言わぬが花 von Phoenix_Michie (Some things are better left unsaid.) ================================================================================ Kapitel 1: Die Brücke. ---------------------- *** Es gibt eine Brücke, die am unteren Ende eines steilen Abhangs gebaut wurde. Unter ihr fließt ein kümmerliches Bächlein vor sich her. Das Land, das sie verbindet, ist von unterschiedlich schöner Natur. Diese Verbindung ist ihre wichtigste Aufgabe. Wenn es regnet, dann werden beide Hälften des Landes nass. Wenn es schneit, sind beide Hälften des Landes von wunderschönem Weiß bedeckt. Scheint die Sonne, so scheint sie auf beide Hälften des Landes, und das Gras wächst und gedeiht. Das Grün mag auf der einen Seite satter sein als auf der anderen, doch das ist nicht von Bedeutung. Ziehen Wolken auf, wandern ihre Schatten von einer Hälfte des Landes zur Anderen. Und manchmal überquert der ein oder andere Mensch diese Brücke. Ob gut, ob böse gewillt. Und steht es in seinem Sinn, die Brücke zu zerstören, die über die Jahre ein paar Schwachstellen entwickelt hat, so vermag er nicht zu triumphieren. Denn es bestehen für die Menschen nicht sichtbare Bande, die die Brücke zusätzlich stabil halten. Diese Verbindung, diese Brücke, ist der Schlüssel für das Wohlergehen des Landes. Vielleicht für das eine mehr als für das andere. Wer weiß das schon. Doch was, wenn sich ein Erdrutsch ereignet? Was, wenn schwere Steine, und dunkle, feuchte Erde herab fallen, abgetrennt durch den stark fallenden Regen, der alles ins Rutschen bringt? Dann fallen diese schweren Güter auf die Brücke, die Steine lassen das Konstrukt erbeben und schließlich brechen. Immer wieder wird die Brücke beschwert, bis auch die unsichtbaren Bande reißen. Die Verbindung verschwindet. Das eine Land ist mit dem anderen nicht mehr in Kontakt. Und es kann sein, dass man nicht einmal merkt, wie man es selbst ist, der die schweren Steine hernieder warf… Und seine Zukunft somit besiegelte. --- to be continued soon! Kapitel 2: Das kräftige Herz. ----------------------------- *** Die Finger des Blonden strichen sanft über seine nackte Brust, zeichneten langsam die sacht hervorstehenden Knochen nach. Karyu seufzte. „Ich kann all deine Rippen sehen. Und deine Schulterknochen. Und dass deine Schlüsselbeine etwas zu sehr hervor stehen, brauche ich dir sicher auch nicht zu sagen.“ Er hob den Blick wieder und sah Zero in die Augen. „Du bist viel zu dünn. Das ist nicht mehr gesund.“ Er machte eine kurze Pause, während er mit den Fingern weiterhin über Zeros nackten Oberkörper hinab strich bis zu dessen ebenfalls hervorstehenden Hüftknochen, auf denen seine Jeans locker saß. „Wie viel wiegst du denn momentan?“ Wie oft hatte er diese Frage schon gehört. Zero zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, hab schon lange nicht mehr auf die Waage geschaut. Bestimmt immer noch so 50 kg…“, antwortete er vage. Vielleicht waren es auch weniger. Das wusste Karyu. Höchstwahrscheinlich waren es sogar weniger, wenn es sich auch nur um 5 Kilogramm handelte. Aber bei Zero zählte mittlerweile jedes Gramm. Wieder seufzte der Blonde. „Das ist zu wenig.“ Zero strich die fremden Hände von seinem Bauch und knurrte genervt. „Ja ja, das ist schon lange zu wenig. Ich hab‘s schon vor einem Jahr verstanden, als du das gesagt hast.“ Er ignorierte Karyus missbilligenden Blick. „Dann iss doch endlich mehr!“ Sauer sah Zero ihn an und hielt in seiner Bewegung, sich das Shirt anzuziehen, inne. „Würde ich machen, wenn das so einfach wäre! Lass mich in Ruhe damit. Es geht eben nicht.“ Sein bester Freund verschränkte die Arme. „Nur ein, zwei Happen mehr als sonst. Das wird doch gehen.“, ließ er nicht locker, was Zero die Augen verdrehen ließ. „Natürlich, dann hänge ich über der Toilette, weil ich zu viel gegessen habe. Das hats dann natürlich gebracht.“ Er knurrte erneut und wollte sich an Karyu vorbei schieben, der ihn aber mit dem Arm aufhielt. „Zero, irgendwas müssen wir aber machen! Wenn du weiter abnimmst…wer weiß was dir passieren wird.“, meinte er ernsthaft besorgt. „Mir wird nichts passieren. Ich bin schon lange dünn, das ist einfach so. Ich nehme auch nicht weiter ab, da gibt es nichts mehr, was ich an Gewicht verlieren könnte“, erwiderte er kühl, was Karyu wieder ein Seufzen entlockte. Er glaubte nicht daran, dass es auf ewig ohne Konsequenzen weitergehen würde. „Warum tust du das?“ „Glaubst du mir macht das Spaß?“, gab Zero gereizt zurück. „Ist eben so!“ „Das war doch nicht immer so! Du sahst schon mal um einiges gesünder aus“, beharrte Karyu. Er gab einfach nicht auf. „Du hungerst dich zu Tode!“ „UND WENN SCHON!“ Außer sich starrte Zero den Blonden an, der erstmal inne hielt. „Wen interessiert es schon? Dann ist es halt so. Wenn ich das endlich hinter mir hätte, wäre es auch schön.“ Zero sah, wie Karyu schluckte und einen Schritt zurück trat, ihn aus traurigen Augen ansah. „Mich interessiert es. Ich mache mir Sorgen um dich. Du bist mein bester Freund und sagst mir, dass es dir egal ist, ob du bald stirbst, weil du nichts isst?“ Der Blonde schwieg kurz. „Du machst mir Angst. Bitte sag sowas nicht, sondern versuch, meine Befürchtungen zu verstehen. Ich will dir helfen.“ Er strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und sah ihn weiterhin an. „Wie ich sagte, MICH interessiert es, was aus dir wird. Reicht dir das nicht…?“, fragte er leise und warf Zero einen bekümmerten Blick zu. Der Dunkelhaarige starrte ihn schweigend an und verharrte einen Augenblick reglos. „…nein, das reicht mir nicht..“, antwortete Zero schließlich mit brüchiger Stimme, woraufhin Karyu die Gesichtszüge entgleisten. Verletzt schaute der Größere seinen Freund an und öffnete den Mund, erwiderte jedoch nichts, sondern blieb stumm an Ort und Stelle stehen. Zero hingegen verließ sein Zimmer um sich etwas zu trinken zu holen. Als er zurück kehrte, war Karyu nicht mehr da. Wahrscheinlich war der Blonde hinaus geschlichen, in sein eigenes Zimmer oder ins Bad, ohne dass Zero ihn gehört hatte. Karyu konnte lautlos umher streifen, wenn er wollte. Mit finsterem Gesicht schloss er seine Zimmertür und setzte sich aufs Bett. Nach Abendessen war ihm nicht, zumal alleine essen sowieso keinen Spaß machte. Karyu hatte er verletzt, der würde ihn nicht eines Blickes würdigen. Aber irgendwann war es einfach Zeit für die Wahrheit. Er wollte Karyu natürlich nicht verlieren, er war ihm wirklich wichtig. Aber dass Karyu bei ihm war, reichte ihm nicht, um am Leben bleiben zu wollen. Zero wollte mehr. Aber er hatte nichts. Nichts und niemanden. Nur einen besten Freund, der viel beschäftigt war und seine eigenen Träume und Wünsche hatte. Und wovon träumte Zero? Davon ganz woanders zu sein. Was wünschte er sich? Jemanden, der ihn bedingungslos liebte, und den er lieben konnte. So einfach war das. Und das schien zu viel verlangt zu sein. Langsam, abwesend – wie in Trance – zog er sich aus und schlüpfte in seine Schlafsachen. Er war müde. Nicht, dass er den Tag über viel gemacht hatte, dazu war er sowieso nicht mehr wirklich in der Lage, da sein Körper zu schwach war. Vielleicht war er einfach des Lebens müde. Er hatte keine Lust mehr. Er legte sich ins Bett und nahm das Buch eines namhaften, japanischen Schriftstellers in die Hand, las 3 Seiten und legte es wieder beiseite. Er konnte sich darauf nicht richtig konzentrieren. So ganz fesselte ihn die Geschichte nicht. Kaum eine Geschichte tat das. Zero schaltete das Licht aus und kuschelte sich in seine Bettdecke. Er genoss die Stille und Dunkelheit, Ruhe durchflutete ihn. Ganz ähnlich stellte er sich den Tod vor. Kein Schmerz mehr, weder körperlich noch seelisch. Während er so dalag und leise atmete, spürte er seinen Körper ganz genau. Die dünnen Knochen, die Haut, die sich wie ausgetrocknet anfühlte, da er wenig trank, und sich straff über seine Knochen spannte. Er spürte sein Herz kräftig klopfen. Es brachte seinen schmalen Körper zum Beben. Das machte ihm Angst. Sein Herz schien im Vergleich zu seinem restlichen Körper noch kräftig zu sein. Es sollte auch aufgeben… Er verging. Das spürte er genau. Auch wenn er dem Tod nicht absprach, machte ihm der Weg dorthin Angst…das gestand er sich ein. Tränen sammelten sich in seinen Augen, während er sich auf die Seite drehte und versuchte zu schlafen. Er hatte schon längst aufgegeben. Er wartete. Wann war es endlich zu Ende? --- tbc Kapitel 3: Der schlafende Patient. ---------------------------------- *** Zero wachte einfach nicht mehr auf. Zuerst war Karyu gar nicht aufgefallen, dass sein bester Freund nicht mehr zu Hause war. Er hatte nicht mehr auf ihn geachtet. Er war wütend und furchtbar enttäuscht gewesen. Die Worte seines jahrelangen Freundes hatten ihn tief verletzt. Er war Zero also nicht genug. Das musste er erstmal verarbeiten. Und da er sowieso mit seinen Studien und seinen spärlichen Hobbys genug zu tun hatte, konnte er die Wohnung und vor allem Zeros Zimmer gut meiden. Tagelang sah er ihn nicht. Ab und an hörte er mal was. Aber das war es. Er zog sich ebenfalls in sein Zimmer zurück, widmete sich seinem Instrument oder seinen schriftlichen Arbeiten. Irgendwann verstummten auch die Geräusche. Weder sah er Zero, noch hörte er etwas. Kein Anzeichen seiner Anwesenheit. Nach einer Weile fiel ihm das auf. Dann begann er die Wohnung zu durchsuchen. Zero war nicht da. Das passierte selten. War Karyu mal zuhause, dann war es meist auch sein Freund. Die nächsten drei Tage ging das so weiter. Er vermutete, dass Zero nicht einmal mehr nach Hause kam. Er war weg. Verschwunden. Ohne eine Nachricht hinterlassen zu haben. Was war passiert? Karyu konnte sich das nicht erklären. Er rief seinen Freund an. Doch das Handy war ausgeschaltet. Er machte sich nun wirklich schreckliche Sorgen, und da er auf keinen Grund kam, was Zero trieb, rief er als nächstes die Polizei an, um eine Vermisstenanzeige zu machen. Übertrieben oder nicht, das, was hier passierte, war mehr als ungewöhnlich. Das erforderte ebensolche Maßnahmen. Und schnell stellte sich heraus, dass Zero im Krankenhaus war, wo er einfach nicht mehr aufwachte. *** „Sei froh, dass du auf das Krankenhausessen verzichten kannst, weil du schläfst. Die sollten den Koch wechseln. Oder den Zulieferer.“ Er seufzte und warf der Schwester einen Blick zu, die gerade irgendwas am Tropf des Schlafenden machte und ihn missbilligend ansah. Aber das störte ihn nicht. Er wusste, dass er die Nase manchmal zu hoch trug. Das tat er fast schon sein ganzes Leben lang, aber es hieß nicht, dass er nicht wusste, was harte Arbeit war oder sich für etwas Besseres hielt. Als die Frau wieder verschwunden war, würgte er den Rest seines fragwürdigen Mittagessens hinunter und rutschte nachdenklich an den Rand seines Bettes. Die meisten Schwestern hielten ihn sicher für verrückt, weil er ihren schlafenden Patienten ständig zu textete. Das ging jetzt 2,3 Tage so. Seit er eben in diesem Zimmer gelandet war. Er hatte die kurzhaarige Schwester, die immerhin noch ein Lächeln für ihn übrig hatte, gefragt, ob der Dunkelhaarige im Koma läge. Nicht wirklich, hatte die Antwort gelautet. Mehr hatte sie ihm nicht sagen dürfen und war gegangen. Der junge Mann wachte jedenfalls einfach nicht auf. Also war es doch eigentlich schon ein Koma. Was war passiert? Die Antwort würde er wohl nur von dem Patienten selbst bekommen. Hoffentlich wachte dieser bald auf, es war schrecklich langweilig in diesem Krankenhaus. Jemanden zum Reden zu haben, wäre schön. Einen Moment noch betrachtete er den schlafenden Dunkelhaarigen, über den er nichts wusste, dann seufzte er und legte sich gelangweilt in sein Bett zurück, kuschelte sich in die warme Bettdecke. Er hatte nichts zu tun, also würde er etwas schlafen. Nachdem er sich eine Weile hin und her gewälzt hatte, wollte er gerade aufgeben, einschlafen zu wollen, da er einfach noch nicht müde genug war, als es an der Tür klopfte. Bisher hatte es noch nie an der Tür geklopft. Ärzte und Schwestern kamen einfach herein. Neugierig hielt er den Atem an, sobald die Tür aufging. Er konnte nicht sehen, wer herein kam, da er dem Eingang den Rücken zugekehrt hatte. Und somit demjenigen, der gerade herein kam. Und den anderen Patienten konnte er auch nicht sehen. „Hallo?“ Er antwortete nicht. Der schlafende Nicht-wirklich-Koma-Patient auch nicht. Für einen Moment herrschte Stille. Nichts geschah. Er spitzte die Ohren, hörte aber nicht einmal das Atmen der beiden anderen Personen im Raum. Schließlich erklangen zaghafte Schritte, dann ein Klacken, als würde ein Stuhl oder Hocker abgestellt werden. Wahrscheinlich hatte sich der Besucher an das andere Bett gesetzt. Da war ein Stuhl neben der Tür gewesen, wenn er sich recht erinnerte. Ein schweres Seufzen erklang. „Zero, was hast du nur getan…?“ Der Besucher war eindeutig ein Mann. Langes Schweigen. Er konnte nicht sehen, wie der Besucher die Hand des Schlafenden nahm und liebevoll darüber strich. Mehrere Minuten verstrichen. „Sie sagen, du liegst im Sterben, weißt du das?“, wurde mit sanfter Stimme gefragt. „Bestimmt weißt du es. Du fühlst es sicher.“ Wieder Schweigen. „Deine Lebensfunktionen lassen nach, hat mir die Ärztin gesagt. Aber sie können sich nicht erklären, warum. Du bist zwar extrem untergewichtig, aber sie könnten dich schon wieder aufpäppeln. Aber dir geht es immer schlechter, sagt sie… Bist du jetzt glücklich? Zufrieden, es bald hinter dir zu haben…?“ Die Stimme wurde brüchig. „Du weißt, dass ich das nicht will. Ich würde dich furchtbar vermissen. Du darfst mich nicht allein lassen.“ Der Andere verstummte für einen Augenblick, als müsse er sich sammeln. „Aber es bedeutet dir nichts, hab ich Recht? Dass ich dich vermissen würde, das reicht dir ja nicht, stimmt’s?“ Ein langgezogenes Seufzen ertönte. „Aber das ist mir egal. Ich mache es dir nicht so einfach. Ich bin bei dir, immer. Wenn es auch manchmal nur in Gedanken ist. Du bist mein bester Freund, nach wie vor. Ich lasse dich nicht einfach so gehen!“ Ein leises Geräusch erklang, es erinnerte ihn an einen Kuss. „Heute habe ich nicht viel Zeit. Ich komme wieder, dass du Bescheid weißt.“ Der Stuhl scharrte auf dem Boden, dann hörte er, wie die Tür geöffnet wurde und sich nach einigen Sekunden wieder schloss. Nachdenklich drehte er sich auf den Rücken und sah zu dem Schlafenden hinüber, der unverändert im Bett lag. Bis zur Brust zugedeckt, die Hände neben dem Körper. Nein, jetzt fiel es ihm auf: die rechte Hand lag plötzlich auf dem Bauch des Patienten, über der Decke. Das war vor dem Besuch noch nicht so gewesen. Leicht runzelte er die Stirn. Der Name des Schlafenden war Zero? Hatte er das richtig gehört? Komischer Name. Allerdings beschäftigte ihn eine andere Aussage viel mehr. Derjenige, der hier gewesen war, und dessen Worten nach der beste Freund des Patienten war, hatte was von ‚im Sterben liegen‘ gesagt. Nachdenklich betrachtete er das Gesicht des Dunkelhaarigen. Er lag ganz friedlich da. Wie immer. Seine Miene war unergründlich. Träume schien er nie zu haben. Zumindest hatte es nie auch nur irgendeine Reaktion von ihm gegeben. Er lag die ganze Zeit wirklich nur reglos da, schien nicht zu träumen, nichts zu fühlen, nichts zu denken, nichts zu hören. Ernährt wurde er über den künstlichen Weg, natürlich, wie sollte es auch sonst gehen. Seine Wangen schienen eingefallen, seine Haut war unnatürlich blass und fahl. Trotzdessen er die ganze Zeit schlief, hatte er dunkle Augenringe. Warum lag er im Sterben? Der Besucher hatte geklungen, als wäre es Absicht, dass der Andere langsam starb. Als hätte er selbst so gewollt. Mysteriös. Er konnte einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken. Er hatte ja sonst nichts zu tun. Aber es war deprimierend. Neben jemandem zu liegen, der gar nicht mehr aufwachen WOLLTE. Der dabei war, zu sterben. Bisher hatte er immer noch geglaubt, dass der Andere – Zero – noch aufwachen würde und sie sich gemeinsam die Zeit vertreiben konnten. Nun sowas. Er seufzte und setzte sich auf, stopfte sein Kissen hinter den Rücken um sich gemütlich anlehnen zu können. Dann würde er jetzt eben ein bisschen singen. Sich den Kopf zu zerbrechen, brachte nichts. Schlafen konnte er nicht. Blieb ihm nur das Training. Seine Stimme musste ja in der Übung bleiben. Zero störte es bestimmt nicht. Wenn er es denn überhaupt mitbekam. Und es war ja nicht so, dass er nicht singen konnte. Das konnte er sogar sehr gut. Eines der wenigen Sachen, die er beherrschte. --- to be continued. Kapitel 4: Die Melodie ---------------------- *** Wieder klopfte es kurz an der Tür. Diesmal tat er nicht, als würde er schlafen. Er las sowieso gerade in einem mittelmäßig interessanten Buch, als der Besucher seines schlafenden Mit-Patienten herein kam. Außerdem hatte er Fragen. Vielleicht wäre der beste Freund des Dunkelhaarigen so freundlich, ihm die ein oder andere zu beantworten. „Oh…hallo.“ Der Besucher war groß gewachsen, deutlich größer als er mit seinen 1, 71m. Und er hatte blonde Haare, so wie er selbst, aber der Farbton tendierte mehr zum Dunkelblond. Freundlich lächelte er ihn an. „Hallo. Ich hoffe, ich störe euch nicht. Ich kann auch raus gehen.“, bot er an, auch wenn er das sehr ungern machen würde. Der Besucher zögerte, schüttelte dann den Kopf. „Nein, ist schon gut. Du liegst ja nicht umsonst hier.“ Er lächelte nur schief auf diese Aussage hin. Nur weil er in diesem vermaledeiten Krankenhaus gefangen war, hieß das nicht, dass er nicht mal für 10 Minuten in die Cafeteria gehen konnte. Aber das erzählte er dem Blonden nicht, denn er war eh neugierig, was er diesem entlocken konnte. Leise setzte der Besucher sich an Zeros Bett, nachdem er sich den Stuhl wieder zurecht geschoben hatte. „Warst du gestern schon hier?“, wollte er von dem Größeren wissen, der nur nickte. „Das dachte ich mir. Als ich gestern Nachmittag eine Tür gehört habe, bin ich aufgewacht. Das konnte nur Besuch für ihn sein, dachte ich. Meinetwegen kommt keiner her. Und die Krankenschwestern lehnen die Tür immer nur an“, murmelte er leicht lächelnd. Wieder nickte der Blonde, schwieg aber und wandte den Blick Zero zu. „Wie geht es ihm?“, erkundigte er sich dann bei dem Besucher. Einfach mit der Tür ins Haus fallen, dachte er sich schulterzuckend. „Man sagt mir nichts über ihn. Er liegt seit Tagen nur da und schläft…“, fügte er leise hinzu und zog die Mundwinkel nach unten. „Das ist irgendwie traurig. Ich warte immer darauf, dass er aufwacht oder sonst eine Reaktion zeigt…“ Er beobachtete den besten Freund des Patienten genau. Dessen Gesicht verzog sich zu einem schwachen, bitteren Lächeln. „Es wird noch trauriger“, erwiderte er nach einer Weile des Schweigens. Wahrscheinlich hatte er abgewogen, ob er ihm etwas erzählen durfte und wenn ja, wie viel. Was genau. „Er wartet einfach auf den Tod. Sieh dir sein Gesicht an. Seine Arme und Hände.“ Die Finger des Blonden strichen langsam über die rechte Hand des Anderen. „Er hat sich so gut wie zu Tode gehungert. Es fehlt nicht mehr viel, und er wird diese Welt verlassen.“ Der Größere hob den Blick und sah zu ihm herüber. „Das haben sie mir gesagt. Er scheint im Sterben zu liegen.“ Eine gewisse Emotionslosigkeit lag in diesen Worten, so hatte er das Gefühl. Aber hatte der Blonde nicht gesagt, er sei der beste Freund des Schlafenden? Wie konnte es ihm dann egal sein? Wahrscheinlich war es ihm gar nicht egal, er vermittelte stattdessen nur den Eindruck. Vielleicht stand er so etwas wie unter Schock. „Warum?“, fragte er ihn dann leise. „Was macht sein Leben so schwer? Wieso will er sterben…?“ Und dann auf so eine Art. Das dauerte lange. Bis man so wenig wog, dass man ins Krankenhaus kam – und sogar im Koma lag. Zumindest nicht mehr aufwachte. Da gab es schnellere Methoden, wenn man unbedingt sterben wollte. Lange Zeit herrschte Schweigen. Der Andere antwortete ihm nicht sofort. Er hatte Zeros Hand ergriffen und streichelte sanft mit dem Daumen über den Handrücken. „Weil ich ihm nicht reiche.“ Mehr sagte er nicht. Schweigend starrte er auf den Schlafenden hinab. Jetzt waren es erstmal genug Fragen. Als er 20 Minuten später aufstand und den Stuhl zurück neben die Tür stellte, warf er ihm noch mal einen Blick zu. „Ich bin übrigens Karyu. Ich werde morgen wieder kurz vorbeischauen.“ Er machte eine Pause und zögerte, schien nach Worten zu suchen. „Pass ein bisschen auf Zero auf, ja? Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit und könnte hier bei ihm sein. Vielleicht würde er dann wieder aufwachen.“ Ein Seufzen. Er nickte. „Natürlich, ich gebe auf ihn acht und erzähle ihm ab und an was. Er ist nicht allein. Ich bin übrigens Satsuki.“ „Danke.“, erwiderte Karyu erleichtert. „Dann bis morgen, Satsuki.“ Sobald der Blonde weg war, rutschte er an den Bettrand und stand langsam auf, um einen genaueren Blick auf den Körper des Schlafenden zu werfen. Ja, jetzt wo er so hinsah…jetzt, wo Karyu es erwähnt hatte…der Dunkelhaarige war sehr abgemagert. Eine ganze Weile betrachtete er ihn nachdenklich. Dieser Zero könnte wohl auch recht hübsch sein, wenn er etwas mehr auf den Rippen hätte. Gerade diese eingefallenen Wangen störten ihn so. Das sah richtig traurig aus. „Wenn du dich jetzt selbst sehen könntest“, wisperte er ihm zu, „dann würdest du hier nicht rumliegen. Du würdest aufstehen und dir ein ordentliches Steak besorgen.“ Seufzend strich er mit dem Finger über die Wange des Anderen. „Du könntest richtig hübsch sein“, murmelte er abwesend. Unwillkürlich musste er sich vorstellen, wie Zero wohl aussehen würde, wenn er mehr wiegen würde. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Mit zarten Pausbäckchen wärst du sicher furchtbar niedlich.“ Er strich ihm durch das schwarze Haar und setzte sich zurück auf sein Bett. Es gefiel ihm nicht, dass der Andere sterben wollte. Erstens war es natürlich kein gutes Gefühl, aber davon abgesehen…irgendwas war da noch. Normale Menschen hätten noch hinzugefügt, dass es noch lange nicht das richtige Alter war, um zu sterben. Aber ob man sterben wollte oder nicht, dass konnte man zu jeder Zeit selbst entscheiden. Hatte man das Gefühl, es nicht mehr auszuhalten, dann wagte man diesen Schritt eben. So war seine Meinung. Ob man nun angeblich sein Leben noch vor sich hatte oder nicht. Manchmal war das einfach nichts wert. Natürlich würde es Leute geben, die Zero bestimmt vermissen würden. Man könnte sagen, dass er diesen das nicht antun durfte. Aber auch das sah Satsuki anders. Man durfte sein Leben nicht gezwungen fortführen, nur um Andere glücklich zu machen. Natürlich war Suizid egoistisch. Aber wenn man furchtbar litt, selbst alles andere als glücklich war und keine Chance mehr sah – warum sollte man dieses Leben weiterführen? Rechtfertigten besorgte Freunde oder liebende Familienmitglieder wirklich ein Leben voller Trauer und Sinnlosigkeit? Manchmal musste man radikal sein. Er dachte an die eine Antwort des Blonden. /Warum?/ /Weil ich ihm nicht reiche./ Was das wohl genau bedeutete? Zero hatte einen Freund, anscheinend einen sehr guten, aber er reichte ihm nicht aus – um weiterzuleben? Vielleicht war die Freundschaft nicht tief genug, um ihn zu retten. Das konnte Satsuki nicht beurteilen. Auf jeden Fall fand er das Ganze furchtbar traurig. Ausgerechnet er war an jemanden geraten, der im Sterben lag. Der das so wollte. Seufzend räusperte er sich und begann zu singen. Turn on a certain switch beside [the] eyes. Can you see the true rotting world? [Every]one passes me with [a] smile that seems to be happy. What is so pleasant? The day that keeps frivolous relation and waits for time of an obligation to pass begins. It is going to dawn now covered with crow. 何をすれば満たされるのか (What can be done to satisfy you?) am 6:09      足早なヒトノ群レ (Crowds moving at a fast pace) 不気味な静寂 (A weird silence) 隣り合わせの改札 (adjoining ticket gates) 高密度な箱 (High-density box) 街の夜明けは狂いかけて蠢く 生まれ行く 真っ黒に這いずって 腐りかけの世界現在が「さよなら」だけ消えず (The street wriggles madly during dawn. Head for the birth-place.... Creep in the dark. The world is decaying.... Now... Only "Goodbye..." still exists)* *** Er verzog das Gesicht. So lange war es ruhig gewesen. Dunkel und still. Er war beinahe zufrieden gewesen. Er spürte sich selbst kaum, und alles andere sowieso schon nicht mehr. Es war eigentlich ganz gut so. Er wusste, dass da noch ein Funke Leben war. Ein bisschen Licht. Das spürte er. Aber auch das würde bald vergehen. Dann hätte er es geschafft. Das Ende erreicht. Er war kurz davor. Doch es zog sich hin. Irgendwie ging es nicht weiter. Es war, als stecke er fest. Allerdings konnte er geduldig warten. Zeit war jetzt etwas, was er im Überfluss hatte. Sogar Geduld. Das wirkliche Leben war vorbei. Er befand sich im Endspurt und wartete darauf, die Zielbande zu erreichen. Aber nun war die Ruhe gestört. Da, am äußersten Rande seines Blickfeldes, war etwas. Es bewegte sich nicht direkt, dennoch sah er es. Etwas helles. Und er hörte es auch. Ab und an konnte er es hören. Es klang nach einer Melodie. Beruhigend. Melancholisch. Schön. Zuerst erkannte er nicht, ob es ein Instrument war, eine Stimme, oder etwas ganz anderes. Da war einfach nur eine Melodie. Und manchmal eine andere. Aber etwas konnte er auf jeden Fall hören. Was war das? Warum war das da? Es störte seine Ruhe. Es lenkte ihn vom Warten ab. Und es machte ihn neugierig. Denn die Melodie wurde klarer, lauter. Mit der Zeit hörte er heraus, dass es eine Stimme war. Jemand sang. Wer war das? Warum erreichte ihn die Stimme? Wieso ließ man ihn nicht endlich in Ruhe sterben? Für lange Zeit hatte er sich nicht mehr bewegt. Aber dieses helle Etwas im äußersten Augenwinkel, diese Melodie, diese Stimme, es erregte seine Aufmerksamkeit. Er wollte nur einmal einen kurzen Blick darauf werfen. Er wollte nur seine Neugier stillen. Ein Mal hinsehen. Und dann sterben. Stattdessen wachte Zero auf. --- * Rentrer en Soi - Karasu iro no taiji To be continued~ Kapitel 5: Das Essen -------------------- *** „つきが空を舞う通り過ぎる日々に彩られ 導かれた別れ運命に抱かれて“ (The wind dances through the sky, Colored in the days we pass through Our guided parting, Embraced by destiny) Seufzend hielt Satsuki inne. Mit dieser Textstelle war er noch nicht ganz zufrieden. Sowieso brauchte er eine Gitarre. Ohne konnte er sich nicht auf das Singen sowieso auf seine Texte konzentrieren. Er starrte abwesend aus dem Fenster. Es sah nach Regen aus, was ihn aber nicht weiter interessierte, da er sowieso nicht raus durfte. Einen langen Spaziergang zum nächsten Supermarkt und dann zum Park hatte er also nicht geplant. Ein Geräusch neben sich ließ ihn aufschrecken. Er starrte hinüber zum anderen Bett. Da, eine Regung! Der Schlafende bewegte sich! Das hatte er noch nie getan. Fest hatte er die Augen zusammen gekniffen und quietschte leise, beinahe als würde er sich gegen etwas wehren. Ein wenig besorgt war Satsuki ja schon. Er stand auf und betrachtete den Anderen, dessen Hände sich ebenfalls verkrampft hatten. „Zero?“ Mit nachdenklichem Gesicht wartete er kurz ab. Langsam, ganz langsam, öffneten sich die sonst immer geschlossenen Augen. Schweigend erwiderte Satsuki den Blick. Er war gefangen. Er hatte erwartet, stumpfen, abwesenden Augen entgegen zu blicken. Aber Zeros Augen glänzten. Sie waren tiefschwarz, ein lebendiges Funkeln darin. Ihm war, als könne er glatt die dahinter liegende Seele erblicken. Satsuki schluckte und machte sich schließlich von dem fesselnden und mysteriösen Blick los. Er löste sich aus der temporären Trance und drückte den Alarmkopf. Es war wohl ratsam, eine Schwester oder gar einen Arzt kommen zu lassen. So wie es schien, glaubte man ja nicht wirklich daran, dass Zero wieder aufwachte… Er sah diesen wieder an und lächelte. „Hallo Zero. Willkommen zurück.“ *** Während Zero von zwei Schwestern und einer Ärztin kurz untersucht und befragt wurde, ließ er die Augen nicht von ihm. Recht schnell waren sie wieder allein. Neugierig betrachtete er den Dunkelhaarigen, der seufzend in das Kissen zurück sank und die Augen schloss. „Willst du wieder schlafen?“, fragte er ihn unbedacht, woraufhin der Andere leicht nickte. „Ich bin müde…“ Satsuki brummte. „Aber du hast so viele Tage geschlafen. Endlich bist du wach.“ Zero öffnete die Augen und sah ihn an. „Wie lange hab ich denn … geschlafen?“ Er zuckte mit den Schultern. „Lange. Als ich vor 5 Tagen in dieses Zimmer kam, lagst du hier schon eine Weile. Aber sie haben mir nichts genaues gesagt.“, antwortete er und zog eine leichte Schnute. Zero sah ihn einen Moment lang an, dann nickte er langsam. „Wer bist du eigentlich?“ „Ich bin Satsuki.“ „Mh…“ Langsam strich er sich über das Kinn. „Du bist Zero, richtig? Dein Freund war hier. Karyu.“ Die Augen des Dunkelhaarigen weiteten sich. „Karyu…?“ „Ja. Er kommt heute wieder vorbei, glaube ich… Er wollte jeden Tag kommen.“ Das Gesicht des Anderen verdunkelte sich. Begeisterung sah anders aus. Aber er fragte erstmal besser nicht nach. „Wie geht’s dir denn?“, wollte er stattdessen wissen, aber Zero zuckte nur mit den Schultern und begann schweigend die Decke anzustarren. Mit Mühe hielt er ein Seufzen zurück. Zero war genauso wenig ein großer Redner wie Karyu. Da schienen sie sich zu ähneln. Er legte er sich zurück ins Bett und strich sich durch die Haare. Sein Blick wanderte wieder zum Fenster. Mittlerweile regnete es. *** Tatsächlich war Zero wieder recht schnell eingeschlafen. Ein bisschen Sorgen machte Satsuki sich ja schon. Vielleicht wachte er die nächsten Tage wieder nicht mehr auf? Genau in der Zeit kam Karyu. Er hatte von dem Arzt schon gehört, dass Zero wieder aufgewacht war. Sie hatten ihm nicht sagen können, woran es gelegen hatte. Zuerst war er etwas geschockt, als er das Zimmer betrat und seinen Freund wieder nur schlafend vorfand. Aber Satsuki beruhigte ihn. Karyu blieb etwa eine halbe Stunde, in der Zero nicht aufwachte. Aufwecken wollte er ihn nicht. Nachdem der Blonde gegangen war, wurde Satsuki immer unruhiger, weil Zero nicht aufwachte. Wie konnte der so viel schlafen? Vielleicht wollte er sich wieder in seinen todesähnlichen Schlaf begeben? Seufzend starrte er aus dem Fenster. Und er hatte gehofft, endlich jemanden zum Reden zu haben. Und wenn es nur eine Unterhaltung über das Wetter wäre. Oder über das eklige Essen hier. Na, vielleicht ja später. Zero taute bestimmt noch auf. Wenn er denn wieder aufwachte. Da er nichts Besseres zu tun hatte, sang er ein bisschen, um seine Stimme warm zu halten. *** Blinzelnd öffnete Zero die Augen. Da war sie wieder. Die Melodie. Die Stimme. Diesmal träumte er das aber nicht. Diesmal war da kein Licht in der äußeren Ecke seines Blickfeldes. Er war in diesem Krankenzimmer, lag auf dem Bett – und dieser Blonde saß immer noch neben ihm. Und er war es, der sang. Etwas verwirrt drehte Zero ihm den Kopf zu und beobachtete ihn, hörte zu. Die Melodie kam ihm bekannt vor. Satsuki bemerkte ihn gar nicht, da er zum Fenster heraus schaute. Es war wolkig, trist. Das Wetter passte zu den Worten, die Satsuki sang. Schweigend lauschte er der Stimme. Sie war wirklich schön. Sie gefiel ihm. Plötzlich brach der Blonde ab und wandte Zero den Kopf zu. „Du bist ja doch wieder aufgewacht. Ich hatte schon die Befürchtung, dass du zurück in deinen Todesschlaf gefallen bist…“, gab er unverblümt zu, weswegen Zero verschämt beiseite sah. Er konnte sich nicht erklären, weshalb er so auf diese Worte reagierte. Er seufzte, sammelte sich, um die Verlegenheit abzuschütteln, dann sah er erneut zu Satsuki. Es war Zeit für einen Themenwechsel. „Warum bist du eigentlich hier?“ Darauf bekam er nicht sofort eine Antwort. Der Blonde sah ihn einen Moment lang ausdruckslos an, bevor er unvermittelt lächelte. „Ich konnte schlecht atmen. Hatte eine Nasenkorrektur.“ Zero runzelte die Stirn. An was für einen Vogel war er da geraten? „Wirklich? Du hast da gar kein Pflaster oder sowas…“ „Oh…“ Satsuki hielt inne und zuckte mit den Schultern, während er sich abwesend über die Nase strich. „Dann war es wohl wegen des Blinddarms.“ „Wegen des Blinddarms?“ Zero schnaubte leise. Offensichtlich wollte der Blonde ihm nicht sagen, warum er wirklich hier war. „Du weißt, wieso ich hier bin, oder?“, wollte er dann wissen und versuchte es mit einer anderen Strategie. „Karyu hat es dir sicher erzählt.“ Der Andere nickte. „Du isst zu wenig.“ „Gibt es einen bescheuerteren Grund, eingeliefert zu werden?“ Es war eine rhetorische Frage. Auf die Satsuki sich nicht ganz einlassen wollte. „Kommt drauf an. Bist du magersüchtig?“ Mit hochgezogener Augenbraue schüttelte er den Kopf. „Dann….gibt es sicher Bescheuerteres.“ Zero brummte. „Das ist unfair. Du weißt, warum ich hier bin. Ich wurde nicht mal gefragt, ob es ok ist, dass du es erfährst. Und jetzt magst du mir nicht verraten, warum du wirklich hier liegst…“ Satsuki lächelte ihn versöhnlich an. „Blinddarm ist doch ein guter Grund. Nimm es einfach hin. Und was dich angeht, ich werde bestimmt niemanden sagen, warum du hier liegst.“ Zero seufzte. „Das ist mir egal. Darum geht’s gar nicht.“ Trotzig schloss er kurz die Augen. „Du singst gut.“, wechselte er das Thema. „Findest du? Danke. Ich gebe mir Mühe.“, erwiderte Satsuki freundlich. „Ich hoffe, es stört dich nicht. Ich will nur in der Übung bleiben…“ Zero nickte. „Mach nur. Es wäre schade um die Stimme.“ Er öffnete die Augen und sah zu ihm rüber. „Hast du Gesangstraining?“ „Hatte ich mal. Aber jetzt fehlt mir etwas das Geld…“, antwortete der Blonde schief lächelnd. „Hm…vielleicht hat das bisschen Training ja schon gereicht.“ „Wer weiß.“ Satsuki auf die Uhr und seufzte. „Gleich kommt das Essen.“ Er klang nicht sehr begeistert. Fragend sah er Zero an. „Was ist eigentlich mit dir? Du musst bestimmt nichts essen.“ Er suchte mit den Augen Zeros Arm ab. Dieser lächelte bitter. „Ich muss bestimmt was essen.“ Verwirrt sah der Blonde ihn an. „Echt? Ich dachte, deine künstliche Ernährung geht weiter.“ „Ich bin doch jetzt wach.“ „Ja aber…“ Er brummte frustriert, weil er nach Worten suchte. „Du isst doch nichts mehr. Das Essen überfordert doch nur deinen Magen.“ Zero zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Werden wir sehen. Aber ich esse schon. Nur zu wenig. Können wir das Thema wechseln?“ Auch wenn es wahr war, bis zuletzt hatte er immer gegessen, wenn auch nicht oft und viel, fühlte er sich jetzt beim Gedanken an Essen unwohl. Sonst hatte es immer gezwungenermaßen gemacht, damit sein Magen nicht so weh tat. Essen war nervig gewesen. Aber jetzt…war es nicht nur nervig. Vielleicht würde Satsukis Befürchtung zutreffen und ein Happs wäre schon zu viel? Die Ärzte würden schon wissen, ob sie ihm was Normales zu essen geben konnten oder nicht. *** Tatsächlich bekam er was zu essen. Die künstliche Ernährung war eingestellt. Allerdings bekam er nicht wie Satsuki Reis und Misosuppe, sondern Tee und Zwieback. Es war ihm egal. Ihn freute es, dass es nicht viel war. Das bisschen Zwieback würde er noch runter bekommen. Die Schwester redete noch kurz mit ihm, dann ließ sie ihn und seinen Mit-Patienten in Ruhe. Seufzend lehnte er sich zurück ins Kissen und starrte den dampfenden Tee und die 3 Zwieback-Scheiben an. Er war so kurz davor gewesen. Es war doch fast schon um ihn geschehen gewesen. Und jetzt lag er hier und musste etwas essen. Wurde aufgepäppelt und nach Hause geschickt. Dann würde sicher alles wieder von vorne anfangen. Er hatte keine Kraft mehr. Für nichts und niemanden… „Vergiss nicht, zu essen“, drang Satsukis Stimme zu ihm durch. „Du hast die Schwester gehört.“ Er gab nur einen Grunzlaut von sich und nahm langsam einen Schluck Tee, der nicht wirklich heiß war. Dann knabberte er an seinem Zwieback. „Du hast sicher schon was Besseres gegessen“, meinte Satsuki nach einer Weile mitfühlend. „Möchtest du etwas von meiner Misosuppe? Keine Sorge, ich hab keine Krankheit.“ Zero wandte ihm den Kopf zu und blinzelte. „Nein danke. Mir ist egal, was ich esse.“, erwiderte er müde und aß den ersten Zwieback auf. Er war mit den Gedanken woanders, während er bedächtig den zweiten Zwieback kaute, um seinen Magen langsam an Essen zu gewöhnen. Für heute war er Karyu entkommen. Aber morgen kam dieser schon wieder. Er hatte nicht direkt Angst. Aber sein Freund würde einen Heidenaufstand machen und an Vorwürfen nicht sparen. Es würde unangenehm werden. Das Ganze würde bestimmt nicht nur Satsuki, sondern auch die Schwestern auf dem Gang mitbekommen…da war er sich sicher. Zero verzog das Gesicht. Den dritten Zwieback wollte er beileibe nicht essen. Er sah rüber zu dem Blonden und hielt ihm das Stück hin. „Würdest du bitte? Ich kann nicht mehr. Ich hab Angst, das am Ende nachher wieder rauszuwürgen zu müssen.“ Flehend sah er Satsuki an. Dieser erwiderte seinen Blick prüfend, dann nickte er und lehnte sich zu ihm rüber, um ihm das Gebäck abzunehmen. „Na gut. Weil du’s bist. Aber nur dieses eine Mal…“ „Danke.“ Wegen eines Zwiebacks musste man ja keinen Aufstand machen. Aber das sahen die Schwestern hier vielleicht anders. Er wollte es nicht riskieren. *** Ihm war schlecht. So richtig. Die schwarzhaarige Krankenschwester mit dem strengen Blick hatte ihm wohlwollend zugenickt, als sie das leere Geschirr abholen kam. Alles war glatt gelaufen. Er hatte schon beruhigt sein wollen. Aber dann war ihm schlecht geworden. Ob er auf der Seite lag, auf dem Rücken, oder saß (denn er wollte es nicht riskieren, sich auf den Bauch zu drehen, wo alles zusammen gedrückt würde in seinem Inneren und es ihm nur schlechter gehen würde, falls es überhaupt möglich war), es wurde nicht besser. Mit schrecklich verzogenem Gesicht lag er halb, saß er halb gegen das Kissen gelehnt und strich sich leicht mit der warmen Hand unter der Decke über den Bauch. Ihm wurde langsam heiß. Kein gutes Zeichen. Jede Minute würde er sich übergeben müssen. Besorgt wurde er von Satsuki beobachtet, welcher sich schließlich zu ihm auf den Bettrand setzte. „Trink etwas Wasser. Nur einen kleinen Schluck.“ Er reichte ihm den Becher kühlen Wassers. Vorsichtig nahm Zero tatsächlich einen Schluck. „Ich kann die Schwestern ja um einen Pfefferminztee bitten.“ Er nickte dankbar, während er dem Blonden hinterher sah, der erstmal das Fenster öffnete. „Die frische Luft hilft vielleicht auch etwas. Ich bin sofort wieder da.“ Satsuki hatte nicht mal gefragt, was er hatte. Wahrscheinlich war Zero grün angelaufen. So fühlte er sich zumindest. Er schloss die Augen und atmete die kühle Abendluft ein, während er sich unter die warme Bettdecke kuschelte. Tatsächlich kam Satsuki nach 5 Minuten mit einer Tasse dampfenden Tees zurück und stellte es ihm auf das Tischchen neben dem Bett. „Danke, das ist sehr freundlich von dir.“, murmelte er und setzte sich etwas auf. „Gern geschehen. Ich hoffe, es hilft.“, erwiderte der Blonde leicht lächelnd, bevor er sich zurück in sein Bett legte. Die Luft war frisch, aber eben kühl. Eine Weile ließen sie das Fenster noch auf. Langsam, Schluck für Schluck, trank er den warmen Tee aus. Er ließ sich Zeit damit, um das Ganze nicht eventuell noch schlimmer zu machen. „Wie geht es dir?“, wollte Satsuki nach einer Weile wissen. Zero hatte sich tief in seine Decke gemurmelt. „Etwas besser“, antwortete er leise. „Ich werd schlafen…ich bin müde…“ „In Ordnung.“ Satsuki stand auf und schloss das Fenster. Auf Zeros Bettseite war das Licht bereits gelöscht. „Stört es dich, wenn ich noch etwas lese…?“ „Nein nein. Gute Nacht.“ Zero drehte sich auf die Seite, wandte ihm den Rücken zu. Kurz betrachtete Satsuki ihn, dann versuchte er sich auf das Buch zu konzentrieren. Wenn er auch vieles war, aber müde nicht gerade. Er lag den ganzen Tag nur hier rum. Und Zero auch. Vielleicht war er müde vom Essen. Das für jemanden wie ihn bestimmt anstrengend…irgendwie. Und dann kam die Übelkeit noch hinzu. Satsuki las noch für eine lange Zeit. Zero regte sich nicht mehr und schien somit tief und fest zu schlafen. Nachdenklich beobachtete er ihn eine Weile, bevor er das Licht löschen würde. Todesschlaf passte wirklich. Man sah und hörte nicht einmal, dass der Dunkelhaarige atmete. Seufzend schaltete Satsuki das Licht aus und versuchte zu schlafen. Wieder hatte er Zweifel daran, dass der Andere aufwachen würde. Es war unheimlich. So einfach war das. Wenn Zero die Augen zumachte, dann hatte man das Gefühl, es wäre für die Ewigkeit. So wie dieser es sich ja auch zu wünschen schien… Ein Schauer jagte ihm den Rücken hinab, dann drehte er sich auf die Seite und versuchte an seine eigenen Probleme zu denken. --- tbc~ Kapitel 6: Gespräche -------------------- *** Zum Frühstück gab es für Zero Haferflocken und ein Schälchen Apfelmus. Es interessierte ihn nicht wirklich. Er löffelte das Zeug träge, wenn auch etwas misstrauisch. Wenn ihm nun wieder so schlecht würde wie am Abend zuvor? Glücklicherweise war es wieder nicht viel, was er essen musste. Unwohl war ihm allerdings eh schon. Allein beim Gedanken an Karyu. Was er sich wohl würde anhören dürfen…? Seufzend gab er irgendwann auf, die Haferflocken schaffen zu wollen. Die stopften ungemein. Als er einen Blick zu Satsuki warf, war dieser noch fröhlich am Futtern. Diesmal fragte er ihn nicht, ob er für ihn aufessen würde, damit die Schwestern nichts mit bekamen. Der Blonde schien eh satt zu sein. Und langweilige Haferflocken wollte er ihm nicht auch aufdrücken. Auch wenn es eh nicht viel war… Die Krankenschwester, die das Geschirr abräumte, war brünett. Er hatte sie bisher nur ein Mal gesehen. Sie musterte das bisschen, was er übrig gelassen, etwas zu lange, sah ihn streng an und ermahnte ihn, das nächste Mal besser alles aufzuessen. Es wäre ja nur zu seiner eigenen Gesundheit. Er nickte nur. Das war ja jetzt schon kaum auszuhalten, dieser Stress. Wegen so etwas. Er schnaubte leise. Seine Aufmerksamkeit wurde wieder auf Satsuki gelenkt, als dieser aufstand. Gerade da ging die Tür auf. Er bekam schon Angst, dass es sich um Karyu handelte. Aber es war ein Pfleger. Dieser schien sich für Satsuki zu interessieren. „Ah, Sie sind schon auf dem Weg. Wunderbar.“ Der Blonde nickte und ging zur Tür, wo er sich noch mal zu Zero umdrehte. „Ich komm in einer Stunde wieder. Grüß deinen Freund von mir, wenn er in der Zeit kommen sollte. Sag ihm, dass ich einen guten Job gemacht habe.“ Er zwinkerte ihm zu. „Das wird er schon verstehen.“ Zero blinzelte nur verwirrt und wollte nachfragen, aber da waren Satsuki samt Pfleger schon verschwunden. Was da wohl los war? In einer Stunde sollte der Blonde zurück kommen? Das klang nach einem Termin oder ähnlichem. Hm. Es brachte nichts, jetzt darüber nach zu grübeln. Momentan war Karyu wichtiger. Nachdenklich warf Zero einen Blick auf die Uhr. Es konnte gut sein, dass der Andere bald kam. Dieser konnte sich fast jederzeit von seiner Arbeit an der Universität loseisen. Zero seufzte. Das war wie eine tickende Zeitbombe….er wartete auf seine Hinrichtung…so fühlte er sich zumindest. Ihm wurde bewusst, dass er keine Ahnung hatte, welcher Tag heute war. Und was war eigentlich mit seiner eigenen Arbeit? Die waren sicher auch schon außer sich, weil er seit einer Woche nicht mehr auftauchte. Er musste nicht jeden Tag dort arbeiten, aber mehr als 1,2 Tage hatte er sicher unangekündigt gefehlt…wahrscheinlich hatten sie ihn schon gefeuert – und das, ohne dass er was davon mitbekommen hatte. Wo war überhaupt sein Handy? Das hatte er bei sich gehabt, als er auf der Straße zusammen gebrochen war, da war er sich sicher! Aber er sah es hier nicht. Eine Schublade hatte sein Nachttischchen oder was das sein sollte, nicht. Neben der Tür ihres kleines Badezimmers stand allerdings sowas wie ein Kleiderschrank…da lagen sicher seine Klamotten drin – aber sein Handy? Er seufzte. Würde er mal nachschauen müssen. Langsam stand er auf. Er war etwas wackelig auf den Beinen. Zum einen weil er schon lange nicht mehr gestanden hatte, zum anderen vielleicht weil er nicht so viel Kraft hatte, wie er gern gehabt hätte. Langsam schlich er hinüber und öffnete den Schrank. Wie vermutet lag seine Kleidung darin, aber auch fremde – wahrscheinlich Satsukis… Ein Handy sah er auf den ersten Blick nicht. Er ließ den Kopf hängen, durchwühlte dann aber seine leicht zerschlissene Lederjacke. Tatsächlich befand sich in der Jackentasche sein Handy. Aber es war aus. Der Akku war natürlich leer. Seufzend sah er das Ding an. Im Grunde konnte er so nichts mit anfangen. Erschrocken fuhr er herum, als es an der Zimmertür klopfte und jemand herein kam. Karyu. Aus großen Augen starrte er ihn überrascht an. Auch der Blonde hielt für einen Moment inne. Dann lächelte dieser schüchtern. „Hey…du bist ja schon auf den Beinen.“ Irgendwie fühlte Zero sich ertappt. Er nickte nur stumm und schloss die Schranktür, während er mit dem Handy zurück zum Bett ging und sich darauf setzte. Kurz blieb Karyu unschlüssig stehen, dann schob er sich den Stuhl neben der Tür ans Bett und nahm darauf Platz. Sein Blick fiel auf das Handy. „Du hast es bei dir.“, murmelte er nachdenklich, als würde er noch an irgendwas anderes dabei denken. Wieder nickte Zero. „Der Akku ist aber leer…“ „Verstehe“, erwiderte Karyu und Schweigen legte sich über sie. Etwas beschämt, und gleichzeitig auch unruhig, sah Zero starr auf seine Hände nieder, dann legte er das Handy neben sich auf das Tischchen. „Ich kann dir ja später das Aufladekabel bringen“, schlug Karyu unvermittelt vor, woraufhin er wieder nickte. „Das wäre nett.“ „Ich komme sowieso jeden Tag hier vorbei, auch wenn es nicht lange ist.“ Der Größere warf einen Blick zum anderen Bett und runzelte die Stirn, was Zero nicht entging. „Er ist weg…irgendein Termin oder so.“ „Ach…was hat er denn?“ Zero zuckte mit den Schultern. „Wollte er mir nicht sagen.“ Karyu summte nur und sah wieder zu Zero. „Wie geht’s dir?“ Erneutes Schulterzucken. „Ich weiß nicht.“ Das war sogar ehrlich. Ernst gemeint. Sein Freund runzelte nachdenklich die Stirn und senkte schließlich den Blick. „Du weißt es nicht…“ Er seufzte. „Schlechter als vorher? Oder besser? Froh, dass du noch lebst?“, fragte er schließlich frei heraus. Zero wandte den Kopf ab und starrte aus dem Fenster. Heute schien die Sonne. Wollte Karyu eine ehrliche Antwort darauf? Stumm pfriemelte er an seiner Bettdecke umher. Schließlich zuckte er mit den Schultern. „Ich weiß nicht“, wiederholte er. So ganz stimmte es nicht. Besser fühlte er sich sicher nicht, das wusste er. Schlechter…körperlich vielleicht, weil das Essen ihm übel werden ließ. Froh, dass er noch lebte…nein. Er hatte sich schon mit dem Tod abgefunden gehabt. Dass er im Sterben gelegen hatte, war ihm irgendwie bewusst gewesen. Und es war ok gewesen. Er hatte sich damit abgefunden. Er hatte sich schon darauf eingestellt. Aber jetzt war er wieder wach und musste essen. Musste an seine Zukunft denken. Seine Arbeit, die er vielleicht schon verloren hatte. Aber so wichtig war das nicht. Nur die Tiere würden ihm fehlen. Er ahnte, dass er so schnell nicht wieder davon kam. Er würde noch eine Weile weiterleben. Es war eigentlich nicht in seinem Sinn gewesen, sich direkt umzubringen. Es war ein schleichender Prozess gewesen. Natürlich hatte er mal, wie viele andere es bestimmt auch taten, darüber nachgedacht – sich umzubringen. Aber er hatte es nie gemacht. Stattdessen war dieses stete Abnehmen sein Ende gewesen – hatte es zumindest sein sollen. Irgendwie schien sich sein Körper dazu entschieden zu haben. Er hatte nichts dagegen genommen, dazu hatte ihm der Willen gefehlt. Wie auch immer man es nun sehen mochte. Doch eines tat ihm leid: dass er Karyu so verletzt hatte. Und es jetzt gerade auch wieder tat. Wahrscheinlich hätte er ihm um den Hals fallen und sich entschuldigen müssen. Für alles. Bestimmt müsste er ihm jetzt versprechen, dass er wieder mehr und regelmäßig essen würde. Aber das konnte er nicht…vermutlich würde er Karyu deswegen einfach anlügen, damit dieser sich besser fühlte. Er mochte es nicht, ihn anzulügen. Aber manchmal war es für sie beide einfach besser so. Er sah ihn zögernd an. Traurig erwiderte Karyu den Blick und schien darauf zu warten, dass er noch etwas hinzufügte. Aber er wusste nicht, was er sagen sollte. „Zero, hör mal… Die wissen nicht, dass du…aufgeben willst. Dass du hier gelandet bist, ist nicht aufgrund eines Suizidversuchs passiert. Du bist einfach zu dünn. So sehen die das. Haben sie dich gefragt, warum?“ Er nickte nur. „Was hast du geantwortet?“ „Ich hab gesagt, dass ich noch esse. Aber ich nehme eben einfach nicht zu…“ Ausführlich hatte er es denen jetzt nicht erklärt, und sie hatten auch nicht weiter nachgefragt. Karyu nickte leicht. „Ich verstehe.“ Er machte eine kurze Pause. „Ich könnte dich wahrscheinlich in die Psychiatrie einweisen lassen.“ Zero lief es kalt den Rücken runter. „Aber das liegt wohl nicht wirklich in unserem Interesse. Ich will, dass du lebst. Du bist mein bester Freund und willst mich einfach alleine lassen.“ Innerlich seufzte er. Karyu wollte ihm ein noch schlechteres Gewissen machen. „Ich will nicht, dass du aufgibst. Lass mich dir helfen. Sag mir einfach, dass du es weiter versuchst. Ich bin doch für dich da.“ Und wenn er nicht mehr weiter machen wollte? Dann würde er ihn also einweisen lassen oder was? Das war ziemlich fies. Er senkte den Blick. Er konnte Karyu jetzt nicht die Wahrheit direkt ins Gesicht sagen. Er hatte ihm schon zu viel zugemutet. Mit aller Kraft rang er sich zu einem schwachen Lächeln auf. Seine Gesichtszüge fühlten sich seltsam verzerrt an. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal gelächelt hatte. „Ich versuch’s ja…ich geb mir Mühe“, murmelte er schließlich und sah Karyu an. Dieser musste ihm jetzt glauben und ihn Ruhe lassen. Wie es jetzt wirklich weiter gehen sollte, wusste er nicht. Langsam nickte der Blonde und erwiderte seinen Blick nachdenklich. „Das höre ich gerne…“ So ganz überzeugt klang er noch nicht. Wer konnte es ihm verübeln. Zero fühlte sich furchtbar unwohl. Er rutschte auf dem Bett hin und her. „Weißt du, wie lange ich noch hier bleiben muss? Ich will nach Hause…ich bin doch jetzt wach und mir fehlt ja nichts“, murmelte er und sah Karyu flehend an. Dieser sollte ihn mit nach Hause nehmen. „Das hab ich noch gar nicht erfragt… Das werde ich beim Gehen machen, ja? Vielleicht wissen die Schwestern etwas“, versprach er, woraufhin Zero leicht nickte. „Soll ich dir nächstes Mal noch irgendwelche Dinge mitbringen? Das Aufladekabel…vielleicht noch etwas Kleidung?“ „Ich glaube, ich muss in diesem Krankenhausfummel bleiben“, erwiderte Zero und zog eine leichte Schnute. Das zog ja hinten so schön, weil das Hemdchen offen war. Karyu grinste leicht. „So haben die Schwestern wenigstens was zu gucken. Dein Hintern lässt sich sehen.“ „Tut er das?“, hakte Zero überrascht nach. Machte Karyu sich grad lustig über ihn? Dieser lächelte allerdings und nickte. „Mir gefällt er. So schön rund und knackig sieht er auch aus.“ Nun lief Zero unwillkürlich rot an. So was hatte Karyu noch nie zu ihm gesagt. Zumindest konnte er sich nicht dran erinnern, aber das hatte nichts zu sagen, da er in bestimmten Dingen ein Gedächtnis wie ein Sieb hatte. „Wie kommst du denn auf so was…“, murmelte er peinlich berührt, woraufhin Karyu mit den Schultern zuckte. „Ist eben so. Ich hab deinen Po ja nun schon oft genug gesehen, wenn du durch unsere Wohnung getänzelt bist.“ „Du bist nur neidisch.“ „Ach, meiner ist auch nicht schlecht. Aber den kann ich schlecht ständig anglotzen. Da ist das bei dir einfacher.“ Fragend zog Zero eine Augenbraue in die Höhe. Sollte Karyu nicht lieber irgendwelchen Frauen auf den Hintern starren? „Kümmere dich lieber um deine Studentinnen. Da müssen auf dem Campus ja tausende heiße Schnitten rumlaufen. Da wirst du mehr von haben, als meinen anzuschauen“, meinte er schließlich. Karyu lächelte unverbindlich. „Deiner gefällt mir aber besser.“, erwiderte er nur. Zero dachte an den Po seines Mitbewohners und besten Freundes. So genau hatte er sich den aber bisher gar nicht angeschaut. „Also“, wechselte der Blonde dann das Thema, „irgendeinen speziellen Wunsch, was ich mitbringen soll?“ „Vielleicht ein Buch“, antwortete Zero schulterzuckend. „Musik oder so…was zu schreiben…“ Karyu nickte und sah auf die Uhr. „Das lässt sich einrichten. Was von der Uni auch?“ Zero nickte. „Ein, zwei Lehrbücher sollten reichen. Die müssten auf dem Schreibtisch liegen…“ „Gut, ich hoffe, ich kann morgen wieder kommen.“ „Danke…“ Karyu stand auf und strich ihm sanft durch die Haare, bevor er ihn aufmunternd anlächelte. „Vergiss nicht zu essen, Kleiner. Wir sehen uns morgen.“ Nachdenklich sah er ihm hinterher. Karyu hatte ihn schon lange nicht mehr Kleiner genannt… Aber es gab ihm ein gutes Gefühl. Er mochte das eigentlich. Andere wären vielleicht beleidigt gewesen, aber es war nun mal so: er war kleiner als Karyu. Von dem Standpunkt aus gesehen, störte ihn das nicht. Karyu meinte es ja auch nur lieb. Schleichend, ohne dass er es bemerkte, legte sich der Hauch eines Lächelns auf seine Lippen. Wahrscheinlich drehte er langsam durch. Dass so eine kleine Bemerkung ihn plötzlich ein wenig aufheiterte. Dabei hatte er vor 2 Wochen oder wann immer das nun gewesen war, seinem besten Freund noch ins Gesicht gesagt, dass er ihm nicht zum Leben reichen würde. Im Nachhinein schämte er sich für diese Worte. Als nach einer Weile eine Schwester nach ihm gucken kam, nutzte er die Gelegenheit, etwas nachzufragen. „Ich vermisse meinen Zimmergenossen“, meinte er und deutete fragend mit dem Kopf zum Bett. „Oh, der müsste gerade seine Therapiestunde haben“, antwortete sie, woraufhin er zögerte. Was für eine Therapie denn? Ob sie ihm das sagen würde… Ein Versuch konnte nicht schaden. Aber sie antwortete nur, dass er ihn das schon selbst fragen müsse. „Wie lange muss ich denn hier bleiben?“, wollte er dann seufzend wissen. Nachdenklich hob sie eine Schulter. „Das entscheidet allein Ihr Arzt.“ Dann war sie weg. Toll. Hoffentlich ließ seine Ärztin sich hier bald blicken. Aber eigentlich war sowieso egal, was die Ärztin sagen würde. Er konnte sich auch selbst entlassen. Und das würde er auch ganz schnell machen! Sobald er sie wiedersah, würde er ihr das sagen. Dann war er sicher in Nullkommanichts hier raus. Seine Gedanken wanderten zurück zu Satsuki. Er war also in Therapie? Was für einer? Physiotherapie? Er sah eigentlich aus, als könne er sich hervorragend bewegen…was gab es noch? Psychotherapie vielleicht? War der Andere verrückt und hatte sich selbst verletzt? Oder hatte vielleicht sogar versucht, sich umzubringen? Zero konnte sich nicht endgültig sicher sein. Er würde Satsuki wohl fragen müssen. Aber der würde ihm sicher nichts erzählen. Seufzend legte er sich hin und starrte gelangweilt an die Decke. Er war wieder müde. Auf der anderen Seite dachte er daran, aufzustehen und umher zu laufen. Sich umzuschauen und die Beine zu trainieren. Seine Muskulatur hatte sich etwas abgebaut, wie es schien. Seufzend stand er schließlich tatsächlich auf. Er hatte nichts besseres vor. Und möglicherweise würde er die Ärztin finden und konnte diese um seine Entlassung bitten. Guter Plan. Als er die Tür öffnen wollte, hielt er inne. Er hatte nur seine Unterhose und diesen unschönen Kittel an… Da konnte man nichts machen. Immerhin lief er nicht nackt um. Er trat hinaus und sah auch schon Satsuki auf sich zukommen. „Hi. Wo willst du denn hin?“ Zero zuckte mit den Schultern. „Ich wollte mir nur mal die Beine vertreten.“ „Ach so. Ich komm mit. Ich kann dir ja…die Caféteria oder so zeigen“, schlug er vor und musterte ihn kurz. „Willst du so gehen?“ „Ich hab nichts anderes…“ Satsuki seufzte. Er selbst trug einen Bademantel über seinem Schlafanzug. „Ich hab leider nichts Vernünftiges, was ich dir geben könnte, fürchte ich.“ Zero winkte ab. „Geht schon so.“ Auch wenn es ihm etwas unangenehm war. Schweigend durchstreiften sie das Krankenhaus und näherten sich dem Erdgeschoss. „Wie war deine Therapiestunde?“, erkundigte sich Zero nach einer Weile. Vielleicht bekam er ja doch irgendwas raus. Satsuki wusste vergleichsweise viel über ihn. Er verlangte nur etwas Gleichberechtigung. Dieser sah ihn überrascht an. „Hast du eine Krankenschwester ausgequetscht?“ Böse schien er nicht zu sein. Zero nickte. „Ich habs zumindest versucht. Aber mehr als das Wort „Therapie“ hat sie nicht ausgespuckt“, antwortete er wahrheitsgemäß. Satsuki lächelte leicht. „War ok. Hab nur mit netten Menschen zu tun“, erwiderte er zwinkernd. Aber natürlich erzählte er nichts Genaueres. „Warum musst du denn dahin?“, versuchte er es andersherum, während sie Cafeteria betraten. Hier liefen einige wenige auch im tristen Kittel herum. Das beruhigte Zero etwas. „Damit ich bald entlassen werde“, antwortete Satsuki vage und lenkte vom Thema ab, indem er ein bisschen erklärte, was es hier gab. „Hast du überhaupt Geld dabei? Falls nicht, kannst du sozusagen anschreiben lassen. Du bekommst eine Rechnung, wenn du entlassen wirst.“ Zero hörte nur mit halbem Ohr zu. Ihn interessierte es nicht wirklich. Er würde hier morgen vielleicht schon wieder raus sein. In diesem Falle war es eigentlich unnötig, dass Karyu ihm Sachen vorbei brachte. Er seufzte innerlich. Mal sehen. Dieser würde ihm nicht böse sein, wenn es so kommen sollte. Wenn er so darüber nachdachte…dann war er wirklich froh, dass Karyu nicht ernsthaft sauer auf ihn war und ihn verließ. Im Gegenteil, er kam jeden Tag hierher um nach ihm zu schauen. Obwohl er ihm so vor den Kopf gestoßen hatte. Wäre er jetzt allein…wäre er vermutlich freiwillig aus dem Fenster ihres Krankenzimmers gesprungen. Wenn alles schlafen würde. Ohne Karyu wäre er dann wirklich allein. „Hm?“ Er sah auf, als eine Hand vor seinem Gesicht umher wedelte. „Hörst du mir überhaupt zu?“, wollte Satsuki aus großen Augen wissen. Erst jetzt fiel Zero auf, dass der Blonde eh schon wohlgeformte, große Augen hatte. Stumm erwiderte er den Blick für einen Moment, dann rang er sich zu einer Antwort durch. „Oh, tut mir leid. Ich habe gerade an etwas anderes gedacht“, murmelte er und wandte den Blick verlegen ab. Satsuki brummte und sah kurz in Richtung der Theke, dann zuckte er mit den Schultern. „Willst du hier bleiben oder wieder nach oben?“ „Ich geh wieder hoch. Ich fühle mich doch etwas unwohl in diesen Sachen…“, nuschelte er und wandte sich ab. Er musste lächerlich aussehen. Oder eher schrecklich. Total abgemagert wie ein Straßenkind und dann in diesem dummen Kittel, wo man hinten seine Unterwäsche sehen konnte. Wunderbar. Er schluckte und verschwand schnell in Richtung Aufzug. Satsuki folgte ihm. *** Oben auf der Station sah er tatsächlich seine Ärztin bei der Oberschwester am Tresen stehen. Sofort ging er zu ihr. Dass Satsuki ihm immer noch folgte, merkte er allerdings nicht. Dr. Tanaka war überrascht, ihn auf den Beinen zu sehen. „Ich dachte, Sie würden sich noch eine ganze Weile ausruhen“, sagte sie Sie freundlich und wandte sich ihm zu. „Was kann ich für Sie tun?“ Ernst sah er sie an. „Ich will das Krankenhaus verlassen. Mir geht es gut.“ „Oh.“ Sie verlagerte ihr Gewicht auf das andere Bein und griff dann über den Tresen, um eine Krankenakte unter einem Haufen Zettel hervorzuholen. Sie warf einen kurzen Blick hinein. „Nun ja, davon rate ich Ihnen ab. Es ist nicht endgültig geklärt, warum sie bewusstlos geworden sind. Natürlich spielt Ihr extremes Untergewicht eine große Rolle, wahrscheinlich die entscheidende. Es könnte also jederzeit passieren, dass Sie wieder auf der Straße oder zu Hause zusammen brechen. Hier können wir Sie unter Beobachtung halten, Tests und Untersuchungen durchführen und uns ausreichend um Sie kümmern. Ihre Ernährung unterstützen zum Beispiel.“ Stumm hörte er sich das an und nickte langsam. „Ich verstehe das, aber ich kann und will nicht hier bleiben. Ich muss mich um mein Studium und meine Arbeit kümmern. Ich passe schon auf mich auf. Also, lassen Sie mich bitte gehen?“ Sie seufzte und zückte ihren Kugelschreiber, um etwas in seine Krankenakte zu schreiben. „Das ist natürlich möglich. Wir können Sie nicht hier festhalten. Allerdings muss Ihnen dringend jemand zur Seite stehen.“ Er stockte und wurde misstrauisch. Das hörte sich nicht so gut an. „Jemand, mit dem Sie zusammen regelmäßig essen können und der Sie im Notfall ins Krankenhaus bringen kann, wenn doch wieder etwas sein sollte. Haben Sie jemanden, der oft bei Ihnen sein kann?“ Er nickte sofort. „Ich hab einen Mitbewohner, der wird das machen.“ Überrascht, aber zufrieden nickte sie. „Sehr gut. Kommt er Sie hier noch mal besuchen?“ Verwirrt runzelte er die Stirn. „Vermutlich morgen…“ „Schön. Sagen Sie ihm, dass er sich hier bei der Oberschwester melden soll. Ich werde dann mit ihm sprechen und dann gebe ich Ihnen die Entlassungsformulare.“ Warum musste sie mit Karyu reden?! „Ah…ja…“, murmelte er nur und wandte sich verstimmt ab. Er lief direkt in Satsuki hinein. Abwesend warf er ihm einen Blick zu, bevor er sich an ihm vorbei schob. „‘Tschuldige…“, nuschelte er und ging in ihr gemeinsames Zimmer. Satsuki schloss die Tür hinter ihnen. „Was ist los mit dir? Du schaust etwas…angespannt drein. Hast du sie angelogen? Hast du eigentlich niemanden, der auf dich aufpassen kann?“ Zero brummte, während er sich auf das Bett setzte. Einen Aufpasser brauchte er also, aha. Das klang so bekloppt. Er war doch keine 10 mehr. Seufzend schüttelte er schließlich den Kopf. „Das war nicht wirklich gelogen… Karyu, weißt du…der Blonde, der letztens hier war. Das ist mein Mitbewohner. Ich lebe ja nicht alleine.“ „Aber?“, hakte Satsuki freundlich nach, während er das Fenster anklappte, um etwas frische Luft herein zu lassen. „Aber er hat eben nicht viel Zeit.“, antwortete er knapp und sah zu dem Blonden auf, der ihn kurz musterte und wahrscheinlich überlegte, ob er weiter nachfragen sollte. Doch Satsuki unterließ es. *** To be continued~ Kapitel 7: Bei Satsuki. ----------------------- *** Schweigend starrte Zero auf die Bettdecke. Es war still. Karyu und er dachten über eine Lösung nach. „Ich kann ja auf der Arbeit freinehmen…“, schlug sein bester Freund vor. „Dann hab ich um einiges mehr Zeit.“ Langsam schüttelte Zero den Kopf. „In deiner Urlaubszeit bekommst du aber kein Geld. Und du brauchst jeden Cent, das weiß ich doch.“, sagte er leise, woraufhin der Blonde tief seufzte. Karyu bekam keine Unterstützung von seinen Eltern. Sie waren tot. Er musste sich sein langer Zeit selbst durchschlagen. „Karyu, wir sehen uns doch immer abends, das wird schon reichen. Beruhige die Ärztin einfach und dann gehe ich nach Hause, und du in die Universität, und alles wird gut“, meinte er etwas naiv. Karyu belächelte diese Worte nur müde. Er wusste genau wie Zero, dass das nicht so einfach war. „Was passiert, wenn ich dich alleine lasse, sehen wir ja beide.“ Er schüttelte seicht den Kopf. „Nein, die Ärztin hat Recht, weißt du.“ Die warme Hand des Größeren legte sich auf seine. „Ich sollte etwas mehr auf dich Acht geben. Ich will sowieso mehr Zeit mit dir verbringen. Wir sehen uns viel zu selten…“, sagte er, woraufhin Zero nur leise, aber zustimmend brummte. Ja, er hatte kaum noch Gelegenheit, mit Karyu zu reden. Sie begegneten sich recht selten, dabei wohnten sie schon zusammen. Wieder breitete sich Schweigen aus. Karyu hatte einfach nicht die Möglichkeit, für ihn mehr Zeit zu opfern. Er konnte nur das Studium oder die Arbeit hinten anstellen, aber genau das konnte er sich einfach nicht leisten. Das wussten sie beide. Doch das letzte, was Zero wollte, war hier bleiben. Es war eintönig. Wäre Satsuki nicht, wäre er wohl schon vor Langeweile gestorben. Dieser saß auf dem Fensterbrett und hörte ihnen aufmerksam zu. Er hatte angeboten, hinaus zu gehen, aber Karyu hatte abgewinkt. Ihn störte der Blonde nicht. Zero ebenso wenig, und so war Satsuki im Zimmer geblieben und lauschte den Problemen der beiden Freunde. Er kratzte sich am Kopf und dachte nicht groß nach. Er konnte ihnen helfen. „Also wenn das für euch so ein Problem ist und Zero hier unbedingt raus will, dann kann ich da vielleicht was machen“, begann er und sah sie freundlich an. Ihre verwirrten Blicke sog er in sich auf. Wenn er mal helfen konnte, machte er das sehr gerne. Deswegen gefiel ihnen die leichte Hoffnung in den Augen der Anderen. „Sobald ich entlassen werde, kann Zero gern für eine Weile bei mir bleiben.“ Das ließ er erstmal sacken. Als Karyu stirnrunzelnd den Mund aufmachte, fuhr er fort. „Wenn alles gut läuft, dürfte ich in 3 Tagen entlassen werden. Dann kommt Zero einfach mit zu mir. Meine Wohnung sollte auch für 2 Personen ausreichen. Ich arbeite von vormittags bis nachmittags in einem Musikgeschäft. Die meiste Zeit bin ich aber zu Hause. Wir könnten zusammen frühstücken und zu Abend essen. Sollte mal was passieren, während ich weg bin, würde ich ihn sicher schnell finden und könnte ihm helfen.“ Er zuckte mit den Schultern. Ihm machte das alles nichts aus. Überrascht starte Zero seinen Zimmergenossen an. „Warum willst du unbedingt Babysitter für mich spielen?“, fragte er schließlich, woraufhin Satsuki abwinkte. „Wer hat denn was von Babysitter gesagt? Ich halte dir beim Essen nicht das Händchen. Und ich passe auch nicht auf, wann du das Haus verlässt oder gehe am besten noch mit dir zusammen raus. Du bist erwachsen und wirst schon auf dich selbst aufpassen können. Ich mache das aus reinem Eigennutz. Wenn ich dann nach Hause komme, ist endlich mal jemand da, mit dem ich unterhalten kann. Und vielleicht krieg ich dich ja auch dazu, für mich abzuwaschen und die Wäsche zu machen“, grinste er frech und zwinkerte. „Für dich springt dabei raus, dass du aus dem Krankenhaus kannst. Und Karyu ist beruhigt, dass dich jemand öfter zu Gesicht bekommt und beurteilen kann, ob es dir gut geht oder du doch wieder ins Krankenhaus solltest, um aufgepäppelt zu werden“, fügte er sachlich hinzu. So ganz wusste Zero nicht, was er davon halten sollte. Begeistert war er erstmal so oder so nicht. Karyu hingegen, beinahe freudig, nickte immer wieder, weswegen er ihn mit zusammen gezogenen Augenbrauen ansah. „Hey, jetzt mal langsam. Nichts gegen dich“, sagte er an Satsuki gewandt, bevor er wieder Karyu ansah, „aber wir kennen ihn überhaupt nicht. Ich will nicht in einer fremden Wohnung leben…und wir beide sehen uns dadurch auch nicht öfter…“, murmelte er. Karyu und Satsuki zuckten synchron mit den Schultern. „Wenn du lieber im Krankenhaus bleiben willst“, meinte Karyu. „Und zwar bald allein. Oder mit jemand nervigerem als mich, der singt, obwohl er es nun wirklich nicht kann“, fügte Satsuki dreist hinzu, weswegen Zero wimmerte. Das war doch alles Mist. Kurz dachte er nach. Hier war es wirklich nicht schön und dazu noch langweilig. Auch wenn er Satsuki hatte, so konnte man hier nicht wirklich etwas machen. Zudem saß ihm die Uni ein bisschen im Nacken. Wäre er hier raus, wäre das sicher besser, auch wenn es nicht sein richtiges Zuhause war. Bestimmt konnte er aber bald ganz nach Hause. Es wäre vielleicht für eine Woche, die er bei Satsuki bleiben sollte. Alles besser als hier, sagte er sich. Dort würde er mehr Freiheiten haben. Er fühlte sich zwar bei anderen in der Wohnung nicht wohl, aber es würde ja nicht für lange sein. Er seufzte langgezogen und sah zu Satsuki. „So ganz verstehe ich zwar immer noch nicht, warum du mir das Angebot machst, aber schön. Ich würde es gerne annehmen.“ Der Blonde lächelte nur leicht triumphierend und nickte. Karyu sah erleichtert aus. „Das ist toll. Du bist uns eine große Hilfe, Satsuki. Ich kann mich also darauf verlassen, dass du gut auf ihn aufpasst und mir Bescheid sagst, wenn was ist? Du wirst ihn mir in einem Stück wieder zurück geben, wenn die Zeit gekommen ist?“ Satsuki nickte und lächelte hinreißend. „Natürlich. Ich gebe dir mein Wort.“ *** Trübsal blasend saß er an der Theke und hatte den Kopf auf die Arme gelegt. Er vermisste Karyu mehr denn je. Hier, in Satsukis Wohnung, fühlte er sich unwohl. Er war eben nur ein Gast. Das bedeutete für ihn nicht gerade Entspannung. Heute war er zusammen mit Satsuki aus dem Krankenhaus entlassen worden. Der Blonde hatte ihm ganz klassisch die Couch in seinem Wohnzimmer angeboten, die er auch dankbar annahm. Da hatte er nichts gegen. Jetzt saß er an der Theke der Küche, das Wohnzimmer im Rücken. Satsuki war sich in seinem Schlafzimmer umziehen gegangen. Es war bereits spätnachmittags, weswegen er heute doch nicht mehr in seine und Karyus Wohnung gehen würde, um ein paar weitere Dinge und etwas Kleidung zu holen. Das würde er auf morgen verschieben. Noch immer hatte Satsuki ihm nicht gesagt, warum er im Krankenhaus gewesen war. Morgen würde dieser auf jeden Fall schon wieder arbeiten gehen. Ob es dann nicht so schlimm gewesen war? Hm nein, sonst hätte er es ihm wohl erzählt. „Hey, warum bist du denn so traurig? Was ist los?“, hörte er die melodische Stimme des Blonden näher kommen, und schon stand dieser ihm gegenüber an der anderen Seite der Theke. Zero setzte sich auf und zuckte leicht mit den Schultern. Satsuki neigte nachdenklich den Kopf. „Hmm…verzeih mir die folgende Frage, aber du hast doch nicht vor, dich demnächst in meiner Wohnung umzubringen?“ Das war ja sehr direkt. Zeros Augen weiteten sich vor Überraschung, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, hab ich nicht. So viel Taktgefühl besitze ich noch.“ Satsuki hob langsam eine Augenbraue. „Das ist ja schon mal ein guter Anfang.“, erwiderte er schließlich nur und nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. „Möchtest du auch ein Glas?“ „Ja, bitte“, murmelte er nur und starrte zur anderen Seite aus dem Fenster. Es war bewölkt. Und er wusste nichts mit sich anzufangen. Satsuki stellte ihm das Glas Wasser auf die Theke und seufzte. „Nun schau nicht so wie ein geprügelter Hund“, sagte er und musterte Zero, welcher den Blick verlegen senkte. „Ich bin ganz lieb und beiße nicht. Wenn was ist, bin ich jederzeit für dich da und auch Karyu wird sich hier ja blicken lassen. Oder du gehst ihn an der Uni besuchen, das wird ja wohl möglich sein.“ Zero versuchte sich zu einem Lächeln durchzuringen, was misslang, weswegen er nur nickte. „Ok, was machen wir jetzt….hmm… Oh“, fiel es Satsuki dann ein, während er nochmals einen Blick in den Kühlschrank warf. „Wir sollten erstmal einkaufen gehen.“ Mechanisch nickte Zero und stand auf. Gerade war ihm alles recht. Ob er irgendwohin laufen sollte oder nur rumsaß, es kam gerade aufs Gleiche hinaus. Die beste Gesellschaft war er momentan wohl nicht, aber Satsuki wurde es nicht müde, fröhlich auf ihn einzureden. Vielleicht war er auch nur gedankenlos oder eigennützig. Das war Zero aber sowieso egal. Als sie zurück waren, knurrte dem Blonden schon hörbar der Magen. „Ist das in Ordnung, wenn wir uns jetzt das Abendessen machen?“ Zero nickte. „Klar, wieso nicht. Es ist außerdem doch deine Küche…“, murmelte er, woraufhin Satsuki nur lachte und nickte. „Dann lass uns mal anfangen….schneidest du das Gemüse?“ Wieder nickte Zero nur und wusch das bereit gelegte Gemüse ab, während Satsuki kurz ins Wohnzimmer verschwand und Musik anmachte. Wann er das letzte Mal gekocht hatte, wusste er gar nicht mehr. Musste schon Wochen her sein. Er hatte es eh nie oft gemacht. Manchmal war Karyu so spät gekommen, dass es sich einfach nicht gelohnt hatte. Für sich selbst hatte er nie gekocht. Zum Glück gab Satsuki ihm ab und an Tipps. Er band ihn ganz natürlich in das Kochen mit ein, und irgendwie machte es sogar Spaß. Die Musik gab dem Ganzen eine lockere Atmosphäre, Satsuki war geschickt, ließ sich aber Zeit und erklärte Zero manchmal etwas oder fragte ihn, wie er etwas zubereitet hatte. Der Blonde hatte auch unglaublich viele Gewürze und Stück für Stück kochten sie sich etwas Einzigartiges zusammen. „Meine Mutter war Köchin. Als ich noch klein war, haben wir immer zusammen Essen gemacht. Dank ihr hab ich vieles gelernt.“, erzählte Satsuki lächelnd und drehte den Herd etwas herunter. „So, jetzt nur noch warten.“ Zero merkte es die ersten Minuten über gar nicht, während das Fleisch und Gemüse in der Soße vor sich hin brutzelten – aber plötzlich wurde ihm bewusst, wie ihm nach langer, langer Zeit das Wasser im Mund zusammen lief. Er war richtig gespannt, wie ihr Essen schmecken würde. Er war ungeduldig und wollte davon probieren. Das schockte ihn richtig. „Zero? Was ist los? Ist dir schlecht?!“, drang Satsukis alarmierte Stimme unvermittelt zu ihm durch. Verwirrt hob er den Kopf und löste den Blick von der Pfanne. „Hm?“ „Du starrst seit einiger Zeit so merkwürdig auf den Herd…mit großen Augen…als wäre irgendwas passiert…was ist los?“, wollte Satsuki beunruhigt wissen, hatte eine Augenbraue gehoben. Verlegen schüttelte Zero den Kopf. „Entschuldige. Es ist alles in Ordnung. Ich war nur mit den Gedanken woanders.“ „Macht dir etwas Sorgen?“ „Nein, nein…nein. Überhaupt nicht.“ Diesmal schaffte er es fast ohne Mühe, ein Lächeln auf seine Lippen zu zaubern. Satsuki erwiderte dieses Lächeln freundlich. „Das beruhigt mich ungemein.“ Er beugte sich zufrieden vor und schaltete den Herd aus, wobei Zero ihn kurz nachdenklich beobachtete. Gerade fühlte er sich gar nicht mehr allzu unwohl. Ein wenig später saßen sie beisammen an der Theke und er naschte von seinem Reis. Er aß langsam und mit Bedacht, damit ihm nicht schlecht werden konnte. Es war gar nicht so leicht, das äußerst lecker duftende Essen nicht sofort zu verschlingen. Satsuki hatte es auch optisch sehr appetitlich angerichtet, weshalb er erstmal ein Foto davon gemacht hatte um es Karyu zu schicken. Damit dieser beruhigt und sicher war, dass er ordentlich aß. Satsuki schien sich nicht allzu sehr darum zu kümmern, ob Zero viel aß oder nicht, ob er dabei schnell oder langsam war. Der war mit seinem eigenen Essen beschäftigt, und das entspannte Zero. Er hatte nicht das Gefühl, im Gegensatz zu seinem Aufenthalt im Krankenhaus, dass er unter Druck stand und ja alles aufessen musste. Aber es schmeckte ihm gerade sowieso so gut, dass er so schnell nicht aufhörte, zu essen. Bisher hatte für ihn alles gleich geschmeckt. Langweilig und nicht besonders. Aber das hier war anders. Die Gewürze, die Satsuki verwendet hatte, lösten ein kulinarisches Feuerwerk in seinem Mund aus. Zufrieden seufzend lehnte er sich nach einer Weile zurück. Er schaffte beim besten Willen nichts mehr. Er hatte auch fast aufgegessen. Satsuki aß mittlerweile schon seine zweite Portion. „Satt und zufrieden?“, erkundigte dieser sich lächelnd, woraufhin er nickte. „Ja, bin ich. Danke.“ „Nichts zu danken. Du hast mir ja beim Kochen geholfen“, erwiderte der Blonde und aß in Ruhe auf. Mittlerweile war es draußen schon dunkel. Er nippte an seinem Wasser und sah kurz hinaus, aber mehr als Straßenlaternen sah er nicht. Satsuki streckte sich und sah ihn an. „Hast du für heute noch etwas Bestimmtes vor?“, erkundigte er sich, woraufhin Zero nur den Kopf schüttelte. Nein, er wusste nichts mit sich anzufangen. Ihm war auch nicht wirklich danach, irgendwas zu tun. „Hm…ich wollte mir nur noch einen Film anschauen…interessante Bücher sind mir erstmal ausgegangen. Magst du mitschauen?“ Zero wusste nicht, was er wollte und hob nur vage eine Schulter, dann nickte er flüchtig. Er wollte Satsuki nicht im Weg sein. Dieser nickte lächelnd und stand auf. „Gut. Ich mach uns noch was zu knabbern.“ Verwirrt sah Zero auf. Sie hatten doch gerade erst gegessen… War das ein Versuch, ihn doch etwas zu mästen…? Er verzog das Gesicht bei dem Gedanken, stand dann aber auf und räumte den Tisch ab. Kurz sah er Satsuki dabei zu, wie dieser die Karotten und Radieschen bereit legte. Sie hatten heute sehr viel Gemüse gekauft, und der Blonde schien alles bereits heute aufbrauchen zu wollen. „Kann ich dir etwas helfen?“, bot er höflich an, auch wenn ihm nicht danach war, weil er müde wurde. Das passiert ihm oft nach dem Essen. Satsuki schüttelte zu seiner Erleichterung eh den Kopf. „Das geht schnell. Mach es dir gemütlich.“ Er nickte und ging ins Wohnzimmer, wo er sich auf die Couch setzte. Wo er so den Fernseher betrachtete, fiel ihm auf, dass er schon lange keine Nachrichten mehr gesehen hatte. Was sich wohl mittlerweile verändert hatte? Er schaltete den Fernseher ein und durchsuchte das Programm, bis er tatsächlich eine Nachrichtensendung auf NHK, dem staatlichen Fernsehsender, fand. Er legte die Fernbedienung beiseite und lehnte sich zurück. Auch wenn er sich schwach und müde fühlte, hielt er die Augen offen. Abwesend legte er eine Hand auf seinen Bauch. Ihm war jetzt doch etwas schlecht. Das hatte er befürchtet… Aber bisher war immer noch alles gut gegangen, weswegen er sich nicht zu viele Sorgen machte. Lieber ließ er sich von den Nachrichten ablenken. Aber es gab nichts, was seine Aufmerksamkeit besonders auf sich zog. Die Ereignisse schienen sich nicht sonderlich von denen zu unterscheiden, die schon vor einem Jahr aktuell gewesen waren, wenn er denn mal etwas mitbekommen hatte. Er sah auf, als Satsuki mit zwei Schalen zu ihm kam und sich neben ihn setzte, nachdem er die Sachen abgestellt hatte. In der roten Schale waren zurecht geschnittene Karotten, in der zweiten so etwas wie Kräuterquark. „Ich hab da kleine Radieschenstückchen mit reingeschnitten…ich hoffe, das isst du.“, sagte Satsuki und sah ihn fragend an, lächelte dann, als Zero nickte. Der Blonde nahm sich eine geschälte Karotte und dippte sie in den Quark. „Was hast du da an?“, wollte er wissen, bevor er abbiss und sich neben ihm zurück lehnte. „Nur die Nachrichten…“, brubbelte Zero. „Ach so…ja…“ Satsuki runzelte die Stirn. „Sport…“ Das schien sie beide nicht zu interessieren, weswegen er ihm die Fernbedienung fragend hinhielt. Satsuki wechselte auf den Sender, wo bald der Film beginnen würde, den er angekündigt hatte, schauen zu wollen. Aus irgendeinem Grund fiel ihm jetzt erst auf, dass der Blonde ihn bisher noch nicht weiter ausgefragt hatte. Warum er kaum noch gegessen hatte und sich immer weiter runter hungerte. Er hatte ihn nicht gefragt, warum er aufgeben wollte. Und auch Karyu hatte nicht mehr gefragt, aber das würde sicherlich noch kommen, das wusste er. Aber er könnte es ihm nie verständlich erklären, vor allem nicht so, ohne ihn dabei zu verletzen. „Ist dir schlecht?“, fragte Satsuki ihn plötzlich, weswegen er überrascht aufsah. „Nur ein wenig.“ „Ach je. Und ich stell dir auch noch Gemüse vor die Nase.“ „Schon in Ordnung, lass stehen“, sagte er, als der Blonde Anstalten machte, die Schalen wieder wegzuräumen. „Das sind ja keine intensiv riechenden Chips oder so was, also verkrafte ich das schon“, versicherte er ihm und Satsuki setzte sich wieder. „Wenn du meinst…möchtest du einen Tee?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, mein Wasser reicht mir.“ Satsuki nickte und sah ihn weiterhin von der Seite an. Da begann er sich dann doch etwas unwohl zu fühlen. „Hab ich was im Gesicht?“, fragte er deswegen misstrauisch nach. „Oh nein nein“, erwiderte Satsuki lachend und hob entschuldigend die Hände. „Ich hab grade nur daran gedacht, dass ich gar nicht weiß, wo du eigentlich arbeitest. Du hattest Karyu gegenüber mal was deswegen erwähnt.“ Zero schnaubte. „Ich weiß ja auch nicht, warum du im Krankenhaus warst“, erwiderte er und hätte dem Blonden die Zunge rausgestreckt, wenn sie sich besser gekannt hätten. Ein Lächeln umspielte Satsukis Lippen. „Soll das eine Erpressung werden?“ Seufzend schüttelte der Dunkelhaarige den Kopf. „Nein… Ich wollte nur daran erinnern.“, erwiderte er. „Ich arbeite in einer Zoohandlung“, offenbarte er schließlich. „Nicht sehr oft, nur 2,3 Mal die Woche… Karyu sollte mal nachfragen…ich hab da ja über eine Woche gefehlt…“ „Oh, bekommst du Ärger?“ „Das werde ich noch sehen. Karyu hat Bescheid gesagt, dass ich krank bin und im Krankenhaus lag. Sie meinten wohl, dass sie sich Sorgen gemacht hätten und dass ich mich melden solle, sobald ich gesund wäre. Ich werde morgen wohl vorbei gehen, um alles zu klären…“ Er war nicht so sehr begeistert, das alles erklären zu müssen. Inwieweit war es klug, die Wahrheit zu sagen? Es ging doch sehr ins Private. „Das wird schon gut ausgehen.“, versuchte Satsuki ihm Mut zu machen, woraufhin er mit den Schultern zuckte. „Ja, schon möglich. Wenn nicht, werde ich es auch überleben. So sehr brauche ich das Geld nicht…“, gab er zu. Er machte es nur, um etwas zu tun haben. Und er mochte Tiere. „Ich verstehe.“ Da der Film begann, wurden sie still. Schlecht war Zero bald nicht mehr, aber dafür bekam er leichte Magenschmerzen. Er kniff die Augen zusammen. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Konnte sein erster Abend hier nicht normal verlaufen?! Stumm ertrug er die Schmerzen und nahm ab und an einen Schluck Wasser. Abwesend strich er sich mit der Hand über den Magen und hoffte einfach, dass es bald besser werden würde. Währenddessen knabberte Satsuki fröhlich an seinen Möhrchen rum. Zero musste sich eingestehen, dass er schon gerne von dem Quark probieren würde, aber noch mehr Nahrung würde seinen Zustand wohl sicherlich nicht verbessern. Er konnte Satsuki ja ein anderes Mal darum bitten, den Kräuterquark mit Gemüse zum Dippen noch mal zu machen. Bald wurden die Schmerzen leider stärker und er saß mit verzerrtem Gesicht da. Auch wenn es ihm unangenehm war, aber er gab nach und sah zu Satsuki. „Du hast…nicht zufällig etwas gegen Magenkrämpfe da, oder etwas Ähnliches?“ Der Blonde sah ihn überrascht an und schien kurz nachzudenken. „Da muss ich nachschauen. Du hast nur Magenschmerzen?“ Zero nickte. „Ja…anstatt der Übelkeit“, antwortete er etwas gequält und sah zu, wie Satsuki nickte und kurz im Badezimmer verschwand. Es klapperte und er sah den Schatten des Anderen ab und zu, wenn er den Lichtschein durchbrach. „Ich hab da so eine…Tinktur…wie du es auch nennen willst. Ist nicht erst frisch gekauft, aber es müsste noch wirken“, hörte er dann die helle Stimme. Satsuki machte einen Abstecher in die Küche, bevor er mit einem Löffel zu Zero zurück kehrte. „Schau in den Beipackzettel. Ich hab leider nicht im Kopf, wie viele Tropfen man nehmen sollte. Ich werde dir einen Kamillentee zubereiten, ja?“ Zero rang sich zu einem verzerrten Lächeln durch und nickte. „Danke. Das ist sehr nett.“ Satsuki winkte nur freundlich dreinschauend ab und kehrte in die Küche zurück. Während Zero den Zettel überflog, wanderten seine Gedanken woanders hin. Wie war das gewesen? Der Blonde hatte vor einigen Tagen noch gesagt, er würde nicht den Babysitter spielen. Er wäre nur froh, wenn er mal wen zum Reden hätte. Deswegen hätte er das Angebot gemacht. Aber es kam Zero so vor, als wenn Satsuki ihn doch etwas bemutterte. Ihm half und auf ihn aufpasste. Und Karyu hatte versprochen, so oft wie möglich vorbei zu schauen. Vielleicht war Zero gar nicht so furchtbar allein, wie er es sich gern einredete. Zumindest jetzt nicht mehr. Nachdem er die Tropfen eingenommen hatte und am Tee genippt hatte, wartete er darauf, dass die Schmerzen zurück gingen. So ganz konzentrieren konnte er sich nicht auf den Film. Das lag aber nicht nur an den Faxen, die sein Magen machte, sondern auch an der fremden Hand, die noch immer auf seinem Knie lag. Satsuki hatte die Tropfen wieder zurück in das Bad gebracht und als er zurück gekommen war, hatte er ihm gut zugeredet und ihm zuversichtlich dreinschauend auf den Oberschenkel geklopft. Und da war die Hand dann auch geblieben, sie war nur ein wenig vorgerutscht. Das gab Zero nicht direkt zu denken, aber wundern tat es ihn dennoch. Seit 10 Minuten lag diese Hand da… Er sah nicht hin, sondern starrte auf der Suche nach Ablenkung auf den Bildschirm. Es störte ihn nicht, aber er fand es irgendwie merkwürdig. Bevor er noch anfing, unruhig auf der Couch umher zu rutschen, beugte der Blonde sich schließlich unvermittelt vor und nahm dabei die Hand von seinem Bein, um nach der letzten Möhre zu greifen. Kaum hörbar seufzend entspannte Zero sich etwas mehr. Vorsichtig rieb er auch über seinen Magen. Es zwickte nicht mehr so stark. Als der Film sich dem Ende neigte, sah er schüchtern zu Satsuki. „Ich denke, ich gehe duschen“, sagte er leise, woraufhin Satsuki nickte und lächelte. „Natürlich. Nimm dir einfach ein Handtuch aus dem Regal. Du wirst sicher alles finden.“ Zero nickte und stand auf. „Danke.“ „Geht’s dir wieder besser, ja?“ „Etwas, zum Glück“, bejahte er die Frage und ging ins Badezimmer, nachdem er aus seiner Reisetasche die Schlafsachen genommen hatte. Er brauchte etwas länger im Bad als sonst bei sich. Hier war eben alles neu und da dies nicht seine eigene Wohnung war, ging er doch etwas schüchtern und vorsichtig vor. Wahrscheinlich war es lächerlich, aber er konnte eben nicht aus seiner Haut. Frisch geduscht und Zähne geputzt kehrte er ins Wohnzimmer zurück, wo Satsuki schon die Couch zum Schlafen vorbereitet hatte. „Das hätte ich doch machen können“, sagte er leise und sah ihn traurig an, aber Satsuki winkte ab. „Ach Quatsch. Ich hatte eh nichts zu tun. Der Film ist auch vorbei. Du kannst also schlafen, wenn du willst.“, sagte er lächelnd und legte nachdenklich den Kopf schief. „Wo die Küche und was zu trinken ist, weißt du ja…wenn du wieder Magenschmerzen bekommst: die Tinktur ist im Badezimmerschrank, der da links hängt. Ansonsten…ich steh morgen um 8 Uhr auf. Ist es ok, wenn ich dich wecke?“ Zero nickte. „Ja, das wäre nett.“ „Gut, dann schlaf schön. Wenn was ist, da hinten ist das Schlafzimmer.“, informierte Satsuki ihn lächelnd und ging erstmal ins Bad. Nachdenklich setzte Zero sich auf die Couch, die mit einem Laken bezogen war und auch Kissen sowie Bettdecke lagen bereit. Auch wenn es kein gemütliches, großes Bett war, so fühlte er sich irgendwie ein bisschen heimisch. Da aus dem Schlafzimmer Licht kam, schaltete er die Lampe im Wohnzimmer aus und kuschelte sich in die Decke. Er würde hier sicher gut schlafen können. Er schloss die Augen, war aber noch wach, als Satsuki auf dem Weg zu seinem Bett an ihm vorbei geschlichen kam. „Gute Nacht“ , raunte der Blonde, wohl nicht sicher, ob Zero schon schlief oder nicht. „Gute Nacht“, erwiderte Zero leise und lächelte milde, bevor er wenig später einschlief, nachdem Satsuki die Schlafzimmertür geschlossen hatte. Er war furchtbar müde. *** to be continued. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)