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A Topside Story

von

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Willkommen in Rapture

1954, Andrew Ryans Büro
 

„Willkommen in Rapture, Mr Topside. So werden Sie doch hier genannt nicht wahr?“ Andrew streckte dem fremden Mann die Hand entgegen.

„Richtig. Und Sie sind?“, der Mann schüttelte ihm die Hand.

„Mein Name ist Andrew Ryan. Ich habe diese Stadt gebaut. Ich bin ihr Erbauer und ihr Beschützer.“

„Beschützer?“, Topside lachte. „Vor was wollen Sie denn sie Stadt beschützen? Vor den kleinen Fischen die dort draußen herumschwimmen?“

„Vor Leuten wie Ihnen“, sagte Ryan ohne ein Fünkchen Belustigung in der Stimme.

„Vor Leuten wie mir, Sir?“

„Vor Leuten, die ohne Einladung nach Rapture kommen. Menschen von der Oberfläche.“ Der Magnat ging vor ihm auf und ab. „Wer hat sie geschickt? Der CIA? Der KGB?“

Der Mann, den man Johnny Topside nannte, sah ihn verwirrt an und hob abwehrend die Hände.

„Nein“, sagte er mit fester Stimme. „Ich bin Tiefseetaucher. Kein Agent von irgendeinem Geheimdienst!“

Ryan sah zu dem großen Russen, der mit einem Maschinengewehr bewaffnet am Eingang des Büros stand. Topside bemerkte den Blick und sah zwischen den beiden Männern hin und her.

„Na gut, Mr. Topside“, sagte Ryan schließlich. „Ich werde ein Auge auf Sie werfen. Vorerst dürfen Sie gehen.“

„Danke Mr. Ryan“, sagte Johnny und verlies eilig das Büro. So hatte er sich die Begrüßung durch Andrew Ryan nicht vorgestellt.

Das Lamm

1954, Apollo Square
 

Johnny Topside, dem der Name so gut gefiel, dass er sich von nun an so nennen würde, ging durch die faszinierenden Glas-Stahlbauten Raptures. Der Apollo Square war ein großes Arial und Johnny genoss es auf einen der Bänke zu sitzen und an die gläserne Decke zu starren. Darüber – nein überall um sie herum - war das Meer, das er so sehr liebte. Fische mit blauen Flossen zogen in riesigen Gruppen an den Glasscheiben vorbei und ab und zu schob sich auch die gigantische Gestallt eines Wals über den Apollo Square. Einmal hätte Johnny sogar schwören können, dass er die Silhouette eine der Riesenkraken gesehen hatte, die es angeblich in der Tiefsee geben sollte.

Für ihn als Tiefseetaucher war dieser Ort der Schönste, an dem er sein konnte. Spazierengehen am Grund des Atlantiks ohne schwere Ausrüstung, ohne irgendwann wieder an die Oberfläche zurückkehren zu müssen.

Auch wenn in Rapture einige seltsame Gestalten lebten, doch in der Tiefsee gab es nun mal skurriles und manchmal gruseliges Getier. Zum Beispiel diese Splicer, sie verhielten sich seltsam, brabbelten ständig über ADAM und ihre Haut –hauptsächlich das Gesicht – war mit Läsionen oder roten Flecken bedeckt. Doch noch viel schlimmer fand er jene, die äußerlich noch ganz normal wirkten.

Dieser Sander Cohen zum Beispiel. Johnny war ihm auf einer seine Runden durch Rapture einmal in der Fleet Hall begegnet und war froh, dass diese Begegnung nur von kurzer Dauer war. Das weiß geschminkte Gesicht und die gezupften Augenbrauen, waren vielleicht noch das am wenigsten seltsame an diesem Mann. Dauernd sprach er von irgendwelchen künsterlischen Aufgaben, etwas was ein Genie den Menschen schuldete und dass er ständig auf der Jagd nach der Perfektion wäre. Als er dann anfing ein Lied zu singen, hatte Johnny das Weite gesucht.

Eine weitere skurrile Vertreterin ihrer Art würde er heute wieder sehen.

Johnny war auf dem Weg zum Apollo Square. Als er die Stufen hinab ging, viel ihm eine Gruppe ärmlich wirkender Leute auf, die um eine hoch gewachsene blonde Frau standen und ihr zu hörten.

„Das wird Mr. Ryan nicht gefallen“, sagte ein Mann, der sich mit einem anderen unterhielt und grade die Treppe hinauf ging. Topside hatte ihn schon einmal gesehen. Es war Andrew Ryan´s Sicherheitschef, Sullivan. Und der Mann zu dem er sprach, war Bill McDonagh, der Besitzer des Fighting McDonaghs.

„Diese Lamb“, sagte Bill. „Sie wird noch ein Problem für Mr Ryan werden. Sie hat schon viele Anhänger für sich gewonnen. Das sieht Ryan gar nicht gerne.“

Johnny ging weiter. Wer hier wen ausstach und wer gegen wen arbeitet, das interessierte ihn nicht. Er wusste es gab drei große Persönlichkeiten in der Unterwasserwelt: Frank Fontaine, Sophia Lamb und natürlich Andrew Ryan – und allen dreien würde er, soweit es ginge, aus dem Weg gehen.

Er überquerte den Apollo Square, an dem er sich heute keine ruhige Aussicht ins Meer gönnen würde. Denn diese Lamb und ihre Anhänger machten ihm zu viel Lärm. Der ehemalige Tiefseetaucher würde nach Arcadia gehen. Bis dorthin war es ein längerer Weg, also machte er sich gleich auf dorthin. Vielleicht würde er die Metro nehmen, dann wäre er viel schneller dort.

Er war grade an Lamb´s „Familie“ vorbei gelaufen, da stieß er mit einem kleinen Mädchen zusammen. Das Mädchen mit den dunkelbraunen Haaren, war bei dem Zusammenstoß hingefallen.

„Hey Kleine“, sagte Johnny freundlich und sah zu dem Mädchen. „Pass besser auf, wo du hinläufst.“

In dem Gesicht des Mädchens spiegelte sich Angst vor dem Fremden wieder. Johnny ging in die Hocke und streckte dem Mädchen die Hand hin um ihr aufzuhelfen.

„Du brauchst keine Angst haben, ich tu dir nichts.“

Das etwa sechs Jahre alte Mädchen sah ihn skeptisch an.

„Mutter sagt, ich darf nicht mit Fremden reden“, sagte sie.

„Da hat deine Mama auch vollkommen Recht“, sagte Johnny und lachte.

Die Angst des Mädchens schien sich zu legen.

„Ich bin Eleanor“, sagte sie und griff nach der Hand des Mannes, der ihr auf die Beine half. Johnny blieb in der Hocke musste nun etwas zu dem Mädchen aufblicken.

„Mein Name ist Johnny Topside. Nett dich kennen zu lernen, Eleanor“, er sah sich um. „Wo ist denn deine Mama?“

„Dort“, sagte sie und zeigte auf die Menschenmenge, die um die dürre Frau standen und ihr zu jubelten.

„Welche von denen ist es denn?“, fragt er sie, richtete sich auf und sah zu einer kleinen Gruppe Frauen.

„Die dort, in der Mitte. Mit der Brille und den blonden Haaren.“

Sophia Lamb beendete grade eine ihrer Reden und die Leute um sie stimmten ihr jubelnd und klatschend zu.

„Deine Mutter ist Sophia Lamb?“

Eleanor nickte.

Armes Mädchen, dachte Johnny.

„Nun gut… und wo ist dein Vater?“ Wer von denen war wohl der arme Teufel?

Eleanor sah zu ihm auf und sagte: „Mutter sagt, ich habe keinen Vater. Aber jeder hat doch einen Vater. Sie hatten doch sicher auch einen Vater, oder?“

Johnny war überrascht. Das Mädchen kam ihm schlauer vor als andere ihres Alters. Er nickte.

„Ja ich hatte auch einen Vater“, sagte er und sein Blick wanderte von Eleanor zu Sophia.

Einladung unter Bäumen

1955, Arcadia
 

Johnny trug Eleanor auf den Schulter und sie krabbelte auf einen der großen Bäume.

„Pass auf das du nicht runter fällst“, sagte er zu ihr, als sie sich an einem Ast hoch zog.

In den vergangenen Monaten, waren er und Eleanor gute Freunde geworden und hatten viel miteinander unternommen, was Sophia gar nicht gerne sah.

Sie wollte ihr kleines Wunderkind nicht in den Händen eines Tiefseetauchers sehen, der ihr weiß der Himmel was, antun könnte. Er wartete nur noch auf den Tag, an dem Sophia ihre Tochter gewaltsam vor ihm verbergen würde. Doch so lange würde er noch die Zeit mit dem kleinen Mädchen genießen.

Die kleine Eleanor hatte vollstes Vertrauen zu ihm. Er stand unter dem großen Baum und würde sie auffangen wenn sie fallen würde.

Als Eleanor grade einen höheren Ast erklomm hörte Johnny eine weibliche Stimme – und sie klang nicht amüsiert.

„Mr Topside!“, sagte Julie Langford laut und unhörbar gereizt. „Wie oft muss ich Ihnen noch sagen, dass das Spielen in meinen Bäumen untersagt ist?“

Johnny lächelte sie an.

„Mrs Langford – Julie“, er hob entschuldigend die Hände. „Sind Sie als Kind nie auf einen Baum geklettert?“

„Nein ich habe sie erforscht“, schnaubte Julie und verschränkte die Arme. „Würden Sie bitte dem Kind sagen, dass es runter kommen soll?“

„Nur wenn Sie endlich einwilligen, mit mir einen Trinken zu gehen“, sagte Johnny.

„Mr Topside, dass habe ich Ihnen doch schon so oft –“

„Ich lad Sie ein“, unterbrach er sie mit einem charmanten Lächeln. „Ins Kashmir Restaurant. Also ziehen Sie sich entsprechend an. Ich erwarte Sie dann um acht Uhr. Ihre Bäume werden schon nicht weg laufen. Eleanor kommst du bitte runter?“

Als die Kleine auf seinem Arm saß, zwinkerte er der perplexen Botanikerin zu.

„Also bis heute Abend.“

Weich wie Kaschmir

1955, Kashmir Restaurant
 

Julie fühlte sich unwohl in dem Kleid, welches sie sich aus Bella Mia´s High Fashions Laden geliehen hatte. Sie hatte es nicht eingesehen, so viel Geld für ein Kleid auszugeben, dass sie nur ein einziges Mal tragen würde. Sie zog ihren Kittel vor, auch wenn sie zugeben musste, dass sich der Stoff des Kleides wundervoll auf ihrer Haut anfühlte. Sie hatte ihre braunen Haare elegant hochgesteckt. Seit Jahren hatte sie nicht mehr so gut ausgesehen. Und wofür das alles? Für einen arroganten, eingebildeten Tiefseetaucher. Doch etwas in seinen blauen Augen, hatte sie dazu animiert hier her zu kommen. Dabei war sie doch vor kurzem auf eine bahnbrechende Entdeckung gestoßen. Julie richtete sich ihre Brille und war kurz davor zu ihren Bäumen zurück zu kehren, da hörte sie wie jemand ihren Namen rief.

„Nun sie sind recht früh dran, Mrs Langford“, sagte Topside. „Es ist noch nicht mal acht Uhr.“

Er sah gut aus, dass musste die Botanikerin zu geben. Er hatte sich ebenfalls für das Kashmir entsprechend angezogen.

„Sie sehen bezaubernd aus“, sagte er schmeichelnd und bot ihr seinen Arm ein.

„Sie sehen auch besser aus als sonst“, sagte sie und harkte sich etwas unsicher in seinen Arm ein.

Er führte sie zu einem Tisch, von dem sie einen guten Blick aus dem Fenster auf die verschwommen Neoschilder draußen hatten. Julie erkannte viele hohe Tiere die im Restaurant saßen und sich gedämpft unterhielten. Im hinteren Teil des noblen Restaurants konnte sie die glänzende Glatze von Frank Fontaine sehen, der sich mit einem Mann unterhielt. An einem anderen Tisch saß Diane McClintock und Julie war sich sicher, dass ihr Gegenüber, den sie nicht sehen konnte, niemand anderes als Andrew Ryan sein musste.

Topside zog ihr den Stuhl vor.

„Nehmen Sie platz“, sagte er. Nachdem er ihren Stuhl wieder ran geschoben hatte, setzte er sich ihr gegenüber.

Julie rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. Sie gehörte nicht hier er.

„Ist Ihnen nicht gut?“, fragte Topside.

„Nun wissen Sie, ich bin solchen Luxus nicht gewöhnt“, gab Julie zu. „Ich fühle mich etwas unwohl.“

„Dann wird Sie ein Weinchen hoffentlich etwas lockerer machen“, sagte er und wandre sich zu dem Kellner, der grade an ihren Tisch kam. „Ihren besten Arcadia-Merlot bitte. Einen der nicht mit Wasser gestreckt ist“, fügte er hinzu und sah den Kellner wissend an.

„Was wollen Sie von mir?“, fragte sie ihn direkt, als der Mann davon geeilt war.

„Was ist so falsch daran, wenn zwei erwachsene Menschen miteinander ausgehen?“, fragte er sie in einem unschuldigen Tonfall.

„Nichts, denke ich. Aber Sie führen doch sicher etwas im Schilde, Mr Topside - “

„Nennen sie mich doch Johnny.“

„Ich mein sie laden mich in das Kashmir Restaurant ein, das luxuriöste Restaurant in ganz Rapture“, fuhr sie unbeirrt weiter. „Wie können Sie sich das alles leisten? So viel ich weiß, wohnen sie im Athena´s Glory. Die Mieten sollen dort auch nicht grade günstig sein.“

Er schenkte ihr ein Lächeln, bei dem ihr Herz kurz aussetzte.

„Lassen Sie das ganze meine Sorge sein, Julie“, seine Stimme war weich wie Kaschmir. Julie war froh, dass in diesem Moment der Merlot kam und sie sich einen kräftigen Schluck aus dem Rotweinglas gönnen konnte.

Normalerweise lies sie sich nicht einfach aus der Fassung bringen (außer jemand schenkte ihren Pflanzen nicht genug Respekt), doch dieser Topside schaffte es, dass sie sich wie ein verschüchtertes vierzehnjähriges Mädchen fühlte.

Reiß dich zusammen Julie, mahnte sie sich selbst. Er ist auch nur ein Mann.

„Dann lassen Sie uns auf einen amüsanten Abend anstoßen“, sagte ihr Gegenüber und hob sein Glas. „Auf Rapture.“

„Auf Arcadia“, sagte sie und ihre Gläser stießen klirrend aneinander.
 


 

Andrew Ryan´s Büro
 

Andrew Ryan saß hinter seinem Schreibtisch und stopfte sich eine Pfeife. Vor ihm stand die armselige Gestalt von Stanley Poole. Die tief eingefallen Augen, die extrem breite Nase und die hohen Wangenknochen machten ihm zu keinem besonders hübschen Mann. Zu dem war er noch sehr dürr und nicht besonders groß. Doch Ryan wusste das Poole an Informationen kommen konnte, die ihn höchst interessieren würden.

„Also Mr Poole“. Sagte Ryan und schob sich die Pfeife in den Mund. „Werden Sie diesen Mann interviewen?“

Poole nickte und er fingerte nervös an der Mütze in seiner Hand.

„Ein Interview über Johnny Topside, der Held in Rapture. Das wird den Leuten gefallen.“

„Und vergessen Sie nicht: Gewisse Informationen werden nicht in der Rapture Tribune erwähnt, sondern nur an mich geliefert. Ich traue diesem Kerl nicht.“

„Natürlich Mr Ryan. Ich werde die Berichte zu erst an sie liefern“, sagte der Reporter nickend.

„Hervorragend“, sagte Ryan und zündete sich seine Pfeife an. „Sie dürfen gehen.“

Vater

1955, Rapture
 

Johnny verließ grade die Wohnung von Julie Langford. Der Geruch der Botanikerin und des Alkohols klebten noch in seinem Klamotten. Die gemeinsame Nacht war nicht geplant gewesen, doch der Wein hatte gute arbeit geleistet.

Es war ihm etwas unangenehm, Julie allein ihn ihrem Bett zurück zu lassen. Normalerweise war das nicht seine Art. Aber es war ihr sicher unangenehm genug – sollte sie sich an die Nacht erinnern.

Als er durch einen der Röhren lief, die die Abschnitte von Rapture miteinander verbanden, sah er sich selbst in der Glasfront. Er sah in sein Spiegelbild und musste feststellen, dass er noch ziemlich zerzaust aussah. Er strich sich durch das braune Haar um es ein wenig zu ordnen. Dabei viel ihm auf, dass sich an seinem Hals ein lippenstiftroter Kussmund befand. Hastig versuchte er ihn zu entfernen. So wollte er nicht aussehen, wenn er heute wieder mit Eleanor durch Rapture spazieren gehen würde.

„Mr Topside?“

Johnny sah zu dem dürren Mann, hinter dem sich die runde Tür grade schloss.

„Ja? Der bin ich. Wer sind Sie?“, fragte er und sah Stanley Poole skeptisch an.

„Meine Name ist Stanley Poole“, sagte er und hielt ihm die Hand zum Gruße hin. Etwas widerstrebend schüttelte Johnny ihm die Hand. „Ich bin Reporter für die Rapture Tribune. Ich würde gerne ein Interview mit Ihnen führen.“

„Ein Interview?“, fragte Topside und zog die Hand zurück.

„Ja, Sie werden als Held in Rapture gefeiert. Jemand der Rapture auf eigene Faust gefunden hat. Die Menschen möchten mehr von Ihnen erfahren, Mr Topside“, sagte Poole und zückte ein Notizblock und einen Stift.

„Nein, danke“, sagte Johnny. „Ich gebe keine Interviews. Kein Interesse.“

Er wand sich zum Gehen um.

„Aber Mr Topside.“ Poole folgte ihm. „Es wäre nur ein kleines Interview. Nur ein viertel Stündchen? Zehn Minuten?“

„Ich sagte, ich habe kein Interesse! Lassen Sie mich in Ruhe“, er ging unbeirrt weiter.

Poole ließ sich nicht abschütteln.

„Wie sind Sie hier her gekommen? Vermisst Sie niemand an der Oberfläche? Keine Familie, keine Freunde? Kein Arbeitgeber?“ Stanley begann etwas auf seinen Block zu kritzeln.

Topside drehte sich um und seine blauen Augen funkelten.

„Hören Sie“, sagte er mit Nachdruck. „Ich sagte, dass ich kein Interesse an einem Interview habe. Und nun verschwinden Sie ich werde erwartet.“

„Erwartet?“ Poole leckte über die Spitze seines Stiftes. „Wer erwartete Sie denn? Eine Frau? Jemand besonderes? Wie heißt Sie?“

Als Johnny merkte, dass dieser Poole nicht einfach los zu werden war, ging er schweigend weiter.

„Mr Topside?“, PoolE lief ihm hinterher. „Wollen Sie nicht doch noch …? Denken Sie doch an die Bewohner Raptures, die interessiert es sicher was für ein Mensch Sie sind.“

„Wenn es sie interessiert, dann sollen sie mich fragen kommen“, sagte Johnny im Laufen. Dieser Reporter kratze an seiner Geduld.

„Aber, Mr Topside. Es sind doch nur ein paar Fragen“, Poole griff nach seinem Arm um ihn fest zu halten.

Nun reichte es ihm. Er schlug Pools Arm weg und packte ihm an Kragen.

„Verschwinden Sie endlich oder ich werde ungemütlich“, sagte er und funkelte den Reporter an.

Poole lächelte verkrampft.

„T-tut mir Leid, Mr Topside. K-kommt nicht mehr vor.“

„Sehr schön.“ Johnny ließ ihn los und richtete erst die Kleidung des Reporters und dann seine.

„Schönen Tag noch“, sagte er wieder mit ruhigem Tonfall und ging weiter.
 

Poole sah Johnny hinter her. Dieser Kerl hatte doch was zu verbergen. Offensichtlich hatte Mr Ryan Recht ihm nicht zu trauen.

Er würde ihn verfolgen. Vielleicht würde er ja etwas heraus bekommen.
 

Mercury Suites
 

Johnny klopfte an die Tür und wenige Augenblicke später öffnete Eleanor die Türe.

„Da bist du ja“, sagte sie freudig und ihre Augen leuchteten.

Er ging in die Hocke und sie umarmte ihm so stürmisch, das er fast nach hinten gefallen wäre.

„Nicht so wild“, sagte er lachend. „Na ist deine Mama schon weg?“

„Nein, ich bin noch hier, Mr Topside“, sagte die strenge Stimme von Sophia Lamb. Sie brachte immer eine Kühle mit sich, dass Johnny das Gefühl hatte, es würden plötzlich einige Grade kälter werden.

Er stand auf und entgegneter ihr mit demselben kalten Blick, die sie auch ihm schenkte.

„Mrs Lamb“, sagte er. Die Verachtung für diese Frau war in jeder Silbe zu hören. „Sollten Sie nicht in ihrer Praxis sein? Oder irgendwelche Reden für ihre Familie schwingen?“

„Was ich sollte, dass entscheide ich selbst, Mr Topside. Und ich entscheide auch, wer Eleanor sehen darf und wer nicht.“

Sie schnappte sich ihre Tasche und strich ihrer Tochter über das dunkle Haar.

„Sei vorsichtig, Eleanor“, sagte sie. Dann warf sie ihm noch mal einen bösen Blick zu. „Und Sie auch.“
 

Arcadia
 

„Warum mag Mutter dich nicht?“, fragte Eleanor, während sie barfüßig durch das Gras in Arcadia hopste.

„Ich weiß es nicht“, sagte Johnny, der auf einer Bank saß und sie beobachtete. Eleanor blieb stehen und sah in an.

„Mutter meint, dass du mich verziehst. Sie sagt, du wärst nicht gut für mich. Sie mag es nicht wenn ich bei dir bin.“

„Ja, das hab ich mir schon gedacht“, gab Johnny zu.

„Sie sagt, du wärst schlecht für mich. Ein weiterer dummer Mensch, der das Utopia ihrer Familie zerstört“, Eleanor wirkte etwas ratlos. „Was bedeutet das?“

„Nun“, begann er und überlegte kurz. „Deine Mama mag mich einfach nicht.“

„Das ist schade“, sagte Eleanor und kletterte zu ihm auf die Bank. „Weil ich mag dich nämlich.“

Johnny lachte. „Ich mag dich auch sehr, kleine Eleanor.“

„Weißt du, manchmal stell ich mir vor wie es wäre, dich als Vater zu haben“, gab das Mädchen zu und drehte einen Grashalm in ihren Fingern.

Johnny sah sie verwundert an.

„Mich? Als dein Vater?“

Eleanor sah ihn von unten an und lächelte.

„Ja. Ich hätte dich gerne als Vater. Du bist viel netter als Mutter. Und du machst auch mehr mit mir“, sagte sie und klang etwas traurig. „Mutter ist oft unterwegs, sie arbeitet viel. Sie lernt mich viel, aber das macht wenig Spaß. Aber mit dir habe ich Spaß. Die anderen Kinder sagen, sie haben auch oft Spaß mit ihren Vätern.“

Johnny wusste nicht was er darauf sagen sollte. Er fühlte sich geschmeichelt – nein gerührt von den Gefühlen, der kleinen Eleanor. Er legte ihr die Hand auf die Schulter.

„Deiner Mama wird es nicht gefallen, wenn sie dass erfährt“, sagte er mit einem leichten Grinsen.

„Mutter gefällt einiges nicht“, sagte sie mit einem trotzigen Tonfall.
 

„Chrmm chrmm!“

Stanley Poole zuckte zusammen. Sein Versteck hinter den Büschen war aufgeflogen. Er drehte sich um und blickte in das zornige Gesicht von Julie Langford.

„Mrs Langford“, sagte er mit leicht zittriger Stimme. „Gut sehen Sie heute aus. Was machen ihre Pflanzen?“

„Es würde ihnen besser gehen, wenn sie nicht in ihnen sitzen und sie platt trampeln würden“, sagte sie wütend.

„Ich … also … das war nur …“

„VERSCHWINDEN SIE!“, schrie Julie und Poole kletterte so schnell er konnte aus dem Busch.

Johnny wand den Kopf und sah noch wie der Reporter aus Arcadia hinaus stolperte. Seine Augen verengten sich, als ihm ein unangenehmer Gedanken kam.

Julie kam mit hochrotem Kopf hinter dem Busch hervor, aus dem Poole geflüchtete war. Topside schenkte ihr ein charmantes Lächeln, wie er es schon im Restaurant so oft getan hatte.

„Guten Tag, Julie“, sagte er höflich.

Als sie ihn bemerkte, wechselte die Zornesröte zu Scharmesröte.

„Guten Tag, Jo – Mr Topside“, sie richtete ihren Kittel, schob sich die Brille auf die Nase und eilte dann in ihr Labor.

Hundefresser

1956, Sinclair Sulitions
 

Augustus Sinclair persönlich reichte ihm die Waffe.

„Es ist eins der gängigsten Modele“, sagte er mit einer Zigarre im Mund und sah auf den Revolver.

„Allerdings habe ich auch durchschlagskräftigere Waffen hier. Da könnte ich Ihnen ein Maschinengewehr oder für den besonders schweren Schaden eine Schrotflinte empfehlen. Egal für was Sie sich entscheiden, Sie werden sich die Splicer auf jeden Fall vom Hals halten.“

Johnnys Augen liefen am polierten Lauf des Revolvers entlang. Ihm gefiel es nicht, dass er sich eine Waffe kaufen musste. Doch von den Splicer gab es immer mehr in den Straßen von Rapture und er benötigte sie nicht nur um sich selbst zu schützen.

Vor ein paar Tagen war er und Eleanor wieder in Rapture unterwegs gewesen, als ein Splicer sie angegriffen hatte. Er hatte mit seinen gebogenen Fischmessern nach ihnen geschlagen. Johnny hat mit seinen bloßen Fäusten nach dem Verrückten geschlagen, doch es hatte diesen kaum gestört. Wirr vor sich hin brabbelnd und gackernd hatte er immer wieder mit dem gezackten Messer nach Johnny geschlagen und ihm den Oberarm aufgeschlitzt. Zum Glück waren kurz darauf waren Polizisten erschienen und hatten den Splicer erschossen. Johnny hatte lange gebraucht bis er Eleanor wieder beruhigt hatte.

Sein verbundener Arm schmerzte immer noch, als er die abgezählten Dollar-Scheine auf den Tresen legte.

„Ich bleib bei dem Revolver. Kann ich noch Munition dazu bekommen?“, fragte er.

„Natürlich“, antwortete Sinclair und gab ihm noch drei Schachteln Munition dazu. "Man hat lieber eine Kugel mehr im Magazin."
 

Es war ein seltsames, doch auch ein beruhigendes Gefühl eine Waffe an seiner Hüfte zu wissen. Johnny war auf dem Weg wieder Eleanor abzuholen. Er wollte mir ihr zu Andrew Ryans Jounrey to the surface gehen. Ihre Mutter hatte es ihr verboten, sich dort anzuschauen. Das allein war ein Grund für ihn, einen Ausflug mit ihr dort hin zu machen. Außerdem wollte Topside wissen, welches Bild Andrew Ryan den Menschen von Rapture im Ryan Amusments vermittelte. Auch wenn er es sich gut vorstellen konnte. Er hatte oft genug die Reden von Ryan über die verstecken Lautsprecher gehört. Und was er dort gehört hatte, konnte er nicht nachvollziehen. Die Oberfläche war lange nicht so schlecht, wie Ryan es allen weiß machen wollte.

Eleanor war einen skeptischen Blick auf die Waffe an seinem Gürtel.

„Glaubst du sie werden uns wieder angreifen?“, fragte sie und sah zu seinem Arm hinauf.

„Wenn sie das machen, dann habe ich was dagegen“, sagte er und nahm sie an die Hand. „Und was hast du heute so gemacht?“

„Ich habe mich heute mit einem Hundefresser geprügelt“, sagte sie stolz.

„Du hast dich geprügelt? Mit einem Hundefresser?“, fragte Johnny.

„Ja Mutter sagt, Hundefresser sind Barbaren. Sie meint, Barbaren sind selbst süchtig und ignorant. Aber nachdem ich mich mit Amir vertragen habe, haben wir zusammen gespielt. Er war ganz nett.“

„Wieso hast du dich denn mit ihm geprügelt?“, wollte Johnny wissen. Sophia hatte immer gesagt, das er einen schlechten Einfluss auf ihre Tochter haben würde. Nun glaubte er, dass sie vielleicht Recht hatte. Doch besonders schlecht fand er das nicht unbedingt. Er musste schmunzeln.

„Er hat einen wehrlosen kleinen Jungen schikaniert“, sagte Eleanor.

„Dann war es zwar nicht ganz damenhaft, aber dennoch war es richtig“, sagte Johnny.

Eleanor sah zu ihm auf und lächelte erfreut.

Sie verließen die Zugstation und vor ihnen war der Eingang zum Rapture Memorial Museum. Hier waren einige Eltern mit ihren Kindern. Doch die Kinder schienen nicht besonders fröhlich zu sein. Die beweglichen Puppen von Andrew Ryan waren unheimlich und die gigantischen Hände, die im Journey to the surface nach den Menschen griffen, machten es nicht besser.
 

Johnny konnte nur den Kopf schütteln, als er und Eleanor den Vergnügungspark wieder verließen.

„Ist es an der Oberfläche wirklich so schrecklich?“, fragte Eleanor als sie auf dem Heimweg im Atlantic Express saßen.

„Nein“, sagte Johnny. „Ich fand es nicht so schlimm. Natürlich gibt es oben andere Regeln, aber ich finde Mr Ryan übertreibt.“

Eleanor lehnte sich an ihn.

„Wenn du wieder nach oben gehst, nimmst du mich dann mit?“

Johnny sah sich verunsichert um. So was durfte man hier unten nicht ansprechen. Die Flucht an die Oberfläche war ein Tabuthema. Allein für den Verdacht auf eine mögliche Flucht konnte man eingesperrt werden. Doch glücklicherweise, schien ihnen niemand zugehört zu haben. Er legte den Arm um sie und sagte: „Reden wir hier nicht darüber. Wir sprechen daheim über das Thema.“

In dem Moment krachte etwas gegen den Atlanic Express, der darauf anhielt. Einige der Fahrtgäste schrieen auf, sprangen von den Sitzen und zückten ihre Waffen.

„Was war das?“, fragte Eleanor.

Johnny wusste genau was es gewesen war, auch er war aufgestanden. Er zog seine geladene Waffe und sah zur Decke des Zuges. Dort konnte man hören wie jemand auf dem Dach hin und her lief und mit einem scharfen Gegenstand über das Metalldach kratzte. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als die scharfe Klinge durch das Dach drang. Die ersten Kugeln durchsiebten das Dach. Eleanor hielt sich die Ohren zu. Durch die Löcher im Dache tropfte Blut ins Innere des Zuges. Dann herrschte plötzlich Stille.

„Eleanor, komm her zu mir“, sagte er leise. „Wir steigen hier aus.“

„Sind Sie verrückt?“, fragte ihn ein Mann mit einem Gewehr. „Da draußen sind die Splicer.“ Er wies mit dem Lauf der Waffe auf das Messer über ihm.

„Dieser Zug ist wie eine Konservendose, welche die Splicer nur öffnen müssen“, sagte Topside.

„Da draußen werden sie gleich erwischt, bleiben Sie hier und warten sie auf die Polizei“, sagte ein anderer Mann mit Revolver.

„Und wenn die Polizei zu spät kommt? Ich werde nicht warten bis sie merken, dass der Zug sich nicht mehr bewegt. Ohne mich. Komm Eleanor.“

Er nahm das Mädchen auf den Arm, zog die Tür des Zuges auf und verließ eilig den Wagon. Ein Mann und eine Frau folgten ihm. Hinter im wurde die Türe wieder geschlossen.

Er sah nach oben. Draußen war es dunkel. Die meisten Lampen in diesem Abschnitt waren kaputt. Auf dem Dach des Zuges konnte Johnny die Leiche eines Splicers neben seinem Messer liegen sehen. Über ihnen hörte er Spider-Splicer, deren Hacken an die Metallwände schlugen. Eleanor drückte sich an ihn.

„Vater, ich habe Angst“, sagte sie und er spürte wie sie zitterte.

„Wir müssen verschwinden“, sagte er leise zu den anderen beiden, die ihm gefolgt waren. „Schnell.“

Sie huschten lautlos an die andere Seite der Röhre, nicht weit von einem Ausgang entfernt. Als sich die runde Tür öffnete, hörte Johnny wie sich seine Befürchtung bewahrheitete. Er drehte sich um und sah, wie die Spider-Splicer sich von der Decke fallen ließen und durch die Fenster in den Zug einbrachen. Schüsse und Schreie ertönten aus dem Wagon und ließen Johnny die Nackenhaare zu Berge stehen.

„Weiter“, sagte er über den Krach hinweg. „Weiter!“

Die Tür schloss sich hinter ihnen. Sie waren in einer der Verbindungsröhren. Um sie herum nur das dunkle, eisige Meer, hintern ihnen die Spider-Splicer und vor ihnen der einzige Ausweg.

„Wir haben es geschafft“, sagte der Mann erleichtert.

„Nein“, sagte Johnny, der ein ungutes Gefühl hatte. „wir sind hier noch nicht sicher. Wir müssen weiter.“

Der Mann und die Frau gingen schnell weiter. Johnny, mit Eleanor auf dem Arm, hinter her. Dann ging es sehr schnell: Er hörte das schmatzende, saugende Geräusch und dann flog auch schon der Feuerball, der die beiden vor ihm in Brand setzte.

„Feuer – ich schicke dir Feuer. Hahahaha“, schrie der Houdini-Splicer über die qualvollen Schrei der Verbrennenden.

Johnny zog seine Waffe und zielte. Doch bevor er abdrücken konnte, löste sich der Splicer in rote Fetzen auf.

Houdini-Splicer zu treffen, war schwer genug. Doch nun hatte er noch die zitternde Eleanor auf dem Arm, was es nicht vereinfachte, ihn zu treffen. Sein Blut war voller Adrenalin und sein Herzschlag hämmerte in seinen Ohren. Sein Atem übertönte jedes anderes Geräusch. Er zwang sich ruhig zu werden, sonst würde er nicht hören wo der Splicer das nächste Mal aufrauchen würde.

Seine Augen huschen hin und her, auf der Suche nach Anzeichen des Splicers. Bis auf seinen eigenen Herzschlag und das Tropfen des Wassers, das durch eine undichte Stelle eintrat, hörte er nichts. Selbst Eleanor hatte die Luft angehalten.

„Vater, da!“, rief Eleanor. Er wirbelte herum und grade als der Houdini-Splicer sich materialisierte schoss Johnny ihm dreimal in den Kopf.
 


 

Andrew Ryan´s Büro
 

„Nun, dann sind wir uns wohl diesmal einig“, sagte Andrew Ryan und faltete die Hände ineinander.

„So, sehe ich das auch“, sagte Sophia und rückte ihre Brille zurecht. „Dieser Mann ist gefährlich. Er darf nicht weiter frei in Raputre rumlaufen.“

Der Magnat nickte.

„Ich werde mich mit Freuden darum kümmern“, sagte er.

Dr Lamb stand auf.

„Ich danke Ihnen Mr Ryan. Schönen Abend“, sagte sie und verließ sein Büro.

Kurzer Prozess

1956, Mercury Suites
 

„Johnny Topside?“

„Ja, der bin ich“, sagte er und drehte sich um. Vor ihm standen drei Polizisten. Einer von ihnen war der Sicherheitschef Sullivan.

„Mir Topside, ich muss Sie bitten mit zu kommen“, sagte Sullivan.

„Mit kommen?“, fragte er verständnislos. „Wo hin wollen sie mich bringen?“

„Nach Persephone“, sagte Sullivan in ruhigem Ton.

„Persephone?“ Johnny machte einen Schritt zurück. „Was wird mir vorgeworfen? Ich habe nichts getan!“

„Mr Ryan sieht Sie als Bedrohung an“, sagte der Sicherheitschef. „Wenn Sie sich weigern, müssen wir gegen Sie Gewalt anwenden.“

„Das werden Sie dann wohl“, sagte Johnny, „Denn ich werde nicht einfach so mitkommen ohne zu wissen, weshalb.“

Sullivan seufzte schwer und er sah sehr müde aus.

„Jungs, ihr habt Mr Topside gehört.“

Eine Faust streckte ihn nieder und als er wieder klar sehen konnte, klackten die Handschellen um seine Handgelenke. Das war alles zu schnell gewesen für ihn. Der Wachmann hatte sicher einen SportSchub und einen GeschwindigkeitsSchub im Blut. Johnnys Kopf dröhnte von dem Schlag. Doch er wollte nicht einfach so aufgeben und nach Persephone verfrachtet werden.

Er versuchte zu fliehen, in dem er den Wachmann beiseite trat und davon rannte.

Sullivan seufzte erneut und nickte dem anderen zu.

Ein Blitz aus der Hand des Polizisten streckte den Tiefseetaucher nieder.
 

Als der bewusstlose Topside an ihrem Fenster vorbei getragen wurde, schlug Eleanor die Hand vor den Mund. Sie hatte mit ansehen müssen, wie die Polizisten ihren Vater festgenommen hatten.

„Eleanor, komm von dem Fenster weg“, sagte Sophia streng.

„Aber was ist mit Vater? Wo bringen Sie ihn hin? Geht es ihm gut?“

„Mr Topside geht es gut. Er wurde in eine Einrichtung gebracht, wo es ihm bald noch besser gehen wird“, sagte sie und hockte sich vor ihre verstörte Tochter.

„Es wird ihm besser gehen?“, fragte sie. „Ist er krank?“

„Das kann man so sagen“, sagte Dr Lamb. „Aber dort wird ihm geholfen.“ Sie holte ein Buch über Philosophie aus ihrer Tasche. „Bis er wieder gesund ist, kannst du ja dieses Buch weiter lesen. Du hast schon lange nicht mehr darin gelesen.“

Leere Versprechungen

1956, Persephone
 

Sinclair stand hinter dem Sessel seines Wachmannes und sah aus dem Fenster zu den einzelnen Zellblocks in denen die politischen Gegner Raptures saßen. Einige waren ganz zu Recht hier. Nicht etwa weil ihr Gedankengut Mr Ryan nicht gefiel, sondern auch weil sie zu gefährlich für die Bevölkerung von Rapture geworden waren. Andere saßen fast grundlos hier, nur weil es eine Vermutung gab, die sich nicht beweisen lies. So wie auch Topside.

„Der Junge kann einem wirklich leid tun“, sagte Sinclair zu seinem Wachmann. Dieser sah zu seinem rauchenden Chef auf. „Topside“, erklärte Sinclair als er den fragenden Blick bemerkte. „Er ist ein unschuldiger und vernünftiger Junge.“

„Ich habe gehört er hatte viele Affären“, murrte der Wachmann.

Sinclair lachte auf. „Wir haben alle unsere Laster. Die einen größere, die anderen kleinere. Aber so was macht einen nicht zum Verbrecher.“

„Mr Sinclair da is ne dürre Frau un´ n kleine Göre aner Tür.“

Sinclair wand sich um und sah zu dem anderen Wachmann der gerade in den Kontrollraum gekommen war.

„Ah, das werden wohl Sophia Lamb und Eleanor sein, danke Mr Bail“, sagte Sinclair, drückte seine Zigarre aus ging zum Eingang von Persephone.

Er drückte einen Knopf und die Tür nach Persephone öffnete sich.

„Wo ist er? Ich will ihn sehen!“

„Eleanor, benimm dich!“

„Lass mich los, Mutter. Ich will zu ihm.“

„Herzlich Willkommen in Persephone. Mrs Lamb“, begrüßte Sinclair die beiden.

„Wo ist Vater?“, fragte Eleanor vorlaut und sah an dem Geschäftsmann vorbei. Hätte ihre Mutter sie nicht fest an der Hand gehalten, wäre sie sicher in die Einrichtung gerannt und hätte nach Johnny gesucht.

„Es ist selten, dass die Insassen Besuch bekommen“, gab Sinclair zu.

Sophia seufzte genervt und zog grob an dem Arm ihrer Tochter. „Sie hat keine Ruhe gegeben. Seit Wochen liegt sie mir in den Ohren, dass sie ihn wieder sehen will.“

„Geht es ihm besser? Kommt er bald hier raus? Ich vermisse ihn so sehr.“

„Eleanor reiß dich bitte zusammen, Kind.“

„Ich sehe schon“, sagte Sinclair, „Hier besteht großer Widersehensbedarf. Folgen Sie mir bitte.“

Sinclair führte sie hinein. In einem abgesicherten Raum bat er die beiden auf ihn zu warten und nicht hinaus zu gehen, egal was sie hören würden.
 

Johnny lag auf einer der Pritschen, die den Gefangenen als Betten dienten und starrte an die Decke. In den anderen Zellen saßen hauptsächlich vor sich dahin brabbelnde Splicer. Einige liefen halb nackt durch ihre Zellen, andere lagen auf ihren Betten und sagen wirre Sachen und wieder andere rüttelten an ihren Gitterstäben.

„Hey ihr elenden Scheißer“, schrie einer der Splicer zischend. „Lasst mich raus, ich werde auch ganz lieb sein.“

„Wer soll dir das glauben du, elenden Wichser“, antwortete ein anderer.

„Fresse sonst pust ich dir dein Hirn weg!“

„Komm doch her, du Hurensohn. Ha ha ha.“

„Ich werde dich auseinander reißen, du- “

„Haltet alle eure Fresse! Ich versuche hier zu schlafen!“, schrie Johnny und für kurze Zeit war Ruhe im Zelltrakt.

„Hey wer glaubst du bist du, dass du hier so rum schrein´ kannst he?“ Und dann ging das Gezeter wieder los. Genervt drehte Johnny ihnen den Rücken zu. Seit Tagen hatte er nicht mehr ordentlich geschlafen und war nun sehr leicht reizbar.

Durch den Lärm hörte er nicht mal, wie die Türe zu seiner Zelle geöffnet wurde.

„Hey Junge“, sagte Sinclair.

Johnny zuckte zusammen, er hatte nicht damit gerechnet. Er drehte sich um und sah den Mann, dem die Strafanstalt gehörte.

„Hallo Mr Sinclair“, sagte er mürrisch. „Sind sie gekommen um mich von diesen Verrückten hier zu erlösen?“

„Nein, das leider nicht. Aber da ist jemand, der dich sehen möchte. Komm mit, Junge.“ Fragend, wer ihn denn sehen wollte, folgte Johnny dem Mann.
 

„Vater!“

„Eleanor?“

Johnny kniete sich hin und das Mädchen fiel ihm um den Hals.

„Vater. Ich hab dich vermisst. Bist du noch sehr krank? Kommst du bald hier raus?“

Topside verstand nicht ganz was sie meinte. Doch als sein Blick auf die drohende Miene von Sophia Lamb fiel, war ihm klar, dass sie Eleanor eine Lüge aufgetischt hatte, wieso er hier war.

„Ja nun … weißt du“, begann er und sah die kleine Eleanor an. Er wollte sie nicht anlügen. Doch er brachte es nicht übers Herz, der Kleinen zu sagen, dass er höchstwahrscheinlich hier drin sterben würde. „Mir geht es schon viel besser. Der Doktor hat gesagt, es wird nicht mehr lange dauern.“

Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, da plagte ihn das schlechte Gewissen.

„Wenn du dann wieder gesund bist“, sagte Eleanor. „Gehst du mit mir dann wieder nach Arcadia? Versprichst du mir das? “

„Ja das werde ich“, log er. „Ich verspreche es.

„Werden wir auch mal einen Ausflug an die Oberfläche machen?“, fragte sie.

Johnny seufzte schwer. Er strich Eleanor eine Haarsträhne hinter das Ohr und lächelte gezwungen.

„Ja“, sagte er mit gedrückter Stimme. „Ja das werden wir. Ich werde die Sonne zeigen, die frische Luft, den Himmel und die Sterne. Dir werden sicher die Vögel gefallen, die dort oben –“

„Das reicht, Mr Topside!“, Sophia war von dem Stuhl auf gestanden, auf dem sie die ganze Zeit gesessen hatte. „Komm Eleanor, wir gehen.“

„Aber ich möchte noch bei Vater bleiben“, protestierte Eleanor.

„Mr Topside muss sicher wieder ausruhen. Er ist krank, möchtest du dass er wieder gesund wird?“

„Natürlich will ich das“, sagte sie kleinlaut.

„Dann werden wir jetzt gehen und ihm seine Ruhe gönnen.“

Eleanor sah zu ihrem Vater. Ihre dunklen Augen glitzerten. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals.

„Bitte werde schnell wieder gesund“, murmelte sie.

„Mr Sinclair“, sagte Sophia und wand sich an Augustus, der bis her schweigend in einer Ecke des Raumes gestanden hatte. „Würden sie Eleanor mit raus nehmen? Ich möchte noch kurz mit Mr Topside sprechen.“

Er nickte und hielt Eleanor die Hand hin.

„Komm kleine Lady, wir warten draußen auf deine Mutter.“

„Sie sind der Oberarzt?“, fragte Eleanor und nahm Sinclairs Hand.

„Nun das kann man so sagen“, sagte Sinclair lachend.

Als die Tür hinter den beiden zu viel, wand sich Sophia an Johnny.

„Sie wissen, dass es für Sie keine Hoffnung gibt, nicht wahr? Sie werden hier niemals wieder raus kommen.“

„Nun, mein Dad hat mich mal gelehrt, niemals nie zu sagen“, gab Johnny mit falschem Optimismus zurück.

„Machen Sie sich nicht lächerlich“, sagte Lamb. „Es ist hoffnungslos. Niemand wird sie vermissen.“

„Außer Eleanor. Und so lange sie mich noch sehen möchte, so lange habe ich noch Hoffnung und werde meine Leben nicht weg werfen.“

„Wenn Eleanor all Ihre Hoffnung ist, dann werde ich dafür sorgen, dass sie nie wieder auch nur einen Haar meiner Tochter sehen.“

Johnnys Hand ballte sich zu einer zitternden Faust.

„Persephone ist ein hoffnungsloser Ort, Sie sollten sich an diesen Ort anpassen, Mr Topside“, mit diesen Worten ging sie an ihm vorbei und verließ den Raum.

Die Tür schloss sie mit einem Knall, doch der Knall kam von einem Aktenschrank, den Johnny in seiner Wut geschlagen hatte. Seine Faust hinterließ eine tiefe Delle im Metal.

„Alles in Ordnung, Junge? Oh …“, Sinclair warf einen Blick auf den verbeutelten Aktenschrank. „Komm Junge, ich muss dich leider zurück bringen. Bitte wehr dich nicht, ich wende nur sehr ungern Gewalt gegen dich an.“

Er nickte bloß und folgte Sinclair. Sie gingen über einen eisernen Steg. Auf der Hälfte blieb Johnny stehen und sah, wie Eleanor und Sophia Persephone verließen. Er warf einen letzten Blick auf seine Tochter. Seine Hände schlossen sich fest um das Geländer.

„Diese Lamb ist einer schreckliche Frau“, sagte Sinclair, der hinter ihm stand. „Muss hart für dich gewesen sein, die kleine Eleanor anzulügen. Ich hoff sie kommt bald drüber weg.“

„Ja“, sagte Johnny mit gespielten Lachen. „Eine echte Hexe.“

Sinclair legte ihm die Hand auf die Schulter. „Komm weiter.“

Eine einsame Träne stahl sich über Johnnys Wange.

Verraten und verkauft

1956, Fontaine Futuristics
 

„Sie versichern mir also, das meine Jungs jeder Zeit ihre Experimente abbrechen können?“, fragte Sinclair.

Fontaine schenkte ihm einem vertrauenswürdigen Lächeln , doch Sinclair wusste, dass man ihm nicht vertrauen konnte.

„Selbst verständlich“, sagte Fontaine. „Meine Forscher legen viel Wert auf das Wohlergehen der Probanten.“

Sinclair seufzte und aschte in den Muschelaschenbecher.

„Persephone quillt bald über. Ryan steckt immer mehr Bewohner ins Gefängnis“, sagte er. „Von mir aus. Schickten sie ein paar Leute, die die Männer abholen sollen.“

Frank Fontaine nickte.

„Sie sind ein guter Geschäftspartner“, sagte er und stand auf. Er bot Sinclair die Hand hin um den Handel symbolisch abzuschließen.

Sinclair zögerte kurz. Fontaine war ein hinterhältiger Betrüger, was auch immer er mit den Gefangenen anstellen würde, es wäre sicher nichts Gutes. Doch Persephone war wirklich überfüllt und es wurde gut gezahlt. Nur weil er für ein, zwei Insassen Sympathie empfand, konnte er sich solch ein Geschäft nicht entgehen lassen.

Er schlug ein.

„Sehr schön“, sagte Fontaine mit einem Grinsen, dass dem Geschäftsmann ein Schauder über den Rücken jagte. „Ich werde sie morgen abholen lassen.“
 


 

Persephone
 

Die Haft zerrte sehr an Johnny. Er hatte sich seit Tagen nicht mehr rasiert (Sinclair hatte ihm vor ein paar Wochen ein Rasiermesser gegeben) und er war appetitlos. Als Eleanor ihn verlassen hatte, hatte sie seinen Lebenswillen mitgenommen. Er hatte diese Kind geliebt, wie seine eigene Tochter. Sophia Lamb hatte ihre Drohung war gemacht und seit ihrem ersten Besuch, waren sie nicht mehr erschienen.

Er saß auf seine Pritsche, die Arme auf den Beinen abgelegt und sah auf den Boden. Er fühlte sich seltsam leer, hörte die Schreie und Beleidigungen der gefangenen Splicer gar nicht mehr.

Anfangs hatte er sich gefragt, warum er bei den durchgeknallten Drogenabhängigen in einem Zellblock sitzen musste. Seine Haft wäre um einiges angenehme, wenn er bei Ryans politischen Gegner sitzen würde. Die schrien wenigstens nicht den ganzen Tag nach ADAM. Doch inzwischen war es ihm egal geworden, wo er sterben würde.

Er sah nicht einmal auf als die Tür zu den Zellblocks ertönte und jemand vor seine Zelle trat.

„Den nehmen wir auch mit. Der scheint noch bei Verstand zu sein“, hörte er jemand sagen. Nun sah er auf. Seine blaue Augen hatten den Glanz verloren, doch als er hörte das er aus Persephone raus kommen sollte, funkelte etwas in ihnen.

„Mich mitnehmen?“, fragte er mit dünner Stimme. „Wo bringen Sie mich hin?“

Zwei große, breite Männer standen in seiner Zelle. Der eine hatte ein Gewehr in der Hand, der andere hatte sich erst einen neuen KraftSchub injiziert.

„Raus aus dem Knast“, knurrte der Mann mit der Waffe. Er hatte einen osteuropäischen Akzent. „Keine weitere Fragen jetzt. Komm mit.“

Wie in Trance erhob sich Johnny. Raus aus Persephone. Raus aus der Gefangenschaft. Wo auch immer er hingebracht wurde, nichts konnte schlimmer sein als hier auf den Tod zu warten. Vielleicht war es möglich Eleanor wieder zu sehen.

Er wurde grob am Arm gepackt und aus dem Zellblock geführt, begleitete von den empörten Rufen der Splicer.

Draußen standen noch mehr Häftlinge, etwa acht oder neun, die von bewaffneten Männern umstellt waren. Sie alle schienen nicht zu wissen wo hin sie jetzt gebracht wurden. In ihren Gesichtern zeigte sich Verständnislosigkeit, Angst und Misstrauen.

Johnny wurde grob zu den anderen Häftlingen geschubst.

„Das wär´s dann erstmal“, hörte Johnny jemanden knurren. Er drehte sich um und sah, wie Augustus Sinclair ein dickes Geldbündel von einem der fremden Männer entgegen nahm.

„Sie haben uns verkauft?“, fragte Johnny laut, so das es alle hören können. Seine aufkommende Wut verleite seiner Stimme Kraft. „Sie haben uns verkauft! An wen? Ryan? Fontaine? Was passiert mit uns? Werden wir jetzt als Testsubjekte für neue tödliche Plasmide eingesetzt?“

Seine Worte brachten Unruhe in die Häftlinge.

„Wir werden verkauft?“

„Ich will in meine Zelle zurück.“

„Ich will kein Testsubjekt werden.“

„Wir werden zu Tode gefoltert!“

Johnny schlug sich zu Sinclair durch, während die andren Häftlinge versuchten zu fliehen. Die Männer, die gekommen waren um sie weg zubringen, schlugen sie bewusstlos oder feuerten Plasmide ab um sie im Zaum zu halten.

Er packte Sinclair am Kragen und sah in wütend an.

„Ich dachte sie sein ein guter Mann“, fauchte er.

„Es tut mir leid, mein Junge. Ich bin Geschäftsmann“, sagte Sinclair und dann spürte Johnny den kalten Stahl eines Gewehrlaufes, der heftig gegen seien Kopf schlug.

Benommen sank er zu Boden.

Sein Kopf dröhne und ihm schwand die Sicht. Er kämpfte gegen die Ohnmacht und er sah wie sich jemand näherte. Kurz wurde es schwarz vor seinen Augen. Er spürte wie ihn jemand mit dem Fuß auf den Rücken drehte. Er öffnete wieder die Augen und sah wie sich ein Wachmann neben ihn kniete.

„Johnny Topside“, hörte er ihn brummend lachen. Es klang als würde Johnny Watte auf den Ohren haben. „Der Mann, der in Raputre als Held bezeichnet wird. Keine besonders heldenhafte Situation, oder?“

Wieder raubte die Dunkelheit im die Sicht. Er zwang sich die Augen offen zu halten.

Der Wachmann über ihm lachte laut.

„Was … haben …?“

„Keine Fragen, großer Held“, sagte der Mann. „Ab besten du schläfst jetzt eine Runde. Du machst uns sonst nur Ärger. Gute Nacht!“

Er schlug ihn mit seiner riesigen Faust bewusstlos.
 


 

Fontaine Futuristics, Labor
 

Ein rhythmisches Piepsen holte ihn aus seiner Ohnmacht.

„Er ist in einem guten Zustand. Besser als alle anderen die her gebracht wurde. Vielleicht könnte er etwas mehr Essen und Trinken. Und ein Bad würde ihm auch nicht schaden.“

Er öffnete die Augen und blinzelte einer hellen Neonlampe entgegen.

Das Piepsen kam von einem EKG-Monitor. Von dem Monitor führten Kabel zu den Elektroden, die auf Johnnys Brust klebten. Er lag nackt auf einer kalten metallenen Tisch, nur über seinem Hüftbereich war abgedeckt.

Eine blasse, dünne Frau unterhielt sich mit einem Mann. Sie beide trugen Kittel und hielten Klemmbretter in den Händen.

„Wo … wo bin ich?“, fragte Johnny mit schwacher Stimme.

Die Frau drehte sich zu ihm. Sie hatte ein schmales Gesicht und dunkles Haar.

„Oh Sie sind wach“, sagte Tenenbaum. „Wie geht es Ihnen?“

„Mir ist etwas schlecht und kalt ist mir auch“, gab er zu.

„Das wird sich ändern, wenn sie von dem Tisch runter sind. Ihre Werte sind erstaunlich gut.“

„Und wo sind wir hier?“

Tenenbaum sah an ihm vorbei und wirkte als hätte sie eine Frage nicht gehört.

„Auf dem Tisch dort drüben sind Klamotten für Sie. Ziehen Sie sich an, danach werden Sie Antworten erhalten.“

Sie und der fremde Mann verließen den Raum, nachdem sie ihm die Elektronen abgenommen hatte.

Johnny setzte sich auf den kalten Tisch auf und sah sich um. Ein paar Schränke, medizinische Geräte, nackte Wände schlossen ihn ein und nicht ein Fenster gab ein Blick auf das Meer frei.

Auf den Ablageflächen lagen große Papierstapel und Glasbehälter mit bunter und durchsichtiger Flüssigkeit.

Er sprang von dem Tisch und schnappte sich die Klamotten.

Was war das für ein Ort, wer war diese Frau gewesen?

Er schloss seine Hose und knüpfte sein Hemd zu, das ihm gegeben wurde. Die Schuhe waren ihm etwas zu groß, aber damit würde er leben können.

Die Tür wurde geöffnet und ein weiterer fremder Mann kam herein. Er war ein schlaksiger Mann, mit schütternden blonden Haar und tief liegenden grauen Augen.

„Bitte folgen Sie mir. Fassen Sie nichts an. Bleiben Sie bei mir. Wenn Sie flüchten, wird dass das Letzte sein was sie getan haben.“

Nun fühlte sich Johnny nicht mehr sicher. Er war von einem Gefängnis ins nächste geraten. Hier kam er auch nur als Leiche raus. So würde er Eleanor nie wieder sehen. Er folgte dem Mann in einen langen kalten Flur entlang, Rechts und links von ihnen führten Türen in andere Räume. Hinter einer Tür erklang ein markerschütternder Schrei, der Johnny das Blut in den Adern gefrieren lies.

„Wo sind wir hier? Was passiert mit mir? Was wird diesen Menschen angetan?“, fragte er den Mann, der neben ihm herging.

„Ich darf Ihnen keine Fragen beantworten“, sagte dieser.

Johnny machte keine Anstalten zu fliehen. Er hatte die Waffe im Gürtel des Mannes gesehen. Er würde ihm gnadenlos bei einem Fluchtversuch in den Rücken schießen.

Man führte ihn durch eine Doppelflügeltür in einen Raum, in dem sich auch die anderen Häftlinge befanden. Sie standen in der Mitte des Raumes, an den Wänden standen bewaffnete Wachmänner.

Was für ein Spiel wurde hier gespielt, fragte er sich, als er sich zu den anderen stelle. Werden wir jetzt über den Haufen geschossen? Erfreut sich ein kranker reicher Bastard an dieser für uns aussichtsloser Jagd?

In seinen Ohren hämmerte sein Blut.

Er zuckte zusammen als die Tür hintern ihnen zugeschlagen wurde. Der einzige Fluchtweg wurde abgeschnitten, als sich drei Wachmänner mit Maschinengewehren vor die Tür schoben.

Hinter einer Gruppe Wachmänner schob sich ein Mann mit schmalem Schnurrbart hervor.

„Guten Tag die Herren. Mein Name ist Gilbert Alexander. Sie wurden hier her gebracht um an Experimenten teil zu nehmen. Sie haben die Möglichkeit abzulehnen, doch dann werden sie wieder nach Persephone zurück geschickt. Sie können jeder Zeit die Experimente beenden. Sie werden mit diesen Experimenten Raputure helfen und als Dank dürfen sie diese Einrichtung verlassen und müssen nicht mehr nach Persephone. Die Experimente sind streng geheim deswegen darf ich keine Auskunft geben.“

„Die Einrichtung lebend oder als Leiche verlassen?“, fragte ein Mann aus der Menge hinaus.

„Lebend natürlich“, sagte Alexander. „Man schenkt ihnen als Dank die Freiheit. Nun entscheiden Sie sich bitte, ob Sie hier bleiben oder zurückkehren wollen.“

Ein murmeln ging durch die Männer, doch Johnny hatte sich entschieden. Er würde Eleanor wieder sehen. Johnny trat aus der Menge heraus.

„Ich werde bleiben.“

Das Ziel vor Augen

1956, Fontaine Futuristics, Labor
 

Täglich bekam Johnny mehre Tabletten und anderer Medikamente eingeflösst. Oft wurde ihm davon schlecht und er erbrach sich auf den Fußboden. Er bekam Kopf oder Gliederschmerzen, die so unerträglich wurden, dass er oft darum bettelte Schmerzmittel verabreicht zu bekommen. Einmal hatte man ihm ein Mittel gespritzt und er hatte das Gefühl bekommen, das sein Blut in Flammen aufging. Er hatte geschrieen und sich vor Schmerzen gewunden. Doch bei allen Qualen die er erlitte, wollte er nicht aufgeben.

Johnny hatte sich ein Ziel gesetzte: Er würde die Torturen durchstehen, er würde wieder frei durch Rapture laufen. Er würde Sophia Lamb aufsuchen und sie dafür bezahlen lassen, was sie ihm angetan hatte. Und dann würde er sein Versprechen einhalten und mit Eleanor and die Oberfläche flüchten.

Er lag auf seinem Bett, das in seinem zellenähnlichen Zimmer stand. Es war tatsächlich eine Zelle nur komfortabeler als eine normale Zelle Er wurde gut verpflegt, doch sein Körper war in keine besonders guter Verfassung. Seine Haut war wund und an einigen Stellen aufgerissen. Über seine Arme zogen sich blutige, teilweise schon verkrustete, Striemen, wo er sich nach einer weiteren Dosis aufgekratzt hatte. Unter seinen Fingernägeln hatte sich Haut und getrocknetes Blut gesammelt.

Auf seiner Stirn hatten sich Schweißperlen gesammelt und das Salz darin brannte in seinen Wunden. Er hob seine Hand um den Schweiß von seiner Haut zu wischen. Seine Hand war schwer wie Blei und zitterte stark und er fragte sich wie lange sein Körper noch mitmachen würde.

Die meisten Häftlinge hatten, wie er auch, dem Experimenten und der damit winkenden Freiheit zu gesagt. Die zwei Häftlinge, die sich dagegen ausgesagt hatte, wurden nach Persephone zurück gebracht. Johnny war sich sicher, dass er Pistolenschüssen gehört hatte, nachdem man die Männer auf den Flur hinaus gebracht hatte.

Von den übrig gebliebenen acht Männern, waren drei Männer an den Medikamenten gestorben.

Einer wurde an Johnny vorbei getragen, als er wieder in eines der Labore gebracht wurde. Man hatte ihn mit einem Tuch abgedeckt, doch durch eine unvorsichtige Bewegung war das Tuch von seinem Körper gerutscht.

Seine blinden Augen starrten an die Decke, man hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, sie zu schließen. Sein Mund war weit aufgerissen und noch frisches Blut klebte an seinen trockenen spröden Lippen. Seine Haut wirkte wie Gestein, an dem der Zahn der Zeit genagte hatte. Feine Risse zogen sich über sein Gesicht.

Doch die Todesursache war nicht die versteinerte Haut, sondern der aufgekratzte Hals. Mit seinen langen, krallenartigen Fingernägeln hatte er sich bis auf die Luftröhre aufgekratzt und war daran erstickt. Vielleicht war er auch verblutet.

Johnny wurde bei dem Anblick etwas flau im Magen und war dankbar, dass man das Leichentuch schnell wieder über dem Mann legte.

Er hatte von Dr Tenenbaum erfahren, dass er am besten die Medikamente vertrug, Johnny kannte seine Schmerzen und er wollte gar nicht wissen, wie es den anderen erging, von denen er selten was sah. Er sah meist nur Tenenbaum, ab und zu Gil Alexander und Shuchong.

In letzter Zeit waren sie viel mit einem anderen Experiment beschäftigt. Sie nannten es Experiment 111 und Johnny fragte sich wie viel arme Gestallten hier festgehalten wurden.

All das ging ihm durch den Kopf während er auf dem Bett lag und an die Decke sah.

Bald würde jemand kommen um ihn entweder etwas zu verabreichen oder in eines der Labore zu bringen, wo man ausführlichere Experimente mit ihm durchführen würde.

Doch an diesem Tag kam niemand. Er war froh darüber, dass er sich einen Tag Ruhe gönnen konnte.
 

Am nächsten Morgen wurde er früh geweckt. Es gab hier unten keine Uhren, aber da er noch sehr müde war, schätze er dass es noch recht früh war.

„Mr Topside“, sagte eine unfreundliche Stimme. „Wachen Sie auf!“

Blinzelnd öffnete er die verklebten Augen und setze sich auf. Ihm wurden Essen und Trinken auf einem Tablett gereicht. Der bullige Mann war so ausladend, dass er die ganze Zelle ausfüllte.

„Na los, essen Sie schon, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit“, knurrte er.

Doch Johnny war noch zu müde und hatte auch noch keinen Hunger. Wütend schnaubend verlies der Riese den Raum.

Verschlafen und entkräftet sah Johnny auf das Tablett, das auf dem kleinem Hocker lag. Das Essen interessierte ihn nicht, doch als es das Wasser sah, spürte er wie durstig er war. Er griff danach und stützte es hinunter. Das Glas war zu schnell leer, als das es seinen Brandt hätte stillen können. Er stand auf und ging, etwas unsicher auf den Beinen zu dem Waschbecken hinüber. Das Wasser aus dem Hahn war nicht das Sauberste aber er hatte schrecklichen Durst. Er füllte sein Glas bis zum Rand und trank es erneut in einem Zug aus. Sein Durst wurde nicht weniger. Eher größer.

Er drehte den Hahn ganz auf und trank aus dem fließenden Strahl. Das Wasser spülte seine Kehle hinunter, rann an seinen Mundwinkel vorbei, doch seinen Durst konnte er nicht stillen.

Gierig trank er, Schluck um Schluck.

Er spürte wie eine Hand sich um sein Handgelenk legte und seinen Arm zur Seite riss. Dann durch stach eine kalte Nadel seine Armbeuge und etwas heißes Brennendes wurde in seine Blutbahn gespritzt. Augenblicklich verebbte der Durst. Quietschend wurde der Wasserhahn geschlossen.

„Das hätte schief gehen können.“

Er jetzt bemerkte Johnny, dass er hektisch nach Luft schnappte. Im gierigen Trinken hatte er nicht einmal Luft geholt.

„Sie hätten sich selbst im Waschbecken ertränkt, Mr Topside“, sagte Tenenbaum und verstaute die rettende Spritze wieder in dem kleinen Koffer, der auf dem Boden stand.

„Es wäre schade gewesen sie zu verlieren.“

„Ich …“, Johnny wusste nicht was er darauf sagen sollte. Er atmete immer noch schnell und sein Herz klopfte heftig.

„Sie brauchen sich nicht zu bedanken. Kommen Sie mit“, damit verließ sie seine Zelle und er folgte ihr.
 

Sie gingen nicht den üblichen Weg zu den Laboren. Ihr Weg führte sie durch eine Glasröhre in einen anderen Bereich von Fontaine Futuristics. Johnny Schritte verlangsamten sich, bis er schließlich stehen blieb. Er warf einen langen Blick nach draußen in die dunkle See.

„Stimmt was nicht, Mr Topside?“, fragte die Doktorin, nachdem sie bemerkt hatte, dass er stehen geblieben war.

„Nein. Es ist alles in Ordnung, Dr Tenenbaum. Lassen Sie mir bitte nur eine Minute.“

Die Lichter Raptures durchdrangen die umfassende Dunkelheit. Schwärme von Fischen in silber, mit roten oder gelben Flossen, mit grünlich glänzenden Schuppen oder riesigen Mäulern zogen an dem Glas vorbei. In weitere Ferne konnte er einen Wal sehen, der zwischen den Häusern hindurch schwamm. Hier und da sah er in paar Haie. An den Glaswänden des Durchganges hatten sich Seeschnecken und Seesterne festgesaugt. Unter ihm auf dem Meeresboden leuchteten in den Wogen des Meeres die Algen, in denen sich noch mehr Getier aufhielt.

Er seufzte schwer.

„Mr Topside, wir müssen weiter“, sagte Dr Tenenbaum.
 

Es war schon öfters vorgekommen, dass sich Johnny gefragt, hatte ob er nicht aus Fontaine Futuristics fliehen könnte. Doch die Kameras, die jeden Winkel überprüften und die Wachmänner an den Türen hatten diese Überlegung schnell zunichte gemacht und die Hoffnung auf Freiheit im Keim erstickt.

Die runde Tür mit dem geschwungenen R darauf öffnete sich und Johnny warf ein letztes Mal einen Blick aus der Röhre.

Unter ihnen verlief eine weiter Röhre und was er da sah, lies ihn erneut stehen bleiben.

„Eleanor?“

Er trat an die Scheibe und sah nach unten.

Dort, keine zehn Meter entfernt, war seine geliebte Eleanor. Sie ging an der Hand ihrer schrecklichen Mutter und sah keines Falles glücklich aus. Sie sah aus als hätte sie bis grade eben geweint.

„Eleanor! ELEANOR!“, schrie er und schlug mit der Faust gegen das Glas.

„Beruhigen Sie sich wieder, Mr Topside!“, sagte Dr Tenenbaum laut.

„Eleanor! Ich bin hier oben!“

„Mr Topside, bitte. Sie kann Sie nicht hören.“

Das wusste er. Genauso gut hätte er einen Tauben anschreien können. Ein letztes Mal schlug er mit der Faust gegen die Röhre.

„Eleanor!“ Er lehnte die Stirn an das eiskalte Glas und murmelte. „Ich halte mein Versprechen ein“

Er sah zu wie sie und Sophia Lamb hinter einer der runden Tür verschwanden.

„Komm Sie endlich“, sagte Tenenbaum mit Nachdruck. „Oder muss ich einen der Wachmänner bescheid sagen. Mr Topside?“

In Johnny war der Zorn über Sophia Lamb wieder aufgeflammt. Er spürte wie sie seinen Körper durchflutete, wie eins der Medikamente das man im verabreicht hatte. Seine Fingernägel gruben sich schmerzhaft in seine Handfläche und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Nun hatte er sein Ziel und den Grund wieso er hier war wieder klar vor Augen. Als er sich zu Tenenbaum umdrehte, war der Mann, der er vor Monaten gewesen war, wieder zum Teil zurückgekehrt.

„Fangen wir mit Ihren Experimenten an!“, sagte er entschlossen und ging durch die Tür.

Der vierte Buchstabe im griechischen Alphabet

1956, Fontaine Futuristics, Labor
 

„Ausziehen“, befahl man ihm.

„Komplett?“, fragte er.

„Komplett.“

Ihm war etwas unwohl dabei, doch er tat es ohne zu zögern. In der Mitte des Raumes, der voll gestopft war mit medizinischen Gräten, stand ein gläsernes Gefäß. Es erinnerte Johnny stark an einen mit grün-gelber Flüssigkeit gefüllten Sarg. Er stand auf einem rollbaren Untersatz. Der Boden des Raumes war mit Kabelschlangen bedeckt und über all piepte, blinkte und flackerte es. An dem Glassarg standen Shuchong und Alexander, beide trugen Kittel. Tenenbaum stand an einem Regal und holte diverse Behälter mit ekelerregendem Inhalt heraus.

„Mr Topside“, sagte Alexander mit etwas zurückhaltender Stimme. „Sie werden sich nun in den Glasbehälter begeben und …“

„Das er nicht zu wissen braucht“, fuhr im Suchong dazwischen. „Er nur sich rein legen soll.“

„Ja … verzeihen sie Dr Suchong.“ Alexander machte oft den Eindruck, als würden ihn alle anderen einschüchtern. Doch stille Wasser waren tief und Johnny konnte sich vorstellen, dass Alexander mehr auf dem Kasten hatte als dieser Koreaner. Den er, nebenbei bemerkt, überhaupt nicht leiden konnte.

„Also“, sagte Tenenbaum und wies auf den Glassarg.

„Was ist das für eine Flüssigkeit“, fragte Johnny skeptisch.

Suchong öffnete den Mund, wahrscheinlich um ihn erneut zu sagen, dass er so was nicht zu wissen brauchte, aber Tenenbaum sagte: „Es ist eine Lösung, die ihre Schmerzen lindern wird. Außerdem leitet es die Impulse besser, die wir auf sie losschicken werden.“

„Wird das sehr schmerzhaft?“, fragte er.

„Das ist gut möglich“, sagte Alexander. „Im Falle einer Ohnmacht werden sie durch einen Schlauch weiter beatmet. Wir können leider unsere Experimente erst unterbrechen, wenn sie vorbei sind.“

Johnny nickte.

„Verstanden.“

Tenenbaum wand sich an Alexander, ohne jedoch von ihrem Klemmbrett auf zusehen.

„Ich werde mich nun wieder Experiment 111 widmen. Fontaine erwartet schnelle Ergebnisse“, sagte sie und verschwand eiligst aus dem Raum.

Bevor Johnny in dem Glassarg stieg, wurde er verkabelt, wurde mit einem Beatmungsgerät verbunden und bekam eine Infusion gelegt. Er fühlte sie wie eine Maschine.

Die grün-gelbe Flüssigkeit tat unerwartet gut, als er sich in sie setzte. Sie war angenehm kühl und brannte nicht auf seinen Wunden.

Suchong packt ihn grob am rechten Arm und ihm wurde eine Nadel unter die Haut gejagt. Johnny presste die Lippen aufeinander, als ein stechender Schmerz bis an seine Haarwurzel drang. Gil Alexander stand abseits und sah zu. Er schien nicht unbedingt ein Praktiker zu sein. Dafür kamen drei weiter Männer in Kittel hinein, deren Gesichter von einem Mundschutz verdeckt waren. Doch ihre Augen waren genauso erbarmungslos wie die von dem Koreaner.

Sie stellten sich um den Glassarg, - einer hinter Johnny, die anderen beiden rechts und links von ihm - und einer der Fremden griff nach Johnnys linken Arm. Noch etwas betäubt von den grade erlitten Schmerzen, konnte er nicht klar sehen, was der zweite Mann in der Hand hatte. Es war ein rot glühendes Dreieck, das zu dampfen schien.

„Jetzt Dr Shuchong?“, fragte der Mann mit dem Dreieck in der Hand.

„Ja, machen schnell. Suchong kann nicht erwarten anzufangen. Und drücken sie ihn runter wenn er schreit.“

Sein linker Arm und seine linke Hand wurden festgehalten sodass der Bereich des Handgelenkes frei war. Dann wurde ihm das glühende Dreieck auf den Arm gepresst und der Geruch von verbrannter Haut stieg auf.

Die unerwarteten Schmerzen der Brandmarkung lies Johnny laut schreien. Er wurde an den Schultern nach hinten gerissen, während er vor Qual schrie und sein Kopf nach untern gedrückt. Er wand sich und strampelte, doch lies man ihn weder los noch ließen die Schmerzen nach.

Als sein markierter Arm schlaff in die Flüssigkeit viel, empfang der dankbar die Ohnmacht.
 

Was hatte das alles zu bedeuten? Was wurde hier an ihnen ausprobiert?

Johnny strich vorsichtig über das Symbol auf seinem Arm. Es war noch etwas wund, doch durch die Flüssigkeit, in der er mehrere Stunden verbracht hatte, war es schneller verheilt. Zwischen durch war er ein paar Mal aufgewacht, doch der Wachzustand hielt nicht lange, denn die Schmerzen die ihm zugeführt wurden, übergaben ihn wider der schwarzen Bewusstlosigkeit.

Er hatte bei der nächsten Gelegenheit Tenenbaum gefragt, was das Symbol auf seinem Arm bedeutete. Sie war die einzige mit der er reden konnte, auch wenn sie es offensichtlich nicht gerne tat.

„Es ist das Zeichen für Delta. Dem vierten Buchstaben im griechischen Alphabet“, hatte sie ihm erklärt. „Alle übrig gebliebenen Männer haben so ein Zeichen bekommen. Von Alpha bis Epsilon.“

„Das heißt“, schlussfolgerte Johnny, „Es sind nur noch fünf übrig.“

„Inzwischen wurden noch mehr aus Persephone hier her gebracht, weil der Verlust zu groß war. Aber ja. Von den ersten zehn sind nur noch fünf übrig.“

Wieder einmal versuchte es Johnny und fragte: „Was haben Sie mit uns vor?“

Doch Tenenbaum schwieg, nahm sein Blut ab und verließ dann den Raum.

Er sah wieder auf seinen Arm.

„Delta, hm?“
 

In den folgenden Wochen wurde er immer wieder in den Glassarg gelegt. Immer wieder wurde er verkabbelt. Und die meiste Zeit war er bewusstlos. Das war die beste Methode die Prozedur zu überstehen. Doch leider gewöhnte er sich bald an die Schmerzen und er musste immer öfter mit bekommen, wie man an seinem Körper hantierte.

Sein Körper wies dicke Narben auf, hauptsächlich an den Beinen und den Armen, wo er aufgeschnitten und ihm etwas unter das Fleisch implantiert wurde. Seine Gliedmaßen waren schwerer als sonst, so tippte er auf ein Metal. Was es auch war, so lange es ihn nicht umbrachte, war es ihm egal.

Leider fehlte ihm die Möglichkeit seinen neuen schweren Gliedmaßen zu trainieren und so viel ihm das Gehen schon ziemlich schwer. Auch das Heben der Arme war nicht mehr so leicht, wie gewohnt.

Aber das würde er alles meistern nur um sein Versprechen zu halten.

Letzte Chance

1957, Fontaine Futuristics, Frank Fontaine´s Büro
 

„Mr Ryan wird ungeduldig, Sir. Er sagt er habe nicht so viel Geld in das Projekt investiert, damit er so lange auf das Ergebnis warten muss. Die Little Sisters werden immer öfter angegriffen, dadurch verlieren wir viel zu viel …“, der Mann schwieg sofort als Frank Fontaine die Hand hob.

„Hören sie Mr Young“, sagte Fontaine mit ruhiger Stimme. Hinter ihm erhob sich die riesige Bären-Statur. „Richten Sie Mr Ryan aus, dass das Protector Experiment im vollem Gange ist. Allerdings sind die Männer, die er dafür gekauft hat, nicht besonders widerstandsfähig. Wir haben über fünfzig Prozent der Probanten verloren. Wir brauchen mehr Männer. Wir werden bald mit den entscheiden Schritte anfangen. Die Vereinigung von Mensch und Anzug ist nicht grade einfach. Sobald es nennenswerte Erfolge gibt, werden wir ihn sofort in Kenntnis setzen.“

Er nickte Young zu, damit war die Unterhaltung für ihn vorbei.

„Sehr wohl Mr Fontaine“, sagte Young unter geben und verließ eiligst das Büro.

Als die Tür ins Schloss viel, erhob sich Fontaine aus seinem Stuhl, nahm ein gefülltes Weinglas vom Regal und sah aus dem runden Glas hinaus ins Atlantische Meer.

„Dieser Trottel“, murmelt er und nahm grinsend einen Schluck aus seinem Weinglas.
 


 

Fontaine Futuristics, Labor
 

Wie viele Monate er nun schon in den Laboren verbracht hatte, konnte Johnny nicht sagen. Doch er glaubte immer noch daran das sich die Qualen eines Tages bezahlt machen würden. Inzwischen hatte er sich an das zusätzliche Gewicht der Metalimplantate gewöhnt und konnte nun fast genau so gut mit seinem neuen Körper umgehen wie davor. Vor einiger Zeit hatte man angefangen ihm etwas zu verabreichen, was ihn dazu brachte, geisterhafte Gestallten zu sehen.

Am Anfang hatte er sich erschreckt, als plötzlich zwei fast durchsichtige Menschen vor ihm aufgetaucht waren. Sie hatten ihm nichts getan, sie hatten nur da gestanden und sich unterhalten. Es war wirres Zeug und sie schienen Johnny nicht zu sehen, doch es hatte ihn in Panik versetzt, da sie sich nicht durch Faustschläge hatten vertreiben lassen. Sie waren nach wenigen Minuten einfach wieder verschwunden. Schweiß überströmt hatte er in seiner Zelle gehockt, den eigenen Herzschlag laut in den Ohren. Wurde er nun verrückt?

Doch nachdem die Geister ein paar Mal erschienen waren, lies er sich nicht mehr von ihnen beeindrucken. Sie waren da, sie taten ihm nichts und so lange sie wieder verschwinden würden, machte er sich auch keine weiteren Gedanken.
 

An diesem Tag wurde ein neues Experiment in der langen Reihe von Versuchen an ihm hinzugefügt. Der Raum war recht unspektakulär, er sah aus wie jedes anderes Labor, dass Johnny bisher gesehen hatte. Viele Geräte die er nicht verstand, Gläser mit Flüssigkeiten, Kabel, Nadel und den ganzen anderen Kram, der für ihn normal geworden war.

In der Mitte stand diesmal ein OP-Tisch statt des Glassarges, in denen er viele Qualvolle Stunden verbracht hatte. Dieser Tische jedoch war mit Lederriemen und eisernen Verschlüssen versehen. Er war dafür vorgesehen, etwas oder jemanden an sich zu ketten.

Der verhasste koreanische Doktor betrat den Raum zusammen mit Dr Alexander und zwei weiteren Männern in Kittel.

„Wie geht es Ihnen, mein Junge?“, fragte Gil Alexander.

„Den Umständen entsprechend gut, Doktor“, sagte Johnny.

Alexander legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Es wird bald vorbei sein. Sie werden bald all den Schmerz hinter sich lassen.“ Das traurige und reumütige Gesicht des netten Doktors machte Johnny unsicher. Wie er das wohl gemeint hatte. Er schluckte hörbar.

„Wird mich das hier umbringen?“, fragte er mit leicht zittriger Stimme.

„Wo denken Sie hin“, sagte Gil leicht lächeln. „Nein, Sie werden nicht sterben, außer Sie lassen es zu.“

„Was –?“

„Keine weiteren Frage“, unterbrach Suchong sie. „Sie sich legen auf den Tisch, sofort.“

Johnny tat wie ihm befohlen wurde. Er legte sich auf den Tisch, wunderte sich, dass er angezogen bleiben durfte und wartete was nun geschehen würde. „Gut dann fangen wir an“, sagte Dr Suchong.

Die beiden Männer in den Kitteln drückten seine Arme auf die Tischplatte. Sie schnürten ihm Arme auf den Tisch,. Seine Füße wurden an ein Brett am Ende des Tischen gespannt.. Die eingebrannte Narbe auf seinem Linken Arm schimmerte silbrig in dem grellen Neonlicht. Ein weiterer dicker Lederriemen wurde um seinen Oberkörper geschnallt. Ihm wurde etwas mulmig zu Mute. Doch nichts konnte schlimmer sein, als dass, was er in den Glassarg ertragen musste.

„Aufstellen!“

Einer der Männer drückte auf einen Knopf und der Tisch begann sich aufzustellen, bis Johnny an die gegenüberliegende Wand sehen konnte. Suchong spritze ihm etwas in die Armbeuge. Sie war schon ganz blau von den ständigen eindringen mit der Nadel.

Fragend sah er den dreien hinterher, als auch sie den Raum verließen.

Johnny spürte wie sich das Mittel in seinem Körper verteilte. Es war ein warmes, angenehmes Gefühl. Sein Körper entspannte sich und er spürte keine Schmerzen mehr.

Aus verstecken Lautsprechen erklang die verzerrte Stimme von Suchong.

„Wir nun anfangen!“

Rechts und links von Johnny erhoben sich zwei mechanische Arme, an deren Enden sich jeweils eine sehr spitze Nadel befanden.

„Sie sich müssen entspannen“, krächzte es aus den Lautsprechern. „Die Nadeln gehen in Ihren Kopf. Es wird nicht schmerzen, aber sie sich müssen entspannen.“

Johnny glaubte ihm, dass es nicht wehtun würde und lehnte den Kopf an den kühlen aufrecht stehenden Tisch. Er schloss die Augen und entspannte sich. Vor seinem Inneren Auge sah er Eleanor und sich, wie sie an einem sonnigen Sommertag in einem Park an der Oberfläche spazieren gehen würden. Weit weg von Rapture, weit weg von ihrer Mutter.

Die Nadel waren nun schon an seine Haaren und er spürte einen sanften Druck an seinen Schläfen. Er atmete tief ein und einen Moment später hörte er das Knacken als die Nadeln seine Schädel durchstießen.

Er spürte keinen Schmerz. Sein Körper war betäubt und sein Geist war an der Oberfläche.

Vor ihm öffnete sich die Wand und dahinter konnte er drei Personen sehen, die ihn beobachteten. Es war einer der unbekannten Männer, er hielt ein Klemmbrett in der Hand, Dr Yi Suchong, und Sophia Lamb. Doch Johnny war viel zu sehr unter Drogen, als dass es ihn interessieren würde, wieso sie hier war. Er war ganz wo anders.

Sophia beugte sich etwas hinunter und sprach in ein Mikrophon, das vor ihr stand. Ihre Stimme hallte aus den Lautsprechern.

„Hallo Mr Topside. Oder sollte ich sagen, Subject Delta?“

Ihre Stimme war erfüllt von siegreicher Selbstzufriedenheit. Johnny schenkte ihr einen müden Blick, doch in seinem Herzen flammte der Zorn auf.

„Wie geht es dir? Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen. So viele Monate sind vergangen und von dem stattlichen Tiefseetaucher ist nicht mehr viel übrig. Der Held, der Rapture auf eigene Faust gefunden hat, ist nun nicht mehr als ein Versuchsobjekt. Soll ich dir mal was sagen, Delta? Niemand vermisst dich. Keiner fragt nach dir. Niemand. Außer Eleanor. Sie hat jeden Tag für dich gebetet, dass es dir bald besser geht, dass du gesund wirst. Sie wollte dich jeden Tag in Persephone besuchen. Sie ist durch dich so töricht geworden, eine Träumerin. Doch das hat sich nun geändert. Ich habe ihr gesagt, dass du an deiner Krankheit gestorben bist. Und nachdem wir in Persephone waren und du nicht mehr dort warst, hat sie es endlich geglaubt. Es hat sie sehr mitgenommen, doch nun kann sie sich wieder ganz auf ihre Aufgaben konzentrieren. Endlich kehrt wieder Disziplin und Ordnung in das kleine Gehirn meiner Tochter ein.“

Johnny´s Arm zuckte, doch sie waren immer noch gelähmt. Sein Geist war während Sophia gesprochen hatte, zu ihm zurückgekehrt. Am liebsten hätte er Sophia die schlimmsten Beleidigungen entgegen geschrieen. Doch noch viel lieber hätte er sich von den Fesseln los gerissen, wäre aus dem Raum gestürmt und diese schreckliche Frau dafür bezahlen lassen was sie Eleanor angetan hatte.

„Weißt du was nun mit dir passiert, Delta? Du wirst zu einem Protector. Die Freiheit die man dir versprochen hat, liegt in einem Anzug und an der Seite dieser kleinen Biester, die Little Sister genannt werden. Du wirst dran gebunden sein, bis dich eines Tages einer dieser Splicer umbringen wird oder das Herz deines kleines Monsters zu schlagen aufhört.“ Sie machte ein kurze Pause.

„Falls du mich hörst, fragst du dich sicher, wieso ich dir das erzähle. Nun ich möchte einfach, dass du weißt was auf dich zukommt, bevor alles vorbei ist. Diese Nadeln, die in deinen Kopf stecken, sie werden dir ein Elixier in dein Gehirn spritzen, das dich vergessen lässt. Und zwar alles. Du wirst zu einem willenlosen Sklaven werden. Du wirst die Oberfläche vergessen, du wirst vergessen, dass du mal ein Mensch warst, du wirst mich vergessen, du wirst Eleanor vergessen.“

Die müden blauen Augen waren nun hellwach. Durch seinen gelähmten Körper strömte blanker Zorn und belebte ihn wieder. Er biss die Zähne aufeinander. Er wollte nicht vergessen!

„Was passiert da?“, hörte er die hektische Stimme des Koreaners durch die Lautsprecher sagen. „Seine Werte steigen alle wieder an. Nicht nur der Herzschlag, auch die Gehirnaktivitäten!“

„Sehen sie Doktor“, rief der Mann mit dem Klemmbrett und zeigt durch das Fenster auf Johnny.

Er stemmte sich mit aller Macht gegen die Riemen.

Er durfte nicht vergessen, dass es die Oberfläche gab!

Die Schnallenverschlüsse, an dem der Lederriemen festgemacht war, bogen sich auseinander.

Er durfte sein Versprechen nicht vergessen.

„Er befreit sich!“, erkannte der Mann.

„Unglaublich“, raunte Suchong.

Er durfte die kleine Eleanor nicht vergessen!

Mit einem plonk fiel das auseinander gebogene Metal auf den Boden und er war frei. Er zerbrach die dünnen Nadeln die noch in seinem Kopf stecken mit den Händen, rutschte aus den Schuhen und sprang auf den Boden.

Er schenkte Sophia Lamb einen Hass erfüllten Blick durch das Fenster, der sie erschauern lies.

Dann rannte er zu Tür.

„Er will fliehen! Hohlen sie die Wachmänner!“

Er riss die Tür auf und da war sie. Sophia Lamb. Es war das erste Mal, dass Johnny in ihrem Gesicht Angst sah. Sie war unbewaffnet. Das war seine Chance.

Da schoss eine Kugel an seinem rechten Ohr vorbei und schlug in der Wand hinter ihm ein. Der Mann in dem Kittel hatte seine Pistole gezogen und sie auf ihn gerichtet. Er spannte den Hahn zum nächsten Schuss.

Die Gefahr erschossen zu werden, war zu groß. Da gab es für ihn nur eins: Die Flucht.

Eines Tages würde er sich rächen, doch jetzt musste er seine eigene Haut und seine Gedächtnis retten.

„Haltet ihn! Er darf nicht entkommen!“

Schüsse fielen und Johnny hob reflexartig die Arme. Dank dem Metal in seinen Unterarmen bohrte sich die Kugel nur wenige Zentimeter durch seine Haut.

„Wie brauchen Verstärkung!“

Der bewaffnete Unbekannte lud hastig seine Waffe nach. Dies nutzte Topside und hechtete zur Tür. Er riss sie beinahe aus den Angeln, als er auf den Gang flüchtete.

„STEHEN BLEIBEN!“

Er wandte sich um und sah drei Wachmänner auf sich zu rennen, alle bewaffnet mit Maschinengewehren. Hinter ihnen surrten zwei Sicherheits-Bots heran.

Johnny rannte in die entgegengesetzte Richtung davon. Ein Kugelhagel donnerte den Gang entlang. Eine Kugel erwischte ihn am rechten Oberarm, eine weiter sauste knapp an seinem Ohr vorbei. Die Wachmänner waren keine besonders präzisen Schützen, doch die surrenden Bots waren da anders. Einer schwebte plötzlich vor ihm, den Lauf auf sein Gesicht gerichtet. Johnny duckte sich grade noch rechtzeitig unter der Maschine weg. Seine Kugel schlugen in den Rumpf des anderen Bots ein. Das warf ihn aus der Bahn, er schlingerte und taumelte gegen die Wachmänner. Seine scharfen Rotorblätter zerfetzten zwei der Wachmänner. Körperteile und Stofffetzen verteilten sich im Gang und ihr Blut spritze an die Wand und die Decke.

„DU ELENDER BASTARD!“, heulte der letzte Wachmann, blieb stehen und feuerte sein Maschinengewehr ab. Die Kugeln flogen durch den Raum, trafen den Bot, prallten an Metaltüren ab und schlugen als Querschläger in die Wand ein. Johnny spürte wie eine weitere Kugel sich in seine Schulter grub, zwei durchschlugen seine Seite und eine weiter traf direkt seine Kniekehle.

Er fiel ausgestreckt zu Boden. Seine Sicht verschwamm, er spürte wie die Kraft ihn mit seinem Blut verließ. Über ihm schwebte der Sicherheitsbot. Er hob den Kopf und streckte die Hand aus. Vor ihm war der Ausgang von Fontaine Futuristics.
 

Rapture
 

Sophia Lamb verlies zufrieden, aber auch geschockt das Labor. Der gescheiterte Angriff auf sie, hatte ihr gezeigt, wie unberechenbar dieser Topside war. Glücklicherweise hatte ihn der Wachmann niedergestreckt. Nachdem er bewusstlos geworden war, hatte man Subject Delta von Dr. Tenenbaum untersuchen lassen. Doch es interessierte sie nicht, ob er an seinen Wunden sterben würde oder nicht.

An diesem Abend bekam sie ganz andere Probleme.

Sie wurde festgenommen, weil sie eine zu große Bedrohung für Andrew Ryan geworden war. Bevor sie abtransportiert wurde und nach Persephone gebracht wurde, gab sie Eleanor in die Obhut ihrer Anhängerin Grace Holloway.
 

Ryan Industies, Andrew Ryan´s Büro
 

„Sehr schön“, sagte Andrew Ryan und transportierte einen Golfball mit einem gekonnten Schlag seines Schlägers in das Loch der Golfmatte.

„Sie haben gute Arbeit geleistet“, sagte Ryan und lehnte den Golfschläger gegen seinen Schreibtisch.

„Ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich so gut als Spion machen. Dank Ihnen konnte Sophia Lamb endlich von der Bildfläche verschwinden. Ich werde ihre ganze Existenz löschen, als hätte sie es nie gegeben.“

„Was wird aus ihrer Tochter?“

„Nun … das Kind ist mir egal. Sagen Sie, Poole, hat Mr Lamb Ihnen nicht den Dyonisus Park anvertraut?“

„Ja Mr Ryan, ganz Recht“, sagte Poole mit etwas in der Stimme, das wie Stolz klang.

Ryan nickte.

„Gut. Machen Sie was Anständiges daraus. Ich will nicht, dass es ein Treffpunkt für die Parasiten wird.“

„Sehr wohl, Mr Ryan.“

„Ihre Bezahlung werde Sie bei sich daheim in einem Koffer auf ihrem Tisch finden. Guten Tag, Mr Poole.“

„Guten Tag, Mr Ryan.“ Schnell wie ein Wiesel verschwand Stanley Poole aus dem Büro.

Big Daddy

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Meine Tochter

1958, Rapture
 

Seit fast einem Jahr war Subject Delta nun schon der Protektor der Little Sister, die einst Eleanor Lamb gewesen war. Er war ein willenloses Wesen, dessen einzige Aufgabe darin bestand sie vor jedem zu beschützen, der ihr zu nah kam.
 

Stampfend kamen die Schritte des Big Daddys näher. Mit seiner behandschuhten Faust schlug er gegen den Lüftungsschacht und wartete kurz.

Ein kleines Mädchen in einem weißen Kleid kam aus dem dunklen Loch zum Vorschein. Sie hielt eine kleine selbst gebastelte Puppe in der Hand.

„Sieht mal Daddy“, sagte sie und hielt ihm die Puppe, deren Kopf ein Baseballs war, entgegen. „Das bist du!“

Er streckte ihr beide Arme entgegen, hob sie vorsichtig aus dem Lüftungsschacht und stellte sie auf den Boden.

Als sie stand, nahm sie ihn an der Hand und zog ihn mit sich. In der anderen Hand hielt sie ihre ADAM-Ernte-Spritze.

„Komm, wir gehen spielen Daddy!“

Sie zog ihn durch eine Glasröhre Richtung Dionysos Park.

Draußen vor dem Glas blubberten die Luftblasen vorbei. Der Ozean war schwummrig erleuchtet von den Neonschildern Raptures. Als Delta einen Blick nach draußen warf schwamm ein Schwarm Fische durch sein Spiegelbild.

Am Ende des Ganges hing ein Bildschirm, über den eine Ansprache von Andrew Ryan flackerte. Als er um die Ecke bog, trommelten Wassertropfen aus einer undichten Stelle auf Deltas Helm. Die Little Sister lies ihren Daddy los und rannte vor über eine Treppe.

Dort lag eine Tote.

Als Delta zu ihr aufschloss, trank sie bereits das geerntete ADAM.

„Hmm“, machte die Sister, wischte sich über den Mund und kicherte. Dann schien sie etwas zu riechen.

„Noch mehr Engel, Daddy! Komm mit!“

Sie lief durch eine sich grade öffnende Türe.

Delta musste sich etwas beeilen, denn seine Little Sister rannte zielstrebig weiter. Er passierte einen weiteren Bildschirm, auf dem Ryans Gesicht zu sehen war und landete in einem mit Menschen gefülltem Raum. Die meisten trugen Masken, rauchten oder hielten Champagner-Gläser in der Händen. Ein Kellner schrecke zurück als er fast mit dem riesigen Wesen zusammen stieß.

Delta interessierte sich nicht für die Menschen in Rapture, er folgte seiner Little Sister, die den hell erleuchteten Raum schon verlassen hatte. Vor ihm taumelte ein Partygast mit einer Flasche Wein in der Hand.

„DADDY!“

Der entsetzte Schrei seiner Sister beschleunigte seine Schritte bis er auf einer Brüstung stand und von dort hinab auf vier Splicer sah. Einer von ihnen hatte es gewagt, seiner Little Sister zu nahe zu kommen und ihr die ADAM-Spritze zu entreißen.

Delta schwang sich über das Geländer der Brüstung und traf den ersten Splicer mit seinem Stiefel am Kopf, der zwischen diesem und dem Fußboden zerplatze.

„Willst du was Großer?“, fragte der männliche Splicer und injizierte sich das gesamte gesammelte ADAM aus der Spritze. Um seinen Arm zuckten Blitze. Er schoss sie auf Delta ab und der Big Daddy stand für zwei Sekunden unter Schock.

Er hob seinen Bohrer. Dampf stob aus den Ventilen und der Bohrer begann sich schnell zu drehen.

Ein anderer Splicer mit Schweißermaske erhob sein Heizungsrohr und griff ihn an.

„Je größer der Kerl, desto - aaarg!“

Deltas Bohrer durchstieß seinen Leib. Das Blut spritze und als der Splicer tot war, warf der Protektor ihn in die nächste Ecke und schlug die weibliche Splicerin mit der dem Bohrer weit von sich weg, die ihn von hinten angegriffen hatte.

„Verpiss dich, Freak!“, fauchte der frisch aufgesplicte und fing sich ebenfalls einen Bohrerschlag ein. Wieder lies Delta sein Bohrer drehen um ihn in den Kopf den Splicers zu rammen. Dieser rollte sich im letzten Augenblick zur Seite und Deltas Bohrer schlug in den Steinboden ein. Als er sein Bohrer erneut gegen ihn erhob, hielt dieser schon eine grüne Kugel in der Hand. Das Hypnotize-Big-Daddy Plasmid traf ihn direkt. Der Big Daddy beruhigte sich augenblicklich.

Sein Blick schweifte zu dem kleinen Mädchen, das ihn mit großen gelben Augen ansah.

„Sehr schön“, sagte eine Stimme und eine Frau kam die Treppe hinter der Little Sister herunter.

„Er ist jetzt keine Gefahr mehr“, sagte Sophia Lamb und griff nach dem kleinen Mädchen. „Dies ist nicht deine Tochter“, sagte sie zu Delta. „Verstehst du was ich sage? Ihr Name ist Eleanor und sie gehört mir. Und jetzt: knie nieder. Bitte.“

Dank dem Plasmid gehorchte Delta und ging auf die Knie.

„Nimm bitte den Helm ab.“

Ohne zu zögern nahm Delta seinen Helm vom Kopf. Der Geruch von Rapture drang ihn in seine künstliche Nase – ein Geruch, der ihm bekannt vorkam.

„Sehr gut“, sagte Lamb und reichte ihm eine Waffe. „Nimm die Pistole.“

Delta griff nach ihr.

„Halte sie dir an den Kopf.“

Mit zitternder Hand hob er die Waffe an seinen Kopf und presste den Lauf gegen seinen deformierten Schädel.

Etwas tropfte in sein Bewusstsein.

Die Little Sister hielt schockiert die Hände vor den Mund.

„Feuer“, befahl Lamb in ihrer ruhigen Stimme.

Entsetzte sah die Sister zu der großen dünnen Frau hinauf.

Zwei Atemzüge lang zögerte Johnny Topside.

… Da war was in seinem Kopf …

Sein Finger legte sich um den Abzug.

… Das Mädchen dort …

Er drückte ab.

In dem Moment als die Kugel den Lauf verließ, streckte Eleanor die Hand nach ihm aus und schrie nach ihm: „DADDY!“

Kurz bevor er starb, durchfuhr sein Hirn nur ein Gedanke:
 

ELEANOR!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja da hat sich doch noch das Ende des Kapitels eingeschlichen :D

Viel Spaß beim Lesen ^^
Man sieht sich vielleicht auf der Connichi :D (Sonntags als Jack mit Andrew Ryan ;)) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  Raishyra
2013-11-15T15:41:04+00:00 15.11.2013 16:41
Na toll, jetzt muss ich anfangen zu heulen, wie jedes Mal bei dieser Szrmnr ><
Nun das ganze FF war gut geschrieben, obwohl mal da ein Fehlerchen war, aber mein Gott, das war höchstens ein kleiner Fehler oder so.
Antwort von:  Saki-Maru
16.11.2013 13:57
^^"
vielen dank - und wegen den Fehlern: no body is perfect ;)
Von:  Pfeffersosse
2013-09-06T17:02:56+00:00 06.09.2013 19:02
Wow ich bin überwältigt... die Geschichte, der Kampf von Johnny... das Ende. Wennauch sehr bekannt trifft es mich doch jedes Mal und du hast daa Zögern sehr schön beschrieben. Es heisst ja auch, dass man ja eher als Topside spielt und nicht als Subject Delta. Ich könnte es mir wirklich gut vorstellen dass dies stimmt. Denn wäre er willenlos gewesen warum hat er dann gezögert ehe er die Waffe genommen hat und abgedrückt hat? Aber ich will nicht zu weit abschweifen.
Deine Fanfic hat mir sehr gut gefallen und ich glaube ich muss das von letzens zurücknehmen: die Kapitel hatten genau die richtige Länge

Beehrst du uns mit noch einer Bioshock-Fanfic in Zukunft?
Von:  epicbrofist
2013-07-25T13:40:21+00:00 25.07.2013 15:40
Super ff wie ich ja schon gesagt hatte freu mich schon auf die nächste
Von:  Ga_chan
2013-07-23T20:18:29+00:00 23.07.2013 22:18
*^* du musst ganz schnell weiterschreiben !!!
Von:  Pfeffersosse
2013-07-17T10:40:57+00:00 17.07.2013 12:40
Hui also ich finde deine FF sehr schön. Finde es etwas schade, dass die Kapitel bisschen kurz sind (kann natürlich nur für mich so sein) aber in Allem eine sehr gelungene Geschichte.
Ich finde es interessant wie du das Verhältnis zwischen Topside und Eleanor beschrieben hast
Jetzt bin ich aber gespannt was als nächstes passiert. Wird er etwa jetzt zu einem Big Daddy? D : sieht er seine kleine Freundin nochmal als er selbst? Ich bin echt gespannt : 3
Von:  epicbrofist
2013-07-10T15:58:51+00:00 10.07.2013 17:58
Hammer ff mach weiter ich möchte unbedingt mehr lesen (bin bioshock fan) :))


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