Needing and Getting von Pennywise ================================================================================ Kapitel 1: Regen ---------------- Jede Münze hat zwei Seiten. Jede dieser Seiten ist einzigartig und je nachdem welche dieser Seiten man betrachtet, sieht man die Münze in einem völlig neuen Licht. Auch jeder Mensch hat mehrere Seiten. Aber nicht immer weiß man, dass sie existieren. „Falls du die Zeit findest, falls du je frei bist, schreib mir einfach mal ein paar Zeilen und sag mir wo du sein wirst.“ Obwohl die Sonne schon fast den Horizont berührte und das Dach aus Wolken in ein tiefes Rot getaucht wurde, war es immer noch stickig und unglaublich warm. Die Hitze war so erdrückend, dass man kaum Lust hatte etwas zu tun und sich einfach nur irgendwo hinsetzen wollte. Erst vor wenigen Stunden hatte Sasuke das Versteck von Orochimaru verlassen, nachdem er ihr „Bündnis“ auf seine eigene Art beendet hatte. Es würde mit Sicherheit nicht allzu lange dauern, bis die Neuigkeit von Orochimarus Ableben die Runde machte. Ein weiterer Grund für Sasuke sich nicht zu viel Zeit dabei zu lassen seine Verbündeten um sich zu versammeln. Seit er damals bei Orochimaru angekommen war, hatte er sich stundenlang darüber den Kopf zerbrochen, ehe der Uchiha seine Wahl auf drei der begabtesten Untergebenen Orochimarus festgelegt hatte. Sollte nichts dazwischen kommen würde er spätestens am Mittag des nächsten Tages bei seiner ersten Station ankommen. Suigetsu. Als der Uchiha den Wald betrat entfuhr ihm ein erleichtertes Seufzen. Zwischen den Bäumen, unter dem Blätterdach, herrschte eine angenehme Frische. Eine Gänsehaut bedeckte augenblicklich seinen Körper, so groß war der Temperaturunterschied. Natürlich hätte der Uchiha über den fein säuberlich angelegten Waldweg gehen können, aber er durchquerte den Wald lieber auf seine Weise. Querfeldein. Über Bäume oder „Trampelpfade“, wenn man so wollte. Einfach der Ruhe wegen. Und weil er dabei ausnahmsweise richtig entspannen konnte. Wenn man über die kleine Wege den Wald durchquerte sah man nie das, was den Wald eigentlich ausmachte. Die einzigartige Vielfalt der Natur. Wie sich jeder Baum individuell empor rankte, um am meisten Sonnenlicht zu bekommen, wie die vielen Tiere um ihr Überleben kämpften oder ihren Nachwuchs aufzogen. Während der Uchiha zwischen den Bäumen hin und her sprang, um auf die schnellst mögliche Art ein paar Meter zurück zu legen, scheuchte er immer wieder ein paar der kleinen Tierchen auf die zwischen den Blättern hausten. Naja, zumindest die, die nicht mutig genug waren sich den Störenfried anzusehen. Mit einem lauten und empörten Schrei verschwand eine Krähe aus der Krone des Baumes auf dem Sasuke, so eben gelandet war. Ein Mensch würde den Besuch des Uchiha wahrscheinlich gar nicht erst bemerken. Tiere waren dahingegen feinfühliger. Sie registrierten jeden, der sich unverschämter Weise auf ihrem Territorium bewegte. Je weiter Sasuke in den Wald vordrang, desto deutlicher wurde das Bedürfnis danach eine Rast einzulegen. Die Sonnenstrahlen von denen er zuvor stundenlang begleitet wurde, hatten sicher einen Teil zu seiner Erschöpfung beigetragen. Zumal der Uchiha schon viel zu lange auf den Beinen war, als das sein Körper nicht nach einer Pause verlangt hätte. Er war der Realisierung seines Ziels so nah wie noch nie, sodass sich sein Kopf gegen eine Rast sträubte, aber sein Körper ließ sich davon nicht beeindrucken. Auf dem Ast eines Ahorns machte Sasuke Halt, ehe er nach unten in Richtung des Waldbodens sprang als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Mit einem Gähnen ließ sich der Uchiha an den rauen Baumstamm sinken. Würde er die verlorene Zeit eben wieder aufholen müssen. Aber das sollte wohl das kleinste Problem sein. Mit einem erneuten Gähnen schloss er seine Augen und lauschte der Ruhe um sich herum. Während er so bewegungslos dasaß fanden manche Tiere den Mut sich ihrem Besucher ein kleines Stück zu nähren. Jedoch nur so nah, dass er für sie nicht zur Gefahr werden konnte. Aus dem Gähnen wurde langsam ein Schleier der Müdigkeit, welcher sich über Sasukes Bewusstsein legte. Das Leben um sich herum bemerkte er kaum noch. Weder den Windhauch, welcher die Blätter der Baumkronen zum Rauschen brachte, als würden sie ein Lied anstimmen wollen, noch den markerschütternden Schrei einer Krähe, nicht weit entfernt. Steh zu dir selbst. Wie lange hatte er schon auf diesen Moment gewartet? Wie viele Minuten, Stunden, Tage hatte er an diesen Moment gedacht? Wie viele Jahre hatte er für diesen Augenblick trainiert? Es war lange genug gewesen, fast schon zu lange, aber diesmal war es soweit. Diesmal war er von der Erfüllung seines Ziel nur wenige Zentimeter entfernt und diesmal würde er diese auch zurücklegen. Sasuke war vorbereitet, hatte alle Vorkehrungen getroffen, die es zu treffen galt, kannte die wenigen Schwachpunkte seines Gegners. Diesmal würde eine Entscheidung fallen – Sasuke oder Itachi. Und der jüngere Uchiha wusste, sie würde zu einen Gunsten fallen. „Sasuke.“ Er hatte diese Stimme schon seit Jahren nicht mehr gehört, aber er würde sie immer unter tausenden wieder erkennen. Diese Stimme hatte ihn durch unzählige Nächte seiner Kindheit begleitet. Sie hatte Sasuke den Schlaf geraubt und in schweißgebadet aufwachen lassen. Diese Stimme hatte Sasuke immer in Gedanken gehört, wenn er an die Erfüllung seines Plans, seine Rache, dachte. Der Uchiha kostete den Moment aus, als sein Bruder seinen Namen aussprach. Heute sollte der Tag werden, an dem Sasuke diese Stimme zum letzten Mal hörte. Nur wenige Meter trennten ihn von Itachi, der vor der gegenüberliegenden Wand eines verlassenen Anwesens ihres Clans stand. Die Wände waren aus massivem, altem Stein, das Wappen ihrer Familie verblasste schon und jeder Raum wurde von einem modrigen Geruch erfüllt. „Ich bin nicht hier um zu reden“, entgegnete der Jüngere von ihnen und zog sein Schwert. Das metallene Geräusch hallte von den Steinwänden wider und ließ ein schauriges Echo erklingen. „Ich weiß, du willst kämpfen. Aber ich nicht“, sagte der Ältere in dem gleichen, monotonen Tonfall an den Sasuke sich seit Jahren so ungern erinnerte. Es klang schon immer so als würde kein Leben, in seiner Stimme liegen. Der immer gleiche Tonfall, der immer gleiche Ausdruck in den Augen. Sasuke verabscheute diesen Anblick. Das war eben der Unterschied zwischen ihm und seinem Bruder. Der Jüngere hatte noch diesen Funken an Leben, an Feuer, in seinen Augen. Langsam, als würde er jede noch so kleine Reaktion seines Bruders abwarten, machte Itachi einen Schritt nach dem anderen auf Sasuke zu. Die Anzahl der Meter zwischen ihnen verringerte sich immer mehr. „Du bist noch nicht so weit“, stellte Itachi fest, als der dem Jüngeren in die Augen sah, einen weiteren Schritt auf ihn zumachte. „Ich bin soweit. Schon seit Jahren“, entgegnete der Jüngere. Mit einem Geräusch als würde er die Luft zerschneiden riss er die Klinge seines Schwertes in die Höhe, nur um damit auf seinen Bruder zu deuten. Binnen weniger Sekundenbruchteile, sogar zu schnell, als das Sasuke es mit seinen Sharingan erfassen konnte, war der Ältere bei ihm. Mit einem schraubstockartigen Griff umfasste er Sasukes Handgelenk, sodass dem Jüngeren nichts anderes übrig blieb als seine Hand in der sich das Schwert befand zu öffnen. Noch bevor es mit einem lauten, metallischen Klirren auf dem Steinfußboden laden konnte, hatte der ältere Uchiha es in der gegenüberliegenden Wand versenkt. Die Stelle an der die Klinge in den harten Stein eingedrungen war wurde von unendlich vielen kleinen Rissen eingerahmt. „Nein“, gab Itachi mit einem kaum merklichen Kopfschütteln von sich und löste den Griff um Sasukes Handgelenke. Noch ein Schritt, dann ein weiterer. Mit jedem Schritt, den Itachi nach vorne machte, bewegte sich Sasuke einen zurück. Unbewusst immer einen Schritt weiter in Richtung der Steinwände, ehe er sie berührte und den kalten Stein an seinem Rücken spürte. Die Kälte ließ Sasuke eine Gänsehaut über den gesamten Körper fahren und er realisierte, dass er ausweglos gefangen war. War er wirklich noch nicht bereit? Nein. Unmöglich. Sasuke wusste, er fühlte, dass es der richtige Zeitpunkt war. Itachi würde nicht Recht behalten, nicht diesmal. Der Jüngere wusste nicht was er tun sollte, als Itachi innerhalb der letzten Zentimeter die sie noch voneinander trennten stehen blieb. Der jüngere Uchiha war sich sicher, dass Itachi Sasukes hastigen Atem auf seiner Haut spüren konnte eben so wie Sasuke den seinen spürte. Erneut lief ihm eine Gänsehaut über den Körper, aber diesmal war die Kälte nicht der ausschlaggebende Grund. Die Gegenwart seines Bruders machte Sasuke mit einem Mal nervös. Es war nicht die aufregende Art der Nervosität, die den Jüngeren normalerweise während eines Kampfs beschlich. Die Art von Nervosität, die einem das Adrenalin in den Adern pulsieren ließ. Die Art von Nervosität, die dafür sorgte, dass man den Ausgang des Kampfs kaum erwarten konnte. Im Gegenteil. Er fühlte sich auf seltsame Art unwohl in der Gegenwart Itachis. Als Itachi ihm so nah war, wie schon seit Jahren nicht mehr, zerstörte das kreischende Geräusch von Chidori die Stille zwischen ihnen. Sasuke war bereit jede Gelegenheit zu nutzen, sei sie noch so klein. Mit einem lauten Krachen, brachen Teile der Steinwand heraus und landeten dumpf auf dem Boden, als Itachi die Hand seines Bruders um die sich Chidori gebildet hatte in die Wand neben ihm stieß. „Immer noch zu impulsiv, zu schwach“, war alles was der Ältere sagte, während er das Handgelenk seines Bruders fest umgriff. In diesem Moment zeichnete sich auf dem Gesicht des älteren Uchihas etwas ab, dass Sasuke schon verloren geglaubt hatte und von dem er dachte es nie wieder zu sehen. Ein Lächeln. Für eine Sekunde stockte ihm der Atem, als Sasuke die warmen Lippen seines Bruder auf den eigenen fühlte. Perplex und völlig überrumpelt erstarrte der jüngere Uchiha beinahe, ehe die warmen Fingerspitzen seines Bruders über Sasukes Wange und seinen Hals strichen, ihm unbekannte Muster auf die Haut zeichneten. Die erste Aktion zu der Sasuke sich durchringen konnte war Widerstand. Er versuchte sich von ihm zu lösen, ihn wegzudrücken. Doch das gestaltete sich immer schwieriger, als Itachi auch noch Sasukes zweite Hand in seinen festen Griff nahm. Zusammen mit der anderen führte er sie über dem Kopf des Jüngeren zusammen, um selbst wieder eine Hand frei zu haben. Für einen kurzen Moment, dachte Sasuke er wäre in einem Genjustu gefangen, aber das hätte er durchschaut. Trotzdem schien dieser Moment so unrealistisch, dass er nicht wahr sein konnte. Die natürlichste Reaktion auf Itachis Verhalten, zumindest aus Sasukes Sicht, wäre Wut gewesen. Oder Hass. Oder Abscheu. Oder sonst etwas in dieser Art. Aber nichts. Keines dieser Gefühle überkam ihn. Alles was Sasuke wusste, war, dass er froh war. Einfach nur froh, zumindest auf eine komische Art und Weise, und er konnte sich nicht erklären warum. Es war so abwegig, einfach so unmöglich und trotzdem ließ es sich nicht ändern. Als Itachis Finger sich ihren Weg in den Nacken des Jüngeren gebahnt hatten und begannen ihre Kreise zu ziehen, durchfuhr Sasuke erneut ein kalter Schauer. In der Sekunde in der der jüngere Uchiha den Widerstand aufgab, ließ der Ältere dessen Hände los. Langsam, zögernd erwiderte Sasuke den so abwegigen Kuss, strich dabei langsam mit seinen Fingerspitzen Itachis Hals hinab, hin zu den sanften Konturen seines Schlüsselbeins. Steh zu dir selbst und jeder deiner Facetten. Hastig schnappte Sasuke nach Luft, als er aus seinem Traum erwachte. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er realisierte, dass das was eben passiert war nichts, und zwar überhaupt nichts, mit der Wirklichkeit zu tun hatte. Wie kam sein Unterbewusstsein dazu, solche Bilder hinauf zu projizieren? Und vor allem, was brachte ihn dazu in dieser Art von seinem Bruder zu träumen? Noch nie, außer in seiner Kindheit, hatte er einen Gedanken an Itachi verschwendet, der nicht mit seinem Hass in Verbindung stand. Die Sonnenstrahlen, welche zuvor noch durch die kleinen Lücken des Blätterdachs bis zu ihm durchgedrungen waren, waren vollends verschwunden. Während sie den Wald vorhin in ein tiefes und aufdringliches Grün getaucht hatten, erschienen dem Uchiha die Bäume und Sträucher jetzt fast schon langweilig. Jetzt lag nichts als eine erdrückende Dunkelheit über dem kleinen Waldstück. Während er versuchte die Gedanken an den Traum aus seinem Kopf zu verbannen, ging der Uchiha die wenigen Meter zu dem kleinen Waldweg. Irgendwie hatte Sasuke das Bedürfnis nach Sonnenlicht und frischerer Luft. Der kleine Abschnitt des Waldes kam ihm mit einem Mal erdrückend vor und ihm war als bräuchten seine Gedanken mehr Platz damit der Uchiha sie ordnen konnte. Als Sasuke inmitten des kleinen Weges stand wandte er den Blick nach oben nur um ernüchtert festzustellen, dass graue Wolken den Himmel bedeckten. Es lag diese Spannung in der Luft, die man vor einem Gewitter fast greifen konnte, so präsent war sie. Die Wolken verweigerten jedem Sonnenstrahl auch nur die Möglichkeit ein wenig Licht in den Wald zu bringen. Nachdem in den letzten Tagen die andauernde Hitze die Atmosphäre angefüllt hatte und nicht nur für die Pflanzenwelt anstrengend gewesen war, würde ein Regenschauer für alle mehr als gelegen kommen. Zumindest wenn man den Uchiha außen vor ließ. Das würde ihn nur unnötig Zeit kosten. Sollte es zu stark regnen, würde Sasuke sich nur unterstellen müssen. Und Warten. Sasuke ging den kleinen Kiesweg entlang, versuchte die Zeit wieder aufzuholen die er mit seiner Pause vergeudet hatte. Er wollte so weit kommen wie möglich bevor es begann zu regnen. Die Stille, welche den jungen Uchiha umgab, wurde von dem Kreischen einer Krähe unterbrochen. Genau der gleiche Schrei, welcher zuvor schon den Wald erfüllt hatte. Kurz darauf sah Sasuke eine Schar dieser schwarzen Vögel über das Blätterdach hinwegfliegen, ehe sie außer Sichtweite gerieten. Er mochte diese Vögel nicht. Nun gut, er mochte allgemein nicht viele Tiere, aber eine Krähe war eines der Tiere denen der Uchiha am wenigstens abgewinnen konnte. Sie waren die Vögel des Todes. Aasfresser. Versuch nicht sie zu verdrängen und zu leugnen. Es dauerte nicht lange, bis die ersten Regentropfen den trockenen Boden auf dem Sasuke lief erreichten und den Kiesweg mit dunklen Punkten sprenkelten. Zuerst war es einfach nur ein leichtes Nieseln, ein paar Tropfen die einen nicht weiter störten. Binnen weniger Sekunden nahm der Regen zu, hinterließ genau die gleichen Flecken auf seiner Kleidung, durchnässten sein Haar. Der kühle Regen auf seinem Oberkörper war eine willkommene Abwechslung zu der fast schon erdrückenden Hitze der letzten Tage. Feuchte Strähnen seiner Haare klebten an Sasukes Stirn. Der Regen nahm immer weiter zu und prasselte unaufhörlich auf den Kiesweg, begann schon die beigefarbene Erde aufzuweichen und kleine Rinnsalen zu bilden. Sasuke war für einen Moment völlig irritiert, als er bemerkte, dass er dem Regen nicht mehr schutzlos ausgeliefert war, sondern das jemand mit einem Regenschirm in der Hand neben ihm stand. Abrupt bliebt der Uchiha stehen und sah die Person an, welche so unerwartet neben ihm aufgetaucht war. „Wenn du die ganze Zeit im Regen stehst, wirst du irgendwann noch krank.“ „Itachi...“ Es klang eher wie eine Frage, als Sasuke den Namen seines Bruders aussprach. Augenblicklich überkam den Jüngeren das altbekannte Gefühl von Wut, welches drohte all seine Sinne zu überfluten. Doch irgendetwas hatte sich verändert. Sasuke konnte nicht genau sagen wie lange schon und vor allem nicht warum, aber es war anders. Während Sasuke all die Jahre, ja sogar mehr als die Hälfte seines Lebens, wütend gewesen war, weil sein Bruder ihm seine Familie genommen, ihn allein gelassen hatte, war er jetzt hauptsächlich wütend auf sich selbst. Wütend, weil er so etwas von Itachi geträumt hatte. Wütend, weil er für diesen Moment sein Ziel aus den Augen verloren hatte. Wütend auf seine eigene, grenzenlose Naivität. Aber ganz gewiss nicht wütend auf Itachi. „Was? Willst du mich noch länger verständnislos anstarren?“, fragte der Ältere, sah mit diesem immer gleichen, monotonen Ausdruck in den Augen in das undurchdringliche Grün des Waldes. „Ich...“, setzte der jüngere Uchiha an. Automatisch schnellte seine Hand an den Griff seines Schwertes. Als Sasuke die Klinge fast zur Hälfte aus der Scheide gezogen hatte, bereit seinen Bruder zu erstechen, wandte der Ältere seinen Blick zu ihm. Das Gleiche Lächeln, welches Sasuke in seinem Traum gesehen hatte und das er von Itachi immer gesehen hatten als sie noch Kinder waren, schlich sich jetzt in das Gesicht seines Bruders. „Du bist viel zu langsam. Wenn du die Sache nicht Ernst nimmst, wirst du es nie schaffen mich zu töten“, entgegnete der Ältere und deutete mit einem kurzen Nicken auf Sasukes halb gezogenes Schwert. Was versuchte Itachi damit zu bezwecken? Falls er den Jüngeren verwirren, beinahe in den Wahnsinn treiben wollte, war Itachi auf dem besten Wege. Der Jüngere verstand es einfach nicht. Momentan verstand er weder sich selbst, noch seinen eigentlich verhassten Bruder. Er fühlte sich schlicht und ergreifend als wäre er Teil eines wirklich schlechten Scherzes. Sasuke konnte nur hoffen, dass endlich irgendjemand die Pointe erzählte und der Witz damit vorbei war. „So sprachlos kenne ich dich gar nicht Otoutosan“, gab Itachi von sich und Sasuke hätte schwören können, dass die Stimme seines Bruders dabei leicht verzückt klang. Nicht direkt, als wollte er sich über ihn lustig machen, nein, eher auf diese spielerische Art mit der Brüder eben manchmal miteinander umgingen. „Was soll das? Was willst du hier?“ Man hörte schon fast, wie die Fassade aus Wut und Hass in Sasukes Innerem Risse bekam und zu bröckeln begann. „Als Bruder sollte ich da sein, wenn du mich brauchst.“ „Ich brauche dich nicht!“, entgegnete der jüngere Uchiha empört, wütend und zu einem kleinen Teil vielleicht auch dankbar. „Du redest im Schlaf, Sasuke“, gab Itachi diesmal sichtlich amüsiert von sich. Manchmal wird dir durch sie erst klar, was du wirklich brauchst. Während der Regen in seiner eigenen, kleinen Melodie auf den Regenschirm prasselte, von Zeit zu Zeit stärker und wieder schwächer wurde, realisierte Sasuke was sein Bruder ihm damit sagen wollte. Viel schlimmer als die Tatsache, dass die Person auf dessen Tod Sasuke hingearbeitet hatte ihm „nachspioniert“ hatte, war, dass es dem Jüngeren so gut wie nichts ausmachte. Sasuke hatte immer noch dieses leichte Gefühl von Unbehagen in seiner Magengrube, als würde sein gesunder Menschenverstand rebellieren und ihn wieder zur Vernunft bringen wollen, aber das ließ sich auf fast beängstigende Weise relativ schnell ruhig stellen. Mit der freien Hand strich Itachi dem Jüngeren ein paar der Haarsträhnen aus dem Gesicht die durch den Regen an dessen Stirn klebten, ehe seine Hand auf Sasukes Wange verharrte. Sasuke war nicht weniger überrascht, als er die Lippen seines Bruder nun wirklich auf den seinen spürte, aber diesmal hatte der Jüngere nicht so lange mit sich zu kämpfen, ehe er den Kuss erwiderte. Seine Finger gruben sich langsam in die weichen Haare Itachis, ehe sie dort verharrten. Sasuke hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war, wie viel Zeit er hätte wieder aufholen müssen, aber er wusste, dass es schon eine ganze Weile her war seit die letzten Regentropfen auf den Waldboden aufgeschlagen waren. Inzwischen brachen die ersten Sonnenstrahlen des Morgens durch das dicke Blätterdach und der Jüngere trat aus dem kleinen Unterschlupf hinaus in die Sonne. Nicht wenige Meter neben dem mehr als notdürftigen Regenschutz der letzten Nacht stand sein Bruder. Abwesend, doch trotzdem aufmerksam. Sasuke ging die wenigen Schritte auf den Älteren zu, ehe er kurz hinter ihm stehen blieb. „Du glaubst immer noch du wärst der Schwächere von uns, nicht war?“, fragte Itachi seinen Bruder, auch wenn es den Anschein machte, als würde er keinerlei Antwort erwarten. Als würde die Antwort schon auf der Hand liegen. „Was meinst du damit?“, fragte Sasuke, auch wenn er genau wusste was Itachi meinte. Er selbst fühlte es. Er fühlte sich schwach. Der Jüngere hätte in der vergangenen Nacht oft genug die Chance gehabt, sein eigentliches Ziel zu erfüllen und was war passiert? Er hatte sein Ziel aus den Augen verloren, sich seinen Wünschen hingegeben und die Vernunft dabei vollkommen ignoriert. „Wenn ich der Stärkere von uns bin, wieso will ich dich dann so sehr?“ Ein Lächeln umspielte die Lippen des Jüngeren, als er die letzten Zentimeter an seinen Bruder herantrat. Mit geschlossenen Augen, legte Sasuke seinen Kopf leicht auf die Schulter des Älteren, genoss die Wärme, welche Itachi ausstrahlte. „Ich hab dich vermisst Oniinsan.“ Und wenn du weißt was du brauchst, liegt es allein an dir, es dir auch zu nehmen. ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)