Lucky von Couscous (A Very Glee Year at Hogwarts) ================================================================================ Kapitel 2: To have been where I have been ----------------------------------------- Die Gelegenheit kam früher als gedacht. Am nächsten Morgen, noch bevor der Unterricht begonnen hatte, war er auf den Gängen von Hogwarts unterwegs. Das lag unter anderem daran, dass das viele Reisen in den Sommerferien seinen Biorhythmus völlig durcheinander gebracht hatte. Von Salem aus war er mit einem kurzen Zwischenstopp in London, um seine Familie abzuholen, an die Westküste der USA gereist, um in Kalifornien Urlaub zu machen. Nach einem Streit seiner Eltern hatte er beschlossen, kurzfristig mit James durch Europa zu reisen, um kurz vor Beginn des Schuljahres wieder zu Hause aufzutauchen. Als er am Aushang vor der Großen Halle das Angebot der Wahlkurse dieses Schuljahres studierte, geschah es. Er hörte jemanden kichernd um die Ecke biegen und warf einen Blick über seine Schulter. Als nächstes spürte er wie etwas kaltes, halb flüssig, halb gefrorenes an seinem Gesicht hinunterlief und in seinen Augen brannte. Fluchend beugte er sich vornüber und versuchte seinen Angreifer zu packen, doch der war schon längst wieder außer Reichweite. Dann zischte jemand ganz nah an seinem Ohr: „Willkommen zurück, Weasley! Gewöhn’ dich schon mal dran.“ Fred schlug noch einmal blindlings in die Richtung, aus der die Stimme kam, aber er erwischte niemanden. „Verdammter Mistkerl“, knurrte er, während er zu identifizieren versuchte, mit was er beworfen worden war. Nicht ohne Ironie stellte er fest, dass es sich um eines der selbstentworfenen Mixgetränke des Ladens seines Vaters handelte. Eigentlich dazu gedacht, Zunge und Mundhöhle zu verfärben, wurden sie in den falschen Händen zu einer eiskalten Farbdusche. „Der Heidelbeer-Geschmack ist am schlimmsten“, sagte sie plötzlich. Als er blinzelte, konnte er erkennen, dass Maren neben ihm stand. Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Umhangtasche und wischte über seine Stirn. Dann hielt sie inne und drückte ihm das Tuch in die offene Hand. „Einmal im Sommer hatte ich keinen schützenden Umhang an. Ich sah aus wie einer von den Meermenschen aus dem See.“ “Ich war wegen den Meermenschen sechsmal im Arcadia-Nationalpark“, anwortete Fred ohne nachzudenken. Aus den Augenwinkeln sah er Maren die Augenbrauen heben. „Oh...“, sagte sie unsicher. „Wer war das? Das war keiner von Scorpius Malfoys Gruppe“, fragte Fred, während er versuchte, sein Gesicht zu säubern ohne sich noch mehr in die Augen zu reiben. Maren lachte hohl. „Man merkt, dass du ein ganzes Jahr verpasst hast. Scorpius hat seine Vormachtstellung eingebüßt. Gibt eine Menge Gerüchte wieso, aber wahrscheinlich hatte er einfach keine Lust mehr und hat das Zepter weitergeben. Sein Nachfolger, Rafael Finnigan, hat doch eindeutig „witzigere“ Ideen als er.“ Ihre Stimme triefte vor Ironie, dann wandte sie sich dem Aushang zu. „Ich vermute, er hat gedacht, du wolltest dich für den Show-Chor eintragen.“ Fred, immer noch mit rot gefärbtem Gesicht, aber bedeutend weniger nass, erwiderte mit einem grimmigen Blick auf die Bewerberliste: „Hatte ich eigentlich nicht vor, aber wenn das so ist...“ Er nahm sich die dort hängende Feder und schrieb seinen Namen hinein. Nach einem kurzen Innehalten trug er auch Marens Namen ein. Sie warf ihm einen genervten Blick zu. „Lass das. Ich mache doch schon Quidditch.“ „Bist du schon im Team?“, fragte er, wohl wissend, dass die Auswahlspiele am Ende der Woche stattfinden würden. „Soweit ich weiß, singst du gerne. Außerdem braucht man immer einen Plan B.“ In ihren Augen flackerte Unsicherheit auf. „Ich nicht...“, sagte sie wenig überzeugend. “Lor menari“, sagte Fred grinsend. „Wie bitte?“, sagte Maren und schüttelte den Kopf. Fred war wirklich unberechenbar, aber dass er in einer Fantasiesprache redete, war bisher noch nie geschehen. „Das heißt, du hast hübsche Augen. Auf Meerisch“, fügte er hinzu, als er bemerkte, dass Maren ihm nicht folgen konnte. Sie verdrehte die Augen. „Na gut, ich komme mit. Eine Schnupperstunde kann ja nicht schaden“, stimmte sie zu, dann setzte sie hinzu: „Aber nicht wegen des Meerisch. Ganz und gar nicht wegen des Meerisch.“ Kopfschüttelnd zog sie von dannen. Innerhalb von wenigen Minuten hatte sie ihr eigentliches Ziel erreicht, das Büro von Professor McEaster, ihres Zeichens Fluglehrerin von Hogwarts sowie Hauslehrerin von Gryffindor. Doch kaum hatte sie den Raum betreten, als ihre Lehrerin lautstark „Kommt nicht in Frage!“ rief. Maren hatte noch nicht einmal den Mund geöffnet, doch sie hatte nicht vor, so leicht aufzugeben. Sie kannte ihren Flugcoach und wusste, dass es nicht einfach werden würde. Deswegen sagte sie: Bitte, Professor, hören Sie mich an! „Nein“, kam die knappe Antwort und kurz darauf kratzte eine Feder über Papier. „Du hast mein Vertrauen missbraucht. Wir haben die Hausmeisterschaft knapp verpasst, nur weil du so egoistisch und schwanger sein musstest.“ Maren gab ihr bestes, dieser unfairen Bemerkung nicht zu widersprechen. Sie musste sich auf ihr Ziel konzentrieren. „Und genau deshalb brauchen Sie mich wieder im Team. Roxanne ist unsicher, sie arbeitet nicht mit den anderen Jägerinnen zusammen. Wenn Sie die Meisterschaft nicht noch einmal verlieren wollen, müssen Sie mich spielen lassen.“ Die Feder hielt inne. Sie hatte McEasters Aufmerksamkeit. „Die Auswahlspiele sind erst am Freitag und dein Bruder ist der Kapitän. Wenn du wirklich so gut bist, warum brauchst du dann meine Unterstützung?“, fragte sie und sah Maren zum ersten Mal direkt an. „Felix macht sich Sorgen um mich. Er wird mich erst spielen lassen, wenn Sie Ihr Okay geben. Außerdem kann ich nicht das ganze Jahr damit verschwenden, mich Ihnen zu beweisen. Ich muss Quidditch spielen.“ Professor McEaster nickte und Maren wusste, dass sie es geschafft hatte. Ohne ein weiteres Wort verließ sie mit einem neuen Hochgefühl das Büro, um endlich in der Großen Halle frühstücken zu gehen. Schritt eins ihres neuen alten Plans war aufgegangen. *** Am Mittwoch überredete sie Clara nach einer Doppelstunde Verwandlung am Nachmittag mit zum Chor-Treffen zu gehen. Sie waren bereits sieben Minuten zu spät, doch es waren noch eine Menge Stühle frei. Fred war noch nicht dort, obwohl er vor ihnen den Klassenraum verlassen hatte, aber zu ihrer Überraschung hatten sich sowohl Felix als auch Roxanne und Dominique im Raum eingefunden. Sie winkte Felix, der sich gerade mit einer Slytherin-Schülerin aus einem jüngeren Jahrgang unterhielt, die mindestens zwei Köpfe kleiner als er war. „Maren, Clara, was macht ihr denn hier?“, fragte er verblüfft, als sie sich neben ihn setzten. „Rafael hat Fred überredet, der Maren überredet hat, die wiederum mich gezwungen hat, hierher mitzukommen. Dasselbe könnte man allerdings dich fragen. Seit wann stehst du auf Singen und Tanzen?“, entgegnete Clara beiläufig. Bevor Felix eine Erklärung stammeln konnte, trat Professor Mueller gleichzeitig mit Fred ein. „Wie ich sehe, haben wir eine Menge neue Mitglieder. Das dort drüben ist Fred“, sagte er und deutete auf Fred, der sich neben das dunkelhaarige Slytherin-Mädchen setzte, „und eine von euch muss Maren sein, aber wer ist denn nun unser Überraschungsgast?“ Clara nannte hastig ihren Namen und erklärte, dass sie nur zur Unterstützung hier sei und auf gar keinen Fall ein Lied vortragen würde. Professor Mueller lachte. „Trotzdem ein herzliches Willkommen!“ Er klatschte und der Rest stimmte verhalten mit ein. „Nun dann, lasst uns keine Zeit verschwenden“, fuhr er fort und zeichnete sogleich in großen glitzernden Buchstaben „DUETTE“ in die Luft, „was ist ein Duett?“ Die Stunden schienen immer so zu beginnen, denn keiner meldete sich und Professor Mueller sprach fast augenblicklich selbst weiter: „Bei einem Duett vereinen sich zwei Gesangsstimmen zu einer. Großartige Duette sind wie eine gut funktionierende Ehe. Die Sänger komplementieren sich, bringen sich dazu, sich zu verbessern. Nur einige Menschen schaffen es, ein Duett zu einem echten Erlebnis werden zu lassen. Doch egal wie, es muss authentisch und gelebt rüberkommen. Und das ist es, worauf es bei einem Duett ankommt.“ Maren ahnte, worauf dies hinauslief, und fragte sich, ob er womöglich instinktiv auf Claras Ansprache reagiert hatte oder ob dies von langer Hand geplant und rein zufällig Thema dieser Woche war. „Und als kleinen Anreiz für alle, die noch halb in den Ferien stecken, oder ein wenig unsicher sind“, er zwinkerte Clara zu, „machen wir daraus einen Wettbewerb. Die Gewinner bekommen ein Dinner für zwei. Und ich bezahle. Im BreadStiX. An einem Abend eurer Wahl.“ Die Erwähnung des beliebtesten Restaurants in ganz Hogsmeade und die Aussicht auf einen irregulären Abendausflug brachten Leben in die kleine Gruppe. Selbst Clara, die nur Maren zuliebe dem Treffen zugestimmt hatte, klatschte begeistert in die Hände. Maren sah zur Seite und wollte ihrem Bruder einen fragenden Blick zuwerfen, ob er ihr Partner sein wollte, als sie bemerkte, dass er bereits mit dem Slytherin-Mädchen diskutierte. Unwillkürlich tauchte in ihrem Kopf die Frage auf, ob sie etwas in Felix’ Liebesleben verpasst hatte. Sie drehte sich um, um Clara zu fragen, doch die war bereits zwei Plätze weiter gehüpft, um einen Blick in die Songauswahl von Louis Weasley zu werfen. Maren zuckte mit den Schultern und kritzelte ein wenig in ihrem vorsichtshalber herausgeholten und völlig sinnlosen Block herum, als sie bemerkte, dass sie jemand betrachtete. Sie brauchte sich nicht umzusehen, sie wusste, dass es sich dabei um Fred handelte. Maren ignorierte ihn den Rest der Stunde. Er musste schon selbst fragen, wenn er mit ihr ein Duett singen wollte. So dringend wollte sie nun auch nicht nach Hogsmeade. Fast so schnell wie eine Trainingsstunde verflog die Zeit im Chorraum. Nach ein paar Aufwärmübungen versuchten sie sich an einem Song, der Esther sehr gut gefallen hätte. Es war ein Muggelschlager aus den Jugendjahren ihrer Eltern. Es entbrannte eine Diskussion, um die weibliche Hauptstimme. Sowohl Roxanne als auch das Slytherin-Mädchen, das Polly hieß, was Maren nebenbei registrierte, als Roxanne ihren Namen fauchte, hatten sich beide in den Kopf gesetzt, dass sie diese verdienten. Der Divenkampf vor ihrer Nase interessierte Maren recht wenig. Stattdessen stützte sie sich auf ihre Ellenbogen und starrte abwesend ins Nichts. Ihr Blick fiel zufällig auf ein Modell des Sonnensystems, das sich langsam um sich selbst drehte, und augenblicklich wurde sie schläfrig. Es erinnerte sie an das Mobile, das über ihrem Kinderbett geschwebt hatte. Zum Glück setzte sich in diesem Moment jemand neben sie, sonst wäre sie vermutlich im Unterricht eingeschlafen. “Das ist Venus, Planet der Liebe”, meinte Fred und zeigte auf eine rotbraune Kugel mit weißen Schlieren. „Nein“, widersprach Maren energisch und verdrehte die Augen, „das ist Mars, Planet des Krieges! Fred schien sein Fehler das gar nicht zu stören. Ganz im Gegenteil, er sah ihr in die Augen und fragte: „Und auf welchem sind wir? Maren stand auf und stellte sich mit verschränkten Armen ihm gegenüber. „Auf der Erde. Komm doch wieder zurück auf dieselbe und sag mir, was du wirklich von mir willst“, antwortete sie und sah ihn abschätzend an. „Du brauchst einen Duett-Partner und ich würde mich glücklich schätzen, mit dir zu singen“, sagte er lächelnd. „Sag mir, wieso sollten wir beide zusammen singen?“, fragte Maren. Bevor sie reagieren konnte, war er aufgesprungen und zog sie in die Ecke mit den Musikinstrumenten. „Das Lied können wir uns später aussuchen, aber für die Choreo habe ich schon was im Kopf“, erwähnte Fred voller Elan und begann auf einer Gitarre zu spielen. Nichts Konkretes oder Kompliziertes, einfach nur simple Akkorde, die beinahe von den anderen übenden Paaren übertönt wurden. „Du wirst hinter mir stehen“, schlug er vor und als er merkte, dass sie schmunzelnd den Kopf schüttelte, fügte er weicher hinzu: „Los, hinter mich.“ Maren ließ ihn nicht aus den Augen und achtete darauf, genügend Abstand zwischen ihr und Fred zu lassen, was aber durch seine nächste Anweisung zunichte gemacht wurde: „Hand an meine Hüfte... und gemeinsam schaukeln“. Maren schnaubte belustigt, doch Fred sah sie ernst an, so dass sie sich auf die Lippe biss und die Hand auf seine Schulter legte. Offensichtlich damit zufrieden nahm er ihre andere Hand und legte sie sanft auf die Saiten. „Ich weiß, du kannst nicht spielen, aber das musst du auch nicht wirklich. Mach einfach immer diese Bewegung.“ Er führte ihre Hand in seiner und es dauerte nicht lange, bis Maren die Bewegung verinnerlicht hatte. Sie konnte nicht anders und kicherte leise. Sie begann Gefallen an dieser Duett-Aufgabe und an der bekannten Vertrautheit zwischen ihr und Fred zu finden. Als sie vom Gitarrenhals aufsah, bemerkte sie, wie nah sie sich waren. Fred sah sie so liebevoll an, dass sie wusste, was als nächstes passieren würde. Dennoch machte sie erst ein paar Schritte zurück, als sich ihre Nasenspitzen berühren konnten. „Lass das“, sagte sie ein wenig zu ärgerlich und hob abwehrend die Hände. „Es tut-“, setzte Fred an, doch Maren war nicht bereit sich seine Entschuldigung anzuhören. “Dieses Jahr wird mein Jahr. Und sag jetzt nicht, das wäre selbstsüchtig, weil du echt keinen Schimmer hast, was hinter mir liegt. Ich habe das alles schon durchmachen dürfen. Ich kenne das Gefühl. So als bräuchte ich dich.“ Sie stopfte ihren Block zurück in die Tasche und wollte gerade das Zimmer verlassen, als Fred ihr den Weg versperrte. „Maren, komm schon, das wollte ich nicht“, sagte er, „ich verspreche-“ Wieder unterbrach sie ihn. „Du musst nichts versprechen, ich komme nämlich bestimmt nicht wieder. Es war sowieso eine blöde Idee.“ Sie warf einen verächtlichen Blick in den Chorraum. „Ich bin keine Sängerin und ich brauche keinen Chor.“ Sie schob sich an ihm vorbei, was er ungehindert geschehen ließ, und verließ den Raum. Da in diesem Moment die Glocke das Stundenende verkündete, fiel niemandem Marens Abgang auf. Sekunden später füllte sich der Gang mit lärmenden Schülermassen, die Maren und eine einsame Träne verschluckten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)