Brothers till the end von MarySae (Sonic & Tails (Brüderlich!) OS-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 5: Die beste Medizin ---------------------------- Die beste Medizin Glitzernde Funken streckten sich über den gesamten dunkelblauen Himmel und nur der Mond vermochte ihren Zauber mit seinem Licht zu mindern. Ein schwacher Luftzug zog über den Hügel und die nahen Blätter raschelten leise in seinem Rhythmus. Es war angenehm ruhig. Beinahe gespenstisch. Nicht einmal das Meer schien sich an dem nächtlichen Geräuschpegel beteiligen zu wollen. Nur das ärgerliche Schnauben eines zu dieser Uhrzeit noch wachen Mobians durchbrach hin und wieder die Stille. „Ich wusste doch, dass ich dich hier finde.“ Die Stimme hallte ungewöhnlich laut über die freie Ebene und ließ den blauen Igel aufschauen. „Tails? Warum schläfst du noch nicht?“, fragte dieser, als sich der Fuchs neben ihn setzte. Sein sonst so leuchtend goldenes Fell war plötzlich von einem satten Dunkelgrau. Nur seine hellblauen Augen leuchteten mit den Sternen um die Wette. „Weil ich viel lieber mit dir mitten in der Nacht Trübsal blasen will, big bro.“ Der ihm nur zu bekannte, spöttische Tonfall ließ die Mundwinkel des Älteren merklich zucken. „Es ist immer wieder eine Freude sich mit dir zu unterhalten“, meinte er dann und erntete ein leises Kichern. Doch nur einen Moment später klang die Stimme seines Freundes wieder ernst. „Nun sag schon, Sonic, was ist los? Was hat dich so verärgert?“ Mit einer schnellen Bewegung ließ sich der Igel nach Hinten sinken, bis seine Stacheln gegen die Kacheln des Daches drücken. So wirkte der Himmel über seinem Kopf noch unendlicher. „Du hast es doch gesehen…“, grummelte Sonic und kreuzte die Arme unter seinem Kopf. Er hatte keine Lust darüber zu sprechen und schon gar nicht mit Tails. Doch er ahnte, dass sein kleiner Bruder das anders sehen würde. „Sonic… Das war doch nicht deine Schuld. Du hast nur das getan, was du für richtig gehalten hast. Und nebenbei hast du noch dutzende Unschuldige gerettet.“ Er hörte die Worte, doch er wollte sie nicht verstehen. Das, was er getan hatte, war viel zu schlimm. Um ein Haar hätte er die Personen, die ihm mehr als alles andere bedeuten, verletzt. Oder schlimmer noch… „Das entschuldigt gar nichts. Ich hatte mich nicht im Griff. Ich hab mich provozieren lassen.“ Die Bilder flackerten erneut vor seinen Augen auf. Blut, das im Boden versickert, Schreie, die in der Luft hängen, der salzige Geruch von Tränen in der Luft. All das jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er hatte etwas Unverzeihliches getan. „Aber es ist doch gar nichts passiert. Du warst nur etwas… wütend. Eggman ist gut darin Mist zu erzählen.“ Der Fuchs kicherte. „Sein Spruch mit dem Toaster war aber wirklich gut.“ Sonic stöhnte. „Tails. Ich war nicht einfach nur „wütend“. Ich habe der dunklen Seite in mir nachgegeben und hätte beinahe Unschuldige verletzt. Wer weiß, was noch alles passiert wäre, wenn ihr nicht dagewesen wärt! Nur weil ich eure Stimmen gehört hatte, konnte ich wieder zurückkommen. Um ein Haar hätte ich alles vermasselt.“ Wieder kehrte Stille ein. Der Blick der beiden Freunde war starr gen Himmel gerichtet. Erneut raschelten die Blätter der umstehenden Bäume sanft im Wind. Das Schweigen zwischen ihnen war nicht unangenehm. Tails gab ihm die Zeit, die er brauchte, um nachzudenken. Er wusste, wie es in ihm aussah. Und trotzdem bemerkte Sonic, wie sich die Stimmung plötzlich änderte. Und das nicht seinetwegen. „Dann fühlst du dich im Moment also genauso nutzlos wie ich es immer tue, hab ich recht?“ Beinahe hätte der Blaue ihm zugestimmt, als der Sinn der Worte plötzlich zu ihm durchdrang. „Was?“ Er wandte seinen Blick auf seinen kleinen Bruder, der noch immer neben ihm saß und in die Sterne schaute. Das Mondlicht warf einige Lichtpunkte auf sein Gesicht, sodass Sonic eine kleine Chance hatte, es zu deuten. Doch entgegen der Stimmung seines letzten Satzes, prangte sogar ein Lächeln auf seinen Lippen. Auch wenn es in keinster Weise fröhlich war. Tails zuckte mit den Schultern. „Na du weißt schon. Sich unnütz fühlen. Nur ein Klotz am Bein sein, der alles falsch macht und dann auch noch ständig in Gefahr gerät, um dann später gerettet werden zu müssen. Das Übliche eben. Ich denke da jedes Mal dran.“ Sonic war sprachlos. War es wirklich das, was sein bester Freund jedes Mal über sich dachte? War er deshalb vor jedem Kampf mit Eggman so… ruhig und in sich gekehrt? Der Igel hatte immer vermutet, dass er sich nur auf das Kommende vorbereitete. Nie hatte er gedacht, dass Tails sich selber als Versager betrachtete. „Tails. Das ist doch nicht wahr und das weißt du.“ Was konnte er sagen? Was würde seinen kleinen Bruder davon überzeugen, dass das überhaupt nicht das war, was Sonic in ihm sah? Wie konnte er ihm sagen, wie sehr er seine Hilfe schätzte? „Nein, das weiß ich nicht. Du entwickelst im Kampf ungeahnte Kräfte, bist mutig und flink. Kein Roboter hat eine Chance gegen dich. Ich dagegen…“ Sein Gesichtsausdruck änderte sich trotz allem nicht. Das merkwürdige Lächeln lag noch immer auf seinen Lippen, aber seine Augen wirkten ungewöhnlich stumpf und leer. Äußerlich mochte er vielleicht ruhig wirken, aber innerlich zerriss es ihn in diesem Moment. Und das ließ dem Blauen das Herz verkrampfen. „Ich stehe nur nutzlos in zweiter Reihe und alles, was ich tun kann, ist ab und zu blöde Sprüche reißen, um Eggman zu reizen. In einem Kampf Mann gegen Mann würde ich sang und klanglos untergehen.“ Sonic wollte etwas sagen, doch ihm blieben die Worte im Hals stecken. Tails hingegen schien gar nicht auf seinen Bruder zu achten. Er zuckte mit den Schultern. „Na ja. Immerhin versuche ich es. Und wenn ich nur ab und zu eine von den tollen Erfindungen des Docs ruinieren oder ein Passwort knacken kann und so eine kleine Hilfe bin, kann ich mich wohl glücklich schätzen.“ Sonic richtete sich auf. Seine Hände ruhten auf den kalten Dachziegeln, die sich rau unter seinen behandschuhten Fingern anfühlten. Sein Blick ruhte auf dem Gesicht seines Freundes, der noch immer verträumt in die Sterne sah. „Tails, ich…“, begann der Igel, unterbrach sich jedoch, als ihm klar wurde, dass er darauf nichts erwidern konnte. Diese negative Einstellung überraschte ihn. „Ist schon gut, Sonic.“ Zum ersten Mal, seit sie dort oben saßen, trafen blaue auf grüne Augen. Sonic zuckte kaum merklich zurück, als er das Funkeln in ihnen sah, welches plötzlich alles Negative vertrieb. „Das ist es nun mal, wer ich bin. Eine Niete im Kämpfen, aber dafür ein nerviger Besserwisser. Das ist doch nichts Schlimmes.“ Tails grinste, während sein Gegenüber nur verdutzt guckte. „Im Gegenteil. Das ist sogar was Gutes. Denn immerhin hast du genau diesen Freak, mit all seinen Macken, zu deinem Bruder gemacht. Das ist es, wer ich bin, und ich bin mehr als glücklich damit. Wieso sollte ich mich also ändern?“ Der Wind strich über sie beide hinweg, während Tails amüsiert auf eine Reaktion seines großen Bruders wartete. Es war ihm nicht entgangen, wie die Kinnlade des Igels bei dem Wort „Freak“ nach unten geklappt war. Die Rede hatte wohl gesessen. „Ich weiß ja nicht, was du jetzt tust, …“, fuhr der Fuchs fort, „aber ich werde mich jetzt mal hinlegen. Der Morgen bricht schon bald an.“ Ein letztes breites Lächeln, ehe er sich erhob, doch ein kräftiger Ruck an seinem Handgelenk stoppte ihn, weshalb er sich wieder hinsetzten musste. Fragend legte er den Kopf schief. Sonic war noch immer wie weggetreten und schüttelte wild seinen Kopf, um endlich wieder zur Vernunft zu kommen. „Nicht so schnell, Kiddo“, brachte er mühsam hervor, als der erste Schock von ihm abgefallen war. „Du kannst hier nicht solche Reden schwingen und dann einfach gehen!“ Tails grinste. „Ach, kann ich nicht?“ Der neckende Unterton entging dem Igel nicht. „Nein, definitiv nicht. Kannst du mir mal verraten, was das eben war?“ Der Fuchs zuckte mit den Schultern. „Also, es war als eine aufmunternde Rede gedacht, darum würde ich sagen…“ Sonic unterbrach ihn. „Hast du das wirklich ernst gemeint? Dass du dich für schwach und nutzlos hältst und dich selber als Freak siehst?“ Das konnte doch nicht sein ernst sein! Doch seine aufgebrachten Worte schienen seinen Bruder nicht aus der Ruhe zu bringen. „Klar. Sonst hätte ich es ja nicht gesagt“, sagte er so leicht hin, als würden sie gerade über das Wetter reden. „Tails, du bist kein Freak!“, meinte Sonic energisch und war noch immer verblüfft, dass sein kleiner Freund wirklich so empfand. „Du bist eine wahnsinnig nette und liebevolle Person und kein Freak! Du kannst Dinge, davon könnte ich nicht mal träumen! Du musst nicht kämpfen können, um etwas ausrichten zu können! Ohne dich wäre ich wahrscheinlich längst nicht mehr hier! Jeder braucht mal Hilfe, aber das ist noch lange kein Grund sich zu schämen! Du hast eine Kraft in dir, die schon mehr als einmal Unschuldige vor dem sicheren Tod bewahrt hat! Und selbst, wenn man mal einen Fehler macht, heißt das noch lange nicht, dass man deswegen aufhören muss, es überhaupt erst zu versuchen!“ Sonic atmete schwer nach seiner Rede und musste sich kurz wieder fangen. Sein Herz raste, als die Gefühle in seinem Inneren verrücktspielten. Unruhig betrachtete er seinen Bruder, doch zu seinem Erstaunen wurde das Lächeln nur noch breiter. „Dito!“, lachte er dann fröhlich und wandte sein Handgelenk aus Sonics Griff. „Du solltest dir öfter mal selber zuhören, big bro.“ Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob sich der orangefarbene Fuchs und streckte seine müden Knochen. Es dauerte eine Weile, ehe Sonic begriff. Voller Erstaunen riss er seine Augen auf. Tails hatte Recht. Seine eigene Rede passte perfekt auf seine momentane Situation. Der Kleine war unglaublich. Nun schlich sich auch ein Lächeln auf Sonics Gesicht. „Du kleiner, mieser… Du hast mich provoziert, um mich mal meine eigene bittere Medizin schmecken zu lassen. Wirklich clever.“ Fassungslos schüttelte er den Kopf, als das helle Lachen seines Bruders ertönte. „Manchmal ist die eigene Medizin die Beste.“ Zu schnell, als das Tails es sehen konnte, sprang der Blaue auf die Beine und im nächsten Moment baumelte der Fuchs bereits hilflos über seiner Schulter. Sofort begann dieser zu protestieren. „Ah, Sonic! Lass mich runter! Das ist nicht fair!“ „Und deine Aktion eben w a r fair? Vergiss es, lil bro. Keiner legt sich ungestraft mit Sonic The Hedgehog an!“ „Nein, nein, nein!“, lamentierte Tails, als Sonic leichtfüßig vom Dach herunter sprang und auf die Haustür zuging. Er ahnte genau, was jetzt passieren würde. Das Lachen stieg ihm bereits die Kehle hinauf. „Gnade! Bitte keine Kitzelattacke!“ „Keine Gnade.“ Sonic kicherte. „Es wird schlimm werden. Mach dich auf was gefasst.“ Schon bald verschluckte sie die warme Dunkelheit ihres gemeinsamen Zuhauses. In dieser verbliebenen Nacht würden beide sehr gut schlafen, das hatten sie im Gefühl. Ein leises „Danke, lil bro“ schwebte noch im Raum, als beide völlig erschöpft und immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen eng aneinander geschmiegt die Augen schlossen. Das erste Mal seit langem waren Sonic seine Kräfte nicht mehr unheimlich. Im Gegenteil. Nur durch sie war es ihm möglich diejenigen zu beschützen, die ihm mehr als die Welt bedeuteten. Diejenigen, die es wert waren, bis an seine Grenzen zu gehen. Und noch viel weiter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)