Lust'n'Needs von Anemia ================================================================================ Kapitel 86: Aching Areas ------------------------ Aching Areas     Sie mochten eine Band bilden, eine zusammengehörige Truppe von vier Typen, doch dies bedeutete nicht, dass sie jeden Schritt stets und ständig in Anwesenheit der anderen taten. Jeder durfte noch immer sein eigenes Leben führen, auch auf Tour. Erstens, weil zu viel Nähe niemandem gut tat und zweitens, weil es nicht bedeutete, dass einer das Kindermädchen des anderen spielen musste, nur, weil sie zusammen musizierten. So kam es mitunter vor, dass sie sich während der Aftershowparty gänzlich aus den Augen verloren, da jeder sein Ding machte, sich anderen Leuten anschloss, um mit ihnen zu quatschen, zu saufen und zu feiern. Was vollkommen in Ordnung war. Am nächsten Tag auf der Bühne würden sie wieder alle zueinander gefunden haben und ein tolles Team bilden. Doch in der Nacht folgten sie anderen Regeln. Eigenen Regeln. Deswegen erschien es Cari als ganz normal, dass Jamie noch immer nicht in ihrem gemeinsamen Hotelzimmer aufgetaucht war, obwohl der Schlagzeuger bereits seit einer ziemlich langen Zeit in seinen Federn lag und schlaflos an die Decke starrte. Ja, sein Verstand sagte ihm, dass nichts Ungewöhnliches vor sich ging, dass Jamie sich schlichtweg mit irgendjemandem verquatscht hatte oder sich gar mit einem Mädchen vergnügte, wer wusste das schon. Er betonte zwar immer, wie treu er seiner Freundin war, aber auch er war nur ein Mann mit Bedürfnissen. Okay. Sollte er machen. Sollte er es sich gutgehen und sein Bett heute Nacht unberührt lassen. Kein Ding. Caris Problem formte sich eher aus seinem hin und wieder doch recht paranoid anmutenden Gedankengut. Denn so ganz wohl war ihm nie zumute, wenn er ewig nicht das beruhigende Geräusch des Schlüssels im Schloss vernahm, welches ihm verriet, dass Jamie in den Heimathafen eingekehrt war. Er vermochte seine Gefühle selbst nicht so recht in Worte fassen zu können, er spürte lediglich die nagende Unruhe in seinen Magen, jetzt, wo er sich bereits seit mehreren Stunden hin und her wälzte und meinte, dass die Dämmerung längst eingesetzt hatte. Es half nicht, dass er sich einredete, wie unsinnig seine Sorge war und dass Jamie jeden Moment hier aufkreuzen würde, mit einer ganz plausiblen Erklärung für seine Verspätung. Jamie war ein erwachsener Mann, einer, der niemanden benötigte, der auf ihn aufpasste und der ihn beschützte. Aber auch das wollte nicht so recht den Weg in Caris Kopf finden. Schließlich durfte man sich nie zu sicher sein. Im Leben passierten die seltsamsten und unvorhergesehensten Dinge. Und sie als Freunde mussten doch zumindest ein wenig aufeinander achten, oder? Nein, Cari konnte einfach keine Ruhe finden. Irgendein schweres, unangenehmes Pochen hatte in seinem Bauch Einzug gehalten. Wahrscheinlich, weil er fühlte, dass eben doch nicht alles mit Jamie in Ordnung war. Dass der Sänger mit sich haderte. Dass er Schwierigkeiten hatte, das Hotel aufzusuchen, dass er sein Gesicht bedeckt hielt, hatte er doch einiges zu verbergen. Man verbannte derartige Instinkte gerne in das Reich der Mythen und Legenden, aber wenn sich zwei Seelen sehr nahe standen und so viel miteinander teilten, dann konnte es geschehen, dass selbst die fantastischsten Märchen wahr wurden. Dabei war diese Nacht nicht im Geringsten so voller Pathos, wie man meinen mochte. Jamie hatte sie wieder einmal gespürt, die knüppelharte Realität und die Schattenseite des Musikerlebens, erfahren, wie es war, von seinen Fans geliebt zu werden bis an die Schmerzgrenze. Da der Sänger jemand war, der Probleme lieber mit sich selbst ausmachte und andere nicht damit belasten wollte, hatte er sich natürlich gefragt, ob er wirklich ins Hotel zurückkehren wollte, so, wie er war, in diesem Zustand. In diesem Fall hätte er Cari eine kurze Nachricht geschickt, ihm mitgeteilt, dass mit ihm alles okay war und dass er mit einer Dame verschwunden war, irgendwohin. Aber da Verschweigen von Sachverhalten meist auch Hand in Hand mit glatten Lügen einherging, entschied er sich letzten Endes dagegen. Er konnte Cari einfach keinen Bären aufbinden. Manchmal, da gehörte die Wahrheit auf den Tisch, wenn auch nicht die ganze. Manchmal war Hilfe und jemand zum Reden genau das, was man benötigte. Und Jamie spürte, dass heute einer dieser Tage war. Eine dieser Nächte, die er am liebsten aus dem Kalender gestrichen hätte. Knallhart aus seinem Leben verbannt.   Zu seinen ohnehin bestehenden Schmerzen gesellte sich auch noch eine schwelende, kribbelnde Nervosität, als er vor dem Hotelzimmer stand und mit zitternden Fingern den Schlüssel aus seiner Hosentasche zog. Zum Glück trug er ihn noch bei sich und hatte ihn nicht verloren, vorhin, als... Er verbannte die Erinnerungen daran aus seinem Kopf. Zumindest versuchte er es. Aber nicht einmal der Alkohol hatte es fertiggebracht, seine Gedanken reinzuwaschen. Er befand sich in einer Spirale, in einem sich unaufhörlich rotierenden Karussell, und als er schließlich den Schlüssel in das Schloss steckte und ihn beherzt herumdrehte, wusste er, dass er nur nach Linderung sehnte. Nach Linderung der Schmerzen, die ihm auf seiner Seele brannten. Alles andere war halb so wild. Alles andere würde er wegstecken können. Das würde von selbst heilen. Aber das dort drin, in seinem Kopf, in seinem Herzen - nein. Dieses Mal würde er es nicht allein bewältigen können. Dieses Mal brauchte er seinen Freund. So sehr, wie er ihn noch nie gebraucht hatte.   Cari fiel ein riesengroßer Stein vom Herzen, ein wahrer Felsbrocken, so wie er von Jamies Ankunft mitbekam. Kaum ein Geräusch hätte er sich im Moment schöner vorstellen können als jenes, das mit dem Aufschließen der Tür einherging. Schritte folgten, schwere Schritte, ausgelöst von schwerem Schuhwerk, welches dumpf auf dem Parkett pochte. Dann hielten sie inne. Stille breitete sich im Raum aus. Eine dieser angespannten, unangenehmen Art. Und Cari ahnte, dass längst nicht alles so gut war, wie er geglaubt hatte, dass es mit Jamies Eintreffen sein würde. "Cari, schläfst du?" Ganz eindeutig bemühte Jamie sich um einen möglichst neutralen Klang seiner Stimme. Aber dennoch blieb Cari das Zittern der Worte nicht verborgen. Zerbrechlich wirkten sie, ungemein zerbrechlich, so dass der Schlagzeuger alarmiert aufhorchte. "Hast du was, Jamie?" Der Sänger antwortete nicht gleich. Er musste erst noch einmal darüber nachdenken, was er überhaupt offenbaren wollte, konnte, durfte. Das Ganze fiel ihm schwer, sehr schwer sogar, aber er sehnte sich doch nach Linderung, und wie sollte es besser werden, wenn er seine Lippen versiegelt hielt und den Kummer in sich hineinfraß? Man kann Schmerz nicht von einer Seele absorbieren, auch wenn es oftmals den Anschein erweckt. Eine Seele kann nur Stück für Stück daran zerbrechen, ganz unbemerkt leiden, ganz leise sterben. Und Jamie wollte alles andere als das. Deshalb fasste er sich ein Herz. "Komm mal mit ins Bad, ich muss dir was zeigen." Mit Tatsachen konnte er nicht gleich herausrücken. Hin und wieder war es besser, Bilder sprechen zu lassen, besonders dann, wenn es so schwerfiel, die passenden Worte in den Mund zu nehmen. Und Jamie besaß in dieser Nacht genügend Bilder. Bilder wie Tätowierungen auf seinem Körper. Dinge, die Cari an Stelle von Worten alles erzählen würden. Er wartete nicht erst, bis sein Freund etwas erwiderte. Die schweren, dumpfen Schritte erschollen erneut in der Stille, näherten sich dem angrenzenden Badezimmer. Cari wusste nun überhaupt nichts mehr. Alles, was ihm übrig blieb, war, Jamie zu folgen, egal, was er vorhatte, auch wenn er ihn im Waschbecken ertränken wollte. Für Fragen blieb keine Zeit, so sein Eindruck, also kroch er aus seinem Bett und tappte barfuß über das Parkett, erreichte schließlich die Badtür, welche bereits offen stand. Dunkelheit klaffte in dem separaten Raum, obwohl Jamie sich den leisen, raschelnden Geräuschen nach zu urteilen hierin aufhielt. Nein, Cari verstand gar nichts mehr. "Mach das Licht an", bat Jamies angeschlagene Stimme ihn, und daraufhin suchten Caris Finger den Schalter, der das grellweiße Neonlicht entfachte und ihn zunächst die geblendeten Augen zusammenkneifen ließ. Aber bereits nach wenigen Sekunden schaffte er es, Jamies bloßen Rücken zu identifizieren, die blasse Haut, die seinem Freund zu eigen war, das lange Haar, welches ihm fast bis zum Arsch reichte. Es wirkte schmutzig, zerzaust, längst nicht so gepflegt wie gewöhnlich. Mehr denn je plagte den Drummer das Gefühl, dass hier irgendwas so ganz und gar nicht stimmte.   Als sie sich beide an die Helligkeit gewöhnt hatte, drehte der Sänger sich um und starrte Cari direkt an. Der Schlagzeuger glaubte, sein Herz würde stehenbleiben. Zunächst vermutete er, es mit einer Illusion, ja gar mit einem schlechten Halloweenscherz zu tun zu haben, aber Jamies Augen erzählten ihm längst eine andere Geschichte. Eine Geschichte von Schmerz, Leid und Verzweiflung, die sich ebenso auf seiner Haut wiederfand, in seinem Gesicht. Sie hatten manchmal zum Spaß Blut in ihre Performance eingebaut, einfach, weil es böse aussah und zu ihrem Image passte, aber dies hier hatte nichts mehr mit dem dünnen Rinnsal zu tun, welches Jamie ausgespuckt und sich provokant über das Kinn, die Brust und den Bauch hatte laufen lassen. Dies hier, das war schockierend. Weil es echt war. "Scheiße", hauchte Cari betroffen, so wie er seinen Freund von oben bis unten musterte, an dem großen Bluterguss an seiner Hüfte hängen blieb, dann an der Schramme über seiner Augenbraue, anschließend die aufgeplatzte Lippe fokussierte, die noch immer nicht aufgehört hatte zu bluten. "Jamie, was..." Jamies Mundwinkel zuckten. Zuckten so lange, bis sie ein sarkastisches Lächeln herausgebildet hatten. "Gefall ich dir? Was meinst du, aus welchem Horrorfilm komme ich?" Doch Cari stand nicht der Sinn nach solch bitteren Scherzen. Anstelle näherte er sich seinem Freund, legte behutsam seine Finger unter dessen Kinn und betrachtete eingehend die böse aussehenden Wunden. So lange, bis er den Anblick nicht mehr ertrug. "Verdammt, was ist los?", rief er voller Sorge aus, aber Jamie grinste nur erneut. Der Alkohol tat sein Übriges. "Ich bin ein junger Krieger", erklärte er, um die Ernsthaftigkeit der Situation herunterzuspielen, so, wie er es am liebsten tat. Dabei mimte er einen Schwertkämpfer, wenn auch einen äußerst kläglichen, unbeholfen agierenden. "Ich komme direkt aus dem Kampf! Habe ganz Schweden vor der drohenden Bierkrise gerettet! Lasst den Alk in Strömen fließen!" "Es reicht!" Cari packte Jamie am Handgelenk, woraufhin dieser inne hielt und seinen Freund amüsiert anschaute. "Willst du mir nicht danken?" "Hör auf, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen! Das ist überhaupt nicht komisch." Jamie schwieg nun still, während Cari nach dem erstbesten Waschlappen griff und ihn unter dem Wasserhahn auswusch. Vollkommen ungerührt schaute der Sänger seinem Freund dabei zu, hatte auf einmal keinen Bock mehr, über irgendetwas nachzudenken, wollte nur noch in sein Bett und die Augen zumachen. Er wollte alles vergessen. "Setz dich auf das Klo", wies Cari ihn wenig später an und half dem offensichtlich Betrunkenen, seinen Arsch auf den rechten Fleck zu pflanzen. Dort saß Jamie nun wie ein nasser Sack, hin und wieder ein leises Glucksen ausstoßend und dann wieder vor Schmerz zischend, wenn Cari eine noch offene Wunde säuberte. Aber es war nicht nur das Erscheinungsbild seines Freundes, welches den Schlagzeuger mit tiefer Sorge erfüllte. Alles in allem war Jamie in dieser Nacht nur noch ein Schatten seiner selbst, innerlich wohl vollkommen zerstört, komplett runtergewirtschaftet. Umso mehr ihm dies bewusst wurde, desto heißer brannte diese Gewissheit in seiner Brust. Irgendetwas Schlimmes musste passiert sein. Irgendetwas so Schlimmes, dass Jamie nicht einmal darüber sprechen konnte. Etwas, das er mit der Methode Verdrängung zu bewältigen versuchte und an welcher er scheiterte. Denn seine Augen, die logen nicht. Seine Augen, die Cari um Hilfe anflehten. Um Trost und Zuflucht. Und ja, das alles hätte er ihm sofort gegeben. Aber dazu musste er erst einmal wissen, was sich zugetragen hatte! "Hast du dich geprügelt?", versuchte er deswegen auf andere Art und Weise Informationen aus seinem Freund herauszukitzeln. Vielleicht würde er so eher an sein Ziel kommen. Doch Jamie schien sich wieder nur darüber zu amüsieren. Ein breites Grinsen erwuchs auf seinem Gesicht, welches sich jedoch zu einer schmerzerfüllten Grimasse wandelte. "Ja", sagte er langgezogen in gespieltem Stolz. "Wenn du denkst, ich sehe schon schlimm aus, dann hättest du erst mal den Arsch sehen müssen." "Welchen Arsch?" Cari kniete vor ihm zwischen seinen Beinen. Gegen die Blutergüsse, die Jamies Körper verunstalteten, konnte er nichts tun. Aber dennoch begutachtete er sie lange, jeden einzelnen, nachdem er Jamies Lippe und Stirn mit zwei Pflastern versorgt hatte. "Den Arsch halt", tönte Jamie mit längst geschlossenen Augen und einem seligen Grinsen. "Den größten Arsch auf der ganzen Welt." Gut, er wollte sich dazu nicht äußern. Dann aber vielleicht zu etwas anderem. "Was hat er denn gemacht, dass er so ein Arsch ist?", hakte Cari vorsichtig nach, denn er wusste, dass er ihm sanft auf den Zahn fühlen musste in Anbetracht der tiefen Verstörung Jamies. Der Sänger grinste wie ein Honigkuchenpferd. Machte die Augen gar nicht mehr erst auf, lehnte schlaff an den Fliesen, während ein paar feuchte Haarsträhnen von ihm unbemerkt an seiner Wange klebten. "Poppen wollte er, was sonst?", erzählte er gelassen. "Aber ich wollte ihn nicht ranlassen. Das konnte ich nicht machen. Da wärst du schließlich gaaanz eifersüchtig geworden." Er giggelte und kicherte nur so. Doch Cari war noch immer nicht nach scherzen zumute. Und er wusste zudem, dass Jamie seinen Kummer lediglich überspielte. "Du wolltest ihn nicht ranlassen", fasste er ruhig zusammen. "Und dann?" "Dann wollte er mich in 'ne dunkle Ecke ziehen, mich an die Wand drücken und mich nach allen Regeln der Kunst ficken", kam es vollkommen distanziert von Jamie. Nun lachte er allerdings nicht mehr. "Aber nicht mit mir. Solche Sachen darf nur mein Cari-Baby machen. Sonst niemand. Deswegen hab' ich ihn fertiggemacht. Vollkommen." Er hielt seine geballten Fäuste empor. Die Haut über den Knöcheln war aufgeplatzt und teilweise bereits mit dunklem Schorf überzogen. "Eisenfäuste hab' ich, ich kann dir sagen...", murmelte Jamie auf einmal ziemlich schläfrig, blinzelte Cari allerdings durch seine halb geschlossenen Lider an. "Ich hoffe, das Schwein verreckt in irgendeiner Ecke. So, wie es es sich verdient hat." Die Gedanken überschlugen sich nur so in Caris Kopf. Keinen einzigen konnte er mehr direkt fassen, zu viel stürzte auf ihn ein, zu viele Emotionen, allen voran ein Gemisch aus Mitleid, Angst und vor allen Dingen unbändiger Wut. Wut auf denjenigen, der seinem besten Freund so weh getan hatte. "Sag mir, wer es war, und ich bring ihn eigenhändig um", zischte der Schlagzeuger zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und erhob sich, beugte sich zu seinem Freund, wusste allerdings nicht, wieso und richtete sich dann wieder auf, streichelte nur zaghaft durch dessen Haar, was Jamie sich wiederum gern gefallen ließ. "Du bist so romantisch", flüsterte Jamie verklärt und vergaß durch den Wandel, den die Szene genommen hatte, endlich seinen Sarkasmus. "Aber er hat sich mir leider nicht namentlich vorgestellt. Ich weiß nicht, wer es war. Hatte nur 'ne hässliche Fresse. Mehr weiß ich nicht." Cari presste die Lippen aufeinander, nickte. Währenddessen setzte Jamie unerwartet wieder zu reden an. "Manchmal kommt es mir vor, als würde es nur noch Arschlöcher auf der Welt geben." Seine Stimme wurde immer träger, immer langsamer, klang immer verwaschener. "Weißt du was? Ich hasse die Menschen." Obwohl er so müde und geschwächt war, war es ihm gelungen, so viel Kraft in diese wenigen Worte zu legen, dass selbst Cari erschauderte. Ja, auch er erwartete nicht mehr sonderlich viel von seinen Artgenossen. Aber sie allesamt verfluchen? Wahrscheinlich hätte er allerdings an Jamies Stelle dasselbe gesagt, so enttäuscht und verletzt, wie er war... "Geh ins Bett", sagte Cari, anstelle auf Jamies verbitterte Aussage einzugehen. "Du kannst bei mir schlafen, wenn du magst." Jamie erwiderte daraufhin nichts, ließ sich lediglich von Cari in die Vertikale helfen und humpelte dann an seiner Seite in das Schlafzimmer, stöhnte wohlig auf, als er sich in Caris Bett kuschelte, die Wange in das Kissen schmiegte. "Das riecht so sehr nach dir", nuschelte er, seufzte, brummte genüsslich. "Das riecht nach meinem Baby..." Cari stand nicht der Sinn danach, irgendetwas zu hinterfragen oder über ihr Verhältnis zueinander nachzudenken. Zumal es sich so schön anfühlte inmitten einem ganzen Wald aus Verderben, Jamie ganz nahe zu sein, seelisch, aber schon bald auch körperlich. Jamie hungerte schließlich regelrecht nach der Wärme, die von seinem Freund ausging, nach dessen Hand, die unaufhörlich über seine Schulter streichelte und ihm somit ein wenig Ruhe schenkte. In dieser Nacht gab es für ihn nichts Wertvolleres, Heilenderes als Zärtlichkeit. Denn es waren die inneren Wunden, die die meiste Fürsorge benötigten, um langsam aber sicher genesen zu können. "Vielleicht solltest du morgen zum Arzt gehen", meinte Cari nach einer Weile. "Nur um sicher zu sein, dass du keine inneren Verletzungen hast." "Ich habe innere Verletzungen", erklärte Jamie ihm monoton. "Der Typ hätte mich ohne mit der Wimper zu zucken vergewaltigt." Daraufhin schwiegen sie beide. Cari, weil ihm einfach nicht in den Kopf ging, wie man zu solch einer grauenvollen Tat fähig sein konnte. Und Jamie, weil er längst über etwas anderes nachdachte. "Ich hab' gesagt, dass ich glaube, dass es nur noch Arschlöcher auf der Welt gibt", knüpfte er an seine Vermutung von vorhin an. "Aber das stimmt nicht ganz. Egal, wie scheiße all die Menschen sein mögen, ich hab immer noch dich. Du wiegelst das wieder auf. Weil du so ganz und gar nicht scheiße bist." Er machte eine kurze Pause. "Cari, ich wäre längst tot, wenn du nicht wärst..." Der Schlagzeuger wusste, dass Jamie übertrieb. Aber was spielte das für eine Rolle? Und wen kümmerte es noch, ob sie beste Freunde oder doch so viel mehr waren? Sie hatten einander. Sie waren füreinander da. Sie würden sich nie allein lassen. Das war es, was von Bedeutung war. Das stellte ihren kleinen Lichtblick in einer rohen, grausamen Welt dar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)