Love Lost von DhalaElenaAngel ================================================================================ Kapitel 4: Aus dem Krankenhaus ------------------------------ „Es tut mir Leid, Eli aber so ist es“, seufzte Leon, sah auf den anderen Mann, der nachdenklich auf dem Stuhl saß, die Beine überschlagen, ein Glas mit Brandy in der Hand. Sie waren nicht in seinem Büro, sondern auf seinem Sofa zuhause, seine Frau hatte wieder mal hervorragend gekocht, die Kinder spielten noch etwas oben, seine Perle kümmerte sich um den Abwasch und die wenigen Reste. Er war überrascht gewesen, dass der Direktor des Mossad auf ein Mal vor seiner Tür gestanden hatte, doch es machte vielleicht auch einiges leichter. Eli schüttelte den Kopf. „Das Schlimmste ist, dass ich Schuld an der Misere bin.“ „Wie das?“ „Ich habe Ziva beigebracht, dass man nirgends hinkommt, wenn man nicht über ein paar Leichen steigt – nur habe ich nie gesagt, man soll es bei Freunden tun!“ „Ich denke nicht, dass deine Tochter DiNozzo wirklich je als Freund gesehen hat, wenn das die Sache besser macht“, schränkte Leon ein. „Ich habe Beschwerden anderer Agenten über McGee und David gesehen, die zu Shepards Zeiten abgegeben wurden, es ging immer um die gleichen Dinge, Insubordination bis hin zu offenem Mobbing gegen DiNozzo, meine Vorgängerin hielt es für angebracht, all das verschwinden zu lassen, da er sich wohl selbst nie beschwert hat.“ Nicht zu vergessen, dass er es gesehen, aber nicht registriert hatte, wie so viele andere auch. Er hatte beide Agenten inzwischen vom Dienst suspendiert, sie der Dienstaufsicht gemeldet, die die Sache von da aus übernommen hatte. Nun hieß es wohl abwarten. Es war traurig, doch er fürchtete, er hatte mit einem Schlag gleich vier im Grunde hervorragende Agenten verloren. DiNozzo würde entweder sehr lang oder gar nicht mehr in den aktiven Dienst geschickt werden können, nach mehreren Wiederbelebungen und einer weiter geschädigten Lunge, die erst ausheilen musste und bei jeder Erkältung Ärger machen konnte auch nicht weiter verwunderlich. Und dann war da noch Gibbs, der seit DiNozzos Einlieferung nicht mal mehr in der Nähe des NCIS-Hauptgebäudes gewesen war. Er hatte so das Gefühl, dass er auch diesen Spitzenagenten verloren hatte. Warum auch immer. Vermutlich aber aus Enttäuschung, dass er der Hälfte seines eigenen Teams nicht trauen konnte. Jethro schätzte Vertrauen hoch, darum war er zurückgekommen aus seiner Frühpensionierung. Das würde sicher kein zweites Mal geschehen. „Ah, Jenny“, murmelte Eli. Oh, er wusste, zwischen der Direktorin und seiner Tochter hatte es immer so etwas wie eine Freundschaft gegeben, eine Art Pakt für gegenseitige Hilfe. Jenny hatte seine Kleine dem Mossad mehr oder weniger abgeworben. Das war die Zeit gewesen, wo er wirklich verstanden hatte, wie viel Mist er selbst gebaut hatte. Erst Ari, nun Ziva. Zwei Kinder, beide Male hatte er sich gehen lassen, seine Ideale und seinen Job über das Wohl der Kleinen gestellt, ohne in der Lage zu sein, die Loyalität zu vermitteln, die er für sein Land empfand. Es war Ziva wohl vor Allem um Geld gegangen, um einen weniger anstrengenden Job, weniger Gefahren und mehr Luxus. Doch er hatte sie auch verstanden, sie gehen lassen, als sie Amerikanerin geworden war. Als würde das seine vergangenen Fehler wieder gutmachen. „Was wird mit ihr geschehen?“ „Beide werden vor dem internen Gericht verhört werden, wegen der vielen Beschwerden. Ich würde mich freuen, wenn auch DiNozzo dazu Stellung nehmen könnte, aber ob wir an den rankommen, bei seinem Bewacher ist noch fraglich. Es wird zweifellos zu einer Anklage vor dem JAG-Corps kommen, Mobbing ist in den Rängen nicht gern gesehen, schon gar nicht, wenn es zu Verletzungen führt und ich habe das Gefühl, die letzten paar Krankenhausaufenthalte von DiNozzo waren genau darauf zurückzuführen. Sie werden ihren Job nicht wiederbekommen, mit ihnen will, was ich ebenfalls verstehen kann, Niemand mehr arbeiten“, zählte Leon schließlich auf. „Nicht mal mehr Miss Scuto“, fügte er an. Eli nickte. Er verstand die Leute. Vertrauen war eine Grundvoraussetzung für diesen Job, sonst konnte man ihn nicht machen. „Da ist mehr, nicht wahr?“ „Je nachdem, ob wie DiNozzos Aussage bekommen oder nicht, werden beide für ein Minimum von zwei Jahren, wenn nicht für länger in ein Militärgefängnis kommen, danach stehen sie ohne Job da, Leute mit Vorstrafen können wir nicht gebrauchen.“ „Was soll dann aus Ziva werden? Sie hat den amerikanischen Pass…“ „Eli, sie arbeitet immer noch für dich, nicht wahr?“, fragte Leon ruhig. Kurz sah Eli auf, zuckte dann mit den Schultern. „Hin und wieder ja, aber nicht wie früher.“ „Dann lass sie von mir aus wieder für den Mossad arbeiten, hol sie zurück nach Israel oder sie sucht sich hier etwas Anderes – außerhalb der Alphabete. Weder FBI noch CIA sind an ihr interessiert, der Secret Service ohnehin nicht.“ Die nahmen niemanden bei dem auch nur der Verdacht bestand, dass sie noch anderen Leuten ergeben sein konnten. Die Auswahl war hart und damit meinte er nicht nur die physischen Voraussetzungen. „Ich denke nicht, dass sie zurück will, sie hat sich hier ein sehr bequemes Leben eingerichtet“, gab Eli ruhig zurück. „Ich kann sie verstehen. Weniger Schießereien und Straßenschlachten in DC. Israel wird noch lange ein gefährliches Pflaster sein.“ „Ob es dann noch so bequem sein wird, ist die Frage, Eli“, konterte Leon. „Der NCIS wird ihr sicher kein gutes Zeugnis ausstellen, damit wird auch die Polizei sie wohl eher nicht haben wollen. Dort ist man auch auf die Zuverlässigkeit eines Partners angewiesen. Vielleicht ein privater Wachdienst, aber so gut wird sie da nicht verdienen, nicht genug, um ihr Luxusapartment zu halten auf jeden Fall. Außer, du bezahlst es ihr. Das ist deine Sache, sie wird nicht mehr mein Problem sein.“ Eli seufzte tief auf, nicht wissend, was er tun sollte. So eine Situation hatte er noch nie gehabt. Ari war schlimm genug gewesen, doch das hier war richtig Dreck. Er würde für Ziva zahlen, das war nicht die Frage, sie war seine Tochter, doch er war sich nicht sicher, ob sie noch ein wirkliches Leben in den Staaten haben würde. Auch er konnte nicht dauernd nur für seine Familie an Stricken ziehen, um denen zu helfen, die sich selbst in den Dreck geritten hatten. Dabei hatte Ziva es doch so gut gehabt! Warum hatte sie auf DiNozzo herumgehackt? Der Mann war ein guter Ermittler, der es immerhin geschafft hatte, sie effektiv zu beschatten! Sie hätte es besser wissen sollen! „Kinder sind nie einfach“, stellte Leon leise fest. „Vor Allem, wenn sie so etwas angestellt haben. Aber wir lieben sie trotzdem – das macht es so schwer, nicht wahr?“ „Ich habe auch Fehler gemacht, viele davon betrafen die Kleinen, habe Ziva von Beginn an militärisch erzogen und Ari in eine Laufbahn gedrängt, die der nie gewollt hat. Der Junge wollte mal ein Arzt werden, wie seine Mutter, ich wusste von dem Angriff, wollte ihn da raus haben, habe ihm danach angeboten, Zellen wie die, die den Anschlag begangen haben, zu infiltrieren.“ Eli rieb sich die Stirn. „Ich könnte ein Leben lang für Ziva bezahlen und meine Schuld wäre noch nicht getilgt…“ „Vielleicht… vielleicht ist das hier aber auch die Gelegenheit, mit ihr zu reden und einige Dinge zu klären. Sie wird deine Unterstützung so oder so brauchen, Eli“, konterte Leon, der gerade betete, bei seinen Sprösslingen nicht etwas Ähnliches anzurichten. „Ich werde darüber nachdenken“, versprach Eli, sah dann wieder zum Direktor des NCIS. „Wie geht es DiNozzo?“ „Ich kann nicht viel sagen, medizinisch ist er wohl ein Wunder, er hätte tot, zumindest aber hirntot sein müssen, nachdem sein Gehirn wohl eine ganze Weile praktisch keinen Sauerstoff bekommen hat, aber mein Kontakt sagt, er wäre praktisch wieder fit, schwach zwar, was zu erwarten war, aber ansonsten vollkommen in Ordnung. Auf Hilfe angewiesen aber auf dem Wege der Genesung. Er wird Narben davontragen, vielleicht auch nicht mehr in den aktiven Dienst zurückkehren.“ „Du warst nicht da?“, fragte Eli erstaunt. „Oh, ich war da – ich wurde nur von Jethro im hohen Bogen wieder raus befördert.“ „Was?“, fragte der Direktor des Mossad verwirrt. „Wie kann er das denn machen?“ „DiNozzo hat ihn als Vollstrecker des Testaments, medizinischen Vormund und Verantwortlichen in seinen Unterlagen angeführt“, gab Leon zurück. „Und als solcher wurde ich mit einem Tritt in den Hintern raus geworfen.“ „Das… ist sehr ungewöhnlich von Gibbs, wenn ich das sagen darf“, stellte Eli überrascht fest. Das passte gar nicht zu dem, was seine Tochter immer erzählt hatte. „Allerdings. Scheinbar ist er wütend, dass ich die Vorwürfe der anderen Agenten nicht beachtet habe, als hätte ich davon gewusst“, Leon schüttelte den Kopf. „Ich habe die Papiere nur zufällig letzte Woche gefunden und wie sie waren dem JAG überlassen. Nur kann man mit Jethro gerade absolut nicht reden. Er spricht nicht mal mit seinen Lieblingen, weil die von DiNozzos schwacher Lunge wussten und ihn nicht angerufen haben. Meine Forensikerin heult sich seit Wochen die Augen aus, schläft kaum und ihr Koffeinspiegel ist erschreckend hoch.“ „Nun, ich will keine Vermutungen anstellen, aber…“ „Oh ja, so klingt es, aber auch darüber weiß ich nichts!“ „Weil dein Kontakt drin nichts weiß?“, fragte Eli amüsiert. „Weil mein Kontakt vor Allem treu zu Gibbs hält und mich nur über das informiert, was ich in seinen Augen unbedingt wissen muss, in dem Fall ob mein Agent stirbt oder eben nicht“, knurrte Leon. Oh ja, Tobias konnte ein ziemlicher Lump sein, aber wenigstens schätzte er Freundschaft offensichtlich sehr, sehr hoch ein. Dasselbe galt für Mike, der, mal wieder, aus seinem Ruhestand zurück und hierher gekommen war. Eli grinste kurz, rieb sich dann aber über die Stirn. „Ich werde bis zur Verhandlung warten, sie ist in einigen Wochen?“, fragte er nach. „In vier Wochen, ja“, nickte Leon, nippte an dem hervorragenden Wein, den seine Frau auf den Tisch gestellt hatte. „Dann werde ich morgen, wie geplant, zurück nach Israel fliegen“, nickte Eli. „Und am Verhandlungstag wieder zurückkehren.“ Immerhin hatte er auch eine Agentur zu leiten in einem Land, dass sich seit der Gründung in einem dauernden Kriegszustand befand. Leon nickte. Das hatte er erwartet. „Wie gesagt, es tut mir Leid, dir das so mitteilen zu müssen.“ „Keine Sorge, ich hätte nicht anders gehandelt. Vertrauen ist in einem solchen Job zu wichtig, als es aufs Spiel zu setzen. Selbst, wenn Ziva nach Israel zurückkommen sollte, werde ich sie nur noch als Ausbilderin einsetzen, nicht mehr in einem Team. Zumindest nicht für einige Zeit.“ „Nun denn, zurück zu angenehmeren Themen. Sag, stehst du noch immer so auf Pferderennen, alter Freund…?“ „Jeth…“, flüsterte Tony beim Aufwachen. Er konnte das alles noch immer nicht glauben, jedes Mal, wenn er wach wurde, war der Andere da, hatte sich wohl frei genommen. Und noch immer kämpfte er damit, dass das alles nicht nur ein Traum war. Er traute sich manchmal gar nicht, seine Augen zu öffnen, bevor er die Stimme des Älteren hörte, verdammt noch mal! Jethro lächelte sanft, beugte sich über den Jüngeren und küsste ihn leicht. Es war süß, es hatte zwei Tage gedauert, bevor Tony ihn bei dem Spitznamen nannte, den Shannon benutzt hatte, wenn die ihn denn mal mit einem seiner Namen angesprochen hatte, statt ihn Gunny oder Marine zu nennen. „ich bin da“, merkte er, überflüssigerweise an. Doch er hatte sehr wohl bemerkt, wie unsicher Tony sich immer noch war, dachte, dass es nur an den üblichen Nebenwirkungen der Schmerzmittel lag, dass er ihn sah. Nun, er war sich sicher, was würde er dem Jüngeren auch noch austreiben. Er half Tony, sich aufzurichten, was diesem auch immer leichter fiel, nun, wo die Wunde fast verheilt war und die Lunge sich ein wenig erholt hatte. Noch immer hatte der Jüngere Probleme beim Atmen, nicht die gesamte Zeit, aber wenn er sich aufregte oder zu viel redete, zu lange lag. Doch er brauchte keinen zusätzlichen Sauerstoff mehr, nur noch von Zeit zu Zeit den Inhalator, der im Zimmer stand, alle anderen Geräte, bis auf den Tropf, waren verschwunden. „Bitte sag mir, dass es heut was anderes gibt, als Pudding oder so was“, murmelte Tony. Er war auf leichte Kost gestellt worden, doch er mochte weder Suppen noch Reis sehen. Wirklich nicht. Für ein Steak könnte er gerade morden oder wenigstens chinesisch, selbst ein Sandwich würde er jetzt nehmen! Von Kaffee mal ganz zu schweigen. Er hatte das dunkle Getränk schon immer gern gemocht, doch seit er Gibbs kannte, trank er selten noch etwas anderes. Jethro lachte leise. „Mein Dad kommt gleich mit was Anderem“, versprach er sanft, küsste den Anderen, der endlich seine Augen auf bekommen hatte, noch einmal. Gott, er würde nie genug davon bekommen! Er konnte es kaum abwarten, hier raus zu sein und wirklich mit Tony im Arm schlafen zu können! Hier im Krankenhaus wollte er das Risiko nicht eingehen, nicht mit den Schwestern, die dauernd rein stürmten, er wollte sich auch Tobias‘ dummes Grinsen oder Mikes gehobene Augenbraue ersparen. Außerdem war Tony noch an den Tropf angeschlossen und er wollte nicht aus Versehen nachts den Schlauch rausreißen oder so. „Gott sei Dank“, murmelte Tony erleichtert, lächelte den Älteren an, strich kurz über dessen Wange. Es fühlte sich so unendlich gut an, das tun zu können. Nicht zu vergessen, dass der ihm, ohne ein einziges Wort, Shirts von sich selbst mitgebracht hatte, in denen er auch jetzt gerade schlief. Das brachte Jethro einfach nur zum Lachen, er strich kurz durch Tonys Haare, die er gestern wieder gewaschen hatte. „Nun, mit etwas Glück musst du dich mit Krankenhauskost nicht mehr auseinandersetzen.“ „Wie das?“, fragte Tony überrascht. „Nun, sie denken, sie können dich entlassen“, erklärte Jethro, nahm die Hand des Jüngeren in seine. „Zumindest, solang du nicht allein bist. Ich hab ihnen gesagt, ich hab dich bei mir einquartiert. Das schien ihnen genügt zu haben.“ „Wirklich?“, fragte Tony vorsichtig. „Ich will dich nicht…!“ „Wag es nicht mal, diesen Satz zu beenden“, knurrte Jethro, packte die Hand des Anderen fester. „Du kommst mit zu mir, Ende der Geschichte! Würd ich dich da nicht wollen, hätt ich es den Ärzten nicht gesagt! Und du bist noch zu schwach, um allein zu bleiben!“ Er hatte gewusst, dass es kommen würde, war frustriert über die Tatsache, wie wenig der Jüngere sich selbst wertschätzte. Aber gut, das war ein Problem, an dem sie zusammen arbeiten konnten. „Wie… lang war ich eigentlich hier drin?“, fragte Tony schließlich. „Fast vier Wochen“, gab Jethro zurück. „Vier….? Und du warst immer da?! Unser Job, du…!“ Gott, er hatte die Zeit gar nicht so mitbekommen, er hatte ja auch kaum was anderes gemacht, als zu schlafen und erst in den letzten drei Tagen wieder zu einem einigermaßen normalen Rhythmus gefunden! „Du bist wichtiger, als der verdammte Job“, konterte Jethro. „Ich verbiete dir, darüber nachzudenken.“ Er lächelte etwas. „Ich war da, wo ich sein wollte.“ Allerdings war er auch wirklich froh, heut in seinem eigenen Bett schlafen zu können. Man hatte ihm einen bequemen Liegestuhl hier rein gestellt, nachdem er sich geweigert hatte, zu gehen, doch das war kein Ersatz. Ja, ihm tat der Rücken durchaus etwas weh. Doch heut Nacht nicht, heut würde er in seinem schönen, breiten Bett liegen, den Mann, den er liebte in den Armen. Nun, wobei Nacht relativ war. Vermutlich würde Tony, wie in letzter Zeit dauernd, schon am frühen Abend erschöpft sein, aber nach den vielen Nächten mit höchstens vier Stunden Schlaf am Stück hatte auch er nichts gegen eine frühe Nacht. Schon gar nicht mit Tony in seinen Armen. Tony lächelte einfach nur, nicht gewohnt, solche Worte zu hören. Sein eigener Vater wäre nicht gekommen, außer er hätte endlich ins Gras gebissen, was ihm nur zu schmerzlich bewusst war. Der NCIS hatte den Mann kontaktiert, da war er sich sicher. Senior war ja sein einziger, noch lebender Blutsverwandter. Nach dem Testament hatte man vermutlich erst danach gesucht. Doch das machte ihm das erste Mal im Leben nichts aus, er hatte Jethro bekommen, das war alles wert gewesen – und Jackson, den er wirklich gern hatte, noch obendrauf. Doch dann fiel ihm noch was ein, etwas, dass ihn schon seit Tagen störte. Jethro hatte sein Handy wohl nicht dabei, da es nicht ein einziges Mal geklingelt hatte – und weder Abs noch Ducky waren hier gewesen. Von den Anderen erwartete er es nicht, doch er hatte immer gedacht, mit den beiden zumindest befreundet zu sein und mit Palmer. „Jeth…“ „Was?“, fraget Jethro leise, ohne aufzuhören, den Jüngeren zu streicheln. Gott, er wusste wirklich nicht, wie er lernen sollte, sich um diesen herum zu beherrschen! Er wusste, wenn der gesund war, würden solche Berührungen reichen, um ihn regelrecht wahnsinnig zu machen, das war er ja jetzt schon! Nur, dass ihn im Moment die Vernunft mehr im Griff hatte. „Abby… war sie nicht hier? Oder Ducky…?“ „Keine Ahnung“, murrte Jehro nur. „Was…?“ „Ich hab dem Personal verboten, irgendwen rein zu lassen“; knurrte Jethro. „Was…? Warum?“, fragte Tony, nicht verstehend. „Du magst Abby und Ducky!“ „Sie haben dich vergessen!“, knirschte Jethro. „Du warst halbtot, als ich dich endlich gefunden habe! Die haben mich sediert, als ich sagen wollte, dass die nach dir sehen sollen! Ich wollte sie nicht mal in deiner Nähe haben!“ Er spürte, wie ihm die Tränen wiederkamen, als er daran dachte, wie er Tony auf dem Flur liegend gefunden hatte. „Was…?“, verwirrt sah Tony auf. Sie waren also da gewesen, da war er sich schlagartig sicher. Nur hatte Jethro sie nicht hierher gelassen. „Jeth, sie… wussten nicht, dass ich da runter getaucht bin, dachten vermutlich, du wärest es gewesen, der MICH raus gezogen hat“, erklärte er leise, nahm zumindest Ducky und Abby in Schutz. Die Anderen hatten ja nicht mal mitgehen wollen. „Abby liebt dich wie einen Vater, sie weint sich sicher die Augen aus und sie macht sich Vorwürfe! Und… und Ducky erst! Jeth, gib mir ein Telefon, damit ich sie anrufen…!“, er versuchte aus dem Bett zu kommen, doch sofort wurde er aufgehalten. „Das ist jetzt nicht dein Ernst! Du nimmst sie auch noch in Schutz?!“, fragte Jethro ungläubig. „Nach dem, was gewesen ist, was sie dir…!?“ „Abby hätte nach mir gesehen, in dem Moment, wo sie gewusst hätte, dass du wach bist, Jeth“, flüsterte Tony, lehnte sich gegen den Älteren. „Sie dachten, du hättest MICH raus gezogen und… es… könnte sein, dass ich mit… meinem Lungenproblem ein wenig… untertrieben hab, so, dass… Ducky sich nichts dabei gedacht hat, ich… hab ja auch die Erkältung versteckt, die ich hatte, weil ich wusste, dass… du in Schwierigkeiten warst.“ Er sah den Anderen an, eine Hand auf dessen Brust. „Mein Leben war mir wirklich egal, es… ging nur darum, dich zu retten… ich wollte nach Haus, frische Wäsche holen und… zu dir gehen. Mir wurde… klar, dass ich es nicht schaffen würde, aber… ich war zufrieden, wusste, dass du lebst…“ Wortlos drückte Jethro den Jüngeren enger an sich. Er konnte das nicht glauben. Da starb Tony fast aufgrund der Nachlässigkeit der Anderen und nun sorgte er sich um deren Gefühle! Dazu sprach sein Geliebter das erste Mal von diesem Tag, seit er wieder wach war. „Mach so was nie, nie wieder“, knurrte er schließlich, als er sich sicher war, sich zumindest einigermaßen im Griff zu haben. „Das kann ich nicht versprechen“, antwortete Tony ruhig. „Wenn du in Gefahr bist und ich nichts täte, ich… ich könnte damit nicht leben.“ „Und ich nicht damit, dass dir was passiert, du Hornochse!“ Allein diese Aussage brachte Tony schon fast zum Lachen. Er legte eine Hand auf den Hinterkopf des Älteren. „Wir… sind schon komisch drauf“, stellte er leise fest, genoss die Umarmung, in der er sich so geborgen fühlte. Es war das erste Mal, dass Jethro ihn so hielt, ohne ihn wirklich stützen zu müssen. Ihre erste, wirkliche Umarmung. „Hng“, murrte Jethro, er wusste, was kommen würde und es gefiel ihm gar nicht! „Bitte, ruf Abs an“, bat Tony schließlich nach einer Weile. Er sah, wie der Andere zum Protest ansetzte, schüttelte den Kopf. „Ich hab euch allen jahrelang was vorgespielt, sie konnten es nicht wissen, beide…“, er sah den Anderen an, küsste ihn kurz, wenig überrascht, als der die Führung übernahm, ihn an sich drückte, mehr wollte. Und Tony gab nach, nur zu gern. Auch, wenn er am Ende keuchend aufgeben musste, weil ihm einfach die Luft fehlte. „Mach… dir keine Sorgen“, bat er ruhig. „Es wird wieder“, er lehnte sich an Jethro, sog dessen Geruch in sich auf. „Ich will nur nicht, dass McGee oder David hier auftauchen.“ Die Beiden hatten ihn im Stich gelassen, waren woanders hin gegangen, trotz seines Befehls und nein, es war keine Bitte gewesen. „Kann ich dich davon abbringen?“, fragte Jethro nur. Es gefiel ihm nicht, er wollte nicht nachgeben, er wollte wütend sein, Jemandem die Schuld geben können, doch ihm war auch klar, dass das nicht ging. Tony hatte Recht, er hatte ihnen so lang etwas vorgespielt, den unverwüstlichen Playboy, der keine ernsten Gefühle hatte, war nur ein Teil dieser Dinge gewesen. „Bitte“, bat Tony nur. „Sie sind Freunde, nicht nur meine, vor Allem deine…“ Jethro seufzte leise. „Geh und zieh dich an“, bat er schließlich, gab Tony das, was er vorbereitet hatte. Unterwäsche, eine Jeans des Anderen, die verwaschen und bequem ausgesehen hatte, einen seiner eigenen NCIS-Pullover. „Dad kommt gleich mit dem Frühstück und dann will ich nur noch den Arzt hierher zerren, damit er dich entlässt.“ „Mich wirst du nicht protestieren hören“, lächelte Tony einfach nur, starrte den Infusionsständer an. „Erst, wenn der Arzt kommt“, knurrte Jethro sofort, er musste wahrlich kein Genie sein, um diesen Gedanken lesen zu können. „Geh!“ Tony lächelte, es dauerte nämlich noch eine ganze Weile, bevor Jethro ihn tatsächlich auch losließ, so, dass er sich ins Bad schleppen konnte. Ja, laufen war immer noch harte Arbeit, wie er feststellen musste. Aber wenigstens konnte er das wieder. Er wollte gar nicht wissen, wie lang er trainieren musste, um wieder hinter seinem Boss herspurten zu können. Jethro wartete, bis der Jüngere im Bad war, bevor er zu seiner Jacke blickte, die da zweifellos lag, seit er sich gegen den Willen der Ärzte in diesem Zimmer häuslich eingerichtet hatte. Er zögerte, doch dann holte er doch aus der Innentasche das abgeschaltete Handy. Tobias hatte es ihm gegeben, nachdem seines die Bruchlandung in den See nicht überlebt hatte. Na ja, er besaß eine ganze Sammlung von den Dingern, noch in Originalverpackung, da sie ihm ständig kaputt gingen. Er hatte auch nichts mit dem komischen Bildschirm, den man angrabschen musste, er war froh, wenn er mit dem klarkam, was er hatte. Gott, er wollte nicht anrufen, er war so sauer! Auf Abby und auf Ducky, von denen er einfach so viel mehr erwartet hatte, doch es schien ihm einfach unmöglich, die Bitte seines Geliebten, der für ihn so viel geopfert, sich zwischen Kugeln geworfen hatte, nicht zu beachten. Und ein kleiner Teil seines Gehirns sagte ihm auch, dass Tony Recht hatte. Niemand hatte wissen können, wer wen aus dem Wasser gehievt hatte, es war in der Regel er der so etwas tat und der Jüngere gab einfach nicht an, wenn er wirklich was schaffte. Er hatte nie was gesagt, wenn er half, wenn er schützte, doch er konnte einem auf die Nerven gehen für die winzigsten Spuren. So hatte ihm nie Jemand eine Frage gestellt. Auch er selbst nicht. Vielleicht war es das! Vielleicht war er so sauer, weil ihm selbst so viel entgangen war! Kurz schaltete Jethro das Handy ein, überlegte. Nein, er wollte nicht anrufen, er könnte ernstlich ausrasten und dann den beiden doch verbieten, herzukommen. Und dann überlegte er es sich sogar noch mal anders. Nein, er würde nicht anrufen. Er würde hinfahren. Morgen. Das war noch bei Weitem früh genug. Sollten die beiden noch etwas in ihrem eigenen Saft schmoren. Er wollte Tony eine Nacht ganz für sich allen haben, danach konnte er sie zu sich bestellen. Oder erst mit ihnen reden, Schläge auf Hinterköpfen verteilen und anschließend mit ihnen zu Tony fahren. Ja, das hörte sich nach einem Plan an, beschloss er. Er musste ohnehin zum NCIS, immerhin hatte er Urlaub genommen, ohne ihn zu nehmen und er würde noch weit mehr brauchen. Vermutlich zusammen mit einer Pensionierung, wenn es um ihn ging, denn ganz ehrlich, er hatte die Nase entschieden voll. Erst, als er hörte, wie das Rumwühlen im Bad zu einem Ende kam, sah er auf, lächelte, als Tony raus kam. Er hatte es also geschafft, sich trotz Tropf ordentlich anzuziehen. Und ja, er fand es sehr angenehm zu sehen, dass der Jüngere seine Kleidung trug! Mit zwei Schritten war er bei Diesem, umfasste dessen Taille und half ihm, sich auf einen der Stühle zu setzen, wohl wissend, dass Tony von diesem Bett die Nase voll hatte, wobei er gar nicht so sicher war, ob es viel unbequemer sein konnte, als das, was er in dieser Absteige gehabt hatte. Tony starrte zum Anderen, er hatte Jethro nicht reden hören, doch er war sich nicht mal sicher, ob der Ältere sein Handy überhaupt dabei hatte, der Beste hatte die Tendenz, die Dinger entweder zu verlieren oder selbst zu zerstören, wenn sie ihn nervten. Aber gut, im Notfall würde er Abby und Ducky selbst anrufen, und Palmer natürlich, seinen Gremlin. „Ich bin so froh, hier raus zu kommen“, erklärte er dabei schließlich. Wobei er aber auch Angst hatte. Er wusste, kein Arzt der Welt würde ihn so schnell wieder diensttauglich schreiben, am wenigsten Ducky, nicht nach dem Anschiss, den es vermutlich von Jeth gegeben hatte. Und das bedeutete, der andere würde wieder allein ins Feld gehen, mit David und McGee, die nicht immer auf die eigentliche Aufgabe konzentriert waren. Und er… würde allein in seinem Apartment warten müssen, bis der Ältere endlich wieder daheim sein würde! „Und… du musst sicher wieder zur Arbeit.“ „Keine Arbeit, nicht für eine Weile“, konterte Jethro ruhig. „Du darfst hier nur raus, weil ich gesagt hab, dass ich die gesamte Zeit ein Auge auf dich haben werde.“ „Aber…! Dein… dein Urlaub und…!“ „He“, sanft hob Jethro das Kinn seines Geliebten an, küsste ihn liebevoll. „Ich hab mehr Urlaub und Krankheitstage übrig, als ihr alle zusammen“, korrigierte er. „Glaub mir, ich kann es mir leisten, ein paar Tage zu Hause zu bleiben.“ „Mein… Apartment ist… nicht sehr groß“, merkte Tony vorsichtig an. Nicht groß? Was war Tony auf einmal? Der Herr der Untertreibungen? Das Ding, diese Rattenkiste, in der sein SFA sich eingemietet hatte, war ein verdammtes Rattennest! Nun, nicht mehr seine Sorge, oder die des anderen. „Weswegen du auch zu mir kommen wirst. Keine Stufen, kein Aufzug nötig“, fügte er an. „Kurze Wege – mehr Platz.“ „Ich… soll bei dir schlafen?“, fragte Tony erstaunt. Die Einzige, die das je gedurft hatte, auch wenn sie nicht gerade von Psychopathen gejagt wurde, war Abby! „Wo sonst“, grinste Jethro nur, gespannt, wann Tony merken würde, was er eigentlich getan hatte. „Wir…“, dann aber schwieg er, deutete knapp auf den Arzt, der in Begleitung von seinem Vater und Mike eintrat. Tobias hatte sich erst für morgen Abend auf ein Bier angekündigt, arbeitete wohl an einem Fall und Mike würde heut noch wieder nach Mexiko zurückfliegen. „Dad, Mike.“ Dann starrte er den Anderen an. „Doktor…“ „Probie, bedroh ihn nicht“, knurrte Mike, gab dem Jüngeren einen Becher Kaffee. „Du bist furchtbar, wenn du auf Krankenhausbrühe bist! Er wird den Jungen schon schnell genug entlassen!“ Der Arzt, der sich an den permanenten Zusatzbewohner und dessen Art in den letzten Wochen gewöhnt hatte, lächelte nur. Er hätte nie von einem Marine eine derartige Beziehung erwartet, doch sie war da. Der Mann war sogar nachts aus dem Schlaf aufgeschossen, die Waffe im Anschlag, bereit den anderen zu verteidigen. Bis er mit den anderen Männern geredet hatte, von denen einer die Kanone am Ende aus dem Krankenhaus entfernt hatte. Dazu hatte Gibbs alles gemacht, geholfen, den Kranken, der so lang reglos da gelegen hatte, zu waschen, sein Bett aufgeschüttelt, all diese Dinge. Kaum war der junge Mann wieder wach gewesen, war er dazu übergegangen, jede Schwester und sogar zwei Pfleger anzuknurren, die DiNozzo zu lang angesehen hatten. Bis sich eigentlich nur noch zwei rein getraut hatten. Beide mit deutlich sichtbarem Ehering und selbst einem schwarzen Humor. Der Mann war verdammt territorial. Doch es schien dem Kranken nichts ausgemacht zu haben. „Nun“; grinste er, als er sah, wie Gibbs durch den Kaffee wohl auch umgänglicher wurde. „Ich werde ihn schon schnell genug entlassen, aber erst werde ich ihn untersuchen.“ „Infusion“, knurrte Tony, starrte auf das nervige Ding, was man ihn so lang rumzuschleppen gezwungen hatte. „Natürlich…“ Jethro beobachtete, wie der Arzt untersuchte, tastete, neu verband und doch, obwohl er wusste, dass das rein professionell war, konnte er sich zwei Mal das Knurren nicht verbeißen – trotz dem sofort folgenden Schlag auf dem Hinterkopf von Mike. Er hasste es, wenn man begrabschte, was sein war! Das war sein verdammtes Vorrecht! Er wollte nicht teilen! Auch nicht aus Notwendigkeit heraus! Er sah auch, wie erleichtert Tony aufatmete, als die Nadel und der Zugang des Tropfes entfernt und verbunden wurden, wie wenig der es mochte, als der Mann auf seiner Brust herumfühlte und die gut verheilte Narbe der Operation untersuchte. „Gut“, nickte Doktor Pitt schließlich, sah dabei vor Allem Gibbs an. Der Mann hatte sich von Anfang an um die medizinische Versorgung gekümmert, würde es zweifellos auch weiterhin tun. „Die Narbe ist in Ordnung, die Lunge hat wieder große Fortschritte gemacht. Ich habe Ihnen in der Apotheke unten eine Tüte zusammenstellen lassen, Dinge, die Agent DiNozzo noch eine Weile brauchen wird. Die Narbe ist gut verheilt und sollte keine weiteren Schwierigkeiten machen. Die Lunge... nun, das muss im Auge behalten werden, noch eine ganze Weile. Und von Diensttauglichkeit kann auch noch nicht geredet werden, vielleicht in einem Monat und dann auch nur am Schreibtisch.“ Tony stöhnte nur leise auf. Keine Chance, dass Jethro sich so lang freinehmen würde und sobald ein Fall kam… er hasste das Gefühl, dass sein … Geliebter praktisch ohne Rückendeckung hinter Leuten her hetzen würde und die wenigsten Mörder waren ungefährlich, verdammt noch mal! Kurz hob Jethro die Augenbraue, nickte dann und nahm dem Arzt das Rezept ab. „Ich werde mich kümmern. Wann ist die Nachuntersuchung?“ „Nun, ich würde den Patienten gern in einer Woche sehen, um die Fortschritte zu beurteilen, danach kann auch ein anderer Arzt die Dinge weiter überwachen. Doktor Mallard kümmert sich viel, nicht wahr?“ „Hng“, knurrte Jethro nur, jagte den armen Mann regelrecht raus, half Tony in seine eigene Jacke, da es draußen immer noch kalt war und führte diesen, der sich weigerte, in einem Rollstuhl durch die Gegend gekarrt zu werden, zum Aufzug. Ducky. Das musste er sich noch gut überlegen! Wenn Tony ihm so lang hatte vormachen können, dass seine Lunge besser war, als es der Fall war, war er wohl kaum der richtige Arzt dafür! Der Mann sollte in dem Fall wohl besser bei den Toten bleiben, die konnten ihn weniger hinters Licht führen! Nicht zu vergessen, dass er im Fall Tony ohnehin gerade kaum Jemandem als sich selbst traute! Tony seufzte innerlich, er spürte regelrecht, was der Ältere dachte, ließ sich zum Aufzug führen. Er musste mit Jethro reden, in aller Ruhe, wenn sie allein waren und er wirklich wach. Er wollte sich nicht streiten, hatte sogar etwas Angst, zu zerstören, was er gefunden hatte, doch er mochte auch nicht denken, dass andere litten! Nicht wegen ihm, denn er war es doch, der leichtsinnig gehandelt und dem Rest was vorgegaukelt hatte! Im Aufzug lehnte er sich an Jethro, schloss die Augen. „Endlich raus“, murmelte er. „Allerdings“, stimmte Jethro zu, hielt Tony eng an sich gedrückt, froh, dass die anderen Beiden beschlossen hatten, zu Fuß zu gehen, oder einen anderen Aufzug zu nehmen, es kümmerte ihn nicht. Hauptsache, er hatte ein paar Momente ohne Zeugen. Er küsste Tony, leicht, sanft, kaum mehr als ein Streifen ihrer Lippen, die Hand fest um dessen Taille. „Was nichts daran ändert, dass du vor Allem liegen wirst“, merkte er an. „Ich weiß“, seufzte Tony, er fühlte sich nicht gut genug, um viel rumzulaufen. „Aber ich bin nicht in einem Raum, der verdammte Ähnlichkeit mit einer Leichenhalle hat und der riecht, wie unsere Autopsie.“ „Nein, eher nicht“, stimmte Jethro zu. „Riecht eher wie eine Schreinerei.“ „Nach dir“, korrigierte Tony sanft, richtete sich wieder auf, als die Türen auseinander glitten. Das brachte Jethro nur zum Lächeln, er wartete, bis die Anderen kamen, immerhin hatte er keine Ahnung, wo sein Wagen stand, sein Vater war damit ja rumgefahren, seit er hier war. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm außerdem, dass es nun fast schon Mittag war. „Hunger?“, fragte er grinsend. „Solang es keine Suppe is, bin ich am verhungern“, lächelte Tony zurück, dem auffiel, dass er Frühstück irgendwie ausgelassen hatte. „Pizza?“, bot Jethro an. „Oder chinesisch?“ „Pizza klingt gut“, stimmte Tony zu, runzelte die Stirn. „Sollten wir nicht noch bei der Apotheke vorbei?“ Sie standen immerhin schon auf dem Parkdeck! „Dad macht das gerade“, winkte Jethro nur ab. Er hatte dem Älteren das Rezept zugeschoben, um noch einige Minuten allein mit dem Jüngeren rauszuschlagen. „Dann fahren wir gleich bei Papa Joe’s vorbei und nehmen noch ein paar Pizzen mit.“ Er wollte nur noch nach Hause und sehen, was sein Dad dort angerichtet hatte, wenn er ehrlich war, auf Essen in einem Lokal konnte er gerade gut verzichten. „Klingt sehr gut“, stimmte Tony sofort zu, schloss dann die Augen, während er gegen den Älteren gelehnt stand, nur dessen Nähe genoss, die der überraschenderweise so freizügig gewährte. Womit er nicht gerechnet hätte. Sicher, er hatte so oft davon geträumt, doch selbst dort war Jethro nicht so ein Schmusebär gewesen. Nicht, dass er sich beschweren wollte, im Gegenteil. In diesem Punkt war die Realität weit besser, als seine Phantasie. Denn nicht mal da hatte er so etwas zu hoffen gewagt. Immerhin könnte Jeder sie hier so sehen, doch das schien dem Älteren entweder nicht bewusst oder es kümmerte diesen nicht. Na ja, im Krankenhaus hatte es ihn auch nicht gerührt. Erst ein Hupen ließ ihn regelrecht zusammenfahren. Verwirrt sah Tony sich um, erkannte dann den Wagen seines Bosses. „Stehen die da schon länger?“, fragte er verwirrt, hatte einfach nichts mitbekommen. „Vermutlich“, murmelte Jethro, der es selbst nicht bemerkt, hatte, er öffnete die hintere Tür, half Tony rein, bevor er auf der anderen Seite einstieg. Sein Vater saß schon am Steuer und er wollte lieber bei dem Jüngeren bleiben. Sie hielten bei Papa Joe’s holten drei verschiedene Pizzen, fuhren dann heim, wobei Tony die Augen mehr als einmal zufielen und wohl nur der Geruch nach fettigem, ungesundem Essen ihn wach hielt. Was Jethro erst recht zum Grinsen brachte. Er half Tony wieder aus dem Wagen, brachte diesen in die Küche. Schon vorbei am Wohnzimmer, wo sein Dad den Fernseher platziert hatte, den er diesen zu kaufen gebeten hatte. Ein ziemlich großes, flaches Ding, was in der Wand verankert worden war, hoffentlich von Profis, er hatte zwar Geld, doch er wollte es auch nicht wegen Dummheit ausgeben müssen. Tonys eigenes Gerät hing, trotz seiner Bedenken, im Schlafzimmer. Nun, sie würden sehen, wie oft er gezwungen sein würde, Filme zu glotzen. Wobei er in der Zeit immer noch was anderes ansehen konnte. Irgendwie erschöpft ließ Tony sich ohne große Gegenwehr in die Küche auf einen Stuhl bugsieren, sein Blick streifte die alte Küchenuhr, die ihm versicherte, dass es wirklich erst halb zwei war. Na ja, er würde auch wieder wacher werden. Nun aber starrte er nur auf die Kartons, wartete, bis auch die anderen beiden Männer sich setzten. „Nimm“, sprach Jethro ruhig, schob eine der Schachteln zu dem Jüngeren, lächelte, als er sah, wie gierig der die erste Schnitte verschlang, um direkt die zweite zu packen, die er aber schon sehr viel langsamer aß. Er selbst nahm sich ebenfalls, holte schließlich noch Wasser. Er mochte gerade kein Bier trinken und Tony durfte nicht, außerdem war Alkohol schlecht, da der ja auch noch Pillen schlucken sollte. Nach dem Essen beobachtete Jackson, wie der junge Mann gegen die Schulter seines Sohnes sackte, vollkommen erschöpft. „Ähm, willst du ihn ins Gästezimmer bringen?“, fragte er daher. „Ich hab meine Sachen schon runter gebracht, ich bleib auf deinem Sofa.“ „Unsinn“, knurrte Jethro ungehalten. „Tony bleibt bei mir! Ich will sofort wissen, wenn was nicht stimmt! Mike, ich geh mit ihm hoch, daher verabschiede ich mich jetzt. Ich hoffe, ich muss nächstes Mal nicht mehr so lang auf einen Besuch warten?“ Mike grinste etwas: „Nun, du und er, ihr könntet ja einfach mal für eine Weile nach Mexiko kommen“, schlug er vor, gab seinem Probie die Hand. „Und jetzt bring ihn hoch und leg dich auch hin, du hast die letzten Wochen praktisch nicht geschlafen.“ Jethro nickte, stupste Tony leicht an, der sofort hochschoss. „Ruhig“, bat er leise, half dem Jüngeren auf. „Komm, du gehörst in ein Bett.“ Tony blinzelte, nickte aber dann. Er war müde, er würde nicht widersprechen. Er lächelte den anderen beiden Männern kurz zu, lief die Treppe nach oben. Er war schon hier gewesen, wusste, wie es aussah, stockte aber als er von seiner Route ins Gästezimmer abgezogen wurde. „Was…?“ „Das wollte ich schon, seit du im Krankenhaus bist“, hauchte Jethro nur. „Du schläfst bei mir, in meinen Armen, wo du hingehörst“, fügte er an, lotste den Anderen bestimmt in sein Schlafzimmer, half diesem aus der Hose und dem Pullover in ein weites Shirt. „Wirklich?“, fragte Tony überrascht, beobachtete auf dem Bett, dass seltsam bequem war, wie der Ältere ebenfalls seine Kleidung auszog, allerdings nur eine Schlafhose überzog die lose auf den schmalen Hüften saß, kein Oberteil, so die breite, muskulöse und für das Alter wahrlich beneidenswerte Brust freiließ. Jethro lachte nur leise, schlüpfte neben Tony unter die Decke. „Ja“, gab er zurück. „Aber… an so was war nicht zu denken, nicht mit den Geräten um dich rum, ich wollte dir nicht aus Versehen den Tropf aus dem Arm reißen“, erklärte er, zog den Jüngeren in seine Arme, grinste, als der sich nach dem ersten Moment vollkommen entspannte. „Schlaf“, bat er leise. „Ich bin da…“ Verwirrt blinzelte Tony, las die Arme ihn näher an den Älteren zogen, doch da überkam es ihn auch schon. Dieses Gefühl von Ruhe, Glück und Geborgenheit, von Sicherheit und Friede. Von Zuhause. Dabei war das hier Jethros Haus. Er wollte etwas sagen, doch sein Körper hatte einen eigenen Willen. Während Hände ihn streichelten, schlief er einfach gegen seinen Willen ein. Dabei war er sich ziemlich sicher, dass diese Berührungen im Normalfall ganz andere Reaktionen auslösen würden. Musste an den verdammten Medikamenten liegen… Mike schüttelte nur den Kopf. „Ich sag dir, Jack, den hat’s so was von erwischt, so hab ich Probie noch nie erlebt, nicht ein mal bei seinen letzten drei Weibern. Nicht mal kurz vor oder nach der Hochzeit. DiNozzo hat ihn so was von um den Finger gewickelt, das is schier unglaublich.“ Jackson sah nachdenklich auf die Treppe, wo sein Sohn gerade verschwunden war. „Mit Shannon war er so“, erklärte er daher schließlich. Es war auch die Einzige der Frauen gewesen, mit der er sich vertragen hatte. Die anderen Weiber hatte er nicht ausstehen können. Seltsamer Zufall, dass er Tony wirklich sehr mochte. Na ja, er wusste von Leroy, dass der ihm mehr als einmal den Hintern gerettet hatte. Oder andere lebenswichtige Körperteile. „Man, hat der ein Glück. Die große Liebe zu finden und das zwei Mal. Andere wären schon für ein Mal wirklich dankbar“, grummelte Mike. „Ich habe nur wirklich Angst, was passiert, wenn die wieder in den Dienst gehen“, erklärte Jackson. „Jetzt, wo Leroy selbst klar ist, wie er empfindet, wird er den Gedanken nicht ertragen, dass so was noch mal passieren könnte aber auch das wird Tony kaum davon abhalten, zu versuchen, seinen Job zu machen.“ „Das kann er nicht.“ „Huh?“ Mike rieb sich die Stirn. „Das hat sein Arzt gemeint, ganz am Anfang, als DiNozzo das erste Mal wieder zu sich gekommen ist. Dass es ein Wunder ist, dass der Junge keine Hirnschäden erlitten hat, aber dass Wunder auch nur so weit reichen und er sich nicht sicher ist, ob Tony je wieder am Dienst draußen teilnehmen kann. Er kann, rein gesundheitlich, wohl nur noch Schreibtischhengst machen. Keine Verfolgungsjagden mehr, keine weiteren Verletzungen in der Nähe der Lunge.“ „Das ist ja keine tolle Diagnose. Ich meine, Tony ist doch jünger als Leroy!“ „Der Junge ist nur für Probie hier geblieben, um diese Arbeit zu machen“, konterte Mike. „Dabei hat er sich in Mexiko, im Ruhestand, eigentlich sehr wohl gefühlt, weit weg von all den Sachen, die er nicht mag, angefangen bei Telefonen. Es würde mich nicht wundern, wenn er Tony überredet, mit ihm wegzugehen, wohin auch immer. Irgendwo hin, wo sie beide zufrieden sein können. Ohne den NCIS. So würd ich es machen.“ Jackson lächelte. Diese Idee gefiel ihm, ehrlich gesagt, sehr gut, denn auch er wollte nicht mehr dauernd in Angst davor leben, dass der nächste Anruf von Leuten kam, die ihm mitteilten, dass sein Sohn vor ihm ins Gras gebissen hatte, weil er Kugelfang für andere spielte. „Nun, wir werden sehen, nicht wahr?“, fragte er, stand auf, als Mike es tat. „Ich wünsch dir eine schöne Rückfahrt und es freut mich, dass mein Sohn so treue Freunde hat.“ Mike grinste nur etwas, schüttelte die Hand des älteren Mannes. „Viel Spaß mit denen da oben, ich kann mir vorstellen, dass es in einigen Tagen sehr laut werden könnte.“ „Oh“, grinste Jackson, winkte dann ab. „Ich hab Ohropax, schon seit ich das erste Mal bei Leroy und Shannon übernachtet hab. Ich kenne meinen Sohn, wenn er wirklich bei der Sache ist, dann mag er es auch gern ein wenig lauter.“ Mike lachte erneut auf, bevor er verschwand, froh, dass Jethro endlich was hatte, dass ihn effektiv beschäftigen und von seinem Keller fernhalten würde. Boote bauen war sicher nicht schlecht, aber doch nicht eines nach dem Anderen, was der Mann brauchte, war Ablenkung und er traute DiNozzo zu, den Besten gründlich abzulenken. Jackson lächelte, wartete, bis der Mann weg war, bevor er leise die Treppe hoch lief, überrascht, dass Leroys Tür nur angelehnt war. Er spitzte hinein und musste grinsen. Nicht schlecht. Sein Sohn hatte sich regelrecht um den Jüngeren zusammengerollt, hielt diesen mit schraubstockartigem Griff in den Armen, als würde der versuchen zu entkommen. Von Tony sah er praktisch nichts. Nun, sollten beide schlafen, das hatte Leroy auch ewig nicht mehr getan. Der Mann war ja wach gewesen, wann immer er das Krankenhaus betreten hatte. Ob die wohl zum Abendessen runterkommen würden? Na ja, Leroy vielleicht, der Junge schien ihm ziemlich ausgeknockt zu sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)