Lust'n'Needs von Anemia ================================================================================ Kapitel 3: Three AM ------------------- Three AM     Wenn man fest davon überzeugt war, dass manche Plots und Begebenheiten nur in albernen Hollywoodfilmen funktionierten, aber niemals genauso in der Realität anzutreffen wären, dann irrte man sich. Das Leben schien manchmal sogar noch absurder anzumuten als das Drehbuch irgendeiner dämlichen Herzschmerzschnulze. Das war zusammengefasst das, was Jamie durch den Kopf ging, als er die Klingeltaste betätigte. Wenn man die Umstände betrachtete, die sein Tun umrahmten und dazu einen Blick auf die Uhrzeit warf, dann konnte man sich nur zu gut vorstellen, wie hin- und hergerissen sich der Sänger in jenem Augenblick fühlte. Zugegeben, er hatte keine Ahnung, wie spät es genau war; es war lediglich offensichtlich, dass es eine nachmitternächtliche Stunde sein musste. Also eine Zeit, zu der man eigentlich niemandem mehr einen Besuch abstatten sollte. Auch nicht den besten Freunden. Denn selbst jemand, der den Orden 'Freund und Kumpel' verliehen bekommen hatte, brauchte seinen Schlaf. Und mit kaum etwas konnte man sich unbeliebter machen als mit dem Stören der Nachtruhe. Doch das Drehbuch, das sich Jamies Leben nannte, war derzeit so vertrackt, dass er sich ohne großes Nachdenken zu dieser Verzweiflungstat hinreißen gelassen hatte. Er brauchte etwas Beistand, jemanden, dem er sein Leid klagen konnte. Denn es ging ihm wirklich dreckig. Und daran war klischeehafterweise natürlich die Liebe schuld. Die liebe Liebe. Was wäre man ohne sie? Bedeutend besser dran, dachte sich Jamie. Auf diesen Scheiß konnte er gut und gerne verzichten. Obwohl er ganz tief in sich drinnen wusste, dass ihm die Rolle des Unschuldslamms, des armen Opfers nicht stand. Er hatte tatsächlich Dreck einstecken. Doch der Teufel auf seiner Schulter nahm ihn wie immer in Schutz. Und Cari, Cari würde das auch tun, da war er sich ganz sicher. Cari verstand ihn und seine Probleme. Manchmal sogar fast zu gut.   Es erschien Jamie, als wäre ein halbes Jahrhundert vergangen, bis die Sprechanlage endlich leise knisterte und ein müdes, gemurmeltes 'Ja?' erklang. Jamie wollte etwas sagen, öffnete schon seinen Mund, um Worte verlauten zu lassen, aber seine Stimme versagte. Alles, was ihm gerade durch den Kopf ging, und sei es eine banale Begrüßung, erschien ihm schwachsinnig, kindisch und schlichtweg albern. Machten solche Dinge nicht eigentlich nur Mädchen? Welcher Kerl im Erwachsenenalter zog schon mit solch einer Dreistigkeit die Best-Friends-Nummer ab? Gott, er hätte niemals herkommen sollen. So tief konnte man gar nicht sinken. Peinlich, Jamie, peinlich, dachte er nur synchron zu den verschämt gekrächzten Silben, die seine Lippen verließen. "Ich bins. Kann ich hochkommen?" Doch da drang bereits ein Summen an sein Ohr und er brauchte ein paar geschlagene Sekunden, um zu reagieren und die Tür aufzustoßen. Als er schließlich im Hausflur stand, klang das mulmige, leere Gefühl in seinem Magen jedoch noch längst nicht ab. Im Gegenteil. Es intensivierte sich sogar noch. Diese Nacht würde ihm noch sein Gesicht kosten. Wenn irgendjemand aus der Band erfahren würde, was er getan hatte, dann würde er sich einen Strick nehmen, beschloss er prompt. Er konnte lediglich hoffen, dass Cari nicht schon in der Tür stand und ihn für sein affiges Verhalten verlachte.   Aber dem war natürlich nicht so. Wahrscheinlich lag dies nur an der Uhrzeit, denn Cari sah tatsächlich ziemlich zerknautscht aus, als Jamie ihm unter die Augen trat. Er hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, etwas überzuziehen, sodass er nur in Boxershorts im Türrahmen lehnte und sich mit der Hand durch das zerzauste, schwarze Haar fuhr. Das alles unterstrich er schließlich noch mit einem herzhaften Gähnen, und Jamie tat es prompt regelrecht leid, dass er seinen Kumpel um den Schlaf gebracht hatte wegen seinen nichtigen Problemen. Er wusste erneut nicht, was er sagen sollte, aber das erübrigte sich ohnehin im nächsten Augenblick, als Cari ihm seine Hand auf den Rücken legte, um dem Sänger zu signalisieren, dass er eintreten sollte. Keiner der beiden sprach ein Wort, Cari nicht, weil er viel zu müde war, und Jamie, weil die Scham seine Hirnzellen gelähmt hatten. Zudem fuhren die Gedanken in seinem Kopf Karussell und schienen noch lange nicht anhalten zu wollen. Jetzt, wo er sich kein verächtliches Wort von dem anderen anhören hatte lassen müssen, wurde ihm wieder etwas wärmer und die Angespanntheit wich schrittweise aus seinen Knochen. Vielleicht war es doch richtig gewesen, hierher zu kommen. Denn er fühlte sich sofort viel besser, als er sich in Caris Nähe wähnte. Wäre er jetzt allein gewesen, wahrscheinlich wäre er durchgedreht. Aber er war es nicht. Sie waren schließlich sogar zu viert. Zwei Typen und zwei Bierdosen.   Sicherlich konnte Cari sich denken, dass es Jamie dreckig ging. Denn welche verirrte Seele klingelte einen schon aus dem Bett, auch wenn es sich um den besten Freund handelte? Irgendetwas musste im Argen liegen. Und Jamie hatte verdammtes Glück, dass Caris Leben gerade in recht geordneten Bahnen verlief, ansonsten hätte er ihn wahrscheinlich tatsächlich zum Teufel geschickt. Auch wenn es ihm im Nachhinein sicher leidgetan hätte. Aber Cari war eben ein Mensch, der oft unüberlegt handelte. Und das wiederum hatten er und Jamie gemein. Sie beide lebten manchmal zu intensiv und machten sich keine Gedanken über ihre Mitmenschen. Es gab Momente, in denen zählten nur sie selbst und die ganze Welt konnte sie am Arsch lecken. Dass das nicht immer ohne Folgen blieb war nur verständlich. Doch es war eben ihr Fehler. Und jeder Mensch besaß einen solchen. Oder sogar mehrere. Wer vorgab, perfekt und tadellos zu sein, der log sich selbst und andere an.   Eigentlich hasste Cari es, Bier zu trinken, nachdem er bereits geschlafen hatte. Doch da er genau sah, dass Jamie nun ein Bier brauchte, kam es ihm dumm vor, seinen Kumpel alleine trinken zu lassen. Schließlich saßen sie nebeneinander auf der Couch im Wohnzimmer und starrten vor sich hin. Cari drängte Jamie nicht zu einer Erklärung; natürlich wollte er schon ganz gerne erfahren, wo der Hund begraben lag, was den anderen dazu verleitet hatte, ihn um seine kostbare Schlafenszeit zu bringen, welche man abseits des Tourlebens ausgiebig nutzen musste. Aber er wusste, dass es sich eher kontraproduktiv auswirkte, wenn man Jamie auszuquetschen versuchte. Dann redete er nämlich meist gar nicht mehr, sondern errichtete eine hohe Mauer um sich herum.   Die Wanduhr zeigte drei Uhr an. Drei Uhr in der Früh. Eine Zeit, zu der man wahrhaftig noch nicht wach sein wollte. Und auch Jamie hätte lieber in seinem Bett gelegen als nun an einer Bierdose zu nippen und darüber nachzudenken, auf welchem Wege er seinem Kumpel das Herz ausschütten wollte. Über solche Gefühlsdinge sprach es sich stets so schlecht. Man fand nie die richtigen Worte, und meistens klang es einfach nur pathetisch und peinlich. Doch im Grunde hätte er sich nicht vor Cari schämen müssen. Cari wusste, dass Jamie nicht immer der harte, böse Junge war, der er stets vorgab zu sein. Denn er selbst besaß ebenfalls eine weiche Seite. Eine weiche, sogar sehr verletzliche Seite, die oftmals Auslebung in Lyrics fand.   "Tut mir leid, dass ich dich geweckt hab", begann Jamie schließlich, warf dabei einen kurzen, scheuen Blick auf den selbstverständlich noch immer halbnackten Schlagzeuger neben ihm. Dass seine Augen ausversehen ausgerechnet über dessen Schritt glitten, das machte es nicht besser. Das ließ für einen kleinen Augenblick die Anspannung zurückkehren. "Schon okay", erwiderte der andere ruhig und hielt Jamie die Schachtel Zigaretten hin, die er am Abend wohl auf dem Couchtisch vergessen hatte. Der Sänger langte dankbar zu und ließ sich zusätzlich Feuer geben. Als er den ersten Zug nahm und den Rauch ausblies, sah er aus, als hätte er die Erlösung darin gefunden. Viel entspannter wirkte er nun, und endlich fiel es ihm auch nicht mehr so schwer, seinem Kummer Luft zu machen.   "Ich hab mal wieder mächtig Stress mit Shelly." "Schon wieder? Was hast du denn dieses Mal ausgefressen, du böser Bube?" Jamie musterte ihn strafend aus schmalen Augen, doch als er sah, dass der andere den linken Mundwinkel angehoben hatte, wusste er, dass alles okay war. "Sie macht mir Vorwürfe", erzählte er weiter. Seine Augen wanderten über die große Topfpflanze in der Ecke, die schon etwas heruntergekommen aussah; wahrscheinlich bekam es ihr nicht, dass in ihrer Anwesenheit geraucht wurde. "Heute, da bin ich wieder erst um eins heim. Na ja, und ich hatte halt schon wieder mächtig einen im Tank, und das hat sie angekotzt. Da hat sie mir noch alles Mögliche an den Kopf geworfen, was sie anpisste." "Scheiße", murmelte Cari ehrlich betroffen und nahm einen erneuten Schluck von der bitteren Flüssigkeit in seiner Dose. "Und jetzt?" "Keine Ahnung." Es war Jamie deutlich anzumerken, wie verzweifelt er war. Er ließ die Schultern hängen und guckte vor sich auf den Boden. "Vielleicht hat sie ja auch Recht. Also damit, dass ich nicht immer so viel trinken soll. Aber ich bin trotzdem echt sauer." Ihre Blicke trafen sich. Jamie hob kurz die Hand und machte eine abwinkende Geste. "Sie denkt noch immer, dass ich sie betrüge." Cari lachte auf. So recht wusste er nicht, was er darauf erwidern sollte, wie immer, wenn solche schwierigen Gespräche zu meistern waren. Trotzdem spürte er, dass er besser irgendetwas sagte. Und wenn es nicht viel war. Und wenn es unsinnig war. "Echt?", hakte er also nach, woraufhin Jamie nur traurig nickte. Shelly war tatsächlich der Meinung, dass Jamie sich anderweitig auslebte. Sie fürchtete, dass es Dinge gab, die sie ihm nicht geben konnte. "Aber", ergriff Cari erneut das Wort, "da ist nichts dran, oder?" "Nee." Natürlich nicht. Jamie war treu. Doch das war nicht immer so gewesen. Die Frauen vor Shelly, die hatte er beinahe alle betrogen. Einfach, weil er zu oft nicht nachdachte. Und vielleicht, weil er ein Arschloch war. Nicht einmal Cari wusste von all seinen Eskapaden, von all den schlimmen Dingen, die er sich bereits geleistet hatte. Selbst Cari durfte nicht alles erfahren. Am wenigsten durfte er jedoch wissen, wer die Person war, von der Shelly dachte, dass Jamie sie mit ihr betrog.   "Ich glaube, meine Beziehung ist im Arsch", schlussfolgerte Jamie schließlich. Obwohl es ihm sehr schwer fiel, diese Worte auszusprechen, so war es doch das, was er schon die ganze Zeit gedacht, gewusst hatte. Es war die Wahrheit, die nackte Wahrheit, und sie fühlte sich an wie ein tiefes, schwarzes Loch, ein Abgrund, wenn man sie direkt anschaute. Man wusste, dass man hineinfiel, wenn man nur einen Schritt weiter ging. Doch Jamie glaubte, dass er diesen letzten Schritt längst getan hatte. Auch solche Situationen hasste Cari über alle Maßen. Wie sollte er nun reagieren? Jetzt wären Worte sicher nicht angebracht gewesen, denn jede Aufmunterung, jedes 'Das wird schon wieder' hätte abgedroschen, banal und heuchlerisch geklungen. Jamie glaubte nicht mehr an seine Beziehung. Und insgeheim fand Cari, dass er wahrscheinlich sogar Recht hatte. Dort gab es nichts mehr zu kitten. Das Paar hatte in letzter Zeit kaum noch glückliche Tage miteinander erlebt, es stritt sich meistens bereits wegen Kleinigkeiten und die Lyrics, die Jamie schrieb, muteten immer wütender und trotziger an. Der Schlagzeuger sah schon lange, dass es seinem Freund nicht gut ging. Und manchmal, wenn es wieder besonders heftig gewesen war, dann hatte er ihn einfach in den Arm genommen. Man konnte vor Jamies verschriftlichten Gefühlen oft Angst bekommen und wahrscheinlich wäre eine andere Person niemals auf die Idee gekommen, sich in seinem Zustand der Rage, der Verzweiflung zu nähern, doch im Grunde brauchte der Sänger gerade in diesen Momenten Liebe und Trost. Jedes Mal hatte er sich beinahe verzweifelt an den anderen geschmiegt, sich in dessen Shirt festgekrallt und ihn erst nach Minuten äußerst widerwillig losgelassen. Einmal hatte Shelly die vertraute Szene mitbekommen. Und seitdem glaubte sie, dass Jamie etwas mit Cari hatte.   Ihr Zuliebe hatte er ab diesem Tag stets etwas Abstand zu dem Schlagzeuger gehalten, jegliche seiner Versuche, ihn zu berühren oder ihn in den Arm zu nehmen abgewehrt, auch wenn es ihn innerlich zerriss. Die Nähe, die der andere ihm geben konnte, das war eine ganz andere als die er bei Shelly und all den Frauen vor ihr gefunden hatte. Er konnte keine Worte dafür finden; es war nicht schöner oder besser, es unterschied sich lediglich grundlegend voneinander. Und weil es ihm etwas geben konnte, das er nirgendwo anders fand, wollte er im Grunde nicht darauf verzichten. Er brauchte es, und in diesem Augenblick brauchte er es beinahe noch mehr als sonst. Er schob die Selbstverurteilungen beiseite, als er den Kopf gegen die Schulter des anderen schmiegte und es mit geschlossenen Augen genoss, wie Cari den Arm um ihn legte, um ihn noch näher an sich zu ziehen. Ganz still schien es in diesem Moment in der Brust des Sängers zu werden, ganz still und ganz warm. Er dachte an nichts mehr, nur noch daran, wie gut sich diese Berührung anfühlte und ganz besonders die Nähe seines Freundes. "Danke, kråka", wisperte der Sänger leise und Cari reagierte mit einem beinahe zärtlichen Schmunzeln, während er Jamie genau auf diese Weise durch die langen, schwarzen Haarsträhnen strich. Er mochte es, wenn er ihn so nannte. Kråka war die schwedische Übersetzung seines Künstlernamens und irgendwann hatte Jamie angefangen, diese zu benutzen. Selten nur, ganz selten, und genau aus diesem Grund lag ein gewisser Zauber auf ihm. Etwas, das Cari tatsächlich so etwas wie ein Kribbeln im Bauch bescherte, so abgedroschen es auch klingen mochte. Denn wenn Jamie dieses Wort aussprach, dann klang es wie ein Kosename. Und wahrscheinlich war es auch so gemeint. Jamie fand außerdem, dass der Name zu ihm passte. Cari besaß in seinen Augen etwas von einer Krähe. Etwas Dunkles, Abgewracktes, Kratziges und Raues. Zumindest gab er sich die meiste Zeit so. Doch unter der harten Schale schlummerte alles andere als eine Krähe. Für Jamie war er der liebste Kerl, den er jemals kennengelernt hatte. Er lächelte selten, aber wenn er es tat, dann aus vollem Herzen. Und meistens schaute er dabei den Sänger an. Weil dieser ganz oft den Grund für seine Freude darstellte.   Sie saßen lange so nebeneinander. Die Uhr zeigte mittlerweile halb vier an, aber Cari weinte seinem versäumten Schlaf keine einzige Träne nach. Ganz im Gegenteil. Er hätte sich nichts vorstellen können, mit dem er sich gerade lieber seine Zeit vertrieben hätte. Denn nicht nur Jamie war es, der die Umarmungen und die Nähe stets genossen hatte. Auch Cari hatte es schmerzlich vermisst, den anderen so halten zu dürfen. Ihm wurde klar, dass er längst vergessen hatte, wie das Haar des anderen duftete und wie niedlich er tatsächlich aussah, wenn er die Augen geschlossen hielt und ganz ruhig wirkte. Er konnte es sich nicht nehmen lassen, die Nase in seinen Haaren zu vergraben und tief einzuatmen. Und wieder einmal war ihm, als würde der Wahnsinn mit seinen starken Griffeln nach ihm greifen. Es war verrückt, aber Jamie löste etwas in ihm aus. Ihm war, als würde er ihm am liebsten noch näher sein wollen. Doch das war absurd. Genauso wie das, was er sich plötzlich hören sagte.   "Gibt es irgendetwas, was dich jetzt aufheitern könnte?" Jamie blinzelte zaghaft, schaute zu dem anderen auf. Er musste nicht lange nachdenken, um eine Antwort parat zu haben. Die Ruhe in ihm hatte etwas zu Tage gefördert, etwas, das schon sehr lange in ihm geschlummert hatte, was er aber krampfhaft zu bekämpfen versuchte. Doch heute, da hatte er nichts mehr, für das er zu kämpfen brauchte. Mit einem Mal fühlte er sich frei. Frei und erfüllt von etwas, das man genauso wenig beschreiben konnte, wie das, was Cari gerade eben heimgesucht hatte.   "Das machst du sowieso nicht", murmelte Jamie mit einem unsicheren Grinsen auf den Lippen. Seine Wangen brannten etwas, und er hätte sich am liebsten selbst für seine Albernheit geohrfeigt. "Raus mit der Sprache", verlangte Cari allerdings hartnäckig und lachte auf. "Ich mach alles." "Aber nicht das..." Erneut stand Jamie vor einem Abgrund. Der hollywoodreife Plot setzte sich fort. Er fühlte sich tatsächlich wie in einem schlechten Film. Doch nein, etwas war anders. Hollywood hätte niemals einen solchen Film in sein Repertoire aufgenommen, da er ganz und gar nicht massentauglich war. Und ob der Film schlecht war, das konnte Jamie noch nicht jetzt entscheiden. Das würde sich erst zeigen, nachdem er seinen Wunsch ausgesprochen hatte. Diesen großen, wahnsinnigen Wunsch, der hätte alles zerstören können. Und Jamie hätte für nichts auf der Welt die wunderschöne Freundschaft zu Cari aufs Spiel gesetzt.   "Also theoretisch", begann er schließlich und ließ seine Augen suchend über die Decke wandern. Er wagte es schon längst nicht mehr, Cari anzusehen. Nicht jetzt. Das war etwas, das man niemandem so einfach ins Gesicht sagen konnte. Niemandem, der einem etwas bedeutete. "Theoretisch würde ich jetzt liebend gerne einen Blowjob haben." Nun war es raus. Und Jamie hätte wirklich beinahe aufgelacht, weil es sich im Nachhinein so seltsam in seinem Kopf anhörte. Doch es war genau das, was ihm gefallen hätte. Nichts half so gut gegen Ärger wie ein gepflegter Orgasmus; bereits der Weg zu diesem machte einem auf wunderbare Art und Weise das Hirn ganz leer und frei. "Aber...ich weiß, das geht nicht und ich verlange auch nicht-" Doch Caris Lippen lagen bereits auf seinem Ohr und sein Atem wärmte diese empfindliche Stelle auf eine ganz besondere Art und Weise, so dass Jamie gar nicht anders konnte, als abrupt inne zu halten und nur noch seinen donnernden Herzschlag zu spüren. "Dein Wunsch ist mir Befehl", flüsterte Cari mit einem lasziven Lächeln auf den Lippen, welches Jamie deutlich an der Melodie seiner Stimme hören konnte. In ihm wurde etwas laut. Irgendetwas schrie, irgendeine lange zum Schweigen gezwungene Stimme. Die Nervosität breitete sich immer weiter in ihm aus und schien ihn letztendlich zum Explodieren zu bringen, als er den Schlagzeuger vor dem Sofa hocken sah, direkt zwischen seinen Beinen. Dessen Grinsen war im Grunde bereits alles, was er brauchte, um neuen Mut zu schöpfen. Cari verstand ihn wieder einmal. Wie immer. Cari war das Beste, was ihm je passiert war. Das wurde ihm in diesem Augenblick klar.   Es dauerte nicht lange, bis Jamies Kopf wie erwartet ganz frei wurde. Bald schon fühlte er nur noch diese Wellen in sich aufsteigen, die immer höher schwappten, ihn irgendwann komplett mit sich rissen. "Du bist so gut, Baby, du bist so gut", ließ er nur noch hektisch und atemlos verlauten, während er den anderen doch recht unsanft am Schopf ergriff, um ihn zu noch schnelleren Bewegungen zu animieren, obwohl er doch genau wusste, dass Cari zuvor noch nie etwas mit Männern gehabt hatte. Das hier, das war sein Debüt. Und dieses schenkte er Jamie, seinem besten Freund. Dieser verlor sich schließlich komplett in seinen Empfindungen. Mit einem Mal hielt er die Luft an und ließ sich durchfluten von seinem Höhepunkt, mit in den Nacken gelegtem Kopf und zum stummen Schrei geöffneten Lippen. Doch nicht nur für ihn waren dies ganz besondere Momente. Auch Cari fand es faszinierend und zugleich wunderschön, welche Reaktionen und Gefühle er Jamie entlocken konnte. Er hatte es schon immer geliebt, diesem ein wenig Glück zu schenken, und in seinen Augen war es egal, wie oder womit er dies anstellte. Er hätte Jamie am liebsten alles gegeben, alles, was er sich wünschte und was er brauchte. Und als sie sich wenig später in die Augen sahen, da wusste er, dass Jamie ihm das nur zu gern erlauben wollte. "Min kråka", nannte er ihn voller Zartheit in seiner sonst so rauen Stimme, woraufhin die Krähe ihre schwarzen Schwingen behutsam über ihrem Schatz ausbreitete.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)