu sein kaum noch erwarten, dass sein Penis etwas Aufmerksamkeit erhielt. Deswegen spreizte er einladend die Beine, was sich jedoch als Fehler erwies. Prompt hielt Cari inne und schaute an dem Sänger empor. Doch noch ehe dieser etwas sagen konnte, wartete Jamie mit einem raffinierten Plan auf.

"Du solltest mich mit in dein Bett nehmen, ich bin nämlich sehr verschmust."

Das entlockte Cari ein keckes Grinsen.

"Glaubst du denn ernsthaft, dass der Teufel gerne schmust?"

Er erhob sich, schob sich über Jamies Körper und stützte sich mit den Händen links und rechts von dem anderen ab. So hatte es etwas Bedrohliches, für Jamie zugleich aber auch etwas sehr Reizvolles. Irgendwie mochte er es nämlich, wenn der andere den dominanten Part einnahm.

"Teufel wie ich stehen eher auf harte, reine Unzucht", raunte Cari nahe dem Ohr des Sängers, und dieser konnte sich kaum der Gänsehaut entwehren, die sich auf seinen Armen ausbreitete.

"Mh, ich glaube, das lässt sich verbinden...", überlegte Jamie laut und fasste nach den Hüften des anderen, um ihm zu verstehen geben, dass er aufstehen wollte.

Dieser verstand natürlich sofort und gemeinsam verzogen sie sich schließlich in das Schlafzimmer, um sich endlich Kater Jamies liebster Nascherei zu widmen...

Furry Handcuffs


 

Furry Handcuffs
 

 
 

 
 

Ergreifend. Tiefgehend. So tief. Die Lust prickelte unter seiner Haut, rauschte durch seinen Körper. Setzte sich schließlich fest.

Rasend.

Es war ihr erstes gemeinsames Mal gewesen. Sein erstes Mal mit Männern. Und es hatte ihn schlichtweg zu überwältigen gewusst. Begonnen als eine Sache reiner Neugierde, hatten sie alle bald schon Gefallen daran gefunden, Jamie gehörig den Kopf zu verdrehen. Nachdem sie gesehen hatten, wie er darauf reagierte, hungrig und voll Gier, sich ihnen regelrecht anbot, da hatten sie ihr Bestes gegeben, um ihn um den Verstand zu bringen.

Nun lag er da, mit geöffneten Lippen, begierig darauf, zu erspüren, was sie als nächstes für ihn bereithielten. Überall schienen sie zu sein, und es bescherte ihm heiße, drückende Gefühle in seinen Lenden. Und als sich einer seiner Jungs an ihm hinabküsste, da windete er sich in seiner unerträglichen Vorfreude und hörte, wie sein Atem in seiner Kehle vibrierte und er schließlich heisere, abgehackte Laute von sich gab.

Das war gut, so gut. Das war genau das, was er schon so lange gebraucht, aber nie bekommen hatte. Noch in seinem Wahn verdrängte er den Gedanken beflissentlich, ein Kerl vom anderen Ufer zu sein und beschloss, nicht über sich zu urteilen. Das hier, das war dazu bestimmt, ohne irgendwelche selbstgesteckten Grenzen, ohne einengende Ketten genossen zu werden, und Jamie konzentrierte sich schließlich nur noch auf das, was sich gerade zwischen seinen Beinen abspielte und seinen Körper Achterbahn fahren ließ.

Immer wieder stöhnte er erregt auf, leckte sich über die trockenen Lippen, und irgendwann formte er ein Wort, nicht aus einem Reflex heraus, sondern schlichtweg, weil er wissen wollte, wie es sich anhörte, wenn er es in diesem Zustand der Grenzwertigkeit von sich gab.

Zitternd, bebend. Elektrisiert.

 

"Cari...", seufzte er, denn es war der Schlagzeuger, der so mutig gewesen war und sich dazu entschlossen hatte, einfach mal so sein Blowjobdebüt zu feiern. Das sollte belohnt werden. Das sollte-

Hä? Was?

Ein böses Wummern raste plötzlich durch Jamies Wange und er riss erschrocken die Augen auf. Direkt über ihm war das Gesicht einer Frau, das ihn erzürnt anstarrte, und da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

Er hatte gerade seinen Fantasien nachgehangen, das vor einigen Tagen Erlebte Revue passieren lassen. Hier gab es keine Jungs, die ihn durchnahmen, als gäbe es keinen Morgen, und somit gab es auch keinen Cari, der ihm einen blies. Das, was er um sich herum gespürt hatte, war ein weiblicher Mund. Der Mund des Mädels, welches er aus bloßer Langeweile aufgerissen hatte, die es aber zugleich ziemlich ernst mit ihm gemeint und ihm keine Möglichkeit mehr gegeben hatte, sich der Nummer zu entziehen, auch wenn er gewollt hätte.

Natürlich, sie war hübsch gewesen, vorhin. Nun war sie es ganz sicher nicht mehr. Nun spiegelte sich nur noch Hässlichkeit in ihren braunen Augen. Rasende Hässlichkeit. Jamie rechnete schon damit, noch eine gepfeffert zu bekommen, und er verfluchte Gott und die Welt dafür, dass er sich auf dieses perfide Spielchen eingelassen hatte, das ihm jegliche Bewegungsfreiheit gekostet hatte. Sie hätte ihn schlagen können nach Herzenslust, und Jamie traute es ihr sogar zu. Sie hatte ihm sicher nicht umsonst gleich ziemlich zu Anfang klargemacht, dass sie auf leichte SM-Spielchen stand. Wie dumm Jamie gewesen war, auch diese neue Erfahrung so leichtfertig mitzunehmen. Bei Weitem nicht jede fiel so glücklich aus wie das Erlebnis mit seinen Jungs. Dieses hier, das war zum Scheitern bestimmt. Und das nur, weil er den Kopf im Moment nicht frei für eine weibliche Bettgefährtin hatte. Weil er ständig an Cari und die anderen denken musste. Selbst jetzt noch, als er auf diesem verdammten Hotelbett gelandet war, er seine Hände mit plüschigen Handschellen gefesselt an dem oberen Ende fixiert wusste und er keine Chance sah, sich ohne Hilfe zu befreien.

 

"Schön, wenn du mich nicht zu schätzen weißt", zuckte das Mädel, an dessen Namen er sich nicht einmal erinnern konnte, die Schultern und stieg von ihm herunter. Nun funkelte es ihn nicht mehr böse an. Nur noch ihre bloße Gleichgültigkeit ließ sie Jamie spüren. Sie war nicht auf den hübschen Sänger angewiesen. Da draußen gab es noch andere Männer, die es wenigstens wert waren, eine Frau wie sie abzubekommen.

Hastig begann sie, sich anzuziehen. Und Jamie wurde unruhig. Das Geschehen entwickelte sich in eine Richtung, die ihm ganz und gar nicht gefiel. Verärgere niemals eine Frau, wenn du ihr schutzlos ausgeliefert bist, raste es durch seinen Kopf. Eine ärgerliche Frau geht über Leichen, besonders dann, wenn diese Leiche mal ein Mann gewesen ist.

 

Voller Hektik hob sie ihre Tasche auf, rückte sich den Ausschnitt ihres Tops gerade und warf Jamie noch einen letzten, schnellen Blick zu.

"Viel Spaß noch", sagte sie mit hämischem Unterton. "Ich würde ja am liebsten hören, wie verzweifelt du nun nach deiner ach so tollen Cari rufst", sie zog eine Schnute, "aber ich muss leider weiter. Lass den Houdini raushängen. Aber ich glaube, dafür bist du auch zu dumm. Solche Typen wie du machen Frauen lesbisch, weißt du das eigentlich?"

Es reichte. Diese blöde Kuh redete sich richtig in Rage und warf ihm Dinge an den Kopf, die absolut übertrieben und sogar falsch waren. Aber diese Tussi hier war eine von der Sorte, die man am liebsten dumm sterben sah. Deswegen ließ Jamie sie in dem Glauben, dass böse, böse Männer Frauen an die Homosexualität trieben und setzte noch einen drauf.

"Wegen Tussen wie dir werden Männer schwul!", keifte er, doch da hatte die Tante sich längst verdünnisiert und Jamie seinem traurigen Schicksal überlassen.

Gefesselt an das Bettgestell. Da konnte man schon etwas Angst bekommen. Wenn man sich einmal in einer öffentlichen Toilette eingesperrt hatte, dann hatte man eine ungefähre Vorstellung davon, was der Arme nun durchmachen musste.

Panisch bewegte er seine Arme, doch natürlich saßen die Schellen bombenfest, und nur diese blöde Bitch besaß den Schlüssel.

Wie war das doch gleich gewesen? Sie stand auf BDSM? Man hätte ihr ein Ausübungsverbot erteilen sollen, denn das, was sie abgezogen hatte, war weder safe noch consensual. Jamie hing in den Ketten, und er war ganz alleine, ohne irgendjemanden, der ihm hätte behilflich sein können.

Egal, wie oft er sich zur Ruhe ermahnte, sein Puls raste voller Angst und auch der Ausblick darauf, dass irgendwann ein Zimmermädchen kommen musste, um die Unterkunft für den nächsten Gast bereit zu machen, half ihm nicht sonderlich.

Er hatte schlichtweg Schiss. Schiss vor dem Tod, der ihn irgendwann ereilen würde, wenn er nicht mehr von diesem verdammten Bett wegkam.

Wie lange dauerte es noch mal, bis Menschen verdursteten? Ein paar Tage? Und wie fühlte es sich an, auf diese Weise zu verrecken?

Theoretisch hätte er nur um Hilfe zu schreien müssen, aber lieber wäre er tatsächlich gestorben, als sich auf diese Art und Weise zum Affen der Nation zu machen. Niemand sollte ihn so sehen. So hilflos wie ein Baby, und dazu nackt. Die Fragen und Blicke wollte er sich ersparen.

Lieber tot und ehrenvoll als lebendig, aber bis auf die Knochen blamiert.

 
 

*
 

 
 

"Wir haben aber leider kein einziges Zimmer mehr frei, tut mir leid."

Von der Freundlichkeit der Empfangsdame konnten die Jungs sich allerdings auch nichts kaufen. Sie benötigten eine Unterkunft, und das möglichst bald, denn schließlich war die Nacht nicht mehr sonderlich lang und ein paar Stunden Schlaf hätten es schon noch sein dürfen. Auch wenn der morgige Auftritt noch in den Sternen stand. Schließlich ging Jamie nicht mehr an sein Handy.

Seit Ewigkeiten versuchten sie, ihn zu erreichen, und immer ging nur die Mailbox ran. Zunächst hatten sie geglaubt, dass zwischen der Tussi und ihm eben ein sehr leidenschaftliches Spiel entbrannt war, aber mittlerweile machten sie sich doch Sorgen. Große Sorgen sogar. Ein Risiko bestand im Grunde immer, wenn sie sich auf wildfremde Menschen einließen, und auch, wenn man sich eher mit Frauen abgab, konnte man in die Hände eines Schwerverbrechers gelangen.

Sie hatten Angst um ihren Sänger. Und dass sie nicht einmal wussten, wo er sich aufhielt, machte die Sache nicht gerade einfacher.

 

Leider war keiner der drei Jungs imstande, einen unwiderstehlichen Hundeblick aufzusetzen, denn so niedlich waren sie nicht, ganz im Gegenteil. Vielleicht wollte die Dame am Tresen sie lediglich verjagen, weil sie um den Haussegen fürchtete. Sie konnte es unmöglich verantworten, dass die drei Typen eine satanische Party in einem dieser Zimmer veranstalteten. Zum Schluss entführten sie noch ein Kind und opferten es dem dunklen Herrn himself. Schließlich sahen Cari, Tim und Rikki nicht so aus, als würden sie gern Blümchen pflücken und aus Buntpapier Schmetterlinge ausschneiden, um sie sich dann an die Wand zu hängen.

 

"Auch nicht für eine Nacht?"

Cari versuchte es nun doch mit einem Schmollmund, der ihm aber sicher kläglich misslang, denn die Frau ließ sich partout nicht erweichen.

"Es ist alles besetzt. Bis auf ein Zimmer", rutschte es ihr heraus, aber sie setzte noch hastig etwas hinterher. "Doch nach diesem hat noch kein Zimmermädchen gesehen. Es ist also-"

"Egal, das nehmen wir", nickte Rikki kurzerhand. Sie waren durch das Tourleben mittlerweile nicht mehr sonderlich empfindlich, was schmutzige und eklige Hotelzimmer anging. Von Wichsflecken an der Wand und Schamhaaren unter der Bettdecke hatten sie schon alles er- und auch überlebt. Schlimmer konnte es sie hier also gar nicht mehr treffen. Deswegen ließen sie sich nach einigem Drängen die Schlüssel reichen, und man sah der Hoteltante ganz genau an, dass sie diese nur äußerst widerwillig aushändigte.

 

"Und du glaubst echt, dass Jamie in der Klemme steckt?"

"Mir ist so..."

Rikki und Tim klopften ihrem Schlagzeuger gemeinschaftlich auf den Rücken und lachten beinahe gerührt auf.

"Deinem Süßen gehts gut", feixte Tim, der der Einzige war, der noch daran glaubte, dass Jamies Leben in geordneten Bahnen verlief. "Du wirst sehen, er wird gleich anrufen."

"Und wenn nicht?"

Cari stand die Sorge ins Gesicht geschrieben. Er hatte noch nicht einmal Sinn dafür, seinem Bandkollegen für den 'Süßen' zu schelten. Jamie war nicht sein Süßer. Er war einfach nur jemand, den er sehr gern hatte. Und um den er sich Gedanken machte.

"Dann musst du ihn retten", erwiderte Rikki und streckte heroisch einen Arm in die Luft. "Super-Cari kommt geflogen und befreit seine holde Maid...ähm...seinen...Süßen aus den Fängen der bösen, bösen Frauen!"

"Ihr seid blöd, alle beide. Schön, dass ihr euch keine Sorgen macht."

Mit diesen enttäuschten Worten steckte er den Schlüssel in das Schloss des vor ihnen liegenden Zimmers, das ihnen heute Nacht gehören sollte. Doch als er begann, den Schlüssel zu drehen, stellte er voll Verwunderung fest, dass die Tür noch offen war.

Trotzdem trat er vor den anderen in den Raum ein, schaute erst nach links und dann nach rechts und - erblickte den ans Bett gefesselten Jamie, der zugleich ein unendlich erleichtertes, aber auch sehr gequältes Gesicht zog.

"Oh Gott!", stieß Cari aus und rannte zugleich auf seinen armen Sänger zu, um unsinnigerweise an dessen Handschellen zu rütteln. Als er erkannte, wie sinnlos das Unterfangen war, legte er seine Hände auf die bloße Brust des anderen und schaute ihm sehr besorgt in die Augen.

"Gehts dir gut?", erkundigte er sich zaghaft, und als Jamie genauso zaghaft nickte, seufzte er beinahe erleichtert auf. Dann riss er seinen Blick von Jamie los und musterte die anderen, die nutzlos neben ihnen standen und nicht so recht wussten, was sie nun tun oder lassen sollten.

"Ich hab doch gesagt, dass er in Schwierigkeiten steckt", sagte er kalt, aber dann besann er sich darauf, dass Vorwürfe sie jetzt auch nicht weiter bringen würden. "Wir müssen ihn hier irgendwie abkriegen. Hat einer von euch eine große Zange? Oder etwas, um Stahl zu schmelzen?"

"Ich könnte meine Zähne zur Verfügung stellen", bot Tim an, einfach deswegen, weil es ihm ziemlich peinlich war, dass er Caris Befürchtungen nicht sonderlich ernst genommen hatte.

"Ist schon gut, Jungs", mischte sich Jamies dünnes Stimmchen da jedoch ein. "Ich kann das aushalten bis morgen."

Und leise fügte er hinzu: "Hauptsache, ich bin nicht mehr allein..."

 

Besonders Cari hatte kein sonderlich gutes Gefühl dabei, Jamie in seiner misslichen Lage verharren zu lassen, aber im Grunde waren sie alle zu müde, um jetzt noch irgendetwas auszurichten. Erst morgen würden sie dem Hotelpersonal Bescheid sagen, ob Jamie wollte oder nicht. Diese Blöße musste er sich geben. Aber im Grunde hätte er sich gar nicht zu schämen brauchen, wie die Jungs feststellten, nachdem er ihnen die ganze Geschichte erzählt hatte.

 

"Pah, die spinnt wohl!", mokierte Cari sich, als sie sich alle zusammen in dem Doppelbett eingefunden und über Jamies Bericht längst vergessen hatten, dass sie ursprünglich schlafen wollten.

Die Augen des Schlagzeugers wurden ganz schmal vor Wut.

"Wenn ich die in die Finger kriege...diese bekloppte Möchtegern-Domina..."

"Wir helfen dir dabei, sie mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen", stellte Rikki klar und Tim nickte seine Zustimmung. "Die wird sich umgucken, wenn die nicht mehr vom Bett loskommt..."

"Unseren Jamie ärgert niemand ungestraft", befand Tim zusätzlich, woraufhin der Sänger unsicher, aber ziemlich gerührt vor sich hin schmunzelte.

Dann herrschte für kurze Zeit Schweigen zwischen den Vieren. Bis Cari wieder die Stimme erhob.

"Also wenn du einen fremden Namen stöhnen würdest, während du mit mir zugange bist, dann würde ich dir höchstens eine klatschen", meinte er und warf Jamie einen vielsagenden Seitenblick zu. "Und dann würde ich mir noch mehr Mühe als ohnehin schon geben, damit du alle anderen vor und neben mir vergisst."

Jamie wusste nicht so recht, was er dazu sagen sollte. Denn er hatte den anderen verschwiegen, dass es Caris Name war, der ihm ausversehen über die Lippen gekommen war. Er hatte ihnen auch nicht erzählt, dass er an ihren Sex denken musste, die ganze Zeit über, als die olle Tussi seinen hilflosen Leib bearbeitet hatte.

 

"Hach, du hast eben nur ein schlechtes Gedächtnis, das ist alles", seufzte Tim tief und kuschelte seinen Kopf gegen die Brust des gefesselten Sängers. "Man kann sich ja auch nicht alle Namen merken und sie dann auch noch den richtigen Mädels zuordnen."

"Aber es ist schon ein wenig peinlich, wenn man einer Frau den Namen eines Typen entgegenschmettert", kam es Jamie schließlich doch über die Lippen.

Die anderen guckten ihn allesamt recht erstaunt an. Und da begann er, mit den Augen zu rollen.

"Ja, ja, ich gebs ja zu, ich hab an euch gedacht", platzte es aus ihm heraus. "Was kann ich dafür, wenn das so gut war?"

"Wegen Tussen wie dir werden Männer schwul!", äffte Rikki Jamies Stimme nach, denn von diesem Detail hatte er seinen Freunden berichtet.

"Du musstest ja schon viele dumme Puten gehabt haben, dass du sogar mit Männern poppen willst", raunte Cari ihm zu und zwirbelte eine von Jamies langen Haarsträhnen zwischen seinen Fingerspitzen. Doch der Sänger wusste ganz genau, wie er perfekt auf diesen Kommentar kontern konnte.

"Und wie viele dumme Puten hattet ihr schon?", zwinkerte er den anderen vielsagend zu, woraufhin keiner mehr etwas zu sagen wusste. Sie alle drängten sich nur noch näher gegen ihn und bewiesen somit, dass Jamie bei Weitem nicht nur Caris Süßer war.

 

"Du, Jamie?"

"Ja?"

Cari grinste vor sich hin, ließ seinen Blick erst in aller Ausgiebigkeit über Jamies Körper gleiten (der natürlich noch immer so wundervoll nackt war) und blieb dann an den plüschigen, rosa Handschellen hängen.

"Die Idee ist echt nicht schlecht."

"Welche Idee?"

"Na..."

Behutsam wanderten Caris Finger über Jamies Haut und blieben schließlich an jener Stelle liegen, die zwei tätowierte Pistolen zierten.

"Dich zu fesseln und dann mit dir zu schlafen."

Sie sahen sich lange in die Augen.

"Wir lassen dich auch nicht hängen, versprochen", säuselte Tim, der seine Hand ebenfalls zu den beiden Pistolen auf Jamies Unterleib schob. "Im wahrsten Sinne des Wortes."

 

Was für ein Glück Jamie doch mit seinen besten Freunden hatte. Manchmal, da schlich sich tatsächlich der Gedanke in seinen Kopf, dass Männer die besseren Menschen waren.

Die besseren Menschen und vielleicht sogar die besseren Liebhaber...

 

Body Heat

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Surprise Wake Up


 

Surprise Wake Up
 

 
 

 
 

Fenster. Weiße Gardine. Apricotfarbene Wände.

Jamie brauchte stets seine Zeit, um zu kapieren, dass er wieder einmal in irgendeinem x-beliebigen Hotelzimmer aufgewacht war und nicht in seinem eigenen, kuscheligen Bettchen.

Obwohl es für ihn längst nichts mehr Ungewöhnliches darstellte, in fremden Räumen die Augen aufzuschlagen, befanden sie sich doch den Großteil des Jahres auf Tour. Trotzdem - Jamie würde sich wohl nie daran gewöhnen können. Im Grunde hasste er es sogar. Kaum, dass er zu sich gekommen war, verspürte er eine innere Leere, die man mit Worten nicht beschreiben konnte. Es war ein Gefühl von Anonymität, an einem Ort aufzuwachen, der einem nichts bedeutete, nichts von einem selbst hatte. Er war schlichtweg fremd und Jamie atmete tief durch. Es war noch zu früh, um näher über irgendetwas nachzudenken, deswegen versuchte er, ganz ruhig zu bleiben und noch ein wenig das Zimmer mit Blicken zu erkunden. Gestern Nacht hatte er dazu wahrscheinlich keine Zeit mehr gefunden, nachdem sie von ihrem doch recht anstrengenden Gig hierher zurückgekehrt waren.

 

Die Einrichtung war modern; die präzisen, kühlen Formen der Wandlampen ließen darauf schließen, und auch das Bild, welches er erblicken konnte, als er den Kopf leicht anhob, zeigte ein in Jamies Augen durchweg wirres Muster, das man nur mit gutem Willen als Kunst bezeichnen konnte. Darunter befand sich ein weiteres Bett, welches allerdings leer war.

Hä? Nun wurde Jamie stutzig. War es nicht so gewesen, dass er sich das Zimmer mit Cari teilen sollte? Sofort rasten tausend Gedanken durch seinen Kopf.

War etwas passiert? Hatten sie ihren Schlagzeuger verloren? Oder war dieser im Krankenhaus gelandet wegen irgendeinem blöden Zwischenfall? Doch der Sänger konnte sich an nichts erinnern. Nicht mal daran, wie er selbst in sein Bett gefunden hatte. Sein Gedächtnis reichte bis in die Aftershowparty, aber danach gähnte schwarze Leere in seinem Kopf.

Er versuchte, sich beinahe panisch freizustrampeln, ruckte an der Bettdecke und hielt kurz darauf erschrocken inne. War er nicht gerade mit irgendetwas zusammengestoßen? Hatte da nicht jemand...gebrummt? Aber von Jamie war dieses nicht gekommen. Seine Augen wurden größer und größer. Dann fasste er Mut und drehte sich schlagartig um.

Unter seiner Bettdecke, direkt neben ihm, ragte ein schwarzer Haarschopf hervor samt einem Paar Schultern, das auf gar keinen Fall einer Frau gehören konnte, dafür war es viel zu breit, und außerdem kannte er seine Kumpels so gut, um sagen zu können, dass dieses Exemplar hier einer von ihnen war.

Und zwar der Besitzer des leeren Bettes.

Der Schock saß tief. Und Jamie handelte nur noch, ohne nachzudenken.

Cari bewegte sich gerade ziemlich lahm, drehte sich vom Bauch auf die Seite und schnaufte dabei wie eine alte Dampflok, doch Jamie hatte kein Mitleid mit seinem Kumpel.

"Falsches Bett", stellte er entsetzt klar, woraufhin Cari ein noch lauteres Brummen verlauten ließ. "Du liegst im falschen Bett! Da drüben ist deines!"

Der Schlagzeuger schien allerdings noch zu müde zu sein, um eine Antwort abliefern zu können. Deswegen murrte er wieder nur sehr gequält und ließ seinen ihm zu schwer gewordenen Kopf zurück in das Kissen sinken.

Die Bettdecke war durch das Manöver etwas heruntergerutscht und erlaubte Jamie einen Blick auf Caris Blöße, die nicht einmal unterhalb seines Bauchnabels enden wollte. Plötzlich spürte er, dass auch er selbst nicht mal mehr eine Unterhose am Leib trug. Prompt wusste er gar nichts mehr und gleichzeitig viel zu viel.

 

"Du Arschloch", platzte es voller Wut aus ihm heraus, und das genügte, damit Cari ihm einen entgeisterten Blick zuwarf. "Was hast du gemacht, man? Wieso sind wir nackt?"

Die Frage war im Grunde überflüssig. Was werden zwei nackt Typen, die sich ein Bett teilten, wohl gemacht haben? Doch Jamie konnte und wollte dies einfach nicht wahrhaben. Die Gedanken überforderten ihn schlichtweg. Es fühlte sich unglaublich befremdlich an, sich dessen bewusst zu werden, dass wohl mit seinem Bandkollegen und besten Freund etwas gelaufen war. Befremdlich und so, als hätte man im Buch seines Lebens ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ein Kapitel, das er nicht selbst geschrieben, sondern ein anderer für ihn übernommen hatte. Und dieser jemand war Cari. So musste es sein. Scheißdreck, dass er sich an nichts mehr erinnern konnte.

 

"Ich hab gar nichts gemacht", kam es nun von Cari, der jedoch noch immer nicht die Zähne auseinanderkriegte und deshalb ziemlich nuschelte. Dafür zog er wieder die Bettdecke über sich und legte sich so hin, dass er Jamie angucken konnte, der immer noch fassungslos dasaß und an die Wand starrte.

"Du hast mich...du hast mich...verführt", meinte Jamie bitter und bekam vor Unbehagen aufgrund des letzten Wortes eine Gänsehaut auf dem Rücken. "Warum hast du das gemacht?"

"Ich hab gar nichts gemacht", verteidigte Cari sich in einer Seelenruhe, die den Sänger beinahe zur Weißglut trieb. "Du solltest dich lieber mal fragen, was du gemacht hast."

"Ich?"

Jamie war wie vom Blitz getroffen. Und er war außer sich. Dass er es über sich brachte, den anderen anzuschauen, das grenzte beinahe an ein Wunder.

"Bin ich jetzt daran schuld, dass du mir nicht widerstehen konntest und mich einfach in die..."

Er beendete den Satz nicht. Sie schauten sich noch immer in die Augen und Jamie kamen leise Zweifel aufgrund Caris ernsten Blickes, ob an seinen Behauptungen nicht doch ein Funken Wahrheit klebte.

"Jamie."

Nun huschte über das Gesicht des Schlagzeugers ein kameradschaftliches Lächeln.

"Du wolltest es. Und ich wollte es dann natürlich auch."

"Ab-aber..."

Jamie war wieder in seine Starre zurückgefallen. Doch im Gegensatz zu vorhin hatte er sich nun zurück auf das Kissen sinken lassen und hypnotisierte sich selbst mit Hilfe der apricotfarbenen Decke ihres Zimmers.

"Du warst ziemlich voll", erklärte Cari ihm schließlich. "Viel voller als ich und die anderen. Als wir dann im Hotel waren, da hast du dich auf dein Bett gesetzt, dir einfach so die Hosen runtergezogen und angefangen, dich zu wichsen. Direkt vor meinen Augen."

Er machte eine kurze Pause. Wahrscheinlich, weil er Zeit brauchte, um amüsiert in sich hineinzuschmunzeln. Jamie blieb diese Reaktion nicht verborgen. Aber er kommentierte sie auch nicht. Er hatte genug damit zu tun, über sich selbst den Kopf zu schütteln. Er und...Männer? Verdammt, er war nicht schwul, überhaupt nicht! Und das war auch gut so. Denn sicher hätte eine homosexuelle Ader nur Probleme aufgeworfen. Es musste doch irre kompliziert sein, einen Mann zu finden, der...vielleicht aber auch nicht. Cari hatte ja auch und - verdammt.

 

"Doch du hast sofort wieder aufgehört, warst völlig unzufrieden", redete der Schlagzeuger weiter. "Du hast gemeint, dass dir das ewige Gewichse auf Tour auf den Sack ginge und Treue absolut nicht möglich wäre, wenn man sich ständig weit weg von zu Hause befindet. Du wolltest etwas Richtiges, wie du es ausgedrückt hast. Und dann hast du mich so angesehen, so anders als sonst."

Wenn Jamie es nicht besser gewusst hätte, dass Cari über ihn sprach, dann hätte er sich in dieser Erzählung nicht wiedererkannt. Es war unfassbar, was Alkohol so alles bewirken konnte. Dass Alkohol das Unbewusste an die Oberfläche drängte. Dass man viel zu ehrlich war, wenn man einen im Tank hatte. Denn natürlich stimmte es, dass er oft alles satt hatte, dass er schlichtweg kein Sexleben hatte, wenn er sich auf Tour befand. Keine Frau auf der ganzen Welt konnte verantworten, dass er sich wochenlang mit seiner Hand auslebte.

 

"Ich bin dann zu dir rüber", fuhr Cari fort. "Du hast mir gesagt, wie sexy du mich findest, und wie gerne du mal mit mir ins Bett wälltest. Du warst ganz ungehalten und dann hast du mich geküsst. Einfach so."

"Und du hast mitgemacht", stellte Jamie fest, woraufhin der anderen nur nickte.

"Du meintest, dass ich dir Appetit mache, und dann ist es einfach passiert. Du warst so verdammt ausgehungert, du hast dich mir regelrecht an den Hals geworfen."

Wieder eine kleine Schweigephase. Wahrscheinlich dachte er darüber nach, ob er weiter erzählen sollte, Details offenbaren. Schließlich entschied er sich dafür, ein paar Dinge zumindest anzureißen. Und Jamie wusste nicht, ob er überhaupt noch zuhören wollte.

"Woah, das ist so geil, das ist so geil, hast du immer wieder voll Wollust gerufen; du warst ganz außer dir und bist noch schneller geritten. Ich hatte dich auf meinem Schoß. Da wusste ich", seine Mundwinkel zuckten verheißungsvoll, "dass das genau dein Ding ist."

Betroffen fuhr sich Jamie mit den Händen über das Gesicht. Am liebsten hätte er sich noch einmal vergewissert, ob das alles tatsächlich so passiert war, doch er wusste, dass er seinem Freund vertrauen konnte. Cari würde ihn nie anlügen, keiner der Jungs würde das tun. Lügner hatten keinen Platz in ihrer Band. Und deshalb musste er annehmen, dass...Cari die Wahrheit sagte.

 

Dieser bemerkte natürlich, wie sehr Jamie nun mit sich kämpfte, und schließlich wagte er es, seine Hand auf die Schulter des anderen zu legen, ganz sacht nur.

"Hey", hauchte er ganz leise. "Es ist doch nicht so schlimm. Es bleibt natürlich unter uns."

Schön, dachte Jamie. Wo ist noch mal dieser verdammte Rückgängig-Button für die Realität? Diese ganze Nacht hätte er am liebsten gelöscht. Dieser Meinung war zumindest sein Verstand. Und da er sich nicht im Ansatz daran erinnern konnte, stimmte auch sein Gefühl mit überein.

Diese Nacht hätte niemand gebraucht. Diese Nacht war unnütz gewesen.

 

"Ich fand es schön", gestand Cari ihm nach einer Weile ungewohnt zögerlich. "Und du, du fandst es auch sehr schön. Das hast du mir hinterher gesagt. Es hat dir gut getan. Meinst du nicht auch, dass es besser war als wieder einmal nur zu wichsen?"

Ja, vielleicht. Nein. Jamie konnte sich nicht festlegen. Deswegen zuckte er nur mit den Schultern und setzte einen nachdenklichen Blick auf. Und dann trieben ein paar Gedanken an die Oberfläche, die er stets zu unterdrücken versucht hatte.

Natürlich fand er Cari sexy. Natürlich hatte er sich schon mal vorgestellt, wie er wohl nackt aussah, wie er sich wohl im Bett anstellte. Aber er hatte seine Fantasien immer damit entschuldigt, dass es einer allgemeinen Tatsache entsprach, dass man sich zu Cari hingezogen fühlte. Und meist hatte er diesen Schwachsinn, für den er seine Gedanken gehalten hatte, sehr schnell wieder zurückgedrängt.

Doch unter Alkoholeinfluss waren sie plötzlich laut geworden. Aber dass sie so hartnäckig an ihm genagt hatten, dass er diesen Wunsch tatsächlich geäußert hatte, das erschreckte Jamie.

 

"Manchmal ist Alkohol doch zu was gut", setzte Cari nach einer Weile wieder an, woraufhin Jamie ihm nur einen verwirrten Blick zuwarf. "Man wird lockerer und hört auf, zu denken. Man hört nur noch auf seinen Bauch."

Ja, das wusste Jamie alles. Und es half ihm auch nicht weiter, wenn er im nüchternen Zustand unlocker war und von Gedanken überflutet wurde.

"Wenn ich mich wenigstens erinnern könnte", murmelte der Sänger beinahe traurig. "Dann wüsste ich wenigstens, wie es sich angefühlt hat. So ist es so...unwirklich. Verstehst du? Als ob es nie passiert wäre. Und wenn es tatsächlich so schön war, dann..."

Diese Sätze hatten ihm alle Kraft gekostet. Wieso war locker sein so ein Krampf? Widersprach sich das nicht eigentlich?

Das war eben das, was er wirklich dachte. Das, was er ewig vor sich selbst verheimlicht hatte. Das ihm nun aber keine Ruhe mehr ließ.

Das war ehrlich. Und er musste sich zusammenreißen, damit er es nicht gleich wieder bereute, den Mund aufgemacht zu haben.

 

"Ich bin da", versprach Cari ihm plötzlich. Sein Gesicht war dem des anderen ganz nah. Jamie hatte gar nicht mitbekommen, dass der Schlagzeuger sich ihm genähert hatte. Oder war es andersherum? Hatte er sich ihm genähert? Er konnte es unmöglich sagen. Jedenfalls fühlte sich die Wärme, die von Caris Körper ausging, gut an. Die Haut des anderen, die die seine berührte. Jamie zweifelte nun nicht mehr daran, dass es schön gewesen war. Nicht im Geringsten. Cari war ein toller, sehr attraktiver Mann, und in Jamie begann es bei dem bloßen Gedanken daran zu kribbeln, wie er auf dessen Schoß saß und sie einen Rhythmus fanden.

"Falls du es widerholen wollen solltest...ich bin da", ergänzte der Schlagzeuger leise und strich Jamie eine seiner langen Haarsträhnen aus der Stirn. Jamie konnte den Blickkontakt nicht mehr unterbrechen. Der andere übte eine solche Faszination auf ihn aus, und kein Wort schien beschreiben zu können, wie wunderschön er dessen Gesicht fand, wie gern er ihn jetzt...

"Oder findest du mich heute nicht mehr sexy?"

Jamies Lippen verzogen sich zu einem zittrigen Lächeln. Es strengte ihn an. Aber es war ebenfalls ehrlich.

"Doch", nickte er schließlich. "Du bist heiß, aber ich-"

Prompt lag der Zeigefinger Caris auf seinem Mund.

"Shhh", machte der Schlagzeuger. "Nicht nachdenken. Sonst gebe ich dir neuen Alk."

Daraufhin mussten sie beide lachen, aber als sie kurz darauf wieder ernst wurden, blinzelte Jamie seinen Freund an und gestand es sich endgültig ein.

"Ich hätte jetzt Lust auf dich", sagte er, und dabei war ihm auch etwas mulmig zumute, obwohl das gar nicht vonnöten war. "Falls du auch-"

"Ich hab doch gesagt, dass ich da bin", erklärte Cari ihm und lächelte ihn an.

Dann schob er sich auch schon auf den anderen, platzierte seine Beine links und rechts von dessen Hüften, und es dauerte nicht mehr lange, bis sie sich gegenseitig in vollen Zügen genossen.

 

Das hier, das war wirklich Jamies Ding. Und es fühlte sich so gut an, die schweren Steine, die auf seiner Brust gelegen und ihm das Leben schwer gemacht hatten, endlich losgeworden zu sein.

Dank Alkohol.

Und vor allem dank Cari.

 

High Stamina

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

X-Rated Films


 

X-Rated Films
 

 

 

"...aber ich kann ihn euch trotzdem ausleihen."

Man sah und hörte Jamie deutlich an, wie sehr er es bedauerte, zum ersten Mal ihrem freitäglichen Jungsabend nicht beiwohnen zu können. Aber heute war der Ehrentag seines Bruders, und da die beiden ein gutes, recht inniges Verhältnis zueinander hatten, war es für Jamie eine Selbstverständlichkeit, sein Geburtstagsgast zu sein.

Andererseits hing er momentan beinahe noch lieber mit seinen Jungs ab, denn sie hatten in letzter Zeit ziemlich viel Spaß miteinander gehabt. Besagte Jungsabende waren stets sehr feuchtfröhliche Angelegenheiten, und wenn man erst einmal einen im Tank hatte, dann mutierte selbst der blödeste Spruch zu dem besten Witz aller Zeiten.

Jamie liebte es schlichtweg, auch wenn am nächsten Morgen nur noch die liederliche Wirtschaft von ihrem spaßigen Abend übrig war. Erinnerungen fehlten meist, aber das tat nichts zur Sache.

 

Wenig später holte er die gesuchte DVD aus dem Fernsehschrank hervor und reichte sie Cari.

"Der ist gut, meine Holde und ich haben ihn erst neulich angeguckt", erklärte er seinem Kumpel, welcher mit einem Schmunzeln das Cover samt Titel musterte.

'Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast', lautete der Name des Streifens, ein ziemlich bekanntes Horrormovie, für das Cari allerdings bisher noch keine Gelegenheit gefunden hatte, um es sich hineinzuziehen. Tim und Rikki ging es ähnlich, und da sie alle ziemlich auf gruselige Filme abfuhren, würde dieser hier genau das Richtige für sie sein.

 

"Dann viel Spaß beim Gucken", wünschte Jamie Cari zum Abschluss ziemlich leise, und Cari bemerkte sofort, dass Jamie traurig darüber war, den Abend nicht mit ihnen verbringen zu können und sich mit ihnen mörderisch zu gruseln.

"Nächste Woche bist du ja wieder mit von der Partie", versuchte Cari ihn zu trösten und legte kameradschaftlich eine Hand auf dessen Schulter. "Ich wette, bei deinem Bruder gibt es leckeres Essen."

Seine Mundwinkel zuckten aufmunternd.

"Da könnte ich auch direkt neidisch werden. Schließlich müssen wir uns heute von oller Pizza und Chips ernähren. Stell dir vor, wie fett wir morgen sein werden. Wie Luftballons. Oder Mastschweine."

Nun musste sogar Jamie lachen, und Cari war zufrieden mit seinem Werk. So beschloss er, den Sänger allein zu lassen und nach Hause zu gehen, wo der Jungsabend stattfinden sollte. In seiner Tasche trug er die DVD mit dem verheißungsvollen Titel.

Doch noch ahnte er nicht, was für ein feiner Streifen sie an diesem Abend wirklich erwarten sollte...
 

 
 

*
 

 
 

Die Geburtstagsfeier von Jamies Bruder endete doch früher als geplant. Jetzt noch einen Abstecher zu Cari zu machen lohnte sich für den Sänger allerdings nicht mehr. Deswegen traten er und seine Freundin den Heimweg an und beschlossen, den Abend mit einer DVD ausklingen lassen. Sie besaßen eine gut sortierte Bibliothek mit allen möglichen Filmen von Komödie bis Splatter, aber seit einiger Zeit befand sich auch ein sehr expliziter Streifen in ihrer Sammlung. Einer, den sie selbst gedreht und in einer hinteren Ecke ihres Regals versteckt hatten, damit ihn ja niemand fand. Nur sie selbst würden ihn eventuell hin und wieder anschauen, auch wenn Jamie sich etwas dafür schämte.

Heute aber sollte dieser pikante Film an Ort und Stelle verbleiben. Jetzt hatten die beiden eher Lust auf etwas Witziges. Etwas, das die Hirnzellen nicht allzu sehr überforderte.

Sie waren sich bald einig geworden, und Jamie öffnete das DVD-Fach, um den Film einzulegen.

Doch er staunte wahrlich nicht schlecht, als er bemerkte, dass noch immer eine DVD darin lag. Und dazu nicht irgendeine.

'Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast', stand darauf, und Jamie kam ins Grübeln. Er war der festen Überzeugung gewesen, dass er Cari keine leere Hülle mitgegeben hatte. Irgendetwas hatte sich darin befunden.

Plötzlich erfasste ihn ein Anflug von Panik. Hastig wühlte er zwischen den DVDs, bis er die schlichte, in weiß gehaltene Hülle mit wenig sagender Aufschrift hervorgezogen hatte.

Als er sie öffnete, war sie leer.

"Ach du scheiße", murmelte er vor sich hin und schlug die Hand vor seinen Mund. Er wünschte sich nichts lieber, als dass der Boden sich augenblicklich unter ihm auftat und ihn verschluckte.

 

Doch das funktionierte natürlich nicht. Und Jamie musste sich damit abfinden, dass seine Freunde heute einen ganz besonderen Jungsabend mit einem ganz speziellen Film verbrachten.

Cari hatte sich zwar etwas gewundert über den schlichten Rohling, den er in der Hülle vorgefunden hatte, und sie hatten noch darüber gewitzelt, dass Jamie ein böser Raubkopierer war. Aber kaum, dass sie es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht hatten und der Film startete, wurden sie eines besseren belehrt. Und ihre Augen klebten schon nach wenigen Sekunden gebannt an der Mattscheibe.

 

"Ist das nicht Jamie?", wollte Rikki ziemlich verwirrt wissen, denn es wurde ein hübscher, junger Mann mit langen Haaren gezeigt, der sich komplett nackt über einen tischartigen Vorsprung beugte.

"Das...ist Jamie", erkannte Tim und auch die beiden anderen waren sich schließlich sicher, dass in diesem Film ihr Sänger mitspielte, als dieser seinen Kopf so drehte, dass sein Gesicht genau in die Kamera gewandt war.

"Ich wusste gar nicht, dass der in 'Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast' mitgespielt hat", staunte Cari und stopfte sich einen Chip in den Mund, allerdings ohne seinen Blick vom Bildschirm wenden zu können. Das rächte sich, denn bereits im nächsten Augenblick fiel ihm das halb zerkaute Knabbergebäck aus dem Mund und seine Augen wurden groß wie Suppentassen.

"What the fuck?!", stieß Tim in dem Moment aus und lehnte sich weiter vor, so, als könnte er seinen Augen nicht trauen. Rikki hingegen verschluckte sich fast, hustete erbärmlich, und die beiden anderen dachten nicht einmal daran, ihn mit Schlägen auf den Rücken vor dem Tod zu retten.

Zu fesselnd war das Geschehen auf der Mattscheibe. Zu einnehmend und zu sensationell.

Jamie war tatsächlich nackt, man konnte seinen Hintern sehen, und nicht nur diesen. Ein weiterer Körper schob sich in das Bild, besser gesagt die untere Hälfte eines Körpers. Und die hatte es verdammt noch mal in sich. Denn die Person, die nun nach Jamies Hüften griff und sich hinter ihn schob, hatte sich einen Plastikpenis vorgebunden, der mit schwarzen Riemen an ihrem recht zierlichen Leib befestigt war.

 

"Ich kann nimmer!", japste Rikki herzerweichend, aber nicht mehr, weil er fast wegen seiner eigenen Spucke hopsging, sondern wegen des hochinteressanten Films.

Tim und Cari konnten gar nichts mehr dazu sagen. Ihre Kinnladen hingen auf dem Fußboden, und ihre Augen waren schon ganz trocken, weil sie nicht mehr wagten, zu blinzeln und etwas von dem Treiben im Fernsehen zu verpassen. Denn nun sollte es erst richtig losgehen und große Sehnsüchte in den Jungs wecken.

Nie im Leben hätten sie vermutet, dass Jamie dem Analsex nicht gerade abgeneigt war. Nie hatte er ihnen von dieser besonderen Vorliebe erzählt, und das ärgerte die Jungs ziemlich.

"Warum ist er mit seinen Wünschen nicht zu uns gekommen?", schüttelte Cari den Kopf, verstummte aber sofort wieder, als Jamie mit geschlossenen Augen und leicht geöffneten Lippen aufkeuchte und seinen Zuschauern ein sinnliches, einladendes und sehr verführerisches Bild bot.

Ständige faszinierte, geschockte und hingerissene 'Oh mein Gotts' verließen die Lippen der drei Jungs, und ihr Verlangen, nun selbst an der Stelle des Strap-ons sein zu können wuchs ins Unermessliche.

"Wir könnten das doch viel besser als so ein olles Plastikteil", meinte Tim und die anderen stimmten ihm selbstverständlich zu.

"In so einem Plastikding liegt doch kein Gefühl. Ooooh, Jamielein, wenn du so darauf stehst, dann lass uns es dir besorgen."

Ein Aufschrei drang aus dem Fernseher, der in ein genüssliches Brummen überging, und es dauerte nicht lange, bis Jamies Körper ganz entspannt war und sich dem Rhythmus der Stöße willig ergab.

Die ganze Zeit über war sein Gesicht in die Kamera gerichtet, und der verträumte Ausdruck, den er seinen Jungs nun schenkte, während seine Wange über die Tischplatte rieb, der machte die drei beinahe rasend. Sie konnten kaum aushalten, dass sie es nicht waren, die Schuld an Jamies Verzückung waren, die ihm solche Wohlgefühle bescherten. Doch andererseits genossen sie den Anblick über alle Maßen. Jamie war so schön und so sexy, wie er da ganz willenlos auf dem Tisch lag und sich nehmen ließ, als wäre es das Normalste auf der ganzen Welt. Und als er dann auch noch die Augen zusammenkniff, so wie der Plastikpenis auf seinen Höhepunkt hinarbeitete und immer ersticktere, kläglichere Laute von sich gab, platzte Cari der Kragen.

"Boah, verfluchte Scheiße, ich will das notgeile Miststück durchficken!", knurrte er und zog sich die Hosen runter, um seiner beinahe schmerzenden Erregung Luft zu machen. "Der brauchts doch viel schneller und härter. Wooooah, würd ich den rannehmen..."

"So ein lascher Scheiß, und selbst das scheint er schon zu lieben", kommentierte Tim und entblößte sich demonstrativ ebenfalls untenherum. "Der Kerl soll mir noch einmal unter die Augen treten, ich glaub, dann kann ich mich nicht mehr beherrschen."

"Bald touren wir wieder", ergänzte Rikki schließlich und machte sich ebenfalls frei. "Spätestens dann ist er Mode."

Das sagte allen zu. Und so wie der Mattscheiben-Jamie immer wilder und ungehaltener wurde, bis er schließlich einen heftigen Orgasmus nur aufgrund der Massage seiner Prostata erlitt und seiner sich lösenden Erregung mit heiseren Aufschreien Luft machte, ging es auch für seine Zuschauer zu Ende.

Wenn sie so ein erstklassiges Kino geboten bekamen, dann brauchten sie keine fünf Minuten, um abzuspritzen.

 

Das war ein Jungsabend der Extraklasse. Den wollten sie gern wiederholen.

Allerdings ohne Filmchen und dafür mit Jamie...

 
 

*
 

 

Als der Sänger den anderen am nächsten Tag gegenüberstand, hatte er recht arge Probleme, ihnen in die Augen zu sehen. Die Gewissheit, dass sie sein intimstes Geheimnis enthüllt hatten, nagte schwer an ihm. Und auch wenn er noch ein wenig hoffte, dass sie den Film nach ein paar Sekunden ausgemacht hatten, so ahnte er doch, dass das Gegenteil der Fall war. Er kannte seine neugierigen Jungs. Und er rechnete mit jeder menschenmöglichen Reaktion auf das Sextape. Seine Erwartungen reichten von lautem Gelächter bis hin zu kalter Ignoranz. Doch er sollte eines besseren belehrt werden.

Keiner der Jungs lachte, nicht mal über Jamies krebsroten Kopf. Sie grinsten allenfalls wissend in sich hinein, als sie ihm seinen Film wiedergaben, wie Jamie feststellte, als er einen scheuen Blick in ihre Gesichter warf.

"Der Titel passt echt gut zu dem Film", meinte Cari und nickte Jamie zu, nachdem dieser die Hülle verschämt in den Händen hielt und verzog sich dann mit den anderen.

 

Jamie wusste nicht so recht, was er von diesem Kommentar halten sollte. Ob sie ihn doch verspotten und nicht mehr als Mann, sondern nur noch als schwule Weichwurst ansehen würden oder ob es ihnen tatsächlich so gleichgültig war, wie sie vorgaben.

Noch immer skeptisch öffnete er die Hülle, um sich zu vergewissern, dass tatsächlich der Privatporno darin lag, doch da segelte prompt ein beschriebenes Blatt Papier hinaus und landete zu seinen Füßen.

Verwundert bückte er sich und fing neugierig an zu lesen.

"Wir sind für dich da", stand auf der Vorderseite, zusätzlich hatten die Jungs ihre Unterschriften daruntergesetzt. Doch auch die Rückseite war nicht leer, im Gegensatz zur Vorderseite allerdings bedruckt.

Ja, das war doch wirklich eine reizende Geste, fand Jamie und schmunzelte in sich hinein, während er die Rückseite studierte. Wundervolle Portraits zierten das Blatt. Portraits von den erigierten Schwänzen der Jungs. Und in der Ecke fand er noch eine kecke Anmerkung, die nur Rikki geschrieben haben konnte.

"Freu dich schon auf die Tour." Daneben prangte ein zwinkernder Smiley.

 

Wer nahm schon Plastik, wenn er Fleisch haben konnte?

Come the Morning

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Love Bites


 

Love Bites
 

 
 

 
 

Jamie mochte seine Kumpels. Wirklich. Er konnte ihnen selbst dann nicht lange böse sein, wenn sie ihren Schabernack trieben, ihn foppten und neckten und sich gegenseitig mächtig auf den Sack gingen. Aber das waren alles harmlose Albernheiten gewesen, die zwar das Maß ebenfalls hin und wieder überschritten, doch nicht zu vergleichen waren mit dem, was sie heute mit Jamie machten.

 

Die Jungs hatten ein neues Spielzeug gefunden. Woher sie das hatten, konnte der Sänger nicht sagen, aber es kümmerte ihn auch nicht mehr. Er wollte einfach nur, dass es so schnell wieder verschwand, wie es herzugekommen war.

Gerade, als er dachte, sie hätten die Schnauze voll von den Blödheiten, traf ihn wieder ein fieser, kalter Wasserstrahl an der Schulter, woraufhin er erschrocken zusammenzuckte. Doch schon im nächsten Moment fuhr er herum und warf Cari einen bösen Blick zu, der für diese Attacke verantwortlich zu machen war. Verschmitzt grinste der Schlagzeuger ihn an und versteckte das Spielzeug hinter seinem Rücken, während die anderen beiden vor Belustigung gackerten wie Hühner in einem Hühnerstall.

Jamie fühlte sich mittlerweile wirklich gemobbt. Das führte echt zu weit. Er war bereits klitschnass; seine Haarsträhnen klebten wie ein kalter Lappen auf seinem Oberkörper und selbst von seiner Nase perlten die Tropfen. Keine einzige Stelle seines Körpers schienen sie ausgelassen zu haben. Wieso in Herrgottsnamen waren sie so scharf darauf, dass Jamie herumlief wie eine ins Wasser gefallene Katze oder auch ein begossener Pudel?

Ach, sie wollten ihn einfach nur zur Weißglut treiben. Testen, wie lange er ruhig bleiben konnte. Arschlöcher. Alle miteinander.

 

"Gib dieses verdammte Ding her, oder ich reiß dir die Eier ab."

Cari machte aufgrund dieser sehr brutalen Konsequenz zwar ein recht erstauntes Gesicht, doch sein Spielzeug gab er noch immer nicht her. Eigentlich war es ja ganz süß, wenn seine kindliche Seite zum Vorschein kam, aber Jamie raste mittlerweile wirklich vor Wut. Wahrscheinlich hätte er dem Schlagzeuger tatsächlich ohne zu Zögern die Eier abgerissen. Doch da hielt dieser ihm plötzlich den Ursprung allen Übels hin.

Eine Blumenspritze. Jamie hätte sie am liebsten so wie sie war aus dem Fenster geworfen, aber er konnte nicht einmal mehr danach greifen, denn Cari konnte es sich nicht nehmen lassen, noch einmal den Hebel daran zu betätigen und eine erneute Ladung feuchten Nebels zu verursachen, der Jamie zielgerichtet am Hals traf.

Unerwartet heftig zuckte der Sänger daraufhin zusammen, flüchtete in eine Ecke und fluchte von dort aus vor sich hin.

"Ich hasse euch", murmelte er, aber die anderen schienen das gar nicht gehört zu haben. Viel mehr wunderten sie sich darüber, dass Jamie bei diesem letzten Spritzer besonders empfindlich reagiert hatte. Es hatte ihn aufgeschreckt wie ein junges Reh, als er den Strahl zu spüren bekommen hatte, und die Jungs empfanden das als ziemlich witzig. Aber auch als sehr interessant.

 

"Jamie scheint am Hals ganz besonders sensibel zu sein", mutmaßte Tim schließlich mit einem wissenden Grinsen und blickte dann wieder hinüber zu ihrem Freund, der klitschnass in der Ecke verharrte und die Arme vor der Brust verschränkt hatte.

"Ja, bin ich", keifte es sauer von der anderen Seite des Zimmers her.

"Ach ja?"

Mit einem Mal war die Blumenspritze nicht mehr von Bedeutung. Cari war sie längst losgeworden, und auch er konnte sich sein Schmunzeln nicht mehr verkneifen, genau wie Tim und Rikki. Man sah ihnen nur zu deutlich an, dass sie etwas ausheckten, und zwar etwas recht Pikantes. Als sie sich schließlich gemeinsam in Bewegung setzten, nachdem sie sich vielsagende Blicke zugeworfen hatten und direkt auf Jamie zuhielten, schaute dieser ziemlich misstrauisch auf und fixierte sie skeptisch mit seinen Blicken, bis sie letzten Endes direkt vor ihm standen.

"Hört doch mal auf jetzt", flehte er ganz erbärmlich, da er damit rechnete, gleich wieder vollgespritzt zu werden. "Ich bin doch schon völlig aufgeweicht. Das Spiel macht mir keinen Spaß mehr."

"Wir machen doch gar nichts, Süßer", lächelte Cari ihn herzallerliebst an, woraufhin Jamie darüber nachdachte, ob er dem Frieden trauen sollte. Doch er kam zu keinem Entschluss mehr, denn plötzlich schreckte er wieder auf, bekam Schnappatmung und landete mit einem 'Uff' an der Wand.

Dieses Mal jedoch bekam er nicht wieder das kalte Blumenwasser zu spüren, sondern tatsächlich zwei Paar leckender Zungen, deren Spitzen über seinen so empfindlichen Hals kitzelten.

Erregt fuhr er zusammen, als er das spürte und konnte sich nicht einmal mehr gegen diese Attacke der ganz besonderen Art wehren. Besser gesagt, das Spiel hatte ihn von der ersten Sekunde an paralysiert und er dachte gar nicht mehr daran, sich aus den Fängen seiner wilden Jungs zu befreien.

"Gefällt dir dieses Spielchen hier besser?", wollte Tim nach einer Weile wissen, und Jamie schlug ganz langsam die Augen wieder auf, sah die Gesichter seiner Freunde ganz nah vor dem eigenen.

"Weißt du, wie wir es nennen?"

Etwas verwirrt schüttelte Jamie den Kopf. Etwas verwirrt, aber auch etwas atemlos und mit einem dezenten Ziehen im Unterleib, das ihn wiederum noch mehr durcheinander brachte.

"Entdecke Jamies erogene Zonen. Willst du mitspielen?"

Jamie brauchte nur knapp zu nicken, um den nächsten Stein ins Rollen zu bringen.

Rikki lachte leise, aber dieses ging daraufhin schon wieder in den ganzen anderen Reizen unter. Jamie bekam mit, dass sie ihn von der Wand wegzogen und er bald schon eine weiche Matratze unter seinen Knien spürte. Er setzte sich schließlich von ganz allein so hin, dass er sich an der Wand anlehnen konnte, und als sich seine Jungs links, rechts und vor ihm platzierten, da wunderte er sich ernsthaft über sich selbst und die ganze Situation.

Gerade eben noch, da hätte er die drei am liebsten auf den Mond geschossen, und jetzt ließ er sich von ihnen umringen, ja seufzte sogar unterdrückt, als er das Gefühl von weichen Lippen an seinem Hals spürte. Lippen und Zungen. Mhh...ja, dieses Spiel war tatsächlich um einiges besser als das vorhergehende. Vergessen und vergeben waren die klammen Sachen, die tropfnassen Haare. Er reckte genüsslich den Kopf nach oben und ließ sich nach allen Regeln der Kunst verwöhnen.

 

Doch es dauerte nicht lange, bis die Jungs weniger zärtlich vorgingen. Irgendeiner von ihnen hatte es tatsächlich gewagt und mit den Zähnen in seine empfindliche Haut gezwickt, was ihm ein unwilliges Knurren entlockte.

Wieder hatten die anderen nur ein Lachen für diese Reaktion übrig. Gleichzeitig machte sich Cari nun an der Schnalle von Jamies Halsband zu schaffen, das bei ihrem Spiel nur einen Störfaktor darstellte.

Kaum, dass er es gelöst hatte, warf er es auf das Nachtschränkchen und widmete sich dann umso intensiver Jamies empfindlicher Haut. Auch die anderen reizten ihn nun mit den Zähnen bissen vorsichtig in seine Halsbeuge oder saugten sich regelrecht fest, was Jamie mit beständigen, nicht so recht deutbaren Lauten kommentierte. Als schließlich auch noch Cari seine Lippen nicht weit entfernt von seinem Kehlkopf ansetzte und ebenfalls recht fest saugte, da windete Jamie sich. Vor Wonne, natürlich, aber nicht nur.

"Gefällt dir das?", versicherte sich Rikki daraufhin, doch Jamie runzelte nur die Stirn und schaute seine Jungs mit einem schmerzlichen Ausdruck im Gesicht an.

"Ihr könnt das nicht machen", meinte er schließlich resigniert. "Was denkt ihr, wie mein Hals morgen aussieht?"

"Voller Kutschflecke", freute sich Cari, aber der freudige Ausdruck in seinem Gesicht schwand sofort wieder, als Jamie sich nicht besonders begeistert zeigte.

"Und was sag ich meiner Freundin, wenn die das sieht?"

Das wussten die Jungs natürlich auch nicht. Knutschflecke ließen sich zwar recht gut mit einem Schal verbergen, doch nicht vor dem Partner. Der Partner merkte für gewöhnlich alles. Eben, weil er der Partner war.

 

"Wenn das so ist, müssen wir uns eben eine andere Stelle aussuchen", schlug Tim schulternzuckend vor. "Eine, die man nicht sieht, weil sie für gewöhnlich Klamotten verdecken. Das Spiel heißt ja nicht umsonst 'Entdecke Jamies erogene Zonen'. Ich wette, du hast noch mehr davon, mh?"

Die Antwort erübrigte sich. Aber Jamie war trotzdem noch nicht so recht überzeugt. Erst, als Schnallenöffner Cari sich nun auch noch an seinem Gürtel zu schaffen machte, verschwanden seine Zweifel, denn er brannte viel zu sehr darauf, zu erfahren, was seine Jungs nun für ihn bereithielten. Und das ganz zu Recht.

 

Sie zogen ihn ganz aus. Jamie war froh, die nassen Klamotten endlich losgeworden zu sein und außerdem war das Gefühl, ganz nackt vor seinen Freunden zu sein, unheimlich reizvoll. Und nicht nur das. Bald schon legte er genießerisch den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, denn inzwischen verwöhnten sie die ebenfalls sehr empfindliche Haut seiner Hüften.

Oh, das war der Himmel. Jamie wollte mehr. Er spreizte seine Beine und genoss schon bald wie liebkosenden Lippen, die es auf die Innenseiten seiner Oberschenkel abgesehen hatten. Dass er ziemlich sensibel auf Berührungen reagierte, sensibler noch als so manch anderer Mann, das wusste er bereits. Aber dass es ihn derart um den Verstand brachte, wenn sie lediglich zarte Küsse auf seine Haut hauchten, das fand selbst er sehr ungewöhnlich. Und der Gedanke daran, morgen die unzähligen Spuren sehen zu können, die sie auf seinem Körper hinterlassen hatten, der störte ihn mittlerweile gar nicht mehr, ganz im Gegenteil. Es waren schließlich seine Jungs, die ihn zeichneten, ihn als ihr Objekt der Begierde markierten, und das durfte ruhig jeder erfahren. Auch wenn die Stellen, die sie sich aussuchten, im angekleideten Zustand wirklich nicht zu sehen waren. Denn es waren nicht nur seine Hüften und seine Schenkel, die daran glauben mussten. Cari hatte sich noch einen ganz besonderen Ort ausgesucht, den er als seinen allerliebsten kennzeichnen wollte.

Dazu musste Jamie sich allerdings auf den Bauch legen, was er auch bereitwillig tat. Daraufhin kniete der Schlagzeuger sich über ihn, schob Jamies langes Haar zur Seite und setzte dann seine Zunge dort an, wo der Hals in den Rücken überging.

Jamie erschauderte wohlig, als Cari seine Wirbelsäule hinabglitt, langsam, ganz langsam, immer wieder sachte Küsse verteilend. Sicher hatten seine Jungs vorhin schon gesehen, wie sehr ihre Spiele ihn erregt hatten, aber jetzt glaubte er, die Lust in seinem Körper müsste explodieren. Umso weiter sich Cari vorarbeitete, umso tiefer er seine Zunge spüren konnte, desto heißer und ungehaltener wurde er. Er hatte keine Ahnung, wie weit der andere noch gehen wollte, denn er war mittlerweile an der Stelle direkt über seiner Poritze angekommen und ließ seine Zunge in dieser kleinen Kuhle aufreizend tanzen, bis Jamie sich wie im Fieberwahn windete und sogar einmal langgezogen stöhnte. Er sehnte sich immer mehr nach Sex, und wenn es seine Jungs waren, die dafür sorgten, dass er kam. Dass sie wussten, was er brauchte, daran bestand kein Zweifel. Schließlich waren sie Männer wie er, und aus Gesprächen war längst hervorgegangen, dass sie alle ähnliche Vorlieben hatten. Beste Voraussetzungen also, um es gut besorgt zu bekommen.

Er fühlte ganz genau, wie Cari seine Backen leicht spreizte und bereits im nächsten Augenblick an eben dieser Stelle zu saugen begann, die er eben noch so unschuldig geleckt hatte.

Das war der Wahnsinn für Jamie. Zumal die anderen derweil seine Schulterblätter liebkosten, seine Schultern und den ganzen Rücken. Sie waren solche guten Liebhaber, so gut, dass Jamie zu zittern begann vor lauter Erregung. Krämpfe loderten in seinem Körper, und als Cari anscheinend der Meinung war, sein Kuss sei intensiv genug gewesen, um morgen ein wunderschönes Mal zum Blühen zu bringen und seine Zunge tatsächlich noch weiter abwärts gleiten ließ, da krallte sich Jamie wimmernd und winselnd in sein Kissen und drückte sein Gesicht hinein.

Noch nie hatte sich jemand um diese ganz besondere Stelle an seinem Körper gekümmert, und dabei war es die wahrscheinlich erogenste, die er besaß.

Das Spiel war gewonnen. Sie hatten seine empfindlichen Stellen ausfindig gemacht. Sicher nicht alle, denn dazu war ihnen aufgrund von Jamies und ihrem eigenen Verlangen keine Zeit mehr geblieben. Das Spiel, das eigentlich nur einem kleinen Spaß entsprungen war, endete in Geschlechtsverkehr und Jamie schwor sich, dass er dieses Spiel nun öfter mit seinen Jungs machen wollte. Auch wenn er am nächsten Morgen, als er unter der Dusche stand, tatsächlich von vielen kleinen Blutergüssen übersäht war.

Sein Hals sah wirklich mitgenommen aus, ganz zu schweigen von seinen Hüften. Aber ganz besonders einen Fleck wollte er unbedingt sehen.

Als er sich schließlich nackt vor den Spiegel stellte, entdeckte er prompt die gerötete Stelle über seinem Po, was ihm ein gefälliges Schmunzeln entlockte. Lange allerdings konnte er sich nicht an diesem Anblick ergötzen, denn er hörte Schritte, die aus dem Schlafzimmer drangen und schlüpfte lieber ganz schnell in seine Klamotten.

Seine Freundin durfte schließlich nicht wissen, wie sehr seine Jungs ihn gestern lieb gehabt hatten, wie schön es gewesen war, mit jedem von ihnen zu schlafen.

Auch wenn er sie manchmal am liebsten an die Wand geklatscht hätte, weil sie ihn bis aufs Blut peinigten: Er hatte sie ganz genauso gern.

Und nun, wo er auch noch ihre Qualitäten als Liebhaber kannte, mochte er sie gleich noch einmal so sehr.

 

Damn Fine Loving

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Sexual Advice

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Ready And Waiting


 

Ready And Waiting
 

 
 

 
 

Mittlerweile litt Martin sogar schon an Schnappatmung. Und nicht nur das: Er verschluckte sich beinahe, aber selbst das konnte seine Lachsalven nicht eindämmen. Wahrscheinlich hätte er sogar noch kurz vor dem Verrecken gefeiert wie ein Verrückter, und so wie es aussah, sollte es bald so weit sein. Sein Kopf war puterrot angelaufen und er hatte sich setzen müssen, weil er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte.

Jamie hatte dafür nur ein Kopfschütteln übrig. Er hätte nicht geglaubt, dass Martin wegen dieser albernen Karte so abgehen würde und hatte sich nichts dabei gedacht, sie ihm zu zeigen und seine Meinung über den Absender dieser schlüpfrigen Zeilen einzuholen. Doch allen Anscheins nach hatte das Ding exakt seinen Sinn für Humor getroffen, während Jamie das Ganze alles andere als witzig fand.

Zum gefühlten hundertsten Mal klappte er die Karte auf und beäugte sie skeptisch.

Das Foto eines blauen Planeten klebte neben der Schrift, die besagte:

"I want a rendezvous with ur anus.

Your ready and waiting valentine."

Anscheinend sollte dies sein Wortspiel darstellen, eine perfide Zweideutigkeit, zu der der arme Planet Uranus hinzugezogen wurde. War es das, was Martin so lustig fand? Oder doch eher die Tatsache, dass Jamie solch ein eindeutiges Angebot erhalten hatte? Die Aufnahme der Gesangsparts würde heute wohl flach fallen, denn Martin, ihr Produzent, war nicht mehr in der Lage, zu arbeiten. Er war vollkommen hinüber. Vielleicht sollte man ihm den Gnadenschuss verpassen. Er quälte sich schließlich nur noch.

 

"Glaub mir, du würdest nicht so lachen, wenn du so eine Karte erhalten hättest", meinte Jamie schließlich trocken und schmiss den Wisch auf den nächstgelegenen Tisch. Dann blickte er mit weit aufgerissenen Augen hinüber zu dem sich langsam etwas beruhigenden Martin. "Jemand will mich in den Arsch ficken! Ich glaub, nun werd ich auf meine alten Tage auch noch paranoid...denn der Typ könnte an jeder Ecke lauern, so wie er es angedroht hat."

"Ja, du solltest dir vielleicht besser einen Keuschheitsgürtel anlegen", schlug Martin vor, seine Stimme zitterte allerdings noch immer und man sah nur zu deutlich, wie er gegen das Lachen ankämpfte.

"Haha, sehr witzig", keifte Jamie, der nun jedoch beschloss, nicht zu viel Wert auf die olle Karte zu legen. Wahrscheinlich hatte sich ohnehin nur jemand einen Spaß erlaubt. Womöglich hatten seine Bandkollegen auch solch eine eindeutige Einladung zum Analsex erhalten. Leider war er noch nicht dazu gekommen, sie zu fragen. Denn keiner der drei war bisher im Studio aufgetaucht.

"Wenn die nicht bald auf der Matte stehen, fangen wir ohne die an", beschloss der Sänger und wollte gerade fortfahren, als er die Vibration seines Handys in der Hosentasche spürte. "Jetzt sagen die bestimmt ab, weil sie zu besoffen sind. Wetten?"

Doch da irrte er sich. Auf dem Screen stand ein einziger Satz, der allerdings nichts mit irgendeiner Entschuldigung zu tun hatte. Im Grunde sagte er überhaupt nichts Genaues aus. Jamie konnte lediglich beurteilen, dass die Nachricht wohl von Cari kam.

"Komm mal raus, hinter das Haus."

Was für ein dummer Reim. Und was zum Henker führte der Kerl im Schilde? Wieso konnte er nicht einfach reinkommen? Bestimmt hatte es etwas mit diesem bescheuerten Valentinstag zu tun, an welchem alle immer so schrecklich geheimnisvoll taten, um schließlich alberne Blümchen zu streuen und große Liebe zu heucheln. In Jamies Augen diente dieser Tag nur dem Kommerz, und die dummen Leute, die ernsthaft an so etwas wie die ewig währende Liebe glaubten, folgten den Anweisungen der Medien wie brave Lämmchen und kauften artig Unmengen von Süßigkeiten.

Vielleicht war seine Einstellung diesbezüglich einer der Gründe, wieso er in diesem Jahr erst gar keine Freundin hatte. Aber im Grunde war er ganz froh darüber, denn so blieb ihm der Horror größtenteils erspart.

Doch wie gesagt lediglich größtenteils. Denn Jamie hatte sich tatsächlich dazu entschlossen, Caris Anweisung Folge zu leisten und ihm einen Besuch hinter dem Haus abzustatten. Er erwartete alles und nichts. Inständig hoffte er, dass sein bester Kumpel nicht vor ihm auf die Knie fallen und ihm seine Liebe gestehen würde. Doch das erschien ihm als wenig wahrscheinlich. So war Cari nicht. Oder doch? Man konnte sich so sehr in Menschen täuschen...

 

Jamie staunte schließlich nicht schlecht, als er nicht nur Cari hinter dem Haus vorfand, sondern auch noch Tim und Rikki, die ihn allesamt vielsagend anlächelten, als sie von seiner Anwesenheit Notiz genommen hatten. Sie alle ließen ihn nicht mehr aus den Augen, und Jamie ahnte nun, dass hier ein Spiel gespielt wurde, in das er nicht eingeweiht worden war. Am liebsten hätte er sich gleich wieder vom Acker gemacht, aber andererseits interessierte er sich doch für das, was nun folgen sollte.

 

"Was drückt ihr euch hier herum?", wollte er wenig begeistert wissen. "Und hört auf so zu gucken wie Geheimniskrämer, ich hasse Geheimnisse. Also?"

"Och, Jamie, jetzt sei doch nicht so unromantisch", maulte Tim, der sich nun wie die anderen auch vor Jamie aufbaute. "Heute ist doch-"

"Schnauze", murrte der Sänger nur und rührte mit dem Fuß auf dem Boden herum.

"Nein, heute ist nicht 'Schnauze'", korrigierte Rikki trocken. "Heute ist der Tag, an dem sich Menschen mit kleinen Karten und Pralinen zeigen, wie gern sie sich haben."

Er legte den Kopf schief und schaute Jamie erwartungsvoll an. Dieser aber stierte grimmig auf den Boden.

"Ich hasse diesen Tag", eröffnete er den anderen schließlich, die allerdings hätten wissen müssen, was Jamie vom 14. Februar hielt. "Jetzt fangt ihr bitte nicht auch noch damit an."

"Aber Jamie", meinte Cari beschwichtigend. "Es kann dir doch nicht egal sein, dass wir dir sagen - oder besser zeigen - wollen, wie gern wir dich haben."

Jamie konnte es kaum fassen. Irgendjemand schien seinen Kumpels eine Gehirnwäsche verpasst zu haben. Sie waren schlichtweg zu sentimentalen Idioten mutiert. Vielleicht wollten sie ihn aber auch nur verarschen. Falls ja: Es war ihnen gänzlich gelungen.

 

"Jamie..."

"Ja, ja, ich weiß, wie ich heiße."

Am liebsten hätte er die Hände Tims, die sich nun auf seine Schultern legten, abgeschüttelt, doch in seinem romantischen Taumel hätte dieser ihm das sicher ziemlich übel genommen. Also ließ er es stumm über sich ergehen.

"Wir wissen ja, dass du den Tag nicht leiden kannst", fuhr der Gitarrist fort. "Und deswegen schenken wir dir auch keine Blümchen oder Pralinchen oder was auch immer."

Irgendetwas schien Jamie verpasst zu haben. Seit wann waren seine Bandkollegen gleichzeitig seine Lover? Hatten sie im Suff etwas Derartiges beschlossen und Jamie konnte sich nur nicht mehr daran erinnern? Wie dem auch sei: Es war beängstigend. Nein, es war mehr als das.

"Hast du unsere Karte nicht bekommen?", fragte Rikki schließlich, und da endlich schaute Jamie auf und kniff die Augenbrauen irritiert zusammen.

"Karte? Nee, oder? Sagt bloß, das Planetending war von euch?"

Sie alle drei nickten grinsend. Und Jamie stand kurz vor einer Ohnmacht.

"Gott, das war ja so romantisch, ich hätte beinahe geweint", meinte er letztlich jedoch nur sarkastisch. "Martin hat sogar wirklich geweint. Vor Lachen."

"Du hast sie ihm gezeigt?", wollte Cari entgeistert wissen. "Das geht ihn doch gar nichts an."

"Irgendjemandem muss man sich ja anvertrauen, wenn man Post von Perversen bekommt."

Schweigen machte sich zwischen ihnen breit. Und Jamie kotzte es zunehmend an, dass sie sich einfach nur doof anglotzten.

"Ja, und nun?", kam es ihm letztlich entnervt über die Lippen.

"Wie gesagt, wir sind ready and waiting", zuckte Tim die Schultern. "Von mir aus kanns losgehen."

Jamie machte große Augen.

"Das Rendezvous mit Anus, oder was?"

"Ja. Unsere Schwänze würden sich ganz gern mal mit deinem Arsch treffen. Romantisch, mh?"

"Ja. Sehr."

"Das dachten wir uns", fuhr Cari fort. "Und hey: Wenn wir nur ficken, zeigen wir dem Kommerz den Stinkefinger. Das willst du doch so."

"Mh."

Na ja, selbst Jamie konnte nicht von der Hand weisen, dass die einzige Möglichkeit, einen gelungenen Valentinstag zu gestalten, darin bestand, ihn im Bett zu verbringen. Und das am besten nicht allein.

"Ist ja gut, wir gehen zu mir", schlug er deswegen vor, woraufhin seine Kumpels gefällig lachten und sich schon mächtig auf das Rendezvous freuten.

 

Wenn das mal kein romantischer Valentinstag war...

Valentinsbonus: Creamy Pie

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Strip Tease

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Alone Time

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Water Play

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Like A Queen


 

Like A Queen
 

 
 

 
 

Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, sagte Forrest Gump einmal. Und das entsprach der Wahrheit. Seit diesem Tag konnten die Jungs bezeugen, dass das Leben tatsächlich jede Menge Überraschungen barg.

 

Es war ein schöner Sonntagnachmittag, den sie ausnahmsweise einmal nicht auf Tour verbrachten, sondern zu Hause. Rikki, Tim und Cari waren sich - wie es der Zufall so wollte - im Park über den Weg gelaufen und hatten spontan beschlossen, gemeinsam abzuhängen. Die Langeweile plagte sie ohnehin schon den ganzen Tag, aber zumindest war sie eines dieser Dinge, die nicht mehr ganz so lästig waren, wenn man sie mit seinen Freunden teilte. Doch nur zu dritt waren sie natürlich nicht komplett. Wenn schon faulenzen mit den Bandkollegen, dann nur zu viert. Also wurde sich aufgemacht, um Jamie einen kleinen Besuch abzustatten. Dieser zählte aber wahrscheinlich nicht jede verstreichende Minute, wie es der Rest der Truppe tat. Sicherlich beschäftigte ihn seine Freundin zur Genüge.

Ja, die Jungs sollten sich auch mal wieder eine Frau zulegen. Und das perfekte Exemplar sollte ihnen tatsächlich begegnen. Wenn auch in etwas anderer Form als erwartet...

 

Jamies Freundin war es, die ihnen die Tür öffnete und sie freundlich wie immer hereinbat. Von dem Sänger selbst fehlte jede Spur, jedoch nicht für lange. Bereits als sie im Flur standen vernahmen sie ein Lebenszeichen in Form von Geräuschen, die wohl aus dem verschlossenen Schlafzimmer stammten.

Die Situation mutete äußerst seltsam an. Allen Anscheins nach versteckte Jamie sich und weigerte sich vehement dagegen, den Raum zu verlassen. Was war denn hier los?

 

"Mein Liebling, deine Freunde sind da!", flötete Jamies Schatz und presste das Ohr lauschend gegen die Tür. Vom Inneren des Zimmers allerdings drangen Worte, die die Jungs noch mehr verwirrten.

"Schick sie weg!"

Am liebsten hätten sie lautstark protestiert, aber das tat zum Glück seine Freundin schon.

"So behandelt man seine Freunde aber nicht!", belehrte sie ihn, und auch das war irgendwie seltsam. Seit wann war Jamies Herzblatt so dominant? Sonst war es immer der Sänger gewesen, der die große Klappe besaß und seiner Freundin manchmal das Leben ganz schön schwer machte. Wenn er wollte, konnte er ein ganz schöner Macho sein. Doch jetzt war von dieser Seite ihres Freundes nicht mehr viel übrig geblieben. Jamie klang wie ein gepeinigtes Eichhörnchen, kleinlaut, aber zugleich auch ziemlich angepisst. Nun war die Neugierde der Jungs natürlich erst recht geweckt.

 

"Was hat er denn?", wollte Cari wissen, doch Jamies Freundin ging nicht darauf ein. Sie schmunzelte nur vor sich hin und sprach dann wieder offensichtlich mit ihrem sich einschließenden Schatz.

"Ich muss noch mal weg", erklärte sie und machte dann eine Pause, um sicherzugehen, dass der Sänger sie auch verstanden hatte. "Verköstige und unterhalte deine Kumpels doch derweil ein wenig."

Kein Geräusch drang aus dem Schlafzimmer. Jamies Verhalten erinnerte sie etwas an ein bockiges Kind.

"Jetzt zier dich nicht so", seufzte Jamies Freundin auf. "Steh zu dem, was du bist."

"Was ist er denn?", hakte Rikki nach, doch er erhielt ebenfalls nur ein verheißungsvolles Schmunzeln. Zum Glück tat sich dann tatsächlich etwas im Schlafzimmer und die Antwort sollte sich ihnen bald schon offenbaren.

Langsam, ganz langsam öffnete sich die Tür und ein sehr unwillig dreinschauender Jamie steckte zaghaft den Kopf heraus.

"So, Liebling, bis dann", meinte seine Freundin, näherte sich ihm und drückte ihm einen dicken Kuss auf die Stirn. Doch danach setzte sie gleich wieder den strengen, belehrenden Blick auf. "Und wehe, du durchtriebenes Luder reißt wieder die Männer mit deinem schlampigen Verhalten auf. Ich lasse dich nur ungern allein, das weißt du. Man kann sich einfach nicht auf dich verlassen."

Die Jungs verstanden gar nichts mehr. Sie schauten nur ziemlich verwundert in Jamies Gesicht, das ganz anders geschminkt war als sonst. Normalerweise trug ihr Sänger einfach nur schwarzes Make Up auf, um seine Augen zu betonen, und das stand ihm auch wirklich gut. Doch heute war er wirklich sehr feminin und viel dezenter, aber nicht weniger eindrucksvoll zurechtgemacht. Man sah deutlich, dass er Kunstwimpern trug und dazu einen geschwungenen oberen Lidstrich, der ihm wirklich sehr gut stand. Dass er auch noch pinkfarbenen Lipgloss aufgetragen hatte, das irritierte die Jungs allerdings völlig, war das doch überhaupt nicht Jamies Stil.

 

Seine Freundin verabschiedete sich nun fröhlich winkend von der versammelten Mannschaft und ließ diese schließlich allein. Jamie weigerte sich allerdings noch immer, das Schlafzimmer zu verlassen.

"Du bist ja so hübsch heute", kommentierte Tim Jamies Erscheinung mit einem wirklich ehrlichen Schmunzeln. "Wie kommts denn?"

Jamie brummte allerdings nur und schlug die Augen nieder, was ihn gleich noch einmal so attraktiv wirken ließ.

"Wie ein schüchternes Mädchen", beurteilte Cari leise lachend seine Reaktion. "Komm raus jetzt, sonst kommen wir rein."

Da rollte Jamie gereizt mit den Augen und zeigte sich tatsächlich in seiner vollen Pracht.

"Zufrieden?"

Reihenweise fielen die Kinnladen nach unten, als sie Jamie endlich sehen konnten. Es schien, als würde die Welt für die Jungs stillstehen, und das eine geschlagene Ewigkeit. Denn keiner von ihnen sagte in der nächsten Minute irgendetwas. Also musste Jamie das Schweigen unterbrechen.

"So, genug geglotzt", bestimmte er mürrisch. "Ich hab mir so was von gedacht, dass ihr so reagieren werdet. Ihr könnt nun von mir aus auch lachen."

Aber keiner lachte. Natürlich tat das keiner. Ganz im Gegenteil. Alle waren ganz hingerissen von der optischen Erscheinung Jamies. Denn dieser trug nicht nur ein feminines Make Up, sondern auch ein paar große, silberne Kreolen. Aber das Highlight war selbstverständlich das schwarzweiße Dienstmädchenkleid, das er mit weißen Kniestrümpfen - oder waren es Strumpfhosen? Man konnte es nicht beurteilen, der Rock war zu lang - und Pumps kombinierte.

 

"Uiuiui", entwich es Rikki etwas nervös. Hektisch kratzte er sich am Hinterkopf und konnte wie die anderen auch den Blick einfach nicht mehr von Jamie wenden. "Also...wow. Ich wusste gar nicht, dass ihr auf...so...Rollenspiele steht..."

"Tun wir auch nicht", murrte Jamie sehr wenig damenhaft und verschränkte die Arme vor der Brust. "Zumindest ich tue das nicht. Aber ich machs halt meiner Prinzessin zuliebe. Ich soll für sie das ganze Wochenende als Mädchen gehen. Na ja, da muss man durch als Lurch."

Wieder breitete sich Schweigen aus. Keiner der Jungs hätte geahnt, dass Jamies Freundin tatsächlich auch Crossdressing stand. Aber es gab ja die verrücktesten Fetische auf der Welt. Und lieber Frauenkleider tragen als Spiele mit Sekt und Kaviar, wenn man versteht...

 

"Das ist zwar echt süß, das Outfit", beurteilte Cari fachmännisch und legte den Kopf schief, während Jamie unsicher an seinem Rock herumzupfte und an sich hinabschaute. "Aber so richtig sexy ist es ja nicht...wenn deine Freundin wirklich auf Frauensachen an Kerlen steht, dann hätte sie wenigstens-"

"Sexy genug?"

Kurzerhand hatte Jamie den Saum des Rockes angehoben und das offenbart, was sich darunter befand. Dass dies ein Fehler war, das wurde ihm bereits im nächsten Moment anhand der reihenweise sabbernden Typen vor seiner Nase bewusst. Doch wer hätte dem Anblick auch widerstehen können? Jamie war vielleicht nicht unbedingt der Typ für Frauenkleidung, aber so ein schwarzes Spitzenhöschen und lange Strümpfe mit Strapsen standen so ziemlich jedem, der nicht gerade die Figur eines Bären oder eines Walrosses hatte. So sah also auch Jamie ziemlich gut damit aus, aber trotzdem die Jungs so außer sich waren und den Eindruck machten, als würden sie sich gleich wonnevoll auf dem Teppich wälzen, konnte Jamie nicht begreifen, was alle daran fanden, wenn er wie eine Tussi herumlief. Deswegen sorgte er schleunigst dafür, dass sein Rock wieder die pikanten Details verdeckte und stemmte dann die Arme in die Hüften.

"Meine männliche Identität wird hier gnadenlos untergraben und ihr sabbert nur, anstatt mir zu helfen", beschwerte er sich und hätte den Jungs am liebsten eine gescheuert für ihr doofes Grinsen, das einfach nicht mehr schwinden wollte.

"Deine Freundin hat echt Geschmack", nickte Tim zufrieden, ohne auf den Vorwurf ihres besten Freundes einzugehen. "Und jetzt tu, was deine Herrin dir befohlen hat. Verköstige und unterhalte uns."

"Oh, auf die Unterhaltung freue ich mich schon ganz besonders", rieb sich Rikki die Hände, woraufhin Jamie nur die Haare in den Nacken warf und sich mit hoch erhobener Nase an den anderen vorbeischob.

"Pff, ihr Dreckschweine. Ich weiß genau, was ihr denkt."

"Ach ja, und was?"

Alle schaute Jamie bewundernd hinterher, der in Richtung Küche marschierte. Doch im Türrahmen machte er halt, hielt sich mit beiden Händen daran fest und tat so, als würde er an der Stange tanzen.

"Oh ja, mach ruhig weiter", gaben die Jungs erfreut ihre Meinung kund, bekamen aber nur den Stinkefinger gezeigt, ehe Jamie in der Küche verschwand und sie von dort aus fragte, was sie essen wollten.

"Dich", meinte Tim, allerdings so, dass Jamie ihn nicht hören konnten. Dafür aber grunzten die anderen sehr amüsiert, ehe Cari Pfannkuchen verlangte.

"Mit Schokosoße", sagte er leiser zu den anderen und zwinkerte ihnen zu. "Süße Schweinerei. You know?"

"Teilen wir ihn uns?", wollte Rikki wissen.

"Wen? Den Pfannkuchen?"

"Nein. Jamie."

Tim wackelte vielsagend mit den Augenbrauen.

"Klar. Was hat seine Holde gesagt? Er ist ne kleine Schlampe, die die Männer mit ihrem nuttigen Verhalten aufreißt?"

"Das könnte hinkommen", raunte Cari und näherte sich dann der Küche. "Wisst ihr was? Ich steh auf Schlampen."

"Damit bist du nicht allein", kam es von den anderen und zu dritt betraten sie schließlich die Küche, wo Jamie bereits geschäftig werkelte.

 

"Setzt euch hin und haltet die Schnauzen", wies er seine Jungs an, ohne aufzuschauen. "Und übrigens: Ich merke ganz genau, dass ihr mir auf den Arsch glotzt."

"Och, jetzt sei doch nicht so zickig", zogen die Jungs ihn auf. "Wir werden deiner Freundin jedenfalls mitteilen, dass sie dich öfter so gehen lassen soll. Ihre Vorliebe gefällt uns auch."

"Na ja, eigentlich", begann Jamie, der noch immer mit dem Pfannkuchenteig beschäftigt war, "ist es nicht nur das. Der hauptsächliche Grund, weswegen ich so rumlaufen muss, ist ein anderer. Ich bin eben manchmal ziemlich frech, und das ist nun meine Strafe. Eine Art Demütigung, wisst ihr? Und es ist wirklich gut gelungen, das muss ich zugeben."

"Ach so?", zeigte sich Cari ganz interessiert. "Das werden wir auch einführen. Wenn du frech zu uns bist, dann werden wir dich auch dazu zwingen, Kleider zu tragen."

"Von mir aus kannst du dann auch ganz doll ungezogen sein", mischte sich Tim ein und erntete tatsächlich einen skeptischen Schulterblick von Jamie. "Du weißt schon, auf Tour und so..."

Er schnalzte mit der Zunge und machte eine eindeutige Geste mit den Händen, was die anderen mit einem Lachen kommentierten.

Natürlich war das nur Spaß. Genau wie die zweideutigen Anspielungen, die sie vorhin gemacht hatten. Jamie war vergeben, und schon das machte ihn tabu für sie. Außerdem stand ihr Sänger ganz sicher nicht auf Männer, genau wie sie selbst auch nicht. Doch so ein Kerl in Frauensachen, das war eine ganz andere Nummer. Da konnte man leicht schwach werden. Und Jamie mit seinen langen Haaren war wirklich so etwas wie ein feuchter Jungentraum.

 

Irgendwann war es so weit, dass Jamie den Tisch deckte und somit ziemlich nahe an den Jungs vorbeiwuselte. Als er den Teller vor Tim abstellte, presste dieser die Lippen aufeinander und schiss prompt auf jede Beherrschung. Seine Hand bahnte sich ihren Weg unter Jamies hübsches Röckchen, über seine nackten Oberschenkel, wurde aber dann jedoch weggeschlagen. Und das nicht gerade zärtlich.

"Aua", murmelte der Gitarrist und betrachtete erst seine brennende Hand und dann Jamie. "Nicht so ungezogen, junges Fräulein!"

"Pff", machte Jamie hochnäsig. "Ich muss mich doch wehren, wenn notgeile Säcke mich antatschen. Hat mir meine Mama beigebracht."

Mit unschuldiger Miene und hinter dem Rücken versteckten Händen stand er vor den anderen und klimperte mit den Wimpern. Wie zauberhaft er seine Rolle spielte. Warum hatte er sich vorhin so dagegen gewehrt? Die Jungs jedenfalls waren ganz hingerissen von seiner Show und konnten gar nicht anders, als noch mehrmals an ihrem Sänger herumzugrabschen.

Sie waren schließlich so beschäftigt mit ihren forschen Spielereien, dass Jamie vor lauter Schimpftiraden die Pfannkuchen ganz vergaß. Als er sich darauf besann und zum Herd stürmte, waren sie bereits verkohlt.

"Na super", jammerte er und ließ die Schultern hängen. "Daran seid nur ihr Schuld. Da habt ihr nun den Salat."

Die schwarzen Pfannkuchen landeten auf den Tellern der Jungs, aber diese beäugten die halben Kohlebriketts nur misstrauisch.

"Das essen wir nicht", beschlossen sie einstimmig. "Wir wollen etwas anderes."

Cari hatte sich inzwischen die auf dem Tisch bereitstehende Schokosoße unter den Nagel gerissen und grinste schäbig vor sich hin.

"Mir würde da eine Alternative einfallen", verkündete er und lockte Jamie mit dem Zeigefinger zu sich heran. "Wir vernaschen einfach dich, Mäuschen. Das ist dann unsere Strafe an dich für das verkohlte Essen."

"Ihr seid aber-"

"Wir sind gar nicht", schüttelte Tim entschieden den Kopf. "Und jetzt zier dich nicht so, setz dich auf Caris Schoß. Zeig uns, dass deine Freundin Recht hat mit dem, was sie sagte. Dass du ein kleines, durchtriebenes Luder bist..."

"Ihr seid solche Drecksäue, wisst ihr das eigentlich?", meckerte Jamie, dachte allerdings gar nicht daran, sich auf das Spielchen einzulassen. "Das erzähl ich alles meiner Mutti, was ihr bösen Buben mit mir machen wollt."

Ein kleines Lächeln huschte aber doch über sein Gesicht und gespielt damenhaft senkte er seinen Blick.

"Ich bin nämlich noch Jungfrau..."

Er wusste ganz genau, dass das den Jungs nur noch größeren Appetit bescherte. Und so wunderte es ihn auch nicht, als sie sich von ihren Stühlen erhoben und auf ihn zusteuerten, die Schokosoße in der Hand.

 

Lautes Gelächter und Geschrei drang schließlich aus der Küche. Oh, sie hatten mächtig Spaß. Doch noch bevor Jamies Freundin zurückkehrte, verpissten sich die Jungs und ließen ihren Freund nackt und von oben bis unten mit Schokosoße eingesaut allein in der Küche zurück.

Dieser konnte sich gar nicht mehr so schnell herrichten, wie plötzlich sein Augenstern in der Küche stand und die Szene äußerst kritisch beäugte.

"Hast du dich also doch wieder den Kerlen an den Hals geworfen, du billiges Flittchen", schimpfte sie ihren Freund aus, der prompt seinen Hündchenblick aufsetzte und flehend zu ihr hinüberschaute.

"Ich hab gar nichts gemacht", verteidigte er sich hilflos und wischte sich hektisch mit einem Handtuch die gröbsten Schokorückstände von seinem Körper.

"Ja, klar."

Seine Freundin glaubte ihm kein Wort.

"Du bist in die Schokolade gefallen und dann auf die Schwänze deiner Freunde. Sehr plausibel."

"Wir hatten gar nicht-"

Doch seine Freundin blieb gnadenlos. Sie deutete entschlossen auf die Tür.

"Geh unter die Dusche und warte dort. Ich muss dir einen Einlauf verpassen, meinen Schwanz werde ich nämlich erst wieder in dir versenken, wenn dein Loch auch sauber ist."

Wie ein geprügelter Hund trottete Jamie aus der Küche.

Dabei stimmte es: Er und seine Jungs hatten gar nicht miteinander geschlafen. Sie hatten lediglich ein wenig miteinander gespielt. Na gut, vielleicht hatten sie tatsächlich die Schokolade von seinem Körper geleckt und dabei auch seinen Schwanz nicht ausgelassen.

Vielleicht war es wirklich so, überlegte Jamie, als er unter der Dusche stand und das warme Wasser über sein Gesicht rann. Er war ein kleines Luder, das heißen Männern einfach nicht widerstehen konnte. Und das war ganz sicher nicht nur Teil ihres Rollenspieles...

 

Jetzt freute er sich jedenfalls auf die ausgiebigen analen Spielchen, mit denen seine Liebste ihm bereits den Mund wässrig gemacht hatte. Einen Einlauf und später einen Dildo eingeführt bekommen sollte wohl ebenfalls eine Strafe darstellen. Doch dem war nicht so. Nur an das Kostüm würde er sich wahrscheinlich nicht so schnell gewöhnen können.

Aber wenn er dafür so reich belohnt wurde, konnte man schon mal das Mädchen geben. Irgendwie war es ja sogar ganz reizvoll. Sogar die Jungs fanden das. Und es war auch nicht zu leugnen, dass Jamie wirklich hinreißend ausgesehen hatte.

 

Seine Freundin mochte ja seine Prinzessin sein. Aber er war die Königin.

Eindeutig.

That Was Awkward


 

That Was Awkward
 

 
 

 
 

Die Jungs von Crashdiet mochten ja ganz nett sein. Eigentlich tourten die Sister-Boys ganz gerne mit ihnen, weil sie sehr professionell ans Werk gingen und ihnen als alte Hasen einige Tipps mit auf den Weg geben konnten.

Doch spätestens, wenn sie sich nach dem Gig im Backstageraum aufhielten, zeigte die befreundete Band ihr wahres Gesicht. Besonders schlimm war es, wenn sie erst einmal einen im Tank hatten. Dann konnten sie einem unheimlich auf den Sack gehen mit ihren seltsamen Ideen. Besonders Peter tickte regelmäßig aus, sobald ihm der Alkohol zu Kopf gestiegen war. Dass er oftmals nackt durch die Kante rannte oder sich den Hintern pudern lassen wollte zählte noch zu den harmloseren Sachen, zumindest in den Augen von Sister, denn diese waren diesbezüglich nur Zuschauer und mussten nicht aktiv werden.

Schlimm wurde es erst, wenn sie auch einbezogen werden sollten. So wie heute.

 

Woher Peter diese verdammte Kamera hatte, das wusste keiner so recht. Aber das war auch egal.

An diesem Abend war ihr Kumpel ganz besonders lustig drauf, nahm alles und jeden auf und so neben einem nun nicht mehr so heimlich popelnden Martin auch die Sister-Boys. Und das in jeder Lebenslage. Sie fanden gar keine Ruhe mehr und mussten ständig darauf achten, dass sie sich nicht seltsam benahmen, schließlich könnte bereits morgen das World Wide Web davon Kenntnis nehmen. Dass sich Peter niemals schämte und keine Hemmungen zu besitzen schien, hieß nicht automatisch, dass es auf jeden zutraf. Jamie und seine Bandkollegen waren längst nicht so extrovertiert, wie man zu glauben mochte. Deswegen drückten sie sich auch stets vor den komisch-krassen Peterspielen, die eigentlich immer etwas mit Schwänzen zu tun hatten. Dass der kleine Blonde schwul war, war müßig zu erwähnen. Und auch das spielte keine Rolle. Auch gegenüber schwulen Menschen würden die Jungs keine Gnade walten lassen, drohten sie ihm an, als er sie mit der Kamera bis zum Pissoir verfolgte, um den Bereich unter der Gürtellinie in aller Ausgiebigkeit zu filmen. Als Cari versuchte, ihm das verdammte Ding wegzunehmen, lachte der Kerl nur auf und verschwand dann ganz schnell. Aber nur, um sich neue Späße zu überlegen.

 

Und die Jungs sollte es tatsächlich knüppeldick treffen. Als sie schon ganz entnervt an ihren Bierflaschen nuckelten und Peter stets und ständig drohende Blicke zuwarfen, da hatte sich eine Idee in seinem irren Hirn herausgebildet. Die Inspirationsquelle dafür war niemand geringeres als Jamie höchstpersönlich, der zur Abwechslung nicht rauchte oder soff, sondern ganz eindeutig und sehr ausgiebig etwas lutschte.

"Was hast du da im Mund?", wollte er nach einiger Zeit des Beobachtens in Erfahrung bringen und grinste dabei schon wieder dreckig, denn wenn man Peter das Stichwort 'Lutschen' gab, dann zeigte sein Kopfkino interessante Filme.

"'N Bonbon, was denn sonst?", gab Jamie zur Antwort und zeigte das Korpus Delicti der versammelten Mannschaft, indem er seine Zunge kurz herausstreckte. Dort lag es, das noch recht große, milchig-weiße Bonbon und inspirierte Peter zu immer besseren Drehbüchern. Nicht etwa für sein Kopfkino, sondern für den echten, richtigen Film, den auch ein Außenstehender sehen konnte.

Kurz entschlossen baute er sich samt Kamera vor der Couch auf, auf welcher die vier schwarzen Schwestern herumgammelten und ihn nun umso misstrauischer beäugten. Doch davon ließ sich ein echter Schwede nicht beirren.

 

"Ich hab eine ganz tolle Idee für das Feature des heutigen Filmes", eröffnete er den anderen, die allerdings wenig begeistert klangen.

"Aha", raunten sie nur schwerfällig, alle außer Jamie, der nur noch intensiver an seinem Bonbon nuckelte und Peter mit Pokerface musterte. Selbst, als er direkt angesprochen wurde, zeigte er keine Reaktion. Nun, jedenfalls vorerst nicht.

"Du, Jamie", dirigierte Peter und nickte ihm knapp zu, um dann seinen Blick zu den anderen wandern zu lassen, "gibst dein Bonbon weiter an die anderen. Aber nicht mit den Fingern, sondern nur mit dem Mund."

Er deutete mit dem Kinn auf Rikki.

"Wenn es bei Rikki angekommen ist, habt ihr gewonnen."

Jetzt war selbst der Sänger aus seiner gleichgültigen Haltung erwacht. Angewidert rümpfte er die Nase und kräuselte die Lippen.

"Ih, du willst also, dass wir knutschen, oder was?", hakte er nach, obwohl er die Antwort längst kannte.

Peter aber gab sich ganz unschuldig.

"Ihr sollt nur das Bonbon weitergeben", flötete er zuckersüß und hielt sich prompt seine Kamera vor das Gesicht, was den anderen zeigte, dass er zu keinem Kompromiss bereit war. "Und bitte."

 

Ach du Scheiße. Das ging jetzt aber alles schnell. Jamie wusste gar nicht mehr, was er tun sollte, und auch die anderen guckten ganz gequält drein. Besonders Cari, der neben Jamie saß und somit der erste Empfänger des Bonbons war.

Kurz dachte Jamie über die Möglichkeit nach, es einfach zu tun, aber als er sich sogar etwas zu dem Schlagzeuger beugte und dieser die Augenbrauen zusammenkniff und irritiert lächelte, da schüttelte er entschieden den Kopf.

"Ich knutsch keine Typen!", gab er bekannt und die anderen stimmten ihm prompt zu.

"Besonders keinen, der so eklig ist wie Jamie", feixte Cari und erntete prompt einen Schlag gegen die Schulter, welcher ihn gegen Tim katapultierte, der sich zugleich an seinem Bier verschluckte. Doch keiner kümmerte sich darum.

"Ja, ja, Jamie ist voll eklig", ritt Cari noch weiter auf der Sache herum. "Der hat voll den Mundgeruch und so...und schlechte Zähne...pfui"

Das reichte dem Sänger. Er packte seinen Kumpel am Arm, um ihn enger zu sich heranzuziehen und so zu tun, als würde er ihm tatsächlich gleich seine Lippen aufdrücken. Cari lachte auf, windete sich und versuchte zu entkommen, doch es gelang ihm natürlich nicht. Jamie hatte ihn in festen Griff und ihm blieb nur noch die Möglichkeit, panisch den Kopf wegzudrehen und die Augen zusammenzukneifen, als Jamies Gesicht seinem ganz nahe war. So nahe, dass er dessen Atem halb auf seinem Mund, halb auf seiner Wange spüren konnte.

"Hilfe!!", quiekte er nun komplett unmännlich auf und Peter freute sich sehr über das hübsche Material, das sie ihm hier für seinen Film boten. Wenn Jungs so miteinander spielten, das war das immer sehr süß anzusehen. Man merkte sofort, wie dicke die Sister-Boys miteinander waren, wie gern sie sich hatten. Zu solch einem innigen Verhältnis gehörten natürlich auch ein paar Neckereien. Doch seiner Meinung nach durften beste Freunde auch noch weiter gehen. Küsse waren etwas absolut schönes und stets legitimes, wenn alle darauf Lust hatten. Küsse waren auch schön, wenn man sie mit seinen besten Kumpels austauschte. Deswegen nutzte Peter die ausgelassene Stimmung aus, um die Jungs nun ein wenig hartnäckiger anzuheizen.

 

"Mach schon", meinte er zu Jamie. "Der sagt das doch alles nur und benimmt sich so, weil er Liebe will."

"Einen Scheiß will ich", verteidigte sich Cari, allerdings nicht sonderlich überzeugend. "Höchstens noch ein Bier nehm ich. Tim?"

Der Gitarrist reichte ihm eine neue Flasche und störte sich nicht im Geringsten daran, dass der Kopf des Schlagzeugers mittlerweile auf seinem Schoß gelandet war. Nun aber rappelte Cari sich etwas auf, um aus seiner Flasche zu trinken; dabei ließ er allerdings für keine einzige Sekunde Jamie aus den Augen. Sein Blick war spitzbübisch und in Peters Augen auch sehr herausfordernd.

Komm nur, hübscher Jamie, sagte er dem Crashdiet-Bassisten, ich bin schon ganz gespannt darauf, wie du schmeckst.

Grund genug, um zu der Wunderwaffe zu greifen, der sich noch nie ein eigentlich heterosexueller Typ entziehen konnte. Sie stellte stets die letzte Instanz dar und war so wirkungsvoll, weil sie wahrscheinlich in einer gewissen psychologischen Art und Weise wirkte. Das Gehirn war so leicht auszutricksen, wenn man es richtig anstellte. Und Peter hatte über all die Jahre gelernt, wie man Heten mit fast hundertprozentiger Trefferquote verführte.

 

Jamie erwiderte Caris Blick schon die ganze Zeit. Wie sie sich anlächelten, es war absolut hinreißend. Man sah ihnen an, dass sie es eigentlich wollten, aber sich nur nicht trauten.

"Don't be a faggot and kiss him", sagte Peter nun sehr bestimmt zu Jamie, welcher daraufhin unterdrückt gluckste und vor sich hin schmunzelte. Dann sah es für einen kurzen Moment sogar tatsächlich so aus, als würde er sich überwinden können, doch da zerstörte Cari die Szene.

"Ich brauch Mut", meinte er und kippte sich einen großen Schluck Bier hinter die Binde. Seine Augen funkelten jedoch unentwegt, während er Jamie anschaute. "Ich brauch Mut und mindestens drei Promille, damit ich das aushalte."

Man merkte nur zu deutlich, dass Cari ein Spinner war, maßlos übertrieb und die Spannung nur aus Spaß ins Unermessliche treiben wollte. Doch damit war nun endgültig Schluss. Kaum, dass er die Bierflasche auf dem Boden abgestellt hatte, legte Jamie seine Hand auf seinen Hals und zog ihn zu sich heran.

Ganz breit grinsten sie sich an, doch dann trafen sich endlich ihre Lippen.

Peter war ganz aus dem Häuschen, konnte kaum noch stillstehen geschweige denn die Kamera ruhighalten. Aber er musste es versuchen, denn das hier war ganz rares Material und es würde die Fans sicherlich entzücken. Besonders, weil Jamie und Cari wirklich in dem Kuss aufgingen, ihre Zungen um das Bonbon kämpften und die beiden Jungs aus dem Gegiggel und Gekicher nicht mehr herauskamen.

Lange dauerte es jedoch nicht, bis Cari als Sieger hervorging und grinsend das Bonbon vorzeigte. Doch da wurde er prompt von Tim gepackt, der ihm ohne zu Zucken die Lippen aufdrückte und sich direkt das nahm, was er wollte. Cari fror mitten in der Bewegung ein, da der Kuss seine ganze Aufmerksamkeit forderte und so auch die Verteidigung des Bonbons.

Tim ging ziemlich geschickt vor, aber das Bonbon war glitschig und so dauerte ihr Duell länger als das zwischen Jamie und Cari. Aber schließlich hatte auch der Gitarrist die Süßigkeit in seinen Mund befördert und wendete sich erwartungsvoll an Rikki.

Ja, das war wirklich ein tolles, kleines Spielchen, was Peter da erdacht hatte. Er war ganz stolz auf sich selbst, als der Bassist das Bonbon letzten Endes präsentierte, aber es prompt auf den Boden spuckte mit einer ganz widersinnigen Begründung.

"Bäh, ich lutsch doch kein Bonbon, das schon ein Typ im Mund hatte. Widerlich."

"Ja, das war echt ekelhaft", stimmte Cari ihm zu und schüttelte den Kopf. "Aber wir haben gut geschauspielert, was meinst du, Peterchen?"

"Ja, ihr könnt so gut Lust vortäuschen, dass jeder Pornostar neidisch wäre", schmunzelte da der Blonde, denn natürlich wusste er ganz genau, dass die Jungs nicht nur so getan hatten, als ob es ihnen gefiele. Sie waren ganz begeistert bei der Sache gewesen, hatten jegliche Scheu voreinander abgelegt und sich geküsst, als wäre es das Normalste auf der Welt. Und das war es in Peters Augen auch. Mit Martin knutschte er auch hin und wieder herum, und der war ganz sicher nicht am anderen Ufer heimisch.

Apropos Martin - wo steckte der eigentlich? Mitsamt der Kamera begab er sich auf die Suche nach seinem Bandkollegen und ließ die Sister-Boys alleine.

 

"Hach, endlich ist die Nervensäge weg", machte Jamie seiner Erleichterung Luft. "Man, war der heute penetrant, wenn er nicht so klein und lieb wäre, dann hätte ich ihm längst eine gescheuert."

"Oh ja, dabei hätte ich dir ohne zu Zögern geholfen", lachte Cari auf. "Uns einfach dazu zu nötigen, mit Kerlen herumzuknutschen, tze..."

"Wo das doch so eklig ist", schüttelte Tim den Kopf und schmunzelte dabei vielsagend vor sich hin. Dann herrschte kurzes Schweigen in der Runde.

"Wollen wir uns verziehen?", unterbrach Rikki schließlich die eingekehrte Stille und die anderen nickten prompt, ehe sie sich reihenweise erhoben. Sie konnten es sich nicht nehmen lassen, sich gegenseitig an die Ärsche zu gehen, noch während sie sich in Richtung Ausgang schoben. Die Küsse hatten ihnen verdammt noch mal Lust auf mehr gemacht und so war es nicht verwunderlich, dass ihr Ziel das Hotel darstellte.

"Wenn Peter wüsste, dass wir noch ganz andere Dinge an einem Kerl küssen", raunte Cari und kniff verheißungsvoll in Jamies kleine, süße Arschbacken hinein.

 

Sie amüsierten sich köstlich darüber, dass niemand ihr kleines Geheimnis kannte.

Wer wäre auch bei vier so böse aussehenden Jungs auf die Idee gekommen, dass sie sich nicht nur seit geraumer Zeit die Bühne teilten, sondern auch fast genauso lang das Bett?

Try It Once


 

Try It Once
 

 
 

 
 

"Ich hab echt gedacht, die kleine Schwarzhaarige hat mich angeguckt."

"Ich fand ja die Blonde heißer, aber die hatte anscheinend ebenfalls Geschmacksverirrung."

"Weil sie sich an mich rangeschmissen haben?"

Auf Tims Gesicht stahl sich prompt ein zufriedenes, triumphierendes Grinsen. Und man konnte ihm diese Reaktion auch nicht verübeln, hatte er an diesem Abend doch mehr Glück bei den Damen gehabt als die anderen Jungs. Dass es trotzdem nicht im Hotel geendet hatte, blendete der Gitarrist einfach mal aus.

"Pff, bild dir nichts ein", blaffte Jamie und nahm einen Zug an seiner Zigarette. "Wer steht schon auf Typen mit Nasenring?"

"Och, einige", zuckte Tim von sich überzeugt die Schultern und warf dann Rikki, welcher etwas abseits auf seinem eigenen Bett saß, einen beiläufigen Blick zu.

"Und du hast auch keine abgekriegt, mh?", wollte er von dem Bassisten wissen. Dieser aber kam erst gar nicht dazu, eine Antwort abzugeben, denn die anderen kamen ihm zuvor.

"Rikki ist doch brav, der nimmt nie ein Mädchen mit", ereiferte Jamie sich und Cari schmunzelte vor sich hin.

"Wie schaffst du das eigentlich, stets und ständig den Frauen zu widerstehen?"

Das war in der Tat eine berechtigte Frage, die den Jungs außerdem schon ziemlich lange zu denken gegeben hatte. Wann immer sie sich über das weibliche Geschlecht austauschten, Frauen bewerteten oder sich einfach nur darüber unterhielten, welche Stars sie nicht von der Bettkante stoßen würden, saß Rikki daneben und zog stumm an seiner Zigarette oder spielte auf seinem Handy herum. Er schien so desinteressiert, dass es den anderen beinahe physisch schmerzte. Und auch der heutige Tag stellte keine Ausnahme dar. Rikki schwieg so beharrlich, als würde ihn das alles nichts angehen, als hätte er nichts dazu beizutragen.

 

Tim stieß Cari an, um dessen Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

"Der hat bestimmt irgendein dreckiges Geheimnis", raunte er dann mit verheißungsvoll zuckenden Mundwinkeln und ließ dabei Rikki nicht aus den Augen. Schließlich ergänzte er so laut, dass auch der abseits hockende Bassist es hören konnte: "Du musst dich nicht für deinen Natursektfetisch schämen. Immer raus mit der Sprache."

"Natursekt", wiederholte Rikki leise und schnaubte dann amüsiert. "Ihr seid echt blöd."

"Wissen wir", nickte Jamie. "Aber es muss doch irgendetwas geben, das dich nicht kalt lässt."

Da blickte Rikki den Sänger direkt an. Lange, mehrere Sekunden. Es war, als überlegte er, ob er den Mund aufmachen sollte, doch dann entschied er sich schließlich dafür.

"Ja, Typen."

 

Schweigen im Walde. Die Köpfe der anderen waren heute nicht mehr hell genug, damit sie diese Information in Windeseile verarbeiten konnten. Deswegen glotzten sie nur ziemlich dumm aus der Wäsche, bis Cari letzten Endes belustigt gluckste.

"Hahaha, perfekt gekontert, Kunde. Das Krasse ist nur, dass ich ihm das sogar direkt abnehmen würde, wenn ich es nicht besser wüsste."

"Ich bin wirklich schwul", beharrte Rikki ernst auf seiner Meinung. "Danke, dass ihr lacht."

"Aber...wir lachen doch gar nicht", versuchte Jamie ihn zu beschwichtigen. "Ich finds auch nur ziemlich...na ja, ich hätte damit nicht gerechnet. Aber ist doch okay."

"Krass", nuschelte Cari noch immer komplett von Unglauben beseelt vor sich hin und schüttelte den Kopf. "Krass. Krass."

Rikki wirkte mittlerweile so, als bereute er es zutiefst, den Jungs sein intimstes Geheimnis offenbart zu haben. Er hatte es ihnen aus gutem Grund verschwiegen, denn er hatte geahnt, dass sie auf diese Art und Weise reagieren würden. Andererseits: Welche Reaktion hätte er sich denn gewünscht? Eine übertrieben verständnisvolle? Nein, ganz sicher nicht. Das Thema war schlicht und ergreifend doof, und Rikki sprach nicht gern darüber, mit niemandem. Er nahm es am liebsten als gegeben hin und dachte nicht einmal selbst großartig darüber nach. Denn was sollte es diesbezüglich auch zu überlegen geben? Wenn man das Warum und Weshalb von Gefühlen hinterfragte, dann kam man doch fast immer zu dem Schluss, dass man einen Schaden hatte und fühlte sich demzufolge einfach nur mies. Das musste nicht sein. Aber nun war es Rikki eben doch passiert.

 

"Woran merkt man das?", wollte Tim nach einer Weile in Erfahrung bringen. Zum Glück klang er nicht spöttisch oder verstört.

"Was meinst du?"

"Na...woran merkt man das, dass man auf Kerle steht?"

Dafür gab es nur eine wenig plausible Erklärung.

"Man merkt es einfach", zuckte der Bassist die Schultern und schaute runter. "Wie habt ihr denn gemerkt, dass ihr auf Mädels steht?"

Niemand kannte eine Antwort darauf. Sie alle hatten ganz automatisch angefangen, sich an irgendeinem Punkt in ihrem Leben für Mädchen zu interessieren. Ja, wahrscheinlich war das bei Rikki genauso abgelaufen.

"Natürlich hab ich mich manchmal gefragt, wieso ich Jungs viel hübscher finde als Mädchen", erzählte Rikki weiter, obwohl er um diese Uhrzeit eigentlich keinen Bock mehr hatte, sich über die Einzelheiten der Sexualität zu unterhalten. Aber ein paar Dinge mussten eben sein.

"Aber mir blieb ja doch nichts anderes übrig, als es als gegeben hinzunehmen. Ist halt so. Kann man nichts machen."

Wieder verfiel die Band in Schweigen. So recht wussten sie halt noch immer nicht, wie sie damit umgehen sollten. Natürlich, ihr Freund Peter fühlte sich ebenfalls zu Männern hingezogen, aber ihn hatten sie bereits als schwul kennengelernt. Bei Rikki war es anders. Es war, als hätte man zu dem fertigen Bild, was sie von ihrem Bassisten hatten, einen nicht so recht passenden Strich hinzugefügt. Wenn sie es sich eingestanden, dann war das tatsächlich recht befremdlich. Aber dafür auch sehr interessant. Ja, sogar hochinteressant. Mit Peter hatten sie nie über dessen Sexualität gesprochen, aber das hieß nicht, dass sie nicht viele Fragen hatten. Und die purzelten nun aus ihnen heraus. Allen voran natürlich die allerwichtigste.

 

"Wie findest du denn uns?", kam es von Jamie. "Hast du zum Beispiel schon mal gedacht, dass ich einen knackigen Arsch hab? Oder ganz hübsch bin?"

"Ihr seid alle hässliche Kackbratzen", erwiderte Rikki nur gelassen und grinste sie dann schief an. "Mit euch würde ich nie im Leben ins Bett gehen."

Allen war klar, dass Rikki überzogen reagierte. Aber wieso er das tat, das erschloss sich ihnen natürlich nicht. Denn er versuchte etwas hinter diesen abschätzigen Worten zu verbergen.

Selbstverständlich waren seine Jungs keine hässlichen Kackbratzen. In Wirklichkeit fand er sie tatsächlich ganz süß, aber die Frage, ob mal etwas zwischen ihnen laufen würde, hatte sich nie gestellt, nicht mal, als er der Band beigetreten war. Er kannte seine Jungs schließlich als heterosexuell und in dieses Bild hatte sich nie ein neuer Strich oder eine Korrektur eingefügt.

 

"Sag mal ehrlich", verlangte nun auch Cari. "Du kannst ruhig zugeben, dass du uns niedlich findest."

"Niedlich, tze", schüttelte Rikki amüsiert den Kopf. "Ihr seid meine Freunde, ich hab noch nie darüber nachgedacht, ob ich euch attraktiv finde oder nicht."

"Ich denke, das merkt man einfach?"

Jetzt hatte Jamie Rikki alles verdorben. Genervt zog er den Mund breit. Doch dann verdrehte er die Augen und rückte mit der Sprache heraus.

"Ihr seid alle ziemlich heiß. Zufrieden?"

"Du bist aber auch nicht schlecht."

Etwas verwirrt schaute er zu Tim rüber, der dieses Geständnis wohl aus der Inbrunst der Überzeugung getätigt hatte, wenn man einmal seinen ernsten Blick in Betracht zog.

"Ja, danke."

Was sonst sollte Rikki dazu sagen? Es war ja nun auch nicht so, als würde er sich in Blümchen und Herzchen auslösen, nur weil sein attraktiver Bandkollege ihm gestanden hatte, dass er ihn als gutaussehend einstufte. Hatte dieser das etwa erwartet? Nein, wahrscheinlich nicht, denn das Gespräch weitete sich schneller als dem Bassisten lieb war auf andere Bereiche aus.

 

"Du wirst ja schon mal mit einem Kerl gepoppt haben", begann Jamie ganz direkt. "Erzähl uns mal, wie das so ist."

Rikki kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es war ja fast schon süß, wie neugierig seine Jungs waren, aber langsam reichte es auch mal. Eigentlich hatte er nicht vorgehabt, zur mitternächtlichen Stunde sein ganzes Sexualleben aufzurollen.

"Was soll ich denn nun sagen?", hakte er also wenig beeindruckt nach. "Ich hatte nie Sex mit Frauen, also kann ich auch keine Vergleiche anstellen."

"Na, aber...", lenkte Cari ein, merkte dann jedoch, dass er nicht mehr wusste, was er sagen sollte. Also hielt er die Klappe und auch die anderen sagten nichts mehr.

Verflucht noch mal, es glich reiner Schwerstarbeit, Rikki ein paar schwule Geheimnisse zu entlocken. Dabei waren die Jungs doch so neugierig und interessierten sich sehr für ihren Bassisten, das unbekannte Wesen. Dieser aber sagte nun etwas, das ihn triumphierend grinsen ließ.

 

"Wenn ihr wissen wollt, wie es ist, dann versucht es doch selbst mal."

Das altbekannte Argument. Das schmeckte den Jungs natürlich überhaupt nicht.

"Wie sollen wir das denn ausprobieren?", wollte Tim sehr intelligent wissen, doch auch dafür hatte Rikki die passende Antwort.

"Sind doch genug Kerle hier im Raum", meinte er gelassen. "An Partnern mangelt es also nicht."

Er ließ seinen wissenden Blick über alle drei verdutzt dreinblickende Gesicht wandern.

"Aber an Mut, mh? Ihr seid kleine Schisser."

Das wollte natürlich keiner auf sich sitzen lassen. Besonders Jamie nicht.

"Ich bin kein Schisser", behauptete er sehr von sich überzeugt. "Ich würde mich trauen, aber..."

Er musterte Tim und Cari.

"Die trauen sich ja nicht, und mit mir alleine kann ich ja schlecht schwul sein."

"Du hast da was vergessen", schmunzelte Rikki und deutete mit dem Zeigefinger auf seine eigene Brust. "Ich bin auch noch da. Und ich würde mich dir sogar freiwillig zur Verfügung stellen, Süßer."

Damit hatte Jamie nicht gerechnet. Warum hatte er auch den Mund nur so voll genommen? Wenn er sich jetzt hingestellt und den Schwanz eingezogen hätte, dann wäre sein ganzer Stolz flöten gegangen. Nein. Das hatte er sich selbst eingebrockt. Da musste er nun durch.

 

"Jamie hat wenigstens Eier", lobte Rikki den hübschen Sänger, welcher nach wie vor keine Anstalten machte, seine Behauptung zurückzuziehen. Als er allerdings mit ansah, wie der Bassist an seiner Hose nestelte, die Gürtelschnalle öffnete und schließlich auch den Knopf samt Reißverschluss, da starrte er schluckend und mit großen Augen auf Rikkis Schritt.

"Dann traust dich doch bestimmt auch, mir einen zu blasen", mutmaßte Rikki und legte erwartungsvoll den Kopf schief, während er Jamie musterte. Dieser aber war sich seiner Sache überhaupt nicht mehr so sicher. Doch ein Nein erlaubte er sich selbst nicht. Deswegen erhob er sich mit entschlossenem Gesichtsausdruck und leistete Rikki brav Folge, als dieser ihn anwies, sich zwischen seine Beine zu knien.

Die anderen Jungs beäugten das Spektakel äußerst interessiert. Das, was sich vor ihren Augen abspielte, war eine wahre Sensation und sie hofften inständig, dass Jamie das tatsächlich durchziehen würde. Denn wenn sie ehrlich zu sich selbst waren, dann reizte sie bereits der Gedanke daran, Jamie dabei zuzusehen, wie er einen Schwanz im Mund hatte. Sie selbst hätten sicher ebenfalls nicht nein gesagt, hätte der Sänger ihnen das Angebot unterbreitet, sie oral zu befriedigen. Warum, das wussten sie selbst nicht so genau. Vielleicht, weil sie den Anblick von dem vor ihnen hockenden Jamie genossen hätten. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass sie im Moment ziemlich spitz waren aus Ermangelung an weiblichen Spielgefährten für die Nacht.

 

Jamies Augen wurden größer und größer, als Rikki sich in die Unterhose griff und schließlich sein Ding herausholte. Jamie konnte es sehen, und nun fand er es schier unmöglich, dass er es gleich im Mund haben sollte. Er ekelte sich nicht unbedingt davor, aber um so etwas abzulutschen musste man es doch sehr lecker finden. Und als so appetitlich erachtete er es dann doch nicht.

"Ich hoffe, du hast dich gewaschen", ließ er etwas unsicher verlauten und grinste dabei zittrig, als Rikki begann, sich leicht anzuwichsen, dabei seine Vorhaut zurückschob und seine zu Tage tretende Spitze direkt an Jamies Lippen hielt. Dieser zuckte irritiert zurück, schaute hoch zu Rikki und dann zu den anderen, die das Geschehen geifernd beobachteten. Letztlich fixierte er wieder das gute Stück vor seiner Nase. Okay, dachte er sich in dem Moment. Augen zu und durch.

 

Er tat es. Er tat es wirklich. Und er hörte die Jungs im Hintergrund unterdrückte Geräusche von sich geben, die an Gelächter erinnerten. Doch auch das konnte ihn nicht mehr davon abhalten, die Lippen um Rikkis Eichel zu schließen. Er kam sich zwar vor wie im falschen Film und konnte noch immer nicht fassen, was er hier gerade zu tun angesetzt hatte, aber wenigstens war er mutiger als Tim und Cari, die sich sicherlich zu fein für solche niederen Arbeiten waren.

"Das steht ihm gut, mh?", schmunzelte Rikki und wuschelte durch Jamies langes Haar, von dem ihm sofort ein paar Strähnen die Sicht verdeckten und ihn grimmig dreinblicken ließen. Dennoch gab er sein Bestes, lutschte hartnäckig an der Eichel und schaute herausfordernd hinauf zu seinem Bandkollegen, der allen Anscheins nach ziemlich zufrieden mit seiner Arbeit war, seinem verträumten Lächeln nach zu urteilen, das er für den Sänger übrig hatte.

 

Tim und Cari derweil wurden immer neidischer. Jamie schien in ihren Augen wie gemacht dafür zu sein, Schwänze zu blasen. Warum er nicht schon früher damit begonnen hatte, fragten sie sich. Das hier, das war doch sein natürliches Habitat. Und oh, der Schlagzeuger und der Gitarrist hätten viel dafür gegeben, nun an Rikkis Stelle zu sein. Jamie sah wirklich entzückend aus, wie er da noch etwas unbeholfen an Rikkis Ding herumlutschte, aber dennoch wild entschlossen, seine Sache gut zu machen. Das ließ allen Beteiligten das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ihr kleiner Hetenjamie, der Kerl, der sich immer nur für Mädchen interessiert hatte hockte tatsächlich zwischen den Beinen eines Typen und versuchte ihn um den Verstand zu blasen.

Und seine Mühe trug bald schon Früchte. Vielleicht nicht unbedingt, weil er den perfekten Blowjob hinlegte, das perfekte Zusammenspiel zwischen Lippen und Zunge, sondern wahrscheinlich, weil Rikki ebenfalls so hingerissen von Jamies schmutziger Tat war. Was konnte es auch besseres geben, als einen Hetero zu solchen Dingen zu verleiten? Diese Gedanken waren es hauptsächlich, die Rikki schließlich kommen ließen. Er riss Jamie hektisch an den Haaren zur Seite, damit dieser die Ladung nicht in den Mund bekam, denn so ein unerfahrenes Bürschchen wie der Sänger wäre womöglich gnadenlos daran verreckt.

Mit offenem Mund saß dieser auf seinem Hosenboden und schaute dabei zu, wie Rikki sein Sperma mit der Hand auffing und dabei hörbar die Luft anhielt. Ihren Freund in solch einem intimen Moment zu sehen, das war für alle Anwesenden ziemlich seltsam, wenn auch genauso faszinierend. Das Bild, was sie von Rikki hatten, war nun ohnehin ein ganz anderes. Aber nicht nur seines. Auch Jamie würden sie von nun an wohl mit ganz anderen Augen sehen. Mit den Augen von hungrigen Raubtieren. Denn jetzt, wo er mit Rikki fertig war, drängten ihre eigenen Gelüste in den Vordergrund. Sie wollten nicht mehr nur zuschauen. Sie wollten auch etwas von dem Kuchen abhaben, den der leicht auf Bisexualität getrimmte Jamie darstellte.

 

"Ihr seid alle blöd", meckerte der Sänger, robbte dann aber doch auf Cari zu und schnappte sich wenig zärtlich dessen Teil, um es sich bockig in den Mund zu stecken.

"Du kriegst auch eine Belohnung dafür", versprach der Schlagzeuger ihm grinsend, woraufhin die Fragen Jamie ins Gesicht geschrieben standen.

"Blowjob", erklärte Tim knapp. "Wir können dich doch nicht alleine zu Rikki ans andere Ufer rudern lassen."

Das machte Jamie recht zufrieden. Wenn sie alle nichts dagegen hatten, mit Jungs rumzumachen, dann stimmte das Bild wieder.

Dann brauchte sich auch der Sänger keine Gedanken darüber machen, was er nun eigentlich war.

Aber musste man überhaupt für alles einen Namen bereithalten? War es nicht manchmal viel schöner, einfach zu genießen, ohne sich in eine Schublade gedrängt zu fühlen?

Sie waren im Grunde einfach nur Jungs, die gerne Sex hatten. Und wenn sie keine Frau abbekommen hatten, dann wollten sie in Zukunft eben miteinander vorlieb nehmen.

 

Das war ihre Alternative. Und sie stellte alle zufrieden.

Denn seitdem sie es versucht hatten, konnten sie irgendwie verstehen, was Rikki an Männern fand.

Sie besaßen gewisse Qualitäten, die sie bei Frauen vergeblich gesucht hatten. Es war nicht besser, aber es war anders. Und sie waren froh, dass sie sich dazu überwunden hatten, es einfach zu tun.

 

Manche Dinge merkte man eben nicht einfach, wie Rikki behauptet hatte.

Manche Dinge musste man für sich entdecken, um auf den Geschmack zu kommen.

Out Of Control

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Pain Equals Pleasure


 

Pain Equals Pleasure
 

 
 

 
 

Machte es nicht immer wieder Spaß, etwas Neues zu erlernen? Im Grunde hätte Jamie dieser Suggestivfrage zugestimmt, aber inzwischen zweifelte er mehr und mehr daran.

Wieso hatte er sich darauf eingelassen? Vielleicht, weil seine Bandkollegen so überzeugend betteln konnten, dass er es einfach nicht übers Herz gebracht hatte, ihnen ihren Wunsch abzuschlagen. Obwohl dieser ziemlich merkwürdig war, schließlich hatten die Jungs nicht einmal etwas davon, wenn sie Jamie diesen Mist beibrachten.

 

Den Sänger hatte sein gutes Gefühl bereits just in dem Moment verlassen, als er mit beiden Beinen auf dem Brett stand, der Wind ihm scharf ins Gesicht biss und sich vermehrt Haarsträhnen auf seiner Stirn verirrten. Hilflos fühlte er sich, auf die anderen angewiesen, die neben ihm herliefen, während Rikki seine Hüften in festem Griff hielt.

Das machte keinen Spaß, eindeutig nicht. Wenn der Bassist es tat, dann wirkte es stets so einfach, wie er mühelos über den Weg rollte, Kurven fuhr und sogar kleine Stunts vollführte. Doch Jamie musste einsehen, dass es ein wahres Kunststück darstellte, das Gleichgewicht auf so einem schmalen Brett mit Rollen zu halten. Die Jugendlichen, die ihnen entgegenkamen, sollten aufhören, so hämisch zu grinsen! Die hatten doch keine Ahnung, wie kompliziert es war, das Skateboardfahren zu erlernen.

 

"Breite die Arme aus, Jamie!", rief Cari ihm zu, während Rikki ihn noch immer Hilfestellung leistete. Er war so konzentriert darauf, das Zittern seiner Knie zu verbergen, dass er nur wie nebenbei mitbekam, dass der Schlagzeuger begann, das Titanic-Theme zu singen und Tim lachend einstimmte. Alles Idioten, dachte Jamie nur und ließ sich verbissen weiterschieben. Mittlerweile konnte er das Gefühl von Rikkis Händen an seinem Körper fast nicht mehr ertragen. Eigentlich hatte er kein Problem damit, wenn seine Jungs ihn im Scherz berührten, doch heute war es echt zu viel des Guten. Er kam sich mehr und mehr vor wie ein Kleinkind und beschloss, endlich den nächsten Schritt zu tun. Ganz egal, wie der enden würde.

 

"Lass mich los, ich kanns jetzt selber."

Rikki schien noch skeptisch zu sein, und Jamie stand kurz davor, ihn anzuherrschen, dass er endlich seine Griffel von ihm nehmen sollte. Vielleicht, so überlegte der Sänger, mochte der Kerl es sogar, an ihm rumzugrabschen. Das hörte sich absurd an, und genau deswegen verdrängte Jamie den Gedanken gleich wieder. Außerdem hatte er sich nun auf andere Dinge zu konzentrieren. Zum Beispiel darauf, nun ganz allein auf dem Brett durch die Weltgeschichte zu rollen.

"Fahr nicht zu schnell", warnte Rikki ihn noch, als er etwas zweifelnd die Hände von ihm genommen hatte. Doch da raste Jamie schon mit einem Affenzahn los. Endlich war er wieder frei, endlich musste er sich nicht mehr wie ein Baby fühlen, das an der Hand seines Papis gerade das Laufen lernte. Er stieß sich heftig mit einem Bein ab und schnellte über den Weg. Äste rissen an seinen Armen, verfingen sich in seinen Haaren, aber selbst das kümmerte ihn nicht. Er wollte es endlich können, und so setzte er verbissen seinen Weg fort.

Die anderen Jungs schauten ihm derweil recht missmutig nach.

"Ich glaub, der Kerl ist lebensmüde", kommentierte Cari das Geschehen und Rikki runzelte die Stirn.

"Der bricht sich alle Knochen, wenn der so weitermacht. Warum kann der nicht einmal auf mich hören?"

"Du bist nicht sein Vater", beruhigte Tim ihn jedoch und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Jamie ist erwachsen, er muss selbst wissen, was er tut."

"Aber..."

Rikki gefiel die ganze Situation gar nicht. Nun war er es, der sich hilflos fühlte.

"Er ist doch unser bester Freund, und Freunde passen aufeinander auf."

Cari öffnete gerade den Mund, um etwas zu erwidern, doch da lenkte ein Rascheln und Scheppern die Aufmerksamkeit der Jungs auf sich. Sie erblickten das Skateboard, das gegen einen Baum krachte und dann hart auf den Fußweg zurückfiel. Von Jamie allerdings fehlte jede Spur.

Fluchend setzten sich die Jungs in Bewegung, stürzten förmlich zu der Unfallstelle, um ihren Sänger schließlich zu entdecken.

Er war in einen Busch gefallen, lag auf dem Bauch und rührte sich nicht mehr.

"Nein, bewegt ihn lieber nicht", verlangte Rikki panisch, als Tim sich zugleich neben den Verunglückten gekniet hatte und versuchte, ihn an den Beinen hervorzuziehen. "Vielleicht hat er sich was gebrochen."

"Aber wir können ihn doch nicht so liegen lassen!"

Tim war es ernst, und er ließ sich nicht davon abbringen, Jamie aus dem Strauch zu befreien und ihn schließlich auf den Weg zu legen. Entsetzt schauten die Jungs auf ihn hinab. Er hielt die Augen geschlossen und bewegte sich nicht mehr. Zudem war sein Gesicht mit kleineren und größeren Schrammen übersäht und an der Unterlippe sowie an der Stirn klebte Blut.

"Dieser Vollidiot!", stieß Cari aus. "Wenn der uns jetzt den Arsch hoch macht, dann...dann..."

"Ruft doch lieber mal den Krankenwagen, als hier zu stehen und zu glotzen!", meckerte Rikki, doch da schauten die anderen, die sich neben Jamie gekniet hatten, empört zu dem Bassisten hinauf.

"Du glotzt doch selber", verteidigte Tim sich, widmete seine Aufmerksamkeit allerdings wieder Jamie, fühlte kurz dessen Puls und warf dann Cari einen Blick zu.

"Du machst diese Herzmassage und ich Mund-zu-Mund-Beatmung", ordnete er an. "Rikki ruft den Krankenwagen."

Gerade wollte der Bassist zum Protest ansetzen, aber dann sah er, dass dieser wahrscheinlich zwecklos sein würde und wählte die Nummer des Notarztes. Dabei beäugte er misstrauisch das, was Cari und Tim nun mit ihrem Kumpel veranstalteten. Besonders Tims Tat stand er sehr kritisch gegenüber. Als der Gitarrist sacht Jamies Mund öffnete, dessen Nase zuhielt und dann seine Lippen auf die des anderen presste, zuckte seine Augenbraue empor und er hätte beinahe vergessen, auf die Frauenstimme am anderen Ende der Leitung zu reagieren.

 

Cari unterdessen hatte Jamies Oberkörper freigemacht und presste seine Hände auf die Stelle, an der er das Herz vermutete. Wo genau es sich befand, wusste der Schlagzeuger natürlich nicht, oder besser gesagt nicht mehr. Sein Erste-Hilfe-Kurs lag bereits einige Jahre zurück und wenn man sich in einer akuten Notsituation befand, dann konnte es schon einmal passieren, dass man mit einem Mal alles vergaß, was man gelernt hatte.

Tim hatte es da seiner Meinung nach leichter, und wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre, dann hätte Cari wahrscheinlich gelacht, denn es gab ein zu seltsames Bild, wie der Gitarrist ihren Sänger in gewisser Art und Weise küsste. Das Kurioseste an der ganzen Sache war jedoch, dass Tim es auch noch gern zu tun schien, so oft und ausgiebig er Jamie die Lippen aufdrückte.

"Nicht mit Zunge!", rief Cari ihm zu. "Das ist Nekrophilie!"

"Du bist ein mieses Arschloch!", schalt Rikki ihn zugleich und wahrscheinlich fühlte sich die Dame vom Notdienst angesprochen, denn der Bassist brauchte eine ganze Weile, um ihr begreiflich zu machen, dass nicht sie gemeint war.

Tim warf Cari einen strafenden Blick zu, wollte sich dann aber wieder Jamie widmen, doch gerade als sich ihre Münder erneut trafen, bewegte der Sänger sich und gab einen erstickten Laut von sich.

Erschrocken wich Tim zurück und schaute Jamie in die Augen, die ihn anklagend musterten.

"Was soll denn das?", wollte er mit noch ziemlich schwacher Stimme wissen. "Du versuchst nicht ernsthaft, mich wie Dornröschen mit einem Kuss aus dem Schlaf zu erwecken?"

Tims Wangen nahmen einen leichten Rotstich an und er wusste nicht, wie er sich herausreden sollte. Aber Jamie entzog ihm nun ohnehin seine Aufmerksamkeit, denn da war ja noch Cari, der an seinem bloßen Oberkörper herumfummelte.

 

"Da macht man einmal die Augen zu und wird schon begrabscht", meckerte er und rappelte sich auf. Rikki ließ zugleich das Handy sinken und glotzte Jamie an, als wäre er der Ötzi aus dem Eis, der plötzlich zum Leben erwacht war. Dafür, dass der Kerl gerade eben noch bewusstlos war, stand er letzten Endes allerdings ziemlich sicher auf seinen Beinen und spuckte weiterhin Gift und Galle in die Runde.

"Ich geh nach Hause", stellte er angefressen klar und stiefelte auch schon los. Das hinderte ihn allerdings nicht daran, noch eine ganze Weile über mit seinen Freunden zu schimpfen.

"Bei euch muss ich ja aufpassen, dass ihr mir nicht mit dem Skateboard hinten rein fahrt."

 

Ganz belämmert blieben die Jungs zurück und schauten ihm nach. Kein einziges Danke war über die Lippen des Sängers gekommen, nur abschätzige Worte. Das enttäuschte sie natürlich zutiefst und sie wollten sich schon vom Acker machen, als Jamie endgültig von der Bildfläche verschwunden war, doch da schlangen sich plötzlich grob zwei Arme um Rikki. Dieser war so überrascht, dass er nicht mal einen Ton herausbekam. Erst recht nicht, als er Jamies Stimme hinter sich vernahm.

"Aber ich bin schneller", ergänzte Jamie grinsend seine Worte von vorhin. "Ich werde das Skateboardfahren richtig lernen, und dann fahre ich euch hinten rein."

Keiner sagte etwas, Tim und Cari guckten nur wie die Kuh vor dem Scheunentor, deswegen war Jamie wieder am Zug.

"Und nun kommt gefälligst mit zu mir und spielt euer Doktorspielchen zu Ende. Hier ist nicht der richtige Ort dafür."

 

Verwirrung machte sich breit. Große Verwirrung. Doch schließlich hinterfragte keiner mehr Jamies seltsames Verhalten.

Wahrscheinlich hatte er bei dem Sturz einen Hirnschaden davongetragen. Aber das würde sich sicher wieder geben, wenn die Jungs erstmal seine Wunden leckten. Denn nicht nur sein Gesicht hatte ein paar Schrammen davongetragen. Auch woanders hatte er noch ein kleines Wehwechen, worauf man nur mal ein wenig blasen musste.

Hoffentlich hatten die Jungs in ihrem Erste-Hilfe-Kurs auch gelernt, wie man sich um solche Dinge kümmerte...

Compromising Situation


 

Compromising Situation
 

 
 

 
 

In der Not frisst der Teufel Fliegen, so heißt es. Jamie zumindest bekam diesen Spruch nicht mehr aus dem Kopf, den ganzen Weg über zum Geschäft nicht, denn er war drauf und dran, eine reine Verzweiflungstat zu begehen.

Er fühlte sich nicht so recht wohl dabei, aber nach manchen Dingen verzehrte man sich eben so sehr, dass man das Denken einfach mal einstellen musste. Die Triebe gewannen ohnehin meist die Oberhand über den Verstand, und so mutete es nicht sehr verwunderlich an, dass Jamie kurzerhand die Beine in die Hand genommen und einen ganz besonderen Laden angesteuert hatte. Einen mit roten, leuchtenden Buchstaben, die den Namen des Geschäftes bildeten und ein paar netten Kleidungsstücken, die einem bereits vom Schaufenster aus begrüßten. Diese waren allerdings nicht das, was Jamie suchte. Sein Faible für Reizwäsche hatte er bisher noch nicht entdeckt. Dafür aber einen ganz anderen, der zu einem heterosexuellen Kerl wie Jamie nicht so recht passen wollte.

 

Er sah sich hektisch nach links und rechts um. Als er zu dem Entschluss gekommen war, dass ihn niemand, den er kannte, sehen konnte, betrat er dennoch mit einem recht unguten Gefühl das Geschäft. Zum Glück musste er feststellen, dass er der momentan einzige Kunde war, und so machte sich doch so etwas wie Erleichterung in ihm breit, denn so konnte er ganz diskret mit der Verkäuferin sprechen, die bereits mit einem Lächeln im Gesicht auf ihn zukam. Sie würde ihn sicher nicht verlachen oder dumm angucken aufgrund seiner neuen, seltsamen Vorliebe. Bestimmt hatte sie schon von kruderen Liebeswünschen gehört. Da war Jamies kleines Geheimnis noch harmlos. Peinlicher wäre es wahrscheinlich geworden, hätte er sich tatsächlich für die Dessous im Schaufenster interessiert.

 

Die Dame begrüßte ihn sehr freundlich.

"Was kann ich für Sie tun?"

"Also...ähm..."

Dennoch fiel es Jamie schwer, mit der Sprache herauszurücken. Man sah ihm deutlich an, dass er mit sich selbst kämpfte und verzweifelt nach den richtigen Worten in seinem Kopf kramte. Schließlich aber ließ er die Schultern hängen und seufzte tief.

"Ich bin auf der Suche nach einem Dildo."

Endlich war es raus. Jamie wollte beinahe erleichtert sein, aber dann folgte eine Frage, die einem zeitweise recht schüchternen Schweden wie ihm die Schamesröte ins Gesicht trieb.

"Für Sie oder Ihre Freundin?"

Hach, sollten das die modernen Foltermethoden darstellen? Wenn ja, dann waren sie sehr effektiv, das musste der Sänger zugeben.

Die Dame besaß zum Glück so viel Empathievermögen, dass sie merkte, dass Jamie sich nicht wohl in seiner Haut fühlte. Seine Reaktionen waren für sie Antwort genug.

"Sie müssen sich wirklich nicht schämen dafür", erklärte sie ihm fachmännisch und absolut verständnisvoll. "Fast alle Männer mögen es, durch Prostatastimulation zum Orgasmus zu kommen. Nur gestehen es sich viele nicht ein, weil sie Angst haben, dann als schwul zu gelten. Doch das ist Unsinn. Eine homosexuelle Handlung besteht nur, wenn ein zweiter Mann anwesend ist."

Das konnte Jamie nicht beruhigen. Ganz im Gegenteil.

Die Verkäuferin geleitete ihn nun zu einem Regal, wo die unterschiedlichsten Spielzeuge ausgestellt waren. Alle Farben und wirklich sehr seltsame Formen fanden sich, und Jamie wusste mit einem mal, wo die ganze Sache ernst wurde, gar nicht mehr, ob er überhaupt noch so ein Ding besitzen wollte. Vor allen Dingen schien er sich durch die Worte der Verkäuferin erst recht bestätigt, leicht von der Homosexualität geküsst worden zu sein. Denn er wollte sich nicht einfach nur die Prostata mit diesem Ding massieren. Er wollte das Ganze zelebrieren, sich ganz gewisse Dinge bei seinem Spiel mit sich selbst vorstellen. Des Nachts träumte er sogar schon von diesem einen Szenario und jedes Mal wachte er auf und hatte die Sauerei in der Unterhose. In Momenten, in denen er ehrlich zu sich selbst war, da gestand er sich ein, dass er am liebsten Sex mit einem Mann gehabt hätte. Einfach, weil er es sich so himmlisch vorstellte, von einem Typen durchgenommen zu werden, dass seine Hände bei dem bloßen Gedanken daran vor Erregung zu zittern begannen. Dass er bereits ein genaues Bild von jenem Typen im Kopf hatte, das machte es nicht besser. Im Grunde wollte er nur einen. Nein, das war nicht korrekt. Er wollte mehrere. Er wollte, dass sie ihn packten und dann nach allen Regeln der Kunst verwöhnten. Oh ja, das wollte er. Und er musste sich das Kopfkino verkneifen, denn andernfalls wäre er mitten im Laden hart geworden.

 

Jamie ließ sich zunächst den Bestseller vorführen. Als er ihn noch etwas ratlos in den Händen hielt und beäugte, erklärte ihm die Verkäuferin, dass er durch seine spezielle Form perfekt dafür ausgerichtet war, die Prostata zu stimulieren. Und es stimmte; Das Teil erinnerte entfernt an einen Penis, dessen Schaft von leichten Unebenheiten durchzogen war und in einer dicken, leicht gebogenen Spitze mündete. Zudem besaß eine Vibrationsfunktion, was Jamie ebenfalls als recht reizvoll betrachtete.

Nach kurzer Zeit hatte er sich für den Kauf des Dinges entschieden. Es erschien ihm als das Beste, und außerdem konnte er es nicht erwarten, den Laden endlich verlassen zu dürfen. Zu seinen heimlichen Wünschen zu stehen fühlte sich einfach nicht gut an, sondern nur befremdlich. Dann wusste man wieder, wie hilflos man seinen eigenen Gefühlen ausgesetzt war und wollte am liebsten seine ganze Festplatte im Oberstübchen löschen, um sie neu zu programmieren. Da das leider nicht funktionierte, musste sich Jamie wohl oder übel mit sich und seinen körperlichen Gelüsten arrangieren.

Artig bezahlte er sein neues Spielzeug und ließ es sich in einen schwarzen Boutiquebeutel packen. Wenigstens würde man somit nicht gleich sehen, in welchem Laden er Geld gelassen hatte. Zumindest so lange, bis man nicht einen neugierigen Blick in die Tüte warf.

 

Froh darüber, sich endlich wieder außerhalb des Ladens zu befinden, wollte er nach einem erleichterten Luftschnappen die Beine in die Hand nehmen, doch anstelle blieb er prompt wie angewurzelt stehen.

Da kamen ihm doch ausgerechnet drei sehr bekannte Gesichter entgegen, und ausgerechnet diese wollte er nun nicht treffen.

Quirlig wie immer umringten Tim, Cari und Rikki ihren Kumpel und dieser konnte nicht einmal mehr seinen Beutel verstecken. Wo auch? Hinter dem Rücken? Das wäre sehr auffällig gewesen. So blieb ihm also nur die Möglichkeit, den Beutel oben zuzuhalten, doch auch das erregte die Aufmerksamkeit der Jungs.

"Na, Jamielein, warst du einkaufen?", wollte Tim wissen und versuchte doch tatsächlich, einen Blick in die Tüte zu erhaschen. "Hast du uns was mitgebracht? Was zu naschen? Oder besser noch: Was zu saufen?"

Während Jamie verbissen die Tüte an seinen Körper drückte und sie sich schließlich unter die Weste schob, fragte er sich panisch, ob sie ihn aus dem Laden hatten kommen sehen. Wenn ja, dann war alles vorbei. Die Fragen, die sie ihm stellen würden, konnte er sich sparen. Nie im Leben hätte der Sänger den anderen von seinen Fantasien erzählt. Gerade deswegen, weil sie selbst die Hauptrollen in diesem Filmchen spielten. Und das auch noch ziemlich gut...

 

"Du hast was zu verbergen, eindeutig", stellte Cari beflissen fest, als der Sänger das Tütchen hatte verschwinden lassen. Jamies Blick bewegte sich zwischen einem unglücklichen und einem sauren Ausdruck, aber dieser brachte Cari nur zum Lachen. Und Cari war so schön, wenn er lachte. Ach, er war immer schön. Jamie verstand sich einmal mehr nur zu gut. Cari war ein frecher Junge, ein Spitzbube, und das war genau das, was Jamie wollte. Hach, es zerriss ihn wieder einmal beinahe, wie gern er sich von ihm ficken lassen wollte. Doch auch die anderen waren nicht schlecht. Der große Rikki stand direkt hinter ihm und versuchte ihm die Tüte von dort abzuluchsen, während Tim doch tatsächlich so dreist war und ihm an die Wäsche ging, und das nur wegen diesem verdammten Beutel!

Sofort begann Jamie wie verrückt zu schwitzen und spürte, wie seine Ohren glühten, und wahrscheinlich war er aufgrund seiner Aufregung kurz unaufmerksam gewesen, denn plötzlich spürte er, wie ihm die Tüte entglitt und sah sie wenig später in den Fängen der Jungs, die einen gierigen Blick hineinwarfen.

Es kam, wie es kommen musste: Mitten auf der Straße holten sie Jamies Spielzeug heraus, was den Sänger dazu brachte, am liebsten im Erdboden versinken zu wollen. Er hatte keine Ahnung, wann er sich zuletzt so schrecklich geschämt hatte.

 

"Uh lala, was haben wir denn hier Schönes?", freute Cari sich und betrachtete das Ding ausgiebig von allen Richtungen. "Mh, das sieht ja nach viel Spaß aus, was, Jamie?"

Entschlossen entriss der Sänger Tim die Tüte aus der Hand und packte dann sein Spielzeug, aber Cari konnte es mit Jamies Kraft locker aufnehmen und dachte nicht im Traum daran, es loszulassen.

"Du Arsch, gib das her!", beschimpfte er seinen Freund, funkelte ihn trotz großer Scham böse an, und da überließ er Jamie tatsächlich das gute Stück, welches er schnell wieder im Beutel verschwinden ließ.

"Was tickst du denn da gleich so aus?", feixte Rikki. "Ich hätte ja eigentlich gedacht, dass das für deine Mutter ist, aber so..."

"Für meine Mutter, ja klar."

Jamie reagierte eingeschnappt. Er glaubte dem Bassisten kein Wort. Natürlich wussten sie alle drei, dass sich Jamie etwas Gutes tun wollte. Wer kauft für seine Mutter schon ein Sexspielzeug? Bereits der Gedanke daran, dass seine Mutter Sex hatte, war für den Ottonormalbürger einfach nur widerwärtig.

 

Verärgert wollte Jamie den anderen den Rücken zukehren, um sie einfach stehen zu lassen, doch da sagte Cari etwas, das ihn inne halten ließ.

"Such dir doch lieber einen Kerl, anstatt dich mit Plastikdingern abzugeben. Ist doch viel geiler, so ein richtiger Fick."

Jamie drehte sich um und beäugte den Schlagzeuger kritisch. Doch er schien es wirklich ernst zu meinen. Zwar zuckte sein Mundwinkel verheißungsvoll, aber das sah nicht nach Spott oder Hohn aus. Zudem hätte Jamie ihm und auch den anderen nicht zugetraut, dass diese ihn mobbten wegen seiner heimlichen Vorlieben. Schließlich waren sie seine Freunde...

 

"Vielleicht will ich aber gar keinen richtigen Fick", führte Jamie sie auf die falsche Fährte und wusste selbst nicht, wieso er das tat. "Vielleicht steh ich gar nicht auf Kerle, sondern nur auf Analsex."

"Aber Kerle haben genau das, was du willst und brauchst."

"Einen Schwanz nämlich."

Die Jungs tuschelten und lachten leise, denn Jamie konnte bei diesen Worten partout nicht verhindern, dass sein Blick glasig wurde. Er fühlte sich entblößt, doch irgendwie war da noch etwas, ein Lodern in seiner Brust, das einem Hoffnungsschimmer glich. Und als sie ihn schließlich wieder in ihre Mitte nahmen, ihm kameradschaftlich auf die Schulter klopften und anlächelten, da ahnte er bereits, dass sich etwas für ihn ganz Großes auftun sollte.

 

"Erzähl uns mehr über dich und das, was du im Bett brauchst", verlangten sie und setzten sich in Bewegung. Jamie konnte nicht anders als ihnen zu folgen. "Am besten bei dir zu Hause. Dann können wir gleich entscheiden, was davon wir nachstellen wollen und können."

"Ich schlage vor, wir weihen erstmal Jamies Vibrator ein", meinte Cari und legte den Arm um seinen noch etwas verwirrten Freund, der seinen Ohren kaum trauen konnte. "Und dann gucken wir mal, wie es ihm so gefällt...und ob er mehr will..."

Jamie konnte darauf gar nichts mehr erwidern. Das alles klang einfach zu fabelhaft, um es mit einem Kommentar zu versehen.

Nie im Leben hätte er geglaubt, der Erfüllung seines Wunsches einmal so nahe kommen zu können. Und das ausgerechnet durch einen dummen Zufall, der ihm zunächst schrecklich peinlich gewesen war.

Manchmal ist es das aber wert, sich für ein paar klitzekleine Momente zu schämen. Besonders dann, wenn man gute Freunde hatte, die einem ähnlicher waren, als man je angenommen hätte.

 

Nothing Matters


 

Nothing Matters
 

 
 

 
 

Es musste so kommen. Es lag bereits den ganzen Abend in der Luft. Dieses verheißungsvolle Knistern, diese beinahe greifbare Spannung. Da war etwas, für das die beiden keine Worte finden konnten. Und die brauchte es auch nicht. Die Musik sprach für sie. Der dröhnende Bass. Die rhythmischen Schläge auf das Schlagzeug, immer und immer wieder, schließlich gedämpft, aber nicht weniger eindringlich. Dieses Lied, das hatte ihren Geist schon vor vielen, vielen Worten ergriffen. Und nun schlug die Wonne auf ihre Körper über.

Es war ihr Lied. Sie hatten diese Worte nie in den Mund genommen. Aber auch das war nicht vonnöten. Blicke genügten. Bloße Blicke, die mehr sagten als so manches Wort.

 

Dass die Situation eskalieren würde, damit hatte keiner der beiden gerechnet. Dies hier war nicht der richtige Ort, und irgendwie war er es doch. Obwohl Hunderte von Menschen ihnen Gesellschaft leisteten, ihre Helden auf der Bühne feierten und sie dadurch etwas miteinander verband, so fühlten sie sich mit einem Mal doch, als wären sie ganz allein. Da war niemand, der in diesem Moment das fühlte, was in ihnen aufwallte.

Sie hatten nebeneinander gestanden, ihre Oberarme hatten sich berührt, die ganze Zeit, und jetzt, wo der Drummer die ersten Takte von ihrem Lied schlug, da trafen sich ihre Blicke. Grünes Licht flackerte wie ein Schatten über Caris Gesicht, als sie sich für einen viel zu langen Moment in die Augen schauten. Und durch Jamies Körper fuhr es wie ein Rausch.

Eine Flut von Glücksgefühlen. Euphorie. In seinem Bauch. In seinen Armen. In seinen Kniekehlen. Alles in und an ihm war zum Reißen gespannt. Sie waren sich oft nahe gewesen, hatten oft Blickkontakt gehalten, natürlich, schließlich waren sie beste Kumpels. Aber das heute, das unterschied sich von all den Malen davor. Noch nie war die Nähe des anderen so intensiv spürbar gewesen, obwohl sich nur ihre Blicke festhielten.

Da war etwas, das Jamie sich zu Cari hingezogen fühlen ließ. Da waren diese Gedanken, die alle auf einmal auf ihn niederprasselten. Er konnte sich schlichtweg nicht mehr sattsehen an dem Gesicht des anderen. Alles an ihm übte eine immense Faszination auf ihn aus. Seien es die leichten Falten auf seiner Stirn, als er den Kopf leicht neigte und Jamie von unten herauf so vielsagend und fragend musterte. Oder seine in tiefem schwarz geschminkten Augen. Immer wieder glitt Jamies bewundernder Blick über seine Züge. Nicht einmal in seinem Kopf fand er Worte, die auch nur annähernd beschrieben hätten, was er empfand. In seinem Hirn flackerten Satzfetzen umher, konfuse Wortgruppen, nackte Interjektionen. Als er tief Luft zu holen versuchte, um wieder etwas zur Beherrschung zu gelangen, da vibrierte der Atem in seiner Lunge.

 

In dieser Nacht gab es nur Cari für ihn. Er war in seinen verliebten Augen der schönste Mann auf der ganzen Welt.

 

Das Lied begann, dieses wunderschöne Liebeslied. Als der Sänger seine Stimme erhob, da zerriss das Band zwischen den beiden jäh, nur um sich noch fester um sie zu schlingen.

Sie konnten sich nicht länger widerstehen. Das hier, das musste endlich zelebriert werden. Die Gefühle. Diese sich so intensivierte Anziehungskraft, die einen unaufhörlichen Strom von Glücksgefühlen durch ihre Venen pumpte.

Denn nicht nur Jamie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Cari ging es nicht anders. Und das, das mussten sie sich nicht sagen. Das spürten sie. Dieser Blick, den sie getauscht hatten, der war anders als all die Blicke davor. Dieser ging tiefer. Er war voller Wünsche, Sehnsucht und sprach eine Einladung aus. Und Jamie war es schließlich, der ihr nachging.

Er stürzte sich regelrecht auf seinen Freund, schlang einen Arm um dessen Hüften und griff mit der anderen Hand in sein Haar am Hinterkopf. Ihre Gesichter waren sich mit einem Mal so nah, dass Jamie das Gefühl hatte, überkochen zu müssen, wenn er seinem Verlangen nicht schon im nächsten Moment Luft machte.

Gierig schnappte er nach Luft und presste dann seine Lippen ungehalten auf die des anderen. Das war der Augenblick, in dem Jamie körperlich spürte, dass sich auch in Cari die Glut zu lodernden Flammen gewandelt hatte. Er fühlte, wie der andere sich enger an ihn drückte, und keine einzige Berührung schien genug zu sein. Cari wollte Jamie überall fühlen, am liebsten zur gleichen Zeit. Er war so verrückt nach diesem schönen Mann. So sehr, dass er vergaß, dass sie nicht allein waren, sondern noch immer zwischen all den feiernden und jubelnden Menschen in der Menge standen.

Als Jamie den anderen irgendwann recht unsanft gegen die Wand drückte, nur um sich dann wieder auf ihn zu stürzen, da gab es nur noch das prickelnde Gefühl ihrer unermüdlich miteinander spielenden Zungen und Caris Hände, die sich sehnsüchtig ihren Weg unter Jamies Shirt bahnten.

Und in ihren Ohren, da pochte der sanfte Beat wie ein dritter Herzschlag, da säuselte die weiche Stimme des Sängers verliebte Worte in das Mikrophon. So ein zartes Lied, das solch eine brennende Leidenschaft ausgelöst hatte.

Doch es war nicht nur das Lied, das dafür gesorgt hatte, dass sie sich fanden. Es war die Euphorie, die ihre Sinne vernebelt und sie zusammengeschweißt hatte.

Eine gemeinsame Leidenschaft glich einem Zauber, mit dem allerdings nur die wenigsten gesegnet wurden.

Und manchmal, da spielte es keine Rolle, wem oder was diese Leidenschaft galt. Es genügte, wenn zwei Herzen für dieselbe Sache schlugen. Meist schlugen sie dann auch füreinander.

 

Zwei Seelen, die sich fanden. Die sich am liebsten miteinander verbinden, verschmelzen wollten. Weil sie längst eins waren.

 

Und das war das Einzige, was in dieser Nacht von Bedeutung war.

Show Me

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Sexy Underwear

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Enjoying The View


 

Enjoying The View
 

(Sexy Underwear II)
 

 
 

 
 

Spitze. Nein, Spitze war nicht unbedingt das, was er an seinen Körper lassen wollte. Spitze sah bereits so aus, als würde sie fürchterlich kratzen und äußerst unangenehm zu tragen sein, und Cari hatte sich bisher nicht nur einmal gefragt, wie die holde Weiblichkeit das auszuhalten bereit war. Aber es gab eben Frauen, die taten sehr viel, um stets und ständig ihren Sexappeal zu spüren oder auch schlicht und ergreifend der Männerwelt ein ansprechendes Bild zu bieten.

Ja, und genau das bezweckte auch der Schlagzeuger. Theoretisch. Doch jedes Opfer hätte er sicher nicht dargebracht. Es gab Grenzen. Eine davon hatte er jedoch bereits mit dem Setzen eines Fußes in dieses Geschäft überschritten. Dass er nun von allen Seiten dämlich und beinahe schockiert angestarrt wurde, hatte er natürlich nicht anders erwartet, und doch ging es ihm gewissermaßen auf den Sack. Außer ihm befand sich nämlich kein einziger Kerl in diesem Laden, und das war auch vollkommen verständlich. Lediglich ein paar recht verloren wirkende Typen schlichen hinter ihren begeistert wirkenden Freundinnen oder Ehefrauen her und hofften genau wie Cari, dass der Spuk endlich ein Ende hatte. Umgeben von all diesen knappen und aufreizenden Teilchen fühlte man sich eben schnell ein wenig unwohl, ja schlicht fehl am Platz. Doch Cari hatte sich das Desaster selbst eingebrockt. Und das nur aus einem einzigen, ziemlich dummen Grund.

Jamie war dieser Grund. Jamie und das, was er vorhin gesagt hatte, als sie an diesem Laden vorbeiflaniert waren.

 

Bestand hier etwa alles aus unkomfortabler Spitze? Nein, nicht alles, aber das, was auf den ersten Blick bequemer aussah entpuppte sich als aus hundert Prozent Synthetik gefertigt, und selbst Cari wusste, dass man in solch einem Stoff unmöglich zu transpirieren begann. Und wer wollte schon gern am Arsch schwitzen? Da wurde doch nur alles wund.

Kurz entschlossen sah der Schlagzeuger sich nach etwas anderem um, blieb hier und da kopfschüttelnd stehen, als er einen Einteiler sah, aus schwarzem Stoff bestehend und verziert mit einer Art Kunstpelz oder aber er grinste in sich hinein, denn jener Leopardenstring war wahrlich nicht von schlechten Eltern. Jamie hätte darin sicherlich eine gute Figur gemacht...

Okay. Nicht darüber nachdenken. Das wurde eindeutig zu aufregend für Caris Körper. Hier ging es nur sekundär um Jamie, in erster Linie um sich selbst. Und das bedeutete, dass er nun nicht mehr lange fackelte und sich das Teil schnappte, welches im als nächstes ins Blickfeld fiel und das einigermaßen ordentlich und doch sexy ausschaute.

Zum Glück besaß Cari einen recht schlanken Körperbau, sodass ihm auch eine Damengröße passte. Natürlich war das Ding nicht dafür geschaffen, männliche Geschlechtsteile zu verhüllen, aber das spielte im Moment keine Rolle; umso hübscher würde es schließlich aussehen. Da musste Jamie ihm einfach Recht geben. Denn wenn er wirklich so sehr auf Dessous stand, dann würde das einen ganz besonderen Leckerbissen für ihn darstellen. Und genau das war es, was Cari dazu befähigt hatte, über seinen Schatten zu springen und diesen Laden zu betreten.

Seit geraumer Zeit schon wurde ihm ein wenig anders, wenn er sich in Jamies Nähe wähnte, und letztens hatte er sogar einen ganz besonderen Traum von seinem Bandkollegen gehabt, den er sich nun, in aller Öffentlichkeit, gar nicht auf der Zunge zergehen lassen durfte, wenn er nicht das Pochen in seinen Lenden provozieren wollte. Das mit Jamie, das stellte er sich gut vor, verdammt gut, denn der Kerl besaß genau den Sexappeal, dem er sich kaum entziehen konnte. Eine wilde, leicht böse und ungezügelte Aura gepaart mit einer gewissen Undurchsichtigkeit und einer nahezu hinreißenden Optik. Cari hatte ein Faible für lange Haare seit er denken konnte, und anscheinend war es seinem Kopf gleich, wem diese Pracht zu eigen war. Männlein oder Weiblein, das schien keine Rolle zu spielen. Zu Jamie fühlte er sich mindestens so sehr hingezogen wie zu all den Frauen, die er gehabt hatte. Aber beruhte das auf Gegenseitigkeit? Jamie hatte eigentlich noch nie den Eindruck erweckt, als könnte er etwas von Cari wollen, was über Freundschaft hinausging. Klar, er zuckte nicht zurück, wenn Cari ihn berührte, den Arm um ihn legte oder ihm über den Oberschenkel strich, aber das hatte nichts zu sagen. Cari war bekannt dafür, viel Körperkontakt zu suchen und das ganz besonders bei Jamie. Doch da die beiden sich schon seit einer halben Ewigkeit kannten und gemeinsam durch Dick und Dünn gegangen waren, wirkten sie schlichtweg wie allerbeste Kumpels. Und so war es auch, natürlich war es so. Und daran würden auch Caris geheime Wünsche nichts ändern. Jamie sollte sein Kumpel bleiben. Ein Kumpel, der noch ein bisschen mehr zuließ als ein paar Umarmungen oder spielerisches Necken.

 

Heilfroh, dem Laden endlich den Rücken kehren zu können, steuerte Cari mit dem rosa Boutiquebeutel in der Hand die nahegelegenen Toiletten an, um prompt seine Unterwäsche zu wechseln. Jamie würde wahrscheinlich erst in ein paar Minuten hier aufkreuzen. Sie waren vor ungefähr einer Stunde getrennte Wege gegangen, was Cari vorgeschlagen hatte, da er sich heimlich in diesen dummen Wäscheladen verziehen wollte, während Jamie sich nichts ahnend bei den CDs umsah.

Cari hatte versucht, den Beutel zu verstecken, denn er sah so flamboyant schwul aus - also, der Beutel, nicht Cari - in seinem rosa Look mit dem hübschen, schwarzen Schleifchen vorn, aber er wurde das Gefühl dennoch nicht los, dass alle Leute, die ihn kommen sahen sofort dachten, sie hätten es mit der seltenen Spezies eines Transvestiten zu tun. Und nein, so war es natürlich nicht. Doch, so war es. Irgendwie war es tatsächlich so. Aber diesen Gedanken verdrängte Cari ganz schnell, als er die Kabinentür hinter sich verriegelte und sich seufzend aus seiner Hose schälte.

Nun fragte er sich ernsthaft, was er hier überhaupt tat und ob er das wirklich durchziehen konnte. Da seine Triebe allerdings laut Ja riefen, versuchte er an gar nichts mehr zu denken. Nur noch an Jamies überraschten Blick, wenn er ein paar kleine, mehr oder minder dezente Hinweise bekam, die auf Caris kleines Geheimnis schlossen. Bei dieser Vorstellung musste er wahrlich recht dreckig grinsen und sich mit der Zungenspitze über die Oberlippe fahren. Das war es wert. Jamie würde ganz schnell all seine Prinzipien vergessen und nach Hause gehen wollen, um die Beine für seinen allerliebsten Freund breit zu machen. Ja, so stellte der Schlagzeuger sich das vor. Jungs waren doch so leicht verführbar, er selbst stellte da keine Ausnahme dar.

Um ehrlich zu sein fühlte er sich tatsächlich ziemlich begehrenswert und heiß, als er das knappe Teil an seinem Körper spürte und es zufrieden mit einem Blick an sich herab betrachtete. Dass seine Masche recht billig war, das blendete er gewissenhaft aus. Manchmal war billig einfach nur scharf, und Jamie würde das ganz genauso sehen, wenn er solch hübsche Ein- und Anblicke gewährt bekam...

 

"Da bist du ja schon", begrüßte ihn Jamie recht erfreut an ihrem Treffpunkt, der eine Bank vor dem Buchgeschäft darstellte.

"Ich bin auch noch gar nicht lange da", meinte Cari nur knapp und stützte die Ellenbogen auf die Oberschenkel, just in dem Moment, in dem Jamie sich zu ihm gesellte.

Nicht einmal wendete er seine Augen von dem anderen ab; erwartungsvoll glitten sie an der schönen Gestalt Jamies auf und ab, doch dieser schien noch keine Notiz von Caris Geheimnis zu nehmen. Viel zu beschäftigt wirkte er, als er einen Blick in seinen Beutel warf und Cari anstrahlte, da er eine rare CD von Guns'n'Roses erwischt hatte, die man eigentlich gar nicht mehr im herkömmlichen Geschäft bekam. Cari schenkte ihm daraufhin nur ein recht abwesend wirkendes Lächeln, woraufhin Jamie ihn entgeistert anschaute.

"Nicht gut?"

"Doch doch, klar", nickte Cari, die Ruhe selbst. Unentwegt schaute er Jamie in die Augen und beugte sich dabei immer weiter nach vorn, das Kinn von den Händen gestützt und die Augenbrauen gespannt nach oben gezogen. Jamies tolle CD interessierte ihn momentan nicht die Bohne. Aber Jamie interessierte ihn. Heute schien er wieder besonders sexy zu sein, das leicht zerrissene Shirt und die Lederjacke standen ihm unheimlich gut und erst die enge Jeans...als dann auch noch eine Strähne über seine Schulter fiel, getrennt von seinen restlichen Haaren, da konnte Cari gar nicht anders, als sich die Lippen genüsslich zu befeuchten. Wie gerne wollte er seine Hände in der dichten Mähne des anderen vergraben, wie gerne wollte er dabei zusehen, wie er sie sich mit einem genüsslichen Ausdruck im Gesicht nach hinten strich. Jamie war für ihn die pure Perfektion, und wenn dieser noch länger den Nichtsahnenden spielte, dann würde Cari nachhelfen müssen. Dass der Sänger nicht ein einziges Mal auf seinen Arsch glotzte war als schlechtes Zeichen zu werten. Oder hielt er sich nur selbst davon ab, weil er fürchtete, gleich körperlich darauf zu reagieren?

 

"Ist was?", wollte Jamie leicht irritiert wissen, als Cari ihn nur stumm musterte. "Ist dir während meiner Abwesenheit irgendwas passiert? Oder hab ich was im Gesicht?"

"Mh, ein niedliches Stupsnäschen", schmunzelte Cari daraufhin und Jamie verdrehte die Augen, doch gleichzeitig huschte ein Lächeln über sein Gesicht, welches allerdings noch beständiger wurde, als Cari weiter seiner Bewunderung Luft machte.

"Ein süßes, gepierctes Stupsnäschen und ein Ringlein in der Lippe. Mh, hör auf, daran herumzuspielen."

"Wieso?"

Jamie ließ sich nicht beirren und drehte sein Piercing weiterhin mit der Zunge, wie so oft, wenn ihm entweder langweilig oder er etwas nervös war.

"Nur so."

Cari verhielt sich Jamies Augen heute äußerst wunderlich. Wahrscheinlich hatte er sich vorhin einen Schnaps genehmigt und war nun besoffen, das hätte sein Benehmen erklärt. Doch im Grunde wirkte er gar nicht betrunken. Lediglich seltsam.

Arglos begann Jamie den anderen zu mustern, hielt sich wieder einmal recht lange bei seiner Frisur auf, die dem Schlagzeuger so gut stand, wie Jamie sich mehrfach eingestehen musste, aber als sein Blick über dessen Rücken huschte und noch etwas tiefer glitt, da musste Jamie doch kurz die Luft anhalten.

Cari war natürlich nicht entgangen, dass der andere sich endlich für seine Optik interessierte und hatte seine liebe Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken, als er das Erstaunen in Jamies Blick wachsen sehen konnte. Leider wurde der andere nie rot, egal, wie peinlich ihm etwas war, aber Cari wusste ganz genau, dass den Sänger sein hübsches Geheimnis nicht kalt ließ. Mit purer Absicht hatte er dafür gesorgt, dass seine Hose nun noch etwas tiefer saß als noch zuvor, damit der String knapp über seinen Arschbacken einen verführerischen Anblick bieten konnte.

 

"Was hast du denn an?", spuckte Jamie wahrlich überrascht aus und wirkte so, als wüsste er gar nicht mehr so recht, wo er hingucken sollte. Erfolgreich aus dem Konzept gebracht nannte Cari das im Stillen. Und Jamie war wirklich hinreißend, wenn er nicht mehr wusste, wo ihm der Kopf stand. Wie entzückend war sein böser Junge also erst, wenn er ihn in seiner Erregung kaum noch halten konnte?

Caris Augenbraue zuckte in die Höhe. Den aufreizenden Blick, den beherrschte er. Ohne Frage.

"Wo du wieder hinguckst...", neckte er seinen Freund mit raunender Stimme und legte wie durch einen Reflex ausgelöst seine Hand auf das Knie des anderen, von wo aus sie ganz langsam und federleicht immer höher rutschte. Pikant, wenn man bedachte, dass sie sich in der Öffentlichkeit befanden. Cari hätte es wahrscheinlich noch viel mehr genossen, sich an Jamie ranzumachen, wenn sie ungestört gewesen wären, und auch Jamie schien sich leicht unwohl zu fühlen, aber das konnte genauso gut andere Ursachen haben...

 

"Gefällt dir, was du siehst?"

Jamie schluckte hart, das sah Cari an dessen Adamsapfel, der in die Höhe hüpfte. Im Grunde hätte er das bereits als ein Ja werten können, aber er wollte es doch so gerne ausgesprochen hören, dieses kleine, vielsagende Wort.

"Du hast doch gesagt, du stehst wie verrückt auf Dessous."

"Aber nur bei Mädchen, nicht bei dir..."

"Ach so?"

Der Zeigefinger von Caris freier Hand legte sich nun sacht auf Jamies Wange und der Schlagzeuger musste gar nicht viel Kraft in seinen Finger legen, damit Jamie seinen Kopf in die Richtung des anderen wendete. Verzweifelt versuchte Jamie, dem Blickkontakt zu entkommen, aber andererseits konnte er sich selbst nicht mehr von Caris Augen losreißen. Sie schauten ihn mit einem Ausdruck an, den er schon manchmal in dem Blick des anderen gesehen hatte, aber nicht in dieser Intensität, in dieser Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit. Jamie spürte nur zu deutlich, was sich zwischen ihnen entwickelte, und irgendwie verwirrte es ihn. Ganz im Gegensatz zu Cari, der ganz genau zu wissen schien, was er tat.

 

"Willst du mehr sehen? Komm."

Er wartete gar nicht erst ab, bis Jamie eine Antwort auf seine Frage lieferte, sondern sprang beinahe hektisch auf und packte den anderen am Handgelenk. In Jamies Kopf allerdings arbeitete es auf Hochtouren, sodass er wirkte wie ein Schlafwandler, als er sich von Cari mitschleifen ließ, in irgendeine Ecke nahe der Toiletteninsel, wo sie niemand sehen konnte.

Dort lehnte Cari sich lässig gegen die schwarzen Fliesen, während Jamie steif dastand und keine Ahnung hatte, wie ihm geschah. Er spürte nur das anfänglich zarte Prickeln zwischen seinen Beinen, als Cari sich mit diesem unfassbar heißen Ausdruck im Gesicht am Verschluss seiner kurzen Hose zu schaffen machte und Jamie dabei anschaute, als erwarte er irgendeine Reaktion von ihm. Doch Jamie war viel zu gelähmt, um irgendetwas zu tun oder gar zu sagen. Das, was unter dem Jeansstoff zum Vorschein kam, das bescherte ihm beinahe so etwas wie ein Schwindelgefühl.

Dieses Höschen, es erschien ihm wie ein bloßer Hauch. Es begann erst knapp dort, wo er Caris Schwanzansatz vermutete und über den Hüften spannte sich eine Schnürung, wodurch man darunter die nackte Haut sehen konnte. Dass Cari zusätzlich eine sehr überlegen wirkende, selbstbewusste Haltung angenommen hatte unterstrich das verführerische Bild zusätzlich. Jamie wusste partout nicht mehr, was er denken sollte. Er wollte plötzlich Dinge, die im Grunde viel zu weit gingen. Er konnte doch nicht einfach so einen Mann begehren, egal wie attraktiv dieser war...

 

"Also der kleine Jamie scheint Dessous nicht nur an Mädchen heiß zu finden", bemerkte Cari schließlich grinsend, denn er sah ganz genau, wie Jamies Körper auf seinen Anblick reagierte. Außerdem lag in den Augen des anderen die Lust bereits ganz offen, er konnte sie längst nicht mehr verstecken.

Also hatte Cari recht gehabt. Jungs waren so leicht zu verführen. Jamie war Wachs in seiner Hand, und dieses Bild festigte sich noch zusätzlich, als Cari sich zu ihm vorlehnte und sich ihre Körper beinahe berührten. Wie Jamie ihn dabei anschaute, beinahe flehentlich, als wollte er zumindest einen Kuss, das jagte ein freudiges Kribbeln durch Caris Bauch.

"Wollen wir nach Hause gehen? Da kann ich meine Hose ganz ausziehen, und du darfst mich von allen Seiten bewundern, wenn du magst."

"Ich will aber nicht nur gucken", gestand Jamie ihm da prompt mit belegter Stimme. "Wenn ich nur gucken darf, dann vergiss es."

Cari aber schmunzelte Jamie genüsslich an.

"Mh, so, was willst du denn am liebsten?"

"Du weißt ganz genau, was ich will..."

Damit gab der Schlagzeuger sich allerdings nicht zufrieden. Er stützte sich mit den Händen an der Wand hinter Jamie ab und schaute ihm fest in die Augen.

"Nimms schon in den Mund, das Wort..."

Noch eins, zwei weitere Sekunden standen sie sich so gegenüber, Angesicht zu Angesicht, bis Jamie es endlich schaffte, den Mund aufzumachen. Manchmal war eben selbst ein böser Junge ein wenig schüchtern, besonders dann, wenn es ernst wurde.

"Sex."

Begierig legte Cari seine Finger auf die Hüften des anderen und drückte sie gegen seine eigenen, woraufhin Jamie seine Lippen einen Spalt weit aufgrund des neuen Erregungsschubs öffnete und Cari aus schmalen Augen anblinzelte.

"Lass uns gehen, sonst muss ich dich hier nehmen", meinte Cari, der ziemliche Mühe hatte, seine eigene Erektion zurück in den engen Slip zurückzuschieben und darüber auch noch die Hose zu schließen. Vielleicht hätte er davon absehen sollen, Jamie derart anzuheizen, zumindest hier, aber er hatte einfach nicht anders gekonnt.

Manche Dinge ließen sich einfach schwer unter Verschluss halten, das hatte auch Jamie erfahren dürfen, der mit großen Schritten hinter Cari hereilte, den Beutel mit den CDs vor sein bestes Stück haltend.

Fraglich, ob sie es tatsächlich bis in die Wohnung geschafft haben. Womöglich fielen sie bereits im Hausflur übereinander her. Oder gar in irgendeiner nahegelegenen Umkleidekabine. Das Drehbuch gibt keine Auskunft darüber, denn manchmal ist die Kunst der Verführung noch um einiges reizvoller als der Akt an sich…

 

New Moves

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Welcome Back Present

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Nothing But A Smile

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Intimate Relationship


 

Intimate Relationship
 

 
 

 
 

Cari bekam diese Gedanken einfach nicht mehr los. Nichts anderes schien sich mehr in seinem Kopf abzuspielen als jene unsinnige, wahrscheinlich nur aus einem Spaß heraus entstandene Szene. Sein Gehirn allerdings hatte sich dazu entschieden, sie zu überbewerten. Warum und weshalb, das hatte er bis vor kurzem noch nicht einmal selbst gewusst. Und selbst jetzt wehrte er sich gegen dieses seltsame Gefühl, das sich in ihm eingenistet hatte. Denn es mutete viel zu abstrus an, um es mit offenen Armen zu empfangen. Es musste harmloser sein, als er inzwischen annahm. Womöglich war er einfach nur bekloppt in seiner Besitzergriffenheit, ein egoistisches Schwein, welches es nicht ertrug, wenn er im Mittelpunkt des Geschehens stand.

Gestern, da wollten sie neues Backstagematerial aufnehmen, und Cari hatten sie die Kamera in die Hand gedrückt, während die anderen viel zu betrunken waren, um das Gerät überhaupt noch gerade halten zu können. Ja, und genau aufgrund dieses Zustandes konnten sich viele lustige Situationen ergeben; diese verrückten Typen hatten sich im Spaß tatsächlich gegenseitig eine runtergehauen! Erst war Tim an der Reihe, der sich allerdings nur über Rikkis Pussyschlag lustig gemacht hatte, und Letzterer war es auch, welcher überwältigt aufgelacht hatte, als Jamie mit voller Wucht seine flache Hand auf dessen Wange knallen ließ. Vor Schmerz hatte sich ihr Bassist die Hand auf die wunde Stelle gehalten, und Jamie schien sein fester Schlag schließlich leid getan zu haben, denn urplötzlich hatte er sich auf den anderen gestürzt, um ihn zu Boden zu knuddeln, oder besser gesagt zu Couch.

Dort waren sie eine ganze Zeit giggelnd und raunend liegen geblieben, doch diese Szene hatte Cari längst nicht mehr auf Video gebannt.

Just in dem Augenblick, in dem Jamie Rikki entgegengesprungen war, war in seinem Bauch etwas aufgequollen, ein gar ekelhaftes Gefühl, das ihm einen Würgereiz beschert und seinen Finger dem Stoppknopf auf dem Handy entgegenführt hatte. Wahrscheinlich, weil seine Hoffnungen ihm geflüstert hatten, dass die Begebenheit schlichtweg nie existiert hatte, wenn sie nicht für die Ewigkeit festgehalten worden würde.

Doch natürlich funktionierte das nicht. Immer wieder blühten die Bilder von Jamie und Rikki in seinem Kopf auf, und mit jedem Mal wurde er aufgrund dessen wütender und ungehaltener.

Ein Ziepen an einer ganz sensiblen Stelle in seinem Inneren durchfuhr ihn, und obwohl er sich deswegen nicht den Ausflug zum See vermiesen wollte, so schien genau das eingetreten zu sein.

 

Er hatte sich noch nicht einmal aus seinen Klamotten geschält, fühlte er sich heute einfach nicht nach Baden und Spaß haben. Es genügte ihm, sich auf den Rücken zu legen, sich seine Sonnenbrille auf die Nase zu setzen und Löcher in die Luft zu starren. Wahrscheinlich hätte ihm etwas Ablenkung ganz gut getan, aber er hatte doch gar keine Lust auf irgendwelche Vergnüglichkeiten und konnte sich dementsprechend nicht aufraffen, sich zu den anderen in das Wasser zu gesellen. Außerdem tollten dort wieder Jamie und Rikki miteinander rum, die er argwöhnisch über den Rand seiner Brille beobachtete. Ja, es schien ein Gesetz darzustellen, dass man gerade dann besonders genau hinschaute, wenn man wusste, dass es richtig wehtun würde. Vielleicht war der Mensch von Haus aus schmerzpervers. Oder nur Cari erging es so. Zumindest zerriss es ihn beinahe, Jamie und Rikki so vertraut miteinander zu sehen.

Wann immer Jamie aus dem Wasser zu flüchten versuchte, hastete Rikki hinter ihm her und schlang die Arme fest um den Sänger, um ihn erneut in das kühle Nass zu ziehen. Ihr Gelächter drang an Caris Ohren und mit einem Mal fühlte er sich klein und verletzlich, einfach nur dumm und ungeliebt. Was hatte den Auslöser dafür dargestellt, dass die beiden so dicke miteinander waren? War irgendetwas zwischen ihnen vorgefallen, wovon Cari nichts wusste, ja noch nicht einmal etwas geahnt hatte?

Seufzend und mit einem ekelhaften Druckgefühl hinter den Augen drehte er sich auf die Seite und steckte sich seine Kopfhörer in die Ohren. Dass das erste Lied ausgerechnet Poison von Alice Cooper sein musste, verschlimmerte seine Situation allerdings noch zusätzlich.

One look could kill, my pain, your thrill...

Nicht flennen, ermahnte sich der Schlagzeuger harsch in Gedanken. Nicht flennen wie ein Baby. Es gibt überhaupt keinen Grund...

 

Auf einmal verschwand die Musik und Cari sah einen Schatten über sich schweben.

Tim, erkannte er, als er nach oben blickte und dort in das grinsende Gesicht des Gitarristen schaute. Der hatte ihm gerade noch gefehlt, zumal er so eine scheußliche gute Laune schob und Cari in seinem Selbstmitleidsbad störte.

"Du hörst Alice Cooper?", fragte Tim etwas verwundert nach, als er sich ohne jede Erlaubnis einen der Kopfhörer ins Ohr gesteckt hatte und neugierig lauschte. "Das hast du doch den einen Tag Karaoke gesungen, mit-"

"Ja, ja", murrte Cari. "Hab ich."

Tim musste aufgrund der muffeligen Reaktion Caris auflachen.

"Oho, hast du eine Laune. Was los?"

"Nix", kam es prompt von dem Schlagzeuger, welcher Tim keines Blickes mehr würdigte, denn es fiel ihm wesentlich leichter, von ihm abgewandt auf der Seite zu liegen und die Bäume anzustarren, deren Blätter sich sanft im lauen Sommerwind wiegten. "Ach, mir geht das nur irgendwie auf den Sack mit Jamie und Rikki..."

Er hielt kurz inne und ruckte mit dem Kinn in die Richtung des ausgelassen spielenden Paares. Mit einem Mal verspürte er den heftigen Drang, Tim mit seinen Problemen vollzusülzen. Er machte sich sogar so stark bemerkbar, dass Cari kaum noch darüber nachdenken konnte, was er sagte.

"Ich meine, das muss doch nicht sein! Die benehmen sich wie kleine Kinder...dabei sind die erwachsen! Ich bin doch auch erwachsen und hampel nicht rum wie so ein...Bekloppter oder so..."

Dass Tim verwirrt in Jamies und Rikkis Richtung grinste und leicht den Kopf schüttelte, blieb Cari verborgen. Viel zu beschäftigt war er damit, in jede Bewegung, jede Berührung der beiden Jungs im Wasser zu viel zu interpretieren. Für ihn war der Fall klar. Man drückte sich nicht an einen halbnackten Typen, wenn man keine Absichten hegte. Man berührte nicht seine nackte Haut, wenn man nicht auf eine heiße Nacht aus war.

 

"Sag mal, weißt du, ob Jamie was von Rikki will?"

"Wie kommst du denn da drauf?"

"Na, guck sie dir doch an! Jede Wette, dass die rumpoppen?" Trotzig zog der Schlagzeuger seine Nase hoch und drehte sich nun doch auf den Rücken, verschränkte die Hände hinter dem Kopf, denn es verlieh ihm eine ganz neue Stärke, endlich einmal Dampf abzulassen. "Mir ist das schon gestern aufgefallen. Hast du die beiden kuscheln sehen? Ich meine...was kuscheln die zusammen? Die haben nicht miteinander zu kuscheln!"

Cari fiel auf, dass sich die letzten Sätze anhörten, als stammten sie aus dem Mund eines bockigen Kleinkindes, welchem man sein Spielzeug weggenommen hatte. Total erbärmlich und peinlich. Aber einmal Gesagtes zurücknehmen - unmöglich. Leider. Denn Tim hatte sich in der Zwischenzeit seine ganz eigene Meinung gebildet. Weniger zu Jamie und Rikki, sondern viel mehr zu Caris Verhalten.

 

"Ey, Kumpel, du bist ja eifersüchtig!", zog er den Schlagzeuger kurzerhand amüsiert auf und wollte ihm auf die Schulter klatschen, doch Cari wich erschrocken aus. Getroffene Hunde bellen bekanntlich...

"Quatsch", murmelte Cari so gleichgültig wie möglich und kratzte sich verräterisch die Nase, während seine Wangen lichterloh glühten und er sich selbst heftig verfluchte für seine reflexartig auftretenden Reaktionen. "Ich bin gar nicht eifersüchtig, mir geht das alles nur auf den Sack..."

"Ach komm", versuchte Tim ihn schon weniger belustigt zu beschwichtigen und legte den Arm um seinen Kumpel, der sich vor Erregung mittlerweile aufgesetzt hatte und stur geradeaus starrte. Dieses Mal wehrte er sich nicht gegen die Berührung. "Klar bist du eifersüchtig. Fragt sich nur auf wen..."

Er selbst wendete seinen Blick ebenfalls in Jamies und Rikkis Richtung und beobachtete die beiden Jungs eine ganze Weile, ehe er wieder seine Stimme erhob.

"Du bist auf Rikki eifersüchtig, mh? Du hast dich in Jamie verguckt, hab ich recht? Ist ja süß. Und ich muss sagen, du passt besser zu ihm als Rikki. Rikki ist irgendwie so..."

Cari blinzelte ihn fragend über seine Sonnenbrille hinweg an, aber Tim zuckte nur mit den Schultern.

"Rikki ist halt zu rikki für Jamie", erklärte er lässig. "Der braucht eindeutig einen Cari."

"Tja, sag ihm das mal", seufzte Cari daraufhin, nicht ahnend, dass Tim diese Worte ernst nehmen würde.

 

Die beiden waren auseinandergegangen, und Cari hatte sich zurück auf seine Decke gelegt. Dieses Mal krähte ihm allerdings nicht Alice Cooper seine sehnsüchtigen Beschwörungen ins Ohr, sondern ein paar andere Sänger feierten die Geilheit des Lebens, die Schönheit der Frauen und des Alkohols. Über diesen Stücken war Cari ein wenig eingedöst, und so bekam er nichts von Tims und Jamies Gespräch mit.

 

Lachend, klitschnass und ziemlich außer Atem stieg Jamie irgendwann aus dem Wasser, während er Rikki breit grinsend den Stinkefinger entgegenhielt und ihm deftige Flüche um die Ohren schmetterte. Gerade wollte er erneut ein beherztes 'Kiss mig i arslet!'  ablassen, als er mit Tim zusammenstieß, welchen er nicht sehen konnte, da er während des Laufens nicht nach vorne geschaut hatte.

Verwundert guckte er den Gitarristen an, welcher ihn allerdings gar nicht erst zu Wort kommen ließ.

"Was hast du denn nur mit unserem Schlagzeuger gemacht?", wollte er mit einem Schmunzeln im Gesicht von Jamie wissen. Doch dieser verstand nicht so recht.

"Was soll ich denn mit ihm gemacht haben?"

"Ist dir nichts aufgefallen?"

Zögerlich wandte Jamie seinen Blick weg von Tim hin zu dem unbeweglich auf seiner Decke liegenden Cari, der aussah, als würde er sich friedlich die Sonne auf den Pelz scheinen lassen.

"Ähm...nö...", gestand Jamie schließlich unter Schulterzucken. "Außer dass er seit gestern irgendwie schlecht drauf ist...aber...was hab ich jetzt deiner Meinung nach damit zu tun?"

Tim beugte sich kurzerhand vor zu Jamies Ohr und flüsterte ihm die Wahrheit hinein.

"Der hat dich ganz dolle gerne...und er hat mir erst erzählt, wie eifersüchtig er auf Rikki ist, weil du ihn ständig knuddelst und anfasst."

Jamie konnte nicht anders, als Tim mit offenem Mund anzustarren.

"Ernsthaft jetzt? Du verarschst mich...Cari ist doch nicht...also...ich kenn ihn schon ewig, und Cari hat sich nie für Männer..."

Der Gitarrist zuckte nur etwas hilflos mit den Schultern.

"Aber...du willst doch nichts von Rikki, oder? Oder will Rikki was von dir?"

Abwesenden Blickes schüttelte Jamie den Kopf.

"Nicht, dass ich wüsste..."

"Und wie siehts mit Cari aus?" Tim kaute angespannt auf seiner Lippe herum. "Könntest du dir da was vorstellen oder eher nicht so?"

Jamies Mundwinkel zuckten und schließlich breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.

"Und wie ich das könnte", erwiderte er letzten Endes überglücklich klingend. "Wenn ich gewusst hätte, dass Cari..."

"Besser spät als nie", meinte Tim, klopfte seinem Kumpel auf die Schultern, ließ seine Hand allerdings für einen Moment auf dieser verweilen. "Geh hin, okay? Sag ihm, was Sache ist. Da freut er sich."

Hastig nickte Jamie seine Bestätigung, ehe Tim ihn entließ und sich zu Rikki ins Wasser gesellte, um diesen mit einer kleinen Spritzpartie von Jamie und Cari abzulenken. Denn die beiden brauchten nun ein wenig Ruhe und keine neugierigen Zuschauer. Obwohl Tim es sich nicht nehmen ließ, immer wieder zu der Szene am Ufer zu linsen, um festzustellen, ob sich bereits Erfolge eingestellt hatten. Doch so schnell ging es auch wieder nicht. Schließlich befand Cari sich noch immer in seinem Dämmerzustand, sodass er noch nicht einmal bemerkte, wie Jamie sich über ihn kniete, ihm ganz vorsichtig eine seiner schwarzen Strähnen nach hinten schob und ihn dann so betrachtete, wie es nur ein verliebter Junge tun konnte. Jamie nämlich, der hatte schon ganz lange Gefühle für Cari, aber er hatte sich nie getraut, einen Vorstoß zu wagen, wirkte der Schlagzeuger doch nicht sehr empfänglich für Dinge, die in Richtung Homosexualität gingen. Dass es bei ihm endlich gefunkt hatte, das bereitete Jamie Herzrasen und tausend mit den Flügeln schlagende Schmetterlinge im Bauch. Sein schöner Cari, der Mann, dem er bisher lediglich in schlaflosen Nächten nahe gewesen war, und das natürlich auch nur in Gedanken, lag hier vor ihm und wartete sehnsüchtig auf ihn. Endlich sollte sich das bewahrheiten, was er sich so lange gewünscht hatte. Insgeheim zweifelte er allerdings noch immer leicht an Tims Worten. Was, wenn er sich einen dummen Scherz erlaubt hatte und Cari ihn anschreien würde, weil Jamie es gewagt hatte, ihn zu küssen? Nein, mit so etwas scherzten nicht einmal seine verrückten Bandkollegen. Schließlich hätte solch ein schlechter Witz alles zerstören können. Ihre ganze Beziehung zueinander, und letzten Endes natürlich auch die Band.

 

Er wagte es. Langsam und noch etwas zögerlich beugte er sich zu Cari hinab, um ihm einen unschuldigen Kuss auf die Lippen zu drücken, der diesem reglosen Körper endlich wieder Leben einhauchte.

Jamie konnte durch die Sonnenbrille auf Caris Nase natürlich nicht sehen, wie der andere verschlafen blinzelte, doch als dieser vollkommen überrascht zusammenfuhr, musste Jamie unweigerlich lächeln.

"Na, endlich aufgewacht, Dornröschen?", neckte er seinen Freund, nachdem dieser sich wie in Trance seine Kopfhörer aus den Ohren gezogen und die Brille von der Nase genommen hatte und Jamie noch immer ungläubig anstarrte. "Ich glaube, du brauchst eine kleine Abkühlung, damit du richtig munter wirst."

Noch ehe Cari etwas sagen konnte, hatte Jamie ihn gepackt, hochgezogen und schliff ihn unter dessen schließlich einsetzender Gegenwehr in Richtung See.

"Nicht mit Sachen, nicht mit Sachen!", schrie Cari lachend und versuchte, Jamie von sich aus zu schnappen und ihn zuerst in das Wasser zu werfen, doch als sie eng umschlungen und noch immer bis aufs Blut kämpfend am Ufer standen, konnten sie sich beide nicht mehr auf den Beinen halten und stürzten in das kühle Nass.

"Din jävel!", brüllte Cari, der ins Schwimmen geriet und selbstverständlich auf Jamie zupaddelte, welcher ihm frech, aber ebenso erwartungsvoll entgegengrinste. "Pass nur auf, dir wird das Lachen gleich vergehen!"

Und mit diesen Worten drückte Cari seinen Freund unter Wasser, was dieser sich natürlich nicht bieten ließ. Beherzt schnappte er sich die Beine des Schlagzeugers und beförderte den Kerl über seine Schulter hinweg kopfüber zurück in den See, dass es nur so platschte.

 

Als sie beide wieder aufgetaucht waren, musste Cari sich zunächst die Haare aus dem Gesicht streichen, was Jamie auch wieder frech kommentierte.

"Das Problem hab ich nicht", gab er an, während er Cari unentwegt anschaute. "Ich trag nicht umsonst immer Haargummi."

Cari erwiderte nichts, kraulte schließlich wortlos auf Jamie zu und machte halt, als er direkt vor diesem angekommen war. Sie konnten gerade noch so in dem recht flachen Gewässer stehen, und so kam es, dass der Schlagzeuger sich direkt vor seinem Sänger aufbaute, der das Grinsen partout nicht mehr aus dem Gesicht bekam.

"Wie du aussiehst..."

Er lachte leise über das Erscheinungsbild des anderen, denn so streng nach hinten gestrichene Haare standen Cari nicht wirklich. Aber ein Gutes hatte es doch.

"Scheiße, wa?", hakte Cari spitz nach, doch Jamie beantwortete diese Frage nicht.

"Hab ich dir schon mal gesagt, dass du ein total schönes Gesicht hast?"

Eine unbekannte Weichheit schlich sich in Caris Züge. Man sah ihm an, dass ihm in diesem Augenblick das Herz aufgegangen war, und dieses Gefühl der Zuneigung übertrug sich auf Jamie, der prompt seine Hand auf Caris Hinterkopf schob und seine Stirn gegen die des anderen lehnte.

Beide schienen darüber nachzudenken, was sie nun sagen sollte, doch anstelle sparten sie sich jegliches Wort und fielen übereinander her, knutschten wie die Wilden, was Tim und Rikki zufriedene Blicke abrang, die mittlerweile auf ihren Decken lagen und von dort aus eine gute Sicht auf die Szene hatten.

"Hach, romantisch", seufzte Rikki tief. "Da bekommt man doch glatt Lust, selbst schwul zu werden."

"Ja, irgendwie schon...", gab Tim ihm Recht und warf ihm einen feixenden Blick zu. "Du kannst es ja mit mir probieren..."

Gespielt angewidert wich der Bassist zurück und hob schließlich seinen Arsch, um sich wieder ins Wasser zu flüchten. Doch Tim war schneller und fing den kreischenden und lachenden Kerl auf halber Strecke ein.

 

Jamie und Cari blieb das wilde Spiel ihrer beiden Freunde natürlich nicht verborgen. Mit einem Schmunzeln beobachteten sie die beiden, bis Cari schließlich mit dem Kinn in ihre Richtung deutete.

"Die passen doch auch gut zusammen", meinte er und Jamies Augen funkelten prompt.

"Wollen wir sie verkuppeln?"

"Damit wir eine schwule Pärchenband sind?"

Beide mussten ob der Vorstellung grinsen, doch im Grunde hatte es niemanden zu interessieren, mit wem sie des Nachts das Bett teilte. Das war eine Sache, die nur sie etwas anging. Und so sollte es für immer bleiben.

Sensual Massage


 

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Cari machte - zumindest vor sich selbst - längst keinen Hehl mehr daraus, dass er feminine Züge und Verhaltensweisen sehr schätzte, ja im Grunde sogar als sehr anziehend betrachtete. Auch seine Kumpels wussten darum, und es war in Ordnung, zumindest so lange, wie sie glaubten, dass sich seine Vorlieben ausschließlich auf Frauen bezogen. Doch so war es nicht.

Ein feminines Auftreten reizte ihn insgeheim auch am eigenen Geschlecht, wie er heute einmal mehr feststellen musste, als er vor der Tür des Hotelzimmers stand, welches er sich mit Jamie teilte. Das Bild, welches sich ihm bot, mutete so faszinierend an, dass er es nicht wagte, es mit seiner Anwesenheit zu stören. Deswegen stand er bereits seit einer gefühlten Ewigkeit hinter der angelehnten Tür und linste in das Innere des Raumes, wobei er keine Mühe hatte, einen direkten Blick auf Jamie zu erhaschen.

Cari hatte schon vor ein paar Tagen dieses seltsame Prickeln in seinem Bauch verspürt, als er Jamie dabei beobachtet hatte, wie dieser seine langen Haare bürstete oder sich die Achseln glatt rasierte. Auch wenn der Sänger sein Make up auftrug, konnte er es sich nicht verkneifen, genauer hinzuschauen und dabei alles um sich herum zu vergessen. Er wusste nicht, woher dieses seltsame Empfinden rührte; es war einfach da, spürbar und drängend saß es in seiner Brust und bisher konnte er es noch als harmlose Neugierde abtun, die sogar Jamie ein amüsiertes Schmunzeln abgerungen hatte. Und ja, im Grunde war es auch nur Neugierde, die den Schlagzeuger trieb. Doch waren diese Gefühle tatsächlich normal?

Er kam sich tatsächlich wie ein perverser Spanner vor, als er es nicht wagte, einfach hereinzuplatzen, während Jamie in einer Seelenruhe auf dem Bett saß und sich zunächst die Fingernägel in tiefem Schwarz lackierte. Aber es war nicht nur diese Tatsache, welche Cari zu faszinieren wusste. Es war die Harmonie dieses Bildes und vor allen Dingen auch dieses Feingefühl, welches aus Jamies Taten sprach und welches man ihm als Fan der Band womöglich nicht zugetraut hätte, legte er in seiner Bühnenshow doch ein ganz anderes, um Welten rabiateres Verhalten an den Tag. Und nun hockte er dort, hochkonzentriert mit diesem kleinen Pinsel in der Hand und bestrich sich sorgsam seine Nägel.

Es hatte etwas, das Cari ziemlich durcheinander brachte. Er wusste natürlich, dass diese Momente für ihn magisch waren, dass sie ihn erregten, und er konnte nicht anders, als sich sein Empfinden zu erlauben, so seltsam wie es auch scheinen mochte. Er verstand selbst nicht, wie es ihn heiß machen konnte, wenn Jamie seine Schönheit pflegte, aber es sah einfach so wundervoll aus und wie gesagt, Cari liebte Femininität, und insgeheim ganz besonders an Typen, die sonst einen auf wildes Biest machten. Womöglich war es dieser Gegensatz, der ihn bis aufs Blut reizte und ihm kribbelnde Gefühle bescherte. Jamie schien, wenn er sich selbst so ausgiebig pflegte, vollkommen in seinem Element zu sein, total in der Sache aufzugehen. Und Cari sollte sich demnächst eine noch weitaus interessantere Begebenheit bieten, die all die harmlose Schminkerei und das Haarekämmen in den Schatten stellen würde. Etwas, das er noch nie einen Kerl hatte tun sehen und Jamie erst recht nicht zugetraut hätte.

Als seine Fingernägel nämlich allesamt in tiefem Schwarz in der Sonne glänzten, zog der Sänger kurzerhand ein Bein an und stellte seinen Fuß auf die Matratze, sodass er keine Mühe hatte, um diesen zu erreichen. Ja, und dann kam der Moment, in dem Caris Augen groß wurden. Denn Jamie zögerte nicht eine Sekunde, tauchte das Pinselchen in die schwarze Farbe und begann, sich die Zehennägel zu lackieren!

Cari musste sich wahrlich am Türrahmen festhalten, denn ihn überfiel aufgrund der Überraschung und der noch drängender und stärker werdenden Erregung eine Art Schwindelgefühl. Gebannt starrte er auf die Szene, hörte sich selbst viel zu laut atmen und wusste nicht mehr wohin mit sich und seinem einsetzenden Verlangen. Dass Jamie sich die Fußnägel lackierte, das fand er einfach nur irre sexy. Er konnte gar nicht genug von dem Tun des Sängers und auch von dem Anblick seiner bereits lackierten Nägel bekommen. Jamies Füße, die gefielen ihm ohnehin schon seit einiger Zeit, waren diese schließlich ebenfalls immer top gepflegt, ohne irgendwelche Schwielen oder Hornhautablagerungen, und in dem Augenblick wünschte er sich, Jamies Fußpflege auch einmal beiwohnen zu können. Oder sie selbst zu übernehmen. Oh ja, das wäre etwas für ihn gewesen. Sein hübscher Jamie, der in seinen Augen trotz seinem Hang zu Kosmetik nichts von seiner Männlichkeit einbüßte, im Gegenteil. Sie alle Vier waren Typen, die sich gern mit Schminke austobten, aber niemand, der sie näher kannte, wäre auf die Idee gekommen, sie für Mädchen zu halten. Ihre Art, ihr Verhalten, das war das ganz normaler Kerle. Dass sie optisch so reizend aussahen, das hatte schlichtweg etwas mit ihrem Image zu tun. Aber bei Jamie schien es etwas weiter zu gehen. Jamie trug im Gegensatz zu den anderen meist eine Sonnenbrille, wenn er nicht geschminkt war. Dabei war er in Caris Augen auch ohne Make up ein sehr attraktiver Kerl. Aber mit brachte er den Schlagzeuger endgültig an die Grenzen seines Verstandes. Jamie war schlichtweg eine heiße Zuckerschnecke, von der man am liebsten einmal naschen wollte. Und im Augenblick, da hätte Cari tatsächlich nichts lieber getan, als Jamie in seine aufreizend lackierten Zehen zu beißen. Hach, es fiel ihm wahrlich schwer, sich zu beherrschen. Und weil er dachte, dass es womöglich helfen würde, atmete er so tief wie möglich durch und stieß dann die Tür auf, um Jamie schließlich doch ein wenig Gesellschaft zu leisten.

Vielleicht würde es besser werden, wenn er durch ein Gespräch etwas abgelenkt wurde, glaubte er. Doch nun, wo er Jamies Werk aus der Nähe begutachten konnte, wusste er, dass er sich mächtig geirrt hatte.

 

Jamie schaute kurz auf, als er Schritte auf dem Parkett vernahm, senkte dann aber wieder den Blick auf seinen Fuß und pinselte weiter, als wäre es das Normalste auf der Welt.

"Ach, du", murmelte er lediglich vor sich hin, und Cari bemühte sich, seinen Arsch vorsichtig auf dem Bett niederzulassen, andernfalls wäre Jamie vielleicht abgerutscht und dies hätte die wundervolle Genauigkeit, mit der der Sänger seine Nägel lackierte, jäh zerstört.

 

"Wen hast du denn erwartet?", fragte Cari mit einem frechen Grinsen im Gesicht in dem Versuch, seine Gefühle zu überspielen, doch es gelang ihm ja nicht einmal, den Blick von Jamies Fuß abzuwenden.

"Keine Ahnung."

Kurz wanderten die Augen des Schlagzeugers empor zu Jamies langen Haaren, die durch den vorgeneigten Kopf das ganze Gesicht des anderen verdeckten, und auch hieran wusste Cari sich zu weiden. Man sah Jamies Haaren an, dass er sie täglich pflegte, dass er ihnen Kuren gönnte als Entschädigung für das stände Färben. Dass sie so glatt waren, war sicher ebenfalls das Produkt elender Strapazen, aber dass er sie gut behandelte bewies die beachtliche Länge, auf die sie gewachsen waren.

Cari kam aus dem gedanklichen Schwärmen kaum noch heraus. Jamie war so unwirklich schön, aber nicht so künstlich wie eine Porzellanpuppe. Jamies Schönheit war zudem sein Sexappeal, und Cari gestand sich ein, dass er nicht Nein gesagt hätte, hätte Jamie ihn nun angeschaut und ihn geradeweg von der Leber gefragt, ob er nicht Sex mit ihm wollte. Sie beide hatten zwar keine Erfahrungen mit Männern, aber dies stellte doch kein Hindernis dar. Irgendwann war immer das erste Mal. Und warum sollte es nicht jetzt passieren? Jamie mochte ihn doch auch, meinte Cari zu wissen. Ja, vielleicht machte er sich sogar für ihn so schön. Oh, wie das Feuer bei diesem Gedanken in ihm aufwallte! Er musste das Gespräch darauf lenken, ehe er sich wieder in dem Anblick dieser leckeren Zehen verlor...

 

"Hast du heute noch was vor oder wieso machst du das?"

Jamie ließ sich einmal mehr nicht in seinem Tun unterbrechen. Präzise arbeitete er weiter, tunkte den Pinsel erneut in die Farbe und ging dann dazu über, den Nagel der kleinsten Zehe zu lackieren. Ganz vorsichtig bestrich er sie, und als doch einmal etwas danebenging, griff er gleich zu einem der bereitgelegten Wattestäbchen und beseitigte das Zuviel an Farbe.

"Ich hab ein Date", verriet er dem Schlagzeuger beiläufig, welcher aufgrund der optischen Eindrücke kaum zugehört hatte. Doch im Nachhinein realisierte er, was Jamie gerade gesagt hatte.

Ein Date also. Ein wenig Enttäuschung machte sich schon in Cari breit, als er das vernahm, andererseits hatte er kaum etwas anderes erwarten können. Jamie stand ja doch nicht auf Kerle, und andererseits hatte der Schlagzeuger heute genügend Material für schöne Tagträume gesammelt. Man musste schließlich immer positiv denken. Und Cari hätte sogar noch ein wenig mehr an seinen heimlichen Wunsch glauben können. Denn selbst die Werbefuzzies wussten längst, dass nichts unmöglich war.

 
 

*
 

 
 

Aufgrund Jamies Abwesenheit hatten sie heute nur zu Dritt ihr Bier eingenommen. Natürlich machte sich schnell bemerkbar, dass sie nicht vollzählig waren, und so ging der Abend schnell zu Ende. Morgen mussten sie ohnehin fit sein, es würde ein langer Tag werden, der mit einem Gig in Helsinki ausklingen sollte. Deswegen verteilten sie sich schon früh auf ihre Hotelzimmer, und Cari plante bereits, sich einen runterzuholen, da er sicherlich die Nacht alleine verbringen würde, da Jamie sicherlich bei seiner Flamme schlief.

Doch es kam anders als gedacht.

 

Als Cari die Tür aufschloss und das Zimmer betrat, hätte er sich beinahe ziemlich erschreckt, denn da lümmelte doch tatsächlich Jamie auf seinem Bett und schaute ihn nicht gerade glücklich an.

"Schon zurück?", wollte der Schlagzeuger verwundert wissen, woraufhin Jamie nur tief seufzte.

"Es war für'n Arsch", erklärte er schließlich, nachdem Cari sich zu ihm auf das Bett gesellt hatte und ihn mit neugierigen Blicken löcherte.

"Das Date? Aber wenn das die Kleine von vorgestern war, dann war die doch ganz süß, oder nicht?"

"Na ja."

Jamie schien seine Meinung über das blonde Mädchen, welches es ihm auf Anhieb angetan hatte, rapide geändert zu haben. Fragte sich nur wieso...

"Sag schon", forderte Cari ihn auf und lehnte sich gegen die Wand, direkt neben den anderen. "Was war los?"

Seine Stimme klang ruhig und verständnisvoll, und Jamie wusste zudem, dass er seinem besten Freund alles anvertrauen konnte. Schließlich hatte dieser nicht einmal den anderen verraten, dass der Sänger sich die Fußnägel lackiert hatte.

 

"Erst lief es ja ganz gut", setzte Jamie leise an und senkte den Blick auf seine Füße, die nun allerdings in Socken steckten. "Es lief sogar sehr gut. Aber dann, als es zur Sache ging..."

"Hast du keinen hochgekriegt?", versuchte Cari die Stimmung etwas aufzulockern, merkte aber selbst, dass der Witz nach hinten losging.

"Ich hätte die Socken beim Sex anlassen sollen", stellte Jamie ernst fest. "Dann hätte sie wenigstens nicht meine Füße gesehen. Die lackierten Zehennägel..."

Ach, deswegen tragen manche Männer beim Sex Socken, wollte Cari beinahe grinsend herausposaunen, aber dieses Mal konnte er sich besser beherrschen. Er sah schließlich, dass das geplatzte Date Jamie ziemlich mitnahm und womöglich wäre es besser gewesen, seinem Freund etwas Trost zu spenden, als sich über allgemeine Dinge lustig zu machen. Doch im Trösten war der Schlagzeuger nie besonders gut gewesen. Zumindest nicht auf die herkömmliche Art und Weise.

 

"Was ist mit deinen Zehennägeln?", versuchte er Jamie genauere Informationen zu entlocken, was ihm auch gelingen sollte.

"Sie hat sie gesehen und...ey, ihr Blick...", schüttelte Jamie den Kopf. "Als wäre ich ein Außerirdischer. Sie hat mich nur gefragt, ob ich schwul sei und obwohl ich Nö gesagt hab, war dann alles dahin. Da war dann alles...vorbei."

"Wie logisch", schnaubte Cari amüsiert. "Als wenn du dich mit nem Mädel treffen würdest, wenn du schwul wärst."

Doch Jamie reagierte nicht auf seine Aussage. Zum ersten Mal an diesem Abend schaute er Cari direkt an. So eindringlich, dass es dem anderen wie ein heiß-kalter Schauer durch den Körper fuhr.

"Ich dachte, ihr gefällt das", bedauerte der Sänger verzweifelten Blickes. "Schließlich hat sie sich ja nen geschminkten Kerl ausgesucht. Da dachte ich eben..."

Er drehte den Kopf in Richtung des Fensters, vor welchem es aufgrund der nächtlichen Dunkelheit nichts mehr zu sehen gab.

"Ach, Scheiße."

"Hey", lenkte da Cari ein und noch ehe er es sich selbst versehen konnte, hatten seine Reflexe dafür gesorgt, dass seine Hand plötzlich auf Jamies Schulter ruhte. "Vergiss sie doch. Sie ist es nicht wert, wenn sie dich nicht schätzen kann."

Er machte eine kurze Pause, dachte aber während dieser nicht wirklich über seine folgenden Worte nach. Sie purzelten einfach so aus ihm heraus.

"Ich finde deine Zehennägel jedenfalls sehr sexy."

Misstrauisch beäugte der Sänger seinen Kumpel.

"Ja?"

Cari bebte mittlerweile innerlich vor Anspannung auf Aufregung.

"Mh."

Die Stille, die nun zwischen ihnen herrschte, war dem Schlagzeuger allerdings unangenehm. Deswegen wurde er noch ein wenig offensiver. Jetzt oder nie, schien sich sein Unterbewusstsein zu denken. Wahrscheinlich ahnte es, dass es das Schicksal gut mit ihm meinen würde.

"Zeigst du mir deine Füße nochmal?"

Er trug seine Bitte mit einem honigsüßen Lächeln auf den Lippen vor, sodass Jamie einfach nicht Nein sagen konnte, obwohl er sie selbst auf einmal hasste, seine lackierten Nägel. Und im Grunde glaubte er, dass Cari das nur gesagt hatte, um ihn aufzuheitern. Doch was hatte er schon zu verlieren, wenn er nun seine Socken auszog und seine Füße entblößte? Nichts. Schließlich war in seinen Augen längst alles verloren...

 

Cari besah Jamies Zehen mit einem fast schon zu gierigem Blick, und er bemerkte es auch selbst, aber er konnte sich partout nicht mehr zügeln. Für ihn waren diese schwarz lackierten Nägel wie eine Sünde, Verführung pur, so einladend und köstlich, dass es flau zwischen seinen Beinen zu pulsieren begann. Ob Jamie ihn gewähren lassen würde, fragte er sich und beschloss einmal mehr, dass er es einfach versuchen musste. Wenn man etwas erreichen wollte, musste man manchmal ein Risiko eingehen, auch wenn ihm dies als absoluter Controlfreak nicht so leicht fiel. Es kostete ihn tatsächlich ziemlich viel Überwindung, den Arm auszustrecken und ganz sacht mit dem Zeigefinger über die ein oder andere Zehe des Fußes zu streichen, den der andere angezogen hatte, damit Cari ihn ausgiebiger betrachten konnte.

Jamie zuckte leicht zurück, als er die Berührung spürte, und Cari konnte den verwirrten Blick des anderen nahezu auf sich ruhen spüren, doch selbst dieser hielt ihn nicht davon ab, noch weiter zu gehen.

"Das ist sehr, sehr sexy", wiederholte er in gedämpfter Tonlage, die fast schon einem Raunen glich. Und dann wandte er seinen Blick beinahe etwas scheu in Jamies Richtung, aus dessen Gesicht nur die leichte Verwunderung sprach, keine Abneigung oder ein anderes Gefühl, welches dem Ganzen ein Ende gesetzt hätte.

"Darf ich dir zeigen, wie sexy ich das finde?"

Jamies Augen wurden etwas größer, doch schließlich schluckte er, was sein nach oben hüpfender Kehlkopf verriet und zuckte unter Nicken mit den Schultern, noch ein wenig unsicher wirkend, denn er hatte keine Ahnung, was nun folgen sollte. Cari nahm selten ein Blatt vor den Mund, war stets ein wenig offensiv und geradeheraus, aber das, was er nun für ihn bereithielt, übertraf jede noch so spontane Aktion des Schlagzeugers. Und mit einem Mal, da konnte Jamie sich nicht mehr auf seinem Gram konzentrieren, den ihm dieses Mädchen bereitet hatte. Mit einem Mal vergaß er alles um sich herum. Mit einem Mal gab es nur noch Cari und ihn.

 

Der andere hatte sich an das Fußende des Bettes gehockt und sah aus, als könnte er sich nicht mehr länger zurückhalten. Jamies rechter Fuß ruhte auf seinem Schoß und wurde geradezu mit begehrlichen Streicheleinheiten überschüttet, ja sogar mit etwas festeren Massagen, die den Spann zum Ziel hatten. Nicht einmal blickte Cari zu Jamie auf, vielleicht, weil es ihm noch ein wenig unangenehm war, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, zumal er nicht wusste, ob Jamie es nun mochte oder nicht. Ihm blieb nur die Möglichkeit, sein Spiel fortzuführen oder besser gesagt so weit zu intensivieren, wie Jamie ihn lassen würde. Er wollte weit gehen, sehr weit, denn er fühlte sich an diesem Abend so sehr zu Jamie hingezogen wie selten zuvor. Sie waren sich näher als sonst, besonders körperlich, aber auch psychisch, und die ganze Stimmung zwischen ihnen war noch nie solch einer intimen Natur gewesen. Er musste es einfach wagen. Er musste aufs Ganze gehen. Und er tat es.

 

Langsam beugte er sich hinab, hinab zu Jamies verführerisch zu ihm hochstehenden Zehen und stülpte seine Lippen über die größte von ihnen, um sacht an ihr zu lutschen.

Wie ein Blitz schoss Jamie dieses Gefühl in seine Lenden, so abrupt, dass er nicht anders konnte, als atemlos seinen Mund zu öffnen und sich leicht zu verkrampfen. Seine Füße waren ziemlich kalt gewesen durch den ganzen Ärger, und nun spürte er diese feuchte Wärme um sich herum, dieses herausfordernde Kitzeln von Caris Zunge, die seine Zehe massierte als wäre sie sein Schwanz. Nie im Leben hätte er geahnt,  dass er ausgerechnet an den Füßen so erogen war, dass es ihm wahrhaftig Lust bereitete, dort verwöhnt zu werden. Aber wahrscheinlich tat Caris Enthusiasmus sein Übriges. Jamie überwältigte es geradezu, mit wie viel Leidenschaft und Hingabe der andere an seinen Zehen knabberte, eine nach der anderen in seinen Mund sog - manchmal sogar zwei auf einmal und dabei endlich zu ihm aufschaute - und die empfindlichen Zwischenräume sorgsam ausleckte, mit seiner kitzelnden, nassen Zunge. Bereits der Anblick ließ Hitze in Jamies Körper aufsteigen, und Caris Worte taten ihr Übriges.

"Du bist so zuckersüß", gestand er seinem Freund lüstern. "Wenn diese dumme Tussi das nicht erkennt, dann ist sie blind."

Jamie presste die Lippen aufeinander und fuhr sich angespannt mit der Zunge darüber. Den Schleier, der auf seinen Augen lag, spürte er genau, während er sich fragte, wohin das noch führen sollte. Hatte Cari getrunken? Ja, wahrscheinlich, denn er roch nach Bier und Zigaretten, aber sie tranken jeden Tag, und nie war es zu solchen Dingen gekommen. Es musste also ein tatsächliches Begehren darstellen, das in dem anderen schwelte und keine alkoholbedingte Laune. Wie lange mochte der Schlagzeuger bereits diese Wünsche gehegt haben? Und warum hatte er nichts gesagt? Warum verdammt hatte er nie den Mund aufgemacht, damit Jamie schon viel eher in den Genuss dieser ganz besonderen Art hätte kommen können? Er liebte es geradezu, was sein Freund mit ihm machte, wie er seine Fußsohle küsste und leckte und wie er sich immer wieder über seine Zehen beugte, um sie in den Mund zu nehmen, bis er sie ganz feucht gelutscht hatte.

"Gefällt dir das?", wagte er es schließlich zu erfragen, woraufhin Jamie zunächst nur ein gekrächztes 'Ja' herausbekam.

"Oh ja, Cari", flüsterte er seinem Bandkollegen danach erregt zu und strich ihm seine schwarzen Haarsträhnen nach hinten, während dieser sich nicht in seinem Tun stören ließ. "Das ist der Wahnsinn..."

"Du bist der Wahnsinn", hauchte Cari und schaute dabei erst Jamies Fuß an, doch dann blickte er zu dem anderen empor und Jamie sah die schwelende Lust ganz deutlich in den Augen des anderen. "Ich liebe es, dir dabei zuzusehen, wie du dich schminkst, dir die Haare kämmst und dir die Nägel lackierst. Und scheiße, ich will dich dabei beobachten, wie du dir den Intimbereich rasierst..."

"Du darfst mir auch dabei helfen", antwortete ihm der andere atemlos. "Aber nicht jetzt. Jetzt will ich erst das nachholen, was man mir heute Nachmittag verwehrt hat."

Schnell war Cari zu Jamie emporgeklettert und lächelte ihn zittrig an, während er begehrlich durch das schöne, lange Haar seines Freundes strich und fast verging vor Faszination.

"Was immer du willst, Jamie."

Sein warmer Atem formte die Worte auf der Wange des anderen, und noch ehe sie verklungen waren, verteilte der Schlagzeuger heißblütige Küsse in Richtung des Ohres seines Sängers. Er konnte sein Glück kaum fassen, Jamie, ausgerechnet seinen schönen Jamie, so haben zu dürfen, wie er ihn schon ewig haben wollte. Und Jamie spürte die ausgelassene Freude des anderen, die sich in stürmischer Leidenschaft äußerte, nur zu deutlich und kam nicht umhin, befreit in sich hineinzugrinsen.

Denn er musste an die Worte seines Dates denken. An die Frage, ob er homosexuell wäre.

 

Nun, vielleicht hatten es seine Zehennägel bereits geahnt, noch ehe er es selbst überhaupt wahrnehmen konnte...

Lost In Paradise


 

Lost In Paradise
 

 
 

 
 

Zum Leben eines Musikers gehörte es bei Weitem nicht nur, Platten aufzunehmen, für Gigs zu proben und diese schließlich vor mehr oder minder vollen Hallen abzuhalten.

Man durfte nicht annehmen, dass alles immer nur mit Spaß einherging, nein, so war es ganz und gar nicht. Im Grunde bestand die Hälfte einer Tour nur aus lästigen Wartezeiten, in welchen man nichts tun konnte außer rauchen, schlafen oder saufen. Aber mindestens genauso unangenehm wurden mit den Jahren die ständigen Fotoshootings. Erstens bedeuteten sie puren Stress verbunden mit anstrengenden Posen, die man bis zum Gehtnichtmehr aufrechterhalten musste, wobei Jamie und seine Mannen ohnehin schon eher einen auf lässig und natürlich mit einem eventuellen Touch Wildheit machten. Doch trotzdem nervte die Prozedur so ziemlich jeden, außer vielleicht dem leicht kamerageilen Rikki, der sich auch ab und an mit seinem Smartphone knipste. Aber ein paar professionelle Bilder gehörten einfach dazu, denn eine optische Präsentation war wichtig, für die Fans als auch für die Promotion. Und so galt es auch heute, sich in ein annehmbares Outfit zu werfen und die Kriegsbemalung anzulegen. Doch zunächst musste man zum Studio gelangen. Und das gestaltete sich in Jamies Fall recht kompliziert, befand sich sein Auto doch gerade in der Werkstatt. Aber wozu hatte man Freunde, die zudem ein Motorrad besaßen? Cari hatte sich selbstverständlich bereiterklärt, seinen Kumpel mitzunehmen.

 

"Dazu muss ich dich aber befummeln, das ist dir schon klar?", hatte Jamie seinen Freund noch gewarnt, bevor sich die beiden auf die Maschine geschwungen hatten, doch Cari hatte ihm nur ein schiefes Grinsen zukommen lassen und nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als Jamie noch etwas zögerlich seine Hände auf die Hüften des anderen gelegt hatte.

"Du kannst mich auch richtig anpacken", hatte der Schlagzeuger anstelle seinem Hintermann unverblümt über seine Schulter hinweg zugerufen. "Wenn du mir runterfällst, hab ich dich ja nicht mehr. Wär scheiße. Also komm kuscheln."

Und Jamie war dieser Aufforderung nachgekommen, auch wenn es ihm nicht ganz behagte, derart auf Tuchfühlung mit seinem Kumpel zu gehen. Meist war es Cari gewesen, welcher von sich aus Körperkontakt herstellte, Jamie wagte sich dies eigentlich nur, wenn er ein bisschen Alkohol intus hatte. Männer anzufassen, das erschien ihm ein wenig heikel aus einem ganz gewissen Grund. Er fürchtete nicht, Cari könnte ihm eine reinhauen, wenn er ihn anfasste, dazu mochten sich die beiden viel zu sehr. Ja, und eben Letzteres sorgte dafür, dass ein unbehagliches Gefühl in Jamie heranwuchs, während er sich gegen den lederbejackten Rücken seines Kumpans drückte und die Augen aufgrund des Fahrtwindes zusammenkniff.

Nein, das Ganze machte ihn irgendwie leicht verrückt. Irgendwie hielt er es kaum aus. Und gleichzeitig wusste er, dass er heute Nacht wohl süße Träume haben würde, wenn er sich die Situation später noch einmal durch den Kopf gehen ließ. Denn dann wurden die Dinge noch intensiver, die Gefühle, die Gedanken und auch der weitere Verlauf des Ganzen. Insgeheim ging bei Jamie nämlich ganz schön was aufgrund seines wahrlich sehr attraktiven Bandkollegen. Bisher hatte er es auf ihre jahrelange, enge Freundschaft und die dadurch entstandene psychische Nähe geschoben, aber wahrscheinlich war noch etwas anderes der Grund für seinen verdrehten Kopf. Etwas, das Jamie ganz und gar nicht schmeckte, was er allerdings auch beim besten Willen nicht abstellen konnte.

 

Es hatte bereits leicht zu tröpfeln begonnen, als sie aufgebrochen waren, doch mit der Zeit verdichteten sich die schwarzen Wolken am Horizont zusehends und es dauerte nicht lang, bis Jamie den Regen auf seinen Lippen schmeckte, kühl und nass und auch Cari bemerkte, dass es nicht sonderlich gut um das Wetter stand. Mit dem Motorrad zum Fotoshooting über die Landstraße zu brettern hatte sich als keine sonderlich gute Idee erwiesen, aber ihnen hatte sich keine andere Möglichkeit geboten. Tim und Rikki pennten schon seit Tagen bei dem Kumpel, der die Fotos schießen sollte und alles andere wäre zu umständlich gewesen.

Also mussten sie sich durch den immer stärker werdenden Regen kämpfen, welcher ihnen ungehindert ins Gesicht peitschte. Wahrscheinlich hätten sie die Strecke auch gepackt, wäre da nicht das bedrohliche Donnergrollen in der Ferne ertönt und ein erster Blitz über die mittlerweile dunkelgraue Wolkendecke gezuckt. So ein großes Risiko konnte Cari nicht eingehen, nie im Leben. Um sie herum war nichts als Feld, goldene Ähren und leicht verdorrter Mais. Erst weiter hinten konnte der Schlagzeuger einen Verschlag ausmachen, der wie eine alte Bauernscheune aussah.

Kurzerhand fuhr er rechts ran und stellte den Motor aus, während Jamie nicht so recht wusste, was der andere im Schilde führte. Als er verwirrt Caris Lederjacke losgelassen hatte und ihr Besitzer sich vom Sitz schwang, wollte Jamie gerade zu einer Frage ansetzen, doch der andere erstickte diese mit einem beinahe panischen Blick prompt im Keim und packte Jamie fest am Arm.

"Folg mir einfach", meinte der Schlagzeuger und stiefelte mit dem ahnungslosen Jamie im Schlepptau los, ungeachtet der hohen Getreidestängel, zwischen denen er sich mit seinen Stiefeln einen Weg in Richtung der Scheune bahnte. Da Jamie seinem Freund im Grunde blind vertraute, hielt er schon bald mit diesem Schritt, denn meist wusste Cari, was er tat. Besser als Jamie. Und dass dies auch heute der Fall war, bestätigte sich, als der Sänger ebenfalls die leicht heruntergekommene Scheune entdeckte, die zwar etwas baufällig, aber doch wie ein willkommener Zufluchtsort wirkte. Erneut grollte der Donner über das Land, dieses Mal bedeutend lauter und anscheinend hatte Cari Schiss bekommen, denn er wurde immer schneller und der Abstand zwischen ihm und Jamie somit immer größer.

"Beeil dich!", rief er seinem Freund hastig winkend zu, während sich Jamie noch immer durch den Regenschauer kämpfte, der seine Klamotten komplett durchweichte und ihm zudem die klare Sicht versperrte. Als er sich schließlich zwang, nach vorn zu schauen, war Cari längst verschwunden, doch Jamie wusste natürlich, dass der andere bereits in der Scheune Unterschlupf gesucht hatte und dort auf ihn wartete.

 

Aber stimmte das wirklich?

Sowie Jamie endlich keuchend und nach Luft schnappend durch die Tür in das Dunkle trat und sich für seine konditionsmindernde Raucherei verfluchte, fühlte er sich auf einmal ziemlich allein. Er blickte sich um, konnte aber aufgrund des komplett fensterlosen Raumes nichts erkennen und verspürte prompt ein kribbelndes Gefühl seinen Nacken emporsteigen. Was, wenn Cari ihn doch verarscht hatte?

Egal, wie sehr er auch sein Schnaufen zu unterdrücken versuchte, um nur auf die Umgebungsgeräusche hören zu können, er vernahm keinen einzigen Laut. Alles war still. Und Jamies Atem zitterte in seiner Kehle.

"Cari?", setzte er schließlich leicht von Panik erfüllt an, machte einen, zwei Schritte in das Innere der Scheune. "Ich weiß, dass du hier irgendwo bist. Also, lass den Scheiß."

Letzteres diente eher zu seiner eigenen Beruhigung, doch als selbst daraufhin kein noch so kleines Geräusch folgte, schlug sein Herz dumpf und angstvoll gegen seinen Brustkorb. Jamie war wahrlich kein Schisser, aber er befand sich ganz allein in der Pampa und dazu in einer maroden Scheune, was selbst den mutigsten Mann zu einem von den ureigenen Trieben dominierten Tier degradierte.

 

Angespannt ballte er die Hände zu Fäusten und starrte ins Dunkel. Nichts. Immer noch nichts.

"Ca-", kam es aus seinem Mund, doch urplötzlich verstummte er. Nicht nur vor Angst, sondern auch, weil sich eine Hand über seine Lippen gelegt hatte.

Schwindel überkam ihn, heftiger Schwindel und ein Gefühl, als würde er in ein tiefes Nichts fallen. Erst als er hinter sich ein schelmisches Lachen vernahm, fasste er wieder einen klaren Gedanken.

"Du Arsch!", schrie er empört, nachdem er die Hand mit einem beherzten Griff um das Gelenk von seinem Mund entfernt hatte. "Du verdammtes Arschloch, ich bring dich um!"

Eine hitzige Verfolgungsjagd begann, in welcher Jamie lediglich dem Geräusch von Caris vor Lachen zitternder Stimme und seinen Schritten, welche im Stroh raschelten, folgte. Als sich seine Augen allerdings ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er den anderen als grauen Schatten wahrnehmen, nach welchem er erbarmungslos griff und schließlich auch an der Jacke zu fassen bekam.

Nun war es an Cari, ein seltsames Geräusch zwischen Schreien und Lachen von sich zu geben, welches in dem Moment anschwoll, in welchem er mitsamt Jamie zu Boden ging.

Sanft schlug der Sänger seinem Kumpel mit der flachen Hand auf den Rücken, wobei Cari sich kaum noch einzukriegen schien, während er gegen den anderen kämpfte und versuchte, sich umzudrehen.

Ein wildes Spiel entbrannte zwischen ihnen, bei welchem die nassen Haare des jeweils anderen auf ihren Gesichtern kleben blieben und die Wärme ihrer Körper unter der durchweichten Kleidung spürbar wurde. Sie waren sich nahe wie selten zuvor, und Jamie realisierte dies schon sehr bald, als er den feuchten, warmen Atem des anderen auf seiner Wange fühlte, dessen Duft nach Aftershave wahrnehmen konnte und vor allen Dingen auch seine Stimme, die sehr dicht an sein Ohr drang.

Er wollte zurückzucken, als er es gerade so geschafft hatte, die Handgelenke Caris in festem Griff zu halten, doch das wäre zu auffällig gewesen. Also hielt er dem in der Dunkelheit funkelnden Blick des im Heu liegenden stand und hörte nur noch, wie hastig ihrer beider Atem in ihrer Lunge ging. Jeder Muskel in ihren Körpern stand unter Spannung, um gleich wieder auf Angriff oder Abwehr zu gehen, doch es war schließlich an Jamie, sich geschlagen zu geben.

 

"Ich hätte fast einen Herzinfarkt wegen dir Idioten bekommen!", schimpfte er seinen Freund aus, nachdem er ihn losgelassen und sich so neben ihm im Heu niedergelassen hatte, dass er einen guten Blick auf ihn werfen konnte. "Ich hab gedacht, erst lässt du mich alleine und dann kommt hier irgendein Verbrecher oder so."

"Och, glaubst du, das würde ich tun?"

Cari rührte sich nicht, aber Jamie bemerkte, wie seine Augen auf sein Gesicht geheftet waren, voller Zweifel und noch mit irgendetwas anderem, das sich nicht so recht einordnen ließ, was aber ungewohnt weich aussah.

"Dich alleine lassen?"

Schwerfällig erhob er sich schließlich doch und rückte an Jamie heran, um ihm eine Strähne hinter die Schulter zu schieben.

"Eher würde ich dich beschützen vor dem Verbrecher. Ja. Wenn du willst, dann beschütze ich dich hier drin. Wenn du Angst hast..."

Jamie warf ihm einen harschen Blick zu, der beinahe aufklarte, als er bemerkte, wie nahe Cari ihm einmal mehr war.

"Glaubst du echt, ich hätte Schiss? Pfft."

"Also erst hattest du ziemlichen Schiss."

Cari wirkte amüsiert, was Jamie ein schweres Gefühl in der Magengegend bescherte. Er hasste es, wenn sich jemand auf seine Kosten lustig machte. Selbst wenn dieser jemand Cari war...

"Cari, Hilfe, Hilfe! Der Satan holt mich!", äffte der Schlagzeuger den anderen nach, welcher allerdings eisern schwieg, so lange, bis auch Cari bemerkte, dass seine Witze nicht zündeten.

 

Betretene Stille zog zwischen ihnen ein, während Jamie angestrengt darüber nachdachte, was er nun tun oder sagen sollte. Eigentlich fand sich immer ein Thema, über das sie quatschen konnten, und sei es noch so sinnlos gewesen, aber heute war sein Kopf einfach viel zu voll und gleichzeitig komplett ausgeleert. Das zwischen ihnen, das hatte etwas Gespanntes, etwas ekelhaft Aufgeladenes, das Jamie kaum mehr ertrug. Aber da fiel ihm plötzlich etwas sehr Plausibles ein.

"Wie wollen wir jetzt eigentlich zum Shooting kommen?"

Er hörte, wie Cari sich am Kopf kratzte und als er dem anderen leicht widerwillig sein Gesicht zuwandte, sah er zudem, wie der Schlagzeuger die Stirn runzelte und ihn von unten herauf angrinste.

"Öh, gar nicht?", fragte er Jamie schließlich leicht unsicher, doch er selbst schien von seiner Meinung nach dem Aussprechen so begeistert, dass er prompt bei ihr blieb. "Ich hatte ohnehin keinen Bock darauf. Und du doch auch nicht."

Er zupfte sich einen Halm von seinem nassen Hosenbein.

"Knips, knips, hätte ich das gewollt, wäre ich Model geworden."

"Wir können Tim und Rikki das Shooting aber auch schlecht alleine machen lassen. Wir sollten ihnen Besch-"

Gerade wollte Jamie sein Handy aus der Hosentasche zerren, als er Caris Hand bestimmt auf seinem Arm niedersinken spürte. Ein merkwürdig intensives Gefühl stieg prompt in ihm auf, das ihn noch fester hielt als es jeder Griff seines Freundes hätte zu tun vermocht.

"Lass", forderte Cari mit leiser Stimme, woraufhin Jamie seinem Wunsch nachgab, wenn auch widerwillig. Jamies fragender Blick traf wie durch einen Zufall bedingt auf den fordernden des anderen, und dem Sänger gelang es partout nicht mehr, wegzuschauen. Dem Gesicht des Schlagzeugers haftete solch eine faszinierende, wilde Schönheit an, dass Jamie mit einem Mal vergaß, dass Cari noch immer den Körperkontakt zwischen ihnen aufrechterhielt. Das einzige, was er noch wahrnahm, war ein brennendes Gefühl von Überwältigung, eine drängende Anziehungskraft und seinen dumpfen Herzschlag in seiner Brust. Poch. Poch. Poch. Fast flehentlich.

 

"Jamie", hörte er Caris tiefe Stimme anfangen zu sprechen, wobei die Blicke des anderen noch immer fast hektisch über sein Gesicht huschten. "Es gibt da was, was ich mich schon lange frage. Du musst aber versprechen, mich nicht gleich zu hauen, wenn ich dir das jetzt sage."

Hundeblick an.

"Okay?"

Was blieb Jamie auch anderes übrig, als zu nicken? Ein nervöses Kribbeln vermischte sich mit all den anderen auf ihn einprasselnden Gefühlen. Was würde auf ihn zukommen? Etliche Dinge gingen ihm durch den Kopf, aber nie hätte er an die Sache zu denken gewagt, die Cari tatsächlich beschäftigte.

"Irgendwie hab ich den Eindruck gewonnen, dass du...na ja...dass du vielleicht auch auf Männer stehen könntest. Weil...die Art und Weise, wie du manchmal in der Kneipe Typen abcheckst und ihnen sogar hinterherschaust..."

Alarmiert riss Jamie die Augen auf. Stimmte das wirklich? Wenn ja, dann hatte er es noch nicht einmal selbst bemerkt. Denn im Grunde, da war Cari der einzige Kerl, der ihn wirklich interessierte. Ja, was, wenn er das Ganze vielleicht auf sich bezog?

Jamie allerdings war viel zu peinlich berührt, um diesbezüglich nachzuhaken. Ihm war, als wäre er geradewegs in eine Falle gelaufen und in diesem Augenblick hätte diese hinter ihm zugeschnappt. Eine vertrackte Situation, aus der er sich mit einer Lüge herauszuhelfen versuchte.

 

"Ich steh nicht auf Kerle", erklärte Jamie so ruhig er in seinem Zustand noch konnte, während er sich zwang, Caris bohrendem, neugierigem Blick standzuhalten.

"Hmhm?", hakte der andere daraufhin skeptisch nach, und es klang wie ein hinterfragtes Nein.

"Hmhm", versicherte Jamie ihm standhaft, schüttelte sogar leicht den Kopf und begann tatsächlich, selbst von seiner kleinen Lüge überzeugt zu sein, bis -

Ja, bis Cari vorschnellte und ihm einen Kuss aufdrückte. Einfach so.

Eine heiße Explosion setzte in Jamie ein, die ihn nicht nur komplett sprachlos machte, sondern ihn auch zu lähmen wusste.

"Und jetzt?", wollte Cari verschmitzt und mit treuherzig schiefgelegtem Kopf von seinem Freund wissen. "Mal probieren, wie es ist?"

"W-wie probieren?"

"Na..."

Cari rückte noch ein wenig näher an Jamie heran. So nah, dass er mühelos in dessen Ohr flüstern konnte.

"Sex. Komm, du bist doch im Grunde genauso neugierig und experimentierfreudig wie ich. Und ich würde gern mit dir...zumal das hier die perfekte Gelegenheit wäre. Der perfekte Ort. Ein kleines Paradies. Keiner stört uns, und keiner hört dich, wenn du den Verstand verlierst. Mh?"

Im Grunde gab es nun erst recht keine Alternativen mehr für Jamie. Alles in ihm schrie Ja, als er Caris Verführungsversuch vernahm, und als er nur einmal einen prüfenden Blick in dessen Augen werfen wollte, um sicherzugehen, dass dieser sein Angebot ernst meinte, eskalierte die Situation bereits.

Wilde Küsse entbrannten zwischen ihnen, wie das Relikt zwei hungriger Tiere, die man endlich losgelassen hatte, um sie zur Nahrungsquelle zu führen.

Stroh knisterte, als Jamies Rücken sich in die Grashalme schmiegte. Unterdrücktes Stöhnen erfüllte den Raum, was mit dem Rascheln von fallenden Hüllen und dem Klimpern von Gürtelschnallen einherging. Es war, als kämen sie gar nicht schnell genug aus ihren klammen Klamotten, hektisch halfen sie sich gegenseitig, Shirt und Hose abzustreifen und schmiegten sich dann wieder begierig aneinander, bald schon nackt, bald schon atemlos und sich rhythmisch gegeneinander reibend. Jamies gespreizte Beine, Cari, der dazwischen lag und seinen schönen Sänger überall berühren, überall zu küssen versuchte, an jeder Stelle seines entblößten Körpers, dessen Haut so salzig und doch so süß auf seiner Zunge schmeckte.

Das Spiel wurde hitziger. Aus wilden Küssen war wilde Liebe geworden. Schwere Atemzüge. Keuchen. Gar Aufschreie. Sich hektischer bewegende Schatten.

 

"Oh, Jamie. Oh ja, Jamie." - "Skit, Cari! Skit, skit!"

Aus hastigem Flüstern wurden erregte Lautäußerungen, lauter, noch lauter. Stille von Jamies Seite. Dann ein langgezogenes, zittriges, gequältes Stöhnen. Cari, der seinem Gespielen mit glasigen Augen dabei zuschaute, wie dieser sich in seinen Armen vergaß, wie dieser sich befreit seinem Höhepunkt hingab und schließlich konnte er selbst nicht mehr anders, als Jamie zu folgen. Heiß und gnadenlos durchströmten ihn die Wogen der Lust, die er wegen Jamie empfand, bis er erschöpft den Kopf hängen ließ, tief und schwer durch den Mund atmend.

Er hatte es Jamie gut besorgt, und er selbst war ebenfalls voll auf seine Kosten gekommen.

"Woah", verließ es atemlos Jamies Lippen. "Ich glaub, so schnell gings bei mir noch nie. Das waren vielleicht fünf Minuten. Keine Ahnung. Oh Gott..."

Cari wusste, dass er seinem Freund nicht erklären musste, wieso sie schon beim ersten Körperkontakt beinahe explodiert wären. Sie hatten sich gewollt, wie verrückt hatten sie sich gewollt, und ihre Begierde hatte ihre Körper angetrieben, bis es schon sehr früh nicht mehr ging. Aber was spielte das für eine Rolle? Cari hatte sich schon ewig gewünscht, einmal so auf Jamie hinabzulächeln, nachdem sie sich so nahe gekommen waren wie sie noch nie einen Typen nahe waren, nackt und verschwitzt wie nach einem Dauerlauf. Völlig atemlos.

"Du bist der Wahnsinn, Baby, der helle Wahnsinn", versicherte Cari Jamie euphorisch, während ihre Schatten erneut zu einem verschmolzen und die verführerischen Geräusche von Küssen die Stille durchbrachen.

 

Wer hätte gedacht, dass diese dunkle, marode Scheune ein wahres Paradies darstellen konnte? Für Jamie und Cari war es ein solches. Sie hatten sich in ihr gefunden, sie hatten ihren Gefühlen freien Lauf gelassen. Und niemand hatte sie gehört oder sie gar stören können. Bis jetzt. Denn plötzlich drang ein greller Lichtstrahl in die Scheune und ließ die beiden geblendet voneinander weichen.

"Ihr verdammtes Pack, wartet nur, bis ich euch erwische! Meinen Hasso werde ich auf euch hetzen, der wird euch Manieren beibringen! Meine Scheune ist kein schmutziger Sündenpfuhl! Fort mit euch!"

Die wütende Stimme gehörte einem untersetzten, mit Latzhose und Gummistiefeln bekleideten Mann, der triefend nass in der Tür stand und seine Mistgabel drohend in die Höhe reckte.

Jamie und Cari tauschten panische Blicke. Als dann auch noch ein gefährliches Knurren an ihre Ohren drang, konnten sie nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob diese einsame Scheune tatsächlich das Paradies oder doch eher die Hölle verkörperte...

Sleepy Cuddling


 

Sleepy Cuddling

 

Als Kinder des hohen Nordens war ihnen der erbarmungslose, mit Temperaturen weit unter null aufwartende schwedische Winter bereits vertraut. Doch erst jetzt, als sie durch ganz Europa tourten und dabei auch nicht vor den skandinavischen Ländern halt machten, lernten sie die kalte Jahreszeit von ihrer gnadenlosesten Seite kennen.

Da sie eher im Untergrund spielten und sie längst nicht so bekannt wie ihre Freunde von Crashdiet waren, mussten sie mit einem kleinen Van vorlieb nehmen, in welchem es zudem keine Heizung gab. Oh, wie sie die Wintermonate hassten, in welchen sie sich lediglich mit Alkohol und netten Gedanken warmzuhalten versuchten. Aber es half alles nichts. Sie konnten ihre Winterkonzerte in Schweden und Finnland nicht einfach an den Nagel hängen, schließlich warteten die Fans auf sie und es galt, nicht die Pussy heraushängen zu lassen. So auch heute, wo sie einmal mehr vom Clubbesitzer höchstpersönlich in die verschneite Nacht geschickt wurden.

Bis um drei Uhr in der Früh hatte man ihnen Asyl gewährt, doch da der Laden nun schloss, durften sie zitternd durch den Schnee tingeln mit der Aussicht, ihren Arsch wenig später in ein eisiges Bett zu schwingen, auf welchem sich bereits eine weißliche Schicht gebildet hatte. Es gab sie, die Tage, an denen Cari mit blauen Lippen aufgewacht war und man ihn erst mit einem heißen Tee zurück in das Reich der Lebenden geholt hatte. Trotz Anorak hatte er seine Körperwärme kaum speichern können und sich in den Schlaf gezittert, in der Hoffnung, am nächsten Morgen überhaupt noch zu erwachen. Doch damit sollte jetzt Schluss sein. Den anderen würde erneut eine grausame Nacht bevorstehen, aber Cari nicht. Weil er vorgesorgt hatte. Weil er eine eigene, kleine Heizung bei sich trug, die er, kaum im Van angekommen, aus seiner Tasche holte.

Dies sollte still und heimlich geschehen, denn er kannte seine Jungs, und diese hätten aufgrund seines kleinen, kuscheligen Freundes sicherlich laut gelacht, obwohl er dies als bloßen Neid angesehen hätte. Aber warum sich die Nerven aufreiben, wenn man auch unbemerkt von den anderen zum Waschbecken (aus welchem tatsächlich warmes Wasser lief!) schleichen und sich sein eigenes Süppchen kochen konnte. Leider scheiterte der Plan in der Praxis, und noch ehe Cari es sich versehen konnte, zeigte Tim johlend mit dem Finger auf ihn und das, was er in den Händen hielt.

 

"Was ist das denn?", musste der Schlagzeuger sich anhören, wobei nicht nur Tim sein Kuscheltierchen schmunzelnd beäugte. "Du spielst mit Puppen!"

Ein Glucksen ging durch die Runde, während Cari sich nun doch seine Nerven aufreiben musste. Na, vielleicht würde ihm aber auch ein wenig wärmer werden, wenn er sich über seine Freunde aufregte.

"Bist du blind, das ist keine Puppe!", stellte er richtig und da es ohnehin entdeckt worden war, konnte er sein Tier auch offen vorzeigen. Anklagend hielt er es dem noch immer grinsenden Tim direkt vor die Nase. "Sieht so eine Puppe aus? Hat eine Puppe ein lockiges Fell? Sag es mir."

Doch Tim ging nicht näher darauf ein. Wahrscheinlich, weil nun Rikki seine Hand nach dem Tierchen austreckte und wissend schauend dessen Kopf nach oben drückte, sodass er die Aufschrift auf dem Bäuchlein besser begutachten konnte.

"Da steht 'I love Mama' drauf", bemerkte der Bassist mit vor Belustigung bebender Stimme und warf Cari einen Blick zu, der nach Erklärung verlangte.

"Is doch egal, was da draufsteht", wetterte dieser allerdings nur und zog sein Tier aus der Reichweite der anderen. "Jedenfalls ist das ein Schaf, falls ihr Blödföhne es nicht erkennen könnt. Keine Puppe. So."

Ein überlegenes Grinsen stahl sich über sein Gesicht.

"Und mein Schaf kann machen, dass mir heute Nacht ganz warm sein wird. Im Gegensatz zu euch armen Schlucker. Hahaha, ich habe kein Mitleid mit euch."

Jamie guckte bedeppert, und auch Rikki und Tim war das Lachen vergangen, als Cari die Reißverschlussfunktion am Rücken seines Tieres vorführte.

"Das ist nämlich eine Warmflasche", erläuterte er selbstgefällig und schaute von einem Kerl zum anderen. "Und weil ihr es unbedingt wissen wolltet: Die hat mir meine Mutter geschenkt."

"Du hast eine Mutter?", hakte Tim gespielt erstaunt nach, was Cari nur mit einem Kopfschütteln abtat.

"Es scheint, als ob du keine Mutter hättest, die sich um dich sorgt, wenn du ihr erzählst, dass dir auf Tour im ganz sehr kalt ist."

Das war gehässig, das war Cari auch klar, aber er war müde, also war ihm diese Gemeinheit verziehen. Zumindest verzieh er sie sich selbst. Was Tim darüber dachte, konnte er allenfalls an seiner verstimmten Miene erkennen, die allerdings bereits im nächsten Moment aufklarte, was nur bedeuten konnte, dass der Gitarrist eine Idee entwickelt hatte.

"Gut, wenn das so ist, dann schlafe ich heute bei dir oben", bestimmte er, woraufhin Cari ihn nur mit einem erstaunten, nicht gerade begeisterten Blick musterte, doch Tim schien sich nicht von seinem Vorhaben abbringen zu lassen. Leider hatte er nicht mit Rikki und Jamie gerechnet, denen eine warme Nacht ebenfalls geschmeckt hätte. Es lief darauf hinaus, dass alle am liebsten kuscheln kommen wollten, mit Cari und seiner Schäfchenwarmflasche. Doch Cari glaubte, dieses Übel umgehen zu können.

"Wir haben nicht zu viert Platz in meinem Bett", meinte er und es schwang unverkennbare Erleichterung in seiner Stimme mit. "Allerhöchstens könnte ich einen von euch bei mir aufnehmen." Er seufzte höhnisch. "Aber wenn ihr euch nicht einigen könnt, dann tut es mir sehr leid..."

"Gut, dann entscheidest du", schlug Rikki nicht sonderlich entmutigt vor, sein breites Grinsen nahm derweil einen beinahe diabolischen Zug an. "Wen hättest du denn gerne in deinem Bett, mh? Wer ist denn dein Liebling?"

"Oho, Topfschlagen auf dem Mienenfeld", freute Tim sich und wahrscheinlich rieb er sich in Gedanken die Hände, während Cari zerknirscht aus der Wäsche guckte.

So hatte er sich das nicht vorgestellt. Das hier, das konnte tatsächlich nur in die Hose gehen, durfte er doch keinen der Jungs lieber haben als den anderen. Hätte er nun einen Favoriten genannt, hätte womöglich der gesamte Bandsegen schiefgehangen.

Aber natürlich besaß er insgeheim einen solchen. Es gab da einen Jungen, den hätte er ohne zu Zögern bei sich schlafen lassen, hätte dieser Ansprüche darauf gestellt. Es war jener, den er am längsten kannte und dem er sogar schon mal ins Ohr geflüstert hatte, dass er sein bester Freund wäre, sein Schatz. Und dass er ihn sogar auf der Stelle geheiratet hätte, wäre dies vonnöten gewesen, da er ihn dafür genug liebte. Dass er dabei betrunken gewesen war, tat nichts zur Sache. Besoffene sagten bekannter Weise immer die Wahrheit.

Heute allerdings hatte er sich nicht dermaßen gehen lassen, dass er sich nicht mehr beherrschen konnte. Deswegen blickte er lange in die Gesichter der anderen, die denen von hungrigen Hyänen glichen und fühlte sich tatsächlich ziemlich in die Enge getrieben. Bis ihm urplötzlich einfiel, wie sie das Ganze entscheiden konnten, ohne dass Cari sich unbeliebt machen musste.

"Wir lassen das Orakel sprechen", kündigte er kurzerhand an, griff in seine Hosentasche und holte ein Päckchen Streichhölzer hervor.

"Das führst du immer mit dir?", wunderte sich Rikki prompt und kratzte sich den Kopf. "Also ich hab nur Zigaretten, Feuerzeug, Handy und Kondome einstecken..."

"Kondome", echoten die anderen amüsiert und Tim war sogar so frei, Rikki provokant gegen die Schulter zu boxen. "Meinst du ernsthaft, dass du Kondome brauchst?"

Rikki aber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, sondern funkelte Tim aus schmalen Augen.

"Mehr als du", flüsterte er verführerisch, woraufhin der Gitarrist ihm nur eine Grimasse schnitt.

In der Zwischenzeit hatte Cari sein Orakel vorbereitet. Hinter seiner Hand hielt er drei Streichhölzer, von denen eines kürzer war als die anderen. Man kannte das Spiel ja: Wer das Kürzeste zog, der hatte gewonnen. So simpel wie genial.

"So, dann soll der erste vortreten", forderte Cari recht gespannt, woraufhin Rikki prompt einen Schritt auf den Schlagzeuger zumachte und mit einem Grinsen die Streichhölzer abcheckte. Cari indes hoffte inständig, dass ihm der Zufall hold sein und ihm seinen kleinen Wunsch erfüllen würde. Sie standen sich alle nahe, keine Frage, aber nicht so nahe, dass er sich gerne das Bett mit einem jeden von ihnen geteilt hätte. Rikkis Atem zum Beispiel wollte er nicht unbedingt die ganze Nacht über in seinem Gesicht spüren. Außerdem war der Kerl riesig, sodass ihm selbst kaum mehr Platz zur freien Entfaltung geblieben wäre. Nein, von Rikki wollte er sich auf keinen Fall die ganze Zeit anpusten lassen. Zudem er manchmal schnarchte. Und es kursierten hin und wieder Gerüchte, dass er seine Hände nicht immer bei sich behalten konnte. Dass der Bassist leichte Bianleihen besaß, stellte kein Geheimnis mehr dar, aber Cari wollte nicht unbedingt in den Genuss dieser kommen. Rikki, der war so gar nicht sein Fall. Dafür andere Kandidaten umso mehr...

 

Erleichtert atmete er durch, als Rikki ein langes Streichholz in die Höhe hielt und es nicht gerade erfreut musterte.

"Hahaha, du bist raus!", warf Cari ihm schadenfroh an den Kopf, woraufhin der Bassist sich schweigend an die Seite verzog, sich bereits mit dem Gedanken anfreundend, wieder eine Nacht in seinem schweinekalten Bett verbringen zu müssen.

Tim hingegen schien noch zuversichtlich, und deswegen überlegte er auch nicht lange und griff nach dem Streichholz, welches er für das Kürzeste hielt.

Cari hielt in diesem Augenblick sogar die Luft an, aber als er sah, dass auch dieser Kelch an ihm vorüberging, schwirrten prompt gefühlte tausend Schmetterlinge durch seinen Bauch. Sein Blick traf sich mit dem von Jamie, der heute Abend ganz still gewesen war, nun aber ganz große Augen bekam, da er wusste, was nun auf ihn zukommen sollte.

"Jamie", murmelte Tim vor sich hin und Rikki verzog den Mund schief.

"Glückspilz. Ich hoffe, du weißt es zu schätzen, eine Nacht mit Cari und Schäfchen zu verbringen."

Jamie verzog daraufhin keine Miene, sondern gesellte sich zu Cari, woraufhin sich ein vages Lächeln auf sein Gesicht schlich, mit dem der Schlagzeuger ihn angesteckt hatte.

Den anderen war dies nicht verborgen geblieben und selbstverständlich hagelte es dumme Bemerkungen aus ihrer Ecke. So waren Jungs nun mal. Und neidische Jungs waren am schlimmsten.

"Oho, da werden wir ja heute sowieso kein Auge zutun können", posaunte Tim großspurig heraus, woraufhin Rikki ihm mit einer eindeutigen Geste antwortete, die er mit einem frechen Blick samt herausgestreckter Zunge begleitete.

"Oh ja, Baby, oh ja, Jamie!", äffte der Gitarrist mit verstellt hoher Stimme Cari nach, der lediglich seufzend die Augen verdrehte und sich vorstellte, wie er ihm seine Streichholzschachtel quer in die vorlaute Fresse steckte. Dieser Gedanke brachte allerdings nur eine kleine Genugtuung, viel mehr war er nämlich damit beschäftigt, zu hoffen, nicht rot anzulaufen, doch erstens war es duster im Bus und zweitens schämte sich Cari seit Jahren nicht mehr wie ein kleines Mädchen. Jamie ging es nicht anders, dieser wirkte viel mehr amüsiert über die Kommentare ihrer Bandkollegen und schüttelte seinen Kopf mit der langen Mähne.

"Idioten", flüsterte er Cari zu, welcher daraufhin zustimmend brummte, was aber nur noch mehr Frechheiten nach sich zog.

Rikki pfriemelte prompt ein viereckiges Tütchen aus seiner Hosentasche heraus, packte Jamie am Arm und drückte es ihm wie ein Drogendealer in die Hand.

"Wenigstens", raunte er begleitend und zwinkerte dem Sänger zu, während man Tim im Hintergrund krähen hören konnte, dem die Frage nach aktiv und passiv beantwortet werden wollte.

Jamie und Cari allerdings schauten sich nur verschwörerisch an und verloren kein Wort. Es war, als teilten sie ein Geheimnis, was Cari ein wenig wunderte. Schließlich war zwischen ihm und Jamie noch nie etwas gelaufen, und außer dem einen Mal, wo er ihm gestanden hatte, wie gern er ihn mochte, waren sie sich nie näher gekommen, weder körperlich noch geistig. Und doch schien Jamie etwas zu wissen, was Tim und Rikki nicht einmal ahnten. Sie feixten schließlich nur, versuchten die beiden zu ärgern, und ahnten noch nicht einmal, wie nahe sie der Wahrheit kamen.

 

Die dummen Sprüche ebbten schließlich ab, da Rikki und Tim wahrscheinlich gemerkt hatten, dass die anderen beiden sich nicht aus der Ruhe bringen ließen. Selbst als Cari meinte, dass sie nun vielleicht mal schlafen gehen sollten und Jamie sich stolz aus seinem Anorak schälte (schließlich würde sich ihm eine kuschelige, warme Nacht bieten), sagte niemand mehr etwas. Sein Schlafshirt wollte er allerdings tragen, genau wie Cari, der mit seiner frisch befüllten Warmflasche angetrottet kam und sie Jamie reichte, damit er sich selbst aus seinen Kleidern schälen konnte.

Rikki stieß Tim in die Seite, um ihn auf Jamies Blick aufmerksam zu machen, mit welchem er Caris Ausziehen begleitete, und der Gitarrist verzog prompt staunend das Gesicht. Weder Cari noch Jamie bemerkte allerdings dieses alberne Getue, und schon wenig später erklomm der Sänger die Leiter, die zu Caris Bett führte, dicht gefolgt von seinem Freund. Dieser aber blickte noch einmal zurück auf Tim und Rikki, die betreten in der Gegend herumstanden und nicht so recht zu Bett gehen wollten.

"Ihr könnt ja zusammen kuscheln, dann wirds auch warm", schmunzelte er. "Und noch was: Reibung erzeugt noch mehr Wärme."

Die Zweideutigkeit hatten die beiden natürlich verstanden, aber keiner wollte darauf eingehen. Cari hatte sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen, was ihn mit dem erhebenden Gefühl von Genugtuung endgültig zu seiner Koje steigen ließ, wo Jamie bereits auf ihn wartete, das Schäfchen an seinen Bauch drückend.

"Komm", flüsterte der Sänger und hielt sogar die Decke für den Schlagzeuger auf, damit dieser sich darunter kuscheln konnte, zu ihm und ihrem kleinen, warmen Freund. Und Cari zögerte nicht. In seiner Magengegend machte sich das pure Glück breit, als er Jamie so nahe kam, als er seinen Kopf auf das Kissen schmiegte und sie die Warmflasche zwischen sich einklemmten. Er fragte sich, ob er Jamie berühren durfte, da sie sich sonst eher selten anfassten und dann auch nicht auf solch liebevolle Art und Weise, aber alle Zweifel zerstreuten sich im Wind, als der Sänger von sich aus seine Hand unter Caris Shirt schob und ihm lieblich zulächelte.

"Schön warm da drunter", nuschelte er bereits ziemlich schläfrig und rieb noch ein paar Mal den Kopf am Kissen, ehe ihm ein kleines Seufzen entkam und Cari sehen konnte, dass sein Bettgefährte die Augen geschlossen hatte.

Wahrscheinlich schlief er bereits, mutmaßte der Schlagzeuger, welcher ob dieser wunderschönen, großen Nervosität glaubte, die ganze Nacht kein Auge zumachen zu können. Jamies Atem allerdings ging schon nach wenigen Sekunden bedeutend ruhiger, und er schien nicht einmal zu bemerken, dass sich eine seiner langen Strähnen in seinem Gesicht verirrt hatte und bei jedem Atemzug leicht vibrierte, da sie direkt vor seinem Mund hing.

Ganz behutsam streckte Cari seine Hand aus, um die Strähne mit dem Daumen nach hinten zu schieben. Dabei hielt die Silhouette von Jamies Gesicht seine Blicke gefangen. Der Sänger mochte nicht die klassische Schönheit sein, aber genau das war es doch. Genau das war es, was Cari so an ihm faszinierte. Die grünlichen Auge, die in einem schmalen Gesicht saßen, dessen Kiefer dennoch ziemlich ausgeprägt war. Die kleine Stupsnase, die Cari auch jetzt wieder so angetan musterte wie schon viele Male zuvor. Das glitzernde Piercing darin. Das recht deutlich sichtbare Philtrum, das zu seinen schmalen Lippen führte, in denen ebenfalls ein Piercing schimmerte.

In Caris Augen war Jamie einfach nur wunderschön. In seinen Augen war er der schönste Mann auf der ganzen Welt und wahrscheinlich der Einzige, zu dem er sich jemals hingezogen fühlen würde. Und Jamie empfand ebenso, was seine Hand suggerierte, die noch immer unter Caris Shirt ruhte.

"Der Zufall schien es ganz genauso zu sehen wie du und ich", hauchte der Schlagzeuger kaum hörbar gegen Jamies Lippen, auf die er einen sanften Kuss drückte, auf dass dieser seinem Freund süße Träume schenkte.

Dass Jamie daraufhin aus halb geschlossenen Lidern blinzelte und den Kuss träge erwiderte, würde wiederum Cari eine geruhsame Nacht bescheren, in der es hauptsächlich die Zuneigung war, die sie beide in Wärme bis zum nächsten Morgen umfangen hallten würde.

 

Reversed Position

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Have My Baby


 

Have My Baby
 

 
 

 
 

Wenn Jamie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann konnte ihn keine Macht der Welt von seinem Vorhaben abbringen. So auch nicht Caris zugeben recht weise Argumente, die besagten, dass sie sich die meiste Zeit des Jahres in einem winzigen Tourbus aufhielten, fernab von zu Hause. Dass er nicht mal dazu kam, ausreichend für eine Freundin da zu sein, die nicht einmal gefüttert werden musste, sprach nicht gerade für Jamies plötzlichen Wunsch, von dem Cari selbst nicht wusste, woher er rührte. Wahrscheinlich aber tickte Jamie in manchen Beziehungen schlichtweg wie ein Mädchen; wenn er im Fernsehen ein niedliches Tier sah, dann wollte er es besitzen. Zwar machte er seiner Begeisterung seltener durch weibisches Gequietsche oder aufgebrachte Süßheitsbekundungen Luft, aber innerlich, da gingen sicherlich die Pferde mit ihm durch und wohl auch so eine Art Vaterinstinkt. Jamie mochte schließlich auch Kinder, spielte hinreißend mit seiner kleinen Nichte, und um ehrlich zu sein hatte Cari sich das ein oder andere Mal bereits gefragt, ob der Sänger irgendwann einmal selbst Papa werden wollte. Sicher wollte er das, hatte er sich dann eingestanden und dieses drückende, schwere Gefühl in seinem Magen gespürt, das ihn nicht mehr essen und schlafen ließ.

Jamie würde irgendwann einmal eine Familie gründen wollen, und da er wusste, dass er in seiner jetzigen Situation nicht genügend für diese da sein können würde, würde er womöglich der Band den Rücken zukehren. Das waren die Szenarien, die Cari immer wieder heimsuchten und die ihn mit wehmütigem Blick zu seinem Freund schauen ließen. Warum es im so nahe ging, konnte er selbst nicht so genau sagen, denn die anderen machten sich doch auch keine Gedanken über die Zukunft. Rikki und Tim lebten meist einfach in den Tag hinein, und wahrscheinlich war dies auch das Beste. Aber würde es nicht einen schrecklichen Verlust darstellen, wenn sie ihren Sänger, ihre Stimme verloren? Genau diese verlieh ihnen schließlich ihre Unverkennbarkeit mit ihrem kratzigen, reibeisenrauen Klang, und sie wären nicht mehr Sister gewesen ohne ihr. Doch noch schlimmer würde der Verlust von Jamie als Mensch an Cari kratzen. Seit Jahren verbrachten sie beinahe jeden Tag miteinander, und wenn Cari sich vorstellte, dass es irgendwann einmal nicht mehr so sein würde, dann drückte es gefährlich unter seinen Lidern und er musste sich mit den Fingern über die Augen wischen, um die hervorquellenden Tränen zu beseitigen. Und gleichzeitig sagte er sich, wie schwachsinnig und paranoid seine Gedanken anmuteten. Dass Jamie immer für die Musik leben würde, die Musik und die Bühne. Dass er seit seiner Teenagerzeit nichts anderes tat als mit ihnen abzuhängen und sich das Hirn herauszurocken und auch zu saufen. Ja, und da musste Cari wieder grinsen. Jamie würde sie nie allein lassen. Er würde ihn nie allein lassen. Sie waren seit ihrem sechzehnten Lebensjahr miteinander befreundet, und keine Frau und kein Kind der Welt würden ihnen das nehmen können, ganz sicher nicht.

Ja, vielleicht war es in Anbetracht dieser möglichen Szenarien doch ganz gut, wenn Jamie sich seinen spontanen Wunsch erfüllte. Denn so ein kleines Tier, das konnte ihre Freundschaft selbstverständlich nicht gefährden.

 

Cari begleitete Jamie sogar in die Zoohandlung, wo ihm zugleich ein strenger Geruch nach Heu, Tieren und möglicherweise auch Kot entgegenschlug.

"Holla die Waldfee", platzte der Schlagzeuger prompt heraus und verzog angespannt das Gesicht. "Sicher, dass du deine Wohnung in ebensolch einen stinkenden Palast verwandeln willst?"

Doch Jamie wusste seine Bedenken zunichte zu machen und zog ihn am Ärmel seiner Jacke weiter, sodass er keine andere Möglichkeit besaß, als tiefer in den Laden zu dringen, vorbei an Aquarien, deren bunte Fische Caris Aufmerksamkeit weckten sowie an Meerschweinchenkäfigen, wo putzige, wuschelige Nager wilde Verfolgungsjagden anzettelten und dabei aufgebracht quiekten. Schließlich machte der Sänger Halt vor einem großen Vogelbauer, in welchem es nur so zwitscherte und flatterte.

"So ein kleines Vögelchen macht doch nicht viel Dreck", meinte Jamie, den Blick schon jetzt nicht mehr von den grünen und blauen Wellensittichen abwenden könnend.

Wahrscheinlich hatte er recht, überlegte Cari, der nicht so recht wusste, was er tun sollte, als der Sänger näher an das Gitter herantrat und seinen Finger davorhielt, während er mit einem zwitschernden Geräusch die Vögel anzulocken versuchte. Also stand er einfach nur daneben, mal die quirligen Tierchen beobachtend und mal einen beinahe bewundernden Blick zu Jamie werfend, der mit dem bösen Buben, der des Nachts auf den Brettern stand und seine rotzige Show abzog, im Moment überhaupt nichts gemein hatte. Cari zuckten die Mundwinkel aufgrund der quietschenden Knutschgeräusche, die der andere von sich gab, und als er mit verstellter Stimme zu einem recht zutraulichen Vogel sprach und zufrieden lächelte, da wurde irgendetwas ganz groß in Cari. Ein Gefühl, eine schiere Überwältigung. Etwas, für das noch keine treffenden Worte gefunden worden waren und für das sich wahrscheinlich auch keine treffenden Worte finden ließen. Einfach, weil man es spüren musste, um es zu definieren. Ganz ohne Worte.

 

"Sind die nicht süß?"

Cari brauchte einen Moment, um wieder vollständig zu sich zu kommen, zu schön war die Traumwelt gewesen, in welcher er sich gerade aufgehalten hatte. Doch als er Jamie direkt in seine leuchtenden Augen sah, da lächelte er ihn vollkommen geistesgegenwärtig, allerdings mit verstärkt klopfendem Herzen an.

"Mh. Klar."

Zufrieden mit dieser knappen Antwort wanderten Jamies Blicke erneut zu dem Käfig, wo er eine Entdeckung gemacht zu haben schien. Denn er deutete mit dem Kinn auf zwei Vögel, die schon die ganze Zeit Körper an Körper auf einer der Stangen hockten und nicht von der Seite des jeweils anderen wichen.

"Guck mal", machte er Cari auf die beiden aufmerksam, und dieser entdeckte sie schließlich auch, als er näher an Jamie heranrückte und einen genaueren Blick in den Käfig warf.

Inzwischen war das Vogelpärchen dazu übergegangen, sich gegenseitig das Gefieder zu kraulen, und gerade wollte Jamie erneut etwas zu sagen ansetzten, als sich ein Verkäufer zu ihnen gesellte und sie freundlich begrüßte.

Jamie erklärte prompt, dass er sich für einen Wellensittich interessierte, und der Mitarbeiter riet ihm daraufhin, niemals nur einen Vogel zu halten, denn dieser würde sich in diesem Fall sehr einsam fühlen und auch krank werden, besonders dann, wenn sein Besitzer nicht genügend Zeit hatte, um sich mehrere Stunden täglich mit ihm zu beschäftigen. Jamie und Cari erfuhren, dass Wellensittiche in ihrer Heimat Australien in großen Schwärmen lebten und mindestens einen Artgenossen brauchten, um ein glückliches Leben zu führen.

Selbstverständlich wollte Jamie, dass sein kleiner Freund glücklich war und deswegen überlegte er auch gar nicht lange und entschied sich für die Aufnahme eines Pärchens. Und er glaubte auch, bereits die richtigen dafür gefunden zu haben.

"Die beiden dort", setzte er an und deutete mit dem Zeigefinger in die Richtung des noch immer ganz mit sich beschäftigten Vogelpaares. "Die werde ich nehmen. Da muss man sich keine Sorgen machen, dass sie sich nicht vertragen könnten. Die mögen sich ja jetzt schon."

Während Jamie gesprochen hatte, hatte sich ein Schmunzeln auf dem Gesicht des Verkäufers ausgebreitet, dessen Grund Cari und Jamie nun erläutert bekommen sollten.

"Ach, das sind unsere schwulen Männer", klärte der Mitarbeiter sie amüsiert auf. "Obwohl hier haufenweise Weibchen um sie herumschwirren, haben sie sich vom ersten Tag an nur füreinander interessiert." Und mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu: "Sozusagen Liebe auf den ersten Blick."

Jamies starrer, nicht so recht interpretierbarer Blick richtete sich auf die Vögel, während Cari spürte, wie er kalte, schwitzige Hände und im Gegensatz dazu heiße Wangen bekam. Etwas beunruhigt fragte er sich, wie der Sänger wohl darauf reagieren würde. Ob er die beiden Vögel noch immer bei sich aufnehmen wollte, jetzt, wo er wusste, dass es sich bei ihnen um ein gleichgeschlechtliches Paar handelte?

 

"Homosexualität gibt es auch im Tierreich?", versuchte Cari das unangenehme Schweigen zu durchbrechen und wendete sich mit hochgezogenen Augenbrauen an den Verkäufer, der ihm lächelnd zunickte, so, als wäre es die normalste Sache auf der Welt. Und natürlich, das war sie auch.

"Ja, selbstverständlich", erfuhr der Schlagzeuger. "Es gibt schwule Pinguinpärchen, es gibt schwule Meerschweinchen, aber meist kommen diese homosexuellen Neigungen nur zustande, wenn es ihnen an Weibchen mangelt, den Männern aber die Frühlingsgefühle zusetzen. Sie wissen schon..."

Cari grinste verstehend, deutete aber dann mit dem Kopf auf den Käfig, vor welchem Jamie noch immer unbeweglich stand und keinen Ton mehr von sich gab.

"Bei den beiden ist das aber nicht der Fall?", fragte der Schlagzeuger noch einmal nach, woraufhin der Verkäufer tief seufzte.

"Wie gesagt, Liebe auf den ersten Blick. Um ehrlich zu sein würden wir sie auch gar nicht getrennt verkaufen, da es ihnen womöglich das Herz brechen würde."

Mein Herz würde auch brechen, wenn man mir Jamie wegnehmen würde, schoss es Cari durch den Kopf, als er wehmütig die Rückseite des anderen betrachtete, die langen Haare, die ihm bis zur Mitte seines Rückens reichten. Bei uns, das war auch Liebe auf den ersten Blick...ich hab ihn gesehen und wollte ihn unbedingt in der Band haben. Um jeden Preis. Ich habe ihn so lange bedrängt, bis er aus seiner alten Band ausgestiegen ist. Weil ich ihn bei mir haben wollte. Jeden Tag. In jeder Minute.

 

"Gut, dann bleibt es dabei?", wendete der Mitarbeiter sich nun an Jamie, der abwesend nickte und sich einfach nicht mehr von dem Vogelbauer losreißen konnte. Seine Blicke schienen daran zu kleben, an dem Käfig, aber ganz besonders an dem Pärchen, das keinen Millimeter auseinanderwich.

 

Als der Verkäufer in das Lager gegangen war, um eine Kiste zu holen, in welcher Jamie seine zukünftigen Haustiere transportieren konnte, da trat Cari an die Seite seines Freundes, mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch, denn nach wie vor hatte Jamie kein Wort verloren, seitdem er wusste, dass das Vogelpärchen auf zwei Männchen bestand.

Angespannt schluckte Cari, doch dann fasste er sich ein Herz und versuchte, so locker herüberzukommen, wie er gern gewesen wäre. Dass er vollkommen durch den Wind war aufgrund dieser Besonderheit der Natur wollte er sich nicht anmerken lassen. Nicht, so lange er nicht wusste, wie Jamie darüber dachte.

"Du nimmst sie trotzdem", stellte er fest, erwartete aber dennoch eine Antwort darauf, die allerdings ausblieb. Jamie schien ihn gar nicht gehört zu haben. Seine Blicke galten noch immer nur den Vögeln, genau wie seine ganze Aufmerksamkeit.

"Ob die auch Sex miteinander haben?", fragte der Sänger schließlich leise, woraufhin Cari nicht so recht wusste, was er darauf erwidern sollte. Doch er musste den Mund aufmachen. Egal, wie unintelligent die Worte waren, die herauspurzeln würden.

"Bestimmt", sagte er deshalb und kratzte sich unbehaglich den Arm. "Die sind doch auch nicht anders als wir."

"Wir haben doch aber gar keinen Sex."

Scheiße. So sollte das doch gar nicht klingen...

"Ich meinte auch, nicht anders als wir Menschen."

Damit war der Gesprächsfaden abgerissen und Cari wollte tief und etwas erleichtert durchatmen, doch dazu blieb ihm keine Zeit, denn Jamie stieß ihm plötzlich aufgeregt gegen die Schulter und ruckte mit dem Kopf noch etwas aufgeregter in die Richtung des Vogelpaares.

Cari sah, dass die beiden Wellensittiche mit Hingabe zu schnäbeln begonnen hatten, dabei vor Begeisterung hüpften und zuckten und gar nicht mehr aufhören wollten.

"Die küssen sich", sagte Jamie ganz leise. "Die sind richtig ineinander verliebt."

Cari meinte, die Hingerissenheit in Jamies Stimme herausgehört zu haben, und da war es wieder, dieses unerhörte Drücken hinter den Lidern, welchem er am liebsten entkommen wäre. Doch da er den Blick genau wie Jamie einfach nicht mehr von den Tierchen abwenden konnte, die sich ihrer Liebe hingaben, verschwand auch dieses ekelhafte Gefühl nicht mehr, welches ihm eine verschwommene Sicht bescherte. Erst, als ihm plötzlich bewusst wurde, dass er etwas zu nahe neben Jamie stand, denn ihre Handrücken hatten sich versehentlich berührt, kam er wieder etwas zu sich. Erschrocken wollte er etwas zur Seite weichen, doch da erkannte er, dass Jamie diese Berührung keineswegs für einen Zufall hielt, denn er hatte sie eindeutig wissentlich herbeigeführt.

Cari spürte Jamies Fingerspitzen, die über die Innenseite seiner Hand glitten, ganz sacht, suchend, bis sie schließlich die rechte Position fanden, um sich behutsam mit den Fingern des anderen zu verschränken.

In Cari explodierte in diesem Augenblick etwas, das zu schön war, um es fassen, ja um es schweigend aushalten zu können. Er hielt Jamies Hand, konzentrierte sich ganz fest auf dieses Gefühl, damit er sich für immer daran erinnern konnte, falls es sich um eine lediglich vorübergehende Überwältigung von Jamies Seite handeln sollte. Alles in ihm schrie, tobte und Sturzbäche aus Gänsehaut rannen über seinen Rücken, während sie nur dastanden und vollkommen ergriffen den Vögeln bei ihren innigen Schnäbeleien zuschauten, die so sehr den Zungenküssen der Menschen ähnelten.

 
 

*
 

 
 

Jamie ließ Caris Hand nicht mehr los. Nicht einmal an der Kasse hatte er diese Verbindung unterbrechen wollen, aber natürlich brauchte er beide Hände, um seine Brieftasche zu zücken und für seine neuen Freunde zu zahlen. Doch kaum dass das geschehen war, suchten seine Finger erneut Caris Hand, und so traten sie auch den Heimweg an, ungeachtet dessen, dass sie doofe Blicke ernten könnten für diese vertrauliche Geste. Womöglich hätten sie diese ohnehin nicht einmal bemerkt, zu beschäftigt waren sie mit ihren Gefühlen und Gedanken, die sie auf einmal überwältigt hatten. Für Cari gab es nichts anderes mehr als Jamie und seine Hoffnung, dass der andere ihn ganz genauso gern mochte wie er ihn. Dass es ihm vielleicht seit dem ersten Tag nicht anders als ihm ergangen war, er sich jedoch nicht getraut hatte, ihm seine wahren Gefühle zu gestehen, aus Angst, zurückgewiesen, ja ihre Freundschaft zerstören zu können. Denn Cari hatte sich selten etwas anmerken lassen, kaum Signale ausgesandt, die Jamie nicht hätte missverstehen können. Weil auch er Angst gehabt hatte. Doch nun, da war es ausgerechnet der Sänger gewesen, der den ersten Schritt gewagt hatte, den er hoffentlich genauso ernst meinte wie Cari.

 

"Wie wirst du die beiden nennen?", wollte der Schlagzeuger nach einer Weile des schweigenden Nebenherlaufens erfahren, um wieder etwas Normalität in ihr Verhalten zu bekommen. Und als Jamie ihm mit einem so vertraut wirkenden Blick ins Gesicht lächelte, da wusste er, dass der andere es ernst meinte, dass alles so war wie immer, nur noch viel schöner.

 

"Ich dachte, ich nenne sie Jamie und Cari", eröffnete der Sänger seinem Freund schließlich, was Cari zugleich die Bilder von den Vögeln zurück ins Gedächtnis rief; ihr zärtliches Geturtel, ihr liebevolles Gekraule und die nicht mehr enden wollenden Schnäbeleien, die ihnen ganz offensichtlich sehr gefallen hatten.

Und das sollten sie sein...

 

Cari konnte nicht mehr anders. Zu lange hatte er sich mit aller Macht zurückgehalten, zu lange seine Liebe schweigend ertragen, bis er beinahe an ihr erstickt wäre. Nun endlich konnte er Jamie so in den Armen halten, wie er es schon immer wollte, ihn mit seinem hingerissenen Blick mustern und ihm all die Küsse geben, die er ihm hatte schon all die Jahre zu geben gewünscht hatte.

Er konnte keinen einzigen Moment länger damit warten. Deswegen blieb er plötzlich stehen, zog den wenig überrascht dreinschauenden Jamie an sich und drückte ihm seine Lippen auf, immer und immer wieder, bis der andere in den Kuss zu lächeln begann und den Übermut seines Freundes in vollen Zügen genoss. Doch auf offener Straße wollte er sich diesem nicht vollständig hingeben.

"Die kleinen Jamie und Cari nehmen es uns sicher übel, wenn wir sie unnötig lange in der dunklen Schachtel lassen", meinte der Sänger, woraufhin Cari allerdings keinen Zentimeter von ihm wich und sein Gesicht dem anderen noch immer so nahe war, dass Jamie den Atem Caris auf seinen Lippen spüren konnte.

"Du hast recht", stimmte er ihm jedoch im nächsten Augenblick zu, ließ es sich aber dennoch nicht nehmen, Jamie noch einen stürmischen Kuss zukommen zu lassen, den dieser leise lachend erwiderte. Dann löste er sich allerdings schweren Herzens von seinem Freund, nahm wieder brav dessen Hand und machte sich noch braver an dessen Seite auf den Weg zu Jamies Wohnung.

 

"Die anderen kleinen Jamie und Cari nehmen es uns auch übel, wenn wir sie noch länger eingesperrt lassen...", fügte er später mit Unschuldsmine hinzu, in der allerdings ein gefährliches Funkeln lag, und Jamie bewies mit seinem breiten Grinsen, dass er in dieselbe Richtung dachte wie sein Freund...

Earth Shattering

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In Unison

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Background Music

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Wandering Hands

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Wedding Night

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Turn On Game

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Unforgettable Aroma

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Steamy Words

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Hard And Rough


 

Hard And Rough
 

 
 

 
 

Das Touren gehörte zum Leben eines Musikers wie sein Instrument oder seine Stimme. Die meisten Bands behaupteten sogar, das es für sie das geilste Gefühl auf der ganzen Welt war, Nacht für Nacht auf den Brettern dieser Welt zu stehen und hunderten oder gar tausenden von Menschen Energie zu geben, Energie und ganz große Emotionen.

Auch Jamie liebte dieses Leben, die Euphorie seiner Fans und die Möglichkeit, einfach mal die Sau herauslassen zu können, denn während eines Konzertes existierte die naturgegebene schwedische Schüchternheit nicht mehr, zunächst wegen dem Adrenalin, aber auch aufgrund des Alkohols, der selbst vor den Auftritten nicht fehlen durfte. Im Grunde soff die Band jeden Tag, und das nicht gerade in gesunden Ausmaßen. Doch sie waren jung, die wollten das Leben in vollen Zügen genießen und dachten nicht an das Morgen. Das Leben auf Tour mochte hart sein, doch es gab ihnen alles, was sie brauchten. Bis auf eine kleine Ausnahme.

 

Wahrscheinlich hätte Jamie sich nie dazu hinreißen gelassen, hätte er nicht bereits ein paar Promille intus gehabt. Natürlich, er war verzweifelt, äußerst verzweifelt, denn touren bedeutete immer auch sexuelle Abstinenz. Ihr alter Tourbus bot gerade mal den Bandmitgliedern und ein paar Leuten ihrer Crew Platz, und so mussten die Freundinnen der Jungs zu Hause bleiben und von dort aus sehnsüchtig auf ihre Rückkehr warten. Jamie und seine Jungs bezeichneten deswegen ihre Tourphase manchmal auch scherzhaft als die Zeit an der Front, und wenn man es sich recht überlegte, dann passte dieser Vergleich wie die Faust aufs Auge. Jeder Tag stellte einen neuen Kampf dar, doch glücklicherweise war es ein Kampf ohne Gegner und einer, der niemals mit einer Niederlage einherging. Es war hart und doch genau das, was Jamie gegen nichts auf der Welt eingetauscht hätte. Auch nicht in jener Nacht, die die zehnte in Folge darstellte, in der sie fernab von zu Hause ihre Musik präsentiert hatten.

Sister waren ein Band, die bisher noch keine allzu große Anhängerschaft um sich hatte scharen können, und so gestaltete es sich für die Jungs recht schwierig, ein williges Groupie ausfindig zu machen. Die Auswahl war einfach ziemlich gering für die, die keine Freundin zu Hause zurückgelassen hatten. Doch für jene, die vergeben waren, mutete es noch härter an. In ihnen allen mochte zwar ein Arschloch schlummern, jedoch hätte es sich niemand gewagt, sein Mädchen zu betrügen, nur, weil es zwischen den Beinen gar arg zwickte und zwackte. Hin und wieder erschien die Sünde schon ziemlich verlockend, besonders Jamie empfand dies so, doch wann immer er fast schwach werden wollte, stand Cari hinter ihm und hielt ihn mit mahnendem Gesicht von seinen Schandtaten ab. Dann verfluchte er seinen besten Freund, obwohl er genauso gut wie er wusste, dass die Frauen für ihn tabu waren und er mit seiner Hand vorlieb zu nehmen hatte. Oder mit sehnsüchtigen Texten, die er seiner Liebsten auch mal mitten in der Nacht zukommen ließ, wenn er mal wieder kein Auge zubekam.

Heute aber sollte nicht mal mehr eine eindeutige SMS genügen, um seine Gelüste darzustellen. Heute wollte, ja musste er ganz andere Geschütze auffahren. Und er schämte sich nicht einmal dafür, dazu war er ohnehin zu besoffen. Doch wenn man es sich recht überlegte, gab es auch keinen Grund für irgendwelche negativen Gefühle gegenüber sich selbst.

 

Ausnahmsweise hatten sie heute in einem Hotel eingecheckt, in welchem sogar jeder sein eigenes Zimmer besaß. Ein wahrer Luxus, wenn man bedachte, dass sie für gewöhnlich ein Dasein im stickigen Tourbus fristeten, der ihnen nur eine enge Koje bot.

Nur so war es Jamie möglich, das zu tun, was er tun musste. Er war allein, niemand würde ihn sehen und ihm dazwischenfunken.

Sonderlich gut kannte er sich nicht mit heißen Posen aus, die sich für die Präsentation eines Männerkörpers eigneten, das musste er zugeben. Als er sich komplett nackt gegen die weiße Tapete lehnte und einen Fuß gegen die Wand stemmte, vermutete er, unmännlich herüberzukommen, doch schlussendlich gab er einen Scheiß darauf und hob seinen Kopf etwas an, um genauso überlegen wie sinnlich in seine Handykamera zu schauen. Seine langen Haare fielen ihm harmonisch über seine etwas breiteren Schultern, reichten ihm teilweise bis hin zu seinen tätowierten Oberarmen. Dezent drückte er den Rücken durch, hob dadurch seinen wirklich sehr ansehnlichen Körper noch deutlicher hervor, seine Muskeln und seine helle Haut. Und als wäre das noch nicht genug, schob er sich seine Hand zwischen die Beine und verdeckte somit sein bestes Stück, denn er hatte mal gehört, dass erotische Fotos am heißesten waren, wenn man Raum für Fantasien ließ. Natürlich kannte seine Freundin sein Glied zur Genüge, aber so gefiel auch Jamie das Bild am besten. Die Läufe seiner Pistolentattoos waren nicht sichtbar. Die würde seine Süße erst wieder zu Gesicht bekommen, wenn sie in Fleisch und Blut vor ihm stand. Er sehnte sich so sehr nach ihrer ersten Nacht nach der langen Phase der Sehnsucht, und genau das teilte er seiner Freundin auch mit, nachdem er das Foto schließlich geschossen und es für ein paar Sekunden mit einem zufriedenen Grinsen begutachtet hatte.

 

"Ich vermiss dich, Baby. Dein Haar, deine Stimme, deinen Körper...du bist meine Sexbombe. ;) Kuss."

Es war ihm schwergefallen, diese wenigen Worte zu formulieren, denn er stand nicht sonderlich auf solche kitschigen Offenbarungen, dafür wusste er, dass Mädchen darauf abfuhren. So auch seine Freundin, die es immer sehr rührte, wenn er ihr sagte, was er an ihr schätzte und was sie für ihn war.

Um die in seinen Augen doch etwas peinlichen Sätze möglichst bald aus seinem Blickfeld zu verbannen, scrollte er hastig durch seine Kontakte und wählte schließlich den Namen seiner Freundin an. Caro. Doch Jamie sollte es eine Lehre sein, im betrunkenen Zustand solche Feinarbeit zu verrichten. Denn zu spät bemerkte er, dass er in der Zeile verrutscht war und das Bild an den Kontakt gesendet hatte, der direkt vor seiner Freundin aufgeführt war.

Cari.

Als ihm sein Fehler bewusst wurde, verkündete sein Mobiltelefon längst die erfolgreiche Sendung des Bildes.

"Scheiße", fluchte er fassungslos und starrte panisch auf das Display. Doch es war zu spät.

Ihm war, als würde er in ein tiefes Loch fallen.

 
 

*
 

 
 

Cari wunderte sich etwas, als sein Handy ihm mitteilte, dass er eine neue Nachricht empfangen hatte. Schließlich war es mitten in der Nacht und außer seiner Freundin kontaktierte ihn um die Uhrzeit niemand mehr. Da er allerdings erst vor wenigen Minuten mit Johanna telefoniert hatte, vermutete er, dass ihn irgendeine unbedeutende Werbung seines Anbieters erreicht hatte. Eigentlich wollte er das Gepiepe ignorieren, aber schließlich streckte er doch gequält den Arm aus, um sein Handy vom Nachtschränkchen zu holen. Kurz nachdem er die Schwärze auf dem Display weggewischt hatte und die Nachricht gut sichtbar vor seinen Augen erschien, wusste er, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.

 

Zunächst staunte er nicht schlecht, als er Jamies Foto begutachtete, denn damit hätte er ja nun wirklich nicht gerechnet, ganz und gar nicht. Doch als sich der erste, kleine Schreck gelegt hatte, machte sich ein dreckiges Grinsen auf seinem Gesicht breit. Warum schickte Jamie ihm denn solch ein nettes Bild, auf dem er splitterfasernackt vor einer weißen Wand posierte und anzüglich in die Kamera blickte? Nie hatte er irgendwelche Andeutungen gemacht, von wegen, er hätte solch ein reges Interesse an Cari. War er nun schon so verzweifelt, dass er selbst mit einem Mann vorlieb genommen hätte, um seine Triebe zu befriedigen? Cari wusste, dass Jamie sich nach Sex verzehrte, hatte er ihn doch oft genug von einem Fehltritt abgehalten, der in Richtung fremder Frauen zielte, doch nicht unbedingt deshalb, weil er sich so sehr um Jamies Beziehung sorgte. Viel mehr hatte Eigennutz dahintergesteckt, eine kleine, nagende Eifersucht, denn seit einiger Zeit musste Cari sich eingestehen, sich ein wenig in den schönen, wilden Sänger verguckt zu haben. Dieser schaffte es hin und wieder eben, selbst heterosexuellen Männern den Kopf zu verdrehen und sie dazu zu bringen, sich eine heiße Nacht mit ihm zu wünschen. Spätestens wenn man Jamie dabei zugesehen hatte, wie er sich auf den Brettern benahm, wie leidenschaftlich und gelöst, dann fragte man sich unwillkürlich, ob der attraktive Kerl genauso rabiat im Bett zugange war, ob er einem dort auch die Raubkatze machte, die einen fix und fertig zurückließ.

Cari hatte schon ziemlich oft darüber sinniert und erst vor ein paar Wochen hatte er sogar versucht, ein paar Informationen bezüglich Jamies Sexualverhalten aus dessen Freundin herauszukitzeln, doch vergebens. Nun aber meinte er, endlich die Antworten auf seine Fragen gefunden zu haben.

 

Es mochte Momente geben, in denen Jamie sich beinahe schüchtern und zurückhaltend benahm, nicht viel sprach und nachdenklich aus ihrem Busfenster starrte, das Gesicht tief in sein Palituch vergraben. Doch jeder Mensch besaß in Caris Augen zwei Seiten, und in Jamie schienen sich die Gegensätze nur so zu vereinen. Jamie war eine Rampensau, und als der Schlagzeuger den kleinen, beigefügten Text unter dem Bild las, fragte er sich ernsthaft, wer denn hier die Bezeichnung 'Sexbombe' verdiente. Natürlich war auch Cari absolut nicht von schlechten Eltern, und es hätte eher ihm ähnlich gesehen, sich so zu präsentieren, nackt und einladend, aber Jamie besaß wiederum komplett andere Reize als er. Einer davon war selbstverständlich sein langes, rabenschwarzes Haar, das Cari schon so manche süße Fantasie entlockt hatte, aber auch seine teilweise tätowierte Haut brachte den Schlagzeuger so manches Mal ins Schwitzen, genau wie die schön definierten Muskeln seines Bandkollegen. Das waren alles Dinge, die man nur zu gern einmal angefasst hätte, fest, wie ein Typ wie Cari es tat, nicht zart und zaghaft, denn das war ohnehin nicht das, wovon Cari glaubte, dass Jamie es mochte. Jamie war schließlich ein Kerl wie er, der sich manchmal sicherlich nach der härteren Gangart sehnte, welche er mit seiner Freundin wenn überhaupt nur in aktiver Art und Weise ausleben konnte. Dabei hätte es ihm in Caris Augen so verdammt gut zu Gesicht gestanden, unten zu liegen und mal ein paar ordentliche Manieren beigebracht zu bekommen.

Am liebsten hätte Cari ihm genau jetzt schon ein paar Backpfeifen verpasst, dafür, dass er sich ihm präsentierte wie eine Schlampe, schamlos und verzweifelt, bettelnd nach Sex und einem männlichen Körper. Es machte ihn einfach nur furchtbar scharf, wie der andere sich für die Kamera räkelte. Für die Kamera und für ihn. Und er besah Jamie gedanklich mit deftigen Flüchen, dafür, dass er die Hand auf einer Stelle liegen hatte, die Cari ganz besonders lecker an seinem Freund fand. Nur zu gerne hätte er die Läufe seiner Pistolen gesehen, sein Ding und all das, was der Schlagzeuger nur zu gerne einmal mit der Zunge verwöhnt hätte, immer dann, wann sie die Lust im besonderen Maße packte. Er hätte es Jamie gut gemacht, er wusste, wie ein ordentlicher Deep Throat ging und Jamie hätte bei ihm sicherlich so schnell abgespritzt wie bei seiner Freundin, besonders dann, wenn er so ausgehungert war wie jetzt.

 

Kurzerhand entschied Cari, Jamie nicht mehr mit seiner nagenden Sehnsucht allein zu lassen. Er sollte erfahren, dass Cari ihm das geben wollte, was er brauchte, dass eine wilde Nacht vor ihnen lag, in der sie sich lieben würden sie von Sinnen. Deswegen erhob er sich von seinem Bett, wieder hellwach und verließ sein Zimmer, wollte sich auf den Weg zu Jamie machen, der gleich im Raum neben ihm wohnte, doch so weit kam er gar nicht. Vor seiner Tür stand der Sänger und ließ ihm keine Zeit, irgendetwas zu sagen.

"Lösch dieses Bild", verlangte er eindringlich von seinem Freund und schien keinen Widerspruch zuzulassen. Seine Stimme klang sogar fast drohend, und Cari runzelte verwirrt die Stirn.

"Aber ich dachte -"

"Du löschst dieses verdammte Bild", unterbrach Jamie ihn noch ungehaltener und so laut, dass er fast schon schrie. "Lösch das Bild!"

Caris Hand wanderte zu seinem Handy, das in seiner Hosentasche steckte. Allerdings zog er es nicht heraus, sondern blickte Jamie weiterhin mit blasser Verständnislosigkeit in den Augen an.

"Hast du Angst, dass ich es rumzeige?", wollte er wissen und grinste schief. "Keine Angst, es bleibt dein und mein Geheimnis..."

Jamie schienen sichtlich die Worte in seiner Wut ausgegangen zu sein. Wie ein Fisch auf dem Trockenen schnappte er nach Luft, öffnete den Mund und schloss ihn wieder, lief dabei allerdings so rot an, wie Cari es noch nie gesehen hatte. Langsam machte er sich Sorgen...

"Hey, ganz ruhig", redete er also mit sanfter Stimme auf seinen Freund ein und streckte die Arme aus, um ihm seine Hände auf die Schultern zu legen, doch da wich Jamie wie vom Blitz getroffen zurück und starrte Cari aus seiner Entfernung von ein paar Schritten an, als wäre er ein wildes Tier, das man in einen Käfig sperren wollte.

"Fass mich nicht an", stammelte er und Cari glaubte, dass Jamie sogar zitterte. "Das...das Bild war...für meine Freundin...ich...hab nur...hab nur..."

Endlich kam Licht ins Dunkel. Nun erkannte Cari, warum Jamie sich so gebärdete. Weil er sich schämte. Weil in ihm der schüchterne Junge zum Vorschein gekommen war, der trotz seiner Losgelöstheit auf der Bühne immer ein Teil von ihm sein würde.

Die Gewissheit, dass das Foto gar nicht für Cari gedacht war, wurmte diesen natürlich schon ein wenig, aber im Moment hatte er andere Sorgen, als sich um sein Befinden zu kümmern. Denn schon im nächsten Augenblick stand Jamie wieder direkt vor ihm und - versuchte, Caris Handy aus dessen enger Hosentasche zu ziehen.

"Ey, was -"

"Du sollst das Bild löschen. Jetzt!", schrie der Sänger erneut, wobei seine Glieder so fahrig wurden, dass er es kaum schaffte, das Corpus Delicti in seinen Besitz zu bringen, zudem Cari auch noch leichte Gegenwehr an den Tag legte. Jamie in seiner Verzweiflung kämpfte erbittert gegen Caris Hände an und schaffte es irgendwann tatsächlich, sich das Mobiltelefon anzueignen. Zitternden Atems starrte er auf das Display und versuchte, die Tastensperre rabiat vom Display zu wischen, wurde aber immer nervöser und hektischer, als er bemerkte, dass er es nicht schaffte.

Cari wusste nicht, was er tun sollte, ob es besser war, Rikki zu Hilfe zu holen, um den kurz vor einem Nervenzusammenbruch stehenden Jamie zu beruhigen oder ob er einfach nur zusehen sollte, wie er vor seinen Augen fast den Verstand verlor. Am liebsten hätte er ihm erklärt, dass es überhaupt keinen Grund gab, sich so aufzuregen, dass sie das Ganze auch hätten ruhig klären können, doch er bekam den Mund nicht mehr auf. Jamies Verhalten erschreckte ihn zutiefst, und mittlerweile hatte er wirkliche Angst um seinen Freund. Diese allerdings zerschoss sich jäh, als ein Knall ertönte und Cari noch aus den Augenwinkeln sah, wie sein Handy von der Wand abprallte und ein Riss auf dem Display prangte.

 

"Du… du..."

Wut packte ihn, blinde Wut für diese Tat. Am liebsten hätte er Jamie alles Mögliche an den Kopf geworfen, doch selbst das brachte er nicht mehr heraus. Ungehalten schubste er den anderen anstatt beiseite, um sich dann nach seinem Handy zu bücken, obwohl er wusste, dass es dafür ohnehin keine Rettung mehr gab. Sein Mobiltelefon war zerstört, und damit auch das Nacktbild von Jamie.

"Da hast du ja, was du wolltest", sagte er in gefährlich ruhigem Ton und blickte zu dem Sänger auf, der neben ihm stand und sich nicht mehr rührte. "Toll gemacht. Und das nur wegen einem Foto, das auch keinen Weltuntergang bedeutet hätte. Im Gegenteil."

Er erhob sich und blickte Jamie mit mahlendem Kiefer direkt ins Gesicht.

"Sicherlich flippst du jetzt noch mal aus, wenn ich dir das sage, aber ich fand das Bild ziemlich scharf und wollte gerade zu dir rübergehen, um dich zu fragen, ob du poppen willst."

Doch Jamie stand noch immer da wie angewurzelt.

"Na los, klatsch mir eine. Oder verklopp mich am besten gleich. Hauptsache, du wirst wieder klar im Kopf. Das geht echt nicht mehr so weiter mit dir und deinen Hormonen. Deswegen bist du doch auch so ausgetickt, oder?"

"Du bist jetzt ganz schön sauer auf mich, mh?"

Das reichte Cari endgültig. Harsch umfasste er das Kinn seines Freundes und zwang ihn so dazu, ihm weiterhin in die Augen zu schauen und nicht schon wieder seinem Blick mit trotzigem Gesichtsausdruck auszuweichen. Denn nun zeigte sich statt der verzweifelten Wut Jamies eine ganz andere Seite dessen. Eine harte Verbitterung, allerdings auch eine ganz andere, böse, süßliche Facette.  Vor Cari stand kein schüchterner Junge mehr, ganz im Gegenteil. Vor Cari stand der Typ, der hart angefasst werden wollte, dem man ordentliche Manieren beibringen musste.

 

"Du hast meine Frage nicht beantwortet", zischte der Schlagzeuger, woraufhin Jamie dem Blick des anderen mit seinem eigenen, provokant funkelnden standhielt, ohne mit der Wimper zu zucken. "Aber weil ich grad Bock hab, dir das um die Ohren zu hauen: Stocksauer bin ich auf dich."

Er ließ Jamies Kinn los und verpasste ihm anstelle eine schallende Ohrfeige, nur um kurz darauf dafür zu sorgen, dass sie sich wieder anschauten, indem er sein Kinn erneut packte und rabiat herumriss.

"Für die Show, die du abgezogen hast, bekommst du noch eine Abreibung. Aber eine saftige..."

Jamies Mundwinkel zuckten. Cari hatte keine Ahnung, weshalb. Wahrscheinlich gefiel es ihm nun sogar, den anderen zur Weißglut zu treiben. Dieses perverse Luder. Und womöglich mochte er es genauso sehr, auf diese Art und Weise behandelt zu werden, wie Cari es handhabte. Doch bloße Ohrfeigen bändigten keinen aufmüpfigen, sich nach Sex verzehrenden Jungen. Da mussten schon stärkere Geschütze ausgefahren werden...

"Na los", forderte Cari ihn auf und ruckte provokant mit dem Kopf. "Hau drauf. Reagier dich ab. Lass uns das wie Kerle regeln."

Das war der Augenblick, in welchem die Stimmung jäh kippte. Nein, sie kippte nicht wirklich, aber sie entlud sich. Eine logische Konsequenz auf die ganze Szene folgte, und das war nicht etwa eine Schlägerei im Hotelflur. Jamie holte sich das, was er brauchte, holte es sich gierig und ungehalten, bedrängte Cari regelrecht mit seinen heißen Küssen und fordernden Händen, die sich unter das kurze, bauchfreie Shirt des anderen schlängelten und begehrlich die glatte Haut darunter begrabschten.

Und Cari stieg in das Spiel ein, war es doch genau das, was er sich in Wirklichkeit vorgestellt hatte, als er Jamie riet, sich an ihm abzureagieren. Hart schnappte er sich den Sänger, zerrte ihn in sein Zimmer und schmiss die Tür hinter sich zu. Im nächsten Augenblick presste er den anderen gegen die Wand und zerriss in seiner Leidenschaft das ohnehin schon in Fetzen am Körper Jamies hängende Shirt und warf die Überreste auf den Boden.

"Soll ich dich ficken? Ja? Ja?"

Jamie bekam kein Wort mehr heraus; anstelle nickte er nur eifrig und drängte sein Becken ungeduldig gegen das des anderen. Gänsehaut raste durch seinen Körper, über seine Arme, und Cari spürte sie, als er sein Baby anfasste, über die kleinen Härchen fuhr, die sich allesamt aufstellten. Dann küsste er ihn wieder, küsste sich über seine Halsbeuge und wanderte immer weiter abwärts, wobei Jamie ihn grob an den Haaren packte und die Augen schloss, um sich dem Beben in seinem Körper ungeniert hingeben zu können. Genüsslich leckte er sich über die Lippen, während Cari ihn aus seiner Hose befreite, aber kurz, bevor er sie ihm von den Hüften streifte, inne hielt und zu dem anderen aufschaute.

 

"So langsam glaube ich, dass das Foto doch für mich gedacht war", grinste er und fuhr verspielt mit den Fingerspitzen die Konturen der Pistolen nach. "Du bist echt noch verdorbener, als ich vermutet hätte."

Jamie gefielen diese Worte eindeutig, was das diabolische Grinsen verriet, das seine Lippen zierte, als Cari ihm die Hosen vom Leib zerrte und das zu sehen bekam, was das Foto vor Blicken verborgen hatte.

 

Wenn das Tourleben in Zukunft so aussehen würde, dann hatte er nichts dagegen, auch mal ein ganzes Jahr ununterbrochen on the Road zu verbringen. Oder wie sie es nannten: An der Front.

Im Schützengraben gibt es eben keine Heteros.

 

First Time Memories


 

First Time Memories
 

 
 

 
 

Die Frage, ob es denn Liebe auf den ersten Blick gibt, ist unter den meisten Menschen noch immer ungeklärt. Einige behaupten, sie existiere tatsächlich, hätten sie diese doch selbst getroffen, andere wiederum vertraten die Meinung, dass wahre, starke Gefühle Zeit benötigten, um zu voller Größe heranzureifen.

Auch Cari hatte keine feste Meinung zu dem Thema. Eines allerdings konnte er mit Sicherheit sagen: Falls die Liebe auf den ersten Blick nicht real war, dann aber allenfalls das Hingezogenheitsgefühl zu einem anderen Menschen, das einen innerhalb einer Sekunde überwältigen konnte.

Denn das, das hatte er am eigenen Leib erfahren dürfen.

 

Alles hatte mit dem Traum begonnen, aus seiner kleinen Schülerband ein ernsthaftes Projekt entstehen zu lassen. Rikki hatte seine Leidenschaft mit ihm geteilt, allerdings nicht ihr ehemaliger Sänger, der andere Pläne und gegensätzliche Vorstellungen von seiner Zukunft gehegt hatte. So also hatten sich ihre Wege getrennt, und sie standen als zwei Mann starke Truppe dar, was natürlich ein zu kleiner Kreis war, um eine Rockband ins Leben zu rufen, die sich an den coolen Glam Metal anlehnte, der in den 80s große Erfolge gefeiert hatte. Ohne einen Sänger wäre aber selbst in einer Boyband nichts gelaufen, in welcher die Mitglieder nur gut auszusehen hatten und die Fähigkeit besitzen sollten, ihren Arsch im Takt der Musik zu schwingen. Also musste ein Ersatz für ihren Aussteiger her, und Rikki hatte sofort erkannt, dass sich die Suche nach einem solchen als nicht gerade leicht herausstellen würden, kannten sie doch niemanden, der den Posten in ihrer Mitte hätte einnehmen wollen. Doch Cari hielt an seinen Träumen fest, gab nicht schon nach ein paar Konzertbesuchen auf, bei denen sie vergeblich potenziell geeignete Kandidaten inmitten der Zuschauermengen angesprochen hatten. Kein einziges Nein ließ ihn resigniert sein Vorhaben fallen lassen. Denn tief in sich drin wusste er, dass sie den Richtigen finden würden. Und er sollte Recht behalten.

 

Meist glückte eine Suche erst dann, wenn man gar nicht mit Erfolg rechnete. So auch an jenem Tag, an dem Rikki und Cari auf den Gig einer örtlichen Band ging, deren Namen sie noch nie gehört hatten. Allenfalls das Promofoto wirkte vielversprechend, wie Rikki seinem Kumpel mitgeteilt hatte, und Cari wäre der Letzte gewesen, der zu solch einem Event Nein gesagt hätte. Schließlich liebte er es bereits mit seinem zarten Alter von sechzehn Jahren, zu feiern und heimlich mal ein Bier zu kippen, wenn keine Erwachsenen anwesend waren. Zudem war die Musik schon seit er denken konnte sein Leben gewesen, und was gab es besseres, als diese Leidenschaft so oft wie möglich mit Gleichgesinnten zu teilen?

An diesem Abend hegte er keine Absichten. Er wollte lediglich Spaß haben, den Beat des Schlagzeugs fühlen, die Intensität des Basses und vielleicht hier und da ein paar hübsche Mädchen anbaggern, die sich als Groupies der spielenden Band zwischen die Fans gemengt hatten. Doch es sollte alles anders kommen. Es sollte Groupies geben, doch keine weiblichen. Der einzige weit und breit sollte männlich sein, blonde Haare besitzen und auf den Namen Cari hören.

 

Die beiden Freunde hatten sich einen Platz recht weit vorn an der Bühne gesichert, um eine gute Sicht auf das Geschehen auf den Brettern zu haben. Als die Scheinwerfer ausgingen und man die Bandmitglieder nach und nach die Bühne betreten sah, allerdings nur schemenhaft, nippte Cari gerade noch recht erwartungslos an seinem Mixgetränk, doch als der Sänger schließlich in das Licht trat und sich lachend hinter seinem Mikro positionierte, ganz vorne, fast direkt vor Cari, da verschluckte Letzterer sich so heftig, dass Rikki ihm Zu Hilfe kommen musste. Doch trotz seines Anfalls und den tränenden Augen schaffte er es nicht, die Blicke von der Person zu wenden, die das erste Lied anstimmte und mit Leidenschaft über die Bretter fegte, so, als wäre sie bereits seit Jahren im Geschäft und kein Anfänger.

Er wusste nicht so recht, was es war, das seine Aufmerksamkeit gefangen nahm, er wusste lediglich, dass sein Herz heftig zu klopfen begonnen hatte und er das pure Glück in seinem Körper rauschen spürte, wann immer der blonde Sänger besonders heftig die Sau heraus ließ, die Augen schloss und nur noch die Musik zu spüren schien.

Daran konnte Cari ableiten, dass sie auf einer Wellenlänge liegen mussten, dass sie ähnliches zu fühlen schienen, was die Klänge dieser wundervollen Musik anbelangte. Doch er hätte sich selbst belogen, hätte er gemeint, dass dies den Hauptgrund dafür dargestellt hätte, den Wirbelwind in ihre Band aufnehmen zu wollen. Tief in seinem Innersten wusste Cari schon nach ein paar Minuten, dass er diesen Jungen dort bei sich haben wollte, jeden Tag, um ihn anschauen zu können mit schmachtenden Blicken und sehnsüchtigen Gedanken. Das, was er empfand, war keine Liebe, aber es kam dieser sehr nahe. Zwischen ihnen schien sich eine schier magnetische Anziehungskraft aufgebaut zu haben, die nicht nur Cari spürte, wie dieser später feststellen sollte.

 

Cari hatte Rikki davon berichtet, dass dieser Kerl da wie gemacht für ihre Band war, dass sie ihn für sich gewinnen mussten, immer mit der leichten Angst, der Bassist hätte seine strahlenden Augen sehen oder seine brodelnde Leidenschaft aus seinen Worten heraushören können. Denn für ihn zählte nur noch eines: Den Sänger in ihre Band zu holen, koste es, was es wolle. Und wenn sie den restlichen Mitgliedern dafür Geld geben mussten. Im Nachhinein war Cari sich sicher, dass er alles dafür getan hätte, um ihre Band um dieses eine Mitglied zu erweitern. Um den Jungen mit den blonden Haaren, der ihn gefesselt hatte wie es kein Mädchen jemals zuvor gekonnt hatte.

 

Er hieß Jamie. Jamie Anderson, und er reichte Cari gar mit einem freundlichen Lächeln die Hand, als sie ihn nach der Show abfingen und unverhohlen ansprachen.

"Wir haben eine Band, und wir wollen, dass du unser Sänger wirst", war es Cari sofort herausgeplatzt, woraufhin Jamie zunächst nur vor Überraschung große Augen gemacht hatte.

"Aber ich spiele doch schon in einer Band", hatte er verwirrt erklärt, und Cari hatte ihn daraufhin mit solch einem flehenden, verzweifelten Blick in die Augen geschaut, dass Jamie plötzlich das spüren konnte, was auch in Cari vor sich ging. Mit einem Mal wusste er, dass dieser Junge, der da vor ihm stand, einfach nur wunderschön war mit seinem kindlichen Gesicht und den blonden, wuscheligen Haaren. Dessen graue Augen waren mit schwarzem Kajal umrandet, was sie noch eindringlicher wirken ließ, und prompt griff es mit solch einer überwältigenden Intensität nach Jamie, dass er nichts mehr lieber wollte, als diesem Jungen, den er überhaupt nicht kannte, nah zu sein, ganz nah, den Klang seiner Stimme hören wollte, sein Gesicht sehen, wie er lachte und wie er seinen Namen aussprach. Auch Jamie wusste nicht, wie das Wort lauten mochte für das, was er in diesem Moment empfand. Er wusste nur, dass er Cari nie wieder gehen lassen wollte. Dass er zu ihm gehörte. Dass er ihr Sänger war.

 

Erst ein paar Tage nach diesem Erlebnis feierten sie Jamies Einstand in einer Kneipe für Jugendliche, in welcher selbstverständlich - und zum Leidwesen von Cari - kein Alkohol ausgeschenkt wurde. Als Jamie ihm mit einem verlegenen Lächeln mitteilte, dass auch er gern hin und wieder einen kippte und dazu auch noch Caris liebstes Biermixgetränk bevorzugte, hatten sie sich mit funkelnden Augen angesehen, sekundenlang, so lange, bis Rikki sie unterbrochen hatte, weil er auf Jamie anstoßen wollte. Auf Jamie und ihre gemeinsame Band.

Doch schon nach ein paar Schlucken von dieser bittersüßen Cola war der quirlige Sänger aufgesprungen, hatte seinen neuen Freunden den Rücken zugewandt und war auf ein paar Mädchen zugegangen, die an der Bar standen und sich kichernd unterhielten. Cari hatte ihm dabei mit einem holen, dumpfen Gefühl in der Magengegend zugesehen, war aber selbstverständlich nicht eingeschritten. Schließlich stand es ihm nicht zu, irgendwelche Besitzansprüche gegenüber Jamie zu hegen. Sie waren nur Freunde, und das war in der Tat auch das, was Cari von Jamie wollte. Seine Freundschaft, aber auch seine Nähe. Und er hasste es von ganzem Herzen, dass Jamie drauf und dran war, eben diese diesem blonden Mädchen zu schenken, das ihn mit genau denselben Augen anschaute wie Cari es den ganzen Abend über getan hatte. Wahrscheinlich war, dass Jamie es bei ihm jedoch nicht bemerkt hatte, einfach, weil er sich nicht für Jungs interessierte. Und das, obwohl Cari davon überzeugt gewesen war, dass auch in Jamies Blick eine tiefe Sehnsucht gelegen hatte, als sie eine Gemeinsamkeit festgestellt hatten. Womöglich hatte er es sich aber nur eingebildet.

Er versuchte sich damit abzufinden, und er hatte es beinahe geschafft, als er später die Toilette aufsuchte, um sich ein wenig frisch zu machen. Doch bereits im Türrahmen blieb er wie angewurzelt stehen und starrte auf die Person, die vor ihm auf die Idee gekommen war, nach ihrem Make up zu schauen. Vor dem Spiegel stand Jamie und zog sich gerade hochkonzentriert seinen Lidstrich nach. Trotzdem hatte er Notiz von Cari genommen, der nach einem wie immer freundlichen Blick von Jamie endlich den Toilettenvorraum betrat und trotz aufgewühlter Unruhe im Bauch versuchte so zu tun, als wäre nichts. In seiner gespielten Normalität gesellte er sich zu ihm, blickte in den Spiegel, doch seine Augen wanderten ständig zu dem Abbild seines Nebenmannes, bis sie schließlich an einem Lippenstiftabdruck auf dessen Wange haften blieben.

 

"Du hast da was", machte er seinen Bandkollegen auf den roten Fleck aufmerksam und sofort reckte Jamie ein wenig seinen hübschen Kopf, um den kleinen Unfall mit einem Lächeln zur Kenntnis zu nehmen.

"Der ist von der Blonden", erklärte er versonnen, aber nicht ganz ohne stolz. "Die schien mich ziemlich gut gefunden zu haben."

Cari wollte davon eigentlich nichts hören, doch er konnte sich schlecht die Ohren zuhalten. Deswegen ermahnte er sich zu Tapferkeit und setzte ebenfalls ein Lächeln auf.

"Rikki hat auch schon mal mit nem Mädel rumgeknutscht...so richtig, mit Zunge und allem Drum und Dran..." Er wendete den Blick in den Spiegel und griff sich in seine Mähne. "Und hinterher hat er gegrinst wie ein verliebter Esel. So ein notgeiler Bock."

Doch Jamie schien an dieser Geschichte nicht sonderlich interessiert zu sein. Er fummelte anstelle an seinen Ohrringen herum und zupfte sich dann ein paar Strähnen ins Gesicht, ehe er wie beiläufig fragte: "Und du?"

Cari war sich zunächst nicht sicher, was sein Freund meinte.

"Was ist mit mir?"

Jamie schaute ihn nicht an, hatte nur Augen für sein Spiegelbild.

"Na, ob du schon mal geknutscht hast."

Nun verstand Cari. Seine Mundwinkel zuckten verheißungsvoll.

"Mh, hab ich schon..."

Prompt lösten sich Jamies Blicke von der verspiegelten Glasfläche und richteten sich eindringlich auf Cari. Zudem trat er einen Schritt auf den anderen zu, sodass Cari glaubte, das Herz rutschte ihm in die Hose.

"Gut, dann weißt du ja, wie das geht."

Und im nächsten Moment spürte er die Lippen seines Freundes auf den eigenen, nahm in seiner Ohnmacht wahr, wie er gegen die Fliesen gedrückt und von Jamie regelrecht überfordert wurde, von dessen gierigen Küssen, bis ihm bewusst wurde, was gerade vor sich ging. Erst dann legte er die Hände auf Jamies Wangen und küsste ihn zurück, ehe dieser glauben konnte, dass er es nicht mochte.

So verharrten sie eine halbe Ewigkeit, ignorierten die doofen Sprüche der anderen Jungs, die die Toilette aufsuchten und das versunken knutschende Paar mit abschätzigen Blicken musterten, Jamie sogar hin und wieder grob gegen die Schulter stießen, was allerdings weder ihn noch Cari zum Aufhören bewegen konnte.

Endlich, endlich waren sie dem anderen nah, zum ersten Mal konnten sie den Jungen spüren, der ihn ihnen Gefühle geweckt hatte, die ihnen keine Ruhe mehr gelassen hatten.

Doch auch wenn Cari geglaubt hatte, dass nun alles gut war, dass Jamie solch intimen Momente nur noch mit ihm teilen wollte, so kam es anders. Jamie schien der Kuss zwar ohne Frage genauso viel Spaß gemacht zu haben wie dem Schlagzeuger, aber womöglich hatte er es nur als Spiel betrachtet, als nichts, dem eine Ernsthaftigkeit zugrunde lag. Das war das, was Cari ganz genau wusste, als Jamie ihm ein paar Wochen später etwas offenbarte, das sich für den Drummer anfühlte wie ein Schlag ins Gesicht.

 

Es mutete nicht verwunderlich an, dass die Mädchen sich für Jamie interessierten, von ihm fasziniert waren, schließlich spielte er in einer Band, besaß Charisma und eine ausgeprägte Rockstarattitüde, obwohl er genau wie Cari gerade mal sechzehn war. Seine Berufung als Frauenheld war somit geradezu vorprogrammiert, und so staunte Cari noch nicht einmal, als Jamie ihm an einem Abend, den sie nur zu zweit bei Cari und mit ein paar Bieren verbrachten, mitteilte, dass er seit ein paar Tagen eine Freundin hatte. Und trotzdem tat es weh, das zu hören, trotzdem fühlte Cari sich, als hätte man ihm einen Teil seiner selbst geraubt. Doch das wollte und konnte er Jamie nicht sagen. Er behielt es einmal mehr tapfer für sich und machte anstelle den Vorschlag, auf Jamies Glück anzustoßen, was dieser auch guthieß, allerdings erst nach einem kurzen Zögern, das Cari nicht entgangen war.

"Ist was?", hakte er sofort nach, beinahe fürsorglich, woraufhin Jamie etwas ratlos die Schultern zuckte.

"Irgendwie...na, ja, irgendwie hab ich bisschen...Schiss", verriet er seinem Freund daraufhin und musterte konzentriert seine Schuhe. "Chrissie ist schließlich schon achtzehn, und sie hatte schon Sex...im Gegensatz zu mir."

Cari war, als würde in ihm etwas aufblühen. Warum, das konnte er sich selbst nicht erklären. Darüber, dass Jamie noch Jungfrau sein könnte, hatte er sich nie Gedanken gemacht. Wahrscheinlich, weil er angenommen hatte, dass der andere bereits sehr früh erste Erfahrungen gesammelt hatte, womöglich schon mit dreizehn oder vierzehn. Dass dem nicht so war, das freute ihn irgendwie.

 

Vertraulich rückte er näher zu Jamie heran und legte ihm behutsam eine Hand auf das Knie, was der andere gewähren ließ. Sorge sprach dafür aus Jamies Blick, welchen er nun in Caris Gesicht gerichtet hatte.

"Du brauchst dir keine Gedanken machen", sprach er seinem Freund gut zu. "Rikki ist auch noch Jungfrau. Und...ich auch. Wir haben doch Zeit..."

"Na, aber...", fiel Jamie ihm ins Wort. "Was, wenn sie schon morgen ankommt und mir sagt, dass sie mit mir schlafen möchte?"

Angespannt zupfte er an seinem Shirt herum.

"Ich hab doch nur Schiss, dass ich mich anstelle wie der letzte Idiot..."

"Ach, das wirst du nicht." Cari fasste sich ein Herz und streichelte mit den Fingerknöcheln sanft über die Wange des anderen, was dieser mit gesenktem Blick über sich ergehen ließ. Doch plötzlich schaute er Cari wieder an.

"Wenn ich jemanden hätte, mit dem ich das alles ganz unverbindlich ausprobieren könnte...das wäre..."

Er hielt inne. Sie blickten sich fest an. Jamie erkannte, was er da gesagt hatte. Und auch Cari hatte verstanden.

 

Es war eine Mainacht, in der sie sie sich gegenseitig zu Männern gemacht hatten.

Cari mochte vielleicht in seiner körperlichen Entwicklung noch nicht so weit wie Jamie sein, wirkte er kleiner, zierlicher und kindlicher, doch trotzdem fühlte es sich für beide einfach natürlicher an, Cari die Rolle des Aktiven zuzuteilen. Genauso natürlich, wie es sich anfühlte, den Körper des jeweils anderen Stück für Stück zu entblößen, die freigewordene Haut mit Küssen zu übersähen und sich sogar an Stellen zu berühren, die besonders bei Teenagerjungs sehr empfindlich waren. Sie zogen sich aus, schmiegten sich aneinander und rieben ihre Körper rhythmisch gegeneinander, bis es ihnen fast kam, nur um in diesem Moment fast erschrocken inne zu halten, denn es war noch immer ein Kerl, der ihnen diese wahnsinnig schönen Gefühle entlockte, dem sie beinahe ihren Höhepunkt geschenkt hätten. Doch auf der anderen Seite wollten sie nichts lieber, als sich fallen zu lassen, in der Gewissheit, dass sie ihr erstes Mal miteinander erlebten und nicht mit irgendwelchen Mädchen. Es fühlte sich so gut und richtig an, das zu tun, so gut, dass sie die rasende Lust um jeden Preis in noch höhere Sphären treiben wollten. Und sie wussten gleichermaßen, wie das zu bewerkstelligen war.

Sie nahmen sich gegenseitig jede Angst, denn sie spürten, dass sie dem anderen vertrauten konnten, dass ein potenzielles Versagen keine Konsequenzen mit sich gezogen hätte. Keiner musste sich vor dem anderen schämen, weder wegen seiner körperlichen Eigenheiten oder der Beschaffenheit seiner Männlichkeit. Sie mussten sich nur in die Augen blicken, um sich mitzuteilen, dass sie sich wunderschön fanden, genau so, wie sie waren und dass sie sich in dieser Nacht derart zueinander hingezogen fühlten, dass sie miteinander verschmelzen wollten. Das, was am ersten Tag noch als kleiner, süßer Funken in ihrer Brust geschwelt hatte, hatte sich zu einem Monstrum ausgewachsen, das sich nach Futter sehnte. Und sie gaben ihm das, was es brauchte.

 

Sie stellten sich etwas ungeschickt an, natürlich taten sie das. Besonders Cari hatte mit sich zu kämpfen, und es gelang ihm nicht so recht, in Jamie zu bleiben. Immer wieder rutschte er hinaus, fädelte dann wieder mühsam ein und Jamie klagte seinerseits nicht nur einmal über Schmerzen, da sie sich nicht getraut hatten, ihn ordentlich mit den Fingern vorzubereiten. Immer wieder fragte Cari ihn besorgt, ob sie denn nicht besser aufhören sollten, doch dann schüttelte Jamie hastig mit dem Kopf und zog seinen Freund ganz dicht auf sich, um ihm das Wertvollste ins Ohr zu flüstern, was dieser je gehört hatte.

"Mach bitte weiter. Es ist so schön, nur deine Nähe spüren zu können."

Und genau deshalb verwandelte sich ihr erster Sex in ein wunderschönes, ganz besonderes Erlebnis, das sie beide nie mehr vergessen hatten. Die Erinnerungen daran würden sie für immer in ihren Herzen tragen, auch wenn sie sich nach diesem Abenteuer nie wieder so nahe gekommen waren. Sie mochten sich verändert haben, sowohl äußerlich wie auch innerlich, aber etwas war ihnen geblieben. Etwas, das sie aus dieser Mainacht mitgenommen hatten. Etwas, das nur ihnen gehörte.

 
 

*
 

 

Über die Jahre hatte Jamie sich von dem blonden Engel zu einem schwarzen Prinzen gemausert, einem Kind Luzifers, und Cari sah man schon bald auf den ersten Blick an, dass in ihm eine wilde Drecksau schlummerte. Vom dem süßen Jungen mit den hellen Haaren war nichts mehr übrig geblieben.

Als sie Jahre später in einer erneuten Mainacht beieinander saßen, ihren Verlobten gegenüber, erinnerte nichts mehr an die Persönlichkeiten, die sie mit sechzehn besessen hatten. Man erkannte sie kaum wieder, und wann immer Cari seiner Freundin das erste Promofoto mit Jamie zeigte, auf dem er besitzergreifend die Hand auf dessen Schulter gelegt und dabei der Kamera den Stinkefinger gezeigt hatte, fragte diese mehrfach verwundert nach, ob das wirklich ihr Freund war. Und Cari konnte nur jedes Mal mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen nicken.

Ja, das war er. Zwei Tage nach seinem ersten Mal.

 

Keiner aus der Runde schien zu wissen, wie sie auf dieses Thema gekommen waren. Und doch tauschten sich ihre Mädels gerade sehr offen über ihren ersten Sex aus, lästerten über die unsensiblen Kerle, die sie so mechanisch bearbeitet hatten wie einen Gegenstand und ihnen somit ein grässliches Erlebnis bereitet hatten.

"Der wusste noch nicht mal, wie man ein Kondom benutzt", schüttelte Jamies Freundin ihren Kopf und hielt ihre Zigarette über den Aschenbecher, um ein wenig Asche abzuklopfen.

"Sei froh, dass er überhaupt eins dabei hatte", warf Caris Liebste ein. "Ich kann von Glück reden, dass ich noch nicht gleich schwanger war. Man, was war ich dumm..."

Seufzend zog sie die Augenbrauen hoch, warf dann aber plötzlich ihrem Freund einen Blick zu.

"Und bei euch? Du hast mir noch nie erzählt, wie dein erstes Mal war."

"Ja, raus mit der Sprache!", verlangte auch Jamies Freundin mit neugierigem Blick. "Wart ihr auch solche von der Sorte, die ein gefühlloses Raus und Rein veranstaltet haben?"

Doch die andere stieß ihr gegen die Schulter.

"Ach, Kerle sind doch immer von sich überzeugt..."

Kichernd steckten sie ihre Köpfe zusammen, doch noch ehe sie weiter lästern konnten, hob Cari selbstbewusst das Kinn und begann zu sprechen.

"Mein erstes Mal war auch nicht perfekt. Aber es hätte trotzdem nicht schöner sein können."

Womöglich verrieten Jamies vor Schreck aufgerissene Augen bereits viel zu viel, und gleichzeitig fühlte er sich berufen, auch irgendetwas zu sagen, doch noch ehe er den Mund aufmachen konnte, ergriff seine Freundin das Wort.

"Und hat deine Partnerin das auch so gesehen?", wendete sie sich spitz an Cari, der nur breit grinste und nickte.

"Sie fand es ganz genauso schön wie ich. Das hat sie mir gesagt..."

Verstohlen linste er in Jamies Richtung und griff verdeckt vom Tisch nach dessen Hand, deren Finger er unbemerkt von ihren Freundinnen mit seinen verschränkte.

Einfach, weil er nie aufgehört hatte, Jamie nah sein zu wollen. Weil er noch immer dieselben Gefühle hegte wie bei ihrer ersten Begegnung.

Und weil er aus Jamies Blicken viel zu oft gelesen hatte, dass sein Freund ganz genauso empfand wie er.

 

Heated Tension


 

Heated Tension
 

 
 

 
 

Es gestaltete sich allzu oft als ziemlich kompliziert, neue Dinge zu erlernen. Besonders dann, wenn sich bereits nach wenigen Versuchen herausstellte, dass man absolut talentfrei zu sein schien. Dann wurde man die Angelegenheit besonders schnell leid, wovon Jamie an diesem Tag ein klägliches Lied singen zu singen wusste.

Gequält stand er in seinen dicken Anorak gehüllt vor dem Abhang, der ins Tal führte und stocherte mit den ollen Skistöcken im Schnee umher, zeichnete unbestimmte Muster und wünschte sich, diese leidvollen Stunden bei seiner und Caris Freundin in dem kleinen Gasthaus auf dem Berggipfel zu verbringen. Doch anstelle hatte sein bester Kumpel ihn dazu verdonnert, das Skifahren zu lernen. Als er ein paar Tage zuvor herausgefunden hatte, dass Jamie sich noch nie in diesem Wintersport versucht hatte, schien in ihm ein lehrerhafter Ehrgeiz erwacht zu sein. Damals hatte Jamie allerdings noch vermutet, sich irgendwie davor drücken zu können, empfand er Skifahren nicht als sonderlich reizvoll, doch da hatte er sich gewaltig geirrt. Cari beobachtete jeden seiner unbeholfenen Schritte auf seinen verlängerten Füßen und bewertete jede noch so kleine Bewegung, die Jamie in seinen Augen noch verbessern musste.

Nach der zehnten Maßregelung war er es leid gewesen. Und nun stand er hier, vollkommen unglücklich und gleichermaßen gelangweilt. Sein Blick wanderte nicht einmal die Abfahrt hinab ins Tal. Denn diese konnte ihn mal am Arsch lecken. Genau wie Cari, der einmal mehr auf seinen eigenen Skiern auf ihn zuwatete und ihn einmal mehr mit seinen Anweisungen nervte. Und Jamie sah keinen anderen Weg, als diese über sich ergehen zu lassen.

 

"Du darfst nächstes Mal nicht stocksteif auf den Dingern stehen bleiben", vernahm er die Stimme seines Freundes. "Wo ist denn da die Windschnittigkeit? Außerdem kannst du auf diese Art und Weise keine Balance halten und fällst früher oder später auf die Fresse."

Cari konnte natürlich nicht sehen, wie er mit den Augen rollte und ihm eine Grimasse schnitt, denn er hatte sein Gesicht abgewandt und starrte verbissen in den Schnee. Alles war besser als nun auch noch diesem Kerl, den er gar nicht wiedererkannte, Aufmerksamkeit zu schenken. Immer wieder fragte er sich, ob das wirklich sein bester Freund war, der ihn da so triezte.

"Ja, ja, Thrill Instructor", murmelte er angepisst vor sich hin, was Cari jedoch nicht gehört zu haben schien. Denn unbeirrt fuhr er mit seinen guten Ratschlägen fort.

"Außerdem musst du die Füße leicht nach innen drehen", meinte er und baute sich neben Jamie auf, um ihm die richtige Haltung zu demonstrieren. Dieser aber zog wieder nur eine Fresse und spielte mit dem Gedanken, Cari seinen Skistock über den Schädel zu ziehen, in der Hoffnung, dass er dann wieder klar tickte und nicht so eine Scheiße laberte. In Ruhe lassen sollte er ihn, ein Bier mit ihm trinken gehen. Aber ihm nicht wie einem kleinen Kind das Laufen beibringen. So hatte der Sänger sich Urlaub nicht vorgestellt. Wenn er das gewusst hätte, hätte er seine Ferien nur mit seiner Freundin am Mittelmeer verbracht und Cari zu Hause gelassen.

 

"Du siehst übrigens komplett scheiße aus in diesen Klamotten", keifte Jamie, der Cari keine Sekunde lang zugehört hatte. Angesprochener hielt prompt in seinem Redefluss inne und blickte ihn ernst an.

"Du müsstest dich mal sehen, wie du beim Skifahren aussiehst", gab er zurück. "Wie eine Ente bei Glatteis."

"Aber dir stehen Wintersachen nicht."

Cari lachte auf.

"Ach, soll ich mich nur für dich ausziehen und dann nackt den Berg herunterfahren? Das würde dir gefallen, mh?"

"Laber nicht, Kackspaten."

Jamie war, als hätte man ihn bei irgendetwas Unflätigem ertappt. Vielleicht schämte er sich aber nur ein wenig für Caris spitzen Kommentar. Natürlich wollte er nicht, dass sein Freund sich auszog und dann in diesem Zustand dem Wintersport nachging. Die bloße Vorstellung, Cari würde ihm den nackten Sportlehrer machen, war äußerst seltsam und ziemlich peinlich. Gleichzeitig spürte Jamie jedoch, wie er auf einmal gar nicht mehr so erbärmlich fror. Na ja, wären hier nicht noch zig andere Gäste anwesend gewesen, dann hätte man eventuell darüber nachdenken können...

 

"Für den Kackspaten fährst du jetzt ab. Los."

Gequält seufzte Jamie auf und zog sein jämmerlichstes Gesicht, doch Cari schien keine Gnade zu kennen, was seine fest blickenden Augen suggerierten.

"Dämlicher Sadist", fluchte Jamie. Ob Cari seine Beschimpfungen dieses Mal vernommen hatte, würde er nicht erfahren, denn längst hatte er sich abgestoßen und schlitterte über den holprigen Hügel in Richtung Tal.

Große Mühe hatte er, das Gleichgewicht zu halten, es glich einem ständigen Kampf, in der Vertikalen zu bleiben und nicht der Schwerkraft nachzugeben. Er versuchte sogar krampfhaft, Caris Tipps zu beherzigen, doch der andere hatte gut reden. Immer wieder geriet er in Schieflage und benutzte seine Arme unbeholfen zum balancieren, was ohne Frage sehr bescheuert aussah. Hätten sie nicht lieber Schlitten fahren können? Das hätte sich bedeutend einfacher gestaltet und womöglich hätte er dabei viel mehr Spaß mit seinem Freund gehabt. Denn eigentlich hatte er sich auf den gemeinsamen Urlaub gefreut, bot er doch die Chance, sich mit Cari im Schnee zu balgen, ihn einzuseifen und Schneeballschlachten gegen ihn auszutragen. Das wäre zudem förderlich für ihre Freundschaft gewesen. Aber nicht solch ein straffes Programm, das endgültig seinen Tribut fordern sollte.

 

Zu spät erkannte Jamie die Biegung, die nur noch wenige Meter vor ihm lag. Doch auch wenn er sie eher gesehen hätte, Lenken hätte er in seinem Ungeschick erst recht nicht können. Als er verzweifelt in seinem Kopf kramte, um eine Lösung für das Problem auszugraben, war es bereits zu spät. Gnadenlos fiel er auf die Fresse, konnte den Sturz gerade noch so mit den Händen abfangen, denn er hatte rechtzeitig die Stöcke weggeworfen. So hatte sein Gesicht nichts abbekommen, dafür aber zog sich ein dumpfer Schmerz durch seine Hüfte.

Noch ehe er irgendwelche Flüche loslassen konnte, spürte er, wie ihn jemand an der Schulter berührte und kurz darauf erschien das besorgte Gesicht einer Frau vor seiner Nase.

"Alles in Ordnung?", fragte sie, woraufhin Jamie angespannt nickte. Wahrscheinlich hatte er sich nicht mehr als eine Prellung zugezogen, dennoch schmerzte sein Hüftknochen ziemlich stark und erschwerte das Sortieren seiner verlängerten Füße noch zusätzlich. Mit der Hilfe der Frau rappelte er sich allerdings mühsam auf und stand schließlich wieder auf zwei Beinen, als er eine vertraute Stimme hinter sich vernahm.

"Danke. Er gehört zu mir. Ich kümmere mich um ihn."

Hände packten ihn an den Oberarmen und schließlich widmete Cari sich ganz ihm.

"Was machst du denn, du verdammter Idiot?", schimpfte er ihn aus, doch im nächsten Moment gewann seine Stimme etwas an Weichheit und Sorge. "Gehts dir gut? Kannst du laufen?"

"Nicht mit diesen Dingern", murmelte Jamie, woraufhin Cari ihm zugleich zu Hilfe eilte und seine Füße aus den Skiern befreite. Anschließend schulterte er die Bretter und bot Jamie an, sich auf ihn zu stützen, während sie zum Skilift stapften.

"Hast du dich wirklich verletzt oder tust du nur wehleidig, weil du keine Lust mehr hast?"

Langsam aber sicher platzte Jamie vor Wut der Kragen. Ständig musste er sich diese Schikanen anhören. Er war es leid, er wollte seiner Freundin von seinem Kummer berichten und im gleichen Zug Caris Freundin mitteilen, dass diese ihrem Typen eine deftige Abreibung für sein mieses Verhalten verpassen sollte. Doch nichts von alledem sollte in naher Zukunft geschehen.

 

"Mir tut die Hüfte weh", erklärte Jamie so gefasst wie möglich und bewies seinen Schmerz eindrücklich, indem er noch etwas mehr humpelte. Doch Cari, der Eisklotz, schien davon überhaupt keine Notiz zu nehmen.

"Ich guck mir das in der Hütte mal an", sagte er nur beiläufig und zog Jamie weiter. "Und für heute machen wir halt Schluss mit Skifahren. Freut dich das?"

Jamie schwieg eisern. Er konnte sich nichts Besseres vorstellen, als endlich ins Warme zu kommen, sich aus den dicken Sachen zu schälen und den restlichen Tag mit Alkohol und dem öden Fernsehprogramm zu verbringen. Zum Glück wohnten sie gleich neben der kleinen Kneipe auf dem Gipfel; jedes Pärchen hatte dort zudem sein kleines, aber feines Zimmerchen mit rustikaler Ausstattung und sogar einer Minibar. In der letzten Nacht hatte Jamie Cari und seiner Holden beim Poppen zuhören müssen, und wahrscheinlich war er deswegen noch schlechter gelaunt. Nicht unbedingt, weil er deshalb erst sehr spät Schlaf gefunden hatte, sondern weil er einfach nur wütend auf seinen Freund war, dass dieser sich nicht hatte ein wenig beherrschen können. Aber im Grunde waren sie beide gleichermaßen giftig, und das, obwohl Cari eigentlich keinen Grund für schlechte Laune hätte haben dürfen.

 
 

*
 

 
 

"Warum hast du mich eigentlich nicht im Schnee sterben lassen?"

Jamie saß auf seinem Bett, hatte die lästigen Winterklamotten mit Caris Hilfe abgestreift und musste nun erstmal eine rauchen, um seine Nerven etwas zu beruhigen. Cari derweil zog sich gerade seine Mütze vom Kopf und präsentierte sein wirres, elektrisch aufgeladenes Haar, dessen Anblick Jamie gegen seinen Willen zum Lachen brachte.

"Die Frau sah jedenfalls viel netter aus als du", fuhr er fort, als der andere nichts sagte. "Mit der wäre ich ehrlich gesagt lieber mitgegangen als mit dir. Du bist grob und streng und ein sadistischer Arsch. Die Tante hätte mich bestimmt nach Strich und Faden verwöhnt und bedient. Und was machst du?"

"Ich guck mir jetzt deine Hüfte an", erwiderte Cari trocken und kniete schon Sekunden später zwischen den Beinen seines Freundes, was dieser etwas perplex zur Kenntnis nahm. Damit hätte er nach dieser Tirade nicht mehr gerechnet. Viel mehr hatte er geglaubt, dass Cari ihn spätestens nun seinem Schicksal überließ, sich nicht mehr um ihn gekümmert hätte, auch wenn er bereits im Sterben gelegen hätte. Doch dem war nicht so. Deshalb guckte Jamie wohl ein wenig zu verwundert direkt in Caris Gesicht, das ihm von unten her einen auffordernden Blick zuwarf.

"Du musst schon deine Hose ein bisschen herunterziehen", seufzte der Schlagzeuger ungeduldig, woraufhin Jamie ihn gedanklich erneut mit ein paar bösen Worten besah, die er allerdings für sich behielt. Anstelle öffnete er entschlossen seine Hose und zog sie samt seiner Unterhose so weit nach unten, bis man neben seinem geschundenen Hüftknochen auch ein Stück seiner Pistolentattoos erkennen konnte. Besonders dann, als er auch noch sein Shirt raffte und den Bauch entblößte. Cari sollte ruhig eindrucksvoll vor Augen geführt werden, was er Jamie mit seinem sadistischen Programm angetan hatte. Aber dieser schien nicht einmal Mitleid für ihn zu haben, was sein breites Grinsen suggerierte und die nicht gerade sanfte Berührung, die er der geröteten Stelle auf Jamies Hüfte zuteil werden ließ.

"Aua, du Arsch!", schimpfte Jamie herzhaft und zuckte zurück. Doch selbst davon ließ Cari sich nicht beeindrucken.

"Ach, ist nur ein kleiner Bluterguss", gab er sein ärztliches Urteil ab. "Sieht fast aus wie ein Knutschfleck."

Provokant blickte er Jamie ins Gesicht; seine Augen schienen zu funkeln.

"Warum hast du dich lieber in den Schnee geschmissen, als mich zu fragen, ob ich dir nicht einen mache?"

"Weil du doof bist. Weil du mich umbringen wolltest." Bitter zog Jamie an seiner Zigarette. Die Knutschfleckanspielung allerdings war nicht ohne Folgen an ihm vorübergezogen. Ein leichter Schauer war über seine Arme gehuscht, als Cari diese pikanten Worte ausgesprochen hatte. Auch wenn er seinen Freund im Moment nicht wirklich leiden konnte, so mochte sein Körper ihn dennoch recht gerne. Und dagegen konnte er nichts tun. "Meine Freundin wird nicht erfreut sein, wenn ich ihr erzähle, was du mit mir gemacht hast."

"Klar, ich wollte dich in Wirklichkeit ja auch aus der Bahn räumen, damit ich sie mir auch noch schnappen kann", ärgerte Cari seinen Freund und lachte laut auf, während er vor Jamies Schlägen in Richtung Minibar flüchtete.

"Du bist so ein blöder Affe!", beschimpfte Jamie ihn lautstark, doch Cari kramte längst in der Bar.

"Gibs zu, du stehst drauf, wenn ich dich ärgere. Arschlöcher sind begehrt. Bei Frauen, aber auch bei Männern..."

Dazu gab Jamie keinen Kommentar ab. Ein Nein, aber erst Recht ein Ja wäre zu heikel gewesen. Zumal wusste er im Moment nicht wirklich, was er von Cari halten sollte. Einerseits hätte er ihn am liebsten auf den Mond geschossen, andererseits hätte er ihn nun am liebsten auf die Matratze gepinnt und so lange gekitzelt, bis er versprochen hätte, dass er Jamie nie wieder so übel mitspielen wollte. Ja, letzteres klang in der Tat sehr verlockend. Aber erstens war Cari kaum kitzlig und zweitens war Jamie viel zu verletzt um sich seinen Freund zu schnappen und ihm eine Abreibung zu verpassen. Deswegen blieb er einfach sitzen und wartete darauf, ob Cari sich nun doch noch dazu entschied, seine Wunde zu versorgen oder sich nun endgültig mit einem Bier in der Hand in sein eigenes Zimmer verzog. Im Grunde hatte er mit zweiter Option gerechnet, doch er sollte nicht schlecht staunen, als Cari sich wieder zwischen seine Beine hockte, ein kleines Schälchen mit Wasser und Eiswürfeln in der Hand haltend.

 

"Wenn wir es gleich kühlen, dann wird es nicht dick", erklärte Cari und fischte einen der Würfel aus der Flüssigkeit, was Jamie große Augen machen ließ.

"Nein, du alter Foltermeister, du wirst doch nicht-"

Doch seine Proteste kamen zu spät. Schon zuckte Jamie zusammen, als die Kälte in seine Haut stach. Der Reiz mochte zwar seine Lebensgeister wecken, doch gleichzeitig hoffte er, dass Cari sofort wieder damit aufhörte. Würde er eben einen dicken, fetten Bluterguss als Andenken an diesen verflixten Tag davontragen. Aber auf Kälte reagierte er empfindlich. Um ehrlich zu sein hasste er sie.

Cari hatte nur ein verschmitztes Grinsen und leises Lachen für ihn und seine heftige Reaktion übrig. Kurz nahm er den Würfel weg und schleckte ihn lüstern ab, küsste ihn hingerissen.

"Das gefällt dir, mh?"

"Hör auf", forderte Jamie jedoch nur wenig eindringlich, spürend, wie er fast den Verstand verlor, als Cari sich zu sein paar hektischen Zungenspielchen mit dem Eiswürfel hinreißen ließ. Mit einem Mal wusste er nicht mehr so recht, ob Cari wirklich aufhören sollte. Auf eine Art hatte ihn bereits dieser klitzekleine Kontakt verrückt gemacht, auf der anderen Seite wollte er nicht noch ärger von Cari gequält werden. Einfach, weil dieser es so sehr genoss. Doch gleichzeitig fand er genau daran ziemlichen Gefallen. Und deshalb versuchte er sich etwas besser unter Kontrolle zu halten, als das kalte Eis ein weiteres Mal seine Haut küsste.

Hart presste er die Lippen aufeinander, denn er spürte, dass ihm längst ein Stöhnen in der Kehle saß, das er Cari aber um keinen Preis der Welt schenken wollte. Er hatte es sich nicht verdient. Erst recht nicht, als er den Eiswürfel langsam bewegte, ein unbestimmtes Muster auf Jamies Unterleib zeichnete, das aus einer feuchten Spur bestand. Getrieben bewegte Jamie sein Becken, räkelte sich mittlerweile regelrecht auf dem Bett und hatte seine Zigarette ganz vergessen, die im Aschenbecher vor sich hin loderte. Verzweifelt versuchte er Halt in dem Laken unter sich zu finden, zuckte auf, entspannte sich wieder, versteifte seinen Körper, während er nicht mehr leugnen konnte, dass es ihn anmachte, Cari so nah vor seinem Schritt zu wissen und sich gleichzeitig in dessen Hände begeben zu müssen. Wahrscheinlich war es nur natürlich, dass zwei Freunde, die derart attraktiv waren, ein paar Fantasien voneinander hegten, auch wenn sie eigentlich nicht auf Männer standen. Dass Caris Fantasien ziemlich schmutzig sein mussten, bekam Jamie am eigenen Leib zu spüren. Sein Freund entlockte ihm ein Verhalten, das an Erregung erinnerte, und ja, es war auch eine Form von Erregung, die Jamie im Augenblick erfuhr. Aber nicht nur er begann langsam aber sicher unruhig zu werden. Cari stand ihm in nichts nach. Schließlich hatte er die köstliche, tätowierte Haut seines Freundes vor sich, über die aufgrund des kleines Eiswürfels hin und wieder ein paar Tropfen rannen, die er nach einigem Zögern schließlich wegleckte, seine Zunge über die rasierte Haut gleiten ließ, ehe sie unter den Bund von Jamies Unterhose huschen konnten.

Der Gegensatz von eisiger Kälte und brennender Wärme ließ Jamie den Kopf hin und her schlagen. Spätestens nun, wo Cari auch noch seine Zunge einsetzte, die Tropfen des geschmolzenen Eiswürfels, den er kurz zuvor über den Bauch des anderen hatte gleiten lassen, aus seinem Nabel trank und schließlich tiefer wanderte, direkt zu seinem Schambereich, die Umrisse seiner Pistolen mit der Zungenspitze nachzeichnete, da spürte Jamie die heiße Lust in seinen Lenden lodern. Verdammt ja, es war einfach nur furchtbar geil, so von seinem Freund verwöhnt zu werden! Jeden Zentimeter verfolgte er so konzentriert wie begierig, den Cari seine Hosen und Unterhosen weiter nach unten zog und wie somit immer mehr von seiner bloßen Haut freigelegt wurde. Der Schlagzeuger schien ebenfalls mehr zu wollen und Jamie eine kleine Entschuldigung für den miesen Tag zukommen lassen. Grinsend verteilte er Küsse auf der freigewordenen Haut, strich begehrlich mit dem Finger darüber und setzte noch einmal den Eiswürfel an, der sofort eine kleine Spur aus Wasser freisetzte, einen vorwitzigen Tropfen, der kühl Jamies empfindlichste Körperstelle kitzelte.

Und Cari folgte ihm prompt. Diesen Genuss wollte er nicht allein dem geschmolzenen Eis erlauben, das auf Jamies heißer Haut nur so zerging. Noch ehe der Sänger es sich versehen konnte, hing der Bund seiner Hosen in seinen Kniekehlen und präsentierte Cari all das, auf was er nun solchen Appetit hatte.

"Weißt du, was sofort jeden Schmerz lindert, egal ob seelischen oder körperlichen?", raunte Cari mit schiefgelegtem Kopf. Doch gerade, als Jamie zu einer Antwort ansetzten wollte, atmete er anstelle befreit auf, denn Cari ließ längst Taten sprechen.

Angetan stieß Jamies Zunge gegen seine Oberlippe, während er die heißen Liebkosungen seines Freundes empfing und er die Unruhe in seinem Körper aufwallen spürte, die ihn voll und ganz für die fiesen Taten Caris entschädigte.

 

Wenn es in solch einer leidenschaftlichen Entschuldigung mündete, dann wünschte Jamie sich schon beinahe, dass sein bester Freund ihn auch in Zukunft ein bisschen quälte, dachte er, während er fasziniert feststellte, was für eine Hitze solch ein kleines Stück Eis erzeugen konnte.

 

Naughty Punishment

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Skillful Touch

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Buried Deep

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

By Candle Light


 

By Candle Light
 

 
 

 
 

Jamie hatte ja schon fast so etwas wie Verständnis dafür, dass sein bester Freund alles tat, um ihm über seinen noch frischen Schmerz hinwegzuhelfen. Natürlich war er selbst der Meinung, kein Kindermädchen zu benötigen, das ihm kaum eine Minute nur mit sich und seinen Gedanken vergönnte und ihm jegliche Arbeit im Haushalt abnahm, damit er sich wieder auf die schönen Dinge des Lebens fokussieren konnte. Selbstverständlich hatte es was, den ganzen Tag herumsitzen zu können und ein paar Akkorde aus der Klampfe zu prügeln, während man von vorne bis hinten bedient wurde, und im Grunde war Caris Gegenwart tatsächlich eine, die Jamie sehr schätzte. Er empfand es sogar als in Ordnung, dass der Schlagzeuger sich von heute auf morgen bei ihm einquartiert hatte, wahrscheinlich, weil er fürchtete, Jamie sei seit dem einschneidensten Ereignis der letzten Wochen akut selbstmordgefährdet.

Über all dies lies sich hinwegsehen. Aber wenn Cari den Vogel derart abschoss wie an diesem Abend, da krachte selbst dem abgebrühten Jamie die Kinnlade auf den Boden und wart nicht mehr reparabel.

 

Jamie hatte regelrecht dafür gekämpft, die Erlaubnis zum Einkaufen zu bekommen, denn wenn man seit Tagen nur in der Bude hockte und die stickige Zimmerluft einatmete, die nun noch stickiger anmute, da Caris Furze ebenfalls im Raum herumschwebten, konnte man schon leicht die Krise bekommen. Also hatte er Cari bekniet und angefleht, wenigstens zum Supermarkt um die Ecke gehen zu dürfen und seine strikte Erholungsphase kurz zu unterbrechen. Die bösen Menschen würden ihn schon nicht gleich umbringen oder sein angeschlagenes Gemüt noch weiter verletzen. Cari sollte endlich raffen, dass er hart im Nehmen war und ebenso ein Meister im Verdrängen. Er merkte schon von selbst, wenn ihn jemand nicht verdiente und weinte dieser Person keine Träne hinterher. Obwohl es schon seltsam war, plötzlich jeden Morgen ohne den Menschen aufzuwachen, der einen über Monate hinweg begleitet hatte. Cari wusste natürlich, wie sich das anfühlte, war seine letzte Trennung doch sehr schmerzhaft und mit vielen aufwühlenden Gefühlen verbunden gewesen. Seitdem hatte er nie wieder ein Auge auf ein Mädchen geworfen, zumindest nicht mit der Aussicht auf eine Beziehung, die über eine obligatorische Nacht hinausging. Wahrscheinlich machte er es richtig, überlegte Jamie, während er den Beutel mit den eingekauften Lebensmittel die letzte Stufe hinaufhievte und schließlich die Türe aufschloss, nichts ahnend und nichts erwartend. Dass Cari ihn mit einer äußerst seltsamen Überraschung begrüßen sollte, konnte ja keiner riechen. Obwohl, Jamie konnte es in der Tat längst erschnuppern, als er im Flur stand. Und der Duft stammte nicht etwa von ein paar besonders deftigen Furzen seines selbsternannten Kindermädchens sondern von etwas wirklich Leckerem. Es roch nach Essen. Nach Gebratenem. Obwohl Cari nicht gerade für seine Kochkünste berühmt war, schien er sich während Jamies Abwesenheit mächtig ins Zeug gelegt zu haben. Auf jeden Fall würde Jamie das Zubereitete nicht von Haus aus verschmähen, hatte er doch mächtig Hunger mitgebracht. Sogar so viel, dass er seine Einkäufe ganz schnell vergaß und nicht umhin konnte, einen neugierigen Blick in die Küche zu werfen, in welcher Cari noch geschäftig und sogar mit vorgebundener Schürze am Herd werkelte. Doch auch wenn bereits dies gewöhnungsbedürftig und sogar witzig anmutete, so stellte dies längst nicht das dar, was Jamie regelrecht die Sprache verschlug. Der Esstisch war nämlich vornehm dekoriert, mit weißer Tischdecke, edel aussehenden Tellern (Jamie hatte gar nicht gewusst, dass er solch ein Geschirr besaß) und bauchigen Weingläsern. Als Krönung des Ganzen fand sich in der Mitte eine Vase mit ein paar Blumen darin, deren Namen Jamie nicht kannte. Und er wollte sie auch gar nicht kennen. Er machte sich nämlich nichts aus Blumen. Rosen kannte er, für ihn waren allerdings alle roten Blumen Rosen. Da das Gemüse in der Vase jedoch weiße Blüten aufwies, war Jamie sich sicher, dass es sich nicht um Rosen handeln konnte. Das wäre ja auch noch schöner gewesen; Cari begrüßt ihn mit roten Rosen und fällt vor ihm auf die Knie. Urplötzlich hielt Jamie die Luft an und starrte zu dem ihn noch nicht bemerkt habenden Cari hin. Oje, was, wenn dieser aber doch derartiges im Schilde führte? Was, wenn er etwas von ihm wollte? Schließlich muteten die Kerzen, die der Schlagzeuger nun entzündete, äußerst verdächtig an. Verdammt, seit wann bereitete man seinem besten Kumpel ein regelrechtes Candle-Light-Dinner?

Eine Antwort auf diese Frage sollte Jamie noch nicht in seinem Kopf finden, blieb ihm doch keine Zeit, weiterhin über die Beweggründe seines Freundes nachzudenken. Denn dieser hatte ihn schließlich entdeckt und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, noch immer eine Kerze in der Hand haltend.

"Och nö, Jamie, noch nicht gucken! Kusch, kusch!"

"Ich bin kein Huhn, das du damit verscheuchen kannst", gab Jamie ernst zurück und blieb extra noch provokant im Türrahmen stehen, Cari intensiv musternd. "Pass auf, dass du dir nicht deine zarten Fingerchen verbrennst."

Mit der entzündeten Kerze fuchtelte der andere herum.

"Ach, Quatsch, ich bin hart im - au!"

Jamie war sich ziemlich sicher, dass ein flüssiger Wachstropfen durch die zu heftigen Bewegungen auf Caris Hand herabgefallen war. Eilig flüchtete er nun zum Waschbecken und kühlte seine frische Wunde. Allerdings ohne Kerze in der Hand. Die hatte er endlich wieder an seinen Platz zurückgestellt, wo Jamie erst sie und dann Caris entzückenden Rücken eingehend beäugte.

"Ich bin auch hart im au", meinte er schließlich und verschränkte die Arme vor der Brust. "Solch einen Aufwand hättest du nicht betreiben müssen, nur um mich zu fragen, ob ich dich heiraten will."

Jamie war, als zuckte Cari zusammen. Zu sehr hätte ihn der Gesichtsausdruck seines Freundes auf diese offensive Vermutung hin interessiert, doch Cari schien noch immer sehr beschäftigt mit sich und seiner Hand.

"Ich mach dir doch keinen Heiratsantrag...", murmelte er letzten Endes, während er sich besonders sorgfältig die Hände an einem Geschirrtuch abtrocknete.

"Okay, dann willst du mir also ein Fickangebot unterbreiten", mutmaßte Jamie trocken, diese Feststellung natürlich nicht ernst meinend. Deshalb wechselte er auch so abrupt das Thema. "Mein Gott, soll ich pusten?"

Daraufhin wirbelte selbst Cari herum und starrte Jamie aus fassungslosen, großen Augen an.

"Was?"

Jamie aber deutete nur mit dem Kinn auf seine noch immer etwas gerötete Hand.

"Dort", fügte er an, seine Mundwinkel allerdings begannen dezent zu zucken. "Was dachtest du denn?"

Diese Frage wollte Cari augenscheinlich nicht beantworten. Viel lieber flüchtete er sich in die weiteren Vorbereitungen des Abendessens, während Jamie allmählich Spaß daran fand, seinen Freund etwas zu ärgern. Das musste er nun über sich ergehen lassen, schließlich benahm er sich Jamie gegenüber oft ebenfalls recht kumpelhaft-arschig, also stellte dies lediglich ausgleichende Gerechtigkeit dar. Und wenn der andere gedacht hätte, dass Jamie fertig mit seinen Ausführungen war, dann hatte er sich geschnitten.

"Für ein Fickangebot hätte mir aber auch weniger Dramatik und Feierlichkeit genügt." Langsam durchschritt der langhaarige Sänger den Raum, pfriemelte an den Blütenblättern der Blumen herum und begradigte eine leichte Falte in der Tischdecke. "Es ist ja ganz süß, aber du vergisst anscheinend, dass ich kein Mädchen bin."

"Wie hätte mir das entgehen können..."

Vorwitzig trat Jamie direkt hinter seinen Freund, der gerade einen Salat mit Öl anrichtete.

"Nun, es ist ja nicht so, als würde ich dir rund um die Uhr meinen Schwanz um die Ohren hauen." Inzwischen drohte das Grinsen Jamies Gesicht zu sprengen. "Vielleicht sollte ich aber genau das tun, damit du kapierst, wie männlich ich wirklich bin."

Mit einem Mal drehte Cari sich zu Jamie herum, nicht sonderlich erstaunt darüber, dass Jamie kaum noch Abstand zu ihm gewährte. Doch nun blitzte auch in seinen Augen etwas auf, das einen schäbigen Gedanken verriet.

"Da fragt man sich echt, wer hier wem gerade ein feierliches Fickangebot unterbreitet." Da es aber eindeutig zu riskant angemutet hätte, diese Aussage so im Raum stehen zu lassen, deutete Cari schnell auf den Tisch. "Setz dich schon mal hin, ich tafel gleich auf."

 

Jamie tat wie ihm befohlen, sogar ohne irgendeinen weiteren blöden Kommentar. Mit einem Mal war seine Fähigkeit, dumme Witze zu reißen, verblasst und er wusste nicht einmal so genau, warum. Womöglich hatte er sich leicht vor sich selbst erschrocken, als er Cari diese eindeutige Sache mit seiner Männlichkeit an den Kopf geworfen hatte. Aber es war ihm einfach so über die Lippen gekommen, und im ersten Moment hatte er es auch noch für ziemlich intelligent gehalten. Dass der andere seinen Spruch aber vielleicht nicht als Witz auslegte sondern für bitteren Ernst hielt, darüber hatte er im vornherein nicht nachgedacht. Natürlich, sie tätigten hin und wieder ein paar sexuelle Anspielungen, wie beste Freunde es eben handhabten, aber seit Cari ihm ein Candle-Light-Dinner bereitet hatte, war er sich über nichts mehr im Klaren.

 

"Die Hähnchenkeulen müssen noch etwas", erklärte Cari, der gerade jedem von ihnen eine große Portion Salat auf den Teller hob, die Jamie aber noch nicht gleich anrührte, sondern argwöhnisch begutachtete. Genau wie die Weinflasche, mit der sein Freund anschließend auftauchte.

"Für mich bitte etwas Härteres", forderte Jamie prompt und hielt die Hand auf sein Glas, als Cari drauf und dran war, ihm einzuschenken. "So einen Scheiß trink ich nicht. Wir haben noch Jack da, der ist-"

Doch Cari lächelte ihm verheißungsvoll zu und schenkte ihm dennoch etwas von seinem Rotwein ein.

"Kennst du das nicht? In vino veritas. Im Wein liegt die Wahrheit."

"Welche Wahrheit?", hakte Jamie leicht verunsichert nach. "Willst du mir meine Zukunft mit einer Kugel vorhersagen? Oh, ich kann dir gleich sagen, in drei Jahren bin ich der König der Welt."

"Klar, Jamie", nickte Cari leicht amüsiert wirkend und zog seinen Stuhl zurück, um schließlich auf ebendiesem Platz zu nehmen. "Wäre dir König von Schweden nicht genug?"

"Niemals, alle Jungfrauen sollen mir gehören", entgegnete Jamie so trocken wie eh und je, während er mit der Gabel geschäftig in seinem Salat herumstocherte. "Eine Wahrheit hab ich übrigens gerade eben nicht im Wein, sondern im Salat gefunden."

"Und die wäre?"

"Salat besitzt so viele Nährstoffe wie eine Papierserviette. Wusstest du das?"

Cari dachte jedoch nicht daran, darauf einzugehen.

"Ich habe auch eine Wahrheit gefunden", meinte er, woraufhin Jamie ihn nicht ganz ohne Neugierde musterte. "Du warst mit blonden Haaren, rotem Lippenstift und diesen silbernen Armreifen auch immer ganz süß gewesen."

"Und genau deswegen hab ich meinen Style geändert!" Jamie wirkte ganz aufgebracht, zeigte direkt auf Cari, dabei mit vollen Backen seinen Papierserviettensalat zermahlend. "Weil ich es gehasst habe, süß zu sein."

"Aber deine schwarzen Haare und sein Klamottenstil sind auch richtig sexy."

"So soll das ja auch sein, sexy ist gut!", kam es zufrieden von Jamie, allerdings richtete er seine Blicke nun wieder auf Cari. Aber nicht nur auf dessen Gesicht, sondern insbesondere auf dessen Oberkörper, der wie so oft von einem recht abgenutzten Muskelshirt mit äußerst großen Armausschnitten geschmückt wurde, die viel Haut sehen ließen, wenn man von der Seite hineinlinste. "Aber du solltest dich vielleicht zuerst selber angucken. Wer präsentiert sich denn auf der Bühne die meiste Zeit oben ohne? Mh?"

"Ach, gefällt dir das?"

Cari kam nicht umhin, ein kleines, diebisches Grinsen über sein Gesicht huschen zu lassen. Im Wein schien ja tatsächlich die Wahrheit zu liegen, so viel, wie Jamie gerade an Geheimnissen über sich preisgab. Doch Jamie wäre nicht Jamie gewesen, hätte er nicht versucht, seinen Kopf noch im letzten Moment aus der Schlinge zu ziehen. Denn er hatte bemerkt, dass er gerade Dinge ausplauderte, die schnell falsch ausgelegt werden konnten.

"Ob gefallen oder nicht, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass du einen guten Körper besitzt."

Allmählich wurde es Jamie ein wenig warm um den Kopf herum. Hach, scheiße, was laberte er da nur? Wahrscheinlich hatte ihm die Trennung von seiner Freundin doch stärker zugesetzt, als er vermutet hätte. Irgendetwas lief da in seiner Birne nicht mehr ganz rund. Eindeutig. Ganz zur Freude von Cari, der schon lange auf eine Gelegenheit gewartet hatte, seinem Freund näher zu kommen. Natürlich nur ganz unverbindlich, es sollte sich nur um ein wenig Spaß handeln, den er eben mit diesem Abendessen schön einzuleiten gedacht hatte. Jamie würde die Abwechslung auch gut tun. Sicherlich grübelte er noch oft darüber nach, was er in seiner zerbrochenen Beziehung falsch gemacht hatte, doch wenn er einmal bemerkte, dass auch andere Mütter Kinder hatten, die es ihm gut besorgten, dann würde sich seine Laune schnell bessern. Davon war Cari überzeugt. Und er schreckte nicht davor zurück, in die von Jamie vorgegebene Richtung weiterzugehen.

 

"Ich kann mich für dich ausziehen, wenn du das willst. Jetzt und hier..."

"Boah, du Sau", entkam es Jamie prompt recht halbherzig, dafür aber mit äußerst heftig klopfendem Herzen, während er gebannt zu seinem Freund emporblickte, der aufgestanden war und dieses unwiderstehliche Cari-Grinsen grinste. Der Schlagzeuger wusste eindeutig um seinen Sexappeal, präsentierte sich nur zu gerne und mimte den coolen Macker, indem er Jamie kokett zuzwinkerte und dabei mit der Zunge schnalzte. Da konnte man schon mal weiche Knie bekommen, auch wenn man sich eigentlich nichts aus Männern machte. Cari, der war einfach heiß, das hatte sich selbst Jamie hin und wieder eingestehen müssen. Die Ausstrahlung kombiniert mit dem Aussehen seines Freundes war einfach nur ein diabolischer Cocktail und der Beweis für ihn, dass er aufgrund des offensichtlichen Fickangebotes nur so verstört reagiert hatte, weil er es partout nicht hätte abschlagen können. All die Tage, in denen Cari nur mit einem Handtuch bekleidet aus seinem Badezimmer gekommen war und auch keine Skrupel davor gehabt hatte, es direkt vor Jamies Augen fallen zu lassen, hatten ihren Tribut gefordert. Schon deswegen hatte Jamie kaum mehr Gelegenheit gehabt, über seine verflossene Liebe nachzudenken. Und jetzt, wo Cari abermals seine Hüllen fallen ließ - natürlich nicht alle - war seine Birne viel zu matschig, um über irgendwelche negativen Dinge zu sinnieren. Als der irre Typ mit dem Undercut auch noch begann, seine Hüften kreisen zu lassen, während er sein Shirt über höher über seinen angedeuteten Sixpack zog, reichte es Jamie endgültig. Viel zu flau wurde ihm im Magen und auch in seinem restlichen Körper, während er kaum noch durch seine glasigen Augen blicken konnte.

"Hör auf, ich will heute noch was essen können", beschwerte er sich und beschloss, nicht länger hinzusehen, sondern lieber seinen weniger aufregend anmutenden Salat anzustarren.

"So, wird dir etwa so schlecht, wenn du mich siehst?"

Cari wusste, dass er das Zepter endlich an sich gerissen hatte. Der freche, vorlaute Jamie von vorhin war auf einmal ganz kleinlaut geworden, während Cari alle Trümpfe in der Hand hielt. Also war sein bester Freund doch nicht ganz so uninteressiert an ihm, wie er vielleicht hätte sein wollen. Er hatte die Zeichen doch richtig gedeutet. Blicke logen nicht, und Jamies Blicke waren eindeutig gewesen, wann immer er sich vor ihm entblößt hatte. Nein, bloße beste Freunde ohne irgendwelche Zusätze schauten sich mit Sicherheit nicht so sehnsüchtig an. Lange genug hatte er Zeit gehabt, um Jamie auszutesten, ihn in den Wahnsinn zu treiben mit anzüglichen Sprüchen und obszönen Gesten. Und jedes Mal hatte Jamie entweder verdruckst reagiert oder war in ein deftiges Wortgefecht eingestiegen, was mehr als nur zweideutige Anspielungen beinhaltet hatte. Manches ging eindeutig als Dirty Talking durch, genau wie das Gespräch, das sie jetzt mehr oder minder führten. Jamie blieb ihm noch eine Antwort schuldig. Sehr zum Bedauern von Cari, der nur zu gerne gehört hätte, wie Jamie ihm offenbarte, dass er nichts mehr essen konnte, weil er mit einem Mal nur noch Appetit auf seinen schönen Freund besaß. Doch momentan forderte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit.

Jamie schaute von seinem Teller auf und schnüffelte angestrengt in der Luft.

"Was stinkt hier so?", wollte er schließlich wissen und rümpfte die Nase. Cari unterdessen konnte sich seine freche Erwiderung einfach nicht verkneifen, auch wenn mit dieser endgültig jeglicher erotische Touch aus der Atmosphäre verbannt wurde.

"Du Sau wirst geschissen haben", beschuldigte er Jamie. "Gibs doch zu."

Im Grunde hatte er erwartet, dass Jamie ihm nun einen ebenso fiesen Spruch entgegenschmetterte, doch der blieb aus.

"Nee, das riecht...verbrannt. Hattest du nicht-"

"Was im Ofen", ergänzte Cari, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Alarmiert hechtete er zum Herd, um die Ofenluke zu öffnen und die kohleschwarzen Hähnchenkeulen herauszuziehen.

"Na lecker, Cari", beschwerte Jamie sich angewidert, so wie er einen Blick auf ihre verdorbene Mahlzeit erhaschte. "Nur, weil du über deinen niederen Triebe alles vergessen hast. Das kannst du alleine essen."

"Du hast auch alles vergessen", verteidigte Cari sich prompt. "Das hat mir aber ausnahmsweise nicht der Wein verraten, sondern dein entrückter Blick."

Jamie schwieg, ob beleidigt oder sich schlichtweg ertappt fühlend konnte man nicht so recht sagen. Cari hakte auch nicht weiter nach, sondern machte sich daran, das angebrannte Essen zu entsorgen. Derweil fand allerdings Jamie seine Sprache wieder.

"Hoffentlich hast du noch einen Nachtisch in Petto", murrte er wenig angetan, und er sollte gleich noch ärgerlicher werden.

"Eigentlich nicht", offenbarte Cari ihm. "Ich hatte geplant, dass wir unseren Nachtisch im Schlafzimmer zu uns nehmen."

"Ah nee, ich hasse Eiweißshakes als Dessert."

"Tust du nicht. Du wirst damit vorlieb nehmen müssen." Ein Grinsen huschte über das Gesicht des Schlagzeugers, während sein Blick auf die zahlreichen Kerzen im Raum fiel. "Wir könnten vorher höchstens noch ein kleines Wachsspielchen einschieben..."

Doch Jamie ließ sich davon nicht beeindrucken.

"Man hat ja vorhin schon gesehen, wie sehr dich das angetörnt hat."

"Vielleicht bist du aber härter im Nehmen als ich."

"Na, das sowieso."

Natürlich schmeckte Cari dieser Kommentar nicht sonderlich, wurde damit doch seine Männlichkeit untergraben. Allerdings fielen ihm nun ein paar sehr kluge Dinge ein, die er Jamie vortrug, als er direkt vor diesem an der Küchentheke lehnte, selbstverständlich nach wie vor oberkörperfrei.

"Aber ein Gutes hats", behauptete er schlichtweg. "Jetzt, wo du nichts mehr essen musst, kannst du mich auch weiterhin anschauen. Und ich erlaubte dir hiermit ganz offiziell, dass du mir nun eindrücklich deine Männlichkeit beweisen darfst."

Kaum hatte er dies ausgesprochen, fiel er vor Jamie auf die Knie und griff sich dessen Hand. Der Sänger war daraufhin so perplex, dass er keinen Ton herausbekam, sondern nur verblüfft in die hellen Augen seines Freundes schauten, die vor Schalk nur so funkelten.

"Jamie Anderson", begann er schließlich feierlich. Die Schatten, die das Kerzenlicht verursachte, huschten über sein Antlitz und sorgten dafür, dass Jamie es nun fast tatsächlich mit der Angst zu tun bekam. "Willst du mich...ficken?"

Augenblicklich fiel jegliche Anspannung von Jamies Schultern. Erleichtert atmete er aus und lachte befreit auf.

"Du Arsch, ich dachte wirklich, du machst mir einen Heiratsantrag!", schimpfte er und schlug unter Glucksen nach Caris Kopf, welcher ihm aber jedes Mal gekonnt auswich. Dieser verdammte Schlingel! Was bildete er sich ein, Jamie solch einen Schreck einzujagen?

"Du hättest doch sowieso Ja gesagt", feixte Cari, während er noch immer den Kopf einzog, allerdings hin und wieder verstohlen zu Jamie hinaufblinzelte. "Ich weiß genau, dass du mich liebst."

"Ach, fick dich doch", fluchte Jamie, der aufstehen wollte, allerdings Caris Hand spürte, die sich um sein Handgelenk geschlossen hatte und ihn somit inne halten ließ. Wieder trafen sich ihre Blicke und Jamie konnte schon im Voraus beurteilen, dass Cari ihm nun etwas sehr Schmutziges sagen würde. Denn auch die Augen des Schlagzeugers verrieten mehr, als dieser je vermutet hätte.

"Nein, ich fick dich", raunte er schließlich mit seiner tiefen, begehrenden Stimme, erhob sich und zog Jamie am Arm hinter sich her, sodass dem anderen keine Chance blieb, ihm zu entkommen. Doch um ehrlich zu sein hatte der Sänger das auch nicht vorgehabt.

So ein Eiweißshake als Hauptmahlzeit und Nachtisch zugleich konnte schließlich nicht ganz verkehrt sein. Und im Gegensatz zu Salat besaß dieser sogar ein paar lebenswichtige Nährstoffe...

Paper Thin Walls


 

Paper Thin Walls
 

 
 

 
 

Selbstverständlich hatte weder Tim noch Rikki etwas dagegen, dass Jamie und Cari sich so sehr mochten. Ganz im Gegenteil sogar. Die Harmonie, die tagsüber von ihnen ausging mutete wesentlich besser an als ein etwaiges, ewiges Gestreite.

Doch sobald es in der Heide dunkelte und man sich zur Ruhe legen wollte, dann schien von der Ausgeglichenheit der beiden Herren nicht mehr viel übrig zu sein. Sie mochten sich noch immer, keine Frage, aber sie mochten sich ein wenig zu laut für Tims und Rikkis Geschmack.

Sie hatten es bereits für ein großes Glück gehalten, die Nacht ausnahmsweise in einem Hotel verbringen zu dürfen, und dies auch noch auf zwei Zimmer verteilt. Die Frage, wer mit wem ein Doppelbett teilen wollte, hatte sich natürlich gar nicht erst gestellt. Jamie und Cari hatten schließlich schon lange auf eine Gelegenheit gewartet, um ungestört miteinander schlafen zu können. Dass sich diese ihnen nun bot, mochte sie zwar freuen, aber der Meinung waren nicht alle Bandmitglieder, schienen die weißen Wände nicht wesentlich dicker als die bloße Raufasertapete zu sein und so drang jedes Geräusch, das im Liebesnest verursacht wurde, auch zu Tim und Rikki hinüber. Ganz zum Leidwesen derer, die selbst mit einer beachtlichen Menge Alkohol intus partout kein Auge zubekamen.

 

Zunächst übten sich die beiden in Geduld. Lange würden ihre Freunde nicht brauchen, vermuteten sie, während sie dem rhythmischen Klopfen gegen die Wand hinter sich lauschten, das immer wieder durch ein paar Schreie begleitet wurde. Dass das Prozedere allerdings auch nach einer Stunde kein Ende fand und der Krach nicht abebben wollte, verwunderte Rikki sowie Tim doch ziemlich.

"Man, sind die ausdauernd", staunte Tim lediglich, klang aber selbstverständlich nicht sehr erfreut, sondern eher mürrisch, so wie er sich in Seitenlage die Zudecke bis über die Ohren zog, um so die lästigen Geräusche ein wenig zu dämmen. "Ich dachte immer, Kerle können nicht mehrmals hintereinander."

"Vielleicht ist Cari so schlecht, dass es ewig dauert, bis sie dann mal..."

Tim musterte Rikki stumm und ohne jegliche Emotion im Gesicht, bis der Bassist sich geschlagen gab.

"Okay, ich glaub ja selber nicht dran."

Schweigen, das von diesem immer nervtötender werdenden Gepoche und Gedonner untermalt wurde. So lange, bis es Tim reichte, er sich aufsetzte und die Zudecke zurückwarf.

"Ich geh denen jetzt sagen, dass sie das Viagra absetzen sollen", erklärte er Rikki äußerst verstimmt, welcher zunächst etwas ratlos im Bett liegen blieb, sich dann allerdings dazu entschied, Tim nicht allein ziehen zu lassen. Schließlich konnte es möglich sein, dass es nun etwas zu sehen gab, oder ihnen zumindest eine interessante Reaktion zu Ohren kam. Vielleicht würde das Ganze auch in einer Prügelei ausarten. Denn es gab kaum etwas Unlustigeres auf der Welt, als um den Schlaf gebracht zu werden. Mittlerweile musste es weit nach Mitternacht sein, und morgen stand ein Gig an, für den sie mehrere Kilometer fahren mussten. Und dann würden sie sich wohl oder übel mit Aufputschmittel behelfen müssen, die allerdings nicht dazu dienten, fröhliche Schwänze munter zu machen.

 

Nur in ihren Unterhosen tappten sie durch den Flur, nachdem sie ihr Zimmer verlassen hatten und klopften fest an die Tür, hinter der die Übeltäter namens Jamie und Cari ihr Unwesen trieben.

Tim und Rikki warfen sich Blicke zu, als der Lärm erstarb und schließlich sollte es auch nicht mehr lange dauern, bis die Tür zaghaft geöffnet wurde und ein Gesicht durch den Spalt linste, das man eindeutig als das von Cari identifizieren konnte. Nun hielt die beiden Leidtragenden nichts mehr davon ab, ihrem Unmut Luft zu machen. Und das nicht gerade auf die feine englische Art. Schließlich hatte man sie ebenfalls nicht auf die feine englische Art behandelt. Lediglich die Geräuschkulisse des After eight hatte man sich nicht entziehen können. Vielleicht handelte es sich aber bereits um After ten oder After eleven. Fakt war jedenfalls, dass es after two a.m. war - eindeutig Nachtruhe.

Caris Blick verriet, dass er es nicht gerade schätzte, gestört zu werden, und genau das war es, was Rikki und Tim erst Recht Feuer gab.

"Habt ihrs jetzt endlich mal?", polterte Rikki los, ungeachtet der Tatsache, dass sein Gezeter womöglich der ganze Hotelflur hörte.

"Dauert noch", gab Cari knapp zurück und warf einen Blick in das Innere seines Zimmers, wahrscheinlich um sicher zu gehen, dass Jamie sich in zwischen nicht wieder angezogen hatte. Doch dem war nicht so, das konnten kurz darauf sogar Tim und Rikki bestätigen. Denn wenig später guckten zwei spitzbübische Gesichter durch die leicht geöffnete Tür und wirkten schon fast niedlich zusammen. Aber nur fast.

"Was dauert denn da noch?", hakte Tim entnervt nach, verdrehte sogar die Augen in seiner Ungeduld. "Wir wollen pennen! Könnt ihr euren Marathonfick nicht auf Morgen verschieben?"

"Oder ginge es nicht auch ein klein wenig leiser?", fügte Rikki an und zeigte mit Daumen und Zeigefinger einen winzigen Abstand. Doch alles bitten und betteln sollte auf taube Ohren stoßen.

"Könntest du leise sein, wenn dir gerade der Arsch entjungfert wird?", stellte Jamie bierernst die finale Gegenfrage, die ihre Kontrahenten ziemlich sprachlos dastehen ließ. Jedoch nicht für lange.

"Aber warum schreist du da auch so rum?", wollte Tim an Cari gewandt wissen. "Hast du dich nun doch an den Drumsticks vergriffen? Man, ich hab dir schon mal gesagt, dass du die nicht zweckentfremden sollst!"

"Ich kann mit meinen Drumsticks tun und lassen, was ich will", argumentierte Cari, kehrte dann aber wieder zum Wesentlichen zurück. "Doch mal ehrlich: Könntest du noch leise sein, wenn du gerade ein bombenfestes Loch fickst?"

"Vielleicht?" Tim hatte keine Lust, einzulenken. Er wollte lediglich seine Ruhe haben und nichts von irgendwelchen Vorzügen hören, die der Analsex zu bieten hatte. Am helllichten Tag hätte es ihn womöglich ziemlich interessiert, denn Wissen musste man in sich aufsaugen, wenn es denn schon kostenlos erhältlich war, doch im Moment gab er einen Scheiß auf kostenloses Wissen.

"Dann schraubt wenigstens euer Bett fest", seufzte Rikki, der schon fast aufgegeben zu haben schien. "Und hört auf, vom Viagra zu naschen."

Jamie war in der Zwischenzeit wieder verschwunden, nur noch Cari stand ihnen halbherzig Rede und Antwort, schien aber offensichtlich keine große Lust zu haben, mit ihnen zu diskutieren.

"Ja, ja, wir sind ja gleich fertig", gab er sich geschlagen und unterband weitere Gesprächsansätze, in dem er die Tür schloss und Rikki und Tim einfach stehen ließ.

 

"Na, das hat sich ja gelohnt", urteilte Tim angepisst, zuckte dann jedoch die Schultern. "Obwohl ich es schon irgendwie verstehen kann, dass man nicht leise sein kann, wenn man enge Öffnungen fickt."

Rikki blieb nichts anderes übrig, als ihm zuzustimmen. Allerdings beschäftigte ihn eine simple Frage.

"Ob Jamie etwa vor Schmerzen schreit? Ich meine, das muss doch wehtun..."

Doch Tim konnte ihn da beruhigen.

"Cari würde seinem Honigbärchen niemals Schmerzen bereiten", meinte er. Daraufhin schauten sie sich lange an, ehe Rikki ein unbehagliches Grinsen über das Gesicht huschte.

"Nennt er Jamie wirklich 'Honigbärchen'?"

"Ja, manchmal schon", erwiderte er vollkommen ungerührt. "Es kommt drauf an. Manchmal ist er aber auch einfach nur sein verdorbenes Fickstück."

"Oh."

Diese Offenbarungen gefielen Rikki nicht so recht, obwohl er sie auf der anderen Seite ganz amüsant fand.

Länger besprachen sie Caris und Jamies Angelegenheiten allerdings nicht. Ihr Bett rief sie, und in der Hoffnung, dass die sich glückselig Liebenden endlich ihrem Orgasmus erlegen waren, krochen sie unter die Zudecke, die sie sich unbequemerweise miteinander teilen mussten.

"Nie wieder ein Ehebett", knurrte Tim, der es für gewöhnlich bevorzugte, sich komplett in die Decke einzuwickeln, besonders wenn es kalt war. Doch für solch eine Tat hätte es Schläge von Rikki gegeben, die ihn sich tatsächlich wie einer Ehe mit seinem Kumpel gefangen fühlen ließen. Nicht, dass es üblich war, dass ein Partner zwangsläufig zu Gewalttaten neigte, doch es fiel wesentlich leichter, jemandem zu kloppen, den man gut kannte als einen Fremden.

Rikki mochte es auch nicht sonderlich, das Nachtlager mit Tim zu teilen, doch so wie sie sich zudeckten und dann in Schweigen verharrten, war aller Gram vergessen, denn vom Nachbarzimmer drang nicht mehr nur das leiseste Geräusch. Grund, um tief durchzuatmen und sich auf eine Portion Schlaf zu freuen.

"Na endlich", seufzte Tim und drehte Rikki den Rücken zu. "Endlich pennen. Diese Idioten..."

Doch da war noch immer etwas, das Rikki so stark beschäftigte, dass er meinte, ohne Antwort darauf nicht einschlafen zu können.

"Ob das wirklich so geil ist, jemanden in den Arsch zu ficken?"

"Frag Cari und Jamie", murmelte Tim bereits ziemlich verschlafen. "Wehe, du kommst auf dumme Ideen, während ich schlafe."

Pah, was glaubte er, wer Rikki war? Ein Verbrecher, gar ein Vergewaltiger? Nun hatte er allen Grund dazu, eingeschnappt zu sein und sich ebenfalls von Tim wegzudrehen.

"Keine Angst, ich steh nicht auf behaarte Löcher", erklärte er verstimmt. "Vielleicht frage ich die anderen morgen mal, ob ich bei denen mitmachen kann. Dann treiben wir dich zu dritt in den Wahnsinn und schlucken tonnenweise Viagra."

"Du hast eine Macke. Schatz."

"Wie nennst du mich da gerade?"

"Oh, entschuldige, ich meinte: Zweilochhure."

Vollkommen unamüsiert lachte Rikki auf, dann kehrte endlich Stille ein. Und Rikki fragte sich, wann die Hochzeit mit Tim eigentlich stattgefunden hatte. Wahrscheinlich irgendwann zwischen dem siebten und achten Schnaps. Zumindest konnte er sich nicht mehr daran erinnern. Aber wie ein altes Ehepaar benahmen sie sich trotzdem. Das merkte man bereits daran, dass sie keinen Sex miteinander hatten. Im Gegensatz zu Jamie und Cari, deren Liebe noch längst nicht so reif und still war wie die von Tim und Rikki.

Freaky Shit


 

Freaky Shit
 

 

 

Jamies Vermieter schien einer jener Sorte zu sein, die befreiter von Vorurteilen waren als der Großteil der Menschen, die einem sonst begegneten. Schließlich hielt sich zumindest in den Köpfen der älteren Generation noch die feste Meinung, dass nur Knastbrüder und Asoziale so stark tätowiert waren wie der Sänger dieser aufstrebenden Sleaze-Rock-Band. Nun gut, asozial mochte tatsächlich ein Wort sein, welches Jamie nicht ganz untreffend beschrieb, wenn man einmal sein Benehmen auf Tour, die Saufgelagen und die Feierwütigkeit seiner Person begutachtete. Doch von all dem ahnte sein Vermieter natürlich nichts. In seinen eigenen vier Wänden verhielt Jamie sich meist lammfromm bis auf ein paar harmlosere Partys, die allerdings keinen Schaden verursacht hatten. Und in voller Montur, mit offenem Haar und finsteren Make Up hatte der gute Herr Vermieter ihn auch noch nicht zu Gesicht bekommen. Wahrscheinlich hätte er ihm in solch einem Fall niemals einen fremden Wohnungsschlüssel über ein ganzes Wochenende anvertraut. Manchmal machte es sich einfach bezahlt, nicht zu dick aufzutragen und manchen Menschen eher dezent aussehend unter die Augen zu treten. Denn ansonsten hätte Jamie nie und nimmer dieses wahre Paradies entdeckt, das sich hinter einer gerade freigewordenen Wohnung ein paar Häuser weiter verbarg.

 

Jamie konnte nicht behaupten, dass er intensiv nach einer neuen Bleibe suchte. Viel mehr war er neugierig, wollte wissen, ob sich ihm nicht noch etwas Besseres für wenig Geld bot, und in solch einem Fall hätte er natürlich gleich zugeschlagen. Doch eine Luxusvilla wie die, die er an jenem Tag vorgefunden hatte, besaß ihren Preis, und den war Jamie nicht bereit zu zahlen. Da mochte das, in das er sich förmlich verliebt hatte, noch so verlockend ausschauen; er hatte sich andere Prioritäten gesetzt. Die Unterkunft kam erst an einer der letzten Stellen, befand er sich ohnehin die meiste Zeit des Jahres auf Tour und konnte ein warmes, weiches Bett sowieso nicht ausgiebig genug genießen. Genauso wenig wie das, was noch viel besser als ein bequemes Nachtlager anmutete. Doch da Jamie ein kleiner Banause sein konnte, ein Kerl, der gern auf Regeln pfiff und lebte, als wäre es sein letzter Abend, hatte sich schon bald eine für ihn brillante Idee in seinem Kopf manifestiert. Eine Idee, die er noch in dieser Nacht umzusetzen gedacht hatte. Allerdings nicht allein, denn manche Dinge machten nur Spaß, wenn man sie mit anderen teilte. Und genau aus diesem Grund hatte er Cari angerufen, seinen besten Kumpel, von dem er wusste, dass er keiner Scheiße abgeneigt war, dass auch ihm das Verbotene hin und wieder einen mächtigen Kick verpasste und den Spaßfaktor noch weiter in die Höhe trieb. Denn im Grunde hätte der Schlagzeuger wohl nie und nimmer in solch eine doch recht pikant anmutende Sache eingewilligt. Jedenfalls nicht im nüchternen Zustand. Doch für reichlich Alkohol, Zigaretten und alle anderen Utensilien, die sie für ihr heimliches Unterfangen benötigten, konnte schließlich gesorgt werden.

Und so standen sie schließlich im Badezimmer einer fremden Wohnung, in einer Bleibe, die sie eigentlich nicht für ihre Zwecke nutzen durften. Doch was kümmerte sie die Illegalität, wenn es ohnehin niemanden gab, der sie verpfeifen konnte? Wo kein Kläger, da kein Richter. Dieses Sprichwort war es, auf das sie immer wieder anstießen, schließlich waren sie böse Jungs, Anarchisten und Schweine, die gern mal ein paar kleinliche Gesetze für sich selbst nicht geltend machten. Und dass Jamie sozusagen das ihm entgegengebrachte Vertrauen seines Vermieters missbrauchte, interessierte ihn im Augenblick einen Scheißdreck. Vor ihnen lag das Paradies, das konnte auch Cari erkennen, dessen ungläubiger Gesichtsausdruck all seine derzeitigen Empfindungen verriet. Auch er war kein Kind des Luxus, doch es konnte einfach keinen Menschen auf der Welt geben, der dieses verdammte Badezimmer verschmäht hätte. Dieses riesige Badezimmer mit großer, fast schon geräumiger Dusche, die, wie Cari meinte, locker Raum für die ganze Band geboten hätte. Und in dieser gigantischen Eckbadewanne hätten zusätzlich noch Crashdiet mühelos Platz gefunden. Nein, der Schlagzeuger konnte seinen Augen kaum trauen. Genauso wenig wie Jamie, als er zum ersten Mal dieses Prachtstück zu Gesicht bekommen hatte.

 

"Du hast echt nicht zu viel versprochen", gab der Schlagzeuger zu, der noch immer seine Runden in dem großen, weiß gefliesten Raum drehte und immer wieder die spiegelglatten Ränder der Badewanne berührte. "Für solch einen geilen Scheiß lass ich den Schlaf heute Nacht doch gerne sausen!"

Mit einem sichtbaren Schalk in den Augen schaute er Jamie an.

"Wie oft hast du dafür mit deinem Vermieter gepoppt? Komm, sei ehrlich."

Mit solch einem Kommentar hätte Jamie theoretisch rechnen müssen. Schließlich liebte Cari offensive Witze, zog ihn nur zu gerne auf und machte sexuelle Anspielungen, die selbst dem hartgesottenen Sänger hin und wieder schon fast peinlich berührten. Heute allerdings ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen, stellte den Beutel mit ihrer Ausrüstung auf den Boden und funkelte Cari dabei fies an.

"Ich musste ihm nur schöne Augen machen und die Option offen lassen, dass da mehr zwischen uns sein könnte."

"Ach, so ist das also..."

Längst hatte Cari sich seinem Freund genähert, scharwenzelte gespielt flirtend um ihn herum und ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Schließlich standen sie sich direkt gegenüber, von Angesicht und Angesicht und lieferten sich eines ihrer berühmten Blickbattles. Wer Cari kannte, der wusste auch, dass er einem minutenlang in die Augen starren konnte, denn so etwas wie Scham oder Unterwürfigkeit war ihm komplett fremd. Vor allen Dingen, wenn er sich mit Jamie duellierte. Sein Freund und er, sie vertrauten sich schon seit Jahren blind und es gab absolut nichts, was sie voreinander verbergen mussten. Keinerlei Geheimnisse. Und keinerlei Stellen ihres Körpers. Sie hatten einander bereits nackt gesehen, was auch nicht sonderlich verwunderlich anmutete, wenn man die meiste Zeit des Jahres auf Tour verbrachte, und aus diesem Grund hatte Jamie auch nicht lange überlegen müssen, als er Cari seinen Vorschlag für ihr kleines, gemeinsame Abenteuer unterbreitete. Cari, der machte jeden Scheiß mit. Auch wenn er genau wie der Sänger selbst für manche Unternehmungen ein wenig betrunken sein musste. Doch dies war eine Sache, die sich schnell ändern ließ. Sehr schnell sogar, hatten sie doch eine ganze Flasche Jack Daniel's dabei, die allerdings noch nicht jetzt geköpft und genossen wurde. Zunächst musste das Spiel beginnen, und Jamie war nur zu gerne bereit, den ersten Schritt zu tun. Ganz zur Freude von Cari, von dem man nicht so recht wusste, ob er nur den Angetanen mimte oder tatsächlich ziemlich aus dem Häuschen war ob der so selbstverständlichen Freizügigkeit seines besten Freundes. Allerdings hätte man es ihm nicht verübeln können, wenn das, was er vorgab, beim Anblick Jamies zu empfinden, als dieser einfach so sein Shirt über den Kopf zog, tatsächlich echt war. Denn der Sänger war bei Weitem nicht einer von denen, die am Hungertuch nagten, nein, an ihm war etwas dran, und zwar ein paar schön ausgeprägte Muskeln, die durch die Tätowierungen an den Armen und auf seinem Unterleib noch viel leckerer wirkten. In Caris Augen musste man nicht auf Männer abfahren, um Jamie als heiß bezeichnen zu können. Schließlich stellte dies keine Meinung dar, sondern eine regelrechte Tatsache, die es egal machte, welcher sexuellen Präferenz man angehörte.

 

"Ah, du willst es also wirklich durchziehen", stellte Cari angetan raunend fest, während er Jamie beobachtete, sich dabei lässig auf den Rand der Wanne stützend. Gefällig legte er seinen Kopf schief. "Erst der Vermieter, und dann ich, oder was?"

Jamies Genervtheit daraufhin rührte natürlich nur von Spaß her.

"Ich habe dir doch schon gesagt, dass zwischen ihm und mir nichts läuft", erklärte er augenverdrehend, während sein ohnehin zerrissenes Shirt achtlos auf den Fliesen landete und er mit entblößtem Oberkörper dazu überging, seine Hose zu öffnen. "Du, der Kunde ist echt alt, und du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich alles vögle, was nicht bei drei auf dem Baum ist."

"Stimmt, bei dem Body hast du natürlich freie Wahl", nickte Cari mit schmalen Augen, die sich noch weiter verengten, als Jamie schon kurze Zeit später nur in Unterhosen im Raum stand. "Aber man muss ja nachhaken, nicht, dass mein Baby mich hier noch mit fremden Männern betrügt."

"Niemals", gab Jamie ernst zurück, beschloss dann allerdings, das Thema zu wechseln, indem er Cari einen auffordernden Blick zuwarf. "Los, mach dich endlich nackig, sonst bade ich alleine, was bedeutet, dass der ganze Jack mir gehört."

Cari lachte lediglich auf und löste sich von der Wanne, seine Hände packten bereits sein Shirt im Nacken.

"Na, wenn du mich so lieb darum bittest..."

Eigentlich wollte Jamie es vermeiden, einen Blick in jenem Moment auf Caris Oberkörper zu werfen, als das Shirt allmählich bloße Haut freigab. Da es ihm allerdings nicht gelungen war, zog er sich selbst scheltend die Augenbrauen nach oben und atmete tief durch, während er nach außen hin die Ruhe selbst war. Oh man, was hatte er sich dabei nur eingebrockt? Besser gesagt: Seit wann drehte er so ab, nur weil sein bester Freund sich vor ihm auszog? Eigentlich hatte er gedacht, dass sie so etwas wie Brüder waren, aber wenn er seine plötzlich aufquellenden, warmen, kribbelnden Gefühle so betrachtete, dann vermutete er, dass sein Körper diese Meinung nicht teilte. Oh nein, Cari war nicht sein Bruder, und das war auch gut so. Aber Cari war auch nicht schwul. Er ärgerte ihn doch nur mit seinen Sprüchen, und von diesen sollte es noch eine ganze Menge hageln. Denn Cari lagen sie so locker auf der Zunge, dass er sie sich beim besten Willen nicht verkneifen konnte. Es half auch nichts, dass Jamie den Schwanz einzog und sich umdrehte, während er aus seinen Unterhosen stieg, denn sein Hintern weckte ebenfalls Caris Interesse und entlockte dem Schlagzeuger ein bewunderndes Pfeifen.

"Damit kann man Nüsse knacken", urteilte er, sich aus seinem letzten Kleidungsstück schälend und selbst im gebückten Zustand nicht in der Lage, seinen Blick von diesem kleinen, aber doch sehr fest aussehendem Hinterteil zu wenden. Verdammte Scheiße, bei Jamie stimmte das Gesamtbild einfach, und ganz ohne Frage wusste der Sänger dies auch. Denn es waren nicht nur seine Körperpartien, die wahrlich attraktiv wirkten, die helle Haut und vor allen Dingen die langen, schwarzen Haare, die Jamies Kapital darstellten. Der Typ strahlte den puren Sexappeal aus, war überzeug von seiner Wirkung, und darin stand Cari ihm in nichts, aber auch überhaupt nichts, nach. Wahrscheinlich war es das, was einen nahezu diabolischen Cocktail kreierte und eine kleine, aber feine Anziehungskraft zwischen ihnen auslöste. Denn so wie Jamie sich so entspannt wie möglich wirkend zu dem anderen drehte, um Wasser in die Wanne zu lassen, so entgingen ihm doch nicht die körperlichen Vorzüge seines Freundes, dessen Schwanz Jamies wie schon zu Teenagerzeiten um einige Zentimeter überragte. Man konnte sich aufgrund dieses Teiles nur auf die Lippe beißen und hoffen, dass man endlich wieder klarer im Kopf wurde. Das wünschte Jamie sich zumindest. Obwohl es schon fast als ausgeschlossen schien, als die beiden sich weiterhin ihren frechen Flirtspielen hingaben.

 

"Pass nur auf, wenn mein Arsch deine Nüsse knackt." Während das Wasser in die Wanne lief, raffte Jamie sich seine Haare zusammen und band sie zu einem Zopf, wobei Cari ihm verheißungsvoll zuschaute. "Was guckst du so?"

"Nur so", erwiderte der andere geheimnisvoll raunend. "Aber eine interessante Vorstellung, wie meine Nüsse und dein Arsch aufeinandertreffen."

Verwundert zog Jamie die Stirn in Falten, strich sich dabei eine verirrte Strähne aus dem Gesicht.

"Das nennst du interessant? Ich würde das eher als schmerzhaft bezeichnen."

"Ach, Babe..." Seufzend griff der Schlagzeuger nach dem mitgebrachten Badezusatz, denn ein wenig Schaum durfte schließlich nicht fehlen. "Du würdest mir doch nie wehtun, genauso wenig wie ich dir."

Doch Jamies grüne Augen funkelten ihn von unten her katzenhaft an.

"Ich hab dir dein Herz doch schon längst gebrochen, als ich beim Vermieter war."

"Also doch."

Mit einem Mal sprang Cari in die Wanne, packte dabei Jamie am Arm, der gar nicht so schnell schreien konnte, wie er das Gleichgewicht verlor und sich kurze Zeit später gegen seinen Willen mit dem Kopf gefährlich Caris Schoß näherte und ihn auch sonst für den Bruchteil einer Sekunde überall an seinem bloßen Körper spüren konnte. Haut an Haut. Die Nachwirkungen dieses Geschehens ließen Jamie noch Sekunden später nicht los, denn manche Dinge gewannen erst dann an Intensität, wenn man sie sich auf der Zunge zergehen ließ. Und Caris Nähe war nun einmal etwas, das Jamie Empfindungen entlockte, gegen die er sich partout nicht zur Wehr setzen konnte. Gegen seinen Willen schien es regelrecht in seinem Körper zu toben, und erst, als der andere ihm eine Zigarette und ein Glas Jack reichte, gelangte er wieder einigermaßen zur Normalität. Vielleicht bildete er sich das alles auch nur ein. Jetzt, wo sie ruhig nebeneinandersaßen und ihnen das Wasser bis zur Brust stand, fühlte sich eigentlich alles so wie immer an. Mit dem Unterschied, dass Jamie nie geglaubt hätte, dass Cari mit ihm badete. In einer leeren Wohnung, die keinem von beiden gehörte. Mitten in der Nacht und ohne irgendwelche Hemmungen. Wenn man gemeinsam solch ein Abenteuer erlebte, dann schienen jegliche Barrieren zu schwinden, die noch tagsüber zwischen zwei Menschen bestanden hatten. Und wenn man sich ohnehin schon so sehr mochte wie Cari und Jamie es taten, dann würde sie schon bald nichts mehr halten können. Sie mussten sich nicht voreinander verstecken. Denn im Herzen, da waren sie schon längst eins.

 

"Aber mal im Ernst...dass der spießige Typ dir echt die Schlüssel für die Wohnung dagelassen hat..."

Cari nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette, krallte sich dann den Aschenbecher und stippte ein paar verbrannte Krümel von seinem Glimmstängel. Jamie tat es ihm gleich, nachdem er den Behälter auf den Rand in ihrer Mitte gestellt hatte. Rauchen und Saufen, dabei im warmen Wasser chillen - das hätten sie in diesem Moment für nichts auf der Welt eingetauscht. Es war einfach nur himmlisch.

"Mh." Jamie zuckte ratlos mit den Schultern. "Wahrscheinlich, weil ich ein braver Mieter bin und er nicht ahnt, was für ne verdammte Sau ich sein kann."

"Oh ja", lachte Cari auf und ließ dabei seinen Blick durch das Bad wandern, das so karg und leer, wie es nun war, im Grunde nicht sonderlich ansprechend wirkte, sondern eher zu steril. "Aber ich weiß, du kannst das gut faken. Am Tag lieb und nett, besonders zu den Frauen, und in der Nacht ein verfluchtes Drecksluder, das gebändigt werden möchte."

Ihre Blicke trafen sich. Cari musste daran denken, dass es Jamie wesentlich besser stand, wenn er die Haare offen trug, hatte er doch einen ziemlich ausgeprägte Kieferpartie, und auch mit Make up gefiel er Cari um einiges besser, doch dieses hätte wiederum nicht im Geringsten zu einer intimen Atmosphäre wie dieser gepasst. Nein, Jamie war schön so, wie er jetzt war, mit seinen beiden Piercings in der Stupsnase und in der schmalen Unterlippe, und der Sänger dachte dasselbe über Cari. Sie beide mochten nicht die klassischen Schönheiten abgeben, doch wen kümmerte dies? Sie beide sahen sich ihrem besten Freund gegenüber, und sie hatten sich lieb. Ja, sie hatten sich sogar verdammt lieb. Das mussten sie sich nicht einmal gestehen. Das spürten sie in dieser großen Nähe, die sie beide in dieser Nacht verband. Das hörten sie in der Stimme des anderen. Man, das zwischen ihnen, das war etwas ganz Besonderes.

 

"Von 'gebändigt werden wollen' war nie die Rede", widersprach Jamie und fuhr sich über den tätowierten Arm, wusch sich langsam seine helle Haut. "Ich bin lieber böse. Die Frauen mögen mich ja trotzdem."

"Sie mögen dich gerade deswegen", erwiderte Cari, der es sich nun ziemlich gemütlich machte, mit auf der Rückenlehne ausbreiteten Armen, die er zudem als Kopfstütze nutzte, wodurch er die wie der Rest des Raumes blütenweiße Decke musterte. "Und mit dieser riesigen Badewanne fänden sie dich gleich dreimal so scharf wie ohnehin schon. Ey, Baby, ich hab nicht nur den größten Schwanz, ich hab auch die größte Badewanne von ganz Stockholm. Da wäre doch mal ein Anmachspruch. Wetten, die würden dir zu Füßen liegen?"

"Wenn ich mir die Wohnung leisten könnte..."

Da Jamie nicht gerade begeistert klang, stupste Cari ihn mit einem halbleeren Schnapsglas gegen die Schultern.

"Ey, wir könnten die Wohnung doch zusammen nehmen!", schlug er ziemlich angetan von seiner Idee vor. "Geteilte Miete ist bekanntlich halbe Miete."

"Wir beide in gerade mal zwei Zimmern?" Jamie blieb skeptisch. "Ich schlaf bestimmt nicht mit dir im Ehebett. Auch wenn ich weiß, dass du das gerne hättest."

Ein amüsiertes Glucksen entkam dem Schlagzeuger, doch so recht wusste er daraufhin nichts zu erwidern und blieb stumm. Bis Jamie nach einer Weile wieder den Gesprächsfaden aufgriff.

"Zum Glück gibt es kein einziges Mädel, das nicht auf Rockstars steht."

"Wie sollte es auch?" Cari klang noch immer ziemlich euphorisch. "Ich kann die Frauen verstehen - Rockstars sind höllisch sexy. Guck uns beide an."

"Dass Frauen solche verdorbenen Arschlöcher mögen...", sinnierte Jamie leise und nippte an seinem Glas.

"Das ist wegen dieser Ausstrahlung", meinte Cari. "Böse und verrucht, das ist es, nach dem sich die Frauen sehnen. Und insgeheim steht jede auf den harten Sex, den solche wie wir bereits suggerieren."

"Oh, der Herr drückt sich heute aber gewählt aus." Der Kommentar kam Jamie trocken über die Lippen, ohne irgendeinen Blick an Cari zu verschwenden. Viel mehr trug er Sorge, dass er sein Schnapsglas sicher abstellte, sodass es nicht bei der nächsten Bewegung ins Wasser kippte. "Komm, wasch mir lieber den Rücken."

Jamie wusste selbst nicht, wieso er das Bedürfnis verspürte, nun mit Duschbad eingerieben zu werden. Vielleicht hatte der doch recht anstrengende Tag, der mit jeder Menge Termine gefüllt war, seinen Tribut gefordert. Vielleicht sehnte sein Körper sich aber insgeheim auch nur nach Caris Berührungen, so sehr, dass Jamie sich endlich geschlagen gab und sich selbst das gönnen wollte, was er eigentlich zu unterdrücken versucht hatte. Es mochte schon fast lebensmüde anmuten, das, was er Cari da unterbreitet hatte, nicht nur aufgrund seiner drängenden Gefühle, sondern auch, weil man nie wissen konnte, wie der andere solch eine Bitte auffassen würde. Doch selbstverständlich hätte Cari diesen Wunsch seines Freundes niemals abgeschlagen. Schon gar nicht, als dieser ihm seinen Rücken bereits zugewandt hatte und darauf wartete, endlich eingeseift zu werden.

"Dein Wunsch ist mir Befehl", hauchte der Schlagzeuger, als er sich ein wenig zu ihm vorbeugte und mit den Lippen sacht, ganz sacht nur, das Ohr seines Freundes strich, sich dann aber wieder entfernte, um das Duschbad aus dem Beutel zu angeln. Und auch er hätte sich selbst belügen müssen, hätte er sich gesagt, dass ihm das, was nun auf sie beide zukam, gleichgültig war. Jamie war schön, und auf irgendeine Art und Weise verspürte er tatsächlich das Bedürfnis, seinen Freund anzufassen, ihm eine kleine Massage zu verpassen und ihm so etwas Gutes zu tun. Insgeheim wollte er Jamie damit auch zeigen, dass nicht nur die Berührungen durch eine Frau angenehm sein konnten, auch wenn er bereits ahnte, dass sein Freund das wusste. Auch seine Hände würden ihm Gefühle entlocken können, heiß und prickelnd und nicht mehr ausweichbar. Oh ja, das war es, was er mit einem vielsagenden Grinsen dachte, als er die Flasche öffnete und eine gehörige Menge der gelartigen Flüssigkeit auf seinen Handflächen verteilte.

Als er Jamie schließlich bestimmt an den Schultern berührte, zuckte dieser zusammen, entspannte sich allerdings wieder, zumindest sichtlich. In seinem Inneren allerdings machte sich eine so wahnsinnige Erregung breit, dass er die Luft anhalten musste, um keine merkwürdigen Geräusche von sich zu geben.

 

"Kalt?", hakte Cari nach, obwohl Jamie sich längst den Massagen hingab und hin und her schwankte ob der festen Berührungen.

"Mh, genau richtig", murmelte er überwältigt von seinen Gefühlen, genoss die Situation ohne Frage. "Du machst das so gut..."

"Ich habe eben magische Hände, Süßer. Sehr magische..."

Ich könnte dir damit auch noch ganz andere Gefühle entlocken. Du musst mir nur sagen, dass du von mir auch weiter unten angefasst werden möchtest. Zwischen den Beinen. Ob du für mich stöhnen würdest, während ich dich in großen Schritten dem Orgasmus näher bringe?

 

Der sinnliche Moment fand sein jähes Ende, als Jamie anscheinend der Meinung war, genug eingeseift worden zu sein, sich umdrehte und sich wieder an die Beckenwand lehnte, verzweifelt um Beherrschung bemüht. Oh, es war so schwer, ruhig zu bleiben, wenn man am liebsten ausflippen wollte. Jamie vermutete, dass man aber mittels eines Blicks in sein Gesicht feststellen konnte, was sich in seinem Körper und auch in seinen Gedanken abspielte. Dass er nicht darauf erpicht war, jedes Mädchen haben zu können, sondern einen ganz bestimmten Mann.

Fest pressten sich seine Kiefer aufeinander, fast verzweifelt rang er mit sich, fühlte sich entblößt vor Caris Augen, doch dann besann er sich darauf, dass es im Grunde keine Rolle spielte. Dann war er eben erregt vor seinem besten Freund. Na und? Andere Jungs wichsten miteinander, bliesen sich sogar gegenseitig. Dass diese das nicht taten, weil sie geil aufeinander waren, konnte man ja getrost außer Acht lassen.

Jamie beschloss, sich gehen zu lassen, keinen Hehl mehr aus seiner Lust zu machen, konnte er sie doch ohnehin nicht länger verstecken, begann sie sein Körper doch längst zu reagieren. Und da er mit einem verstohlenen Seitenblick bemerkte, dass Cari ihn ohnehin die ganze Zeit über eingehend, ja fast sehnsüchtig und mit einem hungrigen Funkeln im Blick musterte, erlaubte er es sich, sich schlichtweg ein wenig zur Schau zu stellen und die knackige Erotik, die längst zwischen ihnen schwelte, weiter auf die Spitze zu treiben, indem er sich die Duschbrause griff, sie sich über seine Brust hielt und sie anstellte. Gespannt, fast gierig, suchte er nach einer Reaktion darauf in Caris Gesicht, und dieser wirkte tatsächlich ganz atemlos, als Jamie den Hals reckte und die warmen Wasserstrahlen auf die empfindliche Haut treffen ließ, die er ihnen darbot. Spätestens jetzt musste der Schlagzeuger kapieren, dass er nichts lieber wollte, als mit ihm zu schlafen. Mh, Jamie stellte sich dies als so wunderschön vor...

 

Ja, dieses Programm war es, das Cari komplett auf Touren brachte. Er mochte es stets, wenn ihn Mädchen mit sinnlichen Spielchen verführten, wenn sie sich ihm präsentierten und ihm bereits willig zu Füßen lagen. Doch bei Jamie reizte es ihn beinahe noch mehr, einfach, weil es Jamie war. Jamie, von dem er ein solches Gehabe nie erwartet hätte. Jamie, bei dem sich das Begehren, das er ihm entgegenbrachte, ganz anders anfühlte. Verruchter. Ja, fast noch intensiver.

Als der attraktive, junge Mann auch noch seine Augen schloss, seinen Kopf mit dem Gesicht zu ihm gewandt auf der Lehne ablegte und die Brause geruhsam über seinen Körper wandern ließ, verfolgte Cari jeden einzelnen Zentimeter, der von den prasselnden Strahlen übersäht wurde, lechzte regelrecht danach, Jamies Pistolen auf dem Unterleib in voller Pracht sehen zu können. Und dieser Wunsch sollte sich erfüllen. Bald schon war jeglicher Schaum von Jamies Körper gewaschen und nur noch das klare Wasser umgab ihn. Und Cari musste mit großer Lust feststellen, dass sein hartes Glied längst aus dem Wasser ragte, zumindest dessen pralle Spitze. Aber Jamie war nicht der Einzige, der mit seiner Erregung zu kämpfen hatte. Auch Caris Schwanz stand bereit, bereit für Jamie, dem dies sicherlich nicht entgangen war, so anzüglich und lasziv, wie er sich benahm. Seine Show trug Früchte, und er wollte diese endlich ernten. Und er wusste auch schon genau, wie er dies anstellen würde.

Er hielt sich die Brause vor die Lippen, sorgte dafür, dass zwei, drei der am Rand gelegenen Strahlen seinen Mund füllten, und als er schließlich genug hatte, legte er Cari bestimmt seinen Arm um die Schultern, um ihn zu sich heranzuziehen.

Und Cari zögerte keine Sekunde, rückte ganz nah an seinen Freund heran und machte enthusiastisch bei diesem ganz besonderen Kuss mit, der ihren ersten darstellen sollte. Ihren ersten und wahrscheinlich feuchtesten Kuss, den sie jemals austauschen würden. Denn Jamie schreckte nicht davor zurück, Cari seine ganze Wasserladung nach und nach in den Mund zu sprudeln. Selbstverständlich rann die Hälfte davon über sein Kinn, genau wie über Jamies, doch das hielt sie natürlich nicht davon ab, sich vollkommen in diesem Kuss zu verlieren.

Caris befreites Seufzen drang Jamie durch Mark und Bein, doch das war bei Weitem nicht das Einzige, was ihn zunehmend um den Verstand brachte. Denn die beiden kamen sich immer näher, schmiegten sich schließlich aufeinander, noch immer begleitet von überaus hungrigen Küssen. Jamie war es, der letzten Endes auf Caris Schoß hockte, und Cari war es, dessen Hände unaufhörlich über den Rücken seines Freundes fuhren und schließlich den Haargummi aus dessen Haaren zogen, damit die schwarze Pracht frei über seine Schultern fallen konnte, was Jamie allerdings nicht weiter zu stören schien. Viel mehr huschte ein verheißungsvolles Grinsen über sein Gesicht, dessen Hintergründe Cari zugleich offenbart wurden.

"Jetzt sind sich mein Arsch und deine Nüsse doch so nahe gekommen", schmunzelte der Sänger, knaupelte dabei frech auf seinem Lippenpiercing herum.

"Und, wirst du mir mit deinem kleinen Knackarsch wehtun?", hakte der andere nach, obwohl er die Antwort längst zu kennen glaubte. Doch da irrte er sich.

"Nur, wenn deine Brechstange mir nicht wehtut."

Eine berechtigte Forderung, doch selbstverständlich würde Cari vorsichtig bei der Zähmung seines verdorbenen Drecksluders vorgehen, während sie gemeinsam ihre verbotene Nacht genossen.

 

Wenn das Jamies Vermieter gewusst hätte.

Aber manches Vertrauen erschien einem eben nicht so wichtig wie ein anderes...

My Turn

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Heavy Panting

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Black Satin Sheets

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Needing Reassurement


 

Needing Reassurement
 

 
 

 
 

Theoretisch sollte man Gerüchten nicht allzu viel Bedeutung zumessen. Manchmal allerdings, wenn sie für einen persönlich von großem Interesse sind, ja sogar ein gewisses Wunschdenken wecken, kommt es vor, dass man doch gewillt ist, dem wahren Kern auf den Grund zu gehen.

 

Dies war es auch, was Cari dazu inspiriert hatte, ein recht uriges Restaurant auszuwählen, von dem er wusste, dass in ihm gutes Essen feilgeboten wurde.

Kurzerhand war ein Tisch gebucht, ein Tisch für zwei Personen, und als Cari den Schuppen am Stichtag betrat - natürlich in seinen üblichen Klamotten, ein Anzug hätte ohnehin nicht zum Ambiente gepasst - und man ihn zu dem bestellten Tisch führte, da musste er tatsächlich ein wenig schmunzeln. Die Kerze, die ihn zierte, in Kombination mit der roten Rose und der weißen Tischdecke suggerierte schon von sich aus einiges. Eigentlich hatte er es nicht von vornherein wie ein Date aussehen lassen wollen, doch er würde schon dafür sorgen, dass seine Verabredung nicht gleich die Flucht nach vorn antrat. Dass sie sich überhaupt zu einem ominösen Abendessen zu zweit hinreißen gelassen hat, sprach für Cari ohnehin Bände. Heute Abend, so sinnierte er voll Genuss, ja heute Abend würde er das Gerücht sich bewahrheiten sehen. Doch zunächst galt es darauf zu warten, dass seine Verabredung aufkreuzte. Es war noch nicht über die Zeit, also kein Grund, um unruhig zu werden.

Gespannt bezog Cari den Platz auf der Bank, wo er es sich bequem machte, allerdings nicht einmal die Tür aus den Augen lassend. Selbst, als man ihm die Speisekarte brachte und er sich dazu entschied, schon mal einen Blick hinein zu werfen (schließlich würde er später keinen Sinn mehr dafür haben, um ein Menü zu wählen), linste er immer wieder verstohlen über den Rand. Doch er sollte sich noch eine Weile gedulden müssen.

 

"Darf es schon etwas zu trinken sein?"

Er zuckte leicht zusammen, war er doch so in seine Gedanken vertieft gewesen, dass er die Rückkehr der Kellnerin gar nicht bemerkt hatte. Eins, zwei Sekunden lang guckte er entgeistert zu ihr hoch, bis bei ihm ankam, was sie ihn gerade gefragt hatte.

"Danke, ich warte noch", vertröstete er sie, woraufhin sie höflich lächelnd wegtrat und Cari allein ließ, der nichts weiter zu tun hatte, als über die Rose hinweg die Tür anzustarren und dabei zunehmend nervöser mit den Fingerspitzen auf dem Tisch herumzuklimpern.

Mit jeder Minute, die verstrich, schwand seine Hoffnung etwas mehr, dass sein Date noch aufkreuzen würde. Vielleicht hatte er es sich anders überlegt, die Peinlichkeit in dieser Einladung erkannt oder womöglich sogar Schiss bekommen. Schließlich war es nur zu offensichtlich, welche Absichten Cari hegte. Doch der Schlagzeuger versuchte auch dann noch, zuversichtlich zu sein, als er eine Viertelstunde nach der verabredeten Uhrzeit noch immer allein herumsaß und sich inzwischen doch ein Getränk hatte kommen lassen, wenigstens ein Glas Wasser gegen seine trockene Kehle.

Er nahm gerade einen großen Schluck, als endlich die kleinen Glöckchen, die über der Tür befestigt waren, zum Klingen gebracht wurden und ein junger Mann eintrat, bei dessen Anblick er gerade noch abwenden konnte, sich an seinem Wasser zu verschlucken.

Eifrig sprang er auf und winkte, als Jamie sich ein wenig verloren in der Gaststätte umblickte, doch schon bald hatte er seine Aufmerksamkeit geweckt und der Sänger steuerte geradewegs auf ihn zu, nahm mit einem knappen 'Hey' auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz. Sonderlich verwundert über dieses Treffen schien er nicht zu sein, was Cari als seltsam befand, doch oftmals konnte man Jamie ohnehin nicht als jemanden bezeichnen, der seinen Gefühlen freien Lauf ließ. Dazu musste er schon betrunken sein. Und genau aus diesem Grund gab er nun der Kellnerin Zeichen, die wenig später an den Tisch geeilt kam.

 

"Bringen Sie uns bitte einen Rotwein, und ich nehme das Gericht Nummer 12. Jamie?"

"Ich hab noch gar nicht in die Karte gucken können, du Horst", murrte der Kerl mit den langen Haaren, die er allerdings wie so oft, wenn er sich abseits der Bühne befand, zu einem Zopf gebunden hatte. Angestrengt angelte er nach Caris Speisekarte, legte sich beinahe über den ganzen Tisch, bis der Schlagzeuger schließlich Erbarmen zeigte und sie ihm mit einem Grinsen reichte. Sofort musste er wieder an das Gerücht denken, was die Runde in bandinternen Kreisen zog. Ja, es wäre zu lecker gewesen, würde es sich bewahrheiten. Besonders, wenn Jamie so mürrisch war und schaute, als hätte er in eine Zitrone gebissen, gefiel er Cari gut, warum, das konnte er sich selbst nicht beantworten. Aber eigentlich gefiel er ihm immer. Die einzige Situation, in der Jamie ihn ein wenig anpiepte, war, wenn er wieder nur Augen für irgendwelche aufgetakelten Hühner hatte. Zum Glück hielten sich in diesem Restaurant vornehmlich alte Ehepaare oder Arbeitskollegen in den mittleren Jahren auf. Somit brauchten keine Konkurrenzgedanken aufzuflammen, was Cari freie Bahn ermöglichte.

 

"Ja, ich nehme auch die 12", entschied Jamie schließlich nach einer Weile und klappte dann die Karte zu. "Außerdem noch einen Whisky."

"Schnapsnase", murmelte Cari amüsiert vor sich hin, woraufhin sich ihre Blicke kurz trafen. Jamie allerdings trug noch immer sein Pokerface und sagte gar nichts dazu, was Cari dazu berief, das Gespräch am Laufen zu halten. "Ich dachte immer, du magst keinen Fisch."

"Ich mag nur keinen Lachs", korrigierte er seinen Freund und zog die Tischdecke vor sich glatt, pfriemelte dann eine Zigarette aus seiner Hosentasche und schob sie sich zwischen die Lippen. Fragend schaute er seinen Freund an. "Auch eine?"

"Ich hab selber", erklärte er und klopfte sich auf seine eigene Hose, während er das Bedürfnis verspürte, endlich zum Wesentlichen überzugehen. Dass Jamie nicht gefragt hatte, wieso er ihn heute hierher geordert hatte, wunderte ihn doch sehr. Er hätte im Grunde damit gerechnet, dass er sich anders benahm als sonst, doch auch das war nicht der Fall. Er war ziemlich locker, auch wenn er nicht gerade begeistert dreinschaute. Vielleicht fürchtete er tief in seinem Inneren doch, dass Cari ihm jeden Moment einen Antrag machte. Doch diese Angst wäre natürlich vollkommen unbegründet gewesen. So weit wollte der Schlagzeuger dann auch wieder nicht gehen. Zunächst musste sich langsam vorgetastet werden, mit viel Fingerspitzengefühl, bevor man überhaupt im Ansatz an Hochzeit denken konnte.

Er wartete ab, bis ihre Getränke herangetragen wurden, bedankte sich gut gelaunt bei der Kellnerin für das Einschenken und nippte dann an seinem Glas, Jamie durchgehend musternd, welcher selbst seinen Whisky zunächst komplett ignorierte und anstelle mit abwesendem Blick rauchte.

Die Spannung durfte eindeutig nicht zu schnell verpuffen. Jamie sollte ruhig ein wenig Fracksausen bekommen. Aber Cari wusste, er würde noch zur Genüge schwitzen, wenn er ihn erst einmal filzte...

 

Entschieden stellte er sein Glas ab, das dabei ein dumpfes Geräusch von sich gab. Die Stunde der Wahrheit war gekommen. Nun gab es kein Entrinnen mehr.

"Uns ist da etwas aufgefallen an dir", begann er und maß Jamie mit prüfenden Blicken aus schmalen Augen.

"Was denn aufgefallen?", wollte Jamie wissen, allerdings noch nicht sehr alarmiert klingend. Lediglich seine Hand mit der Zigarette ließ er sinken. "Und wer ist 'uns'?"

"Na, Tim, Rikki und ich", brachte Cari ein wenig Licht ins Dunkel, schwieg dann jedoch wieder und zündete sich selbst eine Zigarette an der zwischen ihnen stehenden Kerze an. Es machte solch einen Spaß, seinen Freund ein wenig hinzuhalten. Fraglich, ob es ihm auch so gut gefiel wie Cari. Jamies Gesichtsausdruck nach zu urteilen war er nach wie vor alles andere als begeistert. Ob er ahnte, auf was Cari anspielte?

"So, und was ist euch nun an mir aufgefallen?" Jamie schien zunehmend unruhiger zu werden. Auch seine Geduld währte nicht unendlich, das wusste Cari. "Dass ich zu viel saufe? Oder dass ich nicht so hohl bin wie ihr?"

"Sei doch nicht so sarkastisch", schnurrte Cari mit samtweicher Stimme und spielte am Stiel seines Weinglases. "Tim hat da was beobachtet, und ich würde nun gerne erfahren, was dahintersteckt."

"Ach, hat der mich bespitzelt?", brauste Jamie auf. Sein Zigarettenstummel fand sein jähes Ende im Aschenbecher, wo der Sänger ihn brutal plattdrückte. "Ihr seid solche Honks, wisst ihr das eigentlich? Aber es ehrt mich schon irgendwie, dass ihr mich so interessant findet."

Cari brummte nur, trank wieder an seinem Wein. Ja, ja, ja, Jamie war in der Tat sehr interessant. Besonders ihn interessierte er, eigentlich schon seit ziemlich langer Zeit. Ein Bisschen bi war Cari schon immer gewesen, hatte es allerdings nie an die große Glocke gehangen. Denn Männern war lediglich seine sexuelle Begierde vorbehalten. Wirklich verlieben konnte er sich nur in Frauen, und deswegen hatte er auch nur mit diesen einige Beziehungen geführt. Auch Jamie sah er in keinem anderen Licht als all die anderen Kerle, mit denen mal etwas gelaufen war. Natürlich existierte da der Freundschaftsbonus, der sich ohnehin schon fast wie Liebe anfühlte. Und im Grunde konnte man Freundschaft tatsächlich als eine Form von Liebe bezeichnen. Ja, er liebte seinen kleinen, schnuckeligen Jamie eben. Und Jamie liebte ihn auch. Aber bisher bestand da eine Barriere zwischen ihnen, welche keine körperliche Intimität zwischen ihnen erlaubte. Doch diese würde man heute hoffentlich niederreißen...

 

"Boah, jetzt spucks schon aus", verlangte Jamie mittlerweile vollkommen entnervt. "Hör auf, hier so ein Geheimnis daraus zu machen. Komm zur Sache."

"Ohohoho, ich hätte nicht gedacht, dass du mir schon jetzt an die Wäsche willst", ärgerte Cari seinen Freund, was leider nicht sonderlich gut ankam. Jamies Augen sprühten in der Tat Funken, doch als Cari ihm verführerisch zuzwinkerte und dabei mit der Zunge schnalzte, verschwand dieser Ausdruck sehr schnell und machte Platz für etwas, das man nicht so recht deuten konnte. Irgendetwas zwischen Fassungslosigkeit und...Sehnsucht. Mochte er es etwa tatsächlich, wenn Cari mit ihm flirtete? Das war ja hochinteressant. So interessant, dass Cari schon von sich aus zur Sache kommen wollte. Leider war damit nicht der Nackt-Part gemeint. Zumindest noch nicht.

 

"Tim hat gemeint, er hätte dich gesehen, wie du dir neulich im Zeitungsladen auf dem Bahnhof ein Pornoheftchen gekauft hast. Aber nicht mit Frauen. Mit Männern."

Zack, die Falle war zugeschnappt. Cari hatte es absichtlich noch verrucht klingen lassen, und wahrscheinlich ergänzte sein wartender Blick diese Worte. Von unten herauf schaute er zu Jamie hinüber, der ungerührt dasaß und nur die Stirn runzelte. Schade, dass er nicht rot anlief wie ein Mädchen, zu stottern und sich herauszureden begann. Aber Letzteres hätte ihm ohnehin nichts gebracht. Nicht nur Tim hatte Jamie mit dem Heft beobachtet. Neulich im Hotel, da hatte er es aus seiner Reisetasche herausragen gesehen. Also kein Grund für Cari, nicht aufs Ganze zu gehen. Der schöne Sänger war umzingelt. Und umso näher die Wahrheit rückte, desto ungehaltener wurden die Triebe des anderen. Er wollte nichts lieber, als Jamie endlich klarzumachen, in sein Bett zu schleusen, um ihm dort zu zeigen, was ein Mann ihm wirklich bieten konnte, dass es viel schöner war, mit einem zu schlafen als nur ein paar leblose Bildchen in einer Zeitschrift anzuschauen und sich gewisse Dinge vorzustellen.

Schließlich war Cari aufgrund seiner Fantasien so verrückt, dass er kaum noch einen Sinn für das Essen hatte, das ihnen schließlich serviert wurde. Es war gut, aber von Jamie zu kosten, das wäre noch so viel besser gewesen, wusste der Schlagzeuger.

Wie um seine Absichten zu verdeutlichen schob er ein kleines Stück des Fischfilets in seinen Mund und grinste Jamie dabei lasziv an. Dieser tat noch, als würde ihn das irritieren, schaute deswegen konzentriert auf seinen Teller und schien ganz vergessen zu haben, zum Protest gegen die erst genannte Anschuldigung anzusetzen.

 

"Du versuchst ja nicht mal, dich zu verteidigen", bemerkte Cari zufrieden. "Also stimmt es?"

Bockig zuckte Jamie mit den Schultern. Oh, da reagierte doch nicht etwa jemand gereizt? Und das auch noch so früh? Dabei war Cari doch noch lange nicht damit fertig, in Jamie vorzudringen. Die Zweideutigkeit davon sollte man ebenfalls nicht außer Acht lassen...

"Findest du Männer schön?"

Fast tat es Cari leid, dass Jamie sich zunehmend unwohl fühlte. Er wollte ihn ja von seinen Qualen erlösen. Aber dazu musste er erst genau wissen, woran er bei seinem Freund war. Und dieser schaltete entgegen seiner Erwartungen zunächst auf Stur.

"Was geht dich das an, was ich schön finde und was nicht?", pampte Jamie ihn an, der sich mit seinem Schnaps in der Hand regelrecht verschanzt zu haben schien. Einen Arm hatte er schützend um seinen Körper geschlungen. Wahrscheinlich bereitete die Filzerei ihm immer größeres Unbehagen. "Und um mich diesen Quatsch zu fragen, hast du mich hier so feierlich eingeladen? Sorry, aber die Mühe hättest du dir schenken können."

"Hey, sei doch nicht so sauer", versuchte Cari ihn zu beschwichtigen, doch Jamie schaute demonstrativ in eine andere Richtung, seinen Teller hatte er längst an den Rand des Tisches geschoben. Als die Kellnerin wieder an ihren Tisch trat und ihn fragte, ob es denn nicht geschmeckt hätte, sagte er gnadenlos die Wahrheit.

"Mir ist der Appetit vergangen." Seine Blicke huschten messerscharf über sein Gegenüber. "Sie können es mir gerne einpacken, vielleicht kommt der Hunger ja später wieder, wenn ich zu Hause bin und man nicht mehr in meinen privatesten Angelegenheiten herumstochert."

"Och, Jamie..."

"Nicht 'Och Jamie'. Leck mich doch."

Die Kellnerin verzog sich schnell, als es begann, deftig zu werden. Jamies Wortwahl nahm einen immer aggressiveren Ton an, ganz anders, als Cari es sich vorgestellt hatte. Vielleicht war er aber auch selbst schuld. Womöglich war er falsch an die Sache herangegangen. Schließlich handelte es sich hierbei um ein sensibles Thema, und Cari hatte bisher mit keiner Silbe erwähnt, dass auch er sich nicht ganz uninteressiert an Männern zeigte, ja, dass er sich speziell mit Jamie einiges vorstellen konnte. Der Sänger dachte sicherlich, dass er ihn nur diesbezüglich ausquetschte, um sich insgeheim über ihn lustig zu machen. Dabei entsprach dies ganz und gar nicht der Wahrheit.

 

"Jamie. Sorry, Mann." Cari rang mit den richtigen Worten. Entschuldigungen gingen ihm stets recht schwierig von den Lippen. "Ich wollte dich gar nicht ärgern. Ich frag dich das doch nur, weil...na ja, weil ich eben hellhörig geworden bin, als die Möglichkeit bestand, dass du auf Männer stehen könntest. Ich steh nämlich auch...auf Männer. So bisschen halt."

Daraufhin schwieg Jamie, wurde bedeutend ruhiger, ja fast ein wenig nachdenklich. Oder doch geschockt? Schließlich hätte man Cari nicht unbedingt zugetraut, dass dieser schwule Neigungen hegte. Genauso wenig, wie Jamie je diesen Eindruck erweckt hatte. Es war eben ein Kreuz, dass man Menschen ihre Sexualität nicht an der Nasenspitze ansah. Die Klischeeschwulen aus dem nachmittäglichen Fernsehprogramm waren rar gesät, und diese hätten Cari ohnehin nicht interessiert. Das was er wollte war ein wilder Kerl, ein unersättliches Luder, und all diese Aspekte meinte er in Jamie finden zu können. Jamie würde all seine feuchten Träume erfüllen können, da war er sich ganz sicher. Und im Gegenzug dazu war ihm klar, dass Jamie ihn brauchte, um komplette sexuelle Befriedigung zu erlangen. Sie würden perfekt zueinander passen, aber sah Jamie das auch so?

 

"Ich find dich eben gut", redete er weiter, noch immer nicht wissend, wie er sich ausdrücken sollte. "Als Tim eben meinte, dass du wohl was von Typen willst, da hab ich halt nen Spielgefährten gewittert."

Noch immer schaute Jamie lediglich betreten vor sich hin, knaupelte auf seinem Lippenpiercing herum. Konnte der Kerl nicht endlich mal Klartext reden?

"Aber wenn das ein falscher Verdacht war oder ich nicht dein Typ bin, dann..."

"Ach, halt die Klappe."

"Was?"

"Die Klappe sollst du halten."

"Warum?"

Jamie lehnte sich zu ihm vor. Das Licht der Kerze zeichnete warme, zuckende Schatten auf sein Gesicht.

"Weil ich dir jetzt nicht in Gegenwart der ganzen Rentner sagen will, was grad in meiner Hose abgeht."

"Oh."

"Ja, 'oh'."

Eine Woge der Erleichterung und des puren Glücks überrollte Cari geradewegs, und auch in seiner Hose spielte sich einiges ab. Doch am meisten spürte er sein bis zum Abwinken donnerndes Herz, das ihm regelrecht die Luft zum Atmen nahm. Abheben hätte er können, in die Hände klatschen und um den Tisch tanzen. Nichts war so schön wie eine erwiderte Liebe, auch wenn diese nur zwischen die Beine zielte. Liebe war Liebe, und Cari fand beide Facetten derer sehr schön. So schön, dass er ihr nur zu gerne freien Lauf gelassen hätte. Aber nicht erst zu Hause. Nein, jetzt und hier.

 

Der Gesprächsfaden erwies sich auch jetzt nicht als sonderlich dick, deswegen schwiegen sich die beiden auch weiterhin mehr oder weniger an, bis Cari schließlich mit dem herausrückte, nach dem es ihm dürstete.

"Ich würde dich gerne küssen."

Sofort schüttelte Jamie alarmiert den Kopf.

"Aber die Leute..."

"Die werden es schon überleben", erwiderte Cari keck und lehnte sich seinerseits in Jamies Richtung, sah ihm geradewegs in seine grünen Augen. "Seit wann kümmert es ausgerechnet dich, was die Leute denken..."

"Na ja..."

Jamie klang ein wenig unschlüssig, erst, als er Caris Hand spürte, die sich auf seine eigene geschlichen hatte, folgte er ihr mit neugierigen Blicken.

"Komm zu mir auf die Bank", flüsterte Cari ihm zu, lächelte ihn lieb an, und da Jamie sich im Grunde ebenfalls nach der lang ersehnten Nähe des anderen verzehrte, zögerte er nicht mehr lange und gesellte sich zu seinem Freund, der ihn sofort sehr herzlich in Empfang nahm.

Das Schmunzeln war ganz seinerseits, als Cari ihn mit seinem warmen Körper gegen die Lehne drückte, ihm bestimmt eine Hand auf den Oberschenkel legte und sich ihre Gesichter so weit näherten, dass sich mühelos ihre Nasen hätten berühren können. Doch anstelle derer fanden sich ihre Lippen zu einem zarten Kuss. Federleicht nur trafen sie aufeinander, und schon dies entfachte ein wohliges Prickeln in den beiden, dies und die Gewissheit, dass der jeweils andere tatsächlich auf Männer stand, dass Männer in ihm etwas auslösten, das eigentlich zu schön war, um wahr sein zu können.

Der Geschmack des Whiskys klebte noch an Jamies Lippen, bitter, scharf und so verführerisch, dass Cari glaubte, schon davon betrunken zu werden. Doch in Wirklichkeit war es die Leidenschaft, die immer heftiger zwischen ihnen schwelte, die ihm den Kopf verdrehte und dafür sorgte, dass der Kuss inniger wurde, mit geöffneten Lippen ausgeführt und mittels Einsatz ihrer Zungen. Nicht nur Jamie seufzte erleichtert ob dieses sinnlichen Zusammenspiels auf, auch Cari brummte genüsslich vor sich hin, als sie das intimste Erlebnis miteinander teilten, das sich jemals zwischen ihnen zugetragen hatte. Jede Berührung ihrer Zungenspitze sandte geile Schauer durch ihre Körper, versetzte sie in Spannung und machte sie hemmungsloser, so sehr, dass sie irgendwann eng umschlungen mehr auf der Bank lagen als saßen und sie erst von dem Dilemma mitbekamen, als sie den Kuss unterbrachen und sich tief in die Augen schauten.

"Scheiße, wir ficken ja fast", stellte Jamie entgeistert fest und wich etwas von seinem Freund, der allerdings nur wie ein verliebter Esel vor sich hin grinste, hingerissen von der Wonne, die Jamie ihm bereiten konnte. Selbstredend, dass er mehr wollte. Und der andere hatte ihm längst das Stichwort gegeben.

 

Er ließ die Kellnerin wissen, dass er zahlen wollte, und während diese sich auf den Weg zu ihnen machte, warf er Jamie einen vielsagenden, angetanen Blick zu.

"Wir gehen zu mir", bestimmte er kurz entschlossen, wogegen Jamie natürlich keinerlei Einwände zu erheben hatte, warum sollte er auch. Aber dennoch reizte es Cari, Jamie noch ein wenig zu necken. "Oder willst du lieber heim zu deinem Pornoheft?"

"Da fragst du noch?", grinste der Sänger und stibitzte sich prompt noch einen kleinen Kuss von seinem Freund. "Pass nur auf, wenn ich dich fotografiere und dann aus deinen Bildern ein Pornoheft bastle."

"Das kannst du gerne machen", raunte Cari, und bereits jetzt hatten die beiden Männer schon wieder ihre Köpfe eng zusammengesteckt. "Aber da du mich jederzeit in Echt haben kannst, denke ich, das wird nicht nötig sein."

Schließlich hockten sie ohnehin die meiste Zeit des Jahres aufeinander, verbrachten auf Tour sogar 24 Stunden des Tages in der Gegenwart des anderen - wozu dann also noch ein Pornoheft, wenn Cari sich sowieso geschworen hatte, Jamie seine Wünsche jederzeit zu erfüllen, auch wenn er ihn mitten in der Nacht weckte und rangelassen werden wollte?

 

Das war nun mal das süße Schicksal, das sich ergab, wenn man Gerüchten auf den Grund ging und diese sich als die Wahrheit herausstellten. Und Cari hätte sich keinen besseren Ausgang der ganzen Geschichte wünschen können, auch wenn der Weg bis zum Happy End zunächst ein wenig steinig angemutet hatte.

Doch wer in das Schloss wollte, der musste sich durch Dornen kämpfen.

Schlicht und ergreifend.

In Total Darkness

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Parted Thighs

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

From Behind

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Warm Afterglow


 

Warm Afterglow
 

 
 

 
 

"Eure Generation lebt das Klischee doch gar nicht mehr. Sex, Drugs and Rock'n'Roll werden irgendwann mit uns sterben. Guck dir die Typen doch an, die so auf den Brettern stehen. Alles kleine Pussys. Aber wenns den Kids gefällt..."

Von Anfang an hatte Cari Jocke, den Sänger von Hardcore Superstar, für nicht sonderlich sympathisch gehalten. Seine Band mochte zwar coole Musik produzieren, was auch ausschlaggebend dafür war, dass sie ein paar Gigs zusammen absolvierten, doch auf menschlicher Ebene kam es immer wieder zu dezenten Reibereien zwischen ihnen.

Cari hatte sofort mitgeschnitten, dass Jockes liebstes Hobby die Provokation war, und auch wenn seine Bandkollegen das Ganze eher als Spaß abtaten, so konnte der Schlagzeuger nicht so recht damit umgehen. Jockes Ansichten fand er besonders an diesem Abend zum Kotzen, und er hatte bereits innerlich aufgestöhnt, als der Sänger sich zu ihm auf den Balkon gesellt hatte, um genauso lässig über die Brüstung gelehnt wie er eine zu rauchen. Doch wahrscheinlich ging es ihm weniger darum, seiner Sucht zu frönen als darum, Cari mit seinem Geschwafel auf den Sack zu gehen. Die anderen Jungs schienen da drin im Hotelzimmer mächtig Spaß zu haben, dem lauten Gejohle und Gegröle nach zu urteilen, und die anderen Hardcore-Superstar-Mitglieder mochten ja auch ganz in Ordnung sein. Jocke allerdings war es auf keinen Fall.

 

"Klar leben wir das Klischee noch."

Cari war jemand, der solche Frechheiten nicht einfach auf sich sitzen lassen konnte. Im Gegenteil, sie brachten ihn auf die Palme und zwangen ihn regelrecht von innen heraus, die Sache richtigzustellen.

Stur starrte er geradeaus in den Nachthimmel, vor dessen Kulisse der Rauch ihrer Zigaretten in grauen Kräuseln aufstieg. Nichts und niemand hätte ihn dazu bewegen können, diesen Typen anzuschauen.

"Wenn ich wollte, könnte ich jede Nacht nen Groupie abschleppen."

"Aber offensichtlich tust du es nicht."

Cari kannte dieses Schema bereits. Nur weil Jocke der Ältere war, musste er noch lange nicht glauben, dass ihm auch automatisch das letzte Wort gebührte. Dennoch schien der Typ mit den langen Haaren sehr zufrieden mit der Art und Weise, wie er seine bekloppte Meinung als die einzig wahre anpries. Er nahm einen genüsslichen Zug von seinem Glimmstängel und Cari konnte sich nur zu gut vorstellen, wie fies er vor sich hingrinste.

"In deiner Nähe sehe ich aber auch keine potenzielle Braut."

Es war ja wohl nur zu offensichtlich, dass auch Jocke keinen Stich bei irgendjemandem gelandet hatte. Sonst bräuchte er Cari nun nicht auf dem Balkon belästigen. Vielleicht hätte er sich sein hochgepriesenes Klischee selbst noch mal durch den Kopf gehen lassen sollen. Viel schien ja davon nicht mehr übrig zu sein. Alles nur Schall und Rauch, dachte Cari verächtlich, der seinen aufgerauchten Zigarettenstummel achtlos in die Tiefe fallen ließ. Große Fresse, aber nichts dahinter.

 

"Du scheinst das ein bisschen falsch zu sehen, Kleiner."

Das Spiel ging also weiter. Jocke war geistig eindeutig noch zu fit für diese Uhrzeit, im Gegensatz zu Cari, welcher sich bereits ein paar Biere zu viel gegönnt hatte. Doch regelmäßiger Alkoholkonsum härtete ab. Man merkte ihm nicht sonderlich viel von seinem Trunkenheitsgrad an. Nun, womöglich erging es Jocke nicht anders. Schließlich hatte man ihn den ganzen Abend über nicht einmal ohne Bierflasche angetroffen. Dieser Kerl war ein verdammter Alkoholiker, ganz ohne Zweifel. Was wiederum für das Leben seines Rockstarklischees sprach.

"So, was gibts denn da falsch zu sehen?", wunderte sich Cari in ziemlich gereiztem Ton, da auch seine Geduld nicht grenzenlos war. "Ich weiß ja nicht, wen du in diesem Hotelzimmer alles für weiblich hältst, aber ich kann dir sagen, wir vier haben alle nen Schwanz, auch wenn du uns offensichtlich für kleine Pussys hältst."

Aus den Augenwinkeln sah er, wie Jocke einen Blick durch die offenstehende Glastür warf und erneut auf eine äußerst süffisante Art grinste. Ein Ausdruck, der Bände sprach und auf der anderen Seite nur Fragen aufwarf. Als er schließlich Cari mit eben diesem amüsiert dreinschauenden Gesicht besah, ahnte der Schlagzeuger längst, dass hier etwas im Busch war.

"Wo steht denn geschrieben, dass Groupies unbedingt weiblicher Natur sein müssen?", fragte Jocke arglos nach und zog an seiner Zigarette, sodass die Aschefunken zu glühen begannen.

Nun war Cari endgültig verwirrt. Was wollte er ihm damit sagen? Dass er auch Typen fickte? Nein, das hätte er ihm im Grunde nicht zugetraut. Doch um ehrlich zu sein hatte er bisher auch noch nicht darüber nachgedacht. Schlichtweg, weil es ihn null interessierte, was oder wen dieser unmögliche Kerl poppte. So lange er ihm keine Avancen machte, konnte er sich sein AIDS einfangen, wo er wollte.

"Der Ärmste scheint echt sehr besoffen zu sein, wenn er sich dir anbietet."

Das war Caris voller Ernst. Auch wenn er seine Meinung eher leise verkündet hatte, so stellte es für ihn doch eine Tatsache dar, dass man so einen wie Jocke nur mit einer gehörigen Portion Geschmacksverirrung ranlassen konnte. Sollte er ihm doch eine in die Fresse hauen für diesen Spruch. Cari würde sich schon zu wehren wissen. Schließlich war er Schlagzeuger, und Schlagzeuger besaßen eine gehörige Muskelkraft in den Armen.

 

Zu Handgreiflichkeiten kam es allerdings nicht, denn Jocke hielt sich ja für intelligent genug, um Cari mit bloßen Worten zu schlagen. Körperlicher Einsatz schien nicht vonnöten zu sein. Jedenfalls keiner, der Gewalt zum Ziel hatte.

Cari hatte sich seelisch und moralisch längst auf eine kühne Erwiderung vorbereitet, doch Jocke führte etwas ganz anderem im Schilde. Eine Weile lang guckte er einschätzend zu dem Schlagzeuger hinüber, der sich nach außen hin nicht von diesem Kerl aus der Ruhe bringen zu lassen schien, sondern noch immer komplett gleichgültig wirkend auf der Brüstung lehnte. Dann jedoch griff er sich an die Gürtelschnalle und öffnete sie unter leichtem Klirren des Metalls, welches wiederum Caris Aufmerksamkeit weckte. Letzten Endes schaute er vollkommen entgeistert dabei zu, wie der Sänger sich an seinem Hosenstall zu schaffen machte, bis er nur noch in seine Unterhose fassen musste, um sein Glied herauszuholen und es Cari zu präsentieren. Einfach so.

"Das ist ja wohl Argument genug", fügte er überlegen klingend hinzu und deutete mit dem Kinn auf Cari. "Und jetzt zeig mal deinen, wenn du dich für einen solch geilen Stecher hältst."

In der Tat konnte man nicht von der Hand weisen, dass Jocke recht gut bestückt war, was auch das einzige darstellte, was er im Caris Augen zu bieten hatte. Cari ahnte bereits, dass er ziemlich alt aussehen würde, wenn er nun die Hosen runterließ, doch sein Stolz verbat es ihm, nun den Schwanz einzuziehen und sich nicht mit dem anderen zu duellieren. Also pfriemelte auch er an seiner engen Hose herum und befreite schließlich sein Ding, dessen Anblick Jocke zugleich mit einem leisen, beinahe mitleidigen Lachen kommentierte, welches er mit einem tröstenden Schulterklopfen untermalte.

"Damit könntest du vielleicht die Mädels beeindrucken, die mehr auf Dicke als auf Länge stehen", gab er seine Meinung ab, während Cari sich wie ein kleiner, bekloppter Schuljunge vorkam. "Aber eure Frontschnitte sicherlich nicht."

Cari musste kurz darin innehalten, sein Glied wieder sicher in seiner Hose zu verstauen. Verblüffte Blicke trafen auf die des anderen, welche dieser allerdings in einer Seelenruhe erwiderte.

"Was...Jamie? Wieso...woher..."

"Grüne Augen sind gefährlich...", schwelgte Jocke allerdings nur und schaute verträumt an Cari vorbei ins Leere. Dann ließ er von dem Schlagzeuger ab und machte Anstalten, in das Hotelzimmer zurückzukehren, wo noch immer der Bär steppte. Allerdings stoppte er vorher noch einmal im Türrahmen und warf Cari einen verschmitzten Blick zu.

"Vielleicht lässt er dich auch mal ran, wenn du noch zehn Jahre mehr auf dem Buckel hast", flötete er provokant. "Männer mit Erfahrung zieht er nämlich sogar noch welchen mit großen Schwänzen vor. Die Kombi allerdings aus beiden..."

Er zwinkerte Cari zu und verschwand endgültig aus dessen Blickfeld, was der Schlagzeuger sehr begrüßte.

 

Fassungslos und auch ein wenig verunsichert blieb er zurück und musste sich erst eine erneute Zigarette gönnen, um wieder runterzukommen. Diese Informationen hatten eindeutig zu viel Input bedeutet. Ehe er Jocke, aber erst recht auch Jamie wieder unter die Augen treten konnte, benötigte er ein paar starke Nerven.

Jamie. Die vage Gewissheit, dass zwischen den beiden Sängern etwas lief, versetzte ihm ein flaues Gefühl im Magen. Warum, das konnte er sich selbst nicht so recht beantworten.

Vielleicht lag es aber daran, dass er Jamie nie für so...primitiv und billig gehalten hatte.

 

In dieser Nacht war er ihm fremd geworden. Obwohl sie sich seit neun Jahren kannten und ihre Freundschaft so ziemlich das wertvollste darstellte, was Cari besaß...

 

 

Es war eine jener Nächte, in denen sich nach einem plötzlichen Erwachen der Schlaf partout nicht mehr einstellen wollte, trotz überbordender Müdigkeit. Cari hatte zuletzt solch eine Phase vor ungefähr einem Jahr durchlitten, in der ereignisreichen Zeit, in der sie mit Hardcore Superstar eine kleine Tour gespielt hatten. Diese hatte ihm nämlich einige Stunden beschert, die er mit unsinnigen Grübeleien verbracht hatte. Belastende Gedankengänge hatten ihn heimgesucht, die sich allesamt um Jamie, Jocke und deren sexuelle Beziehung zueinander drehten.

Natürlich war jede dieser Sekunden eine vergeudete gewesen, denn wenn Jamie mit Jocke poppen wollte, dann tat er das auch, was im Grunde ja auch kein Problem gewesen wäre. Aber Cari fühlte sich nicht wohl bei der ganzen Sache, bekam regelrechte Bauchschmerzen, wenn er nur die eindeutigen Geräusche hörte, die aus dem Nebenzimmer drangen. Er war sich ziemlich sicher, nicht eifersüchtig zu sein, zumindest redete er sich das ein, aber dennoch war er froh, als die paar Wochen endlich vorüber waren und sie Jocke samt seiner Band Lebewohl sagen durften.

Die Nächte, in denen er wach lag, minimierten sich, bis er die ganze Sache komplett vergessen zu haben schien, doch in Wahrheit hatte er sie nur verdrängt. Das sollte ihm schmerzlich bewusst werden, als die alten Wunden wieder aufgerissen wurden. Man sieht sich immer zweimal im Leben, besagt ein altes Sprichwort, und in diesem Fall traf es tatsächlich zu. Jocke und seine bekloppte Art sollten noch längst nicht Geschichte für Cari sein, wie sich nach einem geschlagenen Jahr herausstellte. Ein Sleaze-Rock-Festival stand vor der Tür, und Sister hatten zugestimmt, ihren Beitrag zu diesem zu leisten, noch Monate bevor auch Hardcore Superstar auf dem Line Up erschienen.

Ab dem Augenblick ihrer Teilnahmebestätigung kehrten die Albträume wieder zurück, die ekelhafte Wut in Caris Bauch und die Nächte, die für ihn nur zwei oder drei Stunden besaßen. Und das alles nur wegen Jamie. Wegen Jamie, von dem er wusste, dass er in dieser Nacht sein Wiedersehen mit Jocke feierte, dem erfahrenen Mann mit dem großen Schwanz.

 

Wie sooft teilte Cari sich das Zimmer mit Jamie, einfach, weil dies schon immer so gewesen war und Jamie auch der einzige war, der einen so gesunden Schlaf besaß, dass ihn Caris plötzliche Schnarchattacken nicht aufwecken konnten. Im Gegensatz dazu vernahm Cari jedoch jedes noch so kleine Geräusch, besonders dann, wenn es von seinem Freund ausging, und so schreckte er auch in dieser Nacht prompt hoch, als das andere Bett verräterisch zu knacken begann.

Unbeweglich blieb er liegen, während er beobachtete, wie sich ein heller Fleck aus den Federn erhob und schließlich in Richtung Tür tappte, sich dabei jedoch an einer Ecke stieß und einen leisen Fluch zischte. Doch auch dieses Hindernis konnte Caris Zimmernachbarn nicht von seinem merkwürdigen Vorhaben abhalten. Schon bald schloss er die Tür hinter sich, und Cari blieb allein zurück, mit klopfendem Herzen und kalten Händen.

Dieser beschissene Mistkerl, schimpfte er im Stillen, so wie er sich beleidigt, aber auch traurig der Wand zudrehte. Denn Cari wusste nur zu genau, was Jamie vorhatte. Nicht umsonst hatte der Sänger ein paar Stunden zuvor ziemlich genau die Nummer studiert, die Jockes Zimmer zuzuordnen war, und außerdem hatte Jamie laut eigener Aussage bereits den ganzen Tag einen ziemlichen Druck, den er bisher noch nirgendwo hatte ablassen können. Cari war ihm ja zu mickrig untenrum und außerdem nicht faltig genug, um es ihm gut zu besorgen. Warum also auch nur auf die Idee gekommen, mal seinen Freund zu fragen, ob dieser ihm nicht behilflich sein könnte? Vielleicht hätte er es ja sogar gerne getan. Aber nein, Jamie ging ja lieber zu dem Arschloch-Jocke, der ihn behandelte wie einen Gegenstand zur Lustbefriedigung. Aber womöglich stand er sogar darauf, nur auf seinen Körper reduziert zu werden. Na klar, diese kleinen, bedeutungslosen Abenteuer mochten schön unverbindlich sein, aber - war ein großer Schwanz von einem reiferen Kerl tatsächlich das, was er brauchte? Irgendwie wollte das in Caris Kopf partout nicht zusammenpassen. Er kannte Jamie als Hete, und diese bisexuelle Facette stand ihm in seinen Augen überhaupt nicht. Daran würde sich auch niemals etwas ändern, das wusste Cari ganz genau. Denn ein Jamie, der mit Männern verkehrte, war für ihn einfach nur zum Kotzen widerlich. Jedoch nicht aus homophoben Gründen, überhaupt nicht. Sondern aus rein emotionalen.

 

 

Zum Glück war es Sommer und selbst in einer so nördlichen Stadt wie Stockholm nicht sonderlich kalt, sodass Jamie es nicht bereuen musste, nur in seiner Panty losgezogen zu sein. Auf seine volle Montur hatte er keinen Bock gehabt, dafür war es viel zu spät, aber die Nacht brachte schließlich den Vorteil mit sich, dass man kaum noch Menschen auf den Gängen traf. Somit konnte er ungehindert das tun, was er tun musste, hatte er doch ohnehin lange wachgelegen und über Jocke nachgedacht, über ihre letzte gemeinsame Nacht, die in seinen Augen bereits eine halbe Ewigkeit zurücklag, viel zu lange jedenfalls.

Jocke war gut im Bett, der Sex gab ihm wirklich was, obwohl er das vor ihrem ersten Mal bezweifelt hatte. Doch schon bald hatte er ihn auf den Geschmack gebracht, und ab diesem Tag hielt er weniger Ausschau nach irgendwelchen heißen Bräuten, sondern erinnerte sich immer wieder mit einem schmutzigen Grinsen daran, wie der andere Sänger ihn ohne irgendeine Gnade genommen hatte, obwohl er in solchen analen Sachen noch Jungfrau gewesen war und es ihm am Anfang ziemliche Schmerzen bereitet hatte. Aber es hatte sich um eine ganz neue Erfahrung für den jungen Schweden gehandelt, und er genoss es wirklich auf eine ganz perverse Weise, mal nicht den Ton im Bett anzugeben, sondern benutzt zu werden, auf die rohe, rabiate Tour, denn nur ein harter Fick war für ihn ein wirklich guter, egal, ob er die aktive oder passive Rolle einnahm. Gegen One Night Stands hatte er ebenfalls nichts einzuwenden, und erst recht nichts gegen eine schmutzige, kleine Affäre, die zwar nur ein paar Tage gewährt hatte, nun aber wieder so richtig aufblühen sollte. Jocke wartete auf ihn, so hoffte er, und würde ihn gleich mit offenen Armen empfangen.

Also zögerte er nicht lange und pochte an dessen Zimmertür, wartete dann ab und sollte tatsächlich nicht enttäuscht werden. Nicht umsonst hatte Jocke ein Zimmer für sich allein gewählt, und nun lehnte er schief im Türrahmen, nur in seinen Boxershorts und mit diesem dreckigen Grinsen im Gesicht, das er am liebsten dem jungen Sänger schenkte.

"Na, hast du mich vermisst?", begrüßte er sein Betthäschen, während seine Blicke begehrlich über den halbnackten, gut gebauten Körper Jamies wanderten und sich prompt ein paar anzügliche Fantasien in seinen Kopf schlichen. Und sie sollten sogar noch präziser werden, als Jamie ihm forsch seine Hand in den Schritt schob und ihn ausgiebig dort befühlte, wo er seine überzeugendsten Argumente wähnte.

"Das hier hab ich vermisst", raunte Jamie mit beginnender Gier in der Stimme, und spätestens jetzt konnte auch er sich kein Schmunzeln mehr verkneifen. Eine heiße Nacht wartete auf ihn, schließlich wusste er genau, dass Jocke ihn auch wollte. Ihn und besonders seinen kleinen, engen Schwedenarsch.

 

"Na dann komm rein", erlaubte Jocke ihm und deutete mit einer Kopfbewegung in sein dunkles Zimmer. "Du hast schließlich einiges nachzuholen. Ein ganzes Jahr ohne was Ordentliches..."

Jamie erwiderte nichts daraufhin. Er freute sich lediglich, dass er nun gleich das bekommen sollte, nach was er sich sehnte, deswegen verkniff er es sich auch, großartig zu widersprechen. Manchmal trug Jocke nämlich ein bisschen zu dick auf. Auch der Verkehr mit Frauen konnte Jamie komplett erfüllen, es war bei weitem nicht so, als ob das mit Jocke das einzig Wahre darstellte. Es bot sich ihm lediglich als willkommene Abwechslung an, als etwas besonders Verruchtes und Derbes, einfach, weil sich eine Nummer mit einem Kerl ganz anders anfühlte als eine mit einer Frau. Jocke konnte es ihm gut besorgen, das stand außer Frage, aber auf ihn beschränkt hätte sich Jamie um keinen Preis der Welt. Zum Glück stand dies ohnehin nicht zur Debatte, denn das zwischen ihnen, das war nur Sex, ohne jede Verbindlichkeiten oder Gefühle. Das einzige, was sie miteinander teilten, waren die Lust und ihre Körperflüssigkeiten. Nicht mehr und nicht weniger. Und dies sollte auch in dieser Nacht nicht anders sein.

 

Kaum, dass die Tür zugefallen war, packte der Ältere seinen Gespielen am Arm, schmiss ihn unsanft auf sein Bett und hockte sich schon bald rittlings über ihn. Noch wusste seine Hand, wie man sanft und aufreizend über Jamies warme, fast haarlose Haut strich, doch schon bald würde die Stimmung komplett kippen, ahnte der Sänger mit den fast hüftlangen Haaren. Jocke wusste, wie man ihn fix und fertig machte, wie man ihn mit einer fast grenzenlosen Ausdauer forderte und ihm sogar Schreie entlockte, die er sich einfach nicht mehr verkneifen konnte. Alles was er tat schien nur dann noch durch Reflexe ausgelöst zu werden aufgrund seiner fehlenden Beherrschung, die komplett flöten ging, sobald man ihn auf den Schoß nahm und ein paar mal auf seinen geilen Punkt eindonnerte. In diesen Momenten gefiel er Jocke ganz besonders gut, dann bekam er auch mal eine Ohrfeige verpasst und wurde als Schlampe beschimpft, was ihn aber nur noch hemmungsloser reiten ließ, bis bereits nach wenigen Minuten der brennenden Leidenschaft alles vorbei war. Die heutige Nacht würde sich sicherlich nicht länger hinziehen als die davor, vielleicht würde sogar das Gegenteil der Fall sein, schließlich hatte Jamie Hunger und spürte bereits jetzt die Lust in sich emporkriechen, so wie Jocke mit flinken Fingern sein Glied befreite und es in einem Tempo pumpte, das Jamie sofort in Betriebstemperatur versetzte. Noch konnte er es sich verkneifen, zu stöhnen oder gar aufzuschreien, und so konnten sie beide nur zu deutlich die Sirenen eines vorbeiziehenden Polizeiautos vernehmen.

"Hörst du das?", wisperte Jocke ihm ein sein Ohr, während er zu keinem Zeitpunkt von seinem Spielzeug abließ, das bereits jetzt die Beine für ihn spreizte und sie zudem leicht anzog; die perfekte Position für das Kommende.

Er schaute dem anderen nun in seine von Ergebenheit erfüllten, lustverschleierten Augen, die das allmähliche Schwinden seines Verstandes offenbarten. Jamie war noch so jung, und junges Fleisch war so leicht erregbar. Ein Glück, dass Jocke oft bis zum Schluss ganz er selbst war, die Fäden in der Hand hielt, die Jamie schon längst fallen gelassen hatte. Es war nur zu eindeutig, dass dieses wundervolle, sexgeile Luder einen erfahrenen Mann im Bett brauchte und sonst nichts.

 

In bedrohlicher Langsamkeit führte Jocke seinen Zeigefinger über Jamies glatte Wange, erspürte seine Kieferpartie und schließlich den aufgeregt donnernden Puls, der von seiner Halsschlagader ausging.

"Sie wollen dich bösen Buben haben", flüsterte er seinem schönen Jungen zu, der sich allerdings nicht rührte, sondern lediglich in seiner schmerzenden Ungeduld zu wimmern begann.

Das war für Jocke das Zeichen, endlich zum Wesentlichen zu kommen. Sein Gesicht verließ das Ohr des anderen, wanderte über dessen Halsbeuge und verteilte dort ein paar wenig zärtliche Küsse, in denen seine Zähne ebenfalls eine wichtige Rolle spielten. Gleichzeitig pinnte er entschieden Jamies Handgelenke über dessen Kopf fest.

"Sie können dich von mir aus festnehmen", ergänzte er, ebenfalls von einer beginnenden, leidenschaftlichen Gier erfasst, so wie er sich gegen den Körper Jamies bewegte. "Aber nicht solange ich dich hier fest nehme."

 
 

*
 

 
 

Cari hatte wirklich alles versucht, um wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf zu tanken.

Zuerst war er aufgestanden, um eine zu rauchen, dann noch eine, schließlich hatte er sich wieder ins Bett gelegt und seine Kopfhörer aufgesetzt, in der Hoffnung, etwas Musik würde ihn ablenken und einschläfern können. Doch selbst der langsamste Titel bewirkte überhaupt nichts. Seit heute schien er jeden nur erdenklichen Scheiß mit Jamie in Verbindung zu bringen, egal, ob er von Liebe oder Hass handelte. Einerseits wünschte er sich nichts lieber, als den Jungen an die Wand zu klatschen, so, wie er es sich seiner Meinung nach verdient hatte, aber auf der anderen Seite wollte er ihn in sein Bett ziehen, sich gegen seinen Rücken schmiegen und ihm beweisen, dass Jocke nichts hatte, was er nicht auch besaß. Ja, hier ging es um verletzten Stolz, um die Kränkung seiner Männlichkeit und der Tatsache, dass Jamie dies auch noch unterstützte. Wer weiß, was Jocke ihm alles über ihn erzählt hatte. Wer weiß, was sie außer zu poppen noch so da drüben trieben. Vielleicht werteten sie gemeinsam Caris Ding aus, seinen blöden Schlappschwanz, der ohnehin niemandem Vergnügen schenken konnte aufgrund seiner dreizehn Zentimeter. Jamie kannte ihn nackt, wusste, wie das aussah, was da zwischen seinen Beinen baumelte und unter diesen Umständen hätte er sich niemals vor ihm ausgezogen.

Hach, was reimte er sich da nur für einen Unsinn zusammen? Im Grunde hatte er selbst die Tracht Prügel verdient, die er Jamie verpassen wollte, wenn dieser sich mal wieder in ihr gemeinsames Zimmer bequemte, falls er dies überhaupt tat. Jamie würde wahrscheinlich kein einziges Wort mit diesem Jocke wechseln, weil dieser seinen Mund ganz sicher zu keiner Zeit sprechen sehen wollte. Jamie war für ihn doch nur eine Nutte, die es zu aller Ärger auch noch umsonst mit ihm machte.

Nein, er musste dringend mit ihm reden. Ernsthaft und in aller Ruhe. Sachlich und ohne dabei einen Seelenstriptease hinzulegen. Ein Gespräch von Freund zu Freund musste her, von Mann zu Mann. Doch das würde wohl bis morgen warten müssen. Als Jamie nämlich doch noch zurückkehrte und Cari erschrocken anstarrend im Türrahmen stehen blieb, da das Licht brannte, sah der Schlagzeuger auf den ersten Blick, dass der Junge komplett hinüber war. Kratzer prangten auf seiner hellen, teilweise tätowierten Haut, sogar Bissspuren meinte er ausmachen zu können. Offensichtlich hatte es also eine wilde Nacht gegeben. Jamie wollte sicherlich nur noch pennen und sich regenerieren. Doch Cari war nicht bereit dazu, ihn sich ohne groß ein Wort zu verlieren hinlegen zu lassen. Zumal Jamie von sich aus begann, in seiner Verwunderung einen Gesprächsfaden zu spinnen.

 

"Du bist ja wach", stellte er verwirrt fest und runzelte die Stirn. Erst dann trat er langsam in das Zimmer ein und schloss die Tür behutsam hinter sich. Cari starrte ihn dabei unentwegt an, was er allerdings nicht zu bemerken schien.

"Du warst wieder bei ihm", entkam es dem Schlagzeuger unmittelbar. Er konnte nicht einmal den Funken Enttäuschung verbannen, der in seiner Stimme mitschwang. Zu viele Gefühle machten ihn gerade unsicher, um dass er sie hätte einfach herunterschlucken können.

Wieder hielt Jamie inne, blieb noch vor seinem Bett stehen und blickte Cari aus großen Augen an.

"Woher-"

Mit einem Mal klang Cari sehr müde.

"Jamie, ich kenn dich."

Der Sänger schien nicht mehr zu wissen, was er darauf erwidern sollte. Etwas ratlos blinzelte er seine Bettdecke an und strich sich dann eine Strähne hinter das Ohr, welche sich aus seinem durch den Sex in Unordnung geratenen Zopf gelöst hatte.

"Ja, ich war bei Jocke", erklärte er schließlich leise. "Und irgendwie hatte ich schon letztes Jahr das Gefühl, dass du damit ein Problem hast."

Ein großer, drängender Enthusiasmus stieg in Cari empor, sodass dieser es nicht mehr schaffte, sein Mundwerk zu zügeln.

"Und ob ich damit ein Problem habe", gab er bestimmt zu und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand hinter sich. "Du scheinst es nicht zu raffen, oder?"

"Was raffen?"

Cari gestikulierte wütend mit den Händen.

"Jocke ist ein absoluter Arsch. Mich würde es nicht wundern, wenn er nicht einmal deinen Namen kennt. Ist dir denn nicht klar, dass du für den nur ein Fickstück von hunderten bist?"

Jamie wusste partout nicht, was er damit anfangen sollte. Verwundert runzelte er die Stirn und knaupelte an seinem Lippenpiercing, wie immer, wenn er nervös war.

"Ähm, ich weiß ja nicht, was dich das jetzt angeht, aber ich hab damit kein Problem", offenbarte er dem anderen schließlich. "Ich hab nicht vor, ihn zu heiraten oder so. Und du brauchst auch keine Angst zu haben, Crow, ich mach mit dem jetzt bestimmt auch nicht auf Best Buddy, nur weil er mich paar Mal gefickt hat."

Eine Weile schwiegen sie sich an, denn auch Cari waren die Worte ausgegangen. Verbissen starrte er an die weiße Wand und versuchte, seine Gedanken zu ordnen, was ihm aber aufgrund der Sachlage absolut nicht gelang. Jamie war also wirklich nur eine billige Schlampe, für die lediglich die sexuellen Künste seines Gespielen zählten und sonst nichts.

 

"Gut", schnaubte der Schlagzeuger irgendwann, drauf und dran, dieses fruchtlose Gespräch in die Tonne zu treten. "Dann ist es dir bestimmt auch egal, dass mich dieser Typ da ziemlich beleidigt hat."

Plötzlich brach die geladene Stimmung ein. So wie Jamie Cari anschaute, machte sich so etwas wie Bestürzung in seinem Gesicht breit.

"Wie, beleidigt?"

"Na..."

Jetzt stand Cari also doch kurz vor dem Seelenstriptease. Doch was machte es schon, nun komplett mit der Sprache herauszurücken? Schlimmer konnte es ohnehin nicht mehr kommen.

Also holte er tief Luft und musterte angestrengt seine Fingernägel, während er schweren Herzens zu reden begann.

"Jocke meinte, ich würde deinen Ansprüchen nicht genügen, weil ich einen zu Kleinen habe. Und ich wäre dir nicht erfahren genug, weil ich zu jung bin und du eher auf Ältere stehst. Ja, ich weiß, was du nun denkst, aber es ist eben so. Ich fand das scheiße. Ich komm mir hier vor wie der letzte Idiot."

Er hatte gar nicht gehört, wie Jamie sich seinem Bett genähert hatte, war er doch viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, seine Gefühle bestmöglich in Zaum zu halten. Erst als der andere zu ihm unter die Decke schlüpfte und er dessen warmen Körper ganz nah bei sich spüren konnte, wurde ihm bewusst, was gerade zwischen ihnen passierte.

"Aber das stimmt doch nicht", flüsterte Jamie, der unentwegt über seinen Kopf streichelte, während Cari mit einem Mal dieses verräterische Drücken unter seinen Augenlidern spürte. Jamies Duft, der leider nicht mehr so wundervoll war wie sonst aufgrund von Jockes Spuren, seine so vertraute Stimme sowie dessen sanfte Berührungen, die ihm gerade so gut taten, spielten ihm ziemlich übel mit. Am liebsten hätte er die Umarmung erwidert, sie noch intensiviert und damit signalisiert, dass er seinen Freund nie wieder mit einem anderen teilen wollte, doch das hatte Jamie sich nicht verdient. Jamie hatte dafür gesorgt, dass er sich so allein wie nie gefühlt hatte, doch dafür war er nun so sehr für ihn da wie noch nie. Wie noch nie in diesen ganzen neun Jahren, in denen sie zusammengehalten hatten wie Pech und Schwefel.

 

"Cari, das stimmt nicht..."

Wie ein Hauch nur strich Jamies warmer Atem über die Stirn seines besten Freundes, welcher sich, seitdem diesem innigen Körperkontakt bestand, nicht einmal gerührt hatte. Er wirkte wie in einer Schockstarre gefangen, doch seine Muskeln waren nicht angespannt, woran Jamie erkannte, dass Cari diese Situation nur zu sehr genoss, um sie auch nur mit der kleinsten Bewegung in Gefahr zu bringen.

Ganz langsam, fast zaghaft fuhr er mit den Fingerspitzen über die nackte Schulter des anderen, abwärts über dessen Arm. Cari war natürlich nicht der erste Mann, den er auf diese Art anfasste, aber es fühlte sich dennoch ungewohnt an, über diese ihm so bekannt wie seine Westentasche vorkommenden Tattoos zu streicheln. Sie waren Freunde gewesen, und diese zärtliche Facette hatte bisher keinen Platz in ihrer Beziehung gefunden. Sie waren Freunde, nur Freunde, zumindest hatte Jamie das geglaubt. Bis zu diesem Moment, in dem er sicher wusste, dass sie nicht nur Freunde waren.

 

"Cari...", seine Stimme stockte, als der andere zu ihm aufschaute, mit solch flehenden, verzweifelten Augen, dass Jamie seine Gefühle kaum noch unter Kontrolle halten konnte. "Cari, du hast einen tollen Körper, du bist verdammt noch mal sexy und dein Penis...oh Mann, Baby, lass mich ihn in den Mund nehmen..."

Der Ausdruck in Caris Augen wandelte sich von einer Sekunde auf die andere gänzlich. Ein Feuer entzündete sich ihnen, und endlich wagte er es auch, Jamie von sich aus zu berühren, seinen nackten Rücken zu berühren und jedes noch so kleine Härchen zu ertasten, jeden Knochen zu erspüren, der unter seiner Haut hervortrat. All das erschien ihm wie ein Wunder, denn sein Jamie, der war ein Wunder für ihn. Der schönste und tollste Mann auf der ganzen Welt.

Ein vor Freude zitterndes Lächeln breitete sich nun auf dem makellosen Gesicht des Sängers aus, was ihn nur noch umwerfender wirken ließ. Wenn er lachte, wenn er so ehrlich lachte wie jetzt, dann schmolz Cari dahin, war schon immer butterweich geworden. Denn dieses Lächeln war selten. Jamie war niemand, der seinen Gefühlen für gewöhnlich freien Lauf ließ, doch wenn er es tat, dann war es immer ehrlich. Dann versteckte er keinen einzigen Teil seiner Seele. Dann war er Jamie, mit den all den Facetten, die sein Freund so an ihm liebte.

"Außerdem...außerdem kannst du bestimmt voll gut blasen, weil du deinen Würgereflex so geil unterdrücken kannst", fuhr er fort, nahm nun das Gesicht des anderen in seine Hände, welcher noch immer in abwartender Freude in seine Augen schaute. "Du bist ganz sicher ein fantastischer Liebhaber. Aber...das ist doch auch alles gar nicht so wichtig. Du hast doch nicht wirklich gedacht, dass ich dich...abschiebe, nur weil du mir angeblich nicht gut genug bist?"

"Doch", sagte Cari ehrlich und nickte bitter mit geschlossenen Augen und aufeinanderpressten Lippen, was Jamie kaum mit ansehen konnte.

"Och, Cari", wimmerte er ergriffen und überbrückte schließlich die letzten Zentimeter, die zwischen ihnen lagen, um ihn mit seinem Kuss von seinem Leid zu erlösen, den sie für ein paar Sekunden reglos genossen, ehe Bewegung in ihre Körper kam, Cari sich behutsam über seinen Freund schob und Jamie es nur zu gerne zuließ, dass sie sich eng aneinanderschmiegten und sich weiterhin küssten, immer leidenschaftlicher, immer einnehmender.

Doch Cari musste sich noch einmal von seinen Lippen lösen, denn da war noch etwas, das er loswerden musste.

"Geh bitte nicht mehr zu Jocke", flüsterte er, woraufhin Jamie allerdings nur den Kopf schüttelte und mit dem Daumen seine Wange streichelte.

"Das hab ich auch gar nicht mehr nötig", erwiderte er leise, womit Cari sich zufrieden gab und dazu bereit war, eine seiner schlaflosen Nächte zum ersten Mal in vollen Zügen zu genießen...

 

 

Full On Sex


 

Full On Sex
 

(Paid Version)
 

 
 

 
 

Ein Musiker konnte sich wahrlich nicht über ein ereignisloses Leben beschweren.

Während der Tourphasen wachte man jeden Tag in einer anderen Stadt auf, und auch wenn man nicht viel von dieser und seinen Bauwerken bewundern konnte, so wurde man dafür umso intensiver mit deren Einwohnern konfrontiert. Zu fast jedem Land gab es das ein oder andere Klischee zu erzählen, und auch wenn der Großteil dieser sich als Übertreibung oder gar Lüge entpuppte, so existierten hin und wieder doch ein paar Mythen, die sich als korrekt herausstellten, wie Jamie und seine Bandkollegen herausfinden durften. So nannte man die Schotten geizig, die Italiener leidenschaftlich, wild gestikulierend sowie stets auf das gute Essen bedacht, wohingegen die Deutschen den Ruf genossen, Bier statt Wasser zu saufen und während Rockkonzerten besonders abzugehen. Somit war das deutsche Publikum bei den meisten Bands ein sehr geschätztes, und als Jamie an diesem Abend die Bretter enterte, schlug ihm sofort die Energie der Feiernden entgegen, die seiner eigenen in nichts nachstand. So schaukelten sich die ausgelassenen Gemüter gegenseitig hoch, trieben sich in den Wahnsinn und feierten selbst eine junge, unbekannte Band wie Sister gehörig.

 

Der Sänger war schlichtweg begeistert. In Deutschland wollte er auf jeden Fall öfter gastieren, beschloss er, so wie er sich nach einer kurzen Regenerationszeit nach Beendigung des Gigs zwischen die Menschen mischte, um sich zu den Trinkfesten an der Bar zu gesellen.

Er war noch immer verschwitzt, da die Menge ihm so kräftig eingeheizt hatte, und für eine Dusche war noch keine Zeit geblieben. Womöglich sah er ziemlich beschissen aus, mutmaßte er, seine Haare klebten ihm in strähnigen Fäden an der Wange und an der Stirn und sein Gürtel hatte noch ein paar weitere Nieten während der wilden Party eingebüßt. Aber so wie er sich seine Mitmenschen anschaute, wurde ihm bewusst, dass nicht nur er ziemlich heruntergekommen wirkte. Überall konnte man in makeupverschmierte, aber glückliche Gesichter schauen, hier und da war eine Frisur komplett ruiniert oder ein T-Shirt so weit, dass man es nur noch dem Müll übergeben konnte. Selbst diese beiden jungen, recht hübschen und im Grunde gut gestylten Mädchen da drüben waren nicht mehr makellos. Das knallpinke Trägertop der Blonden, die Jamie auf groteske Weise an Peter London erinnerte, wies einen großen, dunklen Fleck auf, welcher wahrscheinlich von einem verschütteten Jack stammte oder einer ähnlichen Spirituose. Limonade war auszuschließen, denn selbst jetzt hielten alle beide jeweils eine Flasche eines ziemlich harten Schnapses in der Hand, welcher das Deutschenklischee sogar noch übertraf. Selbst attraktive Damen soffen in diesem Land wie die Löcher, das war ja fast wie in Schweden. Hier fühlte der Sänger sich immer heimischer.

Trotzdem die Perfektion des Outfits der Dame quasi ruiniert war, schien sie keine schlechte Laune zu haben. Ihre brünette Freundin und sie stießen lachend an und kippten sich das offensichtlich bittere, braune Zeug hinter die Binde, wobei Jamie sie noch immer irgendwie fasziniert beobachtete. Doch dies führte schließlich dazu, dass sich ihre Blicke trafen und sich das Lächeln der beiden zu einem lasziven Grinsen wandelte. Leicht irritiert schaute Jamie in eine andere Richtung, denn er vermutete, mit seiner Glotzerei hätte er falsche Signale gesandt. Das Letzte, was er wollte, war, das sexuelle Interesse irgendwelcher dahergelaufener Damen zu wecken, befand er sich doch seit Jahren in einer intakten Beziehung mit einer wundervollen Frau. Leider gab es Personen, die solch einen Umstand zwar als Grund, nicht aber als Hindernis sahen und so dauerte es nicht lange, bis Jamie sich umringt von den beiden Ladies widerfand und in Erklärungsnot geriet.

 

Das erste, das ihm entgegenschlug, als diese beiden Mädels ihm Gesellschaft leisteten, war das wirklich sehr starke Parfüm der Brünetten gemischt mit dem ihm altbekannten Geruch von Alkohol und Zigaretten. Als nächstes erwischte er sich dabei, wie er der Blonden geradewegs in den sehr enthüllenden Ausschnitt starrte, woraufhin seine Blicke erneut einen Punkt in der Ferne suchten, doch dem Mädchen schien nicht verborgen geblieben zu sein, dass auch er nur ein Mann war und so manchem Reiz naturgegeben nicht widerstehen konnte.

"Hi, Jamie", kiekste schließlich die Brünette mit einem breiten Grinsen im Gesicht, was Jamie wieder in das hier und jetzt holte, was bedeutete, dass er ihr geradewegs ins Gesicht schaute. Sofort fiel ihm ein, dass er hatte nett zu sein, nett und höflich, denn keine Band konnte es sich erlauben, ihre Fans zu vergraulen. Und laut dem Sister-Shirt der Dame, die vor ihm stand, schien es sich bei ihr um einen großen Fan zu handeln. Also galt es, freundlich zu lächeln und zu winken und sich nichts von diesem leichten Unbehagen anmerken zu lassen, das ihn schon vorhin beschlichen hatte. Denn Jamie war nicht so blöd, dass er nicht raffte, wenn jemand versuchte, mit ihm zu flirten.

 

Artig reichte er den beiden Mädels die Hand, die sich ihm als Isabelle und Melissa vorstellten, was ihn gelinde gesagt überhaupt nicht interessierte. Viel lieber hätte er nun sein Feierabendbier genossen, anstatt sich hier von solchen aufreizend gekleideten Damen belagern zu lassen, die ihm zudem immer dichter auf die Pelle zu rücken schienen. Es hätte nicht mehr viel gefehlt und Melissas große Brüste hätten ihn berührt, was er auf jeden Fall vermeiden wollte. Ganz im Gegensatz zu seinem Fan.

"Wollt ihr ein Foto?", versuchte er etwas von der Richtung abzulenken, in die die beiden langsam aber sicher gingen. Doch die Mädels schüttelten entschieden den Kopf, ihm noch immer dieses vielsagende Grinsen schenkend.

"Wir wollen kein Foto", erklärte nun die blonde Isabelle forsch und legte ihre mit bereits abblätternden, schwarzen Nagellack verzierte Hand entschlossen auf seine nackte Brust, die unter seiner offenen Weste hervorblitzte. Ihr Gesicht kam Jamie auf einmal wie die Fratze eines gierigen Raubtieres vor, wie es sich seinem eigenen immer weiter zu nähern schien. "Wir wollen Sex mit dir."

Das hatte Jamie sich bereits gedacht. Aber nun hatte er es direkt aus dem Mund des Mädchens gehört. Natürlich vermochte ein solches Angebot ihn längst nicht mehr zu schocken, kam es doch hin und wieder einmal vor, dass sich ein Mädchen in den Anblick des wilden, langhaarigen Sängers während eines Gigs verguckte und prompt ein bisschen mehr von ihm wollte als nur ein paar Fotos. Jamie war schon seit er denken konnte begehrt bei der Frauenwelt, und es ehrte ihn auch wirklich sehr, dass er erneut ein solch unmoralisches Angebot erhielt, aber er war eben vergeben und ein One Night Stand mit einer oder gar zwei Frauen kam nicht in Frage.

 

Nun galt es, Fingerspitzengefühl zu beweisen. Man durfte die Gefühle seiner Fans nicht verletzen, aber gleichzeitig musste man ihnen bestimmt klarmachen, dass man sich zu nichts hinreißen lassen würde.

"Sorry, Mädels, tut mir echt leid", erklärte Jamie also und setzte sogar ein bedauerndes Gesicht auf. "Meine Freundin würde das sicherlich nicht toll finden, wenn ich euch abschleppen würde."

"Ooooch, schaaade", setzte da der enttäuschte Chor der beiden ein, aber dennoch warfen sie sich ein schmutziges Grinsen zu, das prompt Fragen in Jamies Kopf aufwarf. Irgendetwas führten die beiden doch im Schilde...

"Aber deine Freundin ist doch gar nicht da", warf Melissa ein und blickte sich um. "Oder hast du die mit?"

"Nee, nee, die ist zu Hause und vertraut mir." Langsam wandte Jamie sich zum Gehen, hob abwehrend seine Hände. "Sorry. Ihr seid wirklich süß, aber es geht nicht."

Da die Menschen um ihn herum seinen Weg versperrten, konnte er nicht schnell genug abhauen sondern wähnte Isabelles Stimme schon wenige Augenblicke später wieder direkt hinter sich.

"Ey, und wenn ich dir Kohle geb?"

Jamie drehte sich um, schaute sie mit großen Augen an.

"Was?"

Anstatt ihre Frage zu wiederholen, hielt sie ihm einen zerknüllten Schein entgegen, weiß-grün, Jamie hatte keine Ahnung, was dies für eine Euronote darstellte.

"Reicht dir 'n Hunni?"

Wie ein hypnotisiertes Karnickel musterte der Sänger das Geld, lediglich aus den Augenwinkeln bemerkte er Melissa, die sich inzwischen neben ihre Freundin geschoben hatte und ihm ihrerseits ebenfalls einen grünlichen Schein reichen wollte.

Zweihundert Euro. Zweihundert Euro dafür, dass Jamie mit den beiden Mädels Geschlechtsverkehr hatte. Eine wahrlich beachtliche Summe, doch selbstverständlich schüttelte Jamie ablehnend den Kopf und lachte verwirrt auf. Hallo, was dachten sie, wer er war? Eine Nutte? Jetzt schlug es wohl dreizehn!

 

Er wollte den aufdringlichen Damen endgültig entkommen, und es war ihm egal, ob er bei seiner Flucht ein paar Leute rammte, gegen eine breite Brust prallte und schließlich mit einem Kerl im weißen Netzshirt zusammenstieß, der ihm prompt bekannt vorkam. Als er den Kopf hob, blickte er direkt in Caris verwundert dreinschauendes Gesicht.

"Hey, was ist denn mit dir los?", lachte er und stoppte Jamie somit, der allerdings noch einen hektischen Blick über seine Schulter warf und, als er noch immer die Mädels in seinem Nacken wähnte, verzweifelt versuchte, sich an seinem Freund vorbeizuquetschen.

"Ich muss weg", entschuldigte er sich knapp, aber Cari hielt ihn an der Schulter fest und schaute ihn ernst an.

"Hat dich jemand blöd angemacht?"

Es mutete ja wirklich sehr niedlich an, dass Cari ihn beschützen wollte, doch mit diesen wildgewordenen Furien musste er allein fertig werden. Er wollte auf keinen Fall, dass irgendjemand davon erfuhr, dass er nun schon Geld für Sex geboten bekam. Wie würde das denn rüberkommen? Selbst Cari hätte sich darüber lustig gemacht, obwohl dieser sein bester Freund war.

 

"Was sind denn das für Weiber?", fragte er auf einmal, und auch Jamie sah nun, wie sich ihnen die Mädels näherten. Der besorgte Blick Caris wandelte sich zu einem amüsierten. "Haust du etwa vor denen ab? Was haben die denn verbrochen? Die sehen doch harmlos aus."

"Harmlos, pah", schnaubte Jamie, für den es nun endgültig zu spät war, um die Flucht fortzusetzen. Die Mädels standen direkt vor ihnen und klärten Cari unglücklicherweise auch noch mittels ihrer eindeutigen Avancen über das auf, was hier vor sich ging.

"Och, komm, Jamie, tu nicht so, als wärst du treu", maulte Melissa und wurde dabei von ihrer Freundin unterstützt, die prompt ihren Senf dazugab.

"Ja, echt mal. Kein einziger Rockstar ist auf Tour treu. Ihr habt schließlich Bedürfnisse."

"Bedürfnisse?" Cari stand die Verwirrung ins Gesicht geschrieben, doch gleichzeitig ging ihm allmählich ein Licht auf. Er hatte verstanden, dass es sich bei den beiden Damen um ein paar besonders verrückte Groupies handelte, doch wieso verhielt sich Jamie wegen solch einer Lappalie wie einem eindeutigen Angebot wie ein verfolgtes Tier? Doch als die Mädels erneut ihre Köder zückten und sogar noch einen fünfziger drauflegten, staunte selbst Cari nicht schlecht.

 

"Komm, zweihundertfünfzig, aber dafür wollen wir nicht nur ne Zehn-Minuten-Nummer."

Es war nicht von der Hand zu weisen, dass hier jemand äußerst verzweifelt war. Die beiden schienen sich so auf Jamie eingeschossen zu haben, dass sie womöglich ihr ganzes Monatsgehalt für ihn ausgegeben hätten. Doch der Sänger zeigte nach wie vor kein Interesse, hob die Hand und huschte dann ohne ein weiteres Wort zu verlieren an Cari vorbei, der ihm schleunigst hintereilte und ihn erst am etwas ruhigeren Ausgang zu fassen bekam.

"Waaaas denn?", platzte er da auch schon heraus, wobei Jamie ihn etwas sauer anguckte. "Du kriegst Kohle fürs Ficken? Alter, das eröffnet uns ja eine ganz neue Einnahmequelle! Zweihundertfünfzig Euro sind viel...wir könnten reich mit dir werden. Du Goldeselchen..."

"Haha, vergiss es." Jamie klang nicht gerade amüsiert. "Ich spiel hier ganz bestimmt nicht die Nutte. Schmink dir das ab."

"Ach, Jamie..."

Der Schlagzeuger legte seinem Freund kumpelhaft den Arm um die Schultern und führte ihn dann nach draußen, wo er sich prompt eine Zigarette aus der Hosentasche angelte und sie sich zwischen die Lippen steckte; Rauchen war in deutschen Clubs leider verboten.

 

Sogar draußen klebte er noch an dem Sänger, der diesen Körperkontakt mürrisch über sich ergehen ließ und selbst dann nicht darauf einging, als der andere begann, ihm süffisant grinsend etwas ins Ohr zu flüstern.

"Du bist echt begehrt, Jamie. Du machst die ganzen Mädels verrückt. Die sind alle total geil auf dich. Aber kannst du ihnen das wirklich verübeln?" Verspielt zwirbelte er eine von Jamies langen Strähnen zwischen den Fingern, nachdem er seine Zigarette gnädigerweise an den Sänger abgetreten hatte, der mal wieder mit leeren Taschen losgezogen war.

Jamie zuckte mit den Schultern; er wollte eigentlich nicht über dieses Thema debattieren und schon gar nicht darüber, was die Mädels wohl an ihm schätzten. Dass Cari nun auch noch an ihm rumfummelte, nervte ihn, aber er ignorierte es geflissentlich. Was er allerdings nicht ignorieren konnte war der stete Blick des anderen, hinter dem sich ganz sicher einiges an dreckigen Gedanken verbarg. Und er sollte recht mit seiner Vermutung haben. Cari ging gerade einiges durch den Kopf, so wie er sich auf seinen Kumpel stützte und sein hübsches Profil mit der entzückenden Stupsnase begutachtete. Jamie war so attraktiv wie teuflisch, er konnte knallhart sein, aber gleichzeitig auch ziemlich weich und sogar zärtlich, wenn man wusste, wie man diese Seiten wachrief. Aber die meisten Fans bekamen ohnehin nur den Bühnen-Jamie zu sehen, der eine intensive, leidenschaftliche Performance ablieferte und alle Hemmungen auf den Brettern verlor. Das war dann der Jamie, in den sie sich verguckten, von dem sie gevögelt werden wollten, denn es war allgemeinhin bekannt, dass Musik sehr viel mit Sex zu tun hatte und dass die meisten Musiker sich im Bett ähnlich benahmen wie auf der Bühne. Wer also auf harte Erotik stand, der war bei Jamie demzufolge an der richtigen Adresse. Und das wiederum konnte Cari bestätigen. Er wusste nämlich Dinge, von denen die meisten Fans gerade mal träumen konnten. Er kannte das Biest, in das sich ihr schöner Sängerknabe in der Kiste verwandelte, er wusste, wie man es entfesselte und wie man es zu händeln hatte. Jamie und er waren beste Freunde, aber nicht immer auf herkömmliche Art und Weise...

 

"Mal ehrlich: Hättest du dich für Geld hergegeben, obwohl du ne Freundin hast?"

Erst Jamies eindringlicher Blick in seine Augen weckte ihn aus seinen anregenden Gedanken, die ihn allmählich auf Touren gebracht hatten, was hoffentlich keinen Schlafzimmerblick mit sich gezogen hatte.

"Nee, wahrscheinlich nicht", sagte Cari betont locker, der sich nun eine Zigarette nur für sich allein ansteckte, um sein Gemüt etwas herunter zu kochen. Nun lümmelte er sich auch nicht mehr auf Jamie, der seine Geste ohnehin nicht zu schätzen schien, sondern lehnte lässig an der Wand, allerdings noch immer so neben Jamie, dass sich ihre Arme leicht berührten.

"Na, also." Damit fühlte der Sänger sich bestätigt und wusste nicht, wieso sie das hier auswerten mussten. Leider wollte ihm die Sache nicht so einfach aus dem Sinn gehen. Kopfschüttelnd stand er da und zeigte sich fassungslos den Vogel. "Die haben doch ne Macke. Dumme Hühner. Obwohl ich denen klipp und klar gesagt hab, dass ich nichts mit fremden Frauen anfange."

"Hast du ihnen aber auch gesagt, dass du aber mit fremden Männern sehr wohl was anfängst?"

Caris Augen wurden schmaler. Ganz genau musterte er Jamie, der sich allerdings nicht aus der Ruhe bringen ließ und sein Haar schüttelte.

"Würdest du dich wirklich als Fremden bezeichnen?"

Keinen einzigen Blick schenkte er seinem Freund. Er wollte noch ein wenig unnahbar und kalt wirken, wusste er doch, dass schon bald eine ganz spezielle Facette ihrer Freundschaft zum Tragen kommen würde. Ihr Gespräch entwickelte sich allmählich in eine gewisse Richtung, und es war nur zu deutlich, dass Cari ihn versuchte, anzumachen.

"Ich bin jedenfalls keine Schlampe, die sich kaufen lässt und dann alle sexuellen Wünsche erfüllt", stellte Jamie anschließend klar und schien endgültig durch mit der Thematik zu sein. Ganz im Gegensatz zu Cari. Dieser doch sehr deftige Satz jagte ein Zucken durch dessen Weichteile. Die Fantasien, die sich daraufhin in seinen Kopf schlichen, muteten einfach nur zu köstlich an. Jamie, ein unterwürfiger Sexsklave, ein Spielzeug der Lust seines Herrn...mh, Cari konnte einfach nicht anders, als sich genüsslich auf die Unterlippe zu beißen.

"Schade", schmunzelte er ein wenig lüstern in die Richtung seines Freundes. "Ich finde den Gedanken daran doch ziemlich heiß...und komm, manchmal benimmst du dich doch tatsächlich wie eine Schlampe. Ich muss nur an vorgestern denken..."

"Ja, ja", schnitt Jamie ihm kühl das Wort ab, warf seine Zigarette auf den Boden und trat sie aus. "Fang du nun nicht auch noch an."

Doch Cari war längst mittendrin und fand Spaß an seinen Neckereien. Es bereitete ihm stets viel Vergnügen, Jamies raue Schale zu knacken und seinen weichen Kern zu erkunden, der manchmal schier animalische Züge annahm. Er war einer der wenigen, der dieses heiße Miststück in Aktion hatte erleben dürfen, nackt und reitend, und es war immer wieder erstaunlich, wie willig und zahm es gleichzeitig wurde, wenn es beschlossen hatte, sich in jener Nacht ganz in Caris wissende Hände zu begeben. Denn auch wenn sie beide eine Freundin hatten, so vergnügten sie sich auf Tour ziemlich oft miteinander. Schließlich hatten sie - wie Melissa und Isabelle ganz richtig erkannt hatten - Bedürfnisse und ausschwitzen konnte man einige Sachen schlichtweg nicht. Also zogen sie einen Partner vor, der keine Konkurrenz für ihre Mädels darstellte und der ihnen nur für die Befriedigung ihrer Gelüste diente. Das zwischen den beiden Freunden war bei weitem nichts ernstes, aber dennoch war es schön - so schön und heiß, dass sie fast jede Nacht aufs Neue nacheinander hungerten und sich schließlich einander hingaben, sich gegenseitig intensive Orgasmen bescherten mit allem, was sie hatten. Ob Hand, Mund oder Arsch - inzwischen schreckten sie vor keiner Praktik mehr zurück und vögelten sich hemmungslos. Und meist war es eben Jamie, der sich benahm wie ein schwanzgeiles Luder, der in allen möglichen Stellungen durchgefickt werden wollte und kaum noch genug bekommen konnte. Ja, man konnte sagen, sie genossen ihre Touren in vollen Zügen und leckten sich immer schon vorher die Lippen, wenn es bald wieder auf große Reise ging.

 

Diese Nacht mochte noch jung sein, aber genau deswegen wollte sie genutzt werden. Und das nicht etwa für dummes Gequatsche, sondern für ein paar handfeste Dinge, die Cari mit seinem besten Kumpel teilen wollte. Das Kopfkino, das "Jamie" und "Schlampe" als zwei zusammenpassende Begriffe auswies, hatte Cari längst ziemlich spitz gemacht, und spitze Jungs waren oftmals offensive und freche Jungs.

So kam es, dass Cari dem schönen, begehrten Sänger erneut auf die Pelle rückte und ihm verspielt sein Gesicht gegen die Halsbeuge drückte, den unverkennbaren Duft des anderen nach Aftershave, Zigaretten und Whisky einatmete, der für ihn bereits einer Art Vorspiel glich. Sein Jamie war sein Aphrodisiakum, dessen Sperma seine Medizin.

"Wie siehts denn aus, Honey?" Seine Stimme klang rau und belegt und sorgte selbst bei dem toughen Jamie für eine leichte Gänsehaut. "Würdest du für zweihundertfünfzig Euro mit mir mitgehen? Aber dann will ich nicht nur 'ne schnelle Zehn-Minuten-Nummer..."

Er bezog sich eindeutig auf die Mädels, doch diese und ihre albernen Avancen waren längst so ziemlich in Vergessenheit geraten. Das, was sich gerade zwischen den beiden Jungs entwickelte, war schließlich viel spannender, einnehmender und schöner. Jamie jedenfalls schmolz allmählich dahin und wusste schon, wo sie sich in absehbarer Zeit befinden würde - nämlich im Hotel - doch noch wollte er seine steinerne Maske nicht fallen lassen. Noch ein wenig länger wollte er genießen, wie der andere um seine Gunst buhlte, wie er ihn begehrte und wie sie sich langsam näher kamen. Ganz egal, ob die Gier längst zwischen seinen Beinen zu pochen begonnen hatte.

 

"Es gibt Leute, mit denen mache ich es umsonst", schmunzelte Jamie geheimnisvoll, wobei er seine Blicke längst nicht mehr von denen Caris lösen konnte. Tief schauten sie sich in die Augen, und selbst für einen Außenstehenden war es nun deutlich zu sehen, dass zwischen ihnen eine starke Anziehungskraft herrschte.

"Ach so?" Cari klang äußerst interessiert, und Jamie nickte mit einem Brummen, das ein 'Ja' darstellen sollte. "Wer zählt denn da beispielsweise zu diesen Leuten?"

"Mhh..." Jamie gab sich noch ein wenig bedeckt, ließ seine Hand aber allmählich auf Tuchfühlung gehen. Seine Finger wanderten über die Hüften seines Freundes, schlichen um diese herum, bis sie die knackigen, festen Arschbacken zu packen bekamen, die in diesen verboten erotischen, kurzen Hosen steckten. "Es gibt da so nen Typen, der fickt mich jede Nacht ausnehmend geil. Für den mach ich alles kostenlos."

Er presste gespannt seine Lippen aufeinander, während Caris hungrige Blicke an ihnen hingen. Und dann zählte er auf:

"Blowjob, Handjob...wenn er will auch Feetjob...aber nur, wenn er mich dafür fingert und ausleckt..."

Ihre Körper schmiegten sich immer dichter aneinander. Inzwischen hatte Cari ebenso wie Jamie das Rauchen Rauchen sein lassen und schob seine Hand lieber zum Hinterkopf seines Freundes, kraulte ihn behutsam im Nacken, während er seine Stirn an die des anderen lehnte, noch immer heiße Blicke tauschend.

"Alles, was du willst", versprach Cari und schenkte Jamies eines von seinen berühmten, dreckigen Lächeln. Der Gedanke daran, wie bedürftig Jamie war, wie sehr er sich nach Dingen sehnte, die ihm sein Mädchen womöglich noch nie gegeben hatte und ihm nie geben wollte, raubte ihm schier den Verstand. Dabei liebte es der Sänger so sehr, von hinten genommen zu werden, sein Loch liebkost und seine Prostata massiert zu bekommen. Dann ging er stets ab wie ein Zäpfchen und schrie auch mal das ganze Hotel in seiner geilen Ekstase zusammen.

 

"Bist du betrunken genug, um heute Nacht schwulen Sex zu haben?"

Dasselbe hätte auch Jamie fragen können, doch Cari war ihm zuvorgekommen. Meist wollten sie sich nur, wenn sie eine ordentliche Promillezahl im Blut aufzuweisen hatten, erst dann öffneten sie sich für ihre heimlichen Gelüste und zogen sich zurück, um ihrer heißen Freundschaft zu frönen.

Natürlich war Jamie längst bereit zu allen nur erdenklichen Schandtaten. Er lag Cari zu Füßen, brauchte ihn in diesem Moment wie die Luft zum Atmen, aber dennoch war er noch nicht verzweifelt genug, um nicht mehr zu Provokationen zu neigen. Deswegen schüttelte er den Kopf, woraufhin Cari ihm schon wenig später eine Flasche Schnaps gegen die Lippen hielt und ihn begierig ein paar kräftige Züge nehmen ließ.

"Trink fein, du beschissener Mistkerl", redete er ihm dabei gut zu. "Das macht dein Loch schön locker und dich richtig schwul."

Er entzog ihm die Flasche und riss sein Haupt an seinem Kinn zu sich herum.

"Willst du nun meinen Schwanz in dir spüren? Willst du es hart und gnadenlos?"

"Oh yes, Cari", keuchte er ergeben, ließ sich im nächsten Augenblick am Arm packen und sich in die Welt der Lust entführen, in welche nur sie beide Zutritt besaßen...

 
 

*
 

 
 

Der Kater hatte mächtig zugeschlagen, wie nach jeder Nacht, in der Alkohol in rauen Mengen geflossen war. Dass Jamie in einem Hotelzimmer aufwachte, von dem er meinte, es noch nie zuvor gesehen zu haben, empfand er noch nicht einmal als seltsam, lediglich die Tatsache, dass er auf dem Boden lag inmitten seiner Klamotten, wusste ihn selbst in diesen für seine Begriffe frühen Morgenstunden zu beunruhigen. Eigentlich hätte er in das Bett gehört, neben dem er gelandet war, aber wahrscheinlich war er herausgefallen oder aber-

Cari und er hatten gepoppt. Und sie hatten nach den ersten beiden Malen eine Raucherpause eingelegt, erinnerte er sich. Anschließend war es zu einer Jagd gekommen, und schließlich hatten sie sich auf dem Boden gerauft, was natürlich wieder in wildem Sex ausgeartet war. Prägnante Fetzen schossen ihm durch den brummenden Kopf, er sah Cari, der zwischen seinen Beinen hockte, sein Ding in dessen Mund, und ihm kam ein, dass ihn die Nachtischlampe fast erschlagen hatte, während sie gerade in der Reiterstellung zugange gewesen waren. Doch selbst davon hatte er sich nicht beirren lassen. Cari hatte ihn nur damit aufgezogen, dass er auf Schmerzen stand und dass er geschlagen werden wollte, dass er eine Vollblutschlampe war und dass er sich für seine sexuellen Fähigkeiten eigentlich tatsächlich Geld verdient hätte, hundert Euro, tausend Euro, Millionen von Euros. Auf den Strich wollte er ihn schicken, an der Stange tanzen lassen, doch auf der anderen Seite fand er es geil, dass Jamies Körper nur ihm gehörte, dass er alle Welt zwar verrückt machte, aber nur ihn ranließ und sonst niemanden.

 

Das war auch alles, was Jamie wieder in den Sinn kam, und es bescherte ihm tatsächlich so etwas wie ein paar Glücksgefühle. Diese allerdings waren nicht von Bestand, denn Cari war offensichtlich verschwunden und Jamie lag alleine in diesem abgedunkelten Raum, auf dem Boden, in einem Haufen Klamotten, zwischen Zigarettenstummeln und leeren Schnapsflaschen, von denen er nicht einmal wusste, wie sie hierhergekommen waren.

Träge tastete den Boden um sich herum nach seinem Handy ab, erfühlte es auch tatsächlich, doch als er es an sich nehmen wollte, segelte ihm ein Zettel entgegen. Ein zusammengefalteter Zettel, aus dem ein paar Geldscheine fielen. Kronen, keine Euros. Tausend, zweitausend, dreitausend. Wenn nicht sogar noch mehr.

Verwirrt faltete er den Zettel auseinander und kniff ein paar Mal seine Augen zusammen, um eine schärfere Sicht zu erlangen. Schließlich ergaben die Zeilen, die in Caris Handschrift verfasst waren, einen Sinn.

 

"Nichts ist umsonst. Nicht mal der Tod, der kostet das Leben. Cari."

 

Darunter prangte ein schwarzer Lippenabdruck, offenbar ein verewigter Kuss.

Jamie ließ den Zettel sinken und strich sich seine in Unordnung geratenen Haare nach hinten.

Der Brief mochte makaber anmuten, aber so waren Jamie und Cari nun mal. Makabre Arschlöcher, die perverse, verruchte Dinge miteinander taten.

Nun lag Jamie also nicht mehr nur in einem Berg schmutziger, nach Sex riechender Klamotten, sondern auch in einem Haufen Geld, das ihm seiner Meinung nach überhaupt nicht gebührte, das er gar nicht haben wollte.

Aber Cari hatte recht: Nichts war umsonst. Manche Dinge waren lediglich vergebens, wie die Kaufversuche der beiden Mädels letzten Abend.

 

Noch immer sehr müde bettete er seinen schweren Kopf auf ein paar Klamotten und beschloss, auf seinen Freund zu warten, der den Geräuschen nach zu urteilen nur im Badezimmer war.

Wenn er wieder fit war, würde er diesem alles zurückzahlen, schwor er sich.

Dann würde sich noch zeigen, wer hier wessen Schlampe war.

 

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(Fortsetzung von 'Steamy Words' - Was nach dem 28. Oktober geschah)
 

 
 

 
 

Die Prozedur im Bad würde an diesem Morgen womöglich länger als gewohnt dauern. Schließlich musste Dani heute größere Vorsicht walten lassen, konnte sich nicht einfach gedankenlos einseifen, denn beinahe jede Berührung hatte Schmerzen zur Folge. Und obwohl er sich hatte ziemlich dazu durchringen müssen, tatsächlich unter die Dusche zu steigen, so hatte er seinen inneren Schweinehund letzten Endes doch besiegt. Die Erinnerungen an die letzte Nacht klebten schließlich noch an ihm mit all ihren markanten Gerüchen, und erstens war es für sein eigenes Wohlbefinden besser, sie herunter zu waschen, zweitens sollten die Spuren so gut es ging verwischt werden. Allerdings konnte er gegen die Kratzer, die seine Haut verunstalteten sowie die rötlichen Blutergüsse, die seinen Hals sowie seine Hüften bevölkerten, nichts tun. Hier galt es, Geduld zu haben, zu warten, bis sie abheilten und dem unscheinbaren Andenken Platz machten, das in Danis Kopf wohnte und dort wohl auch immer wohnen würde.

 

Doch nicht nur seine Haut war in Mitleidenschaft gezogen worden. Seine Kehle fühlte sich an, als hätte er ein Reibeisen geschluckt, rau und wund, und er fragte sich, ob die Natur es überhaupt vorgesehen hatte, so große Dinge hinunterzuwürgen, nur um einem anderen Menschen Lust zu schenken. Allerdings verwarf er diesen Gedanken schnell, führte es doch nur dazu, dass ihn die Bilder der vergangenen Nacht prompt sehr intensiv überrollten und er beinahe nicht glauben konnte, dass sich das alles tatsächlich zugetragen hatte und nicht nur ein feuchter Traum war, dem ihm seine verbotene Sehnsucht geschenkt hatte. Aber er trug die Relikte schließlich auf seiner Haut, er besaß dazu einen regelrechten misshandelten Hals und einen übel zugerichteten Arsch, der es ihm nur noch unter Schmerzen erlaubte, zu sitzen. Ein Wunder, dass er es noch geschafft hatte, mit dem Taxi nach Hause zu fahren, nachdem er sein Glück gefunden hatte. Am liebsten wäre er ja bei ihm geblieben, aber das hätte nur unnötige Fragen aufgeworfen. Fragen, denen er sich in diesem Zustand nicht stellen wollte. Er war fertig mit sich und der Welt, aber gleichzeitig hätte er sich nichts Besseres vorstellen können, so wie er hier unter dem fließendem Wasser stand und versuchte, seine Knutschflecken zu zählen.

Jeder einzelne erzählte von Lust, von Leidenschaft und davon, wirklich heiß begehrt worden zu sein, von Kopf bis Fuß, mit Haut und Haar. Er hatte ihn gezeichnet, er hatte ihn als sein Eigentum markiert, und das mutete auch äußerst verständlich an. Schließlich hatte Rikki ihm erzählt, wie lange er schon auf ihn stand, wie viele Nächte er damit verbracht hatte, an ihn zu denken und gedanklich mit ihm zu schlafen, ihn zu verwöhnen und ihm das zu geben, was er brauchte. Kein Wunder, dass er regelrecht ausgerastet war, dass er sich nicht mal mehr dazu in der Lage gesehen hatte, mit dem süßesten Ding, das es für ihn gab, zärtlich umzugehen, sondern es rabiat zu nehmen, sich regelrecht an ihm zu vergehen, bis es in seiner irren Ekstase aufschrie, für ihn, nur für ihn. Denn nicht nur in Rikki schlummerte eine bisexuelle Ader. Auch Dani stand gewissermaßen auf Männer, das hatte sich irgendwann herauskristallisiert, da er eine brennende Sehnsucht nach Rikki entwickelt hatte im Laufe ihrer unzähligen Skypegespräche. Zum Schluss war die Situation eskaliert, und er hatte einfach nicht mehr anders gekonnt, als ihm von seinen Gelüsten zu erzählen, sich ihm regelrecht anzubieten und sich ihm zu versprechen. Eine Nacht sollte ihnen gehören, und diese Nacht war ins Land gezogen, hatte alle Erwartungen übertroffen und Dani in seiner Annahme, bi zu sein, noch einmal eindrücklich bestätigt.

 

Schon im Voraus hatte ihn eine dezente Nervosität geplagt, schließlich hatte er Rikki schon seit Jahren nicht mehr in Echt gesehen und wusste nicht, wie das Aufeinandertreffen ausfallen würde. Vielleicht waren sie sich fremd geworden, hatte er überlegt, vielleicht würde keine Leidenschaft zwischen ihnen aufkommen, weil sie einfach nur die Freunde waren, die vor geraumer Zeit in der gleichen Band gespielt hatten.

Doch seine Befürchtungen waren unbegründet. Wie immer, wenn man sich Sorgen darüber machte, dass mit seinen Gefühlen etwas nicht stimmte.

 

Selbstverständlich hatte Rikki dafür gesorgt, dass Dani auf die Gästeliste kam, was Tim, Jamie und Cari prompt zu doofen Sprüchen und Spekulationen animiert hatte, so wie sie davon erfuhren. Sie wussten natürlich, dass Rikki auch auf Typen stand, und ihnen waren zudem nicht seine strahlenden Augen an diesem Abend entgangen, die von purer Vorfreude und Euphorie sprachen. Man witterte also allseits, dass hier etwas im Busch war, und auch wenn Rikki nicht mit der Sprache herausrücken wollte, so sollte sich ihnen mit Danis unvermitteltem Hineinplatzen in ihren Vorbereitungsraum präsentieren, was ihren Bassisten in solch eine Hochstimmung versetzt hatte. Denn auf einmal kümmerte es ihn nicht mehr im Geringsten, ob seine Freunde davon mitbekamen, dass er wild auf seinen ehemaligen Bandkollegen war.

Die Begrüßung der beiden fiel dementsprechend innig aus und entlockte dem Rest der Mannschaft einen recht erstaunten aber auch amüsierten Blick. Selten hatten sie ihren Rikki so erlebt, so übermütig und regelrecht hungrig, und doch hatte er ihren wieder erblondeten Ex-Gitarristen auf seinen Schoß gezogen und ließ ihm all die Küsse zukommen, die die Barriere des Internets zuvor verhindert hatte. Endlich hielten sie sich in den Armen, endlich konnten sie sich spüren lassen, wie heiß das Verlangen in ihnen brodelte. Und auch wenn ihrer gemeinsamen Nacht noch Rikkis Gig bevorstand, so gaben sie sich schon einmal einen Vorgeschmack darauf, was der jeweils andere später noch zu erwarten hatte. Ihre Leidenschaft war über die Wochen regelrecht hochgekocht, und so ahnte Dani bereits, dass Rikki ihn nicht schonen würde, dass er sich auf harten, hemmungslosen Sex einstellen musste. Doch das weckte nur eine noch größere Gier in ihm als irgendwelche Angstgefühle. Dani war ein Mann und nicht sonderlich zimperlich, sein süßes, niedliches Äußeres diente lediglich als Fassade. Er hatte Rikki ohnehin versprochen, dass er in dieser Nacht ihm gehören würde, dass er für ihn schwul war und dass er keinen einzigen Moment bereuen wollte. Auch wenn er wusste, dass er etwas Verbotenes tat, so wusste er auch, dass das mit Rikki etwas ganz Besonderes werden würde. Sie waren so heiß aufeinander, mit jeder Faser ihrer Körper für den anderen bereit. Es sollte nichts geben, was sie nicht miteinander ausleben wollten in diesen wenigen Stunden. All ihre Fantasien sollten endlich so klar werden wie auf Papier gezeichnet, und nichts und niemand hatte sie noch aufhalten können.

Es gab kein schlechtes Gewissen mehr, so wie sie sich aneinander schmiegten, so wie sie sich spüren konnten und in ihrer Lust verkochten. Es gab nur noch sie und ihre Leidenschaft, die ihnen niemand nehmen konnte. Man lebte nur einmal, und in diesen erinnerungswürdigen Stunden wurde Dani klar, dass man diese befristete Zeit mit den Dingen füllen musste, zu denen das Herz einen drängte. Das Herz und vielleicht auch der Trieb.

 

Das war es wert gewesen. Er schiss auf die kleinen Wehwehchen, die ihn nun plagten. Er schiss darauf, dass er verkatert und regelrecht invalide war. Heute gab es für ihn nichts zu tun, deshalb konnte er sich Zeit mit allem lassen und noch ein wenig seinen Erinnerungen nachhängen. An Rikki denken. Daran, dass Dani ihm seine ganz spezielle Jungfräulichkeit geschenkt hatte. Und er hatte sie verdient, sagte der ehemalige Gitarrist sich, so wie er das Wasser abstellte und pitschnass auf der Duschkabine stieg. Doch nun sollte er jäh aus seinen Tagträumen gerissen werden, denn ihm wurde Gesellschaft geleistet.

Er hatte sich nach einer kurzen Nacht extra früh aus den Federn geschält, um sich einigermaßen herzurichten, damit seiner Freundin beim Aufwachen nicht gerade das verheerendste Bild geboten wurde. Zudem hatte er beabsichtigt vor ihr zu duschen, wollte er es doch vermeiden, ihr seinen ramponierten Körper zu zeigen. Doch nun stand sie unvermittelt in der Tür und starrte ihn mit großen Augen an.

"Gott, was ist denn mit dir?"

Die Fassungslosigkeit stand ihr in ihr mit einem Mal gar nicht mehr sehr verschlafenes Gesicht geschrieben und Dani kapitulierte sofort, versuchte gar nicht erst, ein Handtuch vor seinen verräterischen Anblick  zu halten, hatte sein Mädchen doch ohnehin die Zeichen von Rikkis Liebe erblickt und erwartete eine Erklärung. Er haderte allerdings lange mit sich, kramte in seiner verkaterten Matschbirne nach einer plausiblen Antwort, so lange, bis seine Freundin an ihn herantrat und vollkommen schockiert die Striemen auf seiner Schulter berührte und über die böse aussehenden Blutergüsse auf seinem Hals den Kopf schüttelte.

"Lass, das tut weh", wich Dani aus und drehte sich weg. Mit einem Mal schlug das schlechte Gewissen zu und ganz tief in seinem Inneren wünschte er sich, dass er Rikki doch hätte widerstehen können, so schön wie die Nacht gewesen war. Wieso hatte er die Konsequenzen so präzise ausblenden können? Er war ein verdammter Idiot. Er liebte sein Mädchen doch, das mit Rikki war im Gegensatz dazu nur ein geiles Erlebnis gewesen. Er wusste noch nicht einmal, ob er seinen ehemaligen Bandkollegen wiedersehen würde. Im Moment hatte er nämlich kein bisschen das Bedürfnis danach. Ja, er sah ihn sogar als den Schuldigen für seinen Ausrutscher. Wäre Rikki nicht gewesen, hätte er in Ruhe seine Beziehung weiterführen können und wäre nie auch nur auf die Idee gekommen, sich mit einem Mann zu vergnügen. Aber Rikki war so sexy, wenn er sein Shirt auszog und seinen schlanken Körper entblößte. Dazu war ihm dieses strahlende Lächeln zu Eigen und diese fordernde Art gepaart mit seinen wunderbaren Liebhaberfähigkeiten, die ihn in seinen Bann gezogen hatte. Er hatte sich geschworen, keine einzige Sekunde von ihrer Nacht zu bereuen, und er hätte es am liebsten auch nicht getan. Doch die fragenden, beunruhigt dreinblickenden Augen seiner Freundin machten es ihm nicht möglich, das Geschehene einfach so zu akzeptieren. Er hatte Scheiße gebaut, verdammt große Scheiße, und insgeheim wusste er nicht einmal, ob er Rikki hätte einen Korb geben können, wenn er noch einmal vor ihm gestanden hätte. Alles in ihm brannte lichterloh, wenn er an seinen früheren Bandkollegen dachte. Das Einzige, was er nun noch wusste, war, dass er hin und hergerissen war. Von seinem Verstand und von seinem Verlangen.

 

"Du siehst aus, als wärst du im Krieg gewesen."

Seine Freundin schien nicht bemerkt zu haben, dass er mit sich und seinem Gewissen haderte. Wahrscheinlich dachte sie nicht einmal im Traum daran, dass Dani sie hätte betrügen können. Seine wilde Rockstarseite hatte er eigentlich mit dem Ausstieg aus der Band zu Grabe getragen, doch anscheinend würde er sie niemals ganz loswerden. Viel zu frei hatte er sich in der letzten Nacht gefühlt. Viel zu frei und unbeschwert. Wie ein Teenager, der keinerlei Verpflichtungen besaß und nur in den Tag hineinlebte, ohne Ziel und ohne irgendwelche Zwänge.

 

"Ich dachte, du gehst du nur auf ein Konzert deiner ehemaligen Band. Sind die Fans so rabiat?"

Er kannte seine Freundin, und deshalb wusste er, dass sie ihm keine Ruhe lassen würde, bis er nicht mit der Sprache herausgerückt war. Doch er hatte keine Ahnung, ob er die Wahrheit überhaupt über die Lippen bringen würde. Das mit Rikki und das mit ihr stand doch in überhaupt keiner Relation zueinander. Aber würde sie das ebenso sehen? Insgeheim kannte er die Antwort und er war etwas erleichtert, als er das Piepen seines Mobiltelefons vernahm und so ein Alibi geliefert bekam. Es steckte noch in seiner Hose, und als er es vor den verwirrt dreinschauenden Augen seiner Freundin herauszog, fühlte er sich ob des Namens des Absenders der Nachricht himmelhoch jauchzend und gleichzeitig zu Tode betrübt. Er hasste es, dass all seine Endorphine, die in ihm gekribbelt hatten, von diesen schwarzen Gewitterwolken niedergemacht wurden, und am liebsten hätte er sein Handy unbeachtet wieder zurück in die Tasche gesteckt, doch die Neugier siegte schließlich doch.

 

"Ich ich kann nicht genug von dir bekommen, Honey. Kommst du ins Hotel? Wir sind noch bis Nachmittag hier. R."

 

Dieser Mistkerl.

Unverzüglich drückte Dani seine Faust so fest um das Gerät, als wollte er es darin zerquetschen. Zudem sah er sicherlich so aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen, denn wieder war seine Freundin zur Stelle und wuschelte ihm mitfühlend durch das Haar.

"Komm, ich creme dir deine Wunden ein, du Krieger", schlug sie ihm überraschenderweise vor, anstelle weiter nachzubohren. Dann nahm sie seine Hand, woraufhin ihr Dani leicht widerstrebend aus dem Bad folgte.

Nein, zu Rikki würde er nicht noch einmal gehen. Egal, wie schön bereits ihr erstes Mal gewesen war. Heute wollte er bei seiner Freundin bleiben, auch wenn ihm jedes Wort und jeder Blick von ihr einen Knoten in den Magen pflanzte.

Ihm tat es beinahe leid, wie naiv sie war. Wie naiv und vertrauenswürdig. Wenn sie nur geahnt hätte, was für ein Schwein er war und wie feige noch dazu.

Doch ein Rockstar blieb eben immer ein Rockstar. Und ein bisexueller Typ würde auch dann noch auf Männer stehen, wenn er sich in einer Beziehung mit einer Frau befand.

Daran ließ sich einfach nichts ändern. Vielleicht aber würde es besser werden, wenn er mit Rikki vorläufig nicht mal mehr über Skype chattete. Denn andere Männer interessierten ihn ohnehin nicht. Für ihn gab es nur diesen verrückten Strahlemann, der genau wusste, wie er mit Dani umzugehen hatte. Wie er die dunkelsten Abgründe seiner Seele entfesseln konnte.

 

Nein, zu Rikki würde er nicht noch einmal gehen. Ganz sicher nicht. Jedenfalls nicht körperlich. In Gedanken würde er ihm aber wahrscheinlich noch so manch heiße Nacht schenken. Einfach, weil es nicht möglich war, Teile seiner Persönlichkeit einfach abzulegen wie einen alten Hut.

Sie würden für immer zu ihm gehören, genau wie seine Nase oder die Farbe seiner Augen. Denn Gefühle und Triebe hielten sich nicht an irgendwelche Vernunftversprechen.

So sehr Dani dies auch bedauerte.

Red Stockings

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Just A Taste

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Caught In The Act

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Full Sized Mirrors

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Tight Fit

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Sitting Astride


 

Sitting Astride
 

 
 

(F*ckin' like it's fitness)
 

 
 

 
 

Eigentlich konnte man Cari nicht als den größten Sportmuffel aller Zeiten bezeichnen, ganz im Gegenteil. Doch heute erweckte der durchtrainierte junge Mann, welcher seine Bestimmung darin gefunden hatte, das Schlagzeug zu bearbeiten, einen ganz konträren Eindruck. Natürlich blieb dies nicht unbemerkt von seinen Freunden. Diese nämlich hatten sich heute verabredet, um bei Jamie etwas für ihre Muskeln zu tun. Der Sänger hatte ein ganzes Zimmer zu einem Trainingsraum umfunktioniert, denn seine zweite Berufung stellte es dar, seine Kumpels zu trainieren, auch bandexterne. Das bedeutete allerdings nicht, dass Jamie nur ein Talent dafür hatte, anderen die sprichwörtliche Peitsche auf den Arsch zu knallen und in seine Trillerpfeife zu blasen. Er schreckte auch selbst nicht davor zurück, regelmäßig ein paar Klimmzüge an der Sprossenwand zu tätigen oder die Hanteln zu stemmen. Eine gute Figur war ihm wichtig und auch für seine Berufung erforderlich. Auf der Bühne musste er in der Lage sein, herumzuspringen wie ein Gummiball und zeitgleich ohne zu keuchen zu singen, und dies setzte eine gute Kondition voraus. Leider hatte er seine Nikotinsucht bis heute nicht überwinden können, welche den eindeutigen Antagonisten in seinem Trainingsverlauf darstellte. Aber hin und wieder musste man sich schließlich auch etwas gönnen, machten Fehler einen doch nur menschlich. Und den Menschlichkeitsgrad, den Cari heute an den Tag legte, erreichte nicht einmal die ganze Band zusammen. Rikki und Tim hatten sich längst bereitwillig umgezogen und sich auf Crosstrainer und Butterfly Station geschwungen, wohingegen Cari noch immer auf dem Boden saß und konzentriert auf seinem Handy herumtippte. Jamie als guten Fitnesstrainer war selbstverständlich nicht entgangen, dass sich in der munteren Runde jemand zu drücken versuchte.

So baute er sich direkt vor Cari auf und verschränkte streng die Arme vor der Brust. Nun war er nicht mehr der nette Bandkollege, den der Schlagzeuger kannte. Nun war er der Thrill Instructor, der dafür sorgte, dass die Männer an ihre Grenzen gelangten.

 

"Ey."

Träge und sogar leicht genervt hob Cari den Kopf und blickte an Jamie empor, der Cari mit harter Miene musterte. Seine langen, schwarzen Haare hatte er zu einem Zopf gebunden, wodurch man einen Blick auf seine mahlende Kieferpartie erhaschen konnte, die sonst fast immer verdeckt war. Eindeutig war dem Sänger ein schönes Gesicht zu Eigen, aber wenn er so grimmig dreinschaute, weil ihm eines seiner Schäfchen nicht gehorchte, dann wirkte er weniger schön, sondern eher ziemlich sexy. Cari hätte dies sicherlich ebenfalls so empfunden, wäre Jamie ihm nicht so derb auf den Sack gegangen. Denn er brauchte nun seine Ruhe. Schließlich hatte er etwas Wichtiges zu erledigen...

"Los, aufstehen und Hanteln stemmen!"

"Ich hab genug Muckis", erwiderte Cari jedoch, während er längst wieder in das schriftliche Zwiegespräch mit seinem Handy vertieft war. So toll sah Jamie dann auch wieder nicht aus, dass man sich kaum an ihm sattsehen konnte. Außerdem gab es da eine Person, die Cari im Augenblick gerade stärker tangierte als der Sänger, den er jeden Tag vor der Funzel hatte. Ein Lächeln breitete sich prompt auf seinem Gesicht aus, als sein Mobiltelefon piepste und er die neu empfangene Nachricht las. Eigentlich stand er nicht so sehr auf pinke Herzchen und bunte Schmetterlinge, aber dafür stand er auf die Person, die ihm diese geschickt hatte.

"Du hast lange nicht genug Muckis", widersprach Jamie, als Cari keinerlei Anstalten machte, seinen Arsch hochzubekommen. Daraufhin erntete er allerdings keine Reaktion mehr. Cari schien seine Anwesenheit komplett vergessen, ja einfach ausgeblendet zu haben. Und das, wo er doch heute der Chef war, auf den sie alle zu hören hatten!

Das konnte er selbstverständlich nicht auf sich sitzen lassen. Lange genug hatte er dabei zugesehen, wie Cari sich mit seinem Handy beschäftigte. Nun reichte es.

Kurzerhand griff er nach dem Spielzeug seines Freundes, der es vollkommen verdattert losließ und mit offenem Mund zu seinem Kumpel emporstarrte, der aber bereits einen studierenden Blick auf das Display warf.

"Ey, bist du bescheuert!" Nun bequemte sich sogar der Schlagzeuger in seiner aufflammenden Wut aus seiner sitzenden Position und versuchte, sein Eigentum zurückzubekommen. Doch Jamie besaß die schnellere Reaktion, versteckte das Ding hinter seinem Rücken, hielt es weit über seinen Kopf und ließ es letzten Endes...in seiner Sporthose verschwinden.

"So, das ist jetzt einkassiert", verkündete der Trainer und blickte den belämmert dastehenden Cari fest, aber auch ein wenig amüsiert an. "Es sei denn, du traust dich, es dort rauszuholen..."

"Trauen schon, aber nicht wollen", grummelte Cari, der genau wie Jamie nun die Arme wie ein Bollwerk vor der Brust verschränkt hielt. Im Augenblick machte ihn sein Freund rasend. Schließlich hatte er seine Nachrichten gelesen und war nun im Bilde darüber, was gerade in seinem Liebesleben vor sich ging. Obwohl ihn das kein bisschen zu interessieren hatte.

"Ach ernsthaft?"

Machte Jamie sich nun über ihn lustig? Was für ein beschissener Freund...

"Ja, ernsthaft."

Nie im Leben hätte er Jamie nun auch noch in seiner Unwiderstehlichkeit bestätigt. Aber leider war er genau das - unwiderstehlich. Besonders, wenn er in sich hineinschmunzelte, wenn er mit den Lippen auf seinem Piercing herumkaute und ihn gleichermaßen frech wie herausfordernd mit gesenktem Kopf und zu ihm hinauf gerichteten Blick anguckte. Dann zeigte sich das kleine Biest, welches wirklich hinter der freundlichen Fassade schlummerte, die er Interviewpartnern und Fans zeigte. Jamie war nicht zu unterschätzen, denn wenn seine dunkle Seite erst einmal entfacht war, dann konnte man sich ihr kaum noch entziehen. Zur Weißglut wusste sie einen zu bringen, komplett an seine nervlichen Grenzen. Am liebsten hätte Cari nun das Zepter in die Hand genommen und Jamie mit seinen eigenen Waffen geschlagen. Schließlich wusste der Schlagzeuger ganz genau, dass der Sänger nur deswegen so gerne Trainer spielte, weil er in dieser Rolle schön seine Dominanz zur Schau stellen konnte. Dabei hätte er Cari in der entgegengesetzten Position um Längen besser gefallen. Am liebsten hätte er ihn gezähmt, ihn in seine Schranken verwiesen und sich ordentlich über ihn hergemacht. Ja, vielleicht hätte er sein Handy tatsächlich aus dessen Hosen fischen sollen. Doch den Gefallen wollte er Jamie nicht tun. Schließlich wartete dieses kleine Miststück nur darauf, von ihm angegrabscht zu werden. Der konnte doch nie genug bekommen...

 

Noch ein paar weitere Sekunden lang lieferten sie sich ein erbittertes Blickbattle, welches Cari allerdings gewinnen sollte, da Jamie einknickte.

"Na gut, dann guck ich mal, was Tim und Rikki so treiben", entschied der Sänger. "Du kannst ja hier sitzen bleiben, wenn du meinst, dass diese Ecke mit deiner blütenreinen Heterosexualität verschönert werden muss."

Die anderen schienen Jamies sarkastische Worte gehört zu haben, denn prompt drang Gelächter an Caris Ohren, welches Jamie nur noch überlegener in seine Augen schauen ließ.

Cari lachte empört auf.

"Ja, der Meinung bin ich tatsächlich. Einer muss ja die Heteroquote in diesem Raum hochhalten, bevor sie kleiner wird als dein IQ", stellte er klar und ließ sich trotzig auf dem Boden nieder, auch wenn er nun kein Handy mehr besaß, dem er sich widmen konnte. Das verreckte ja gerade langsam durch den Geruch von Jamies Genitalien. "Und vergiss nicht: Handystrahlen können Krebs auslösen."

Jamie hob seine Hand, so, als würde er zum Schlag ansetzen, was Cari nicht einmal mit der Wimper zucken ließ.

"Na los, komm schon, zeigs mir so richtig, du sadistisches Arschgesicht!"

Jamie ließ die Hand sinken.

"Vergiss es, da stehst du nur drauf."

Cari grinste sein dreckigstes Grinsen, was ihn ebenso unwiderstehlich teuflisch und zugleich sexy wirken ließ wie Jamies wilde Ausstrahlung.

"Worauf? Auf Arschgesichter? Denk nicht mal dran."

"Poppen, poppen!", hörte man Rikki und Tim lachend anstimmen, doch Jamie und Cari hielten ihnen, als hätten sie sich vorher abgesprochen, die Mittelfinger entgegen.

"Niemals popp ich Mister Hodenkrebs", stellte Cari klar, woraufhin Jamie in seine Hose griff und das darin befindliche Mobiltelefon in die Ecke schmiss.

"Jetzt besser?", fragte der Sänger provokant nach, doch Cari ließ sich nicht beeindrucken. Es war mittlerweile recht eindeutig, auf was Jamie es anlegte. Und das, obwohl er wusste, dass Cari gerade dabei war, eine neue Flamme klarzumachen. Ob er eifersüchtig war?

"Verpiss dich."

Cari reichte es allmählich. Er wollte seine Ruhe haben. Keinen Finger würde er heute rühren, keinen einzigen Muskel anspannen. Jedenfalls nicht unter Jamies Blick, der für einen kritischen Fitnesstrainer viel zu geifernd ausfiel. Und das nicht nur bei Cari. Wahrscheinlich veranstaltete er diese Treffen nur, um auf schwitzende, muskulöse Männerkörper zu glotzen. Nein, nicht nur wahrscheinlich. Ganz offensichtlich! Denn als Jamie sich tatsächlich von Cari abgewandt und beschlossen hatte, diesen zu ignorieren, scharwenzelte er um Tim herum, der Jamie ebenfalls recht interessierte Blicke zuwarf. Man, wie billig ihre Frontsau doch war! Genauso leicht zu haben wie attraktiv. Jamie wusste ganz genau, wie man die kleine Homoseite in eigentlich heterosexuellen Typen wachkitzelte, denn so, wie Tims Augen funkelten, als er sich rittlings auf dessen Unterleib setzte, war es klar, dass er ihren gemeinsamen Bandkollegen längst von sich eingenommen hatte. Ein schöner Fitnesstrainer war das. Wer weiß, vielleicht würden die beiden nachher noch in trauter Zweisamkeit ihr Training intensivieren...

"Jamie-whore is in the house tonight, those Schwachmaten have a really good time...", sang Cari leise vor sich hin, schaute aber immer dann schnell weg, wenn Jamie ihm aus den Augenwinkeln einen prüfenden Blick zuwarf. Wenn er Caris Liedchen gehört hätte, hätte er ihn womöglich an die Sprossenwand gefesselt - nackt. Die sexuelle Energie, die von Jamies Seite ausging, konnte man nicht mehr totschweigen, denn man hätte sie durchschneiden können, so dick und schwer hing sie in der Luft.

Aber eigentlich kümmerte Cari dies wenig. Er dachte lieber an das blonde Mädchen, das er vor wenigen Tagen in einer Kneipe getroffen hatte und dessen Interesse eindeutig seinerseits gewesen war. Sie war wunderschön mit ihren langen Locken und ihren perfekten Beinen, lange nicht so heiß und billig wie Jamie. Sie hatte sich nicht gleich auf seinen Schoß gesetzt wie der Sänger es bei Tim getan hatte, und sie hatte sich auch nicht lasziv auf die Lippe gebissen, während sie ihn betrachtete. Jamie aber heizte Tim auf seine ganz eigene Weise an, grabschte seinen muskulösen Oberkörper an und - beugte sich schließlich vor, um ihm einen Kuss auf den Mund zu drücken.

"Für jeden Zug gibt es jetzt einen", erklärte er Tim verführerisch lächelnd, was dem Gitarristen ohne Frage zu gefallen schien, denn sein belämmerter, angetaner Gesichtsausdruck verriet ihn gnadenlos. Fleißig macht er weiter, und wann immer er die Gewichte an seinen Armen erneut zur Seite gedrückt  hatte, näherte Jamie sich ihm und knutschte ihn bereitwillig ab, was sie beide zum Grinsen brachte.

Fassungslos und ungläubig schnaubend schaute Cari den beiden zu und schüttelte den Kopf. Doch als Jamie unvermittelt zu ihm hinüberschaute und eine miese Schadenfreunde in seinem Blick lag, guckte Cari schnell in eine andere Richtung. Er sollte nicht wissen, dass es Cari schon ziemlich interessierte, was er da trieb, wie ungeniert er sich an Tim ranschmiss, der bestimmt schon gar nicht mehr wusste, wo ihm der Kopf stand. Bestimmt hoffte er längst auf eine heiße Nacht, aber Jamie schien in Caris Augen nur mit ihm zu spielen, um den Schlagzeuger erst so richtig auf die Palme zu bringen.

 

"Ich will auch geküsst werden."

Rikki war nicht damit einverstanden, dass ihm keine kleinen Aufmerksamkeiten zuteil wurden. Denn auch er strampelte sich tapfer ab, tapferer als Tim, aber dieser erntete die ganze Belohnung. Das war nicht fair. Überhaupt nicht.

"Du verstehst meine Methoden nicht", erklärte Jamie, noch immer im Reitersitz auf Tim hockend, während er Rikki musterte, dessen Haare verschwitzt an seiner Stirn und seiner Wange klebten. "Küsse und Streicheleinheiten setze ich nicht als Belohnung ein, sondern als Motivation. Und da du dich wacker schlägst..."

"Dann geb ich mir jetzt auch keine Mühe mehr", murrte der Bassist. "Setz mich zu Cari und warte, bis du mich liebevoll antreibst..."

"Aber den treibt er doch auch nicht an", mischte Tim sich schnaufend ein und wandte sich an Jamie. "Vielleicht hättest du ihn lieber kraulen sollen und nicht fast schlagen, um ihn zum Mitmachen zu bewegen."

"Kraulen?" Rikki lachte. "Das würde nicht reichen, so bockig, wie der ist. Jamie, da müsstest du auf jeden Fall noch stärkere Geschütze ausfahren..."

Die Jungs hatten eigentlich Recht, das musste Jamie zugeben. An seinen Methoden würde er noch arbeiten müssen. An Cari war er schließlich kläglich gescheitert. Aber der Schlagzeuger machte ihn einfach nur verrückt mit seinem Dickschädel. Das gepaart mit der Tatsache, dass er sich mehr für Mädels interessierte als für ihn...schließlich war Jamie nicht abgeneigt, seinem Freund ein bisschen näher zu kommen. Eigentlich hatte er sich schon darauf gefreut, dessen Muskeln bewundern zu dürfen, während er sie auf der Hantelbank anspannte. Dessen Schweißtröpfchen, die ihm über die nackte, tätowierte Brust rannen...nein, darauf wollte er auf keinen Fall verzichten. Er musste Cari irgendwie dazu bekommen, in das Training einzusteigen. Und so sehnsüchtig, wie er bereits zu ihm hinüberschaute, nur um zugleich eingeschnappt den Kopf wegzudrehen, wenn Jamie es bemerkte, würden seine Bemühungen nun vielleicht Früchte tragen. Die Küsse mit Tim hatten ganz bestimmt seine Eifersucht geweckt, das konnte er einfach nicht leugnen. Wenn er es noch mit Worten schaffte, dann verriet ihn zumindest seine Körpersprache.

 

Jamie hatte seinen Entschluss längst gefasst. Entschieden stieg er von Tims Schoß, griff noch im Gehen nach dem Saum seines Shirts und zog es sich in einem geschickten Zug über den Kopf, als er Caris Blicke auf sich ruhen spürte.

Und auch wenn es ihm verborgen bleiben sollte: Caris Augen wurden schlagartig größer. Zwar hatte er Jamie schon häufig oben ohne gesehen, aber es glich doch jedes Mal einer kleinen Sensation, diesen perfekten Körper vor Augen geführt zu bekommen. Längst war Caris Wut auf dieses kleine Miststück in den Hintergrund gerückt, und anstellte dominierte ihn eine prickelnde Wildheit. Und diese sollte ihre maximale Intensität erreichen, so wie Jamie vor ihm halt machte und irgendwie einladend, aber auch genauso herausfordernd auf ihn hinabblickte.

"Beweg dich, ich steh nicht auf Schlappschwänze."

"Und ich nicht auf solche selbstverliebten Arschfickpüppis wie dich."

Dies stellte einen eindeutigen Angriff dar, doch Jamie schmunzelte ihn nur wissend an, berührte seinen eigenen Oberkörper demonstrativ und spannte seinen Bizeps an, den er ebenfalls abtastete.

"Kannst du da mithalten?", wollte er von Cari wissen.

Cari musste sich ziemlich zusammenreißen, damit ihm seine wachsende Begierde nicht sofort ins Gesicht geschrieben stand. Jamie war ohne jeglichen Zweifel rattenscharf, und er wusste darum. Die leichte Bräune, die ihm die Sommersonne beschert hatte, ließ ihn nur noch schöner und knackiger wirken, als er es ohnehin schon war. Und seine Pistolentattoos auf dem Unterleib luden dazu ein, sie zu entblößen, vollständig, bis ihre Läufe freilagen...

"Natürlich", behauptete Cari fest, wovon Jamie sich allerdings nicht beeindrucken ließ.

"Beweis es."

Mit trotzig nach oben gerecktem Kinn erhob der Schlagzeuger sich und stand schließlich vor Jamie.

"Shirt aus."

Jamies Augen huschten funkelnd hin und her. Cari wusste, dass er ihn wie eine Maus in die Falle lockte. Aber er sollte ruhig die gewissen Vorzüge des Schlagzeugers bewundern dürfen. Schließlich konnte sein Body sich sehen lassen, besaß er doch eine kräftige Arm- und Brustmuskulatur, die es ihm ermöglichte, hart zuzuschlagen. Am liebsten hätte er Jamie für seine Frechheiten mindestens eine verpasst, aber dazu kam er ohnehin nicht, auch wenn er es tatsächlich vorgehabt hätte. Denn so wie er sein Shirt losgeworden war, legten sich Jamies warme Hände auf seine Brust und befühlten ihn ausgiebig.

"Das ist es also, was deiner zukünftigen Freundin den Kopf verdreht hat", urteilte Jamie fachmännisch. Schamlos betatschte er seinen Kumpel an jeder nur erdenklichen Stelle seines Oberkörpers, was Cari einen geradezu wütenden Gesichtsausdruck bescherte. Doch in Wirklichkeit schlummerte dahinter die aggressive Erregung, die Jamie ihm bescherte. Am liebsten wäre er jetzt und hier über dieses scharfe Luder hergefallen, hätte ihn vor den Augen ihrer Kumpels gefickt, einfach, weil Jamie es nicht anders zu wollen schien. Verzweifelt bettelte er um Sex, aber Cari wusste, wie man diesen grünen Augen und dem süßen Stupsnäschen widerstehen konnte. Zumindest vorerst. Zunächst wollte er sehen, auf welche Art und Weise der Sänger ihn zu motivieren angedacht hatte.

 

"Nicht von schlechten Eltern, das muss ich sagen", wertete Jamie Cari weiterhin mit kritischen Blicken aus, der sich mittlerweile wie bei der Hengstbeschau fühlte. "Aber trotzdem noch verbesserungswürdig..."

Damit war Cari nicht einverstanden.

"So, was ist daran noch verbesserungswürdig?"

Leise lachte der Sänger.

"Du bist ja ganz schön überzeugt von dir..."

"Ja, genauso sehr wie du von dir."

Versonnen schaute Jamie ihm ins Gesicht.

"Weißt du was?", raunte er, hakte spielerisch seinen Zeigefinger in den mittleren Ring an Caris Kette und schob sich näher an den anderen heran. "Wenn du jetzt ein wenig auf der Hantelbank trainierst, dann mach ich mich ganz nackt für dich."

Ganz nackt? Cari stand seine Entrücktheit endgültig ins Gesicht geschrieben. Die Vorstellung von einem Jamie ohne Klamotten brachte selbst ihn an die Grenzen seiner Beherrschung. Obwohl er dem Sänger eigentlich nicht erliegen wollte. Aber anscheinend konnte er einfach nicht anders. Dieser Deal mutete einfach zu verlockend an. Und da er Jamie kannte, wusste er auch, dass der Sänger nicht davor zurückschrecken und sein Versprechen einhalten würde.

 

"Gut. Okay."

Als er einschlug, grinste Jamie ihm dreckig ins Gesicht. Er hatte gewonnen, was ihm natürlich eine große Genugtuung schenkte. Aber sollte er doch bekommen, was er wollte. Wenn Cari im Gegenzug das bekam, was er wollte...

So wie er sich schließlich auf die Bank legte und den Klettverschluss seiner Handschuhe noch ein wenig fester zog, schälte Jamie sich wie abgemacht aus seiner Hose. Pfiffe und Gegröle erfüllten den Raum, denn auch Tim und Rikki ließ Jamies kleine Stripshow nicht kalt, ganz im Gegenteil, auch wenn sie eigentlich nicht ihnen galt. Dennoch freuten sie sich, als sie einen unverhohlenen Blick auf diesen schnuckeligen Arsch erhaschen konnten, der sich ihnen letztlich präsentierte.

"Du solltest dich nächstes Mal nackig in die Sonne legen, dein Hintern ist ganz blass", kommentierte Tim süffisant grinsend, bekam aber wieder nur den Stinkefinger von Jamie gezeigt, der sich gar nicht erst die Mühe machte, sich zu ihm umzudrehen. Verschwunden war das kleine Luder, das sich zuvor noch an ihn herangeschmissen hatte. Seine ganze Aufmerksamkeit galt Cari, nur noch Cari, der Jamie mit kugelrunden Augen musterte, besonders intensiv dessen Genitalien. Auch wenn es ihm selbst schon unangenehm war, er konnte einfach nicht mehr wegschauen. Jamie mochte vielleicht nicht den größten Penis von ihnen Vieren besitzen, aber das hielt Cari nicht davon ab, sich verschiedene Dinge vorzustellen, die er mit diesem Ding anzustellen gewusst hätte, und die sicher auch Jamie gefallen hätten. Schließlich bot er dem Schlagzeuger seinen Körper regelrecht auf dem Silbertablett an.

"So, Crow, dann wollen wir mal", kündigte er selbstbewusst wie eh und je an und rieb sich erwartungsvoll die Hände, so wie er auf Cari zuschritt. "Zeig mir, was du kannst."

"Wenn du wüsstest, was ich so alles für Qualitäten habe…", deutete Cari an, verstummte allerdings abrupt, als Jamie nun so auf seinem eigenen Schoß saß, wie er es zuvor auf Tims getan hatte. Bereits diese Tatsache mutete äußerst pikant an, aber dass er zudem splitterfasernackt war und seinen süßen, bloßen Hintern aufreizend in seinen Schritt schmiegte, brachte das Fass förmlich zum Überlaufen.

"Und was für Qualitäten wären das?" Jamie begann langsam zu reiten, woraufhin Cari scharf die Luft einsog. "Oh, ist hier etwa jemand hart?"

"Wovon träumst du denn nachts?" Cari wollte sich nicht in die Karten schauen lassen, obwohl sie bereits für alle sichtbar dalagen.

Katzengleich lehnte Jamie sich zu ihm vor.

"Willst du das wirklich wissen?", säuselte das heiße Biest und kniff dem Schlagzeuger keck in die Brustwarzen. "Du würdest ganz rote Ohren bekommen..."

"Das hab ich auch nicht bezweifelt, Honey..."

Trotz der aufgeheizten Stimmung ging der Sänger nun wieder zur Tagesordnung über und nahm erneut seine aufrechte Reiterstellung ein. Tim und Rikki währenddessen hatten längst das Training Training sein lassen und schauten gebannt hinüber zu den gierig umeinander Herumschleichenden.

"Leg los", forderte Jamie seinen Freund auf, der daraufhin seine Finger um die Hantelstange schloss. "Drei Züge, und ich dusche nachher mit dir."

Tim und Rikki warfen sich prompt vielsagende Blicke zu. Es bestand kein Zweifel mehr, dass es zwischen ihren Kumpels heute noch heiß her gehen würde. Dass sie nichts von diesem leckeren Kuchen namens Jamie abbekommen sollten, kümmerte sie im Augenblick herzlich wenig. Schon lange wussten sie, dass Cari Jamies besonderer Liebling war, dass er sich danach sehnte, von dessen rauen Schlagzeugerhänden fest angepackt zu werden und ihm im Gegenzug zu zeigen, dass seine Kehle noch andere Dinge konnte als nur seine kratzige Singstimme hervorzubringen. Er hatte sogar geübt, sich Gegenstände in den Hals zu schieben, ohne zu würgen. Alles nur für Cari. Weil er ihn glücklich machen wollte. Weil er auf Sex mit ihm aus war. Auf heißen, geilen, hemmungslosen Sex. Egal wo, egal in welcher Stellung. Und nun kam er seinem Ziel näher, als er es sich hätte je träumen lassen.

Er griff nach dem Haargummi, der seine lange Mähne bändigte und zog ihn heraus. Dann schüttelte er seine Haarpracht, die ihm daraufhin schwarz und atemberaubend schön bis weit über die Schultern fiel. Er war Caris dunkle Perle, seine süße Sünde, aber genauso sehr auch sein verdorben schönes Luder, dem nur er es so richtig besorgen konnte.

 

Jamie bescherte Cari solche weichen Knie und Ellenbogen mit seinen Worten und seinen Taten, dass es ihm nicht gerade leicht fiel, die Muskeln anzuspannen und die Gewichte in die Höhe zu stemmen, obwohl seine Kraft definitiv ausgereicht hätte. Er versuchte, seine Aufmerksamkeit nur auf sich und seinen Körper zu fixieren, aber auch daran scheiterte er kläglich, hockte der verruchte Teufel doch voller Erwartungsfreude auf seinen Weichteilen und massierte seine Seiten.

Nein, er musste sich zusammenreißen. Unbedingt. Jamie hatte ihm etwas versprochen. Etwas zu Wundervolles, um es einfach so sausen zu lassen. Scharf war er darauf, den erhitzten und bebenden Körper seines Freundes an seinem eigenen zu spüren, ihre Hüften gegeneinander zu drücken und Schwanz an Schwanz zu pressen. Jamie war so zuckersüß bestückt, so ein leckerer Pimmel in der Farbe von Marzipan baumelte zwischen seinen Beinen, und Cari wollte dafür kämpfen, um ihn ein wenig reizen zu dürfen.

Also presste er die Kiefer aufeinander und drückte die Gewichte nach oben. Sein Gesicht verzerrte sich wie unter Schmerzen, und als er endlich die Arme wieder anwinkelte um abzusetzen, entwich ihm ungewollt ein Stöhnen.

"Mein geiler Hengst", schnurrte Jamie und beugte sich zu ihm vor, so weit hinab zu seinem Oberkörper, dass er mühelos mit der Zungenspitze über seine Brust fahren konnte. "Lass mich von deinem frischen Männerschweiß kosten."

Augenblicklich versteifte Cari sich, versuchte aber erneut, Jamie und sein Gebaren auszublenden. Der Sänger wusste nur zu genau, wie er seinen Freund ärgern konnte, aber auch wenn er ihn gewissermaßen längst unter sich gebracht hatte - so lange Cari bei vollem Verstand war, hatte auch er noch ein Wörtchen mitzureden, wenn es um Devotion und Dominanz ging. Jamie gehörte seiner Meinung nach auf die Matte, wohingegen Cari derjenige sein sollte, der mit dem stattlichen Körper des anderen konnte, wonach es ihm hungerte.

Also bemühte er sich um Lässigkeit und absolute Coolness und vollbrachte schließlich zwei weitere Züge vor den gespannten Blicken seiner Freunde. Tim und Rikki streckte er triumphierend die Zunge heraus, ließ sie dreckig vor- und wieder zurückschnellen, um zu zeigen, dass er Jamie schon quasi klargemacht hatte. Dass der Hase genau in die entgegengesetzte Richtung lief, kümmerte ihn nicht. Er wollte sich einfach nur noch das abholen, was ihm in Aussicht gestellt worden war. So wollte er sich gerade aufrappeln, als er seine drei Züge hinter sich gebracht hatte, doch Jamie drückte ihn bestimmt wieder auf die Bank zurück, legte sich anschließend fast auf ihn drauf.

"Mach noch fünf und ich bin heute Nacht dein Trainingsgerät", tuschelte er ihm ins Ohr, bevor er sich schmunzelnd wieder zurückzog und Tim und Rikki sich fragende Blicke zuwarfen, denn leider hatten sie Jamies neustes Angebot nicht hören können. Aber das spielte auch keine Rolle. Cari wusste jedenfalls, für was er nun arbeitete, und zu so ein Intensivtraining mit Jamie, bei dem speziell seine Pomuskeln beansprucht wurden, konnte man absolut nicht Nein sagen. Inzwischen war er zu Wachs in Jamies wissenden Händen zerschmolzen, ohne das überhaupt zu realisieren. Lediglich Jamie betrachtete sein Werk mit dem stolzen Lächeln eines Siegers, zählte jeden von Caris Zügen laut mit in der Gewissheit, dass er das nur tat, um ihn heute Nacht nach Herzenslust poppen zu dürfen. Der Sänger liebte dieses Spiel, das er mit seinem Freund spielte, über alle Maßen, und er war sich sicher, dass kein Fitnesstrainer auf der ganzen Welt solch effektive Methoden besaß, um seine Schüler zu Disziplin zu erziehen. Aber wahrscheinlich fruchteten diese ohnehin nur, weil Jamie einfach so gnadenlos attraktiv war. Ein wenig Selbstverliebtheit musste einfach sein. Und er konnte es sich ohne Frage leisten. Man musste nur mal seine Bandkollegen fragen, die ihm alle drei komplett erlegen waren und es ihm mit Vergnügen ordentlich gegeben hätten.

 

Doch ihn interessierte nur Cari. Cari, dem kein Gramm Fett zu viel zu Eigen war und dessen Körper und speziell dessen Arme einfach nur zum Reinbeißen sexy waren, genau wie bei ihm selbst. Deswegen gehörten sie seiner Meinung auch in dasselbe Bett. Und Cari hatte er auch endgültig davon überzeugt. Gerade eben hatte er die Hantel nach dem fünften Zug zurück in die Halterung gelegt und schnaufte geschafft, als Jamie ihm schon wieder eine neue Belohnung vorhielt, allerdings so laut, dass Tim und Rikki es dieses Mal auch hören konnten.

"Pack noch sieben drauf und du darfst mir ins Gesicht spritzen wie einer Schlampe."

Caris Augen verengten sich. Die Falle schnappte vollständig zu. Wenn Jamie sich irgendetwas verdient hatte, dann war es gezeigt zu bekommen, wer sich wem unterzuordnen hatte und wer sogar noch daraus Lust gewinnen sollte, sich in dieser niederen Rolle zu befinden.

Cari hatte erkannt, dass er Sex mit Jamie wollte. Und Jamie hatte erkannt, dass er für sein Verhalten eine saftige Strafe erhalten musste. Im wahrsten Sinne des Wortes...

 

 
 

*
 

 

 

Tim und Rikki hatten noch mehrfach versucht, Jamie dazu zu überreden, einen Vierer mit ihnen im Badezimmer zu bilden, aber auch wenn er seine Freunde generell nicht von der Bettkante gestoßen hätte, so gehörte diese spezielle Trainingseinheit, die wie abgemacht unter der Dusche beginnen sollte, doch nur Cari und ihm. Ganz zur Freude des Schlagzeugers, der sich triumphierend an seinen Kumpels vorbeischob.

"Vielleicht nächstes Mal", versuchte er die Jungs mit den enttäuschten Gesichtern etwas aufzumuntern und zwinkerte ihnen zu. Noch ehe er etwas hinzufügen konnte, hatte Jamie jedoch seine Hand gepackt und zog ihn hinter sich her in das Bad, dessen Tür hinter ihnen zufiel.

Cari rechnete damit, dass Jamie sofort über ihn herfallen würde, doch da hatte er sich geirrt. Er blieb im Gegenteil harmlos wie ein Lämmchen und kümmerte sich anstelle darum, frische Handtücher bereitzulegen sowie einen roten Waschlappen.

Beinahe wollte Cari fast so enttäuscht wie Tim und Rikki reagieren, hatte er sich doch auf eine heiße Nummer eingestellt, aber dann machte Jamie endlich den Mund auf, allerdings noch immer während er in den Schränken kramte.

"Und, hat deine Flamme noch mal geschrieben?"

Ach Gott, ja, da war ja was gewesen. Blonde Haare, lange Beine...hübsch, aber nicht annähernd so umwerfend wie der junge Mann, den er heute noch vernaschen durfte.

"Keine Ahnung", erwiderte Cari und zuckte die Schultern, so wie er Jamies nackte Rückseite in aller Ungeniertheit musterte. "Ich bin ja nicht mehr dazu gekommen, meine Nachrichten zu checken. Da war schließlich jemand, der ganz verzweifelt um meine Aufmerksamkeit gebuhlt hat..."

Jamie drehte sich um und schaute Cari mit einem unübersehbaren Schalk in den Augen an.

"Na, wer kann das nur gewesen sein? So ein Früchtchen..."

Sie mussten beide grinsen aufgrund dieser Worte, doch als der Sänger schon bald direkt vor seinem Freund stand und ihn mit schiefgelegtem Haupt musterte, kehrte der ursprüngliche Zauber zurück, der zwischen ihnen geschwelt hatte.

"Mach doch ein Date mit ihr aus."

"Was?"

Cari glaubte, sich verhört zu haben, hatte Jamie doch vorhin alles dafür getan, dass er dieses Mädchen vergaß. Und nun forderte er ihn regelrecht dazu auf, sich mit ihr zu treffen? Der andere überraschte ihn wirklich immer wieder. Und Jamie meinte es tatsächlich ernst.

"Ja, mach ein Date mit ihr aus", wiederholte er und begann, an Caris Gürtelschnalle zu pfriemeln. Doch kurz darauf schnellte sein Blick erneut hoch zu dem Gesicht seines Bandkollegen. "Aber nur, wenn sie damit einverstanden ist, dass sie dich mit mir teilen muss...bis in alle Ewigkeiten."

Cari schnaubte verwundert.

"Du bist so ein-"

"Arschloch? Schwules Miststück? Scheißkerl?"

Jamie blinzelte ihn ungerührt an.

"Nein...also, auch...aber viel mehr bist du ein besitzergreifendes, beziehungszerstörendes..."

Ein erwartungsvolles Grinsen huschte über Jamies Gesicht.

"Na los, sags schon. Ich steh drauf, wenn du mich mit Schimpfworten anredest."

Der Kerl brachte einen wirklich zur Weißglut! Entnervt rollte Cari die Augen.

"Du bist einfach nur ein verzweifeltes Bumshäschen, das einen läufigen Rammler braucht. So."

"Oh, danke!", freute der Sänger sich, und Cari sah, dass dieses Entzücken längst nicht nur gespielt war.

Anscheinend mochte er es wirklich, Tiernamen verpasst zu bekommen. Aber noch lieber mochte er es, den Fitnesstrainer heraushängen zu lassen.

Und Jamie war der mit Abstand pornomäßigste Fitnesstrainer, den die Welt je gesehen hatte. Man sollte es sich also gut überlegen, ob man eine Stunde bei ihm buchte. Denn aus dieser Stunde konnte bei gegenseitigem Gefallen auch gut und gerne eine ganze Nacht werden. Selbstverständlich auf Kosten des Hauses.

Obwohl, das hatte Cari ja noch gar nicht herausgefunden...

 

Imagination's The Key

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

No Protection

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Woman In Charge

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Desirable Temptation

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Gasping For More


 

Gasping For More
 

 
 

 
 

Die Zeit vermag nicht alle Geheimnisse zu lüften, die sich in dem Herz einer Person verbergen.

Die Zeit macht nicht durchschaubar. Irgendein Seeleneck bleibt immer unergründet, auf ewig, oder zumindest für eine sehr lange Dauer.

Die Zeit vermag Barrieren einzureißen und somit hin und wieder den Glauben zu erwecken, dass man ausreichend viele Stunden, Tage, Wochen mit einem Menschen verbracht hat, um sich ein Bild von der Struktur des Seelenlebens seines Gegenübers machen zu können.

Doch das alles ist ein Irrtum. Die Augen, in welche du blickst, und von denen du glaubst, dass du aus ihnen lesen kannst wie aus einem offenem Buch, erzählen doch so wenig von dem, was hinter ihnen liegt. Und die Worte, die an dein Ohr dringen, versuchen etwas zu kaschieren. Etwas zu verbergen, ganz tief in das Herz zu verbannen, das schon zu lange für etwas Falsches schlägt. Etwas so grundlegend Falsches, dass man sich selbst wünscht, die Zeit würde die klaffende Wunde mit Schorf versehen. Irgendwann.

Aber Zeit ist auch nur ein Wort. Heilen kannst du dich nur selbst. Falls denn dein Wille ausreicht.

 

Es war einer der wenigen Tage, an welchen Cari und Jamie zu zweit in einer dieser recht öde anmutenden Kneipen hockten und den Abend ausklingen ließen, welcher allerdings bis tief in die Nacht hineinfloss. Meist leisteten ihnen ihre Bandkollegen Gesellschaft, wenn es darum ging, einen über den Durst zu trinken und sich in alten Geschichten von damals zu verlieren. Ja, sie alle liebten es, die alten Zeiten Revue passieren zu lassen, denn das vermittelte einem nur zu häufig das Bild einer heilen Welt; früher war alles schlechter, die damaligen Sorgen hatten sich längst aufgelöst, genau, wie es die derzeitigen irgendwann ebenfalls tun würden. Im Nachhinein betrachteten sich alte Fehler mit solch einer Leichtigkeit, aber dafür verflüssigten sich die positiven Erinnerungen schon bald in einem Pfuhl aus Gleichgültigkeit. Gefühle halten nicht ewig. Der Tag, an dem sie ihren ersten Plattenvertrag unterschrieben hatten, löste kaum noch Emotionen in Cari aus. Selbst der Gedanke an ihren ersten Gig stimmte ihn längst nicht mehr euphorisch. Und doch rollten sie ihre komplette Bandgeschichte an diesem Abend auf, Jamie und er. Denn nur Jamie war von Anfang an dabei gewesen. Jamie wusste Dinge, von denen Rikki und Tim nichts ahnten. Belanglosigkeiten zwar, nichts Wichtiges, aber dennoch von nicht abzustreitender Bedeutung. Genau wie dieser Abend.

Manchmal kam es nicht darauf an, was man sagte. Manchmal zählte es nur, dass man beisammen saß und etwas mit dem Gegenüber teilte, das einen noch stärker miteinander verband. Wenn sie schwiegen und sich nur in die Augen sahen, bis sie begannen zu grinsen, genügte das. Und wenn sie an ihrem Bier nippten und den vorbeihuschenden Menschen halbherzig zuschauten, dabei in ihre Gedanken versunken, dann war ebenfalls alles in Ordnung.

Cari kannte seinen Freund gut genug, um zu wissen, dass dieser im Grunde seines Herzens wesentlich nachdenklicher war als er es vorgab zu sein. Der Sänger wusste nur zu gut, wie man alles, was einen angreifbar machen könnte, hinter einer wilden, kompromisslosen Attitüde zu verbergen mochte. Nie hatte er etwas anderes getan. Es war, als schützte er seinen seelischen Intimbereich vor einem schmerzhaften Schlag. Vor Cari allerdings fiel diese Maske hin und wieder. Das konnte der Schlagzeuger spüren. Nein, nicht nur spüren - er sah es auch in den grünen Augen des Sängers, welche in einer völlig versunkenen Ernsthaftigkeit einen unbestimmten Punkt im Gewimmel musterten.

Jamie schien regelrecht von seinem Kopfkino verschluckt worden zu sein, denn er bemerkte noch nicht einmal, dass Cari auch nun die Gelegenheit nutzte, um ihn zu betrachten wie ein schönes Gemälde. Einmal mehr staunte er darüber, dass er immer wieder neue Punkte entdeckte, die ihn an seinem Freund faszinierten, so wie seine Blicke mit nicht sonderlicher Scheu über die leicht nach unten geschwungene Mundpartie huschten, welche dem Gesicht des Sängers einen noch ernsthafteren Touch verliehen. Von dort aus wanderten seine Augen dann die ausgeprägte Kieferpartie entlang, suchten das Ohr Jamies, das Ohr mit dem kleinen, silbernen Ring im Läppchen.

Rieseln im Bauch. Wie zarte Schneeflocken. Leise Unruhe. Ja, das war es, was ihn an diesem Abend gefangen nahm, vollkommen in seinen Bann zog. Es sind die kleinen Dinge. Es sind immer die kleinen Dinge, die dem Großen, Ganzen ihre Perfektion verleihen. Und es sind immer wieder andere. Ein Mensch ist zu komplex, um sich immer nur in seinen Augen zu verlieren. Ein wirklich wundervoller Mensch hat so viel mehr zu bieten. Und Jamie war ein wundervoller Mensch. Ein wundervoller Mensch, den erst seine Abgründe komplettierten und anziehend machten. Zumindest Cari empfand das so. Eine weiße Weste hat noch niemanden verführt. Ein Krieger des Lichts schafft es nicht, einen zur Sünde zu bewegen. Erst, wenn das Kostüm Flecken bekommt, kann man geliebt werden. Genauso stark geliebt wie auch gehasst. Denn erst die Flecken machen menschlich. Die inneren, wie die äußeren Makel. Und Jamies Makel waren vornehmlich innerer Natur. Das wusste Cari. Und doch wusste er so wenig.

 

Naked

I stand naked before you

Don't believe what you see

 

"Hab ich was im Gesicht?"

Jamie schien doch mehr mitbekommen zu haben, als Cari vermutet hätte. Ehe er es sich versehen konnte, sah er ihn direkt an, fragend, aber nicht ganz ohne Amüsiertheit im Blick.

"Ja, eine Nase, einen Mund", zählte der Schlagzeuger auf und stützte sein Kinn auf seine Hand, während er Jamie extra verklärt musterte. "Augen. Helle, eiskalte Augen."

Lachend hob Jamie die Hand und drehte sein Gesicht weg.

"Du spinnst, Kunde."

"Ja, vielleicht", erwiderte Cari und nach und nach flaute sein Lächeln ab, so wie er über seine Worte nachdachte. Aber spinnt man denn, wenn man etwas Ungewöhnliches tut, etwas Ungewöhnliches empfindet? Ab wann ist etwas nicht mehr in das Lager der Normalität einzuordnen? Wer konnte einem diese Frage beantworten? Cari jedenfalls hatte keine Ahnung. Er hatte noch nicht mal eine Ahnung, wann er seinen Blicken erlaubt hatte, sich nun an Jamies Profil festzubeißen. Es war einfach geschehen. Da war irgendetwas in seinem Unterbewusstsein. Etwas...

"Mann, hab ich Titten auf der Stirn?" Jamie reagierte langsam entnervter. Auch wenn seine Augen manchmal so abwesend blickten, so schien er dennoch alles zu bemerken, was sich um ihn herum abspielte. Doch das zeigte er nur selten. Äußerst selten. Deswegen wusste Cari es auch nicht. Wie wenig er doch wusste...wie wenige der kleinen Dinge, die dem Großen, Ganzen Perfektion verleihen. Was war es eigentlich, was einen anzog, wenn es weder die großen, noch die kleinen Dinge waren?

 

"Sorry, aber du bist einfach schön", platzte es nun aus Cari heraus; der Alkohol hatte seine Zunge längst gelockert.

Jamie starrte ihn unverwandt an. Damit hätte er wahrscheinlich nicht gerechnet. Ebenso wenig wie Cari. Wie wenig er sich doch selbst kannte. Wenn man sich nicht einmal selbst kennt, wie soll man da erst jemand anderen kennen?

"Schön?" Der Sänger klang skeptisch. Aber warum? Warum schaute er Cari an, als würde er an seinen Worten zweifeln?

"Ja, schön", wiederholte dieser bestimmt, auch wenn etwas in seinem Inneren erkaltet war, wie zu Eis erstarrt. Warum fühlen sich all die richtigen Dinge manchmal so falsch an? Warum tut es nur so weh, aus seiner Komfortzone zu treten und der Wahrheit ins Angesicht zu sehen?

Jamies Hand schob sich auf seine ziemlich voll wirkende Hosentasche. Es war, als versuchte er mit dieser Geste etwas von ihrem Inhalt zu beschützen. Seine Zigarettenschachtel? Der Typ spann doch genauso wie er.

"Würdest du mich immer noch schön finden, wenn ich ein Schwerverbrecher, ein Mörder wäre?"

Der Sänger wartete gar nicht erst auf eine Antwort seitens Cari. Wahrscheinlich ahnte er, dass der andere die Bedeutung verstand, die dahinter lag. Doch Cari begann ernsthaft, darüber nachzudenken, so wie Jamie sich von der Bank schob, wahrscheinlich, um eine rauchen zu gehen. Es war schlimm, dass einem die Sucht überall verboten wurde. Es war aber noch schlimmer, dass die Menschen dieses Verbot eher achteten als jenes, einem anderen ein Leid zuzufügen.

Ein Raucher konnte durchaus schön sein. Sehr schön sogar. Aber ein Mörder? Ja, durchaus. Doch nie auf eine Art und Weise, die einem das Herz erwärmen konnte. Niemals durch und durch. Immer nur oberflächlich. Ein schönes Gesicht, aber ein kaltes Herz. Lieber Augen aus Eis, die die innere Wärme zu schützen versuchen als eine erfrorene Seele.

Lieber viele kleine Makel als einen großen, schwarzen Fleck auf der Karte des Lebens. Wieso fragte Jamie solche Dinge? Noch nie hatte er einem Menschen wehgetan. Gab es da etwa eine Sache, von der Cari nichts ahnte? Etwas, das sein komplettes Bild von seinem besten Freund umzuwerfen vermochte? Er wusste so wenig. Und dabei strebte er danach, alles zu wissen.

 

Erst das klappernde Geräusch von etwas, das mit dem Boden in Berührung gekommen war, ließ ihn aus seinen seltsamen Gedanken hochschrecken. Seine Augen suchten den Sänger, doch dieser war längst verschwunden, irgendwo im Getümmel, irgendwo da draußen in der Kälte.

Also beschloss er, sich nach dem undefinierbaren Gegenstand zu bücken, den die Menschen bereits mit Füßen zu treten begannen.

Als er ihn in der Hand hielt und ihn von allen Seiten begutachtete, wollte sich ihm zunächst nicht erschließen, um was es sich bei diesem Ding handelte. Doch aus den Augenwinkeln hatte er gesehen, wie es aus der Tasche seines Freundes gefallen war, als er achtlos seine Schachtel Zigaretten hervorgezogen hatte.

Es gehörte also Jamie. Jamie, dem Kerl, den er seit fast zehn Jahren kannte. Und doch nicht kannte. Mehr denn je verspürte er das untrügliche Gefühl im Bauch, dass der Sänger etwas vor ihm, vor der ganzen Welt zu verbergen suchte. Nun brach sie endgültig aus, die Gewissheit, dass irgendetwas mit seinem besten Freund nicht stimmte. Nun wusste er auch, dass er dies bereits schon sehr lang wusste. Manche Dinge weiß man erst, wenn man sie wissen will.

 

Der Gegenstand erinnerte an eine Art Türstopper, wie Cari schließlich befand, als er ihn noch etwas länger in Augenschein genommen hatte. Diese Dinger, die in den Boden eingelassen wurden, um die Tür davon abzuhalten, zu weit aufzuschwingen, besaßen eine ganz ähnliche Form. Ein schwarzer Zylinder, doch wozu benötigte Jamie einen solchen? Brachte er damit seine eventuellen Opfer um? Nein. Jamie war kein Mörder. So ein Schwachsinn. Und mit einem zylinderförmigen Gegenstand konnte man niemandem den Garaus machen. Oder vielleicht doch. Denn plötzlich bemerkte Cari, dass man das Gerät ausziehen konnte, auf eine recht beachtliche Länge von womöglich fünfzehn, vielleicht auch zwanzig Zentimeter. Wie ein Teleskop-Zeigestock. Aber mit einem solchen war es lediglich bedingt zu vergleichen, war er doch fast gleichmäßig dick, im Durchmesser ungefähr so breit wie ein Schnapsglas. Und die Spitze...na ja, diese war es schließlich, die Cari verriet, um was für einen Gegenstand es sich bei diesem mysteriösen Teleskopstab tatsächlich handelte.

Cari hielt einen Dildo in der Hand. Einen verdammten Dildo.

Eine Welt brach für ihn zusammen. Und zugleich baute sich eine ganz neue auf. Eine, die seinen Blick entschlossen machte. Entschlossen und viel, viel dunkler.

Es sind die Details, die dem Großen, Ganzen Perfektion verleihen. Es sind die Dinge, die wir geheim halten wollen, die schließlich über Liebe oder Hass entscheiden.

Die Seele schützt sich selbst. Vor Verachtung. Aber auch vor Zuneigung.

 

Naked

I stand naked before you

Don't believe what you see

Deranged and insightful

Would you kill just to see

 

Jamie bemerkte nicht sofort, dass etwas fehlte. Denn er hatte sich noch nicht daran gewöhnt, seine Hosentaschen stets bis Anschlag vollzustopfen. Zigaretten und Feuerzeug, das waren bereits seit vielen, vielen Jahren seine treuen Freunde, und wahrscheinlich wäre es ihm nicht entgangen, hätte er diese beiden Utensilien ausversehen in irgendeiner Ecke liegengelassen.

Bei seinem neuen Spielzeug hingegen sah die Sache anders aus. Erst letzte Woche hatte er es sich zugelegt, nachdem er lang genug mit sich selbst gerungen hatte. Nun besaß er es zwar, aber meist besah er es mit einer großen Abscheu. Nur wenn er bereits erregt war, dann verschwammen seine Skrupel und er erlaubte sich all die Dinge, die sein Verstand ihm verbot.

Nun aber war es nicht mehr da. Vielleicht ist das auch ganz gut so, überlegte Jamie, doch tief in seinem Inneren wusste er, dass dies eine mittelschwere Katastrophe darstellte.

Heilen kannst du dich nur selbst. Falls denn dein Wille ausreicht.

Nein, Jamie wollte sich nicht heilen. Das, was er nur wollte, war ein klein wenig von dem Glück zu erfahren, das ihm bisher verwehrt worden war. Das ihm wohl auf ewig verwehrt bleiben würde. Weil er es so wollte. Nein, weil er es für das Vernünftigste hielt. Er sträubte sich vehement dagegen, zu erkennen, dass sein Leben in anderen Bahnen zu verlaufen begann, als er es für sich vorgesehen hatte. Er erkannte, dass sein eigener Körper mehr und mehr die Oberhand über seinen Geist gewann. Dass da etwas in ihm wohnte, das ihn Stück für Stück zerfraß. Und er warf sich diesem Etwas auch noch freiwillig vor. Freiwillig, unter großem Widerstreben. Keine Gegensätze. Sondern das Relikt einer unerfüllten Sehnsucht.

 

Nein, er war nicht schwul, hätte sich nie vorstellen können, sich in einen Mann zu verlieben. Er stand lediglich auf die Stimulation, auf das Gefühl, etwas eingeführt zu bekommen, auf die Fantasie, dominiert und benutzt zu werden. Von einem gesichtslosen Menschen, dessen Stimme in seinem Kopf mit dem Klang seiner eigenen sprach und somit nicht identifiziert werden konnte.

An den Haaren gepackt wollte er werden, das schon. Grob behandelt, angedroht bekommen, hart gefickt zu werden. Seine Hände wurden schwitzig, wenn er nur daran dachte, an seine eigene Stimme, die in sein Ohr knurrte und ihn in seine Rolle wies für eine ganze Nacht. Auf seinen Beinen konnte er sich kaum mehr halten. Es strengte ihn an, durch den Schleier zu blicken, der sich auf seine Augen gelegt hatte. Er fragte sich, ob man es sehen konnte, in seinem Blick. Was er gerade dachte, was er fühlte. Konnte man es denn jemals sehen? Oder entblößte man sich immer nur vor sich selbst, weil niemand sonst so sehr auf einen achtete wie man es auf seinen eigenen Körper tat?

Doch das alles spielte nun keine Rolle mehr. Die ohnehin undeutlichen Filme liefen ins Leere. Die Stimme schwieg. Jamie hatte zwar seine Finger, aber das war nicht dasselbe. Nein, das war nicht dasselbe. Weil er es nicht von sich selbst wollte. Weil er nicht immer das Gefühl der Macht über sich selbst genießen wollte, das ihm bei der Selbstbefriedigung zuteilwurde.

Er wollte sich in fremde Hände begeben. Er wollte seine pulsierende, devote Ader ausleben. Doch mehr als ein neuer Traum würde nicht aus seiner Sehnsucht erwachsen. Schon deshalb, weil es niemand wissen durfte. Für eine lange Zeit hatte er es ja noch nicht einmal selbst gewusst. Aber irgendwann prasseln die unerfüllten Wünsche auf einen hernieder, und wenn es einmal zu spät ist, ist es sehr schwer, noch Herr über sie zu werden.

Das Schlimme ist, das Wünsche sich nie an Regeln halten. Dass es einer Seele egal ist, ob man gewisse Dinge darf oder nicht darf. Und dass man viel zu oft den Verstand in seiner Euphorie verliert und dann sein egoistisches Herz gewähren lässt.

Es wäre alles gut gewesen. Nein, vielleicht nicht gut, aber zumindest tragbar. Aber irgendwann will man immer mehr. Irgendwann genügt es nicht mehr, sich mit Ausreden vollzustopfen, von denen man genau weiß, dass sie nur dazu dienen, sich selbst zu belügen, zum Wohle anderer.

Hätte Jamie keine Freundin gehabt, er hätte sich fallen gelassen. Doch in welchen Abgrund? Hatte er denn nicht auch Angst vor dem Abgrund, in welchen er sich sehnte, hineinzustürzen?

Die Seele schützt sich selbst. Vor Schädigung. Aber auch vor Heilung.

 

Ja, vielleicht war es gut so. Vielleicht war es gut, dass der heutige Abend geruhsam ausklingen würde und dass Jamie sich nicht in seiner Verzweiflung aufs Klo verziehen musste, um sich dort sein kleines, armseliges Glück zu verschaffen, für das er sich abgrundtief hasste.

Nein, ein Mörder war er nicht. Aber diese schwarzen Flecken auf seiner weißen Weste machten ihn doch genauso hässlich. Diese schwarzen Flecken auf der Landkarte seines Lebens.

Auch mit kleinen Taten konnte man Leben zerstören. Herzen, Seelen. Und wenn der Geschädigte nur man selbst war.

Ein schönes Gesicht und ein fiebriges Herz vermögen ebenso präzise zu töten wie eine erfrorene, zu Eis erstarrte Seele. Nur unterscheiden sich ihre Waffen.

 

Es hatte ja doch keinen Zweck, wenn er noch länger hier draußen stand und versuchte, das Glimmen in seinem Inneren erfrieren zu lassen. Es würde nichts nützen. Die dritte Zigarette war längst niedergebrannt, und Jamies Füße begannen allmählich auszukühlen. Aber da drinnen loderte das Feuer im Kamin; Cari und er hatten heute ausgerechnet diesen heißbegehrten Platz ergattert.

Cari. Bestimmt wartete er bereits auf ihn. Wartete darauf, ihn weiterhin so seltsam anstarren zu können. Er war angetrunken, klar, da tat man hin und wieder merkwürdige Dinge. Schlimm wird es erst, wenn diese merkwürdigen Dinge im nüchternen Zustand passieren.

 

Das erste, das Jamie auffiel, als er in die gute Stube zurückkehrte war die Tatsache, dass der Schlagzeuger einen randvollen Bierkrug vor seiner Nase stehen hatte. Das zweite, dass er einen schwarzen Gegenstand nachdenklich in seinen Händen hin- und her drehte.

Jamie war, als würde er fallen. Dabei wollte er gar nicht fallen. Er wollte aufrecht stehen bleiben, mit erhobenem Kinn, und dieses dumme Geheimnis totschweigen. Für immer und ewig. Aber dieser Wunsch starb gerade vor seinen Augen. Cari war kein dummer Mann, überhaupt nicht. Dieser Gegenstand würde ihm in einer Sekunde mehr verraten haben als all ihre gemeinsame Zeit, welche die vielen Jahre gefüllt hatte.

Er wusste nun alles. Oder zumindest würde er glauben, alles zu wissen. Dabei wusste er gar nichts.

 

Jamie blieb nichts anderes übrig, als sich zu seinem Freund zu gesellen. Alle möglichen Szenarien bezüglich der eventuell folgenden Begebenheiten rasten durch seinen Kopf und bescherten ihm einen trockenen Mund. Er wollte das alles gar nicht. Und er wollte es gleichzeitig zu sehr.

Cari hob den Blick, als Jamie an den Tisch herantrat. Seine Augen wirkten unergründlich. Zu viel stand in ihnen geschrieben. Zu viel, um Einzelheiten entziffern zu können. Doch Jamie glaubte, tatsächlich so etwas wie Entsetzen zu erkennen. Schieres, grausames Entsetzen, das helle Augen ganz dunkel färbt.

Man weiß immer das, was man wissen will. Man weiß hingegen nie, dass man das, was man manchmal weiß, manchmal eben doch nicht weiß.

Weiß, weiß...wieso strebt eigentlich jeder heimlich oder auch unheimlich nach dieser verdammten Farbe?

 

Man fühlt sich immer in jenen Momenten wie ein Fremder, wenn das Bild, das man jemandem zu vermitteln versucht hatte - bewusst oder unbewusst - zu bröckeln beginnt. Wenn der andere sein Geheimnis gesehen hat. So wie Cari Jamies Geheimnis gesehen hatte.

Wie paralysiert starrte der Sänger auf die Finger seines Freundes, verfolgte jede ihrer Bewegungen aufs Genaueste. Es sah so falsch aus. Sein Spielzeug in Händen, die es hätten niemals auch nur berühren dürfen. Und nun behandelten sie es wie einen ganz gewöhnlichen Gegenstand. Obwohl er für Jamie so viel mehr darstellte. So viel mehr. Viel zu viel. Armselig. Traurig. Eine Schande.

Blicke, die sich trafen. Ein Wunder, dass Jamie Caris standhalten konnte. Wahrscheinlich machte dies der Alkohol. Ja, so musste es sein.

"Wieso hast du mich das vorhin gefragt?" Jamie beobachtete nur die Bewegungen von Caris Lippen. Augen, Augen - wieso muss man sich immer in die Augen schauen? Wenn man verstehen will, muss man nur hören. Hören, sehen, egal, denn alles kann Lüge sein. Oder Wahrheit. Lüge oder Wahrheit. Oder beides zusammen.

"Was gefragt?" Jamie konnte nicht mehr nachdenken. Zumindest nicht über gewisse Dinge.

"Ob auch ein Mörder schön sein kann", half Cari ihm emotionslos auf die Sprünge.

Nun wendete Jamie seinen Blick endgültig ab. Es wurde ihm zu viel. Augen, Augen, die zu viel sagen, und doch immer schweigen.

"Weil Mörder ein Synonym für das Böse sind."

Obwohl Jamie nicht hinschaute, meinte er Caris eindringlichen Blick auf sich zu spüren. Vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein.

Man weiß immer das, was man wissen will.

"Und du meinst, du bist böse?"

Kurzer Blickwechsel. Klick. Zu viel. Caris Gesicht, das sich auf Jamies Netzhaut gebrannt hat. Herausfordernd. Schockiert. Ja, schockiert. Es musste so sein.

"Nur, weil du...so was hast?"

Aus den Augenwinkeln sah Jamie, wie Cari sein Spielzeug in die Höhe hielt. Er fühlte sich wie zugeschnürt.

"Böse sind die, die jemandem weh tun", erklärte der Sänger langsam und leise. Sehr, sehr leise. "Und ich möchte Dinge, die jemandem sehr weh tun würden."

"Jamie." Mit einer zu großen Heftigkeit, die Jamie aufschrecken ließ, landete Caris Hand auf der Schulter seines Freundes. Wieder folgte der herausfordernde Blick, den nur der Schlagzeuger so perfekt draufhatte. Jamie wehrte sich vehement dagegen, ihn zu erwidern, aber da war etwas in den Augen seines Freundes, das ihn anzog wie das Licht die Motte. Etwas, das er nicht benennen und schon gar nicht erklären konnte.

"Du machst dir so einen Kopf, nur weil du es schön findest, dich-"

Ja, ja. Sprich es nur aus, das böse Wort. Denn das würde alles nur schlimmer machen. Denn Worte sind mächtiger als Gefühle aufgrund ihrer Rationalität. Manchmal.

Jamie schnaubte. Etwas anderes blieb ihm nicht übrig. In ihm schwelten Worte, die an die Oberfläche zu dringen versuchten. Die aber nicht entkommen durften. Nicht aus seinem Mund. Nicht aus seinem Herzen.

"Du weißt gar nichts. Nichts weißt du." Das war alles, was er herausbekam. Alles, was er sich erlaubte. Und Cari wich zurück. Mit solch einer Distanzierung hätte er nicht gerechnet. Einfach, weil er nichts wusste. Nicht den geringsten Schimmer hatte er von dem, wie es in Jamie gerade aussah. Überhaupt aussah. An jedem stinknormalen Tag.

"Es wäre schön, wenn es nur das wäre." Jamie hatte sich wieder etwas gefangen. Einen kühlen Kopf zu bewahren brachte oft mehr, als seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Seine Blicke suchten zaghaft nach dem Schlagzeuger, huschten hastig über ihn hinweg, denn jegliches Mehr an Kontakt wäre zu viel gewesen.

Zum Glück blieb auch Cari ganz ruhig. Ganz ruhig und besonnen. Er mochte nichts wissen, aber er mochte alles fühlen. Wahrscheinlich. Vielleicht.

"Was ist es denn noch?", hakte er also einfühlsam nach. "Du benutzt ein Spielzeug, na und? Es erregt dich, nicht wahr? Diese Sache..."

Wieder einmal stellte Jamie sich den Blick seines Freundes vor. Das, was er meinte, in ihm lesen zu können, in diesem verflixten Augenblick. Er sah ihn stets an, als würde er bis auf den Grund seiner Seele dringen können. Und dann glaubte Jamie, dass er es tatsächlich schaffte. Aber dem war nie so gewesen. Dem würde auch nie so sein...

"Ja, verdammt", sprudelte das aus Jamie heraus, was wie ein Dämon auf seiner Leber gehockt hatte, bis zu diesem Tage. "Ich mag es. Ich mag es viel zu sehr...und es ist nie genug…"

Zack. Und da verstand sein Freund es. Da wusste Jamie, dass Cari es auch wusste. Denn dieser hatte es ja bereits geahnt...

"Okay." Cari nickte besonnen, wirkte, als würde er angestrengt einen Plan schmieden, mit seinem gesenkten Haupt und den auf die Tischplatte gerichteten Augen, die sich aber schon bald wieder auf Jamie heften sollten. "Soll ich dir was verraten?"

Der Sänger zuckte die Schultern. Was blieb ihm auch noch anderes übrig? Jetzt würde nur noch alles an ihm vorbeiziehen, und er würde nicht mehr die Hauptrolle in seinem eigenen Film spielen. Denn das Drehbuch war umgeschrieben worden. Gerade eben, direkt vor seinen Augen.

"Das Herz ist ein komischer Geselle", begann Cari zu sprechen, ganz in der überdreht tiefgründigen, melodramatischen Manier, die sich für einen Betrunkenen gehörte. "Denn das Herz ist ein fieses Egoschwein, ich weiß, ich weiß."

Er nippte an seinem Bier, stellte danach den Krug entschlossen zurück auf den Tisch und musterte Jamie in aller Eindringlichkeit.

"Aber das Herz", fuhr er betont weise klingend fort und machte große Augen, "das Herz ist immer nur bestrebt, das Beste für einen herauszupicken. Und manchmal, Jamie, manchmal ist es wichtig, ihm zuzuhören. Ihm zu folgen. Die Augen zu schließen und ihm zu folgen. Genau so."

Jamie kamen diese Worte abstrus vor. Wenn er allerdings etwas länger über sie nachgedacht hätte, hätte er womöglich ein Körnchen Wahrheit in ihnen entdecken können. Wie man es in allen Worten tat, wenn man sie auseinander nahm. Besonders dann, wenn man ein paar Schnäpse intus hatte. Ein paar Schnäpse und ein Bier. Denn im Alkohol lag sie verborgen, die ganze, große Wahrheit.

 

"Schließ deine Augen, na los", forderte der Schlagzeuger plötzlich in unerwartet harschem Ton. Warum Jamie dieser Bitte auch noch nachkam, wusste er selbst nicht. Aber sein freier Wille zerstörte sich ohnehin zusehends. Er sah, wie er sich nach und nach verflüchtigte, auflöste in der Hitze dieser besonderen, merkwürdigen Nacht. In der Hitze, die von ihm selbst ausging. Von seinem heißen Herzen.

Ein schönes Gesicht und ein fiebriges Herz...ein Herz, das lichterloh zu brennen begann, so wie es allmählich seinen Weg fand. So wie sich zwei Puzzleteile ineinander fügten. Heißer Atem und entflammte Seele. Geschlossene Augen und geöffnetes Herz.

Herzen können nicht sehen, aber sie können hören. Sie verstehen eine Sprache, deren Klang zwischen den Worten mitschwingt.

"Du willst Ernst machen, das ist es, wonach du dich sehnst." Caris Flüstern kroch feucht in Jamies Gehörgang, brachte einen hellen Ton im Bauch des Sängers zum Klingen. "Dein Spielzeug ist nur ein billiger Platzhalter für das Echte, das Richtige, das Schöne...du brauchst einen Mann, Jamie. So ist es doch. Oder? Einen Mann, der sich nimmt, was ihm zusteht, einen Mann, der die Hölle in deinem Körper explodieren lässt. Keine Frau könnte das so gut wie ein Kerl. Und deshalb geiferst du so verzweifelt danach. Hoffst, der Sünde nicht zu erliegen. Doch sie pocht längst im Takt deines Herzens. Seit dem Tag, an dem du es wolltest, pocht sie in seinem Takt. Und Jamie, es ist viel zu schön, um ihm entrinnen zu wollen. Vertrau mir..."

Er wusste alles. Nun wusste er alles. Manchmal genügte das Anstoßen des ersten Dominosteines, um eine Kettenreaktion in Gang zu setzen. Alles wusste er, mehr noch, als es überhaupt zu wissen gab. Mehr als Jamie sich selbst je einzugestehen gewagt hatte.

Ganz tief und zerrend machte sich nun die Erregung in seinem wehrlosen Körper breit. Caris Stimme schien ihn komplett auszufüllen, das Loch in seinem sehnsüchtig lechzenden Herzen zu stopfen. Ja, er war es. Er war der Richtige. Das hatte ihm sein Herz verraten. Es gab kein Zurück mehr. Jetzt nicht mehr.

"Es erregt dich, wenn du dich selbst nimmst", folgerte der Schlagzeuger auf erstaunliche Weise vollkommen korrekt, so sehr, dass sich einmal mehr etwas in Jamies Seele auftat. "Und es erregt mich auch. Der Gedanke daran...der Gedanke daran, dass da etwas ist, um das du mich im Kopf regelrecht anflehst...etwas, von dem du weißt, dass ich es dir geben könnte..."

Jegliche Objektivität existierte schon längst nicht mehr. Es ging nur noch um sie beide. Um Jamie und Cari. Und um das, was sie nicht mehr trennte. Was sie zusammenschweißte. Was sie vereinte.

"Ich will dich, Jamie."

Cari hatte dem eine Stimme gegeben, was Jamie bisher nicht einmal still zu formulieren gewagt hatte. Der Sänger hörte das Flehen, das sein Eigenes war, erkannte sich darin wieder. Es war das Spiegelbild, nach dem er sich viel zu lange verzehrt hatte. Badend in seinen überschwappenden Empfindungen wandte er sich seinem Freund zu, blinzelte ihn durch seine halb geschlossenen Lider an.

"Ich bin ein Mörder", flüsterte er lieblich und packte dann Caris Hand.

 

Naked

I stand naked before you

Close your eyes and you'll see

Exposed and delightful

Take your best part of me

 
 

*
 

 
 

Die Weihnachtszeit war längst eingekehrt auf dem Stockholmer Bahnhof, wie man unschwer an der prächtigen Festdekoration und den prall gefüllten Regalen in den Läden erkennen konnte. Selbst um diese späte Uhrzeit herrschte noch Betrieb in den Gängen; Leute stürmten mit vollgepackten Einkaufstüten in die Geschäfte, die noch immer ihre Pforten für den Ansturm an Gästen geöffnet hielten.

Züge verfrachteten im Minutentakt neue Menschen auf schwedischen Boden, die die Bahnsteige überfluteten und sich scheinbar allesamt unter die Shoppenden mischten.

Lediglich Cari und Jamie waren ihrem Beispiel nicht gefolgt. Sie hatten andere Pläne, Pläne, die sie in die dritte Etage zu den Bahnsteigen führten, wo sich die Toilette befand, die man für einen kleinen Obolus nutzen konnte. Zu ihnen gehörten allerdings auch ein paar Duschkabinen, die dazu dienten, sich eine kleine Erfrischung nach einem anstrengenden Tag zu gönnen. Doch man konnte sie auch zweckentfremden. Ja, sie sollten den beiden Männern als armseliger Hotelersatz dienen, denn hundert Kronen für von der Außenwelt abgeschottete Wände zu bezahlten kam ihnen deutlich gelegener als ein halbes Vermögen für eine Nacht in einem Hotelzimmer auf den Tisch zu legen.

Es war Caris Idee entsprungen, auf diese Alternative zurückzukommen. Und Jamie, der sich ohnehin längst in etwas fallen gelassen hatte, was ihn mit offenen Armen empfangen hatte, konnte nur noch daran denken, endlich das zu tun, was er hatte niemals tun wollen. Berauschte Sinne vermischten sich zunächst mit den grellen Lichtern, die den Einkäufern den Weg ebneten, bis sie schließlich in den Fluten zu ertrinken drohten, die über ihre Körper rannen.

Seltsam war es, vor allen Dingen das. Aber es war das einzig Richtige, was Jamie tun konnte. Es war eines der vielen falschen Dinge, zu denen ein Mensch fähig war.

Er konnte seiner Sünde nicht mehr widerstehen. Denn sie stand längst vor ihm, splitterfasernackt und genauso bereit wie er, das Vorhaben durchzuziehen.

Den Mord an einem Herzen...

Wieso dem Verstand noch länger zuhören, wenn er doch bereits im Sterben lag? Was interessieren uns die Toten? Sind die, die sich blühender Vitalität erfreuen, nicht viel bedeutender? Die, die mit der lautesten Stimme sprechen, werden beachtet. Nur die. Und mit jeder Berührung, die der Sänger erfuhr, mit jedem kleinen Wort, das gegen seine Haut gehaucht wurde und dort verkochte, sprach sie ein wenig lauter, seiner unüberhörbare Stimme. Drang schrill durch seine Knochen und riss an seinen Eingeweiden. Nur noch einen Wimpernschlag war er davon entfernt, sich dem Verderben in den Rachen zu werfen. Freiwillig. Weil das Verderben solch eine süße Stimme besaß. So süß und betörend. Zum Vergehen schön.

 

Nein, Jamie war nicht schwul, hätte sich nie vorstellen können, sich in einen Mann zu verlieben. Und diese Gewissheit verband ihn mit seinem Freund. Nein, Liebe würde auch dieser nie für einen Mann empfinden. Denn Liebe war rein und unschuldig, und das, was er gerade empfand, kam diesen lichten, lieblichen Gefühlen kein bisschen gleich. Wie auch, wenn auch Jamie so schön war wie die Sünde und sich gegen ihn drängte, hilflos in seiner Lust, angewiesen auf seine Führung? Was für eine Medizin sollte gegen das unstillbare Verlangen helfen, wenn sie doch niemand einnehmen würde? Cari zumindest wollte nicht geheilt werden. Nicht davon. Nicht von seiner Fähigkeit, all die kleinen Dinge zu schätzen, die dem Großen, Ganzen Perfektion verliehen. Jeder Seufzer, der über Jamies Lippen rollte, jeder Kuss und jedes krampfhafte Winden kam für ihn einer Aufforderung gleich, ihm mehr zu geben. Ihm alles zu geben, nach was er sich sehnte. Jetzt, wo er wusste, was es war.

 

"Jamie..." Seine Stimme war geschmeidig wie Seide, drang schmeichelnd in den Gehörgang seines Freundes ein, während er ihn umfangen hielt. "Jamie, was ist das?"

Er sah, wie der Sänger langsam seine Augen öffnete und mit verklärtem Blicken seiner Hand folgte, die sich behutsam zwischen seine Beine schlich und dort sein bestes Stück packte.

"Was ist das?", hakte er noch einmal nach. "Dein Glücklichmacher, mh? Willst du spüren, wie er dich in den Wahnsinn treibt?"

Jamies entrückter, ja leicht benommener Ausdruck in den Augen war Antwort genug. Seine Stimme versagte ihm längst jeglichen Dienst, es ging nicht mehr länger.

Bereitwillig ließ er zu, dass sein Freund ihm zwei, drei Finger in den Mund steckte, die er großzügig einzuspeicheln hatte, bis sie trieften und bereit waren, sein Innerstes zu durchbrechen. Als Vorgeschmack auf das, was kommen sollte. Was tief, tief in ihm kommen sollte.

Er nahm war, wie er brutal herumgerissen wurde, wie seine Brust hart auf die kalten Wandfliesen traf und er um Atem rang, verzweifelt keuchte und noch ungestümer Luft holte, so wie eine kräftige Hand seinen Haarschopf packte und seinen Kopf nach hinten zog. Das alles, das war viel zu perfekt, um richtig zu sein. Das alles war viel zu abgründig, um gutgeheißen werden zu können.

Jeder einzelne Klaps auf seinen Arsch hatte ein Brennen zur Folge, ein Brennen, das ihn allerdings auch nicht mehr aus seiner Ekstase zu wecken vermochte. Erst als er es spüren konnte, wie es sich gnadenlos in ihn drängte und freudig in ihm zu zucken begann, riss er die Augen auf und besann sich auf das, was gerade mit ihm geschah. Dass es sein bester Freund war, der drauf und dran war, sich an ihm zu vergehen, an seinem erbärmlichen Körper, genau so, wie er es gewollt hatte. Nicht gewollt, aber gemusst hatte.

Immer wieder prallte er gegen die Wand, schlug sich den Kiefer ein, aber keine dieser Widrigkeiten konnte ihn noch bremsen. Schmerzen, Scham, Schande, das ging unter in der diabolisch schönen Euphorie, der er sich nicht mehr entziehen konnte.

"Schwuchtel", schimpfte Cari ihn, während er ihn ritt, während er ihn zwang, sich zu bücken, ihm seine harte Hand ins Kreuz presste und dafür sorgte, dass Jamie die Position einnahm, die er für ihn vorgesehen hatte. Im Moment war es nicht mehr sein bester Freund, der da japste und winselte wie ein getretener Hund. Im Moment war er nicht mehr als sein Objekt der Lust, der Arsch, an dem er sich abreagieren konnte. Der Arsch, der danach lechzte, dass sich an ihm abreagiert wurde.

Schon bald legten sich die Finger, die Jamie zuvor gezüchtigt hatten, auf seinen Mund, erschwerten ihm das Atmen, doch das trieb seine Lust nur in noch höhere Sphären. Stoß um Stoß folgte, sein Körper bewegte sich unwillkürlich vor und zurück, sein nasses Haar klebte an seinen Wangen, seiner Stirn, seiner Nase. Doch das alles zählte nicht. Nicht jetzt. Der Dämon tobte in ihm, der Dämon feierte seinen Triumph. Er hatte seine Seele, er hatte seinen Körper. Schreien ließ er ihn, erstickt schreien gegen diese grausame Hand, die ihn davon abhielt, den ganzen Bahnhof rebellisch zu machen. Und schließlich befreite er ihn von den eisernen Ketten, die er ihm angelegt hatte. Irgendwann wurde alles ganz leicht. Irgendwann verlor er sich im Delirium. Irgendwann war alles vorbei. Irgendwann wusch das Wasser die Spuren seiner Lust von den Fliesen, bis es so schien, als wäre das alles nie vorgefallen. Als wäre das nicht real, sondern nur ein weiterer Traum. Aber in seinen Träumen sprachen alle handelnden Charaktere mit seiner eigenen Stimme. Und nur man selbst besitzt die Macht über das Geschehen. In der Wirklichkeit aber konnte man sich verlieren. Verlieren in etwas, das einen bisher unerforschten Fleck auf der Landkarte seines Lebens darstellte. Einen großen, schwarzen Fleck, der einen verschlingt, wenn man sich weigert, sich selbst zu heilen.

 

Es war vorbei. Und doch war es das nicht. Hunderte von Bild- und Gefühlsfetzen rasten durch Jamies Gedanken, alle auf einmal, alle zur gleichen Zeit, nahmen ihn so von sich ein, dass er nur wie durch einen dunstigen Schleier hörte, dass ein Donnern den Raum erfüllte. Nein, keines im Raum. Eines an der Tür.

"Polizei hier, ist alles in Ordnung?", rief eine ebenso kräftige Männerstimme, die Jamie endgültig aus seiner Trance riss.

Schnell tauschte er Blicke mit seinem Freund, der sich ein breites Grinsen nicht verkneifen konnte.

"Wir Verbrecher", wisperte dieser voll Ironie.

Come Together

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Crotch Grabbing

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Right There

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Melted Chocolate

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Top Or Bottom

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New Heights

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Aching Areas


 

Aching Areas
 

 
 

 
 

Sie mochten eine Band bilden, eine zusammengehörige Truppe von vier Typen, doch dies bedeutete nicht, dass sie jeden Schritt stets und ständig in Anwesenheit der anderen taten. Jeder durfte noch immer sein eigenes Leben führen, auch auf Tour. Erstens, weil zu viel Nähe niemandem gut tat und zweitens, weil es nicht bedeutete, dass einer das Kindermädchen des anderen spielen musste, nur, weil sie zusammen musizierten.

So kam es mitunter vor, dass sie sich während der Aftershowparty gänzlich aus den Augen verloren, da jeder sein Ding machte, sich anderen Leuten anschloss, um mit ihnen zu quatschen, zu saufen und zu feiern. Was vollkommen in Ordnung war. Am nächsten Tag auf der Bühne würden sie wieder alle zueinander gefunden haben und ein tolles Team bilden. Doch in der Nacht folgten sie anderen Regeln. Eigenen Regeln. Deswegen erschien es Cari als ganz normal, dass Jamie noch immer nicht in ihrem gemeinsamen Hotelzimmer aufgetaucht war, obwohl der Schlagzeuger bereits seit einer ziemlich langen Zeit in seinen Federn lag und schlaflos an die Decke starrte. Ja, sein Verstand sagte ihm, dass nichts Ungewöhnliches vor sich ging, dass Jamie sich schlichtweg mit irgendjemandem verquatscht hatte oder sich gar mit einem Mädchen vergnügte, wer wusste das schon. Er betonte zwar immer, wie treu er seiner Freundin war, aber auch er war nur ein Mann mit Bedürfnissen.

Okay. Sollte er machen. Sollte er es sich gutgehen und sein Bett heute Nacht unberührt lassen. Kein Ding. Caris Problem formte sich eher aus seinem hin und wieder doch recht paranoid anmutenden Gedankengut. Denn so ganz wohl war ihm nie zumute, wenn er ewig nicht das beruhigende Geräusch des Schlüssels im Schloss vernahm, welches ihm verriet, dass Jamie in den Heimathafen eingekehrt war. Er vermochte seine Gefühle selbst nicht so recht in Worte fassen zu können, er spürte lediglich die nagende Unruhe in seinen Magen, jetzt, wo er sich bereits seit mehreren Stunden hin und her wälzte und meinte, dass die Dämmerung längst eingesetzt hatte. Es half nicht, dass er sich einredete, wie unsinnig seine Sorge war und dass Jamie jeden Moment hier aufkreuzen würde, mit einer ganz plausiblen Erklärung für seine Verspätung. Jamie war ein erwachsener Mann, einer, der niemanden benötigte, der auf ihn aufpasste und der ihn beschützte. Aber auch das wollte nicht so recht den Weg in Caris Kopf finden. Schließlich durfte man sich nie zu sicher sein. Im Leben passierten die seltsamsten und unvorhergesehensten Dinge. Und sie als Freunde mussten doch zumindest ein wenig aufeinander achten, oder?

Nein, Cari konnte einfach keine Ruhe finden. Irgendein schweres, unangenehmes Pochen hatte in seinem Bauch Einzug gehalten. Wahrscheinlich, weil er fühlte, dass eben doch nicht alles mit Jamie in Ordnung war. Dass der Sänger mit sich haderte. Dass er Schwierigkeiten hatte, das Hotel aufzusuchen, dass er sein Gesicht bedeckt hielt, hatte er doch einiges zu verbergen.

Man verbannte derartige Instinkte gerne in das Reich der Mythen und Legenden, aber wenn sich zwei Seelen sehr nahe standen und so viel miteinander teilten, dann konnte es geschehen, dass selbst die fantastischsten Märchen wahr wurden. Dabei war diese Nacht nicht im Geringsten so voller Pathos, wie man meinen mochte. Jamie hatte sie wieder einmal gespürt, die knüppelharte Realität und die Schattenseite des Musikerlebens, erfahren, wie es war, von seinen Fans geliebt zu werden bis an die Schmerzgrenze.

Da der Sänger jemand war, der Probleme lieber mit sich selbst ausmachte und andere nicht damit belasten wollte, hatte er sich natürlich gefragt, ob er wirklich ins Hotel zurückkehren wollte, so, wie er war, in diesem Zustand. In diesem Fall hätte er Cari eine kurze Nachricht geschickt, ihm mitgeteilt, dass mit ihm alles okay war und dass er mit einer Dame verschwunden war, irgendwohin. Aber da Verschweigen von Sachverhalten meist auch Hand in Hand mit glatten Lügen einherging, entschied er sich letzten Endes dagegen. Er konnte Cari einfach keinen Bären aufbinden. Manchmal, da gehörte die Wahrheit auf den Tisch, wenn auch nicht die ganze. Manchmal war Hilfe und jemand zum Reden genau das, was man benötigte. Und Jamie spürte, dass heute einer dieser Tage war. Eine dieser Nächte, die er am liebsten aus dem Kalender gestrichen hätte. Knallhart aus seinem Leben verbannt.

 

Zu seinen ohnehin bestehenden Schmerzen gesellte sich auch noch eine schwelende, kribbelnde Nervosität, als er vor dem Hotelzimmer stand und mit zitternden Fingern den Schlüssel aus seiner Hosentasche zog. Zum Glück trug er ihn noch bei sich und hatte ihn nicht verloren, vorhin, als...

Er verbannte die Erinnerungen daran aus seinem Kopf. Zumindest versuchte er es. Aber nicht einmal der Alkohol hatte es fertiggebracht, seine Gedanken reinzuwaschen. Er befand sich in einer Spirale, in einem sich unaufhörlich rotierenden Karussell, und als er schließlich den Schlüssel in das Schloss steckte und ihn beherzt herumdrehte, wusste er, dass er nur nach Linderung sehnte. Nach Linderung der Schmerzen, die ihm auf seiner Seele brannten. Alles andere war halb so wild. Alles andere würde er wegstecken können. Das würde von selbst heilen. Aber das dort drin, in seinem Kopf, in seinem Herzen - nein. Dieses Mal würde er es nicht allein bewältigen können. Dieses Mal brauchte er seinen Freund. So sehr, wie er ihn noch nie gebraucht hatte.

 

Cari fiel ein riesengroßer Stein vom Herzen, ein wahrer Felsbrocken, so wie er von Jamies Ankunft mitbekam. Kaum ein Geräusch hätte er sich im Moment schöner vorstellen können als jenes, das mit dem Aufschließen der Tür einherging. Schritte folgten, schwere Schritte, ausgelöst von schwerem Schuhwerk, welches dumpf auf dem Parkett pochte. Dann hielten sie inne. Stille breitete sich im Raum aus. Eine dieser angespannten, unangenehmen Art. Und Cari ahnte, dass längst nicht alles so gut war, wie er geglaubt hatte, dass es mit Jamies Eintreffen sein würde.

"Cari, schläfst du?"

Ganz eindeutig bemühte Jamie sich um einen möglichst neutralen Klang seiner Stimme. Aber dennoch blieb Cari das Zittern der Worte nicht verborgen. Zerbrechlich wirkten sie, ungemein zerbrechlich, so dass der Schlagzeuger alarmiert aufhorchte.

"Hast du was, Jamie?"

Der Sänger antwortete nicht gleich. Er musste erst noch einmal darüber nachdenken, was er überhaupt offenbaren wollte, konnte, durfte. Das Ganze fiel ihm schwer, sehr schwer sogar, aber er sehnte sich doch nach Linderung, und wie sollte es besser werden, wenn er seine Lippen versiegelt hielt und den Kummer in sich hineinfraß? Man kann Schmerz nicht von einer Seele absorbieren, auch wenn es oftmals den Anschein erweckt. Eine Seele kann nur Stück für Stück daran zerbrechen, ganz unbemerkt leiden, ganz leise sterben. Und Jamie wollte alles andere als das. Deshalb fasste er sich ein Herz.

"Komm mal mit ins Bad, ich muss dir was zeigen."

Mit Tatsachen konnte er nicht gleich herausrücken. Hin und wieder war es besser, Bilder sprechen zu lassen, besonders dann, wenn es so schwerfiel, die passenden Worte in den Mund zu nehmen. Und Jamie besaß in dieser Nacht genügend Bilder. Bilder wie Tätowierungen auf seinem Körper. Dinge, die Cari an Stelle von Worten alles erzählen würden.

Er wartete nicht erst, bis sein Freund etwas erwiderte. Die schweren, dumpfen Schritte erschollen erneut in der Stille, näherten sich dem angrenzenden Badezimmer.

Cari wusste nun überhaupt nichts mehr. Alles, was ihm übrig blieb, war, Jamie zu folgen, egal, was er vorhatte, auch wenn er ihn im Waschbecken ertränken wollte. Für Fragen blieb keine Zeit, so sein Eindruck, also kroch er aus seinem Bett und tappte barfuß über das Parkett, erreichte schließlich die Badtür, welche bereits offen stand. Dunkelheit klaffte in dem separaten Raum, obwohl Jamie sich den leisen, raschelnden Geräuschen nach zu urteilen hierin aufhielt. Nein, Cari verstand gar nichts mehr.

"Mach das Licht an", bat Jamies angeschlagene Stimme ihn, und daraufhin suchten Caris Finger den Schalter, der das grellweiße Neonlicht entfachte und ihn zunächst die geblendeten Augen zusammenkneifen ließ. Aber bereits nach wenigen Sekunden schaffte er es, Jamies bloßen Rücken zu identifizieren, die blasse Haut, die seinem Freund zu eigen war, das lange Haar, welches ihm fast bis zum Arsch reichte. Es wirkte schmutzig, zerzaust, längst nicht so gepflegt wie gewöhnlich. Mehr denn je plagte den Drummer das Gefühl, dass hier irgendwas so ganz und gar nicht stimmte.

 

Als sie sich beide an die Helligkeit gewöhnt hatte, drehte der Sänger sich um und starrte Cari direkt an.

Der Schlagzeuger glaubte, sein Herz würde stehenbleiben. Zunächst vermutete er, es mit einer Illusion, ja gar mit einem schlechten Halloweenscherz zu tun zu haben, aber Jamies Augen erzählten ihm längst eine andere Geschichte. Eine Geschichte von Schmerz, Leid und Verzweiflung, die sich ebenso auf seiner Haut wiederfand, in seinem Gesicht. Sie hatten manchmal zum Spaß Blut in ihre Performance eingebaut, einfach, weil es böse aussah und zu ihrem Image passte, aber dies hier hatte nichts mehr mit dem dünnen Rinnsal zu tun, welches Jamie ausgespuckt und sich provokant über das Kinn, die Brust und den Bauch hatte laufen lassen.

Dies hier, das war schockierend. Weil es echt war.

"Scheiße", hauchte Cari betroffen, so wie er seinen Freund von oben bis unten musterte, an dem großen Bluterguss an seiner Hüfte hängen blieb, dann an der Schramme über seiner Augenbraue, anschließend die aufgeplatzte Lippe fokussierte, die noch immer nicht aufgehört hatte zu bluten. "Jamie, was..."

Jamies Mundwinkel zuckten. Zuckten so lange, bis sie ein sarkastisches Lächeln herausgebildet hatten.

"Gefall ich dir? Was meinst du, aus welchem Horrorfilm komme ich?"

Doch Cari stand nicht der Sinn nach solch bitteren Scherzen. Anstelle näherte er sich seinem Freund, legte behutsam seine Finger unter dessen Kinn und betrachtete eingehend die böse aussehenden Wunden. So lange, bis er den Anblick nicht mehr ertrug.

"Verdammt, was ist los?", rief er voller Sorge aus, aber Jamie grinste nur erneut. Der Alkohol tat sein Übriges.

"Ich bin ein junger Krieger", erklärte er, um die Ernsthaftigkeit der Situation herunterzuspielen, so, wie er es am liebsten tat. Dabei mimte er einen Schwertkämpfer, wenn auch einen äußerst kläglichen, unbeholfen agierenden. "Ich komme direkt aus dem Kampf! Habe ganz Schweden vor der drohenden Bierkrise gerettet! Lasst den Alk in Strömen fließen!"

"Es reicht!"

Cari packte Jamie am Handgelenk, woraufhin dieser inne hielt und seinen Freund amüsiert anschaute.

"Willst du mir nicht danken?"

"Hör auf, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen! Das ist überhaupt nicht komisch."

Jamie schwieg nun still, während Cari nach dem erstbesten Waschlappen griff und ihn unter dem Wasserhahn auswusch. Vollkommen ungerührt schaute der Sänger seinem Freund dabei zu, hatte auf einmal keinen Bock mehr, über irgendetwas nachzudenken, wollte nur noch in sein Bett und die Augen zumachen. Er wollte alles vergessen.

"Setz dich auf das Klo", wies Cari ihn wenig später an und half dem offensichtlich Betrunkenen, seinen Arsch auf den rechten Fleck zu pflanzen. Dort saß Jamie nun wie ein nasser Sack, hin und wieder ein leises Glucksen ausstoßend und dann wieder vor Schmerz zischend, wenn Cari eine noch offene Wunde säuberte. Aber es war nicht nur das Erscheinungsbild seines Freundes, welches den Schlagzeuger mit tiefer Sorge erfüllte. Alles in allem war Jamie in dieser Nacht nur noch ein Schatten seiner selbst, innerlich wohl vollkommen zerstört, komplett runtergewirtschaftet. Umso mehr ihm dies bewusst wurde, desto heißer brannte diese Gewissheit in seiner Brust. Irgendetwas Schlimmes musste passiert sein. Irgendetwas so Schlimmes, dass Jamie nicht einmal darüber sprechen konnte. Etwas, das er mit der Methode Verdrängung zu bewältigen versuchte und an welcher er scheiterte. Denn seine Augen, die logen nicht. Seine Augen, die Cari um Hilfe anflehten. Um Trost und Zuflucht. Und ja, das alles hätte er ihm sofort gegeben. Aber dazu musste er erst einmal wissen, was sich zugetragen hatte!

"Hast du dich geprügelt?", versuchte er deswegen auf andere Art und Weise Informationen aus seinem Freund herauszukitzeln. Vielleicht würde er so eher an sein Ziel kommen.

Doch Jamie schien sich wieder nur darüber zu amüsieren. Ein breites Grinsen erwuchs auf seinem Gesicht, welches sich jedoch zu einer schmerzerfüllten Grimasse wandelte.

"Ja", sagte er langgezogen in gespieltem Stolz. "Wenn du denkst, ich sehe schon schlimm aus, dann hättest du erst mal den Arsch sehen müssen."

"Welchen Arsch?" Cari kniete vor ihm zwischen seinen Beinen. Gegen die Blutergüsse, die Jamies Körper verunstalteten, konnte er nichts tun. Aber dennoch begutachtete er sie lange, jeden einzelnen, nachdem er Jamies Lippe und Stirn mit zwei Pflastern versorgt hatte.

"Den Arsch halt", tönte Jamie mit längst geschlossenen Augen und einem seligen Grinsen. "Den größten Arsch auf der ganzen Welt."

Gut, er wollte sich dazu nicht äußern. Dann aber vielleicht zu etwas anderem.

"Was hat er denn gemacht, dass er so ein Arsch ist?", hakte Cari vorsichtig nach, denn er wusste, dass er ihm sanft auf den Zahn fühlen musste in Anbetracht der tiefen Verstörung Jamies.

Der Sänger grinste wie ein Honigkuchenpferd. Machte die Augen gar nicht mehr erst auf, lehnte schlaff an den Fliesen, während ein paar feuchte Haarsträhnen von ihm unbemerkt an seiner Wange klebten.

"Poppen wollte er, was sonst?", erzählte er gelassen. "Aber ich wollte ihn nicht ranlassen. Das konnte ich nicht machen. Da wärst du schließlich gaaanz eifersüchtig geworden."

Er giggelte und kicherte nur so. Doch Cari war noch immer nicht nach scherzen zumute. Und er wusste zudem, dass Jamie seinen Kummer lediglich überspielte.

"Du wolltest ihn nicht ranlassen", fasste er ruhig zusammen. "Und dann?"

"Dann wollte er mich in 'ne dunkle Ecke ziehen, mich an die Wand drücken und mich nach allen Regeln der Kunst ficken", kam es vollkommen distanziert von Jamie. Nun lachte er allerdings nicht mehr. "Aber nicht mit mir. Solche Sachen darf nur mein Cari-Baby machen. Sonst niemand. Deswegen hab' ich ihn fertiggemacht. Vollkommen."

Er hielt seine geballten Fäuste empor. Die Haut über den Knöcheln war aufgeplatzt und teilweise bereits mit dunklem Schorf überzogen.

"Eisenfäuste hab' ich, ich kann dir sagen...", murmelte Jamie auf einmal ziemlich schläfrig, blinzelte Cari allerdings durch seine halb geschlossenen Lider an. "Ich hoffe, das Schwein verreckt in irgendeiner Ecke. So, wie es es sich verdient hat."

Die Gedanken überschlugen sich nur so in Caris Kopf. Keinen einzigen konnte er mehr direkt fassen, zu viel stürzte auf ihn ein, zu viele Emotionen, allen voran ein Gemisch aus Mitleid, Angst und vor allen Dingen unbändiger Wut. Wut auf denjenigen, der seinem besten Freund so weh getan hatte.

"Sag mir, wer es war, und ich bring ihn eigenhändig um", zischte der Schlagzeuger zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und erhob sich, beugte sich zu seinem Freund, wusste allerdings nicht, wieso und richtete sich dann wieder auf, streichelte nur zaghaft durch dessen Haar, was Jamie sich wiederum gern gefallen ließ.

"Du bist so romantisch", flüsterte Jamie verklärt und vergaß durch den Wandel, den die Szene genommen hatte, endlich seinen Sarkasmus. "Aber er hat sich mir leider nicht namentlich vorgestellt. Ich weiß nicht, wer es war. Hatte nur 'ne hässliche Fresse. Mehr weiß ich nicht."

Cari presste die Lippen aufeinander, nickte. Währenddessen setzte Jamie unerwartet wieder zu reden an.

"Manchmal kommt es mir vor, als würde es nur noch Arschlöcher auf der Welt geben." Seine Stimme wurde immer träger, immer langsamer, klang immer verwaschener. "Weißt du was? Ich hasse die Menschen."

Obwohl er so müde und geschwächt war, war es ihm gelungen, so viel Kraft in diese wenigen Worte zu legen, dass selbst Cari erschauderte. Ja, auch er erwartete nicht mehr sonderlich viel von seinen Artgenossen. Aber sie allesamt verfluchen? Wahrscheinlich hätte er allerdings an Jamies Stelle dasselbe gesagt, so enttäuscht und verletzt, wie er war...

"Geh ins Bett", sagte Cari, anstelle auf Jamies verbitterte Aussage einzugehen. "Du kannst bei mir schlafen, wenn du magst."

Jamie erwiderte daraufhin nichts, ließ sich lediglich von Cari in die Vertikale helfen und humpelte dann an seiner Seite in das Schlafzimmer, stöhnte wohlig auf, als er sich in Caris Bett kuschelte, die Wange in das Kissen schmiegte.

"Das riecht so sehr nach dir", nuschelte er, seufzte, brummte genüsslich. "Das riecht nach meinem Baby..."

Cari stand nicht der Sinn danach, irgendetwas zu hinterfragen oder über ihr Verhältnis zueinander nachzudenken. Zumal es sich so schön anfühlte inmitten einem ganzen Wald aus Verderben, Jamie ganz nahe zu sein, seelisch, aber schon bald auch körperlich. Jamie hungerte schließlich regelrecht nach der Wärme, die von seinem Freund ausging, nach dessen Hand, die unaufhörlich über seine Schulter streichelte und ihm somit ein wenig Ruhe schenkte. In dieser Nacht gab es für ihn nichts Wertvolleres, Heilenderes als Zärtlichkeit. Denn es waren die inneren Wunden, die die meiste Fürsorge benötigten, um langsam aber sicher genesen zu können.

"Vielleicht solltest du morgen zum Arzt gehen", meinte Cari nach einer Weile. "Nur um sicher zu sein, dass du keine inneren Verletzungen hast."

"Ich habe innere Verletzungen", erklärte Jamie ihm monoton. "Der Typ hätte mich ohne mit der Wimper zu zucken vergewaltigt."

Daraufhin schwiegen sie beide. Cari, weil ihm einfach nicht in den Kopf ging, wie man zu solch einer grauenvollen Tat fähig sein konnte. Und Jamie, weil er längst über etwas anderes nachdachte.

"Ich hab' gesagt, dass ich glaube, dass es nur noch Arschlöcher auf der Welt gibt", knüpfte er an seine Vermutung von vorhin an. "Aber das stimmt nicht ganz. Egal, wie scheiße all die Menschen sein mögen, ich hab immer noch dich. Du wiegelst das wieder auf. Weil du so ganz und gar nicht scheiße bist."

Er machte eine kurze Pause.

"Cari, ich wäre längst tot, wenn du nicht wärst..."

Der Schlagzeuger wusste, dass Jamie übertrieb. Aber was spielte das für eine Rolle? Und wen kümmerte es noch, ob sie beste Freunde oder doch so viel mehr waren?

Sie hatten einander. Sie waren füreinander da. Sie würden sich nie allein lassen.

Das war es, was von Bedeutung war. Das stellte ihren kleinen Lichtblick in einer rohen, grausamen Welt dar.

Half Naked

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Against The Wall

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Passionate Reconciliation

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Shake It, Baby


 

Shake It, Baby
 

 
 

(Sweet Dreams [are made of this])
 

 
 

 
 

Wie zähmt man ein Raubtier am effektivsten? Ganz klar: Man füttert es mit Liebe, legt ihm eine Kette an, die gerade einmal um einen Finger passt und ringt ihm ein Versprechen ab. All diese Dinge wirken in Kombination wie ein stählerner Käfig, aus dem es für das Biest kein Entrinnen mehr gibt. Zumindest nicht so lange, bis ein gewitzter Kerl, dem eigentlich die Aufgabe zuteil geworden war, ein Auge auf die Raubkatze zu haben, den Schlüssel ausfindig macht und das gefangene Tier in die Freiheit entlässt.

Aber dem Panther sollte das Schicksal zunächst wohlwollend gegenüberstehen. Ihm blieb noch ein Tag, ein einziger in grenzenloser Freiheit, der keine Strafe für ein eventuelles Fehlverhalten mit sich ziehen würde. An welchem er Beute reißen durfte, wie es ihm beliebte. Welcher nur ihm und seinen Instinkten gehörte. Denn er besaß große, mächtige Instinkte, die sich nicht immer abstellen ließen. Besonders dann nicht, wenn sein Verstand allmählich aus seinem Hirn driftete und nie mehr gesehen ward...

Jamie war ein Raubtier. Und eine Katze, sei sie auch noch so groß, lässt nun einmal das Mausen nicht, wenn sie erst einmal auf den Geschmack gekommen ist.

 

Die Jungs hätten eigentlich längst hier aufkreuzen müssen. Doch bisher war von ihnen keine Spur.

Eigentlich vertraute der Sänger seinen Freunden, wusste, dass sie ihn nie im Stich lassen würden, aber seine Natur war dennoch die einer äußerst misstrauischen Person, weswegen er prompt mit dem Schlimmsten rechnete. Ausgerechnet heute hockte er allein auf seiner schwarzen Ledercouch, die Beine lässig in großem Abstand voneinander aufgestellt und den Kopf hinten an die Lehne gedrückt. So wartete er. Wartete samt seiner reizenden Gesellschaft in Form eines Glases, welches einen wahrlich guten Rotwein enthielt und leerte somit fast die halbe Flasche allein, obwohl der herbe Geschmack solch einer edlen Traube eigentlich nicht zu seinen Favoriten zählte. Zum Vorglühen genügte dieser Merlot jedoch. Später würde es ohnehin noch Sekt geben, vielleicht sogar Champagner zur Feier des Tages. Falls die Jungs denn Geld für ihn ausgeben wollten. Falls er seinen Junggesellenabschied nicht komplett einsam verbringen musste. Man musste ja mit allen Schikanen rechnen.

Die Zeit verging und mittlerweile hatte er das Licht anstellen müssen, war die Dämmerung doch längst hereingebrochen. Sicherheitshalber warf Jamie einen prüfenden Blick auf sein Mobiltelefon, in der Hoffnung, er hätte einen Anruf seiner Freunde verpasst, aus welchem Grund auch immer. Aber bisher war kein einziger eingegangen. Lediglich seine Freundin hatte ihm eine Nachricht geschickt, die zwar keinen Inhalt besaß, sondern ihm lediglich zeigen sollte, dass sie an ihn dachte.

Er hob das bauchige Glas an seine Lippen und trank einen Schluck, dann noch einen.

Seine Freundin. Nein, seine Verlobte. Seine zukünftige Frau.

Er kam sich mit einem Mal so erwachsen vor, wie er sich diese Bezeichnung durch den Kopf gehen ließ. Natürlich, hin und wieder hatte er Svea als seine Frau vorgestellt, noch lange bevor sie sich das Ja-Wort gegeben hatten. Einfach, weil nur Jugendliche eine Freundin besaßen, aber keine gestandenen Männer wie er. Dennoch haftete ihm noch sehr viel von seiner Zeit als Teenager an. Vor allen Dingen der Drang zur Rebellion, aber auch jener, jeden Tag zu leben, als wäre es sein letzter und dabei nicht an das Morgen zu denken, denn das brachte einem nur Kopfschmerzen ein. Ja, man konnte sagen, dass er noch genauso genusssüchtig war wie ein Sechzehnjähriger und zugleich wusste, dass er noch längst nicht alles vom Leben gesehen hatte. Dass es Facetten gab, die noch unentdeckt in ihm schlummerten. Oder die da draußen schlummerten. In den anderen, seinen Mitmenschen. Seinen Freunden.

Er kannte Kerle, die hatten sich bereits mit süßen Achtzehn festgelegt und waren entschlossen vor den Altar getreten. Also konnte man nicht gerade behaupten, er wäre zu jung zum Heiraten gewesen. Dennoch kroch eine gewisse Nervosität in ihm empor, wenn er gegen seinen Willen an die morgige Trauung dachte, an seine Frau in einem wahrscheinlich klassisch weißem Kleid und einer märchenhaften Hochsteckfrisur, während er einen ganz passablen Anzug trug und dazu nur ein wenig Eyeliner, keinen schwarzen Lippenstift, er wollte schließlich nicht aussehen wie Graf Dracula.

Das, was ihn hauptsächlich von einem Teenager unterschied war der Fakt, dass er mit den Jahren gesetzter geworden war und sich nicht mehr zu freuen vermochte wie ein kleines Kind auf Weihnachten. Die meisten Dinge waren ihm ziemlich gleichgültig geworden, lediglich der Abend, an dem er Cari leise gefragt hatte, ob er denn sein Trauzeuge sein wolle, hatte ihm einen seltsamen Taumel des Glückes eingebracht. Denn natürlich hatte sein Freund Ja gesagt, und daraufhin waren sie sich in die Arme gefallen und hatten sich vielleicht erst nach zehn Sekunden wieder losgelassen. Cari hatte nach Schnaps gerochen, besser gesagt nach Jack, da er bereits eine ganze Menge gekippt hatte, genau wie Jamie, aber dem Sänger war dieser scharfe Duft dennoch wie ein geiles Parfüm vorgekommen, weswegen er seine Nase vorsichtig in den Haaren seines Freundes vergraben und kurz die Augen geschlossen hatte, um den Geruch auf sich wirken zu lassen, das Gemisch aus Alkohol, Zigaretten und Shampoo. Irgendwie hatte er sich in diesem Moment komplett ausgefüllt gefühlt. Als würde er nichts anderes auf der ganzen Welt brauchen. Und wenn er nun daran dachte, dann spürte er es wieder, diese dumpfe, betörende Gefühl, das schwer in seinem Magen pochte und in seinem Rückenmark kitzelte.

Oh ja, das war ein toller Abend gewesen. Um Längen besser als der heutige, an dem er so alleine war.

 

Als er bemerkte, wie die Vibrationsfunktion seines Handys in seiner Hosentasche losging, griff er sofort in dieselbe und nahm das Gespräch gespannt an. Wie er bereits erwartet hatte, brüllte ihm Rikkis Stimme ins Ohr. Und ja, sie brüllte tatsächlich. Irgendwie musste sie ja die konfusen Umgebungsgeräusche übertönen. Wo zum Teufel hielt der Kerl sich auf?

"Sorry, Alter, es wird später!"

Jamie runzelte die Stirn und hielt das Gerät etwas von sich weg. Dieser Krach störte seine besinnliche Stimmung!

"Wie, später?", plärrte er zurück, bis ihm dämmerte, dass er seine Stimmbänder genauso gut schonen konnte, herrschte um ihn herum doch klare Stille.

"Vielleicht auch gar nicht." Das Stimmengewirr im Hintergrund schwoll an. "Wir stecken in der U-Bahn fest, irgendein technisches Problem...und niemand weiß, wann das behoben sein wird."

"Boah, fuck!"

So ein beschissener Tag! Ausgerechnet heute klappte nichts so, wie es sollte. Toll. Die restliche Flasche Wein würde somit also auch Jamie gehören. Irgendwie musste man sich ja die Langeweile vertreiben. Wenn er einmal betrunken war, würde ihm ohnehin alles egal sein. Oder aber er würde sich heulend auf dem Sofa zusammenkrümmen. Wer wusste das schon. Alkohol förderte nun mal seine Gefühle zutage. Und ob diese positiver oder doch eher negativer Natur waren, das entschied allein die Verfassung, in der er sich vor seinem Rausch befunden hatte. Und heute tendierte diese leider allerdings mehr in die negative Richtung.

"Reg dich ab."

Ja, Rikki hatte gut reden. Dem standen ja auch noch ein paar mehr Tage in Freiheit bevor. Der besiegelte morgen ja nicht seine Liebe zu einer Frau und legte ein Treuegelübde ab. Der durfte seine Bisexualität noch wesentlich länger genießen. Aber für Jamie war morgen Schicht im Schacht. Ab morgen würde er Verantwortung haben. Und bald würde seine Frau sicher schwanger werden, und spätestens dann war alles vorbei...

"Na klasse." Jamie seufzte und schenkte sich anlässlich der schlechten Nachricht gleich noch ein wenig Merlot ein. "Ihr lasst mich ganz alleine an meinem großen Tag und schaut einfach zu, wie ich mir mächtig die Kante gebe. Die Einsamkeit, ein Kühlschrank voller Bier und ich eskalieren doch immer irgendwie."

"Wir können es ja nicht ändern", räumte Rikki ein, wenigstens klang er schuldbewusst. "Vielleicht haben wir Glück und kommen bald frei."

"Hoffentlich." Jamie ließ sich seine Verstimmung offen anmerken. Der Wein, den er von seinen Lippen leckte, schmeckte ihm nun überhaupt nicht mehr. "Sagt dem Kerl, der den Zug fährt, einen schönen Gruß von mir und tretet ihm mal ordentlich in den Arsch!"

"Machen wir", versprach Rikki dezent lachend und legte dann auf.

Einen Scheiß würden sie tun, wusste Jamie. Aber eigentlich war es auch egal. Eine Hochzeit bedeutete nicht den Abend aller Tage. Auch nach der Vermählung konnte er noch jede Menge Spaß haben. Viel würde sich wahrscheinlich nicht an seinem Verhalten, an seinem Leben ändern. Fremdgepoppt hatte er vorher schließlich auch nicht, wenn man das glaubte. Auf Ärsche in kurzen Röcken geglotzt, das ja, aber das lag einfach in der Natur des Mannes. Und so lange man nur guckte, aber nicht anfasste, war die Welt doch in Ordnung. Andere Mädels interessierten Jamie ohnehin nicht so sehr, dass er sie sich gleich ins Bett geholt hätte, egal, wie hübsch und süß sie aussehen mochten oder was für eine große Oberweite sie aufwiesen.

Man hätte vermuten können, dass Jamie ein gewaltiger Weiberheld gewesen war, als er Svea noch nicht gekannt hatte. Aber dem war nicht so gewesen. Nein, er hatte immer widerstehen können, Sex war für ihn noch nie das Größte gewesen, sondern mehr eine nette Nebensache.

Was also hatte er zu befürchten? Sein Leben würde weitergehen. Ganz egal, ob er denn ab morgen einen Ring am Finger tragen würde oder nicht.

Er würde noch immer derselbe sein.

 

Er zuckte zusammen und schüttete sich fast seinen Wein über den Latz, so wie ihn die Klingel aus seinen melancholischen Gedanken riss.

Oh, vielleicht waren das ja schon seine Kumpels? Hoffnungsvoll eilte er zur Tür, drückte, ohne nachzufragen, wer sich da anbahnte, auf den Summer und wartete. Sogar sein Herz klopfte ein wenig schneller als sonst. Er malte sich aus, dass aus dem öden Abend doch noch eine coole Nacht werden würde. Die Post würde ihm um diese Uhrzeit wohl keine falschen Hoffnungen mehr machen. Und falls ja, würde der Bote mächtig eins von ihm auf den Deckel bekommen. Oder aber er würde ihn hineinbitten und ihm Wein anbieten, vorausgesetzt, der Sänger hatte einen guten Tag. Was heute eher nicht der Fall war.

Als er Schritte im Treppenhaus vernahm, spähte er neugierig zur Tür heraus. Sekunden später erblickte er einen schwarzen Haarschopf. Fassungslos taumelte er daraufhin zurück, denn er hatte den Typen selbstverständlich längst erkannt, der ihm hier einen kleinen Besuch abzustatten gedacht hatte. Die Aufregung in ihm fand ihren Höhepunkt, schien regelrecht in seinem Leib zu explodieren.

Aber wie konnte das sein...?

 

Sein Freund stand schon bald mit dem breitesten Grinsen, das er zustande brachte, auf dem Abtreter, wohl wissend, dass ihm seine Überraschung gelungen war.

"Na, Alter, bist du nun von den Socken?", fragte er dennoch keck, während Jamie die Tür hinter Cari schloss, ihn dabei aber noch immer vollkommen perplex anguckend. "Das hätteste nicht gedacht, mh?"

"Ich dachte, ihr steckt in der U-Bahn fest!", schüttelte Jamie ungläubig den Kopf, woraufhin der Schlagzeuger es ihm gleichtat, aber dazu noch eine Schnute zog.

"Ja, Tim und Rikki stecken fest", erklärte er. "Bei mir hat das Schicksal gewollt, dass ich zu Fuß gehe. Tja, es hat eben doch was Gutes, wenn man x-mal seinen Herd kontrollieren muss, bevor man aus dem Haus gehen kann und dann prompt die Bahn verpasst."

"In dem Fall wirklich", musste Jamie ihm Recht geben, der sich dabei erwischte, dass er Cari nicht nur anguckte, sondern ihn regelrecht blickfickte. Aber wie sollte man auch anders können? Es war ja nicht so, als würde sein Freund an anderen Tagen nicht gut aussehen, aber heute schien er irgendetwas an sich vorgenommen zu haben, was ihn schier unwiderstehlich wirken ließ. Vielleicht lag es an seinem Make Up? Den schwarzen Lippen, dem schwarzen Eyeliner und dem silbernen Lidschatten? Aber das kannte er doch längst von ihm. Genau wie diesen megascharfen Undercut, der seine schmale Gesichtsform so reizvoll betonte und ihm in Jamies Augen noch wesentlich besser stand als sein offenes, schulterlanges Haar. Selbst diese verdammt kurzen, knappen Hosen trug der Typ des Öfteren in seiner Anwesenheit, ebenso die schwarze, schwere Lederjacke. Aber irgendetwas gab es dennoch, das ihn leicht durcheinander brachte. Als Cari sich schließlich an ihm vorbeischob, um in Richtung des Wohnzimmers zu marschieren, wurde ihm klar, worum es sich bei diesem ganz besonderen I-Tüpfelchen handelte. Der Drummer schien bereits getankt zu haben, denn er roch nach Jack, genauso intensiv wie an dem Abend, an dem er ihn gefragt hatte... Vielleicht hatte er sogar gleich ein Bad in dem Teufelszeug genommen. Jamie wusste es nicht. Und er vergaß die Frage ohnehin, so wie die beiden Männer sich im Wohnzimmer fanden und Cari ihm noch immer sein erweichendstes Verführerlächeln schenkte, das ihm direkt ins Herz schoss. In den Magen. Und ein bisschen sogar zwischen seine Beine. Das war eben das Übel, wenn man solche unverschämt attraktiven Kerle zu seinen Freunden zählte.

 

"Da sind wir heute also ganz alleine?", hakte Cari nach, obwohl er die Antwort freilich längst kannte. Irgendetwas schwang in seinen Worten mit. Irgendein böser Hintergedanke oder so. Jamie ahnte, dass etwas im Busch war. Doch was konnte das sein?

"Sieht so aus", erwiderte er lässig und deutete mit dem Kinn auf die Weinflasche. "Willst du auch?"

Cari schenkte der Flasche kurz Aufmerksamkeit, blickte dann aber wieder Jamie mit diesen verdächtig funkelnden Augen an.

"Jetzt nicht."

"Gut, wie du willst."

Jamie hingegen nahm sich wieder seines Glases an und setzte seine Lippen daran. Dabei schaute er Cari abwartend dabei zu, wie dieser etwas in seiner Hosentasche suchte, bis er schließlich sein Handy samt eines Datenkabels in der Hand hielt. Das wurde ja immer mysteriöser...

"Kann ich das mal an deine Anlage anschließen?"

Jamie zuckte die Schultern.

"Von mir aus."

Damit gab sein Freund sich zufrieden und näherte sich noch immer mit diesem spitzbübischen Grinsen im Gesicht seinem Radio, an dem er anschließend eine Weile schweigend herumfummelte.

"Und was soll das werden, wenns fertig ist?", wollte Jamie wissen.

"Das wirst du schon sehen", kam es aus Caris Richtung. Jamie konnte lediglich dessen Rückseite sehen. Die selbstverständlich auch nicht zu verachten war. Nein, Jamie glotzte um ehrlich zu sein nicht nur Mädchen auf den Arsch. Sondern hin und wieder auch seinem besten Freund. Aber wie sollte man auch anders können, wenn der so einen geilen Hintern besaß und ihn auch noch derart in Szene setzte? "Setz dich lieber schon mal hin. Am besten aufs Sofa."

"Und dann?"

"Das wirst du sehen."

Na schön. Dann hörte Jamie eben auf die Befehle seines Freundes. Er war schließlich der Letzte, der ein Spielverderber sein wollte. Irgendetwas würde der Kerl sich schon dabei gedacht haben. Cari war keiner, der einen verarschte. Genauso wie Jamie keiner war, der sich verarschen ließ.

 

So wie plötzlich düstere Gitarrenklänge aus den Boxen schallten, zog Jamie fragend die Augenbrauen empor. Als dann auch noch ganz eindeutig die Stimme Marilyn Mansons begann, ihn mit gehauchten Worten zu bezirzen, wusste er gar nichts mehr. Eigentlich entsprach die Musik dieses Herrn ganz und gar nicht Caris Geschmack. Jamie hörte da schon eher die verschiedensten Sachen, angefangen von Cradle of Filth bis hin zu den Sachen von Wednesday 13, der in der Vergangenheit auch mit den Murderdolls Feines abgeliefert hatte. Cari hingegen stand fast ausschließlich auf die alten Hardrock-Sachen, der Glam war seine Heimat und Industrial passte da nicht unbedingt dazu. Heute allerdings schien alles ein wenig anders zu sein als sonst. Schon als Cari geradewegs auf ihn zuhielt und schließlich in der Mitte des Raumes stand, wusste Jamie, dass hier so ziemlich alles von der Norm abwich. Prüfend huschten die Blicke seines Freundes über ihn, wirkten fast bedrohlich oder aber zumindest strenge Ernsthaftigkeit spiegelte sich in ihnen.

Jamie wollte fragen, was denn nun abging, schwieg allerdings, so wie Cari begann, langsam seine Lederjacke zu öffnen und das zu entblößen, was er darunter trug.

Ein verdammtes, bauchfreies Shirt, das irgendeine Sleaze-Band zeigte, der Jamie allerdings keine Aufmerksamkeit schenkte. Für einen unendlichen Moment lang drehte sich alles nur um den hübschen, doch ziemlich verführerisch aussehenden Nabel seines Freundes und dessen eintätowierten Lippenstiftabdruck auf seiner Hüfte, welcher frech über den Bund seiner Hose lugte; aber vor allen Dingen fesselten Jamie diese sinnlichen Bewegungen, die Caris gesamten Körper mit einbezogen. Dieser dezente Tanz wirkte so harmonisch, passte so gut zu seinem Freund, obwohl dieser sich an anderen Tagen nicht so gut wie Jamie zu präsentieren wusste und froh war, nicht den Fronter der Band geben zu müssen. Aber wie gesagt, heute war kein gewöhnlicher Tag.

Heute war Jamies Junggesellenabschied, anlässlich dessen Cari für ihn strippte.

 

Bereits als sein Freund seine muskulösen Schultern und Arme entblößte, musste Jamie sich mächtig zusammenreißen. Er wagte es kaum, so unverhohlen hinzustarren auf dieses Bild, das sich ihm bot, aber wann immer er kurz betreten auf den Boden schaute, vernahm er Caris scharfe Stimme.

"Guck mich an."

Also musste er sich wohl oder übel an diesem unwahrscheinlichen Körper weiden, den er zwar schon oft fast nackt gesehen hatte, aber noch nie mit diesem eindeutig erotischen Hintergrund.

Die Lederjacke fiel nun zu Boden, und Cari schob sich seine Hand über den Hinterkopf, seinen Nacken hinab, während er das Kinn lasziv hob und sich leicht zu schlängeln begann, während im Hintergrund die knackigen Industrialklänge seine verruchte Show begleiteten.

Hart biss Jamie sich auf die Unterlippe. Wie viele Frauen und Männer hätten ihr letztes Hemd gegeben, um ebenfalls solch einen Prachtkerl zu erhalten, der sich ihnen auf solch anregende Art und Weise präsentierte. Cari wusste, dass er Sex pur war, deswegen erschienen seine Bewegungen auch so natürlich. Er fühlte sich pudelwohl in seinem reizvollen Körper, hatte keinerlei Probleme damit, sein knappes Shirt zu packen und es einfach so in der Mitte auseinanderzureißen, um Jamie daraufhin seine tätowierte Brust darzubieten und seine flache Hand bedächtig über diese gleiten zu lassen, genau wie über seinen knackigen Bauch, bis seine Finger sogar vorwitzig unter dem Bund seiner Hose verschwanden.

Jamie gelang es kaum noch, still zu sitzen. Seine glasigen Augen wanderten an seinem nun halb nackten Freund hinab, weideten sich an dessen bloßer Haut und auch an den Dingen, die er noch vor ihm versteckte. Angetan öffnete er den Mund, so wie Cari sich über seine Lippen leckte und ihm dabei sein diabolischstes Grinsen schenkte, dieser Teufel, dieser unanständige Dreckskerl, der um Jamies geheime Sexualität wusste, hatte der Sänger ihm doch vor langer Zeit einmal gestanden, dass er bi wäre. Wie Cari gepolt war, das jedoch hatte Jamie bisher nicht in Erfahrung bringen können. Aber nun vermutete er, dass er ganz genauso fühlte wie er. Dass er sich insgeheim genauso sehr nach Männern verzehrte wie er es tat.

 

Seine wundervollen Hände machten sich nun endgültig an seinem Gürtel zu schaffen und öffneten nicht nur diesen, sondern anschließend auch den Knopf der Hose samt Reißverschluss, während sein Becken rhythmisch nach vorn stieß, was Jamie nur zu eindrücklich zeigte, wie viel Kraft in seinen Hüften lag und wie ausdauernd er im Bett sein mochte.

Der Sänger wusste, dass er inzwischen komplett hart war, dass er sich nach nichts so sehr sehnte wie nach der Auslebung seiner Gelüste, dass er sich in seinem Zustand hätte alles von seinem heißen Freund hätte machen lassen, Hauptsache, es diente seiner Befriedigung. Aber die Spitze seiner Erregung war bisher noch nicht erreicht worden, obwohl Jamie schon jetzt geglaubt hatte, platzen vor Lust zu müssen, da sein gesamter Körper so mörderisch prickelte und es zwischen seinen Beinen immer derber zerrte. Erst als Cari seine Jeansshorts langsam und gefällig über seine Schenkel schob und schließlich aus ihnen stieg, seine eigene, dicke Ausbeulung unter einem schwarzen Slip preisgab, begann es Jamie wie ein reißender, heißer Strom zu überrollen. Aber so wie dieses Miststück sich schließlich hüftschwingend umdrehte und ihm seine nackten, prallen Pobacken präsentierte, konnte Jamie nicht anders, als lustvoll aufzustöhnen und sich seine Hand in seine Mitte zu schieben. Dieser Teufelskerl trug doch tatsächlich Unterwäsche, die die Front zwar vollständig verdeckte, aber dafür für hinten nur zwei dickere Bänder bereithielt, von denen eines über, das andere unter dem Arsch angebracht wurde und die somit seine Form schön und aufreizend betonten.

"Oh, Fuck, du killst mich", jammerte Jamie in seiner Verzweiflung und windete sich ruhelos auf der Couch. "Du mit deinem verfluchten Jockstrap, du notgeiles Schwein."

Diese Worte jedoch sorgten jedoch auch nicht dafür, dass Cari gedachte, mit seiner heißen Nummer aufzuhören. Im Gegenteil. Wenig später kam er über Jamie, bedrohlich und zugleich stolz wie eine Raubkatze, wie ein schwarzer Panther, sich mit den Händen an der Sofalehne abstützend und weiterhin seine geschmeidigen Sexbewegungen ausführend. Dieser verdammte Schlafzimmerblick, der Jamie fast die Sinne raubte, lag dabei unverkennbar in seinen Augen, und als Cari sich auch noch zu ihm hinabbeugte, um sein Gesicht fauchend wie ein Tiger gegen seine Wange zu drücken, verlor der Sänger den letzten Rest Beherrschung und packte fest die Arschbacken seines Freundes, versuchte, ihn auf sich zu ziehen, damit sich ihre Schwänze endlich begierig aneinander reiben konnten, bis es ihnen zum ersten Mal an diesem Abend in Sekundenschnelle kam.

Doch so leicht sollte er Cari nicht bekommen. Dessen Augen mochten vor Lust und Hunger dunkel sein wie die schwarze Nacht, aber er hielt noch immer die Zügel in der Hand und war sich seiner Verantwortung bewusst.

"Nur gucken, nicht anfassen, Baby", raunte er, griff bestimmt nach Jamies Händen, die gerade seinen Rücken voller Begehr erkundet hatten.

"Du hättest dir denken können, dass ich dich will, wenn du so ne Show für mich abziehst", räumte Jamie missgestimmt ein, behielt aber seine Hände vorläufig bei sich. "Schließlich wollte ich dich schon vorher, aber jetzt..."

"Nein, ich hätte nicht gedacht, dass du derart auf mich abgehst." Cari legte seine Hand auf seine Wange, worauf sie sich in die Augen sahen. "Aber wie mir scheint, bist du in Wirklichkeit schwuler, als die Polizei erlaubt."

"Boah, ja, verdammt, ich bin noch nie auf jemanden so spitz gewesen wie auf dich!"

Nun driftete alles an die Oberfläche. All die verdrängten Gefühle, die hatten nicht sein dürfen und auch in Zukunft keinen Platz in seinem Leben haben sollten. Ab morgen würde er den heterosexuellen Ehemann mimen müssen, dem nichts im Bett fehlte und der sich nicht am liebsten von seinem besten Freund gehörig ficken lassen würde. Dabei wusste er längst, dass nur Cari es ihm so richtig besorgen konnte.

Inzwischen zitterte er regelrecht vor Lust. Seine Fingerspitzen bebten und sein gesamter Körper summte, stand unter Spannung, sehnte sich nach Caris Zuwendung, nach seinen wundervollen Händen, nach seinen sinnlichen Lippen und seinem großen, schönen Schwanz, auf den sein Loch so lange gewartet hatte...

Dem Schlagzeuger blieb Jamies immer stärker werdendes Verlangen natürlich nicht verborgen, zumal er genauso fühlte wie sein Freund. Auch er wäre am liebsten über ihn hergefallen und hätte dafür gesorgt, dass die Nachbarn seine süßen Schreie hören konnten, während er ihn nahm, genau so, wie er es brauchte. Aber die Auswirkungen dessen wären fatal gewesen. Denn er wusste, dass Jamie nie genug hätte bekommen können von ihm und dem Sex, den er ihm gegeben hätte.

"Willst du morgen wirklich heiraten?", fragte er seinen besten Freund ernst, der jedoch nickte.

"Ja, ich liebe Svea", erwiderte dieser fest und ließ keine Zweifel aufkommen, dass es sich dabei nicht um die Wahrheit handelte. Aber nichtsdestotrotz pulsierte in ihm diese starke, bisexuelle Ader, die endlich gefüttert werden wollte. "Es wird schon gehen, ich glaube daran. Aber heute...nur heute...einmal...ich will spüren, wie es ist...mit dir..."

"Jamie, es ist ein Fehler, und wir sind beide Schuld daran." Caris Lippen streiften neuerlich Jamies Wange, bis sie sanft an dessen Piercing zupften. Diese Einladung verstand der Sänger selbstverständlich sofort und verwickelte seinen Freund in einen heißen Kuss, womöglich in den leidenschaftlichsten, den er je empfangen und zugleich gegeben hatte. Cari schmeckte so unvergleichlich gut und seine Zunge, oh, seine Zunge, die nun wild mit seiner eigenen spielte, sorgte dafür, dass es sogar in seinen Brustwarzen zu kribbeln begann.

Ihre beiden Körper konnten längst nicht mehr anders, als sich treiben zu lassen in ihrer Begierde, sich gegenseitig mit den Lippen zu erkunden und sich hemmungslos mit diesen zu befriedigen, bis ihre Säfte nur so spritzten und sie aufschrien, sich aber sofort wieder ungehalten gegeneinander drängten, um ein sich gleichsam bewegendes, ineinander verschlungenes Knäuel zu bilden und Cari Jamie das Hirn aus dem Kopf vögelte, ihm mit aller Kraft und Begierde seine Jungfräulichkeit raubte. Und immer wieder hallte ihr Stöhnen durch den Raum, ihr Keuchen, ihr Schnaufen und ihr Ächzen, bis es Jamie vollends erwischte und er so hart für seinen Freund kam, dass dieser Mühe hatte, das entfesselte Raubtier zu bändigen, es zurück auf die Couch zu pressen und seinen Schrei mit einem ungestümen Kuss zu ersticken.

In dem Moment machte sich auch wieder die Klingel bemerkbar, die beide zwar inne halten ließ, aber nicht zum Handeln bewegte.

"Wir brauchen heute niemanden mehr", entschied Jamie atemlos, zwischen dessen gespreizten Beinen noch immer Cari hockte und sich gar nicht mehr aus ihm zurückziehen wollte. "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben."

Diese Worte jedoch hinterließen einen bitteren Nachgeschmack bei ihm. Denn irgendwie trafen sie ja auch auf ihn zu.

Die Fesseln hatten sich längst um ihn geschlossen, und für eine Hälfte seiner Sexualität würde in dem Käfig aus Liebe und Treue kein Platz mehr bleiben.

Das Raubtier würde morgen erschossen werden. Doch wahrscheinlich würde es neu geboren werden. Irgendwann, wenn es sich wieder nach Futter und einer ausgiebigen Streicheleinheit sehnte.

 

Love Making

Love Making

 

 

Des Nachts schwarze Lebensmittelfarbe in einem kleinen Kiosk auftreiben zu wollen, stellte kein sonderlich leichtes Unterfangen dar. Das Sortiment dieses Saftladens bestand nämlich anscheinend nur aus Tiefkühlpizzen jeglicher Couleur, Schokolade und weiteren, maßlos überteuerten Süßigkeiten sowie ekligen Fertiggerichten. Einzig und allein die Päckchen mit den Kondomen erschienen Cari als ziemlich sinnvoll, sollte man doch zu jeder Tages- und Nachtzeit einen Gummi mit sich tragen, schließlich konnte man nie wissen. Und wenn man zudem ein gewisses Ziel verfolgte, dann war es erst recht nicht verkehrt, gleich zum Zehnerpack zu greifen.

Als er das tat, beäugte der Verkäufer Cari bereits etwas misstrauisch. Doch was für eine Fresse würde er erst ziehen, wenn er erfuhr, weshalb der Schlagzeuger diesen Saftladen wirklich aufgesucht hatte?

Cari kümmerte es nicht. So, wie ihn selten etwas kümmerte. Außerdem war er seit geraumer Zeit nicht mehr als nüchtern zu bezeichnen, so wie eigentlich immer, was die Hemmschwelle nur noch weiter nach unten drückte. Wie bereits den ganzen Abend über. Den ganzen, verdammten Abend, der in dieser Form besser nie stattgefunden hätte. Einmal mehr bekam er vor Augen geführt, dass auch er nur ein Mann war. Ein beschissener Scheißkerl mit ebenso beschissenen Vorlieben, die wie gesagt ein bestimmtes Ziel verfolgten.

 

Er baute sich vor der Kasse auf und sah den Verkäufer ungerührt an.

"Haben Sie auch schwarze Lebensmittelfarbe?"

Daraufhin zuckten dessen Augenbrauen auf so lächerliche Weise in die Höhe, dass Cari das Lachen, das bereits hämisch in seiner Kehle hockte, beinahe nicht mehr unterdrücken hätte können. Nun sah dieser untersetzte Mann original wie ein Schweinchen aus, Schweinchen Dick oder einer seiner Verwandten.

Schweinchen Dick.

Dick.

Zumindest grinsen musste Cari, allerdings mehr über seine eigenen Gedanken als über die feiste Visage seines Gegenübers. Wenn man gesoffen hatte, dann kamen einem die seltsamsten Einfälle. Dagegen war die Sache mit der schwarzen Farbe noch nicht einmal sonderlich merkwürdig.

Schweinchen Dick wedelte unbestimmt mit der Hand in Richtung eines der nahegelegenen Regale. Dass es eben quasi ausgelacht worden war, schluckte es tapfer hinunter. Wenigstens gehörten Professionalität und der Umgang mit sichtlich Betrunkenen zu seinen Talenten, wenn es schon nicht mit einer gnadenlosen Schönheit gesegnet worden war. Doch was bedeutete schon Schönheit? Im Grunde fand Cari alle Menschen hässlich. Na gut, außer sich selbst vielleicht. Und natürlich Jamie. Jamie fand er sogar noch ein bisschen schöner als sich selbst. Falls man denn annahm, dass 'ein bisschen' ein großes bisschen war.

"Schwarze Farbe haben wir dort hinten", bedeutete der Verkäufer etwas träge.

"Kann man die auch essen?", hakte Cari mit ebenfalls hochgezogenen Augenbrauen nach. Allerdings ähnelte er mit dieser Mimik kein Stück Schweinchen Dick. Denn Schweinchen waren rund und fett, und Cari war gut trainiert durch sein Schlagzeugspiel und außerdem von optisch passablen Eltern in die Welt gesetzt worden. Das war ohnehin schon die halbe Miete. Kein Wunder, dass Jamies Mutter eine so attraktive Frau war, obwohl schon Anfang fünfzig.

"Essen kann man die nicht, nein", erwiderte der Verkäufer verdutzter denn je, und Cari winkte ab.

"Dann nutzt sie mir nichts", erklärte er. "Wissen Sie, ich habe Pläne, und nun kann ich sie nicht in die Tat umsetzen. Weil ihr Scheißsortiment keine scheiß Lebensmittelfarbe führt. Dabei ist heute verdammt noch mal der letzte Tag für uns! Die letzte Gelegenheit! Und Sie vermasseln alles!"

Er redete sich vollkommen in Rage, zum Leidwesen des armen Mannes hinter der Kasse, der allen Anscheins nach nicht mehr wusste, wie er reagieren sollte. Mit alkoholisierten Typen war schließlich nicht zu spaßen, und wahrscheinlich lag seine dicke Pfote bereits auf seinem Mobiltelefon, um im Zweifelsfall die Nummer der Bullerei zu wählen und dem von Gefühlen überschwemmten Cari von den Sittenwächtern Manieren beibringen zu lassen.

"Der letzte Tag?" Er konnte nicht verbergen, dass sich Unsicherheit in ihm ausbreitete. Caris Worte waren zwar nicht ernst zu nehmen, doch nichtsdestotrotz klangen sie verdächtig nach Apokalypse, und eigentlich hatte der Verkäufer vorgehabt, noch für ein paar Jährchen nervtötende und zum Teil aggressive Kunden in seinem Laden zu bedienen. Dass es hieß, dass Kinder und Betrunkene immer die Wahrheit sagten, beruhigte ihn ebenfalls nicht wirklich.

"Ja, verdammt, der letzte Tag!", echauffierte Cari sich des Weiteren vollkommen erzürnt dreinschauend und knallte wenigstens seine Kondompackung auf die Ladentheke. "Sie sind der ultimative Anti-Amor, ist Ihnen das eigentlich bewusst?"

Anti-Amor? Damit konnte der fette Verkäufer noch weniger anfangen. Deshalb beschloss er, dem jungen Kerl vor sich gar nicht mehr erst für voll zu nehmen. Der wusste doch ohnehin nicht mehr, was er laberte...

"Anti-Amor?", fragte auch eine dritte Stimme, während Cari gerade mit Mühe ein paar Münzen aus seiner Hosentasche kramte, um für das einzige zu bezahlen, was er hatte für ihren letzten Tag ausfindig machen können. Besser als nichts. Und doch zu wenig. Er hatte so einen tollen, ausgeklügelten Plan gesponnen, und nun war dieser jäh zunichte gemacht worden. Er hatte etwas so Besonderes vorgehabt. Etwas, das nahtlos an all die Geschehnisse des Abends angeknüpft hätte.

Und nun stand er hier, mit fast leeren Händen, aber dafür mit einem prall gefüllten Herzen. So wie er den Blick hob und den Besitzer der Stimme von vorhin ansah, zweifelte er nicht mehr daran, dass sein dämliches Herz jeden Moment platzen würde, weil die ganze Liebe, die er für diesen bescheuerten Kerl empfand, hinaus musste, raus aus der viel zu engen Brust und hinein in den großen, schlagenden Muskel seines Angebeteten. Seine Liebe wollte ihn durchdringen, in jede seiner Körperöffnungen krabbeln und erst wieder weichen, wenn er für ihn geschrien hatte, dieser ordinäre Typ mit seinen langen, schwarzen Haaren, die ihm bis über den halben Rücken reichten und ihn erst zu einem richtigen Luder machten.

Liebe, Liebe...was faselte er in seinen wirren Gedanken von Liebe? Ficken wollte er ihn, und das am besten hier und jetzt. Sogar vor den Augen des Verkäufers hätte er es mit ihm getan, ganz egal, Hauptsache, die Sache war endlich vom Tisch und sein Freund ging nicht als anale Jungfrau in die Ehe.

 

Da Cari zu nichts anderem mehr in der Lage war, als mit glasigen Augen zu starren, setzte Jamie sich grinsend in Bewegung und legte schließlich kumpelhaft, aber auch sichtlich geschafft von dem langen Abend seinen Arm auf die Schulter seines Freundes und stützte sich somit auf Kosten des Schlagzeugers auf ihr ab.

"Wo treibst du dich denn rum?", säuselte er beinahe lieblich, keine Spur mehr von seiner sonst so kratzbürstigen Reibeisenstimme, mit der er sein Publikum zu entzücken wusste. "Ich hab dich gesucht, Mann."

Sein warmer Bieratem schlug Cari mitten ins Gesicht, und es hätte ihn angeekelt, wenn dieser von Rikki oder Tim gestammt hätte, doch dieser war keinem anderen als Jamie zuzuordnen. Jamie, der ihm jetzt so nahe war. Jamie, dessen bloßer, über und über mit schwarzen Kussabdrücken übersäter Oberkörper gegen seinen Oberarm drückte. Doch schlimmer als dieses Gefühl von Nähe war der Gedanke an das, was ihm eine der Flitzpiepen quer über die Brust geschrieben hatte, mit schwarzem Kajal. Nun war die Schrift leicht verwischt und klebte teilweise auf Caris Arm, bedingt durch Schweiß und Reibung. Aber dennoch würde Jamie das bleiben, was man nur noch mit viel gutem Willen entziffern konnte.

Eine Knutschpuppe nämlich. Den ganzen Abend über war er nur zum Küssen da gewesen, für all die Mädchen mit den leuchtenden Augen, welche sich ebenfalls so einen Kerl wie Jamie an ihre Seite gewünscht hatten, und das, obwohl Jamie laut Cari wirklich nicht der Typ war, um sich in Ehefesseln zu legen. Aber auf ihn hörte ja niemand. Auf ihn hörte ja nie jemand. Zum Glück hörte er wenigstens auf sich selbst.

"Ach ja?", hakte Cari nach und blickte Jamie direkt in sein ebenfalls schwarz beflecktes Gesicht. Der für ihn schönste Mann auf Erden sah aus, als hätte er sich eben auf dem Kriegspfad vergnügt, und so ähnlich konnte man es wirklich nennen. Dinge, die die Teilnahme mindestens einer weiblichen Person erforderten, hatten immer etwas mit Krieg zu tun, im näheren oder auch entfernteren Sinne.

"Ja", murmelte Jamie und schmiegte nun sogar seinen Kopf anhänglich gegen Caris. Seine verrückte letzte Nacht in Freiheit hatte längst ihren Tribut gefordert. So hatte sich der wilde Engel doch ohne jegliche Hemmung mit Genuss volllaufen lassen, mit so ziemlich jeder alkoholischen Köstlichkeit, die er hatte in die Finger bekommen können. Wahrscheinlich hätte er nüchtern die Aufmerksamkeit all dieser fremden Damen nicht ertragen, die allesamt Teilnehmer dieses beschissenen Spieles geworden waren, welches die Freunde sich ein paar Tage zuvor für Jamie ausgedacht hatten. Dass sie sie zunächst an einer Leine durch die U-Bahn geführt hatten, ihre kleine Knutschpuppe, hatte Cari bereits die ein oder andere schmutzige Fantasie abgerungen. Die Regel, dass man nur eine Stelle seines Körpers küssen durfte, die noch keine Farbe abbekommen hatte, hatte allerdings nur noch Caris Neid angestachelt. Er begehrte Jamie nicht erst seit gestern, ja liebte ihn schon seit einigen Monaten regelrecht, und seitdem begegneten sich die beiden auf einer freundschaftlichen Basis, die mit ein wenig Romantik und Zärtlichkeit gewürzt war. Kein Wunder also, dass Jamie auch heute seinen Arm um Caris Hüften legte und dieser immer tiefer rutschte, dies wohl eher unabsichtlich, da Jamie nicht mehr Herr über sein Tun war. Der arme Junge hatte seinen Verstand schlafen gelegt, und im Grunde durfte Cari davon gar nicht profitieren. Dennoch tat er es. Würde es tun. Wollte es tun.

Jamies trunkener Blick fiel auf das Kondompäckchen, und dieses sorgte dafür, dass sich ein wissendes Lächeln über sein Gesicht stahl.

"Du hast heute Nacht wohl noch viel vor, mh?", flüsterte er süffisant und drängte sich noch ein wenig enger gegen seinen Freund, was es Cari auch nicht gerade einfacher machte, die Contenance zu wahren. Dieser Kerl schrie geradezu stumm danach, flachgelegt zu werden.

"Sehr viel", erwiderte Cari dezent, was Jamie allerdings nicht zu gefallen schien.

"Du kannst dich jetzt aber nicht einfach verpissen", nuschelte er gegen die Schulter Caris und schaute ihn von unten herauf aus großen Augen an. "Da wäre ich ganz, ganz traurig..."

Cari spürte regelrecht, wie er allmählich immer mehr den Reizen seines Freundes erlag. Und doch hielt er seinen Mund. Zumindest vorerst. Trotz Trunkenheit wusste er, dass er nichts überstürzen durfte. Jungs, welche eigentlich heterosexuell waren, musste man behandeln wie scheue Tiere, mit äußerster Vorsicht, damit man sie nicht verschreckte. Und Jungs an ihrem Junggesellenabschied konnte man erst recht nicht überfordern. Obwohl sie doch gerade an diesem alles ausleben durften, was ihr Herz begehrte.

Cari legte den Arm um Jamies Schulter und drückte seine Lippen gegen die etwas verschwitzte Schläfe des Sängers.

"Ich bleib bei dir", hauchte er. "Bis die Sonne aufgeht. Bis zum Ende."

Von Jamie her drang ein leises, unterdrücktes Glucksen.

"Hör auf, so romantisch zu sein, das steht dir nicht."

"Ich bin auch nicht romantisch", entgegnete Cari und löste sich wieder ein Stück weit von seinem Jungen, um ihm besser in die Augen sehen zu können und auch dem Verkäufer einen Seitenblick zuzuwerfen. "Frag den Kunden dort. Der wird dir bestätigen, dass ich total die Axt im Walde bin. Schließlich bin ich nicht hergekommen, um dir Blumen zu kaufen, sondern um mir schwarze Lebensmittelfarbe zu besorgen."

Der Verkäufer musterte die beiden verrückten Kerle aus seinen kleinen Schweinsäuglein, reagierte aber nicht auf die indirekte Ansprache Caris. Manchmal war es besser, nichts anderes zu tun als zu lächeln und zu winken. Zumindest dann, wenn man keinen Ärger wollte.

"Schwarze Lebensmittelfarbe?" Jamie lachte erstaunt auf. "Was hast du denn damit vor?" Noch ehe Cari allerdings etwas erwidern konnte, redete Jamie mit einem amüsierten Kopfschütteln weiter. "Manchmal glaub ich echt, dass du nicht mehr alle Latten am Zaun hast, Alter."

Sein Gesicht schmuste trotzdem einmal mehr mit Caris nackter Schulter. Selten hatte er Jamie so offensichtlich nach Liebe suchen sehen. Sein Jamie brauchte ein wenig Zuwendung heute Nacht. Sein Jamie hungerte förmlich nach einem unvergesslichen Erlebnis. Das zumindest war es, wovon Caris besoffener Geist fest überzeugt war.

"Das hat nichts mit Latten am Zaun zu tun", erklärte er. "Ich hatte voll den genialen Plan geschmiedet, verstehst du", sein erzürnter Blick huschte über die Witzfigur hinter der Theke, "aber man führt ja hier keine Lebensmittelfarbe in diesem Scheißladen. Deshalb kann ich nun meinen Plan auch nicht umsetzen. Dabei hatte er was mit dir und mir zu tun..."

Anstatt Jamie weiterhin darauf herumritt, worin denn genau Caris so ausgeklügelter Plan bestand, kümmerte er sich gar nicht erst lange um das Warum, sondern brillierte samt müder Stimme mit einer Idee, für die er sich eigentlich einen dicken, fetten Kuss auf seine schwarzen Lippen verdient hätte.

"Vielleicht gibts ja hier Schokosoße", brummelte er mit geschlossenen Augen. "Auch wenn ich keine Ahnung hab, wozu du die brauchst, so hoffe ich, dass du dich ein wenig beeilst...ich kann nämlich bald nicht mehr stehen..."

Wenn Caris klopfendes Herz einen Mund gehabt hätte, hätte dieser nun sicherlich im Kreis gegrinst. Auch wenn Jamie total dicht war, so hatte er eben wahre Intelligenz bewiesen und damit jene von Cari um Längen getoppt. Dafür ließ Cari sich nur zu gern als lebende Stütze missbrauchen. Um ehrlich zu sein hätte er sich von Jamie zu allem missbrauchen lassen. Im Gegensatz zu dem Verkäufer, der den Anti-Amor darstellte, war er ein liebestoller Romeo, der sich nach nichts mehr verzehrte als nach der Nähe seiner männlichen Julia, und wenn er diese Nähe nur erhalten konnte, wenn er Jamie mehr durch den Laden trug, als dass er selbstständig lief, so hätte er ihn auch Huckepack genommen, nur um sich wenigstens der Gewissheit hingeben zu können, dass sich das gegen sein Kreuz drückte, was er genüsslich abzulecken gewillt war.

Nun, der Kiosk alias Scheißladen war zu klein geraten für solche Manöver, weswegen sie dieses schon bald nach draußen verlagerten, wo die kühle Nacht sie begrüßte und mit ihren schützenden Armen umfing, sie damit belügend, dass sie auf ewig bei ihnen bleiben würde.

Jamie wusste nicht, wohin die Reise gehen sollte, und er wusste noch weniger, dass er gerade im wahrsten Sinne des Wortes abgeschleppt wurde, aber er vertraute Cari, und er wäre ihm überall hin gefolgt. Dass er wenig später in einem warmen, weichen Bett landete, an einem Ort, den er nicht kannte und der sich allerdings um ihn wie ein Karussell drehte, bewies ihm, dass er sich in guten Händen befand, in Caris sicheren Händen, ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes.

Er kam aus dem Lachen kaum mehr hinaus, als sein Freund begann, ihm die Hosen auszuziehen, hielt das Ganze für ein besonders witziges Spielchen in seinem watteweichen Hirn, das kein Gut und Böse mehr kannte. Er schien kein besseres Gefühl zu kennen als jenes, sich komplett nackt in den Armen seines besten Freundes zu räkeln, ungeniert und von etwas Heftigem erfüllt, das nur Cari galt, dem Mann, den er nie als Mann gesehen hatte, bis dieser Abend ins Land gezogen war, an dem sich alles verändert hatte. Es war so anders, heute in sein Gesicht zu sehen. Es war, als wäre es nicht das Antlitz seines Freundes, und doch erschien es ihm so vertraut, wie etwas, das man tausendmal gemustert hatte und kannte wie seine eigene Westentasche. Aber etwas war neu, etwas, das in seinen Augen schimmerte und ihn so schön machte, dass Jamies Sicht verschwimmen ließ.

Cari blieben die Tränchen, die in den hübschen Augen seines Freundes glitzerten, natürlich nicht verborgen. Besorgt beugte er sich zu ihm hinab, streichelte seine Wangen und küsste ihn, wollte ihm seinen Schmerz nehmen, den vermeintlichen Schmerz, der keiner war.

"Was hast du?", flüsterte er gegen seine Lippen, und da schüttelte Jamie ergriffen lächelnd den Kopf.

"Du bist so schön", entkam es ihm mit erstickter und zugleich überwältigter Stimme. "Du bist so verdammt schön, weil du mich plötzlich genauso erschreckend sehr willst wie ich dich."

Anstatt etwas zu erwidern, glitt Cari angespornt von diesen Worten an seinem Freund abwärts, küsste sich über all die unzähligen, schwarzen Abdrücke anonymer Lippen, die keine Bedeutung inne hatten, sondern nur einen seltsamen Spaß darstellten. Unter seinem Mund spürte er, wie die strammen Bauchmuskeln Jamies sich verhärteten, genau wie dessen Oberschenkel, über die er sanft mit der Zungenspitze fuhr, was seinem Freund ein holpriges Aufstöhnen, aber auch ein recht ungeduldiges Winden entlockte. Cari wusste, wo sich sein Mund für den anderen am besten anfühlen würde, wo er ihn ungehemmt spüren, arbeiten fühlen wollte, doch für ihn ging doch nichts über die spannenden Augenblicke, in denen er sich langsam der köstlichen Mitte des Sängers näherte. Die Dunkelheit im Zimmer verwehrte ihm die genaue Sicht auf all das, was ihn erwartete, doch dafür wusste er, als sich die Härchen unter seinen küssenden Lippen zu verdichten begannen, dass er seinem Ziel bereits sehr nahe war, und für jeden einzelnen Zentimeter belohnte Jamie ihn mit einem Keuchen oder gar einem Zucken. Es würde einfach werden, diesen liebeshungrigen Jungen in eine wonnige Ekstase zu versetzen, mittels einer Färbung dessen, was Caris Meinung nach bereits den ganzen Abend sehnsüchtig darauf gewartet hatte, geküsst, geleckt und gestreichelt zu werden.

Bevor Jamie die Beherrschung für ihn verlieren durfte, schüttete er sich den halben Becher Schokoladensoße in den Rachen und behielt die volle Ladung in seinem Mund, so lange, bis sich seine Lippen über Jamies inzwischen erhärtetes Glied stülpten. Das Zimmermädchen würde die beiden mit deftigen Flüchen besehen, für die Schweinerei, die sie veranstaltet hatten, doch was kümmerte es Cari, wenn doch endlich die Bereiche geschwärzt waren, die er hatte an der Knutschpuppe zeichnen wollen? Und was scherte es Jamie, der längst nicht mehr Herr über seine Sinne war und nichts anderes mehr kannte als Hingabe?

Außerdem feierte man nur einmal im Leben seinen Junggesellenabschied, zumindest im Optimalfall. Und bei einem solchen durfte es auch einmal etwas heißer hergehen. Denn sobald die Nacht sie aus ihren schützenden Armen entließ und sie dem grauenden Morgen auslieferte, würde alles vorbei und womöglich sogar aus ihren Köpfen gelöscht sein, so, als hätte es das nie gegeben, dass Jamie und Cari sich ineinander verliebt hatten, ein paar magische Augenblicke lang.

Don't Disturb Sign

Don't Disturb Sign

 

 

Für gewöhnlich ahnte man nichts Böses, wenn es an der Tür läutete, vor allen Dingen, wenn dies auch noch am helllichten Tag geschah. Wahrscheinlich war, dass einen lediglich der Postbote von der gemütlichen Couch holte, mit dem Wunsch, in das Haus gelassen zu werden oder auch einer der Nachbarn, welcher seinen Schlüssel vergessen hatte.

Doch manchmal traten auch wesentlich unliebsamere Situationen ein. Manchmal läuteten Personen an der Tür, die tatsächlich zu einem wollten - um einem einen sehr miesen Scherz zu unterbreiten.

Auch Jamie argwöhnte kein bisschen, als er müde und auch etwas genervt durch den Flur tappte. Er hatte eine lange Nacht im Proberaum verbracht, an der Seite seiner Bandkollegen und besten Freunde, von denen ihm einer etwas mehr bedeutete als unter Männern eigentlich üblich. Doch Cari wusste von seinem Glück und da er Jamies Gefühle erwiderte, stand dem gemeinsamen Spaß nichts mehr im Weg. Auch deshalb fühlte der Sänger sich nun recht abgeschlagen und ausgepowert; die Nächte mit Cari muteten für gewöhnlich noch länger an als jene, die er mit der Musik verbrachte. Denn sein Freund war einer, der ihn nicht schonte. Sein Freund war eine harte, männerquälende Sau...

 

Auch wenn er erst vorgehabt hatte, diesen bekloppten Klingler unverrichteter Dinge wieder den Heimweg antreten zu lassen und sich selbst nicht hoch zu bequemen, so stand er nun doch vor der Sprechanlage und hielt sich den Hörer derer an sein Ohr.

"Ja?", krächzte er mit seiner von Rauch und Alkohol gezeichneten Stimme und wollte sich zunächst räuspern, um die Zeichen dessen zu verbannen, dass er seit ein paar Stunden kein einziges Wort gesprochen hatte, aus Mangel an Gesellschaft. Doch man vorher fuhr ihm einfach so über den Mund.

"Machen Sie auf, hier ist die Polizei!"

Der Schreck, der ihm aufgrund dieser Worte in die Glieder fuhr, hätte beinahe dafür gesorgt, dass er den Hörer fallen ließ. Polizei? Aber warum? Er hatte doch nichts falsch gemacht, zumindest nicht in letzter Zeit, jedenfalls wusste er von keinem eventuellen Vergehen!

Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf, und von einer Sekunde auf die andere schien die Trägheit aus seinen Knochen gänzlich ausgelöscht. Alle Zeichen standen auf Panik, denn er hatte es wirklich mit der Angst zu tun bekommen, auch wenn er dies nie freiwillig zugegeben hätte. Eigentlich hätte es ihm ähnlich gesehen, die Bullen stehen zu lassen und sich selbst tot zu stellen, in der Hoffnung, sie würden ihn nicht finden, wenn sie die Wohnung stürmten, was sie wohl allen Anscheins nach vorhatten. Doch Jamie vermutete, dass ihm dieses Mal wohl lediglich die Flucht nach vorne blieb, falls sie es denn tatsächlich auf ihn abgesehen hatten, aus welchem Grund auch immer.

Er würde sich den Typen stellen. Schließlich war er keine feige Sau.

 

Schweren Herzens betätigte er den Türöffner, nachdem er den Hörer wieder auf die Gabel gehängt hatte. Für einen Moment liebäugelte er mit dem Handy in seiner Hosentasche. Wesentlich weniger beschissen würde die Situation anmuten, wenn Cari hier gewesen wäre, denn zwei Männer waren bekanntlich stärker als einer, auch im Geiste. Ja, am liebsten hätte er sich nun seinen Freund an die Seite gewünscht. Insgeheim allerdings auch um sich quasi ein wenig...beschützter zu fühlen. Klar, er wusste sich auch allein ausreichend zur Wehr zu setzen, sofern dies bei Polizeibeamten überhaupt möglich war, doch Cari vermittelte ihm dennoch ein Gefühl der Sicherheit. In seiner Gegenwart konnte er sie spüren, die strenge Rollenverteilung, die zwischen ihnen herrschte.

Doch es war bereits zu spät, um ihn in Kenntnis über seine Lage zu setzen. Im Hausflur ließen sich bereits Schritte vernehmen, und im nächsten Moment überwältigte ihn eine fast brutal nach seinem Arm packende Hand.

"Sie sind hiermit festgenommen!", hörte er jemanden rufen. Dann wurde er dumpf gegen die Wand gedrückt. Aus den Augenwinkeln sah er drei, vier Personen in den Flur stürmen, welche ihn allesamt zu umringen und anzugrabschen schienen. Man behandelte ihn wie einen Schwerverbrecher, und das, obwohl er doch gar nichts Böses getan hatte!

Ohne, dass er es wollte, raste sein Herz wie bei einem Marathon in seiner Brust, und zudem begann er, in seiner Panik verzweifelte Gegenwehr gegen den Mann, der ihn festhielt, einzusetzen.

"Lassen Sie mich los, ich habe nichts gemacht!", schrie er unbeherrscht. "Sie haben sich den Falschen ausgesucht!"

Schon nach wenigen kläglichen Versuchen, sich freizukämpfen, wurde ihm bewusst, dass er der Kraft dieser Hände nicht gewachsen war und sich ihnen wohl oder übel zu unterwerfen hatte. Doch damit wollte er sich nicht so einfach abfinden. Er mochte Caris kleiner Sklave sein, dessen devotes Fickstück im Bett, doch nie im Leben dachte er daran, anderen Personen so zu gehorchen wie seinem Freund.

Abermals windete er sich wie ein Tier, sorgte damit aber nur dafür, dass der Griff um seine Handgelenke fester wurde und sich nun noch ein zweiter Mann seiner annahm, welcher seinen Kopf so fest gegen die Wand drückte, dass er prustete und atemlos keuchte. Anschließend biss ihm wie zur Strafe für sein aufmüpfiges Verhalten kaltes Metall gnadenlos in die Haut, welches seine Hände auf seinem Rücken fixierte. Auch dies stellte etwas dar, das er zur Genüge kannte, doch im Gegensatz zu diesen Typen besaß Cari das Privileg, Jamie zu fesseln und anschließend schlimme Dinge mit diesem anzustellen, bei denen er sich nicht wehren konnte. Einfach, weil er sich, während er all diese extravaganten Dinge mit seinem Freund erlebte, in beschützter Sicherheit wiegte. Weil er wusste, dass Cari niemals eine von ihm gesteckte Grenze überschreiten würde. Weil er dies alles nur tat, weil er ihn liebte und begehrte.

Das, was diese irren Bullen mit ihm veranstalteten, stellte allerdings nur eine krude Bändigungsmaßnahme dar, die ihm nicht zu gefallen hatte. Das hier geschah gegen seinen Willen. Und trotzdem er dies wusste, begann er, ruhiger zu werden, zu resignieren, wenn auch mit feindseliger Miene und einer Körpersprache, die regelrecht danach schrie, ihm nicht näher zu kommen.

Aber diese Arschlöcher kümmerte seine Abwehrhaltung selbstverständlich wenig. Sie packten ihn vollkommen ungerührt unter den Armen und führten ihn ab wie einen Schwerverbrecher. Erst jetzt, als zwei der Typen neben ihm herliefen, fiel ihm auf, dass sie ihre Gesichter größtenteils verhüllten. Lediglich ihre Augen musterten ihn durch zwei Löcher in der Sturmhaube so abschätzig, als wäre er nicht mehr als ein Stück Scheiße.

Hatte er es hier tatsächlich mit einer Horde Bullen zu tun? Oder doch eher mit einer Bande organisierter Verbrecher, die ihn entführen und sonst etwas mit ihm anstellen wollten? Insgeheim hoffte er bereits, dass seine Freunde genug Kohle auf den Konten hatten, um das geforderte Lösegeld für ihn zu zahlen, doch als ein grober Stoß seinen Rücken traf und er beinahe den Halt verlor, entglitt ihm dieser Gedanke. Außerdem trugen die Kerle ziemlich echt aussehende Polizeiuniformen, was allerdings nichts heißen musste. Jamie wusste, dass man im Internet heutzutage alles für eine gehörige Geldsumme erwerben konnte. So naiv war er schließlich nicht. Doch was nutzte es ihm, hier eventuell falsche Bullen zu entlarven? Diese Tiere verschleppten ihn auch ohne Lizenz zum Festnehmen von Verbrechern. Und lieferten ihm kein einziges Wort der Erklärung.

 

Er landete in einem schäbigen Kleintransporter, von dem er nicht einmal sagen konnte, ob er denn überhaupt ein Martinshorn auf dem Dach mit sich führte.

Einer der Typen schnallte ihn an und verzog sich anschließend auf den Beifahrersitz, während ein zweiter sich zu ihm auf die Rückbank gesellte, um ihn im Auge zu behalten und bei einem eventuellen Aufmucken schnell eingreifen zu können. Wahrscheinlich ahnten diese Wichser, dass Jamie seine Energie noch nicht aufgebraucht hatte und bereit war, trotz des Wissens um seine aussichtslose Lage gegen die Maßnahme zu protestieren. Er begann, mit den Füßen gegen die Wände des Autos zu treten, in dem Vorhaben, es zu schädigen, ja am liebsten zu zerstören.

Natürlich brachte ihm dies überhaupt nichts; im Gegenteil, das Monster neben ihm wusste seine Beine kurzerhand zu bändigen, schwang sie mit einer Leichtigkeit auf den Sitz, sodass Jamie dazu gezwungen war, zu liegen, und fixierte sie mit seinen Massen unter sich.

Nun jedoch war Jamie erst recht provoziert. Seine Nerven drohten zu explodieren.

"Du Abschaum!", brüllte er dem ungerührt auf seinen Beinen hockenden Mann an. "Wenn du jemals wieder von mir runtergehen solltest, drück ich dir meinen Fuß so fest in deine hässliche Fresse, dass dein ganzes Gesicht auf ewig deformiert ist!"

Anstatt darauf etwas zu erwidern, sah der Mann zu seinem Kumpanen auf dem Beifahrersitz.

"Soll ich ihn knebeln?"

"Nee, lass mal", kam die gelassene Antwort von diesem. "Dem Boss wird es eh schon nicht gefallen, wie wir mit seinem Schnucki umgehen."

Jamie konnte hören, wie hässlich der Mann daraufhin lachte und wünschte sich, dessen Visage ebenfalls mit aller Macht demolieren zu können.

Der Kerl neben ihm warf ihm einen amüsierten Blick zu.

"Tja, leider mussten wir ein wenig grob mit ihm sein", äußerte er belustigt und hob die Schultern. "Schließlich ist er total ausgeflippt." und direkt an Jamie gewandt: "Das wird es wohl sein, was dem Boss nicht gefallen wird. Oh, er wird sehr wütend auf sein Schätzlein sein und es dies auch spüren lassen."

"Ich bin niemandes Schätzlein!", echauffierte sich Jamie lautstark, doch die Männer hatten dafür nur verhaltenes Gelächter übrig.

"Er ist echt gut im Vergessen", unterhielten die Kerle sich. "Nun leugnet er auch noch, dass er eine verdammte Schwuchtel ist. Dabei wissen wir doch sowieso schon alles..."

Jamie schwieg. Er machte für gewöhnlich kein Geheimnis aus seiner sexuellen Orientierung, doch er hasste es, wenn irgendwelche Leute über fünf Ecken erfuhren, dass er auch auf Typen stand. Er wollte bestimmen, wer über die Art und Weise seiner Polung Bescheid wusste und wer nicht. Wer hatte dieses Mal wieder geplaudert?

Auch wenn er nun nichts mehr sagte, so fletschte er zumindest gedanklich die Zähne wie ein bissiger Hund und setzte eine noch finsterere Miene auf. Es lag ihm fern, diese Arschlöcher noch weiter zu provozieren, nutzten sie diese Gelegenheiten doch nur, um ihn bloßzustellen. Also ließ er die restliche Fahrt stumm über sich ergehen, bis der Wagen schließlich Halt machte.

Nicht einmal von seinem Vorhaben, jenem Kerl die Fresse einzutreten, der auf seinen Beinen gesessen hatte wie ein fetter, schwerer Klumpen, machte er Gebrauch, als dieser sich erhob und ihn kurzerhand an den Beinen ins Freie zog. Genauso wenig wehrte er sich  gegen die Händepaare, die ihm abermals unter die Achseln griffen und auf ein unscheinbar aussehendes Gebäude zuführten.

Im Grunde glich dieses einer heruntergekommenen Baracke, auch wenn es so schien, als ob dieser Effekt mit Absicht erzielt worden war. Wahrscheinlich zählte sie zwei Stockwerke, vielleicht auch mehr, aber was kümmerte ihn dies noch. Viel mehr begann er nun ernsthaft daran zu zweifeln, ob er eine Weile seines Lebens tatsächlich im Knast zubringen sollte. Allerdings glaubte er auch nicht mehr an eine klassische Entführung, bei der Lösegeld verlangt wurde - schließlich befand sich die kleine Festung, auf die sie zusteuerten, mitten im Stadtgebiet, neben einem ganz gewöhnlichen Wohnhaus! Dies alles kam Jamie mehr und mehr ziemlich Spanisch vor. Doch trotz allem war nicht abzustreiten, dass diese Jungs irgendetwas im Schilde führten. Von einem Boss hatten sie etwas gefaselt - war er also doch in die Fänge der Mafia geraten? Er konnte sich partout keinen Reim auf die ganze Geschichte machen. Außerdem lenkte ihn der brennende Schmerz an seinen Handgelenken von den Wirrungen in seinem Kopf gehörig ab. Dafür, diese Dinger endlich loszubekommen, hätte er womöglich alles oder zumindest sehr viel getan. Doch das verriet er den Typen besser nicht. Sie hätten seine Verzweiflung nur ausgenutzt, und dies womöglich gar auf sexuelle Art und Weise. Und er konnte sich weitaus besseres vorstellen, als diesen ekligen Wichsern ihre dreckigen Schwänze zu lutschen. Unvermittelt musste er an Cari denken und daran, was passiert wäre, wenn dies ein Rollenspiel zwischen ihnen beiden dargestellt hätte. Sicherlich hätte Jamie dies wahnsinnig heiß zu machen gewusst, einfach, weil er auf ein paar perverse Unternehmungen stand - zumindest, wenn sein ihn liebender Freund zugegen war und er es war, der ihn angemessen für sein Fehlverhalten bestrafte...

 

Doch weit und breit ließ sich kein Cari ausmachen, ganz zu Jamies Leidwesen. Also musste er sich weiterhin allein mit seinen Entführern herumschlagen, welche ihn ohne ein erklärendes Wort in das Gebäude führten und durch den schmalen Gang lotsten. Dass sie damit dafür sorgten, dass Jamie seine angestellten Zweifel über die Funktion dieses Hauses mit einem Mal einbüßte, konnten sie nicht ahnen.

Jamies Blicke glitten über all die aneinandergereihten Zellen, welche nicht durch Türen, sondern durch dicke Gitterstäbe vom Gang zweigten. Ähnliches hatte er nur in alten Filmen gesehen, die in Amerika ansässig waren, aber niemals in der Realität! Die heutigen Gefängnisse bewahrten ihre Insassen doch schon längst nicht mehr auf solch menschenverachtende Weise auf. Wenn es auch sonst nicht viel Positives in einem modernen Knast gab, Privatsphäre wurde selbst dem miesesten Schwein gewährt.

Dies hier allerdings diente augenscheinlich nur dazu, die Gefangenen vorzuführen.

Sie kamen an Zellen vorbei, auf deren Metallbetten Menschen hockten, Männer, aber erstaunlicherweise auch Frauen, und die Gruppe aus großen Augen anstarrten. Allerdings wirkten nicht alle niedergeschlagen oder ängstlich - der Großteil wirkte recht ausgelassen, einige lasen gemütlich in einem Buch, spielten auf ihrem Handy oder winkten Jamie gar zu und wünschten ihm viel Spaß.

Viel Spaß? Wurde man in diesem Scheißladen etwas zunächst einer Gehirnwäsche unterzogen, ehe man sich selbst überlassen wurde? Jamie hoffte, dass er selbst seinen Verstand behalten durfte, doch wenn dieses Verfahren hier Gang und Gäbe war, hatte er selbstverständlich keinerlei Chance.

Seltsamerweise gab es auch Zellen, die sich zwei oder mehrere Personen teilten. In der einen aß eine kleine Gruppe von augenscheinlichen Freunden an einem versifften Holztisch, in der nächsten lag ein Pärchen im Bett, sich innig küssend und auf mehr hinarbeitend.

Ehe Jamie sich gedanklich irgendwelche weiteren Fragen stellten konnte, wurde er in eine noch leere Zelle am Ende des Gangs gestoßen. Allerdings hatte er weit gefehlt, wenn er geglaubt hatte, nun allein sein zu dürfen.

Jetzt ging das fiese Spielchen der Verbrecherbande erst so richtig los.

 

Einer der Kerle, der geformt war wie ein Wandschrank und auch die entsprechenden Kräfte mitbrachte, schlang seine Arme um Jamies Hüften und stemmte den verdutzten Kerl förmlich mühelos empor. Einmal mehr drängte sein naturgegebener Instinkt an die Oberfläche, der ihm flüsterte, sich gegen die Überwältigungen durch diese Arschlöcher zur Wehr zu setzen, doch er schluckte die Wut, die in ihm aufwallte, tapfer hinunter und ließ sich von einem weiteren Typen mit ausgestreckten, noch immer gefesselten Armen an dem dicken Deckenbalken fixieren. Dieser war gerade hoch genug angebracht, dass Jamie es nicht mehr möglich war, mit den Füßen den Boden zu berühren.

Hilflos hing er also in der Schwebe, wohl wissend, dass es für ihn kein Entkommen mehr gab. Einer der Kerle tätschelte ihm ein letztes Mal glucksend den Bauch, dann verzog er sich genau wie die anderen und verriegelte die Gittertür hinter sich.

Auf der einen Seite war Jamie beinahe erleichtert darüber, sich endlich nicht mehr mit diesen Dreckschweinen umgeben zu müssen. Auf der anderen jedoch fühlte er sich unglaublich verlassen und nahm wahr, wie die Verzweiflung mehr denn je mit ihren kalten Griffeln nach ihm tastete.

Was sollte aus ihm werden? Wie lange sollte er hier hängen, in den schmerzenden Stahlschellen, die das Gewicht seines gesamten Körpers trugen?

Die Antwort erhielt er bereits wenige Minuten später. Zunächst nahm er nicht mehr als einen Schatten war, der sich an seiner Zellentür zu schaffen machte, dann jedoch nahm die Person allmählich Gestalt an. Als sie schließlich eintrat und das wenige Licht, das durch das winzige Fenster in seinem Rücken in die Zelle drang, auf sie fiel, konnte Jamie die Umrisse eines Mannes ausmachen. Ein Typ in einer Uniform ähnlich der eines Polizisten, allerdings mit einer Offiziersmütze aus schwarzem, glänzenden Lack. Nun fiel ihm auch auf, dass zumindest die Hose ebenfalls aus diesem verführerischen Stoff bestand. Lediglich das enge Hemd, das leicht über der Brust des Kerls spannte, war aus einem matten Material gefertigt.

Er wusste, wer der Mann war, noch ehe dieser etwas sagen konnte. Diesen Körper hatte er bereits viel zu oft bewundert und berührt, um ihn nicht auf Anhieb wiederzuerkennen.

 

"Na, du böser Bube?"

Der vermeintliche Polizeibeamte trat nun vollständig ins Licht und zog den Schirm seiner Mütze leicht empor, bis er seine begierig funkelnden Augen freigab, genau wie den Rest seines Gesichtes. Jamie vergaß den Schmerz in seinen Gelenken, als ihn das laszive Lächeln seines Freundes traf. Genau, wie er vergaß, was in der letzten halben Stunde geschehen war. Diese Typen hatten ihn schlecht behandelt, wie ein Stück Scheiße - doch Cari würde es wohl noch schlimmer als diese mit ihm treiben. Denn Cari wusste ihn wesentlich hintergründiger und dadurch perfider zu reizen als diese Tölpel, die von Erotik sicherlich genauso viel wussten wie seine Urgroßmutter.

 

"Die Jungs haben mir bereits berichtet, dass du ganz und gar nicht folgsam warst auf dem Weg hierher", räumte Cari ein und musterte Jamie abschätzend, während er um ihn herumtigerte. Kritisierend schnalzte er mit der Zunge. "Dabei solltest du eigentlich wissen, dass kleine Zicken einem das Leben nur unnötig schwer machen. Hast du noch immer nicht gelernt, ein folgsamer Junge zu sein?"

"Ich gehorche keinen Fremden", presste er mühsam hervor. Das Herz schien ihm bis empor in der Kehle zu schlagen. Allerdings längst nicht mehr aus Angst heraus. Caris Dominanz fürchtete er zwar ebenfalls zur Genüge, hatte großen Respekt vor ihr, doch sein Unterbewusstsein fühlte sich sicher bei ihm. Denn Cari besaß ganz andere Intentionen, um ihm ein wenig Leid zuzufügen.

Er tat es nur wegen der Sinnlichkeit. Und weil Jamie darauf abfuhr, gequält und gewissermaßen entwürdigt von ihm zu werden.

"So?" Sein Herr hatte sich nun direkt vor ihm aufgebaut und starrte zu ihm empor. Trotzdem büßte er dadurch nichts von seiner gefährlichen, Jamie überaus anmachenden Aura ein. "Du gehorchst nur mir, ist das so?"

Der Gefesselte nickte.

"Ja, Herr."

"Guter Junge..."

Cari legte seine Hand auf den Oberschenkel seines durch dritte Hand gefesselten Opfers. So wie seine Finger sich Jamies Mitte näherten, spürte dieser, dass sein Körper sofort gierig auf die dezenten Berührungen des anderen abzugehen begann. Dies war das Zeichen dafür, dass er trotz der vorangegangen Torturen bereit für seinen Herrn war. Er würde niemals mehr damit aufhören können, Caris williger Sklave zu sein. Denn dies war sein Lebensinhalt. Diese pikante Facette war fest in seiner Seele verankert.

Er sah den wandernden Finger bei ihrem Tun gebannt zu, presste die Lippen fest aufeinander. Als Cari am Knopf seiner Hose ankam, huschte ein Schmunzeln über das Gesicht des falschen Offiziers.

"Ich glaube, wir sollten ein paar Vorkehrungen treffen", befand er und hatte somit Jamies Verwirrung auf seiner Seite.

"Vorkehrungen?"

Der attraktive Mann erwiderte nichts, sondern schlenderte nur auf die Tür zu und zog schließlich eine weiße, undurchsichtiges Brett aus der Wand, welches das Gitter verdeckte. Das Zeichen dafür, dass sie eine Weile lang keine Störung ihres Zusammenseins duldeten.

"Du denkst wohl, ich lasse alle Welt dabei zuschauen, wie wir unseren unvergesslichen ersten Jahrestag gemeinsam ausklingen lassen?"

Keck zwinkerte er seinem liebsten Spielzeug zu und riss Augenblicke später mit einer vollkommenen Selbstverständlichkeit dessen T-Shirt in zwei, sodass sein schöner, stattlicher Oberkörper zutage trat, nur dazu geschaffen, Cari zu betören.

Jamie wollte etwas sagen, öffnete bereits seine Lippen, gab es allerdings auf, als sein strenger Herr abfällig auf seine Brust spuckte, bis der Speichel nur so über seine Haut rann. Und als der kleine Sklave wenige Augenblicke später jenes Körperteil zu Gesicht bekam, welches ihm jedes Mal das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ und das die enge Lackhose Momente eben noch zu verdecken gesucht hatte, verkam er zu Wachs in den Händen dieses Mannes, seines Mannes. Dass heute ihr erster Jahrestag war, hatte er über der Hitzigkeit ihrer innigen Liebe vollkommen vergessen.

Doch zum Glück hatte er ja Cari, der Jamies schlechtes Gedächtnis auf so schamlose Weise auszunutzen wusste...

Hushed Whispers

Hushed Whispers

 

 

Das Rauschen der Wellen hatte sie schon bald die Sorgen und Nöte des Alltags vergessen lassen.

Sanft umspielte das lauwarme Wasser das kleine Boot, auf dessen Deck sie es sich bequem gemacht hatten, mit einem Kasten kühlen Bieres und diversen Kippen. Oft lebten sie derart ausschweifend, Cari, Jamie und ihre Freundinnen, doch selten saßen die beiden Paare in trauter Viersamkeit zusammen. Den Männern fehlte meistens die Zeit für solche Aktionen, da sie mit ihrer Musik beschäftigt waren, und auch, wenn Mädelsabenden hin und wieder auch ein gewisser Reiz inne wohnte, so schätzten die Frauen unter ihnen es trotz allem, wenn sie ihre Liebsten mal wieder aus den Fängen der Pflichten reißen konnten.

Sie kannten sich seit Jahren, was hin und wieder dazu führte, dass der Gesprächsfaden abriss und sie schweigend die glitzernden Reflexionen der Sonne auf dem Wasser bewunderten, ohne an irgendetwas zu denken. Zumindest schien es so. Einigen Personen ging nämlich in Wirklichkeit sehr viel durch den Kopf, während sie da saßen und rauchten, an der Bierflasche nippten oder einfach nur das Gesicht gen Sonne reckten. Vielleicht lag auch hierin der Hund begraben und der Grund für die allgemeine, ungewöhnliche Schweigsamkeit. Es war, als hätte der eine unter ihnen sie alle mit seiner seltsamen, nicht erklärlichen Bedrücktheit unbewusst angesteckt.

Cari jedoch war im Gegensatz zu seinem besten Kumpel an diesem Tag guter Dinge und hatte die Stille, welche höchstens von dem Krächzen ein paar Möwen untermalt wurde, satt.

"Erzählt mal einen Schwank aus eurer Jugend", forderte er die drei anderen auf, und zumindest die Mädels blinzelten ihn daraufhin geblendet und gleichzeitig etwas faul an, wodurch er sich dazu berufen fühlte, seine Worte zu präzisieren. "Jeder erzählt jetzt mal eine Story, von der die anderen bisher noch nichts wissen. Und sie darf gerne peinlich sein" Er grinste. "Nennen wir es 'Bereinigung unseres Sündenkontos'."

Caris Freundin lächelte zwar, doch es wirkte im ersten Moment etwas hilflos. Jamies Liebste hingegen beschäftigte sich gerade mit ihrem Freund, oder versuchte zumindest, ihn ein wenig aus der Reserve zu locken. Fürsorglich strich sie ihm über die Wange und sagte etwas zu ihm, was die anderen jedoch nicht verstehen konnten. Dass ihr gutes Zureden allerdings nicht fruchtete, zeigte sich daran, dass Jamie noch immer nicht mehr tat, als die Bodenbretter des Bootes zu begutachten.

Selbst Cari konnte es sich nicht verkneifen, seinem besten Kumpel einen etwas besorgten Blick zuzuwerfen, doch Sekunden später lächelte er schon wieder fröhlich in die Runde, schien verdrängt zu haben, dass es Jamie aus irgendeinem Grund nicht so gut ging.

"Kommt, Mädels, tut nicht so, als wärt ihr die reinsten Engel", neckte er die anwesenden Damen und zog an seiner Zigarette. An das Ausblasen des Rauchs dachte er allerdings nicht, so dass er qualmend wie eine Dampflock und mit der Sonne im Rücken, die ihm auf den nackten Buckel brannte, unbekümmert weitersprach. "Na gut, ist egal, ich fang an, denn ich hab eigentlich ne Menge Geschichten in petto, die niemand kennen sollte."

Er warf den Zigarettenstummel über seine Schulter hinweg in die Fluten und räusperte sich dann. Zeit, die stumme Meute mal ein wenig aufzumischen und Emo-Jamie den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Emo-Jamie.

Er wischte den nagenden Gedanken beiseite und setzte zu seiner Geschichte an.

"Früher, als ich so zehn, elf war, hab ich in so nem verkackten Häuserblock gewohnt. Das ganze Viertel schien aus so akkuraten Reihen zu bestehen", er verdeutlichte mit den Händen ihre Anordnung, "wodurch man keine Probleme hatte, in das Fenster der Leute zu glotzen, die einem direkt gegenüber wohnten."

Selbst Jamie schaute nun, wenn auch mit ausdrucksloser Miene, zu ihm rüber, wohingegen ihm die Mädels längst an den Lippen hingen. Allen voran natürlich seine Freundin, die den schmutzigen, wenn auch manchmal etwas seltsamen Humor ihres Mannes lieben gelernt hatte.

"Ja, jedenfalls", fuhr der Schlagzeuger mit einem schiefen Grinsen fort, "hatte ich das große Glück, dass in der Wohnung keine alte Schachtel wohnte, sondern so ne kleine, nette Familie mit einer hübschen Tochter im Teenageralter. Und die hatte ihr Zimmer genau meinem gegenüber."

"Sag nichts", unterbrach ihn seine Freundin mit erhobener Hand und dem Anflug eines Lachens in der Stimme. "Nun kommt sowieso nur noch, dass du sie bespannert hast."

Cari hob die Schultern.

"Klar", brummelte er amüsiert. "Ey, was glaubst du, wie geil so was für nen Elfjährigen ist, der noch nie ne nackte Frau gesehen hat? Und Mann, die war manchmal echt nackt. Richtig nackt!"

"Spitzbub", kommentierte Jamies Freundin nicht minder belustigt ob dieser Erzählung über die Entdeckung der Sexualität des kleinen Caris. "Du warst echt schon immer so n kleiner..."

"N kleiner was?", hakte Cari keck nach.

"Ein Weiberheld", half Caris Holde ihr aus und hakte sich bei ihrem Freund unter, sah ihn aus großen Augen von unten herauf an, wodurch sie für einen Moment lang aussah wie ein kleines Mädchen, das ihren Lieblingsstar anhimmelte. "Aber ich hab ihn gezähmt. Rawr."

Als Erwiderung drückte Cari ihr einen behutsamen Kuss auf die Stirn. Mit einem Mal hatte sich eine gewisse Friedlichkeit über die kleine Idylle gelegt, die die beiden Verliebten miteinander teilten. Jamies Liebste weidete sich kurz an dem unverkennbaren Glück ihrer Freunde. Es war bewundernswert, wie zärtlich sie auch nach all diesen Jahren, in denen sie schon zusammen waren, miteinander umgingen. Und wahrscheinlich war es genau dieses Bild, welches ihr ein flaues Gefühl in der Magengegend bescherte. Denn auch sie hatte sich immer so eine Beziehung vorgestellt, mit einem zugänglichen Mann, der wusste, wie er ihr zeigen konnte, dass er sie liebten und begehrte.

Sie schaute traurig hinüber zu dem Kerl, in den sie sich vor gar nicht so langer Zeit verliebt hatte, weil er solch eine tosende Leidenschaft versprühte, wenn er auf den Brettern stand. Dies hatte noch vor seiner Schönheit den Auslöser für ihre Gefühle dargestellt, denn es war ein Stück seiner Seele, die sie in ihrem Bann gezogen hatte.

Doch von dem Mann, der ihr Freund geworden war, war nicht mehr viel übrig geblieben.

Wenn sie es hätte beschreiben sollen, dann hätte sie gesagt, dass er gar nicht wirklich bei ihr war, sondern an irgendeinem Ort in seinen Gedanken.

Er saß neben ihr, und trotzdem war er so weit weg.

Als sie das Drücken hinter ihren Lidern spürte, beschloss sie, sich von ihren schwelenden Ängsten und Sorgen abzulenken.

"Ich gestehe, dass ich schon mal geklaut habe", setzte sie an, wurde aber von Cari vehement unterbrochen.

"Klauen ist doch Pipifax!", unterbreitete er seine Meinung, doch seine fuchtelnde Hand wurde von seiner Freundin mit einem mahnenden Blick hinuntergedrückt.

"Lass doch", sagte sie nur kurz, und Cari hielt seine vorlaute Klappe. Schon deshalb, weil seine Blicke einmal mehr an Jamie hängenblieben, welcher eine Zigarette zwischen den Fingern hielt, aber diese gar nicht beachtete. Unberührt qualmte sie vor sich hin, während der Sänger hinaus auf die Weiten der See schaute.

Wo zum Teufel war sein bester Freund nur?

Seine Aufmerksamkeit fokussierte sich schnell wieder auf Jamies Freundin, die ihre Erzählung fortsetzte.

"Ich hab ja auch nicht irgendwas geklaut", betonte sie. "Nee, ich hab mir mal eine ganze Handvoll Tangas unters Shirt gestopft, als ich Sechzehn oder so war. Denn meine Mutter hätte es mir nie im Leben erlaubt, solche aufreizende Unterwäsche zu besitzen."

"Ah!", rief Cari aus und sah sie gespannt an. "Und? Hat deine Mom die Dinger irgendwann gefunden?"

"Nö." Sie lächelte etwas nervös. "Also, irgendwie schon, denn bei dem Diebstahl hat man mich erwischt und na ja...meine Mutter wurde her zitiert und hat die ganze Scheiße natürlich gesehen. Ich schäme mich noch heute irgendwie, wenn ich an ihren Blick zurückdenke. Richtig gruselig."

Sie schüttelte sich angewidert, doch Cari lachte nur, während dessen Freundin, die noch immer an der Schulter ihres Mannes lehnte, ein erheitertes Lächeln für die Situation übrig hatte.

"Mann, ich würde sagen, du bist echt ein gutes Mädchen", urteilte Cari. "Zu gut für Jamie auf jeden Fall. Der zeigt nämlich nie auch nur die geringste Spur von Reue, wenn er mir auf Tour das Duschbad klaut. Ein ganz Schlimmer ist das."

Als er merkte, dass über ihn gesprochen wurde, hob der Sänger den Kopf. Für einen kurzen Moment trafen sich Caris und seine Blicke und klebten so lange aneinander, bis es beiden leicht unangenehm wurde. Zack präsentierte Jamie seinem Kumpel anstelle den Mittelfinger, und natürlich erhielt er als Antwort von diesem ebenfalls einen. Cari fiel ein immens großer Stein vom Herzen, als er das Lächeln in den hellen Augen seines Freundes entdeckte.

"Komm jetzt her, Mann!", rief er ihm zu und winkte ihm. "Zu meiner Linken ist noch frei!"

Und Jamie setzte sich tatsächlich in Bewegung. Auf einmal schien wieder etwas von seiner selbst in ihm Einzug gehalten zu haben, ganz zur Freude der drei anderen, die ihn freudig in ihrer Mitte aufnahmen. Allerdings pflanzte er seinen Hintern nicht auf den leeren Platz neben Cari, sondern auf jenen neben seiner Freundin, die ihn dafür dankbar ansah. Die Herstellung von Körperkontakt wagte sie allerdings nicht, denn Jamie tat sich damit auch an guten Tagen immer etwas schwer.

Wenn die anderen nur gewusst hätten, mit was er sich noch alles schwer tat. Wie selten er wirklich auf der Suche nach Zärtlichkeit in Form von Küssen oder Sex war...

Doch die Methode Verdrängung war zu ihrem treusten Verbündeten geworden. Inzwischen nahm sie alles hin, was ihrem Freund so zu eigen war. Weil sie ihn liebte und ihn um keinen Preis der Welt verlieren wollte.

Obwohl sie wusste, dass sie ihn bereits verloren hatte. Nein: Dass er nie ganz der ihre gewesen war.

 

"Chrissi, hau raus", ermunterte Cari seine Freundin dazu, nun über eine ihrer Jugendsünden zu berichten.

Zunächst lachte die junge Frau nur, doch dann seufzte sie ergeben und begann zu sprechen.

"Ich weiß, das ist voll scheiße, aber ich hab mal die Nacktfotos von meinem Ex ins Internet gestellt."

Ein Johlen und Raunen ging durch die Runde. Dieses Mal war es ausgerechnet Jamies Liebste, die sich am enthusiastischsten bei diesem Chor beteiligte. Wahrscheinlich, weil es sich hierbei einfach um ein Frauending handelte. Um etwas, zu dem Mädels mit verletzten Gefühlen nun einmal neigten.

"Ja, was denn?", versuchte Caris Freundin den Krach zu übertönen, bei dem selbst Jamie mitmachte. "Der Typ war ein Arsch, also war ich auch arschig zu ihm. Pech gehabt. Hätte er sich früher überlegen sollen."

"Oje, da muss ich ja nun aufpassen, was ich sage", befand Cari, nachdem die Aufregung ein wenig abgeebbt war, "sonst laufe ich Gefahr, dass mein Schwanz auch irgendwann im Internet zu sehen ist."

"Gibts von dir denn Nacktbilder?", wollte Jamie wissen, wurde allerdings von Chrissis lauter Stimme übertönt.

"Wenn du mir treu bist, mein Schatz, dann wirst du auch keine böse Überraschung erleben", feixte sie und tätschelte den nackten Arm ihres Freundes.

Cari seufzte erleichtert.

"Na da bin ich ja beruhigt. Ich hatte nämlich nicht vor, eine Karriere als Pornostar zu starten."

"Aber du würdest damit massig Kohle verdienen", warf Jamie ein. "Jedenfalls mehr, als du jetzt hast."

Cari runzelte skeptisch die Stirn und schüttelte den Kopf.

"Nee, glaub nicht. Ich schaffs ja nicht mal abseits der Cam, nem Mädel vorzugaukeln, ich wäre geil auf sie." Er schlug sich mit der Faust auf den Schenkel. "Entweder ich bin geil auf sie, oder ich bins nicht. Und wenn ichs nicht bin, dann fick ich sie auch nicht."

"Du alter Blödmann!", lachte seine Freundin laut auf und schlang den Arm um seine Schultern, während sie glucksend weitersprach. "Manchmal glaub ich, du hast deinen IQ zu Hause gelassen."

Cari ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen.

"Ohne Intelligenz lebt es sich leichter", erwiderte er mit gespielter Arroganz in der Stimme und erhobenem Haupt. Seine Augen jedoch wanderten verstohlen zu Jamie hin. "Nicht wahr, Alter? Davon kannst du doch ein Lied singen."

Abermals reagierte Jamie mit seinen Mittelfingern auf die Worte seines Freundes.

"Ich komm dir gleich den Arsch versohlen, wenn du frech wirst."

Weiterhin blieb Cari die Coolness selbst.

"Na immer noch besser, als wenn du mir deinen Stinkefinger den Darm hochschiebst."

Stolz sonnte er sich in dem Gelächter seiner Mitmenschen, stellte dieses doch das größte Kompliment an seine komischen Witze dar. Sogar Jamie wirkte nun ansatzweise ausgelassen und grinste unverhohlen. Erst als sich ihre Blicke abermals trafen, wurde Cari bewusst, dass er seinen Kumpel die ganze Zeit über angesehen hatte. Schnell beguckte er sich die Bierflasche, die zwischen seinen Beinen auf dem Boden stand und fummelte an deren Hals herum. Erst dann wagte er es abermals, ein Kopfrucken in Jamies Richtung anzudeuten.

"Du bist dran, Kunde", legte er fest und schlug die Faust in die andere Hand. "Und du bringst jetzt ein Ding, das die Dinger von uns so richtig toppt, klar?" Er wackelte vielsagend mit den Augenbrauen. "Schließlich bist du die personifizierte Sünde, Mann."

Das Gelächter war längst verstummt, die Stimmung allerdings befand sich noch immer auf ihrem Höhepunkt, der gehobenen Mundwinkel aller Anwesenden nach zu urteilen. Jamies allerdings fielen mit Caris Worten prompt nach unten. Verhalten schwieg er, währen die Augen aller auf ihn gerichtet waren.

"Jamie?", fragte seine Freundin vorsichtig nach, doch da hob er auch schon entschieden den Kopf.

"Ich bin bi."

Mehr brauchte es nicht, um ein Schweigen der Betroffenheit aus jenem der Friedfertigkeit werden zu lassen.

Für ein paar quälend lange Sekunden sagte niemand auch nur ein Wort. Dann jedoch sprang Jamies Freundin auf und rannte davon, rettete sich in die Kajüte. Das Letzte, was Cari aufgefallen war, war die Hand, die sie sich vor den Mund geschlagen hatte.

Der Schock saß anscheinend tief bei ihr. Verständlicherweise. Auch Chrissi wirkte etwas nachdenklich, doch nicht ansatzweise so bestürzt wie Helena. Schließlich war es ja auch nicht ihr Freund gewesen, der solch ein unerwartetes Geständnis gebracht hatte, das tiefgreifende Veränderungen in jeder Beziehung bewirken konnte.

 

Jamie hatte sich inzwischen wieder in sein Schneckenhaus zurückgezogen und saß zusammengesunken da, den Blick auf einen Punkt auf dem Boden gerichtet. Das wars. Heute würde er sich wohl nicht noch einmal aus der Reserve locken lassen. Denn auch an ihm nagte diese Sache sicherlich zur Genüge. Es war nicht einfach, mit solch einer Sache herauszurücken. Aber es war auch nicht leicht, sie ewig hinter dem Berg zu halten. Doch sie gehörte nun einmal zu seiner Seele und hatte sich nicht mehr länger verleugnen lassen.

Nicht mehr jetzt, wo er sie doch mehr in sich wahrnahm als je zuvor...

 

"Ich glaub, ich geh schlafen, es ist schon recht spät", befand Chrissi ein wenig hilflos, erhob sich und nahm Caris Hand. "Kommst du mit?"

Er wusste nicht so recht, welche Entscheidung richtiger gewesen wäre. Oder auch, welche sich als falscher erwiesen hätte. Ja, womöglich wäre alles falsch gewesen, was er nun getan hätte. Deshalb nickte er und folgte seiner Freundin wortlos unter Deck.

Allerdings konnte er es sich nicht verkneifen, sich auf der Treppe noch einmal umzudrehen und seinem Freund einen Blick zuzuwerfen, der wie ein schwarzer, verlorener Schatten auf der Bank hockte.

Er glaubte, noch nie jemanden gesehen zu haben, der so einsam war.

 

 

*

 

 

Er fand erst weit nach Mitternacht in den Schlaf.

Die schwedischen Sommernächte machten es einem nicht gerade leicht, ein Auge zuzutun, waren sie doch fast durchgehend hell, und auch wenn Cari es sich angewöhnt hatte, zu jeder Tageszeit und in jeder noch so kleinen Ecke in die Traumwelt abdriften zu können, so war die heutige Nacht eine, in denen es ihm nicht gelang, einfach einzuschlummern.

Jamies Bett blieb auch nach Stunden noch unberührt, und von Caris bestem Kumpel war weit und breit keine Spur zu sehen.

Besorgnis mischte sich unter seine ohnehin schon durcheinander wirbelnden Gedanken, die nur um Jamie und dessen plötzliches Outing handelten. Immer wieder tauchten dieselben Bilder vor seinem geistigen Auge auf. Er sah einen Jamie, der sich versteckt hatte, hinter einer dicken, undurchdringlichen Eisschicht, weil sich sein Herz in diesen bedeutungsschweren Stunden vor Verletzungen fürchtete. Er hatte sich ihnen offenbart, und das, obwohl er genau gewusst hatte, dass seine Freundin nicht gerade begeistert reagieren dürfte.

Er hatte zu sich und seinen Gefühlen gestanden. Es war richtig gewesen. Und gleichzeitig so falsch.

 

Cari hielt nun nichts mehr in seinem ohnehin sehr unbequemen Bett. Kurzerhand schlug er die Decke zurück und tappte nur mit seiner Unterhose bekleidet über den Holzboden, darauf bedacht, keinen Lärm zu machen und die Mädels mit diesem zu wecken. Tumult galt es nun zu vermeiden. Dieser hätte alles nur viel schlimmer gemacht.

 

Der schwarze Schatten hatte sich vor die nachmitternächtliche Sonne geschoben und verharrte in Unbeweglichkeit an der Reling.

Cari wusste mit einem Mal nicht mehr, ob er es wirklich tun sollte. Wahrscheinlich, ja bestimmt brauchte Jamie nun schlicht und ergreifend seine Ruhe, um mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen und seine Gedanken zu ordnen. Doch bis dieser Prozess vollendet war, konnten Wochen, Monate, ja sogar Jahre vergehen, und so lange durfte Cari Jamie nicht sich selbst überlassen. Er konnte nicht zuschauen, wie er haltlos in den Abgrund stürzte und irgendwann aufschlug. Er wusste, dass er ihn vorher auffangen musste. Schließlich waren sie Freunde.

Beste Freunde.

 

Er setzte einen Fuß vor den anderen. Langsam, bedächtig, so, als würde er sich an ein scheues Tier anpirschen. In seinem Bauch flimmerte Nervosität, doch er drängte sie in den Hintergrund. Schließlich stützte er sich direkt neben Jamie auf die Reling und schaute auf das Meer hinaus. Nun konnte er sie sehen, die tiefstehende Sonne der Nacht.

 

Zuerst taten sie nichts anderes als sich anzuschweigen. Einfach, weil einem in solch einer Situation nun einmal die Worte fehlten. Doch dann beschloss Cari, einfach zu sprechen zu beginnen. Irgendwo mittendrin in der Materie anzusetzen.

"Wie lange weißt du es schon?"

Jamie hob die Schultern.

"Schon ewig", erwiderte er leise und ließ seine Worte fast wie eine Frage klingen. "Manchmal war es stärker, manchmal schwächer. Und manchmal...hat es mich lange ganz in Ruhe gelassen..."

Caris Blicke wanderten von der malerischen Landschaft hin zu seinem Freund. Nun wirkte er nicht mehr wie ein dunkler Schatten seiner selbst. Cari musste sogar feststellen, dass er ein bisschen so wie immer aussah. Sein langes, schwarzes Haar flatterte im Wind und gab ein Stück seines Ohrs frei, sodass Cari den kleinen silbernen Ring erkennen konnte, welcher sein Läppchen zierte.

Die Mundwinkel des Schlagzeugers begannen zu zucken. Ja, Jamie sah ein wenig so aus wie immer. Denn er war schön. Einfach nur schön. Und mit einem Mal so erreichbar wie nie zuvor.

 

"Ich habs mir schon gedacht", erwiderte Cari.

"Was?"

"Na, dass du bi bist."

"Und woran hast du es gemerkt?"

Cari überlegte eine Weile.

"Ich weiß nicht", meinte er dann und legte den Kopf schief. "Ich hab das irgendwie...gespürt."

Jamie schwieg kurz, dann sagte er: "Sonst scheint aber niemand etwas gemerkt zu haben."

Die Augen des Schlagzeugers tasteten über das Profil des anderen.

"Vielleicht stehe ich dir einfach näher als alle anderen, und deshalb habe auch nur ich es gemerkt."

Jamie wandte ihm sein Gesicht zu. Zuerst wusste Cari nicht, wie er den Ausdruck in seinen Augen deuteten sollte, doch dann glaubte er, Verwunderung daraus lesen zu können.

Dieser Moment währte allerdings nicht sehr lange. Genau wie all die anderen nie lange gewährt hatten, in denen sie Blickkontakt gehabt hatten.

Wieder sagte für eine lange Zeit niemand etwas. Cari konzentrierte sich auf das funkelnde Wasser, während das Boot weich über die Wellen glitt. Allerdings nahm er weder das eine noch das andere wirklich war.

"Ich schleppe das schon viel zu lange mit mir herum", sagte Jamie irgendwann in die Stille der mondlosen Nacht hinein. "Es ist gut, dass es nun raus ist. Ist ja jedem seine Sache, wie er damit umgeht."

Der Schmerz, der in dem letzten Satz mitschwang, war unüberhörbar. Cari wusste, dass Jamie seiner Freundin nicht mit voller Absicht vor den Kopf stoßen wollte, sondern dass dies eben ein unvermeidbarer Nebeneffekt seines Outings darstellte.

Jamie verletzte nicht gerne Menschen, die er in sein Herz geschlossen hatte. Lieber verletzte er sich selbst. Das war schon immer so gewesen.

 

"Es war mutig", entgegnete Cari, um überhaupt etwas zu sagen. Abermals hielt er inne und versuchte, die Dinge zu greifen, die ihm durch den Kopf gingen, versuchte, sie in Worte zu verpacken, doch das gestaltete sich als schwierig.

Er hatte so viele Fragen an Jamie, jetzt, wo es sich so anfühlte, als würde er ihm zum ersten Mal wirklich gegenüberstehen. Doch er wusste nicht, ob er sie stellen konnte. Ob er sie stellen durfte. Er spürte, dass ihre Beziehung so labil war wie nie zuvor und ein falsches Wort womöglich genügt hätte, um aus Jamie wieder den schwarzen, einsamen Schatten werden zu lassen, der haltlos in seinen Abgrund stürzte.

Doch er musste es wagen. Er hätte es bereut, wenn er es nicht getan hätte.

"Hast du schon mal was mit einem Mann gehabt?"

Jamie kratzte sich mit den Nägeln leicht über seinen tätowierten Arm. Er wandte sein Gesicht ab.

"Nein."

Noch nicht, ergänzte Cari in Gedanken. Noch hast du deine Neigungen unterdrücken können, doch das wird nicht auf ewig so sein. Früher oder später würde ein Mann in sein Leben treten, der ihm nahe sein wird, näher als es je ein Freund sein würde. Nicht, dass Cari fürchtete, Jamie könnte sich verlieben - nein, das, wovor er sich fürchtete, war, diese eine Gelegenheit zu verpassen.

Die Gelegenheit, Jamie wirklich zu erreichen. Einmal nur. Einmal derjenige zu sein, der ihn voll und ganz erfüllte. Der Erste zu sein, der ihm zeigte, wer er war.

 

Caris Herz wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer. Es stand alles auf dem Spiel. Alles oder nichts. Er wünschte sich, dass ihm jemand diese Bürde abnehmen würde, doch wenn es Jamie nicht tat, dann würde es niemand tun. Das musste er ganz allein in die Hand nehmen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Gelegenheit beim Schopfe zu packen. Und es zu riskieren.

"Würdest du auch mit mir...?"

Er kam sich wie in einen seltsamen Film versetzt vor. Die ganze Szene schien so irreal und verkrampft, dass er ihr am liebsten entkommen wäre. Doch nun gab es kein Zurück mehr.

Jamie drehte langsam den Kopf in seine Richtung. Und dann sah er ihn an. Sekundenlang. Seine Augen wirkten wie aus Glas. Dieses Mal unterhielten sie den Blickkontakt. Fünf Herzschläge. Sechs. So lange, wie nur ein Täter seinem Opfer in die Augen sah. Oder zwei Kerle, die längst etwas im Stillen beschlossen hatten, vor dem es keine Rettung mehr gab.

Es bedurfte keiner Antwort von Jamies Seite. Seine Blicke hatten bereits für ihn gesprochen, und Cari hatte ihr Flehen vernommen, ihr stummes Rufen. Vorsichtig schob er sich näher an seinen Freund heran, so weit, bis sich ihre Arme sacht berührten und er sicher war, dass Jamie nicht im letzten Moment Reißaus nehmen würde. Doch er tat es nicht, sondern sah Cari wartend an. Als sich ihre Nasenspitzen sanft berührten, senkte er die Lider und ließ es auf sich zukommen. Vergaß alles um sich herum und fühlte nur noch. Schmeckte den innigen Kuss seines besten Freundes, der das Prickeln in seinem Bauch zum Explodieren brachte.

Immer gieriger, verzweifelter schnappten ihre Lippen nacheinander, bis sie sich schließlich endgültig fanden und es nichts anderes mehr gab als das wilde Spiel zweier Zungen, die zu zwei übermütigen Kerlen gehörten. Cari wurde erst bewusst, dass er seine Hand in Jamies dichtem Haar vergraben hatte, als sie sich atemlos voneinander lösten und ansahen. Und da spürte er auch, dass Jamie seinen Arm viel zu fest umklammert hielt. Fast, wie um zu sagen: Lass mich nie wieder los...

 

Das tat er auch nicht. Zumindest nicht während der nächsten halben Stunde, in der sie zusammen waren.

Caris Arme hatten sich um den Körper Jamies geschlungen, und seine Finger verkrampften sich in dessen Shirt, wann immer ihn diese seltsam-schöne Welle des Glückes umspielte, der Lust aufeinander, von der sie zuvor noch nicht einmal geahnt hatten, dass der andere sie ebenfalls in diesem Ausmaß empfand.

Wahrscheinlich war es die gewisse Überforderung von der ganzen Situation und all den Gefühlen, die für Jamies absolute Passivität gesorgt hatte. Es war nicht leicht für Cari, seinen Freund zu halten, der keinerlei Reaktion auf sein Tun zeigte, ihm durch nichts signalisierte, dass er es genoss, was er mit ihm machte. Doch er konnte sie nur nicht sehen, die Hände des Sängers, die sich um die Halterung der Reling verkrampften, bis seine Knöchel weiß hervortraten, genauso wenig wie sein vor Anstrengung verzogenes Gesicht. Und erst recht konnte er nicht die tausend, unsichtbaren Schmetterlinge sehen, die in diesen Augenblicken in Jamie freiwurden.

"Ich...ich halte es nicht aus", stammelte er irgendwann mit sich überschlagender Stimme, als Cari dreimal hintereinander jenen Punkt in seinem Inneren berührt hatte, der eine intensive Lust ohne Gleichen in ihm aufwallen ließ. "Mein Bauch platzt gleich..."

Sanft aber bestimmt schob Cari seine Hände unter das Shirt seines Freundes und streichelte dessen angespannte Bauchmuskeln.

"Gleich ists vorbei", flüsterte er gegen Jamies Hals. "Gleich ist alles vorbei."

Er bemühte sich um ein paar besonders heftige Stöße gegen den Hintern seines Freundes, die ihn erstickt wimmern ließen, und Cari wusste, dass es sich dabei um leise, unterdrückte Schreie der Lust handelte. Sie mussten leise sein, durften sich nicht verraten, weshalb Cari sich wenig zärtlich in Jamies Schulter verbiss, in den schönen, knackigen Trapezmuskel des anderen, um den Schrei zu verbergen, der sich mit seinem Orgasmus aus seiner Kehle zu drängen versuchte. Jamies Enge und erst recht seine wahnsinnige, erregte Hitze hatten ihren Tribut gefordert und sie beide mit sich gerissen. Der Sänger verkrampfte sich heftig und atmete zweimal in verzweifelter Hektik, bis sein Kopf nach vorn sackte und es nichts anderes mehr als ein großes Nichts hinter seiner Stirn zu existieren schien. Die Welt um ihn herum wurde schwarz, und alles, was er noch fühlte waren die starken, warmen Arme seines besten Freundes um seinen Leib herum sowie dessen schwerer Atem, der über seine Schulter strich.

So standen sie beieinander, ineinander, eine halbe oder auch eine ganze Ewigkeit, erschöpft und zu Tode betrübt in ihrem himmelhochjauchzenden Glück.

 

*

 

Es musste früher Morgen sein, doch so genau wusste das keiner von ihnen. Und es spielte auch keine Rolle mehr. Die Zeit hatte ihre Bedeutung verloren, genau wie alles andere. Die Erinnerungen an diese fatalen Minuten schwelten nach wie vor in ihren Köpfen sowie ihren Körpern, doch umso ferner sie rückten, umso schwächer sie wurden, desto stärker setzte ihnen ihr Verstand zu.

Die Sonne stand höher am Himmel als noch vorhin, wo sie sich ohne jeglichen Schutz gespürt hatten. Und doch blendete sie die beiden Männer nach wie vor, welche es sich auf den Bänken auf Deck mehr oder minder bequem gemacht hatten, einfach, weil sie nicht mehr wussten, wohin sie gehen sollten.

Jamie, der sonst stets penibel darauf achtete, dass jede Strähne seiner langen Haarpracht an ihrem Platz lag, scherte sich heute kein Stück darum, ob der erneut aufkommende Wind sie vollkommen zerzauste. Wahrscheinlich war, dass er nicht einmal Notiz davon nahm, denn sein in die Ferne gerichteter Blick verriet, dass er sich in seinen Gedanken verloren hatte.

 

"Bereust du es?"

Zunächst zeigte Jamie keinerlei Reaktion auf diese Frage, doch dann sah er Cari ins Gesicht. Lange schwieg er.

"Ich wünschte, ich könnte es."

"Und wenn du die Chance hättest, es noch einmal zu tun...?"

"...würde ich sie ergreifen."

Keiner der beiden sagte für mehrere Minuten etwas. Doch dann setzte Cari zu einem zynischen Schnauben an.

"Bin gespannt, wann meine Nacktbilder im Internet zu sehen sein werden."

"Wenn du die Website kennst, gib mir den Link", erwiderte Jamie.

Cari grinste in dem Versuch, die Sache mit Humor zu nehmen. Doch es gelang ihm nicht so recht, was sein dünnes Lächeln verriet.

Freundschaftlich sowie aufmunternd tätschelte er Jamies Knie.

"Ich glaube, du wirst die Pics nicht brauchen, wenn du dir das alles live angucken kannst", schmunzelte er schon etwas echter. "Jederzeit. Du musst nur die Klappe aufmachen."

Als er dem anderen für ein vorläufig letztes Mal zuzwinkerte und dann aufstand, fragte er sich ernsthaft, wie etwas so Schönes nur so falsch sein konnte.

 

Overhearing In Private

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Carpet Burn

Carpet Burn

 

 

"Aber Menschenhandel ist doch schon seit Jahrzehnten verboten!"

Von diesem Einwand jedoch ließ Jocke sich keineswegs beirren. Wenn einmal eine seiner Meinung nach brillante Idee in seinem alkoholschwangeren Schädel gereift war, konnte ihn nichts und niemand mehr von der Umsetzung jener abbringen. Am allerwenigsten Cari, wenn dieser selbst betrunken war. Deshalb behielt er auch sein breites Honigkuchenpferdgrinsen und sah den Drummer, den letzten Mann, der dem Rausch bisher noch tapfer getrotzt hatte, triumphierend an.

"Wo kein Kläger, da kein Richter", gab Jocke zum Besten und warf dem ganz in schwarz gehaltenen Bündel, welches auf dem Boden neben der Couch lag und sich nicht mehr rührte, einen angetanen Blick zu. Dann aber hefteten sich seine Augen misstrauisch auf den besorgten Drummer. "Es sei denn, du hast vor, mich zu verpfeifen. Aber dann setzt es was, das versprech ich dir, Kunde!"

Im Grunde hatte Cari nichts dergleichen vor. Man konnte allerdings nicht behaupten, dass er Jocke in irgendeiner Art und Weise fürchtete. Ehrlich gesagt hielt sich sein Respekt ihm gegenüber wahrlich in Grenzen. Der Sänger der anderen Band mochte älter sein, aber muskeltechnisch war Cari ihm deutlich überlegen.

Dennoch missfiel ihm Jockes Plan. Auch er sah nun schweigend zu seinem mittlerweile tief und fest seinen Rausch ausschlafenden Freund hin, der das alles, was Jockes dämliches Hirn zu nächtlicher Stunde so ausspuckte, nicht mehr mitbekam und sich dementsprechend nicht zur Wehr setzen konnte.

Jocke würde ihn also gegen seinen Willen verschachern. Und wer wusste schon, an wen! Vielleicht an irgendeinen miesen Typen, der nur mit ihm ficken wollte, weil er so schön aussah und ihn ansonsten wie ein Stück Scheiße behandelte.

Leider hatte Cari seine Kräfte ebenfalls längst nicht mehr beisammen, weswegen er auch nur teilnahmslos zuschaute, wie Jocke sich voller Tatendrang den Laptop des Drummers an Land zog, ihn aufklappte und ewig brauchte, begleitet von zahlreichen Flüchen, bis ihm das Gerät gehorchte.

Wäre Cari nicht so voll gewesen, er hätte Jocke so was von verwackelt...

"Du kannst Jamie nicht verkaufen", hörte der Drummer sich plötzlich sagen, womit er Jockes Aufmerksamkeit kurz auf sich zog.

"Wieso denn nun wieder nicht?"

Cari zuckte die Achseln.

"Weil er dir nicht mal gehört. Oder hast du seinen Kassenzettel noch?"

Jocke winkte nur ab.

"Ich hab ihn aus dem Tierheim, da bekommt man keinen Kassenzettel. Und nun halt deine Fresse, sonst wird das hier nichts."

Weiterhin wog Cari sich in Ratlosigkeit. Zugegeben, Jockes Plan war schon irgendwie witzig und sogar ein wenig spannend, aber trotz seiner benebelten Birne war Cari im Gegensatz zu Jocke der Ernst der Lage bewusst.

"Aber wir können das nicht machen!", begehrte er abermals verzweifelt auf und wünschte sich, dass Tim und Rikki sich noch nicht so früh vom Acker gemacht hätten, denn ein wenig Unterstützung hätte sich sicherlich als recht brauchbar erwiesen. "Denk nur mal daran, dass Jamie uns lynchen wird, wenn er herausfindet, dass er einen Besitzer bekommen soll. Deine Idee ist vollkommen hirnverbrannt, Alter! Lass den Scheiß!"

Cari machte Anstalten, Jocke seinen Laptop zu entreißen, doch da der andere nach wie vor eine erstaunlich schnelle Reaktion besaß, landete Cari rascher, als er es sich hatte versehen können, auf dem Rücken. Währenddessen hatte Jocke schon angefangen, wild auf die Tastatur einzutippen.

"Jocke!!", brüllte Cari ärgerlich, und selbst davon erwachten die beiden Sänger nicht im Geringsten. Jocke nicht, weil er plemplem im Kopf war, und Jamie, weil er es traditionell verstand zu pennen wie eine Leiche. Nicht selten hatte Cari sich an ihn herangepirscht, um zu lauschen, ob er überhaupt noch atmete.

Der Verkauf einer Leiche wäre wahrscheinlich noch strafbarer gewesen...

"Nun halt doch endlich den Rand, herregud!" Jocke blickte nun gar nicht mehr erst vom Bildschirm auf. Cari stellte fest, dass sein Gesicht fürchterlich aussah, so wie es von der einzigen Lichtquelle, die das elektrische Gerät auf seinem Schoß darstellte, angestrahlt wurde. Er sah selbst schon wie eine Leiche aus. Mehr tot als lebendig. "Ich brauche die Kohle, Mann! Sonst bin ich nächsten Monat obdachlos."

"Ist das Jamies Problem?" Der Drummer hatte sich wieder mehr schlecht als recht aufgerappelt. Bei seinem Sturz war er leider inmitten der Bierflaschen gefallen, und nun verunzierten die Reste aus jenen seinen Teppichboden. Wie er das hasste. "Wieso soll er dafür bluten müssen, dass du Schulden noch und nöcher hast?"

"Weil er das einzige ist, was sich gut verkaufen lassen würde", lieferte Jocke ihm auch prompt die Erklärung für sein Vorhaben und tippte eilig weiter. "Was meinst du, ist es okay, wenn ich als Startgebot tausend Kronen nehme? Oder ist das zu viel?"

Cari riss die Augen auf. Zu viel? Er hätte beinahe laut losgelacht. Sein bester Freund sollte für ein paar läppische Kröten verscherbelt werden! Sein bester Freund, den man eigentlich mit keinem Geld der Welt bezahlen konnte.

Voller Mitleid blickte Cari zu dem schlafenden Bündel hin. Er würde auf keinen Fall zulassen, dass ihn irgendein hässlicher, dreckiger, stinkender Kerl ersteigerte. Sein Jamie blieb bei ihm, und damit basta.

"Du hast sie nicht mehr alle." Cari tippte sich gegen die Stirn. "Tausend Kronen sind zu wenig, Mann! Eher hunderttausend Kronen."

"Aber dann kauft den doch keiner." Jocke seufzte. "Außerdem ist es nur zu deinem Vorteil, wenn er schön billig ist - so kannst auch du ihn dir vielleicht leisten und musst deinen Schatzi-Schatz keinem anderen überlassen."

Am liebsten hätte Cari einen Kommentar dazu abgegeben, aber er ließ es besser bleiben, brachte es doch eh nichts. Viel mehr hörte er nun Jocke bei seinen Selbstgesprächen zu, während er Jamies Anzeige gestaltete.

"Gut, also tausend Kronen. Angebotsdauer vierundzwanzig Stunden. Hast du ein schönes Foto von ihm? Wo er möglichst wenig an hat?"

Cari bemerkte erst reichlich spät, dass Jocke mit ihm sprach und ihn anguckte. Als er nicht reagierte, grinste der Sänger breit über den Bildschirm hinweg.

"Klar hast du Nacktbilder von ihm. Nur würdest du das nie zugeben, nicht wahr? Aber du solltest heute mal eine Ausnahme machen. Sex sells, du weißt ja. Und angezogen kriegen wir Jamie nie und nimmer los."

"Weil er da so hässlich ist, oder wie?", schnappte Cari aufgebracht und ließ es sich zeitgleich auf der Zunge zergehen, dass Jocke jetzt schon davon sprach, dass sie beide Jamie verscherbeln wollten.

"Nein, nein, aber da sticht er nicht aus der Masse heraus."

"Aus der Masse? So, wie viele Menschen werden denn momentan auf Ebay angeboten?"

"Klappe jetzt, wenn du nichts Konstruktives beizusteuern hast."

Klar, dass Jocke mit Totschlagargumenten ankam, wenn es unangenehm für ihn wurde. Aber Cari ließ sich nicht verarschen. Allerdings rückte er nun dennoch neben den Sänger, um ebenfalls einen Blick auf den Bildschirm zu werfen. Er musste feststellen, dass er sich gerade durch Caris privaten Bilderordner scrollte, und eigentlich hätte der Drummer ihn dafür köpfen müssen. Aber er vergaß, dies zu tun, als Jocke schließlich ein wirklich zauberhaftes Foto anklickte, auf dem Jamie oben ohne zu sehen war und dazu sogar ein kleines Lächeln auf den Lippen hatte.

"Das ist putzig, das nehmen wir", bestimmte er und fügte es zu der Anzeige hinzu. Während Cari noch darüber nachdachte, wann er denn dieses Bild aufgenommen hatte, fuhr Jocke bereits mit dem Gestalten der Anzeige fort. "Verkaufe hier einen stattlichen, jungen Burschen...was noch?"

"Vielseitig einsetzbar", ergänzte Cari, der das Ganze nach wie vor sehr bedenklich, aber auch mehr und mehr witzig fand. "Und dann noch die körperlichen Daten."

"Gut, also Körpergröße, Gewicht..." Jocke trug mit Hilfe von Caris Schätzungen bezüglich dieser Fakten alles Relevante ein, bis er zögernd inne hielt und Cari ansah. "Schwanzlänge wäre noch wichtig. Wie viel hat er denn?"

Cari hob ahnungslos die Schultern.

"Was fragst du mich das?"

Das Grinsen des Sängers regte den Drummer schier auf.

"Na, wenn jemand weiß, wie Jamie bestückt ist, dann ja wohl du. Ihr seid doch so dicke..."

Cari blickte bockig auf den Boden.

"Ich weiß es aber nicht."

"Okay, dann also wieder ein Schätzwert. Was hast du anzubieten?"

"Fünfzehn."

"Fünfzehn was? Eier? Birnen? Äpfel?"

"ZENTIMETER, verdammich!!"

"Aaah, da ist sich der Herr aber auf einmal erstaunlich sicher..."

Zur Strafe für diesen Spruch stieß Cari dem anderen seinen Ellenbogen in die Seite, wovon der sich jedoch nicht beirren ließ. Er war so vertieft in sein Tun, dass er selbst so etwas wie Schmerzen nicht mehr zu spüren schien.

"Gut. Barzahlung bei Selbstabholung hab ich angekreuzt - anders gehts ja schlecht. Ich glaub nicht, dass wir Jamie in eine Kiste bekommen."

"Och, ich würde ihn schon in die Kiste bekommen", meinte Cari beiläufig, woraufhin Jocke ihm die Schulter tätschelte.

"Das glaube ich allerdings auch, so spitz, wie er auf dich ist."

So war das zwar nicht gedacht gewesen, aber Cari war es gleich. Mittlerweile war ihm wirklich so ziemlich alles egal geworden. So war das immer - umso später der Abend, desto gleichgültiger der Crow. Dies kombiniert mit Alkohol ergab einen echt gefährlichen Cocktail.

Jocke tippte weiter auf der Tastatur herum, klickte dieses und jenes Feld an - bis er abermals inne hielt und den Bildschirm lange musterte.

"Was jetzt noch fehlt ist die Kategorie", stellte er fest. "Was denkst du, wo wäre Jamie am besten aufgehoben? Spielzeug?"

Cari rückte noch ein wenig näher an ihn heran und blickte mit hochgezogenen Augenbrauen aufmerksam auf die Fülle an potenziellen Kategorien.

"Spielzeug wäre okay, denn Jamie kann ich mir perfekt als hübsches, kleines Spielzeug vorstellen", sagte er währenddessen und konnte nicht verhindern, dass seine eigenen Worte ein kleines, dreckiges Schmunzeln auf sein Gesicht zauberten. Alkohol gepaart mit Gleichgültigkeit und erwachenden Trieben stellte die explosivste Mischung von allen dar. Kein Wunder, dass Cari trotz seiner Bedenken nun dazu übergegangen war, mitzuspielen. Zumal er längst einen Plan gefasst und gedanklich die Summe überschlagen hatte, die die Scheine in seiner Brieftasche bildeten. Essen und Rauchen würde er den restlichen Monat über kaum mehr können, aber die Umsetzung seiner schmutzigen Fantasien würde das wieder wettmachen.

"Nun geh mal nicht steil, Junge", erwiderte Jocke nicht minder amüsiert und klickte durch die Kategorien. "Wollen wir Jamie als Püppi verkaufen?"

Bei diesen Worten sahen die beiden Männer sich grinsend an, denn ausnahmsweise teilten sie denselben Gedanken.

"Eine Sexpuppe!", schnurrten sie unison und wollten gerade vollkommen entflammt für ihre Idee besagte Kategorie auswählen, als Jocke den Plan plötzlich über den Haufen warf.

"Nein, nein, nein, ich habs!"

"So, was denn?"

Jocke machte sich nicht erst die Mühe, Cari eine Erklärung zu liefern. Anstelle klickte er sich nun durch die Oberkategorie 'Beauty & Gesundheit', wählte danach zielgerichtet 'Pflege- und medizinischer Bedarf' aus und anschließend den sehr schönen Punkt 'Familienplanung und Erotik'. Zu guter Letzt klickte er auf das Wort 'Sexspielzeug'.

"Oh ja, dort gehört das Luder rein!", verkündete Cari hocherfreut und gab Jocke fünf, als sie die Anzeige ins Netz stellten. Dann aber zog er sich schnell seinen Laptop an Land, loggte sich in seinen eigenen Account ein und rief Jamies Verkaufsanzeige auf. In das Bieten-Feld trug er ohne groß nachzudenken eine eins gefolgt von mindestens zehn Nullen ein. Dann überreichte er mit einem triumphierenden Grinsen Jocke das Gerät, damit dieser nachschauen konnte, was Cari getan hatte.

Dieser staunte natürlich nicht schlecht.

"Du verrückter Vogel", bekannte er kopfschüttelnd und sah Cari prüfend an. "Für deinen Kerl würdest du dein letztes Hemd geben, was?"

Der Drummer schwieg jedoch nur zufrieden und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Couch. Sein Blick fiel auf den noch immer in der angestammten Position schlafenden Jamie, den er mit einem verstohlenen Lächeln begutachtete.

Nun, er musste zugeben, dass ihm gefiel, wie sich das Ganze so entwickelt hatte...

 

 

*

 

Cari erwachte aus seiner Alkoholnarkose, als es bereits Nachmittag war. Im Gegensatz zu Jamie jedoch hatte er es noch in sein Bett geschafft, wo er wohl ziemlich selig eingepennt war aufgrund der Ersteigerung seines besten Freundes.

Als er sich nun noch recht schlaftrunken und verkatert über das Gesicht fuhr und mehr tot als lebendig aus den Federn kroch, konnte er allerdings kaum fassen, was Jocke und er in der Nacht veranstaltet hatten, andererseits jedoch war es nun an der Zeit, Jamie von seinem Glück zu berichten. Denn Cari hatte Pläne. Große, wundervolle Pläne.

Nach einer kalten Dusche, die seine Lebensgeister aus dem Reich der Toten geholt hatte, beschloss er, Jamie wecken zu gehen. Dass der Sänger noch immer in der Wohnstube lag, war selbstverständlich, nicht aber jedoch, dass er in der Zwischenzeit wohl auf den Teppich gekotzt hatte. Wieso hatte Cari davon nichts mitbekommen? Hatte er etwa so tief und fest gepennt?

Zunächst war er etwas beunruhigt ob des jämmerlichen Anblickes seines Freundes und hoffte, dass er sich nicht an seinem eigenen Mageninhalt verschluckt hatte, aber diese Sorge war unbegründet, so wie Jamie sich zu regen begann, als Cari an seiner Schulter rüttelte.

"Aufstehen, Sklave! Es gibt jede Menge Arbeit!"

Jamie, der ein wenig blass um das Näschen war und bedauerlicherweise seine Kotze auch in den Haaren kleben hatte, hatte anscheinend keine Lust, wach zu werden. Mit geschlossenen Augen wälzte er sich auf den Rücken, und Cari verzog angewidert das Gesicht, so wie er feststellen musste, dass das Erbrochene selbst seine Wange verunzierte.

"Oh Gott, du stinkst, als wärst du seit mindestens einer Woche tot!", schimpfte er, woraufhin Jamie die Stirn gequält in Falten zog. "Ehe du deinen Job erledigst, gehst du bitteschön ins Bad und richtest dich hübsch für mich her. Und anschließend wischst du die ganze Kotze weg, du ekelhaftes Schwein! Kannst du dich denn gar nicht beherrschen?"

Mit diesen Worten ließ er Jamie liegen, in der Hoffnung, dass der andere nicht wieder inmitten des Sees aus seinem Mageninhalt einschlief.

Wenig später allerdings, als der Drummer mit einem starken Kaffee auf dem Tisch und einer Aspirin im Bauch am Küchentisch saß, sah er durch die halb geöffnete Tür einen Zombie durch den Flur in Richtung Bad schlurfen.

Zufrieden nippte er an seinem Getränk. Jamie gehorchte ihm also, sehr gut. Schon jetzt gefiel es ihm, Jamies Besitzer zu sein und über ihn verfügen zu dürfen. Diesem Spiel konnte er unheimlich viel abgewinnen, und er hoffte, dass Jamie das im Laufe des Tages auch tun würde.

 

Als Jamie schließlich nach einer geschlagenen Stunde wieder zum Vorschein kam, sah er wirklich wieder fast so aus, wie Cari sich sein ihm höriges Goldstück vorgestellt hatte. Die langen, schwarzen Haare waren frisch gewaschen, der Gestank hatte sich verabschiedet und außer den Augenringen und der nach wie vor recht blassen Gesichtsfarbe zeugte nichts mehr von der ausschweifenden Nacht. Man konnte sagen, dass Jamie den Umständen entsprechend gut aussah. Zudem er ein paar von Caris Klamotten trug, was den Drummer fast schon ein wenig zu erregen wusste.

Ohne irgendein Wort tappte Jamie nun dem Paar Unterhosen und dem Shirt seines Freundes durch die Küche, um sich schließlich ein Glas Wasser vorzubereiten, damit er in diesem eine Kopfschmerztablette versenken konnte. Während sie sprudelnd zerging, drehte Cari sich nun mit missbilligendem Blick zu seinem Kumpel um.

"Dass du es noch wagst, dir so eine Frechheit herauszunehmen", bemerkte er kopfschüttelnd, "wo du doch bereits eine halbe Ewigkeit lang im Bad verschwunden warst. Dafür habe ich dich nicht bezahlt, Freundchen."

Verständlicherweise sah Jamie den anderen ziemlich verwirrt an.

"Wovon redest du eigentlich? Hat dir jemand ins Hirn geschissen, oder was?"

Caris Augen funkelten ihn nur so an.

"Ich habe dich heute Nacht gekauft, davon rede ich", erklärte er Jamie ungewohnt harsch. "Du hast mich ein halbes Vermögen gekostet, aber dafür bist du nun mein Eigentum, und du musst ohne mit der Wimper zu zucken das tun, was ich dir sage, ist das klar?"

Anstatt dass Caris Erklärungen bei Jamie ein Licht aufgehen ließen, wunderte der Sänger sich immer mehr. Wahrscheinlich hatte er den Eindruck gewonnen, dass Cari nicht mehr ganz richtig im Kopf war, wo er doch nur noch dummes Zeug quatschte.

"Eigentum? Halbes Vermögen? Hä?"

Da Cari mit Worten nicht weiterkommen würde, zog er sich seinen Laptop heran, rief das inzwischen beendete Ebay-Angebot auf und drehte das Gerät so, dass Jamie einen Blick auf die Mattscheibe werfen konnte. Was er auch tat, allerdings mittels eines äußerst verwunderten Stirnrunzelns.

"Hier, siehst du?" Cari deutete auf die Anzeige. "Du bist zum Verkauf angeboten worden. Und ich hab dich erstanden."

Lange glotzte Jamie nur schweigend auf den Bildschirm, doch dann wechselte sein fassungsloser Blick zu seinem Freund.

"Das ist ein schlechter Scherz, oder?"

Cari schüttelte den Kopf.

"Kein Scherz. Ich musste bei Jocke ordentlich blechen. Und ich hoffe, dass ich meine Ausgabe nicht bereuen werde..."

Nun gab es für Jamie kein Halten mehr. Kater hin oder her, er brachte mit einem Mal eine beträchtliche Menge Energie auf, so wie er Cari anbrüllte.

"Spinnt ihr jetzt total? Habt ihr sie noch alle? Ihr habt mich im Internet verkauft!" Er griff sich an den Kopf. "Wie kommt man denn auf so einen Scheiß? Wisst ihr eigentlich, dass ich euch dafür anzeigen könnte?"

Diese Worte beunruhigten Cari ein wenig. So hatte er sich das Ganze nicht vorgestellt. Er hatte um ehrlich zu sein viel mehr gehofft, dass Jamie auch ein wenig angetan wäre von diesem Spiel. Aber dem war wohl nicht so...

"Jetzt komm mal wieder runter", versuchte er seinen Freund samt einer beschwichtigenden Handbewegung zu beruhigen. "Es ist doch gar nichts passiert. Du glaubst doch nie im Leben, dass wir zugelassen hätten, dass dich jemand Fremdes kauft? Es ist alles gut, Süßer. Du bist hier bei mir, und hier bleibst du auch. Ich erwarte lediglich, dass du für das viele Geld, das ich in dich gesteckt habe, ein wenig vor mir kuschst und mich als deinen Boss anerkennst. Gerafft?"

Inzwischen hatte der Drummer sich eine Zigarette angesteckt und rauchte nun genüsslich, während Jamie noch immer vollkommen verwirrt im Raum stand und nach Worten rang.

"Du bist doch verrückt", presste er schließlich abermals hervor. "Du solltest dir mal die Birne untersuchen lassen, Crow."

Cari winkte lässig ab.

"Vielleicht später. Erst genießen wir zusammen unseren Sonntag. Besser gesagt, ich genieße ihn - du fauler, nichtsnutziger Sack wirst dich nun nützlich machen. Abmarsch ins Wohnzimmer. Dort liegt noch dein Mittagessen von gestern auf dem Fußboden, das müsste weggemacht werden. Und anschließend machst du mir Essen, klar?"

Jamie sah aus, als würde ihm jeden Moment die Kinnlade nach unten klappen, und Cari erwartete, sich eine weitere Schimpftirade anhören zu dürfen, doch diese blieb aus. Jamie hielt ganz zu seiner Zufriedenheit die Klappe und dampfte ab.

Nun, vielleicht würde aus ihm ja doch noch ein guter Sklave werden. Aller Anfang war bekanntlich schwer, aber Cari wusste, dass Jamie ihn liebte und bereit war, einiges für ihn auf sich zu nehmen.

Zudem stellte es kein großes Geheimnis dar, dass der Sänger ein bisschen devot veranlagt war. Irgendwann war die Information an Caris Ohren gedrungen, dass Jamie mit seiner Exfreundin hin und wieder SM-artige Spiele veranstaltet hatte, und wahrscheinlich hatte Cari aufgrund dessen derartige Fantasien entwickelt. Denn die Vorstellung von einem devoten Jamie wusste ihn anzumachen wie kaum etwas anderes. Selbstredend, dass es äußerst nett anmutete, als Jamie mit einem Eimer voll Wasser zurück in die Küche kam, um ihn auszuleeren.

"Schön, du hast also gehorcht", stellte Cari fest und weidete sich wenig diskret an dem Hinterteil seines Freundes, das den Drummer beinahe streifte, während sein werter Sklave sich am Waschbecken zu schaffen machte. "Du kannst ja doch ein folgsamer Junge sein. Das freut mich. Und nun wasch dir die Hände und mach mir was zu Essen. Ich hab inzwischen einen Bärenhunger, weil du so herumgetrödelt hast."

"Wie Sie wünschen", murmelte Jamie mürrisch und brummte ein leises 'Arschloch' hinterher, was Cari natürlich ganz genau gehört hatte.

"In Zukunft wirst du dir zweimal überlegen, ob du es dir leisten kannst, frech zu werden", merkte er cool an und schlug ein Bein über das andere. Jamie drehte sich derweil halb zu ihm um und sah ihn provozierend an.

"Sonst was?"

Der Drummer lächelte süffisant.

"Wirst du schon sehen, Mäuschen."

Jamie wandte sich wieder ab und suchte nun ein paar Zutaten aus dem Kühlschrank zusammen, aus denen er ein Essen für seinen Herrn und Meister zaubern konnte. Cari währenddessen sah ihm die ganze Zeit über zufrieden zu und gab hin und wieder lediglich ein paar Anweisungen. Das Gemüse sollte doch bitte in mundgerechten Stücken zubereitet werden, zudem wäre Bissfestigkeit angebracht, genau wie bei den Nudeln. Dass Jamie von all dem ziemlich genervt war und immer wieder deftig fluchte, gefiel ihm dabei nur umso mehr. Wieso war er nicht schon viel eher auf die Idee gekommen, Jamie zu versklaven und ihn für sich arbeiten zu lassen? Schließlich war das der beste Einfall, den er je gehabt hatte. Er war sich ganz sicher, dass sie noch sehr viel Spaß zusammen haben würden.

 

Nach ungefähr einer halben Stunde servierte Jamie endlich das Essen.

"Ich hoffe, es ist genehm so", fügte er mit vor Ironie triefender Stimme hinzu, während Cari die Mahlzeit kritisch beäugte.

"Nun ja, sonderlich viel Liebe hast du da ja nicht reingesteckt", mäkelte er und stocherte mit der Gabel in den Nudeln, die in einer Soße samt dicken Fettaugen schwammen, genau wie das Gemüse und das Fleisch. Missbilligend schnalzte er mit der Zunge. "Das Kochen werden wir in Zukunft wohl noch üben müssen. Ich frage mich, wie du mit dieser Stümperhaftigkeit so lange überleben konntest."

Jamie setzte sich nun Cari gegenüber und begann säuerlich das Essen in sich hineinzustopfen. Zu widersprechen hätte sich ohnehin als sinnlos erwiesen, weshalb er es gleich sein ließ. Lieber wollte er die Zeit nutzen, um seinen ebenfalls gähnend leeren Magen zu füllen, hielt aber inne, so wie er die erste Gabel voll in seinen Mund steckte.

Auch Cari hatte inzwischen angefangen zu essen und ebenso bemerkt, dass etwas mit der Mahlzeit im Argen lag. Angewidert verzog er das Gesicht.

"Das sieht nicht nur scheiße aus, das ist auch noch total versalzen!", meckerte er und erhob sich kurzerhand, um sich bedrohlich vor Jamie aufzubauen. "Es freut mich ja zu wissen, dass du so verliebt in mich bist, aber Strafe muss dennoch sein."

Jamie wollte gerade dazu ansetzen, zu fragen, was Cari damit meinte, als er am Kragen seines Shirts hochgezogen wurde, bis er Cari von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Im nächsten Augenblick schon hatte er eine geklatscht bekommen und hielt sich erschrocken die brennende Wange. Fassungslos sah er seinen Freund an, der ihn derart düster anguckte, als würde er gleich noch einmal zuschlagen oder aber auch über ihn herfallen, um ihn zu ficken. Die Vorstellung von letzterem ließ trotz der Schelle ein Kribbeln durch Jamies Lenden huschen. Um ehrlich zu sein fand er es schon ein wenig scharf, derart von Cari beherrscht und gezüchtigt zu werden. Der andere wirkte auf Jamie sehr erotisch in seiner Rolle. Nur war er nicht bereit, ihm dies mitzuteilen. Im Leben nicht.

 

Schweigend aßen sie wenig später trotz allem auf, anschließend musste Jamie das schmutzige Geschirr aufwaschen.

"Und nachher putzt du die Wohnung", befehligte Cari ihn beiläufig. "Die ganze Wohnung. Und das nackt."

Jamie rollte nur mehr mit den Augen. Insgeheim beschloss er, Cari in Zukunft von Alkohol fernzuhalten, brachte dieser ihn doch nur auf dumme Gedanken. Andererseits war die Sache wie gesagt ein zweischneidiges Schwert. Wenn Jamie ihr nicht so viel hätte abgewinnen können, hätte er Cari nie und nimmer seine bullige Bossrolle durchgehen lassen. Aber seine Sexualität war nun einmal ein wenig verschroben, und zudem konnte er sich mit seinem Freund einiges in Sachen Erotik vorstellen.

Cari hatte Glück, dass Jamie so tickte. Ansonsten hätte er sich niemals dazu herabgelassen, ihm jeden Wunsch zu erfüllen und sogar nackt auf den Knien zu seinen Füßen zu putzen. Dass Cari dabei nicht davor zurückschreckte, entspannt seine Beine auf dem Rücken des Sängers abzulegen, während dieser die Krümel unter der Couch hervorwischte, ärgerte ihn einerseits schon ziemlich. Doch das Gefühl der Erniedrigung, welches er als ungemein erregend wahrnahm, überdeckte alles. Weshalb er große Mühe hatte, seine Latte vor Cari zu verbergen.

Gesehen hatte dieser sie aber dennoch, denn schließlich war er nicht blind und außerdem glotzte er die ganze Zeit über nur auf Jamies Vorzüge. Seinen Arsch hatte er eingehend studiert, den kompletten, tätowierten Körper und nicht zuletzt auch jenes Körperteil, welches er in der Nacht noch auf fünfzehn Zentimeter Länge geschätzt hatte. Nun, vielleicht kam das sogar hin, aber was spielte das schon für eine Rolle, wenn es ihm doch gleichzeitig signalisierte, dass sein Besitzer zu allen Schandtaten bereit war?

Er hatte genau gewusst, dass Jamie das Spiel genauso viel Spaß bereiten würde wie ihm. Schließlich kannte er ihn lange genug, um über einige seiner Vorlieben im Bilde zu sein.

 

Es war inzwischen Abend geworden, als Jamie die komplette Wohnung blitzblank geputzt hatte und er sich auch ohne Caris ausdrückliche Erlaubnis eine Zigarette gönnte. Nicht mal auf den Balkon hatte er sich zum Rauchen zurückgezogen, denn er war der Meinung, dass es ihm ja wohl gestattet war, nach seiner anstrengenden Arbeit gemütlich auf dem Sofa zu sitzen - dies selbstverständlich noch immer nackt. Jamie konnte sich daran gewöhnen, in Caris Gegenwart keine Klamotten zu tragen. Es gefiel ihm, angesehen zu werden wie Freiwild, wenn er seine Reize nicht verbarg und seinem Freund zu zeigen, was er hatte. Vielleicht war er zu allem Überfluss auch noch ein wenig exhibitionistisch veranlagt. Wer wusste das schon. Und wen interessierte es.

Jamie musste schon bald feststellen, dass sich der Aschenbecher leider außerhalb seiner Reichweite befand. Obwohl er beschlossen hatte, sich in den nächsten Stunden keinen Millimeter mehr von der Stelle zu rühren, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich nun nach dem auf dem Tisch stehenden Gegenstand auszustrecken.

Gerade, als er danach greifen wollte, fiel ihm in einem Anfall von Schwäche die glimmende Zigarette auf den Boden.

"Fuck!", fluchte er und bückte sich sofort nach ihr, aber der Teppich hatte bereits einen dunklen Brandfleck davongetragen. In Gedanken sah er sich schon mit Caris ärgerlichem Gesicht konfrontiert, dem er erklären musste, was er angestellt hatte, doch er hätte nicht gedacht, dass der Drummer so schnell schon hinter ihm stehen würde.

"Hast du was angestellt?", argwöhnte er, und als Jamie ihm einen Blick über seine Schulter hinweg zuwarf, musste er feststellen, dass Cari mit verschränkten Armen auf eine Antwort wartete und zudem so einen harten Gesichtsausdruck zum Besten gab, dass es Jamie kalt den Rücken hinunterlief.

"Ich...hab nur...", stotterte er, doch Cari hob schnell die Hand und ging um die Couch herum.

"Sei ruhig, ich seh mir das selber an."

Es dauerte freilich nicht lange, bis Cari das Malheur entdeckt hatte, hob sich der Brandfleck doch deutlich von dem weißen Teppich ab. Dass Caris Blick nun noch eisiger wurde, als er sich auf Jamie heftete, mutete nicht verwunderlich an. Der Sänger schluckte hart in der Erwartung einer Predigt, die sich gewaschen hatte. Vielleicht würde es auch wieder eine Ohrfeige geben. Oh ja, hoffentlich!

Doch zunächst sollte alles ganz anders kommen.

 

"Sag mal, was hast du dir denn dabei gedacht, mh?", wollte Cari mit bedrohlich ruhiger Stimme wissen. Jamie senkte schuldbewusst den Kopf. Seine unterwürfige Rolle hatte er längst verinnerlicht, war das doch auch nicht sehr schwer, wenn man ohnehin derartig veranlagt war.

"Es war ein Versehen", murmelte er leise. "Mir ist die Zigarette aus der Hand gefallen, und-"

"Wieso warst du auch zum Rauchen nicht auf dem Balkon, sondern räkelst dich hier nackt auf der Couch?", fuhr der andere ihm dazwischen. "Wolltest du dich mir etwa so billig anbieten, Miststück, huh?"

Jamie schwindelte es fast vor Erregung. Sein Herz galoppierte förmlich in seiner Brust. Auf was wollte Cari hinaus?

"Es tut mir leid. Es wird nicht wieder vorkommen", hauchte er abermals, linste dann aber verstohlen zu Cari empor. "Wirst du mich nicht bestrafen?"

Der Drummer allerdings lachte nur verächtlich.

"Bestrafen, pah. Ich werde mir nun lediglich deine eigentliche Bestimmung zunutze machen." Verwundert musste Jamie feststellen, dass der andere ihm unerwartet zärtlich durch das Haar fuhr und mit seinen langen, seidigen Strähnen spielte, während er ihn lüstern musterte. "Weißt du, dein Kaufangebot fand sich unter der Kategorie 'Sexspielzeug', nicht 'Putzsklave'. Und in Anbetracht dessen habe ich dich bisher wohl ziemlich zweckentfremdet, meinst du nicht auch?"

Damit hätte Jamie nun wirklich nicht gerechnet, aber Caris Worte gefielen ihm natürlich ungemein. Obwohl es die Erledigung seiner häuslichen Pflichten ebenfalls in sich gehabt hatte, so begrüßte er es, endlich nicht mehr den Putzsklaven spielen zu müssen, sondern allem Anschein nach Caris Betthäschen.

Deshalb leistete er auch keinerlei Widerstand, als ihn sein verruchter und bereits genauso sehr wie er erregter Freund auf den Boden drückte und sich kurzerhand auf seinen Arsch setzte, um zu markieren, wer hier das Sagen hatte.

"So, Schätzchen", raunte der Drummer wenig später in Jamies Ohr. "Der Teppich wird sich nun für deine wenig pflegliche Behandlung an dir rächen, das ist dir klar, oder? Erst kotzt du ihn voll und dann verbrennst du ihn - das lässt sich auch kein lebloser Gegenstand gefallen. Und erst recht nicht dessen Besitzer."

Erst wusste Jamie nicht genau, was Cari damit anzudeuten versuchte, doch spätestens, als es zur ersehnten Vereinigung kam und Cari einen harschen Rhythmus sanft gnadenloser Stöße hinlegte, wurde Jamie klar, was es mit der Rache des Teppichs auf sich hatte.

Denn bereits nach wenigen Minuten war seine Haut aufgrund der steifen Borsten vollkommen wundgescheuert, und er schwor sich, sich nie wieder mit Caris Teppich anzulegen, genauso wenig wie mit dessen Besitzer.

Denn mit diesem war nicht gut Kirschen essen, falls man denn nicht gehorchte. Und Jamie hatte schließlich zu gehorchen, war er doch in der vergangenen Nacht in Caris Besitz übergangen und gehörte folgerichtig ihm ganz allein.

Und das für immer und ewig.

Slippery Is Good

Slippery Is Good

 

 

Eigentlich hatte Cari lediglich ein Bier trinken wollen.

Hin und wieder machte es ihm nicht einmal etwas aus, allein an seinem Gerstensanft zu nippen, konnte man doch dabei sehr gut seine Gedanken schweifen lassen und von den Sorgen des Alltags abschalten. In Gesellschaft seiner Kumpels wäre dies nicht umzusetzen gewesen, wussten die einen zwar auch abzulenken, dies allerdings auf eine wesentlich anstrengendere Art und Weise. Und wenn diese Chaoten erst einmal besoffen waren, nahmen sie richtig nervige Züge an.

Deshalb nahm Cari gerne auch mal nur mit sich selbst vorlieb. Dass sein Plan gestürzt werden würde, noch ehe er sich seinem Bier widmen konnte, hätte er natürlich nicht im Mindesten vermutet.

Doch so war es. Er staunte wahrlich nicht schlecht, als er seine kleine Stammkneipe betrat und feststellen musste, dass all die Tische und Stühle auf eine komplett andere Weise angeordnet worden waren. Das, was sonst einen so gemütlichen Eindruck vermittelte, erinnerte heute nicht sonderlich entfernt an den Besuchsraum eines Knastes. Die Stühle sorgten nämlich dafür, dass sich die beiden Personen, die eventuell auf ihnen Platz nehmen würden, direkt gegenübersaßen.

Wow, was für ein mieser Kneipenflair, dachte sich der Drummer. Der Eigentümer sollte besser die Wahl seines Einrichters noch einmal überdenken. Und sich vielleicht in dem Zug gleich überlegen, welches Publikum er mit seinem Lokal anzusprechen gedachte. Denn anstatt der üblichen Rocker und anderer alternativer Typen, die oftmals nicht sonderlich gepflegt rüber kamen, tummelten sich heute in Caris Augen ausschließlich wohl recht modebewusste Männer in dem Schuppen, die er hier noch nie zuvor gesehen hatte.

Er glaubte, das alles nur zu träumen und hoffte, der Untergang seiner Lieblingskneipe wäre nicht real. Im Grunde aber wusste er ganz genau, dass sich dies alles tatsächlich zutrug. Und dass es wirklich Jamie war, der plötzlich in der Menge dieser aufgetakelten Hähne auftauchte. Hätte die Situation nicht derart verstörend angemutet, er hätte wahrscheinlich laut losgelacht, da sein bester Freund im Vergleich mit all den anderen wie aus einer anderen Welt zu kommen schien. Kurzum: Er passte optisch und sicherlich auch charakterlich kein Stück zu dem restlichen Publikum, und Cari fragte sich ernsthaft, was ihn hierher verschlagen hatte.

Nun ja, vielleicht hatte er ebenso wenig wie er gewusst, dass an diesem Abend nichts so sein würde, wie es gewesen war.

 

Es dauerte nicht lange und Jamie hatte ihn ebenfalls entdeckt, was zur Folge hatte, dass er sich den Weg durch die Menge der Umherstehenden bahnte und geradewegs auf Cari zuhielt. Natürlich war ihm dessen perplexer Blick sofort aufgefallen, genau wie sehr sein Freund den Eindruck erweckte, sich völlig fehl am Platz zu fühlen. Verwunderlich mutete dies nicht an, aber Jamie amüsierte dies dennoch, weshalb er schmunzelte, während er Cari zur Begrüßung auf die Schulter schlug.

"Hi, schön, dass du auch hergekommen bist", setzte der Sänger an zu sagen, wurde aber von Cari jäh unterbrochen, der ihn mit verwirrt gerunzelter Stirn ansah.

"Was geht denn hier?"

Er hatte also wirklich keinerlei Ahnung, erkannte Jamie und grinste deshalb nur noch breiter.

"Heute ist doch Speeddatingabend", klärte er seinen Freund auf. "Hast du das etwa vergessen?"

Zunächst guckte Cari noch eine Weile recht doof aus der Wäsche, dann schüttelte er unverwandt den Kopf.

"Davon wusste ich gar nicht erst was."

"Das macht nichts", meinte Jamie. "Du wirst schon noch merken, was es damit auf sich hat. Allerdings-"

"Allerdings was?", hakte Cari ungehalten nach, woraufhin Jamie sich weiter zu ihm vorbeugte, um ihm besser ins Ohr flüstern zu können.

"Allerdings ist das ein Speeddating nur für Männer. Du weißt schon - für Schwule und Bisexuelle."

Jamie hatte schon erwartet, dass Cari ungläubig die Augen aufreißen und ihm gar nichts mehr zu dieser Offenbarung einfallen würde. Umso witziger war es, seinen Freund derart durcheinander zu erleben.

"Ähhh...okay", brachte er nach ein paar geschlagenen Sekunden verwundert hervor. "Und was machst du dann hier?"

Das stellte die Frage des Abends dar, ganz eindeutig. Jamie hätte damit rechnen müssen, dass Cari ihn damit konfrontieren würde. Und da leugnen ohnehin zwecklos war...

"Na ja, eigentlich bin ich nur zum Spaß hier", erklärte er lässig die Achseln zuckend, aber nicht ohne ein verstohlenes Grinsen im Gesicht. "Nichtsdestotrotz bin ich ein bisschen bi..."

Erwartungsvoll sah er Cari nach seinem Outing mit schiefgelegtem Kopf an, doch der andere reagierte erst wieder nach einer geschlagenen Ewigkeit auf seine Worte. Offenbar hatte er heute eine besonders lange Leitung.

"Hahaha, und wo ist nun die Stelle zum Lachen?", kam es schließlich von ihm, und abermals hob Jamie nur die Schultern.

"Es gibt keine. Ich hab mich grad wirklich vor dir geoutet."

Wahrscheinlich würde Cari eine Weile brauchen, um diese Info zu verdauen, mutmaßte Jamie. Cari schaute abermals derart verdutzt drein, dass der Sänger nur mit den Augen rollte und letztlich nach seinem Arm griff, um ihn mit sich zu ziehen.

"Ja, ich kann mir vorstellen, dass es schwer fassbar ist, sich seinen Träumen von der einen auf die andere Sekunde ein wenig näher zu wähnen", plapperte Jamie, während Cari wie ein Schlafwandler hinter ihm herstolperte und nicht nur einen der Modefreaks beinahe umrempelte. "Aber wenn du hier noch länger so rumstehst und abwesend Löcher in die Luft starrst, läufst du Gefahr, dass jemand die geschlossene Anstalt alarmiert. Besser, du machst nun beim Speeddating mit."

Cari schien wieder ein wenig in der Realität angekommen zu sein.

"Vergiss es, ich hab keinen Bock, diesen Schwuchteln hier irgendwelche Hoffnungen zu machen", zischte er hinter Jamie, doch der Sänger gluckste lediglich.

"Komm schon", bat er seinen Freund und drehte sich um, um ihn aus großen, flehenden Augen anzusehen. "Das wird echt lustig. Vorausgesetzt, du nimmst das nicht zu ernst..."

Cari seufzte.

"Wie sollte ich diese Typen auch ernst nehmen?"

"Gut, dann hol dir dort drüben deine Nummer ab und kleb sie dir auf die Brust", wies Jamie ihn an und deutete mit dem Kinn auf einen Tisch an der Seite, hinter dem ein Typ stand, der wahrscheinlich so etwas wie der Moderator des Ganzen darstellte. Als Cari zurück zu seinem Freund schaute, fiel ihm auf, dass dieser auch so einen albernen, herzförmigen Zettel an der Jacke kleben hatte.

Ernsthaft, er erkannte Jamie kaum wieder. Und daran war noch nicht einmal sein spontanes Outing schuld. Dass Jamie auch an Männern interessiert war, verwunderte Cari kein bisschen. Es war nur überraschend, plötzlich Gewissheit erlangt zu haben. Dafür sahen ihm derartige Veranstaltungen und Spiele kein bisschen ähnlich. Ob man ihm eine Gehirnwäsche verpasst hatte? Egal - Cari war ja selbst keinen Scheiß besser, denn er war drauf und dran, sich tatsächlich auf diese merkwürdige Sache einzulassen.

Gedanklich sah er sich bereits mit all diesen schwulen Flachpfeifen konfrontiert und konnte kaum fassen, dass er sich einem jeden von ihnen gleich gegenüber sehen würde. Herregud, das würde schrecklich werden! Allerdings bekam er von Jamie kurz vor Anfang noch einen kleinen Lichtblick geschenkt.

"Wir sprechen uns gleich, Crow", drohte der ihm mit erhobenem Zeigefinger, als der Drummer mit seiner Nummer auf der Brust zurückkehrte.

"Geht klar, Anderson", erwiderte er, und daraufhin grinsten sie sich an.

 

*

 

Der erste, der es bereute, Teilnehmer dieses Spieles zu sein, war ausgerechnet Jamie. Insgeheim hatte er gehofft, dass sich auch der ein oder andere Typ, der seinem Geschmack entsprach, hierher verirren würde, aber Pustekuchen. All die Männer, die sich zu ihm an den Tisch gesellten, waren langweilige Spacken, einer schlimmer als der andere. Mit einem Mittvierziger konnte er genauso wenig anfangen wie mit einem spießigen Hipster samt dicker Hornbrille, welche dessen halbes Gesicht einnahm.

Als letzterer den Platz ihm gegenüber belegte, stützte Jamie bereits wenig motiviert das Kinn in die Hand und seufzte. Natürlich bekam der doofe Hipster nicht das Geringste von seinem Desinteresse mit, ja quasselte anstelle zugleich voller Elan auf ihn ein.

Offensichtlich hatte er für Jamie etwas übrig, egal, wie absurd dies auch anmuten mochte.

"Hallo, ich bin der Olaf." Sein Dreitagebart wirkte noch schäbiger, so wie er Jamie enthusiastisch angrinste.

Olaf also. Wie dieser Schneemann aus der Eiskönigin oder wie dieser Film auch immer hieß, den Disney da wieder verzapft hatte. Wenigstens war diese animierte Figur ebenso hässlich und nervtötend wie Jamies derzeitiges Gegenüber, von der Warte her passte es also.

"Jamie", murmelte der Sänger ohne jeden Elan und durfte sich daraufhin zugleich eine sehr ausgiebige Einführung in das Leben Olafs anhören, die ihn höchstens so sehr interessierte wie die Tatsache, dass in China ein Sack Reis umgefallen war. Am liebsten hätte er gegähnt, als der Kerl anfing, von seinen x Haustieren zu palavern, doch anstelle nahm er sich des Heftchens an, welches auf jedem Tisch auslag und auf dem in großen Druckbuchstaben 'Partnerhoroskop' zu lesen war.

Geschäftig fing er an, darin zu blättern.

"Welches Sternzeichen bist du denn?", fragte er beiläufig, woraufhin Olaf in seinem Redeschwall kurz inne hielt.

"Steinbock!", rief der Kerl schließlich erfreut aus und besaß doch tatsächlich die Frechheit, Jamie das Heft zu entreißen, um selbst darin zu lesen. Als er sich mit dem Mittelfinger die Brille zurechtrückte, fühlte der Sänger sich an einen seiner früheren Lehrer erinnert.

Insgesamt war dieser Typ ein Kotzbrocken. Nicht nur, dass er überhaupt nicht in Jamies Beuteschema passte, nein, er interessierte sich lediglich für sich selbst und besaß zudem keinerlei Anstand. Gut, auch Jamie beherrschte die alte Schule nicht aus dem FF, aber zumindest bemühte er sich. Er hatte nun lediglich beschlossen, Olaf noch deutlicher zu zeigen, dass er ihn blöd fand. Doch dieser war ja nun so vertieft in seine Lektüre.

"Was ist denn dein Sternzeichen?", wollte er wissen, und Jamie hauchte seufzend "Wassermann...".

Geschäftig blätterte der Hipster in dem Heft herum, bis er die richtige Seite gefunden hatte.

"Ah, hier haben wir es ja."

Was du nicht sagst, dachte Jamie und ließ seinen Blick über die anderen Anwesenden schweifen. Zwei Tische von ihm entfernt unterhielt sich Cari zu Jamies Erstaunen gerade recht enthusiastisch mit seinem Partner, lachte und scherzte mit ihm. Klar, der Sänger wusste, dass Cari eigentlich ein Meistertitel im Bezirzen gebührte und dass er seine Sprüche eigentlich nie ernst meinte, aber dennoch stieß ihm sauer auf, was er sah. Mit einem Mal fragte er sich, ob es denn wirklich eine gute Idee gewesen war, Cari zum Mitmachen aufzufordern. Irgendwie bereute er es nun. Und das, obwohl es total unsinnig anmutete. Cari wollte noch nicht einmal etwas von Kerlen!

In Anbetracht dieser Tatsache fiel es Jamie wieder etwas leichter, sich auf sein eigenes Gegenüber zu konzentrieren und den Blick von seinem attraktiven Freund abzuwenden. Olaf hatte inzwischen angefangen, ihr gemeinsames Horoskop laut vorzulesen:

"Ein erstes Date zwischen Steinbock und Wassermann sollte intellektuell und schick sein. Ein Theater, eine Vorlesung, oder eine Kunstgalerie wäre angemessen. Ein nobles Restaurant wäre perfekt."

Allen Anscheins nach schien Olaf zu gefallen, was er da erfuhr. Im Gegensatz dazu rollte Jamie nun schon unverhohlener mit den Augen. Intellektuell und schick? Nobles Restaurant? Das stellte ja ein völliges No Go für den Sänger dar. Aber zu Olaf passte es natürlich wie die Faust aufs Auge. Noch ein Grund mehr, ihn endlich loszuwerden. Doch so schnell würde dies nicht passieren. Ihre gemeinsame Zeit war noch lange nicht rum. Und Olaf schenkte ihm nun eines seiner schleimigen Lächeln.

"Wenn du willst, könnte ich dich ja mal fein ausführen", raunte er, setzte dann aber einen dezent missbilligenden Blick auf. "Aber nur, wenn du aufhörst, solche Gammelklamotten zu tragen und dieses alberne Lippenpiercing herausnimmst."

Aha, dachte Jamie sich nur. Gewillt, etwas darauf zu erwidern, war er nicht. Er wollte das Ganze einfach nur über sich ergehen lassen. Zum Glück scherte sich Olaf wie eh und je nicht um Jamies Antwort darauf und vertiefte sich wieder in das Horoskop.

"Steinböcke suchen nach einem interessanten Partner, der bereit ist, über ernste Themen zu sprechen. Sie warten geduldig auf den richtigen Partner, bevor sie ihre Liebe zum Ausdruck bringen." Erfreut hob Olaf den Kopf und sah Jamie an. "Oh, das stimmt wirklich! Solche albernen, kindischen Typen, die sich jeden Abend volllaufen lassen und dann dicht in irgendeiner Ecke liegen, kann ich nicht ab! Das ist so was von unsexy und lächerlich!"

Fraglich, wer hier unsexy und lächerlich ist, überlegte Jamie angepisst. Spießer, spuckte er Olaf gedanklich an den Kopf. Langweiliger, arroganter Schnösel.

Nun grinste Olaf plötzlich sehr breit, so wie er wieder in das Heft schaute.

"Uh lala, nun kommen wir zum Sexualleben", verkündete er, und Jamie sah gelangweilt zu ihm rüber.

"Schieß los."

Das tat Olaf nur zu gerne.

"Aus astrologischer Sicht gesehen ist der Sex zwischen diesen beiden Sternzeichen körperbetont und gut. Der Steinbock verfügt über viel Stehvermögen, mag aber keinen außergewöhnlichen Sex."

"Ah, du und Stehvermögen!", prustete Jamie los, denn das konnte er sich einfach nicht mehr verkneifen. "Wers glaubt, wird selig."

Anstatt allerdings beleidigt zu reagieren, begannen Olafs Augen zu funkeln.

"Die Art von Anmache kenn ich schon", behauptete er abgeklärt und winkte ab. "Du willst doch nur, dass ich mein Stehvermögen unter Beweis stelle."

Jamie schüttelte sich angewidert.

"Bah, vergiss es! Lieber lass ich mich von nem Elch bumsen!"

Daraufhin zeigte Olaf aufgebracht mit dem Finger auf Jamie.

"Genau da haben wir es ja! Jemanden mit solch einer ordinären Gossensprache würde ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen! Wo ist denn da der Intellekt?"

"Mein Intellekt duelliert sich nicht mit Unbewaffneten", gab Jamie nun ziemlich lautstark zum Besten, sodass die Männer von den Tischen nebenan zu ihnen hinschauten. Auch Cari war einer von ihnen.

Zunächst wurde es ziemlich still um sie herum, doch dann brüllte der Drummer, der alles mit angehört hatte, plötzlich los.

Da Jamie mit dieser Entwicklung natürlich sehr zufrieden war, zuckten seine Mundwinkel nun ein wenig. Er hatte Cari zum Lachen gebracht, und das bedeutete ihm sehr viel.

Mit stolz geschwellter Brust und erhobenen Hauptes wappnete er sich für den Rest des Horoskopes. Inzwischen wirkte Olaf nicht mehr ganz so enthusiastisch, sondern blickte sogar kurz entnervt auf sein Handy, um die Uhrzeit zu checken, ehe er wenig motiviert weiterlas.

"Die erogene Zone des Steinbocks sind die Beine, und die erogene Zone des Wassermanns sind seine Waden und die Knöchel. Der Wassermann wird mit sinnlichen Berührungen den Körper des Steinbocks erforschen bevor es zum Liebesakt kommt. Steinböcke erwarten Anstand im Schlafzimmer."

Amüsiert sah Jamie sein Gegenüber an.

"Ernsthaft? Anstand? Im Schlafzimmer?" Ungeniert lachte er los, da sich ohnehin schon zu viel in ihm angestaut hatte. "Was für fromme Betschwestern sind denn die Steinböcke bitte? Das ist ja richtig lächerlich."

Olaf schaute wenig belustigt zu, wie Jamie vor Lachen sogar mit der Faust auf den Tisch schlug.

"Pah, wenn du unsere Kultiviertheit nicht zu schätzen weißt, darfst du auch niemals meine erogenen Beine berühren, das sag ich dir, du Penner!"

Jamie konnte sich gar nicht mehr beruhigen.

"Pahahaha, mich einen Penner zu nennen sieht ja einem edlen Herrn wie dir sehr ähnlich!"

Olaf presste die Lippen aufeinander.

"Wenn du doch aber einer bist, verdammich! Voll der asoziale Punk! Mit so was geb ich mich doch nicht ab!"

Mit diesen Worten erhob er sich eingeschnappt und dampfte ab. Wahrscheinlich würde die Speeddatingrunde nun um einen Kandidaten ärmer sein, aber Jamies Meinung nach stellte dies keinerlei Verlust dar.

Als er wieder zu Cari hinschaute, musste er feststellen, dass dieser sich förmlich die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischte. Voller Vorfreude sah er dem Gespräch und vor allen Dingen dem Horoskop mit seinem Freund entgegen. Hoffentlich war der Löwe nicht auch so eine langweilige Witzfigur wie der Steinbock. Doch wenn er sich seinen Freund so ansah, bezweifelte er dies stark. Wenn er Cari hätte beschreiben sollen, dann als witzig, unternehmungslustig und selbstbewusst. Und natürlich auch als unwiderstehlich. Dessen Aura war einfach nur unfassbar einnehmend und hatte bei Jamie schon vor Jahren dafür gesorgt, dass er sich zu ihm hingezogen fühlte. Dazu gesellten sich noch die optischen Raffinessen, welche dem Sänger schon ziemlich entsprachen...

Bevor er Cari allerdings endlich gegenüber sitzen würde, schnappte er sich das Horoskopeheft und las auf der noch aufgeschlagenen Seite weiter.

'Der Steinbock möchte der Boss sein und der Wassermann möchte sich nicht dominieren lassen.'

Abermals wechselte er einen wissenden Blick mit Cari und dachte, dass er diesbezüglich für seinen Freund nur zu gerne eine Ausnahme machen würde. Solch einem stattlichen Löwen würde er sich ohne mit der Wimper zu zucken ergeben zeigen...

 

 

*

 

"Crow!"

"Anderson!"

Die Freude war selbstredend groß, als Cari seinen Arsch endlich auf den Stuhl Jamie gegenüber pflanzte. Am liebsten hätte der Sänger seinen Freund sogar umarmt, aber bedingt durch den Tisch hätte sich dies als schwierig erwiesen und außerdem hatte er keine Ahnung, ob Cari sich davon wohl überfordert gefühlt hätte. Man durfte schließlich nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

"Na, wie läufts bis jetzt?", wollte der Drummer wissen, als er auf seinen vier Buchstaben saß und Jamie ansah. "Wie viele Typen hast du denn schon bezirzt mit deinem unwiderstehlichen Charme?"

Jamie musste lachen, denn ihm war klar, dass er auf ironische Weise auf das ziemlich in die Hose gegangene Gespräch mit Olaf anspielte.

"Natürlich lecken sich alle ihre zehn Finger nach mir, was denkst du denn?", gab er selbstgefällig an und strich sich durch das Haar, woraufhin Cari den Kopf wog.

"Das glaub ich dir gleich", urteilte dieser daraufhin. "Zumindest tun sie es so lange, wie du ihnen nicht dein wahres Gesicht zeigst."

"Mir scheißegal", winkte Jamie ab. "Hauptsache, du stehst auf mein wahres Gesicht."

Als Erwiderung darauf grinste Cari lediglich diabolisch. Der Gentleman genoss und schwieg eben. Dass er Jamie damit ziemliches Herzklopfen bescherte, ahnte er wohl nicht im Geringsten. Für ihn stellte das Ganze noch immer einen Spaß dar, den er Jamie zuliebe mitmachte, und er nahm wohl auch das Date mit seinem Freund kein bisschen ernst. Was schon dezent schade war, denn Jamie war Cari ganz und gar nicht abgeneigt.

"Wusstest du eigentlich schon, dass meine Waden und meine Knöchel meine erogenen Zonen sind?", sagte er, um sich selbst ein wenig von seinen Empfindungen abzulenken. Was jedoch ziemlich fehlschlug, da Cari ihn daraufhin nur noch unwiderstehlicher anschmunzelte.

"Nein, aber gut zu wissen", gab er zum Besten und zwinkerte seinem Freund kokett zu. Dann nahm er sich des Horoskopheftchens an und begann unbehelligt davon, was er in Jamie ausgelöst hatte, darin zu blättern. "Da wollen wir doch mal schauen, wie gut der Löwe zum Wassermann passt, mh?"

"Jede Wette, dass sie ein Dreamteam sind", entgegnete Jamie, und nachdem Cari die ersten Zeilen ihres Horoskopes überflogen hatte, funkelten seine schmalen Augen Jamie nur so über das Heft hinweg an, woraufhin dem Sänger sofort alles klar war.

 

"Mh, das geht ja schon gut los", meinte Cari und lehnte sich entspannt zurück, Jamie dabei aber immer nur kurz aus den Augen lassend, um zu lesen. "Wassermann und Löwe sind Exhibitionisten."

Jamie, der eigentlich genauso erstaunt von dieser Einschätzung war, ließ sich seine Verblüffung jedoch nicht anmerken, sondern zuckte nur die Schultern.

"Wir wissen schlicht und ergreifend, dass wir uns nicht verstecken müssen", meinte er und erntete dafür von Cari einen weiteren, vielsagenden Blick, von dem er glaubte, dass er ihn förmlich auszuziehen drohte. Dann fuhr der Drummer schmunzelnd fort.

"Exotische sexuelle Erfahrungen und risikoreicher Sex, wie z.B. Sex im Freien, sind für diese beiden Sternzeichen typisch. Der Löwe liebt die wilde Leidenschaft und der Wassermann punktet mit seiner Kreativität im Schlafzimmer."

Spätestens jetzt kam Jamie nicht mehr umhin, sich auf die Unterlippe zu beißen. Wow, was für ein Horoskop!

Er musste feststellen, dass Cari ihn fragend ansah.

"Stimmt das?"

Jamie legte den Kopf schief.

"Sag du es mir."

Daraufhin grinste der Drummer verführerisch.

"Aber hallo. Was denkst du, was ich alles mit dir anzustellen wüsste...Sex im Freien ist da noch die harmloseste Sache."

Aufgrund dieses Kommentars hätte Jamie sich beinahe an seiner eigenen Spucke verschluckt. Am schlimmsten allerdings war die Tatsache, dass seine Ohren zu glühen begonnen hatten und es selbst zwischen seinen Beinen prickelte. Cari machte seinem Ruf als Verführer einmal mehr alle Ehre. Bereits jetzt hätte Jamie ihm ohne Umschweife sein schönes Gesicht abgeleckt und gleich mal mit dem angeblich harmlosen Sex im Freien begonnen.

"Und was ist da deiner Meinung nach nicht harmlos?", wollte Jamie erfahren, obwohl ihm längst schwindelte, im Gegensatz zu Cari, der noch gefasst genug war, um Jamie weiter aufzureizen.

"Fesselspielchen", schnurrte er. "Dir den Po versohlen wie einem unartigen Jungen. Grr..."

"Okay, äh, mach weiter." Jamie schluckte hart und ziemlich benommen, und Cari senkte den Blick auf das Heft, das aufgeschlagen vor ihm lag. Beim Lesen jedoch schüttelte er den Kopf.

"Eigentlich müssten laut Horoskop dir doch all die schmutzigen Dinge einfallen, wo du doch der Kreative von uns beiden bist", behauptete er. "Also hau raus, was dir so vorschwebt."

Caris offensive Art gefiel Jamie ungemein. Kein Wunder, dass er seine dominante Ader für ihn jederzeit in den Hintergrund gestellt hätte, um zu genießen, wie er ihn führte.

"Rapeplay", entkam es ihm schließlich unvermittelt, wofür er einen Blick von Cari erhielt, der sich nicht deuten ließ. Eine Weile lang sahen sie sich an, ehe Cari doch noch den Mund aufmachte.

"Mh, du passt zu mir. Ganz ohne Frage..."

Jamie, dem diese Einschätzung ein weiteres Kribbeln bescherte, hoffte, dass Cari nun endlich weiterlesen würde. Schließlich konnte das Horoskop nicht noch mehr schlüpfrige Überraschungen beinhalten, so glaubte er.

Aber er irrte sich.

"Die gute Freundschaft, die Löwe und Wassermann verbindet, führt unweigerlich zur Liebe", las Cari und schmunzelte schief. "Aha, na so was. Wer hätte das gedacht..."

Der Sänger saß vollkommen perplex da. Vor diesem Abend noch hatte er Horoskope für blöden Hokuspokus gehalten, der ohnehin nie stimmte - aber das hier war verdächtig zutreffend. Cari und er waren beste Freunde. Und erstaunlicherweise schienen sie inzwischen beide mehr voneinander zu wollen - und das, obwohl Cari doch eigentlich stockhetero war. Noch bis vor ein paar Stunden hätte Jamie an solch eine fantastische Entwicklung nie im Leben geglaubt. Doch so konnte sich das Blatt wenden. Wer wusste denn, wie lange Cari schon etwas von ihm wollte? Vielleicht hatte er es ja bisher lediglich gut zu verstecken gewusst? Jamie hatte ja ebenfalls nichts durchsickern lassen von seinen wahren Gefühlen...

 

Desweiteren fand sich im Horoskop dies:

"Es wird sehr viel Geben und Nehmen, besonders im Schlafzimmer, stattfinden, und wenn die Leidenschaft befriedigt ist, sind diese beiden Sternzeichen wieder beste Freunde. Ihre Freundschaft ist die beste Grundlage für ihre Langzeitbeziehung oder Partnerschaft. Vielleicht sogar Ehe." Cari sah Jamie hocherfreut an. "Ach, du würdest mich sogar heiraten?"

"Halts Maul, vor der Ehe kommt Stellung 69", erwiderte Jamie in Anspielung auf das gegenseitige Geben und Nehmen, was sich somit sehr gut umsetzen lassen würde.

Der Drummer jedoch gab sich damit noch nicht zufrieden. Herausfordernd musterte er sein Gegenüber.

"Fraglich, ob die Leidenschaft denn jemals befriedigt ist", meinte er und rieb sich das Kinn, während er Jamie nicht aus den Augen ließ. "Wenn ich mir dich so angucke, kann ich mir das nicht wirklich vorstellen..."

"Ich bezweifle aber stark, dass ich auch in dreißig Jahren noch jung und knackig bin", warf Jamie ein und zog skeptisch eine Augenbraue hoch. "Und ob du mich da noch knallen willst...?"

Cari aber nahm ihm seine Zweifel prompt.

"Was denkst du denn? Ich bin dann doch selbst Rentner, und unsere tolle Freundschaft wird verhindern, dass ich mich nach Frischfleisch umschaue, wenn du verwelkt bist."

Wieder folgte das obligatorische Zwinkern, um zu signalisieren, dass Cari seine Worte nicht ganz ernst meinte. Allerdings musste Jamie noch lange an seine besondere Betonung des Wortes 'Freundschaft' denken.

Was eigentlich war Freundschaft wirklich? Wo begann Freundschaft? Und wo endete sie? Mit einem Mal erschien sie dem Sänger schier grenzenlos. Und Cari ging es wohl nicht anders...

 

Der Drummer war noch nicht fertig mit Vorlesen, weshalb er nun genüsslich den letzten Absatz vortrug.

"Der Sex ist rebellisch und glorreich! Nicht unbedingt als durchschnittliche Partner im Bett stecken diese beiden Sternzeichen voller Überraschungen und unerwarteten sexuellen Wendungen. Der Wassermann macht bei allem mit und seine experimentellen Kanten und Ecken werden durch kreativen Sex die Leidenschaft mit dem Löwen wecken." Seine Augen wirkten immer dunkler. "So, und wann offenbarst du mir deine rebellische, kreative Seite endlich?"

Jamie klimperte kokett mit den Wimpern.

"Sobald du mir die Waden streichelst, du Wildsau."

Mehr als ein weiteres, wissendes Schmunzeln erwartete Jamie nicht. Und dabei blieb es auch. Allerdings fraßen sie sich den ganzen, restlichen Abend mit Blicken förmlich auf und interessierten sich für niemanden anderen mehr.

Nach den nächsten zwei Gesprächen machten sie schließlich ohne Worte ab, nun gemeinsam zu verschwinden, um in Ruhe übereinander herzufallen.

Ausgelöst war dies nur durch dieses Horoskop worden, das ausnahmsweise einmal nichts als die Wahrheit verkündet hatte, wie sie feststellen durften, als Kreativität und Leidenschaft endlich hemmungslos aufeinander prallten...

Hair Pulling

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Broken Object

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Importance Of Foreplay

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Say My Name

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Playful Nipping

Playful Nipping

 

 

Die Natur entfaltete ihre volle Schönheit erst des Nachts, fand Jamie. Denn für ihn haftete allem, was dunkel war, etwas Anziehendes, Magisches an. So wirkte auch der stille See ungemein majestätisch, wenn sich das Licht des Mondes in ihm spiegelte und das einzige Geräusch das Rauschen des Windes in den Bäumen war.

In der Nacht war eben alles anders. Die Nacht besaß ihren ganz eigenen Duft und ließ einen die Welt mit anderen Augen sehen. Kein Wunder also, dass Jamie gar nicht genug von diesem Moment bekommen konnte. Er war hier allein, und er genoss dieses Gefühl von Einsamkeit und grenzenloser Freiheit, erfuhr er dies in seinem meist hektischen Alltag doch viel zu selten. Selbst dieser mehrtägige Ausflug in die Natur mit Freunden wusste ihn nicht von seinem Stress zu kurieren. Dennoch war es ganz schön, abends gemeinsam am Lagerfeuer zu sitzen und Würstchen zu grillen und sich anschließend mit einem wohligen Trunkenheitsgefühl in das Zelt zurückzuziehen.

Doch still wurde es in seiner Seele erst, als er aus dem Unterschlupf gekrochen war, den er sich mit seiner Freundin teilte. Sie hatte offenbar nicht bemerkt, dass er nochmal rausgegangen war, denn sie hatte sich nicht geregt, als er den Reißverschluss der Tür aufgezogen hatte. Anstelle hatte sie ganz ruhig weitergeatmet, und nachdem Jamie ihr einen scheuen Blick zugeworfen hatte, war er auf allen Vieren ins Freie gekrabbelt. Und nun stand er hier, ließ seinen Blick über den See schweifen und konnte seiner Schlaflosigkeit sogar etwas abgewinnen. Alles besaß seine Vorteile, wenn man nur ausgiebig danach suchte. Oder zumindest das meiste. Denn es gab auch Dinge auf der großen, weiten Welt, die einfach nicht zu einem selbst gehören durften und denen nichts Gutes anhaftete, egal, wie sehr man versuchte, sie sich schönzureden.

 

Am liebsten hätte er die ganze Nacht hier draußen verbracht, allein und nur mit seinen Gedanken, aber irgendwann würde sicherlich noch jemand von seinen Kumpels das Zelt verlassen, um zu pissen und ihn hier vorfinden, wie er einfach nur dumm in der Gegend herumguckte. Da er keine Lust hatte, sich zu erklären, erledigte er nur noch schnell sein Geschäft, um sich anschließend wieder in Richtung seines Zeltes zu trollen. Kleine Steinchen piekten ihn in seine nackten Fußsohlen, weshalb er ganz froh war, als er endlich den Unterschlupf erreicht hatte.

Er ging auf die Knie, zog den Reißverschluss auf, nur um sich kurz darüber zu wundern, dass er den Durchmesser der Tür als etwas größer in Erinnerung gehabt hatte. Allerdings maß er diesem Gedanken nicht sonderlich viel Wichtigkeit zu. Er mochte zwar trotz der langen Wanderung am Nachmittag nicht wirklich müde sein, aber nichtsdestotrotz sehnte er sich nun nach seinem Schlafsack. Und auch nach seiner Freundin, an die er sich kuscheln würde.

Schwerfällig kroch er in das Zelt hinein, und selbst der Fakt, dass der Geruch, der im Inneren dessen herrschte, ein ganz anderer war als jener, den er von seinem Zelt kannte, wusste ihn nicht zu irritieren. Alles war ihm egal geworden. Im Vergleich zu dem Gefühl, welches ihn vorhin beim Lagefeuer wegen eines ihn so warm anschauenden Augenpaars überkommen hatte, schien dies auch tatsächlich verdammt nichtig zu sein.

Im Halbdunkel vermochte er nicht mehr zu erkennen als einen Körper, der in einen Schlafsack eingerollt war, Details blieben ihm verborgen. Etwas, das wie ein leises Schnarchen klang, erfüllte die heimelige Stille, und auch, wenn die Situation für Jamie gerade etwas schwierig war, stahl sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht. Auch wenn seine Gedanken und Gefühle manchmal seltsame Wege gingen, so liebte er seine Freundin trotz allem, schon deshalb, weil er sich daran klammerte. Er hielt sich an der Normalität fest und redete sich ein, dass alles so war wie immer, dass es nichts und niemanden gab, der zwischen ihnen stand und sie auseinanderbringen konnte.

Kein Kerl mit grünen Augen, die ihm bis auf den Grund seiner Seele zu blicken schienen.

Kein Kerl mit einem die verbotensten Instinkte weckenden Körper.

Nein, niemand würde ihm das ersetzen können, was seine Freundin für ihn war. Sie war schließlich seine große Liebe, und er wollte sie um keinen Preis verlieren. Genauso wenig, wie er seinen besten Freund verlieren wollte.

Der Stein, der bis eben noch in seinem Magen geschwelt hatte, löste sich auf, als er sich von hinten an den warmen Körper schmiegte, der in einem weichen Schlafsack ruhte. Da die Hitze des Julis selbst in der Nacht noch erbarmungslos brütete, verzichtete er darauf, seinen eigenen Schlafsack zu suchen und schlang schlichtweg seine Arme um den Körper seiner vermeintlichen Freundin.

Einigermaßen zufrieden mit sich und der Welt schloss er die Augen, vollkommen ignorierend, dass das Haar der vor ihm liegenden Person ganz anders duftete als jenes seiner Freundin und dass der Rücken ebenfalls nicht zu dieser gehören konnte, war er doch viel zu breit.

Sein Fehler wurde Jamie erst bewusst, als sich eine Hand behutsam auf die seine schob und eine tiefe, ihm äußerst vertraute Stimme säuselte: "Schön, dass du zu mir gekommen bist..."

Vor Schreck fuhr er zusammen und wich ein Stück zurück, den im ersten Moment fremden Körper misstrauisch beäugend.

"Was zum Teufel...?", entwich es ihm, doch da drehte sein Zeltnachbar sich auch schon zu ihm herum. Als er ihm direkt in die Augen sah, erkannte Jamie mit klopfendem Herzen, dass seine leise Vermutung stimmte.

Er hatte sich in seiner Verwirrtheit im Zelt geirrt. Anstatt sich zu seiner Freundin zu legen, war er bei Cari gelandet. Bei dem Mann, der seine heutige Schlaflosigkeit zu verantworten hatte. Ausgerechnet bei ihm. Das Schicksal musste ihn hassen.

Beschämt bis zum Äußersten wollte er ohne ein weiteres Wort die Flucht ergreifen, doch da hatte Cari ihn schon am Arm gepackt und hielt ihn so fest, dass Jamie fürchtete, er würde ihm die Schulter auskugeln, wenn er sich versucht hätte, loszureißen. So hielt er inne, dachte aber nicht im Traum daran, Cari auch nur eines Blickes zu würdigen.

Es war ihm so peinlich. So verdammt peinlich...

"Hey, du scheues Häschen, nun bleib doch da." Caris Stimme verursachte ein angenehmes Prickeln auf seinem Rücken, aber gleichzeitig fühlte er sich von ihr auch regelrecht gepeinigt. Cari peinigte ihm im Allgemeinen mit der Tatsache, dass er ihn nicht gehen lassen wollte. "Schäm dich doch nicht so."

Diese Worte wussten alles nur noch zu verschlimmern. Neben der Scham packte Jamie nun auch der Anflug von Wut.

"Mann, ich bin nicht mit Absicht hergekommen!", fauchte er und zog seinen Arm ruckartig weg. Für einen Moment sah Cari ihn deutlich verdutzt an, was Jamie fast noch mehr aufbrachte. "Das hättest du wohl gerne, dass ich so verzweifelt bin und mich mitten in der Nacht an dich ranschmeiße, huh? Vergiss es, Crow!"

Wenn er sich einmal aufregte, dann meistens höllisch. In einer Situation wie dieser kannte er kein Halten mehr.

Er fummelte mit den Fingern hektisch nach dem Schlitten des Reißverschlusses, doch er fand ihn ums Verrecken nicht, befand er sich doch am entgegengesetzten Ende der Tür. Als sich mehr und mehr nun auch noch so etwas wie Verzweiflung zu seinem Gefühlschaos gesellte und er nichts anderes mehr wollte, als diesem winzigen, stickigen Zelt zu entkommen, in welches er mit seinem Freund eingesperrt war, fasste Cari ihn erneut beim Arm.

"Das hat doch nichts mit ranschmeißen zu tun", äußerte er mit ruhiger Stimme und schaffte es nun sogar, Jamie ein Stück weit zu sich zu ziehen, auch wenn der Sänger sich noch zierte und nur zögerlich in seine Richtung kroch. "Auch beste Freunde dürfen miteinander schmusen."

Der Drummer ließ sich mit einem entspannten Seufzen auf den Rücken gleiten und zog Jamie einfach mit sich. Dieser kniete nun mehr oder minder über seinem Freund und schaffte es einfach nicht mehr, den Blick von dessen Gesicht abzuwenden.

Cari war der schönste Mann auf Erden für ihn, und jedes Detail seines Antlitzes stellte ein Wunder für den Sänger dar. Die Zuneigung brannte warm in seinem Bauch, so wie die beiden Männer sich schweigend ansahen, und die Wut und selbst die Scham waren so schnell verflogen, wie sie gekommen waren.

Für solche Gefühle blieb einfach kein Platz zwischen ihnen. Zu viel hatten sie in all den Jahren ihrer Freundschaft miteinander durchgemacht. Viel zu viel, um das wahre Gesicht des anderen nicht zu kennen. Und so hätte Jamie sich auch denken können, zu welchem Mittel Cari greifen würde, um ihn zu einer Reaktion zu bewegen.

Urplötzlich begann der Drummer, seinen hübschen Freund in die Seiten zu kneifen, und dieser begann wie erwartet sich zu winden und unterdrückt zu kichern.

"Hör auf!", lachte er und versuchte, Caris Hände wegzuschieben, was aber nur zur Folge hatte, dass er den nackten Oberkörper des anderen immer wieder unabsichtlich betatschte. Er versuchte, dies zu vermeiden, doch immer wieder begannen seine Finger genau wie sein Bauch vor Aufregung zu kribbeln, wenn er die Haut des anderen berührte.

"Ich hör erst auf, wenn du wieder normal bist", grinste Cari, und dessen Gesicht war Jamies mit einem Mal viel zu nahe, wie Jamie während seiner Lachattacke feststellen musste. Er konnte aber auch nicht mehr entkommen, kannte Cari doch kein Erbarmen mit ihm und schnappte ihn sich wieder, zog ihn regelrecht auf sich, wann immer der Sänger abermals flüchten wollte.

Für ihn gab es schlichtweg kein Entkommen mehr, in jeglicher Hinsicht. Er sah sich konfrontiert mit seinen Gefühlen, und er wünschte sich, dass diese nicht zu schön gewesen wären, um sich am liebsten für immer in ihnen aalen zu wollen...

Schließlich landete der schwere Körper des Sängers auf jenem des Drummers, und so blieben die beiden Freunde schwer und tief atmend liegen.

"Hab ich dir eigentlich schon mal gesagt, dass ich dich lieb hab?"

Jamie sah Cari doch recht verwundert ins Gesicht, wandte sich dann aber schnell ab, wieder etwas beschämt.

"So etwas sagen sich beste Freunde nicht."

"Doch", erwiderte Cari fest und strich sacht über den Arm Jamies, zunächst über dessen Rose am Oberarm und dann über die zarten Härchen auf dem Unterarm. "Wir sagen uns das schon. Zumindest ich sage es dir."

Ein prickelndes, betörendes Gefühl blühte in Jamies Bauch auf. Gänsehaut überzog seine Arme und seinen Rücken, und er fühlte sich nackt deshalb in Gegenwart Caris, der diese Reaktion seines Körpers mit einem Lächeln zur Kenntnis nahm.

"Schön bist du", hauchte er leise.

"Und das dürfen sich beste Freunde auch sagen?"

"Natürlich."

Seine Finger wanderten jetzt über den kräftigen Rücken seines Freundes und drückten diesen behutsam gegen sich selbst. Brust an Brust, Herzschlag an Herzschlag lagen sie nun aufeinander und verloren sich in den Augen des jeweils anderen.

Ihre Freundschaft war schon immer etwas Besonderes gewesen, weshalb es auch zu einer Situation wie dieser gekommen war. Tim, Rikki oder Martin wäre Jamie womöglich niemals derart nahe gekommen. Zu diesen fühlte er sich nämlich auch nicht halb so sehr hingezogen wie zu Cari. Die Blicke vorhin am Lagerfeuer waren noch wesentlich intensiver gewesen als das Gefühl der Wärme und der Zuneigung seiner Freundin, die er währenddessen im Arm gehalten hatte. Und das nicht nur, weil Cari wunderschön war, nein - vor allen Dingen, weil Jamie sich geborgen bei ihm fühlte. So sehr, dass es einem Pflaster für seine verwirrte Seele glich, als er ihm nun auch körperlich so ungewohnt nahe sein durfte.

 

"Was macht zwei Menschen eigentlich zu besten Freunden?"

Dass zwischen ihnen alles ein wenig verschwommen war und sie sich schon seit dem ersten gemeinsamen Tag in einer Grauzone bewegten, machte es einerseits schwieriger, andererseits auch so viel leichter.

"Es geht einzig und allein darum, dass man sich lieb hat und sich auf einer Wellenlänge befindet", erwiderte Cari, dessen Hände nun immer begehrlicher auf dem Rücken seines Freundes auf und ab glitten. Jamie stellte für ihn der Inbegriff von Harmonie dar, mit seiner wunderbaren, verführerisch tätowierten Haut und dessen sinnlichen Körperformen, die so keinem zweiten Mann auf der Welt zu Eigen waren. Jamie war für Cari einzigartig. Ein schöner Schwan in einem dunklen Federkleid, hinter dem sich so viel verbarg. Aber nicht in dieser Nacht.

In dieser warmen Sommernacht schmolzen all ihre Geheimnisse voreinander und die Sehnsucht erwachte zum Leben.

Sie sprachen nicht mehr über Freundschaft, sondern sie lebten sie. Mit hungrigen, innigen Küssen, die einer Erlösung gleichkamen, so wie Jamie sich in all dieses Schöne fallen ließ und seine negativen Gedanken weit, weit weg von sich ziehen ließ. Irgendwann nämlich hatten diese keinen Platz mehr in seiner Brust, in der nur noch die ungestillte Lust hauste, die wie der Wahnsinn in seinen Eingeweiden tobte, als sein Freund ihre Unterleiber während dieser vorgeblich unschuldigen Spiele aufeinanderpresste. Sie beide waren sehr erregt, und das ließen sie den jeweils anderen nun vollkommen ungeniert spüren. Schweiß trat auf die Haut der beiden Männer, verrieb sich zwischen den ruhelosen Körper, die es nicht wagten, sich richtig zu lieben, aber auch nicht mehr länger aufeinander verzichten konnten.

Sie waren nicht einmal ganz nackt, und doch hatten sie sich vor dem anderen entblößt, komplett und ohne jede Scham. Es genügte, wenn ihre Seelen sich nun unverhüllt begegneten, denn selbst der dünne Stoff, der ihre Unterleiber voneinander trennte, als sie sich wie von Sinnen aneinander rieben, konnte Jamies Lust nicht am Ausbrechen hindern.

Es kam ihm einfach mit einem erstickten Laut, während er seinem liebsten Freund in die Augen sah, in welchen sich längst dieselbe Ekstase spiegelte. Und er schwor sich in diesem Moment, dass er das, was sie in dieser Nacht getan hatten, niemals bereuen wollte.

Genauso wenig, wie er die Nächte bereuen wollte, in denen es wieder geschehen würde. Denn dass der Zeitpunkt ein zweites Mal kommen würde, das war gewiss. Und genauso gewiss war, dass dieses noch intensiver ausfallen würde als das erste...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Übersetzungen der schwedischen Wörter findet man hier. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Der letzte Satz kommt so oder so ähnlich von Simon in den Chroniken der Unterwelt. Das korrekte Zitat lautet allerdings "Im Schützengraben gibt es ziemlich wenige Atheisten" und stammt wohl von einem Teilnehmer am D-Day. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das erste Promobild, von dem hier die Rede ist:

Klick

Also ich hab schon bisschen geweint vor Ergriffenheit, als ich das geschrieben habe. Denn das mit ihrem Kennenlernen, das muss sich tatsächlich so zugetragen haben...(also, in Köpfe gucken kann ich natürlich noch nicht, aber ihr wisst schon...die Rahmenbedingungen...)*schnief* Es ist so romantisch... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das Ende war so nicht geplant. Aber irgendwie haben die sich einfach ineinander verknallt... *schnief* Erst komm ich mit solchen übelst schlichten Sätzen daher, die das Ganze irgendwie männlich klingen lassen, und dann das. Nichts war gewollt. Alles hat sich so ergeben. Und dabei hab ich selten eine Geschichte so intensiv geplant wie diese.

Die Titelwahl wird auch immer schwerer. Ich hab mich dann für diesen entschieden, weil er zu der Stimmung am Ende passt. Nur deswegen. Weil er vom Klang her das widerspiegelt, was ich beim Schreiben gefühlt hab.

Kurzum: Das Ganze ist ein gefühlsmäßiger Mix aus 'Sophisticated Ladies' und 'Run to your Mama' von Hardcore Superstar. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Quelle der Horoskope

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass ich das Horoskop geschrieben habe. Ziemlich sicher bin ich mir allerdings bezüglich der Tatsache, dass Jamie tatsächlich Wassermann und Cari tatsächlich Löwe ist...

Fun Fact: Ich bin Steinbock. Something went wrong.
Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
____



Ich habe es geschafft: Die Mission ist erfolgreich ausgeführt worden.

100 kleine Geschichten über besondere Freundschaften, heimliche Sehnsüchte und dem Hunger nach Liebe sind im Rahmen dieses Projektes erstanden - und ich hätte es selbst nie für möglich gehalten, dass ich dieses Projekt jemals abschließen werde, hatte ich doch zuvor noch nie solch eine lange Liste bis zum letzten Punkt abgearbeitet.

Doch meine Muse war dieses Mal stark und eisern - dank den Lieblingsmännern, die mich immer wieder zu solch einem Geschichtchen verleitet haben...;)



Ich danke allen, die mitgelesen, reviewt und gefavt haben.

Bis bald!



______



Mehr gibts in Lust'n'Needs II


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Kommentare zu dieser Fanfic (42)
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Von:  NaBi07
2014-09-14T21:59:06+00:00 14.09.2014 23:59
Hi. Also ich finde den Anfang nicht schlecht. Zwar musste ich auch erst überlegen, was du meinst, aber weil ich überlegen musste hat es mir gefallen. Der Stil ist gut und zieht einem mit sich. Auch diese Trance ähnliche Schilderung der Hauptperson hat gut zusammengepasst.
Mir gefallen auch die einzelnen englischen Zwischenzeilen. Das hat so was poetisches *lach*

Antwort von:  Anemia
15.09.2014 08:17
Aloha!

Diese erste Geschichte ist in der Sammlung im Grunde die Ausnahme - bisher. Man kann im Voraus nie wissen, was mich packen wird, von daher. ;) Die anderen sind weniger kryptisch. Aber schön, dass du dir die Mühe gemacht hast, zwischen den Zeilen zu lesen. Das freut mich. :)
Die englischen Zwischenzeilen sind Songlyrics, falls ich das nicht erwähnt hatte...na ja, ich fand eben, dass das Lied gut dazu passt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es sich dabei um den Song 'Naked' von Sister handelt. :)

Danke fürs Kommentieren!

lg Serpa
Von: abgemeldet
2014-06-11T07:17:11+00:00 11.06.2014 09:17
wie immer super bis jetzt bin noch nicht ganz fertig
kennst du das manga von Hau Hau You Long oder Finder no Katsubo die sind auch von aller feinsten schade das ich die nicht übersetzt lesen kann die geschichte von Hau Hau You Long lg manu
Antwort von:  Anemia
11.06.2014 09:32
Hab grad gegoogelt und ja, ich muss sagen, wirklich sehr schön gezeichnet. :D Na ja, zumindest gibts eine englische Version. ;)
Antwort von: abgemeldet
11.06.2014 09:44
das ist ja mein Problem bin nun mal eine niete in übersetzen man kann eignes aus den bilder ableiten aber das reicht nicht um zu verstehen
hab mal so durch geschaut bei den kommentaren von deinen geschichten und gelesen schreib wie du denkst und fühlst und mach dir keinen kopf was andere dazu sagen es ist jeden selbst überlassen zu lesen wer es nicht mag muß es nicht lesen bleib so
Antwort von:  Anemia
11.06.2014 09:47
Jup, der Meinung bin ich auch. :) In erster Linie schreibe ich es eh für mich und eben für die, die es so mögen, wie es ist. ;)
Antwort von: abgemeldet
11.06.2014 09:49
und ich mag es sehr zu lesen
Von:  Tesla
2014-06-04T05:52:39+00:00 04.06.2014 07:52
Autsch und das mit dem frischen Oberschenkel tatoo.... Aua... Aber so ein bisschen Schmerz steigert ja bekanntlich die Lust
Antwort von:  Anemia
05.06.2014 08:30
Mh, ja, so sagt man. ;) Ich persönlich kann das nicht nachvollziehen, aber wems Spaß macht. Aber vielleicht vergisst man auch den Schmerz, wenn ein heißer Typ vor einem steht. ;P
Von:  Tesla
2014-04-09T07:30:03+00:00 09.04.2014 09:30
Lach da kam der Seitenhieb. Hihi. Seh schönes Kapi und ich muss sagen. Er hat eindeutig die Falsche Spitze ausgesucht wenn die so sehr juckt. Ungestärkte ist gnaz weich und fluffig^.^
Antwort von:  Anemia
10.04.2014 10:41
Ich kenne mich mit Spitze überhaupt nicht aus. :D Aber ich seh sie doch ganz gern an Männerhintern...

*hust* :D
Von:  Tesla
2014-03-26T06:19:10+00:00 26.03.2014 07:19
Lol... Und ich denk drade an das Hotelpersonal das sie beim saubermachen am nächsten Tag über weiße Fäden im Wasser wundert.
Antwort von:  Anemia
31.03.2014 10:05
Ich möchte echt nicht wissen, was sich so für Schweinereien in Hotels finden lassen. Schon deshalb will ich nur zu Hause schlafen. :D
Antwort von:  Tesla
31.03.2014 10:47
Nicht nur da. Egal wo du bist außerhalb benehmen sich manchen leute echt wie schweine*drop*
Von:  Tesla
2014-03-21T06:30:05+00:00 21.03.2014 07:30
Hihi da fällt mir ein dummer Badewannen witz ein. Lol
Antwort von:  Anemia
24.03.2014 08:32
Jup, mir auch.

Sitzt ein kleiner Junge in der Badewanne. Fragt er seine Mutter: "Mama, wo ist denn der Waschlappen?"
Die Mutter erwidert nur: "Der ist Zigaretten holen."

Ich find den irgendwie gut. xD
Von:  Tesla
2014-03-21T06:19:46+00:00 21.03.2014 07:19
Umm das war fast schon ein bisschen zu knapp. So anheizen und dann verhungern lassen. Wie gemein.
Antwort von:  Anemia
24.03.2014 08:31
Irgendwie scheine ich dafür ein Faible zu haben. Für böse Spielchen, meine ich. xD
Von:  Tesla
2014-03-05T06:39:39+00:00 05.03.2014 07:39
Das war... Plastisch... Hust und ich muss immer noch über die " Saftpresse" lachen.
Antwort von:  Anemia
05.03.2014 19:39
Dirty Talking ftw. Manchmal muss so was einfach sein...*hust* Ich frag mich nur, wie mein Kopf immer auf solche Ideen kommt. Wahrscheinlich hab ich das alles in nem früheren Leben mal erlebt. :D
Von:  Tesla
2014-03-05T06:09:00+00:00 05.03.2014 07:09
* nach der versteckten Kamera such* ey sehr nahe an meinem Valentinstag dran... Ich hasse diese Kommerz scheiße auch weswegen das bei meinem gutenundmirauch immer sehr " romantisch " ausfällt
Antwort von:  Anemia
05.03.2014 19:35
Ernsthaft? Tja, meine Kameras hängen halt überall. Frag mal, wieso das Saftpressen-Kapitel so realistisch geworden ist *hust*. xDD

Weihnachten ist übrigens genauso schlimm wie Valentinstag. Nur Ostern mag ich. Die Osternaschereien sind halt auch toll. ;)
Von:  Ayumi-Silva
2014-03-02T23:51:46+00:00 03.03.2014 00:51
Dein Schreibstil ist echt klasse. Respekt :o ^-^
Antwort von:  Anemia
03.03.2014 08:09
Danke dir. :)


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