Sieger von Pennywise ================================================================================ Kapitel 1: Sieg und Niederlage ------------------------------ Es war einmal in einer Welt, lange vor ihrer Zeit und ihrer doch so ähnlich. In dieser Welt lebten zwei Brüder, die doch keine waren. Und eine Prinzessin, die keine war und nie eine sein würde. Die beiden Brüder sollten einmal die Könige ihrer Welt werden und einer von ihnen sollte die Prinzessin zur Frau nehmen. Doch die Brüder entfernten sich voneinander, bis sie in einen Zwiespalt gerieten. Der ältere Bruder versuchte den Jüngeren zu erschlagen, weil er den Thron nicht teilen wollte. Der Vater, der doch nicht ihr Vater war, verbannte den Älteren der Brüder, auf dass er nie ein König würde. Nie. Gewinnen oder Verlieren? Jede Welt braucht Sieger. Jede Welt braucht Helden. Aber wo es Sieger und Helden gibt, gibt es auch immer Verlierer. Denn um zu gewinnen muss es jemanden geben der verliert. Die Verlierer sind die, die in den Geschichten und Legenden nicht beachtet werden. Nach dem glorreichen Sieg des Helden wird der Verlierer in wenigen Sätzen abgetan. Man erwähnt kurz seinen tragischen, aber verdienten Tod und widmet sich dann wieder dem Sieger. Dem wichtigen Träger dieser Legenden. Sie wurden Könige, sie töteten todesmutig die schrecklichsten Monster, erbauten später Königreiche, ernteten Ruhm und heirateten die schöne Prinzessin. Über den bösen, niederträchtigen Verlierer wird nie wieder ein Wort gesprochen. Er möge in Frieden ruhen (verrotten), da wo er hingehört – unter die Erde. Wahrscheinlich bekommt er nicht einmal einen Grabstein, es würde eh nie jemand kommen und um ihn trauern. Vielleicht werden Mütter nach vielen Jahren ihren Kindern die Geschichten über den sagenhaften König erzählen und vielleicht, aber nur vielleicht, bekommt der Bösewicht mehr als nur ein paar Sätze voller Verachtung. Aber nur vielleicht. Man sollte jedoch bedenken, dass ohne diese Verlierer nie ein Sieger entstehen könnte. Man braucht sie also, die Bösen, die es zu töten gilt. Er hatte sich nie als Verlierer gesehen, bei weitem nicht. Dazu gab es schließlich nie einen Grund. Die Kämpfe die es zu kämpfen galt, hatte er gewonnen. Jede Prinzessin hätte er haben können, doch er wollte keine von ihnen. Er hörte die Leute reden. Wunderkind nannten sie ihn. Erstaunlich, aber nicht unerwartet nannten sie seinen Erfolg. Das sei man schließlich gewöhnt. Sein Bruder sei immerhin auch so ein Wunderkind gewesen, nein, er sei sogar noch besser gewesen. Aber das tat dem Erfolg keinen Abbruch. Man hatte viele Erwartungen an ihn, große Hoffnungen. Sein Bruder war den falschen Weg gegangen, aber er würde es besser machen. Sie lobten ihn, aus ihm würde etwas Großes werden. Bedeutendes würde er tun. Wie recht sie hatten. Vielleicht war nicht unbedingt diese Vorstellung von bedeutend, die ihre gewesen, aber was soll's. Vielleicht hatte er ihre Hoffnungen zerstört und die Erwartungen nicht erfüllt, aber das machte für ihn keinen Unterschied mehr. Und vielleicht würden sie sogar sagen er hätte den gleichen Weg wie sein Bruder eingeschlagen, aber er würde ihnen das Gegenteil noch beweisen. Er hatte bedeutende Dinge getan, aus ihm war etwas Großes geworden. Es gab schließlich nicht nur Helden auf der einen Seite von Gut und Böse, es gab immer auch die andere Seite. Auf welcher Seite man letztendlich zum Helden wurde, war einem selbst überlassen. Man müsste sich diese Entscheidung wohl wie eine Weggabelung in den Märchen und Legenden vorstellen. Manchen fiel diese Wahl leichter als anderen. Jeder Weg hatte seine Vor- und seiner Nachteile. Manche wählten den hell erleuchteten Weg, unweigerlich musste er an Naruto denken, dieser Weg sah friedlich und einladend aus. Dieser Weg war wohl derjenige den die meisten wählten. Andere, wenige, wählten den düsteren Weg. Der Weg der unheimlich aussah, auf den man nicht gehen wollte, nicht, wenn es sich verhindern ließ. Und was hatte er getan? Voller Zuversicht und mit einem hämischen Grinsen hatte er den finsteren Weg genommen und bis jetzt war er gut damit gefahren. Auch auf diesem Weg hatte er die Kämpfe gewonnen, die es zu kämpfen galt. Und auch auf diesem Weg hätte er jede Prinzessin haben können, doch er wollte sie immer noch nicht. Er war noch immer ein Wunderkind und noch immer setzten die Leute ihre Hoffnungen in ihn. Es waren zwar nicht mehr die selben, aber das machte nichts. Inzwischen nutzte er seine Fähigkeiten die ihm zu seinem Ruhm verholfen hatten anderweitig. Nicht um die Bösen zu töten, nein, um sie zu unterstützen. Vielleicht auch, um selber einer zu werden. Das war gewiss nicht von Anfang an sein Plan gewesen, aber so war das nun einmal mit Plänen. Man machte sie, nur, um sie wieder über den Haufen zu werfen. Er selbst sah sich nicht als einen dieser „Bösewichte“, als den die meisten Leute ihn wohl bezeichnen würden. Seine Absichten waren nicht die Schlechten, oder Bösen, nein, es waren die Gerechten. „Sasuke.“ Unweigerlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen und blickte auf. Wie lange hatte er schon auf diesen Tag gewartet? Jahrelange Vorbereitung nur für diesen einen Moment, diesen Kampf. Ein Kampf, den es zu gewinnen galt. Würde er dieses Mal erneut die Erwartungen erfüllen? Würde er seinem Ruf als Wunderkind alle Ehre machen? Es würde einen Sieger und einen Verlierer geben – wie immer. „Naruto. Ich hab auf dich gewartet.“ Er sah den Hoffnungsschimmer in den Augen des Blonden. Diesen Schimmer, den Naruto schon immer hatte. Die Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden würde. Diese absurde Hoffnung, dass Sasuke irgendwann wieder zurück kommen und alles wie früher werden würde. Nur, dass er diesmal damit falsch lag. Dessen war sich der Uchiha sicher. Nein, er wusste es. Als sich ihre Blicke trafen, nur für einen kurzen Augenblick, geriet die Zuversicht des Anderen ins Wanken. Dieser kleine Moment der Unsicherheit reichte ihm. Diese Unsicherheit, dieser Riss, reichte Sasuke um die jahrelange Hoffnung mit einem Schlag zum bersten zu bringen auf das sie in tausend kleine Teile zerfiel. Der Wind blies unaufhörlich durch die Baumkronen, ließ dabei eine finstere Melodie ertönen. Das Rascheln von Laub, dieses leise Klacken wenn dürre Äste aufeinander schlugen und irgendwo weit entfernt der empörte Ruf einer Krähe. Es schien, als würde sich die ganze Welt auf dieses Spektakel vorbereiten. „Sasuke, lass uns...“, setzte der Blonde an und ließ seinen unvollendeten Satz in der Luft hängen, als würde er die Antwort kennen. Es dauerte nicht mal eine Sekunde, einmal Blinzeln und man hätte es übersehen, ehe der Uchiha bei dem anderen war. Das Schwert gezückt, nur eine weitere Sekunde, noch einmal blinzeln, und der vermeintliche Held wäre das, was keiner je für möglich gehalten hätte – der Verlierer. „Lass uns das heute beenden, Naruto.“ Die Sonne neigte sich immer mehr den Dächern aus Blättern entgegen, als wollte sie diese in Brand stecken. Wie gut sich dieses Bild eingefügt hätte. Er musste sich eingestehen, und das tat er beim besten Willen nicht gerne, dass er Naruto unterschätzt hatte. Er war schon lange nicht mehr der hitzköpfige, schwache Junge von damals, aber Sasuke hatte sich ebenso weiter entwickelt. Es war dieser Kampf, ein Kampf auf Augenhöhe, den sie beide oft genug herbei gesehnt hatten. Wenn auch mit einem unterschiedlichen Ergebnis. Es war knapp, vielleicht noch wenige Minuten, bis eine Entscheidung fiel. Das spürten sie. Dieses Gefühl endlich einen Schlussstrich ziehen zu können war zum greifen nah. Und wer würde als Sieger hervor gehen? Sie hatten beide alles gegeben, fast kein Chakra mehr. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass irgendwo in Naruto die Kraft dieses dämlichen Fuchses brodelte, bereit Naruto zu helfen, ihm ein weiteres Mal das Leben zu retten. Es war nicht zu leugnen, dass der Blonde ohne diese „Unterstützung“ nie so weit gekommen wäre. Nie wäre er einem Uchiha, wie er es war, ebenbürtig gewesen. Dieser kleine Fehler, diese Selbstüberschätzung, hatte schon etliche zuvor ihr Leben gekostet. So kurz sein Gedankengang auch nur gewesen war, es war genug Zeit für Naruto zu reagieren. Sasuke sah weder erschrocken, noch ängstlich aus, als das Rasen-Shuriken auf ihn zuflog, bereit ihn in zwei Teile zu zerreißen. Er sah siegessicher aus, wie ein Pokerspieler, der sich seines guten Blattes gewusst war. Sie kam aus dem Nichts, völlig unerwartet. Und irgendwie völlig vorhersehbar. Es war das rosafarbene Haar, welches den Uchiha aufblicken ließ. Im ersten Moment dachte Sasuke, sie wäre die Unterstützung für Naruto, ehe im nächsten Moment ein Grinsen sein Gesicht zierte. Es war dieses kleine bisschen Déjà-vu, diese beinahe Wiedervereinigung von Team 7, die Sasukes Mundwinkel zucken ließ. Nicht der Prinz kam zur Rettung, sondern die Prinzessin. Ihr Schrei ging in all dem Tumult unter, als Sakura sich zwischen den Uchiha und Naruto's Angriff warf, bereit zu sterben für ihren Helden. In der Sekunde in der der Blonde seinen Fehler bemerkte, in der es zu spät war ihn rückgängig zu machen traf es die Kunoichi, riss sie fast entzwei, ehe sie sterbend zu Boden sank. Sie hatte sich für den Mann geopfert, den sie liebte und dabei wollte er ihr Opfer gar nicht. Ihr Blut sickerte langsam in den ausgetrockneten Boden und erfüllte die Luft mit seinem rostigen, metallenen Geruch. Sakuras Herz schlug noch, schnell und leise, fast wie ein Wimmern, begleitet von dem schwachen, kaum merklichen Atem. Verzweifelt klammerte sie sich an ihr Leben um ihren vermeintlichen Helden noch einmal zu sehen. „Sasuke...“ Ihre Augenlider flimmern wie die Flügel eines Kolibris, als der Uchiha neben ihr auftauchte. Mit dem gleichen ungerührten Blick wie immer, betrachtete er den fast leblosen Körper vor sich. Sasuke zog sein Schwert und die letzten Sonnenstrahlen brachen sich in der glänzenden Klinge. „Schlaf gut, Sakura.“ In seinem Blick schwang beinahe so etwas Mitleid für die junge Kunoichi mit, als er die Klinge seines Schwertes in Sakuras Herz versenkte und ihr den Gnadenstoß versetzte. Egal was viele von ihm dachten, er war nicht herzlos, gewiss nicht. Und warum sollte er ihr Opfer nicht wenigstens ein bisschen zu würdigen wissen, indem er ihr das Leid ersparte? Dann sah er auf, wandte den Blick von dem toten Körper zu seinen Füßen ab und traf den von Naruto. Es war Schock, Entsetzten, Wut, Schulbewusstsein. All das zugleich spiegelte sich in der blauen Iris wider. Sasuke war sich sicher, dass trotzdem keines dieser Gefühle beschrieb was in Naruto vorging. Und so nahm die Legende ihren Lauf. Der edle Held hatte die unschuldige Prinzessin getötet und würde für immer mit dieser Schuld leben müssen. Er konnte nicht zurück in sein Königreich, denn dort würden ihn alle für sein Verbrechen verantwortlich machen. Er war vom Sieger zum Verlierer geworden. So einfach. Doch Sasuke würde Naruto nur zu gerne einen Teil dieser Schuld abnehmen. Er würde dafür sorgen, dass der Blonde nicht mit dieser Schuld leben musste. Mit wenigen Schritten war der Uchiha bei seinem Gegner, ließ sich Zeit, damit der Schrecken sich ausbreiten konnte. Damit er in jede einzelne Zelle seines Körpers dringen konnte. In jeder Ecke von Narutos Verstand sollte er ankommen, bis er ihn von Innen zu zerreißen drohte. Seine blutigen Finger umfassten den Hals des Blonden, als er direkt vor diesem stand. Erst in jenem Moment wandte Naruto den Blick von seiner toten Team-Kollegin ab und sah in die undurchdringlichen Augen des Uchiha. „Sasuke... es tut mir Leid... ich konnte dich nicht... konnte sie nicht...“, brachte er mühsam hervor, brach erneut mitten im Satz ab. Seine Stimme war fast nur ein Flüstern, der Griff des Uchiha schnitt ihm die Luft ab. Die Schuld schnürte ihm die Kehle zu, brannte wie ein Feuer in ihm. Erneut blitze die Klinge des Schwertes auf, warf kleine Regenbogen auf das Gesicht des Blonden, als sich das letzte Licht des Tages in ihr brach. In einer schneller Bewegung, es klang als würde er die Luft zerschneiden, fand die Klinge ihren Weg in die Brust des Blonden, bohrte sich in das pochende Herz. Die kleinen Regenbogen verschwanden, dunkelrotes Blut sickerte durch die Kleidung des Blondschopfs. Tropfte auf den Boden, auf die Hände, die Kleidung des Anderen. Tauchte alles in ein tiefes Rot. Als Sasuke das glänzende Metall mit einer raschen Bewegung wieder aus dem Körper des Jüngeren zog, brachte es einen weiteren Schwall roten Blutes mit sich. „Und so endet der vermeintliche Sieger letztendlich doch als Verlierer“, sagte der Uchiha mehr zu sich selbst, als zu dem Sterbenden vor sich. Die letzten Schläge Narutos Herzens wurden immer schwerer, stockender, überschlugen sich fast, ehe sie verebbten. Mit einem letzten Blick in die toten, blauen Augen seines ehemaligen besten Freundes ließ Sasuke den toten Körper zu Boden sinken. Als die Sonne endlich den Erdboden erreichte und den Himmel in ein dunkles Rot tauchte war Sasuke schon verschwunden. Seine ehemaligen Team-Kollegen hatte er gelassen wo sie waren, man würde sie finden. Man würde sich fragen, wer das angerichtet hatte. Wer so grausam hatte sein können. Irgendwann würde sein Name fallen und man würde ihn hassen, verabscheuen für das was er getan hatte. Man würde ihn nicht als Sieger feiern, nein, Es war ein Schicksal das er selbst gewählt hatte. Es war von der ersten Sekunde an klar gewesen, dass nur einer von ihnen überleben würde und an diesem Tag hatte er entschieden, wer von ihnen das sein würde. Sasuke hatte den leblosen Körpern nur noch einen kurzen Blick geschenkt – keine Reue, keine Schuld, nur Triumph – ehe er zwischen den Bäumen verschwunden war. Und wie in so vielen Legenden starb der Verlierer einen heldenhaften Tod. Er wurde nie vergessen, genauso wenig wie der Sieger dieses Kampfes, denn er war es der sich dem Helden stellte und gewann. Und obwohl der Verlierer gestorben war, wurde er als Held gefeiert. Er ging in die Geschichte ein. Und obwohl der Sieger gewonnen hatte, wurde er als Mörder gejagt. Er ging in die Geschichte ein. Der ältere Bruder lebte jahrelang in der Verbannung, doch er ertrug diese Schande nicht. Eines Tages machte er sich auf den König zu stürzen. Er ritt tagelang seinem Bruder, der doch nicht sein Bruder war, entgegen ehe sie sich in einem Kampf um Leben und Tod gegenüber standen. Sie zogen die Schwerter, doch der König hatte lange nicht gekämpft. Er erlag der Klinge seines Bruders, starb in dessen Armen. Das Königreich über das sie beide hätten herrschen sollen verwelkte wie eine Blume und sollte nie wieder in der gleichen Pracht erstrahlen. „Bereust du es?“ Die Stimme des Anderen klang unnatürlich laut in der Stille der eben erst angebrochenen Nacht. Das schwarze Haar unterschied sich nur in wenigen Nuancen von dem Dunkel des Waldes, der Nacht. Und dennoch wusste Sasuke, dass er ihn sah, genauso wie Sasuke ihn sah. Ihre Sharingan waren die einzige Farbe zwischen all dem schwarz und grau um sie herum. „Es gibt nichts zu bereuen, ich habe gewonnen.“ Kann es unter dem Bösen überhaupt Sieger geben? Oder ist ihr Schicksal als Verlierer von Beginn an besiegelt? Ist er nun Sieger oder Verlierer? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)