Say What?! von LittleDestiny (Version 2.0) ================================================================================ Kapitel 3: Atemzug ------------------ Kapitel 3/ Atemzug Er schaufelte nun schon seit 15 Minuten wortlos die klare Suppe in sich hinein. Blue spürte, dass Tai aufgebracht war. Sie sollte ihm lieber nicht so energisch im Nacken sitzen, aber sie wollte Antworten. Wie es schien versuchte Tai diese mehr vor ihr zu verbergen als endlich mit offenen Karten zu spielen. Es musste etwas mit dieser ominösen Verbindung zwischen den Beiden zutun haben und was meinte er mit „Blutsverwandte“? „Bist du ein verschollener Bruder oder so“? Murmelte sie und duckte sich leicht hinter den Tisch, um seine gewohnt aggressive Reaktion abzuwarten. Tai kümmerte sich aber nicht länger mehr um ihr Geschwätz und schaltete auf Durchzug. Sein Kopf hob sich im selben Moment und Blue bemerkte, dass er seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet hatte. „Da ist ja endlich dein berüchtigtes Medium. Hast du sie dir endlich schnappen können“? Hinter Blue stand eine kleine Frau mit einer auffällig großen Oberweite. Das war nicht untertrieben: Sie hatte Wahnsinnsmöpse! „Himmel, ich seh nur Luftballons“, flötete Blue und registrierte, dass sich die beiden wohl kannten. Ihre Haare waren kurz, bis zum Ohr geschnitten und braun. Sie musste etwa 5-10 cm kleiner als Blue sein, und Blue war schon ein Winzling. „ Ja sie ließ sich nicht einfach so abtransportieren. Sehr hartnäckig das Mädchen. Du wirst Freude mit ihr haben“, brummte Tai und blickte wieder in seinen dampfenden Wassernampf. „Ich bin Lydia, die Mechanikerin des Bodys 01“. Lydia reichte Blue die Hand und lächelte leicht. Aufgrund der Tatsache, dass Lydia reichlich mehr beschenkt wurde als Blue, schaltete diese sogleich in den Zickenmodus. „Mechanikerin? Hast du auch ne große, lange Metallstange die du auf Bruchfestigkeit untersuchst, in dem du dich… da du weißt schon, dran runterschlängelst“? Lydia wurde über so viel anfänglichen Zynismus überrumpelt und blickte irritiert zu Tai. Der zuckte mit den Schultern und erhob sich. „Hab ich dir doch gesagt“! Dann verließ er den Schauplatz mit samt geleertem Teller. Lydia atmete tief ein und ließ sich neben Blue nieder. „Was ist dein Problem“? Blue blickte überrascht zur Seite. Sie hätte jetzt erwartet, dass sich Lydia wutentbrannt und schnaubend bei einem Vorgesetzten beschwert. „Ihr seid mein Problem“, erwiderte die Blauhaarige trotzig. „Gib Tai wenigstens eine Chance. Er hat so lange darauf gewartet endlich einen Body steuern zu dürfen. Was meinst du wie viel Last auf dem Sohn des Kommandanten so liegt“? Recht hatte sie schon. „Ja aber ich hab mir diese ganze Sache hier nicht freiwillig ausgesucht. Der Typ kam einfach daher und hat vor meiner Linse mit na Knarre rumgewedelt, um mich danach einfach betäubt auf ein Boot zu verfrachten und mich hier her zu verschleppen. Ich hab auch keine Bewerbung geschrieben oder dergleichen, man hat mich G.E.Z.W.U.N.G.E.N!“ Lydia seufzte erneut bei so viel Ausdrucksstärke seitens Blue laut auf. „Dein Vater hat wohl nie mit dir darüber geredet“? Fragte Lydia schließlich. „Es scheint jeder hier von der wahren Identität meines Vaters zu wissen. Nein, mein Vater hat mir dieses wichtige Detail seines Lebens leider bis zum gestrigen Tage verschwiegen“! Lydia verstand ein wenig Blues Trotzreaktionen. „Ja ist schon klar. Die Welt ist so ungerecht. Das lass aber bitte nicht an den Schachfiguren aus. Wir führen auch nur Befehle aus. Die Schachspieler sind dafür verantwortlich, dass der Befehl erteilt wurde dich einzuziehen, und nicht Tai“, damit stand Lydia auf. *Bums* Der hatte gesessen. Blue hatte keine Chance ein Gegenargument zu finden. Missmutig ließ Blue die Barbusige von dannen ziehen. Zum Abend wartete Blue auf ihren Kidnapper. In dem Ferienhaus war es furchteinflößend still. Nur die Küchenuhr vernahm man klackend aus der Küche. Blue stand am Wohnzimmerfenster und blickte hinaus zu dem, im Rot getauchten, Hangar der zum Trakt führte. Tai war seit 10 Stunden schon in diesem Gebäude. Sie hatte sich nach ihm umgehört, doch anscheinend wusste keiner über den Verbleib des Soldaten mit den traurigen Augen Bescheid. Vielleicht hatte Tai auch ihre ewige Nörgelei satt und sich vor ihr verkrochen. Ihr tat ihr Verhalten plötzlich Leid. Lydia hatte Recht. Er hatte ein trauriges Geheimnis und Blue’s theatralische Herumgekeife schien die Tatsache auch nicht ertragbarer zu machen. Was sich auch immer hinter dieser traurigen Fassade verbarg. Am Horizont endlich erblickte sie eine Gestalt den Weg hinauf schreiten. Er trug eine schwarze Hose und ein schwarzes Achselshirt, sein waren Haar zerwühlt und am Boden schleifte er eine Jacke hinter sich her. Sie wartete am Fenster, ehe die Tür ins Schloss viel und Tai anscheinend Ihre Anwesenheit im nächsten Zimmer bemerkte. Blue rührte sich nicht, zu sehr schämte sie sich für ihr kindisches Verhalten. Man hörte ihn laut ausatmen. „Blue“? Ihr Name hallte wie ein kaltes Echo durch die Zimmer. Sie brauchte nicht zu antworten, da hatte er auch schon einen Fuß ins Wohnzimmer gesetzt. „Es ist so ungewohnt, wenn jemand die Zimmer benutzt. Man spürt es schon vor der Haustür“, murmelte er und blickte auf sie. In seiner rechte Hand hielt er eine Mappe. Langsam schritt er zu ihr und ließ die Mappe auf den Wohnzimmertisch fallen. Sein Gesicht wirkte fahl und müde. Im seichten Licht der Lampe aus dem Flur erkannte Blue, dass sein linkes Auge geschwollen war. „Das hier sind Unterlagen. Du wolltest Antworten, ich habe sie dir besorgt“! Er beließ es bei diesem flüchtigen Informationsaustausch und trottete zurück in den Flur, um sich in das Obergeschoss zu verdrücken. Zaghaft hob Blue die schwarze Pappmappe vom Tisch auf. Da die einzige Lichtquelle momentan im Flur war, schlich sie langsam unter die grelle Eingangsleuchte und schlug die Mappe auf. Dort stand in Druckbuchstaben „Sachbericht vom 22.09.1998“ geschrieben. Blue überflog die einleitenden Worte und musste feststellen, dass dieser Bericht aus einem Militärkrankenhaus stammte. In den Unterlagen befand sich auch ein Steckbrief mit einem Foto von ihr. Sie musste da in etwa 4 Jahre gewesen sein. Konnte sie sich daran überhaupt noch erinnern? War sie je in einem Krankenhaus gewesen? Damals hatte sie etwas verschluckt. Eine Batterie oder so. Oder waren es doch Bauchschmerzen? Auf der nächsten Seite blickte sie ein Junge mit grauen Augen an. „Thamir Adam Inu“? War das Tai’s richtiger Name? Ihre Blutgruppen waren mit einem Marker unterstrichen worden. „Beide A, Rhesus negativ“, stellte Blue fest und blickte schließlich auf die nächste Seite. „Leukämie“? Ein Diagnosebericht von Tai. Er hatte Blutkrebs? Ein weiteres Blatt verriet Blue, dass es eine Forschungsstudie gab. Über 1 Monat lang ging diese Studie. Und Blue war es, die ihre Rückenmark und Blut an Tai weitergegeben hatte. „Blutsverwandte“? Jetzt ergaben Tai’s Worte auch einen Sinn. Sie war der ideale Spender für Tai gewesen, gleichzeitig aber hatte sie auch immense, mentale Fähigkeiten. Diese Studie wurde, nach dem Vertragsabschluss zu urteilen, mit Erlaubnis ihres Vaters durchgeführt. Der Body musste zu diesem Zeitpunkt also schon in der Entwicklung gewesen sein. War es wohlmöglich alles beabsichtigt? Wenn Tai ihre Zellen bekam, und sie ihre DNS für den Body hergegeben hatte, war er wohlmöglich auch dafür ausgewählt worden, den Body früher oder später einmal zu steuern? Sie ließ die Mappe zu Boden fallen und lief los. Überstürzt und gewillt die Bestätigung ihrer Vermutung zu bekommen, kam sie auf dem letzten Treppenabsatz zum stehen. Er hatte auf sie gewartet. Stand da im Dunklen und starrte sie an. „Und was kommt jetzt“? Blue war irritiert. Tai wirkte gereizt. „Du…“, stotterte sie doch Tai unterbrach sie barsch. „ JA ich habe Leukämie! Und fang mir jetzt ja nicht damit an wie Leid es dir tut“! „Du hast mein Blut nur bekommen, weil du den Body früher oder später steuern solltest. Es war ein Experiment, um zu sehen ob auch durch Transfusion die Reaktion des Bodys auf den Piloten übergehen kann“! Seine Hände ballten sich zu einer Faust. „Ja so sollte es auch sein. Leider habe ich nie die körperliche Verfassung erreicht, die dazu nötig war. Das Projekt wurde so schnell wieder auf Eis gelegt, wie es von deinem und meinem Vater als Hirngespinst in den Sinn gekommen war“! Sein Missfallen über diese Situation war deutlich zu spüren. Er war ein schmächtiger, drahtiger Mann. Wenn man sich die anderen Soldaten im Hangar anschaute, so waren diese weitaus kräftiger und größer als Tai. Neben ihnen sah er wie ein Junge aus. Aufgrund seiner Krankheit konnte er wohlmöglich nie das Selbe Leistungslevel erreichen, wie die anderen Soldaten. „Aber wieso wurde das Projekt wieder aufgenommen“, wisperte Blue. Tai lächelte müde. „Das Experiment mit der Rückenmarksspende und der Bluttransfusion wurde vor knapp 3 Monaten wieder gestartet. Diesmal jedoch optimierter. Es schlägt an. Ich gewinne an Kraft und Ausdauer. Deshalb hat der Kommandant auch sein o.k. für den Start des Body01 gegeben, und somit war es auch Zeit das deine Anwesenheit von Nöten ist“. Blue blickte verstohlen zu Boden. Ein Soldat der Krebs hatte. Das war schon paradox. „Siehst du deswegen aus wie ausgekotzt“? Sie deutete auf Tai’s Pfeilchen, welches mit der Zeit langsam an Farbe gewann. Er antwortete ihr nicht und verschwand wieder einmal in seinem Zimmer. Blue hatte so viel Fragen, welche er jedoch momentan noch unbeantwortet ließ. Sie spürte wie verbittert Tai war. Irgendwie nachvollziehbar, denn schließlich gab es für Tai anscheinend keinen anderen Horizont, außer diesen Body zu bedienen und ein guter Soldat zu sein, vielleicht auch ein Stückweit seinen Vater stolz zu machen. Mit dieser Krankheit würde er unter normalen Umständen wahrscheinlich niemals so leistungsfähig sein, wie es von einem Soldaten gefordert wurde. Blue wollte nicht wissen was Tai alles in sich hineinpumpen ließ, um dies zu ändern. Sie öffnete in Gedanken das Tiefkühlfach, als sie auf den nackten Sohlen kehrt gemacht hatte und zurück in die Küche gelaufen war. Da, ein Eisbeutel! Leise huschte sie wieder zurück in die obere Etage und lugte vorsichtig in sein Reich hinein. Tai hatte vergessen die Tür zu schließen. Draußen war es inzwischen finster geworden und das letzte Sonnenlicht warf nur schwache Schatten in sein Zimmer. Blue erkannte ihn auf dem Bett sitzen. Er blickte hinaus aus dem Fenster. Das Rascheln des Eisbeutels verriet sie, doch Tai entgegnete keinerlei Worte auf ihre Anwesenheit. Als sie vor ihm stand, mit dem Eisbeutel in der Hand, blickte er zu ihr hinauf und sah sie mit seinen traurigen Augen an. Sie drückte ihm Sachte den Beutel aufs Auge. „Auh… kalt“, murmelte er kleinlaut und zog ihren Arm hinunter. Auf dem Boden lag ein schmuddliges T-Shirt von Tai, Blue hob es auf und wickelte den Beutel damit ein. Wieder ein Versuch seine Wunden zu lecken. Dieses Mal schien Tai es Recht zu sein. Er seufzte leise und schloss seine Augen für einen Moment. Blue stand da und hielt ihm auf dieser Weise die Hand. Das war wohl so eine Art von Reflex. Kein Wunder bei dem Männerüberschuss bei ihr Daheim. Sie hatte schon oft die Wunden ihres kleinen Bruders versorgen müssen. Sie spürte seine Hand an ihrer. Erschrocken von dieser sanften Berührung ließ sie den Beutel los. „Danke“, murmelte der Rote nun endlich und Blue nickte zufrieden. Es war wohl besser, wenn sie ging. Ein letztes Mal blickte sie ihn an, als Blue am Türrahmen stand. Auch er hatte sich etwas nach hinten gedreht, um ihren Schritt zu verfolgen. „Glaub ja nicht das ich Rücksicht auf dich nehmen werden. … wenn wir in dieser Blechbüchse zusammen sitzen“, murmelte sie in die Dunkelheit. Dann schloss sie die Tür hinter sich. Lydia stand vor dem Hangar und erwartet die Blauhaarige mit einem überraschend freundlichen Gesicht. Hatte sie Blues Showeinlage etwa so schnell vergessen? Tai war schon im Trakt. Er hatte ihr einen Zettel geschrieben, dass Lydia für ihn die Formalitäten übernehmen würden. Sie begleitet Blue in einen Verwaltungstrakt, wo Blue also offiziell in die Force Einheit aufgenommen wurde. Bei dem Vertrag staunte sie nicht schlecht. „Grundgehalt…netto…2500 Steine! OOhhh“! Blue schnappte nach Luft. „Bei der Force wird nix abgezogen. Netto ist gleich Brutto. Nett, nicht war“? Lydia bemerkte mit Vergnügen, dass Blues Herz sich langsam für die Force erwärmte. „Krankenversicherung ist auch mit drin“? „Du bist hier bei dem Militär. Die Force hat ein eigenes Krankensystem. Das hat nichts mehr mit der staatlichen Macht zu tun“. Was sollte Blue bloß alles mit so viel Geld kaufen? Eine andere Frage stellte sich jedoch auch: Kam sie überhaupt dazu das viele Geld auszugeben? Einen netten Sarg würde sie sich mit diesem Gehalt sicher leisten können. Bei der nächsten Station wurde Blue mit den Force Basics ausgestattet. Eine ID Card für problemloses passieren der VIP Bereiche. Ein heißer Force-Fummel in Weiß. Da hier Frauen reine Mangelware waren, wurden die Wenigen in hautenge Dienstbekleidung gesteckt und zu objektiven Prostitution gezwungen. Lydia hatte auch so einen heißen Overall an. Der war aber in braun gehalten. „Wieso bin ich in Weiß. Das macht mich fett“! Lydia lächelte, als sie Blue die Registrierungsschritte an der Schleuse zeigte. Diese öffnete sich und im selben Moment stand Tai mit verschränkten Armen vor den Beiden. „Was dauert das so lange“? Er war wieder einmal etwas unpässlich. „Weiß wird nur von einem Medium getragen. Weiß hat etwas Reines und Unschuldiges, nicht war Tai“? Lydia versuchte mit koketten Augenbewegungen Tai dazu zu animieren, Blue ein Kompliment zu machen, damit diese Ruhe gab. „Weiß wie kratzbürstig“! Schon hatte er sich umgedreht und fuchtelte genervt mit der Hand herum, dass die Beiden sich endlich bewegen sollten. Blue stieß eine Dampfwolke aus der Nase und trampelte los. „Kratzbürstig…“? Während Tai nun einen Vortrag über den Aufbau des Bodys hielt und die Kopplung zum Herzen, die grüne Traube auf der Brust des Body, widmete sich Blue eingehend der Nagelpflege, in dem sich gelangweilt den Dreck unter diesen hervor puhlte. Sie hatte angenommen, dass Knall auf Fall ihre friedliche, aber auch nervige Schulzeit vorbei war. „.. aber machen wir es doch ganz einfach: Lerning by doing“! Blue war kaum mit der linken Hand fertig, da packte sie seine prickelnde Hand und schon ging die Zerrerei los. „Was? Wohin“? Blue hätte besser aufpassen sollen. Ihre latente Unaufmerksamkeit war Tai nämlich nicht entgangen. Der wollte, in einem Anflug eines emotionalen Aussetzers, Blue nun die allgemeine Vorgehensweise der Force Einheit, in Bezug auf Ungehorsamkeit und mangelnde Disziplin, vorführen. „Du willst sie ohne Vorbereitung einfach ins Herz werfen“? Lydia hielt das anscheinend für keine gute Idee. Sie stolperte zögerlich hinter den Beiden her, als Tai nun Kurs auf den Body nahm. Über ein Gerüst zerrte er Blue hinauf zum Metallmann. An einem kleinen Vorsprung konnte man nun abwärts auf die seltsame, grüne Blase blicken. Nicht sehr einladend, wie Blue fand. „Noch ein paar letzte Worte, bevor ich dich in die Biosuppe schubbse“? „FICK DICH“! Blue holte verbal sogleich die Kratzbürste heraus. Wie vor einigen Tag jedoch schon bemerkt, war sie chancenlos gegen den Soldaten Tai. Sie spürte seinen Atem in ihrem Gesicht. Seine Hände hatten sich schroff um ihre Handgelenke gelegt und er drückte sie eng an sich, um ihr böse und autoritär in die Augen zu blicken. Rütteln half da nix mehr. “Nimm das Ernst Blue. Ich habe keine Lust, dass mein Medium kaputt geht“! Er war so frech sie wieder einmal wie ein Objekt zu behandeln. Ihre Handgelenke brannten. „Tai lass sie doch. Du kannst sie nicht ohne Einweisung einfach in die Kammer lassen. Sie weiß doch gar nicht wie sie mit der Materie umgehen soll“, schrie ihn Lydia von unten an. Das schien Tai aber nicht zu interessieren. Er drängte sie an die Kante und drehte ihren Körper um, so dass sie hinabblicken musste. Seine Knie drückten sich in ihre Kniekehlen, so dass sie leicht einknickte. Vehement drückte sie sich an Tai, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und nach vorn zu kippen. „Ich hab dich für mutiger gehalten“, flüsterte er in ihr Ohr. Wieder diese hochmutige Stimme, die Blue fast ihre Angst vergessen ließ. „Wie du willst“! Bockig schritt sie über die Kante. Überrumpelt von dieser unerwarteten Reaktion fand sich Tai an der Kante des Gerüsts kniend wieder. Er hatte sie gerade noch so an den Armen festhalten können. Blue spürte eine warme, klebrige Masse um ihre Beine. Sie steckte mit dem Unterleib in der Biomassen. Grinsend blickte sie nach oben zu Tai, der überrumpelt noch immer ihre rutschenden Handgelenkte festhielt und über den Vorsprung kauerte, um sich festzuhalten. Damit hatte er nicht gerechnet. Sie blickte ihn eisern in die Augen. „Lass schon los“, knurrte Blue. Tai zögerte. „Was ist“? Keifte sie ihm entgegen und fast erschrocken lockerte Tai seinen Griff und ließ sie in die grüne Masse einsinken. Blue kniff ihre Augen fest zusammen und hielt ihren Atem an. Wie sollte sie in so einem Schlamm überleben? Wie sollte sie etwas sehen, wie sollte sie atmen? Durch verschwommene, grünstichige Sicht erkannte sie Tais Umrisse über dem Einstieg. Er wartete sicherlich, bis sie panisch um sich schlug, damit er sich retten konnte. Niemals! Sie würde das schaffen! Alleine! Mit zugekniffenen Augen versuchte sie Luft zu holen, doch die grüne Flüssigkeit sog sich sogleich unangenehm in ihren Mund und Nase. Von dem unbehaglichen Gefühl übermannt schnappe Blue panisch nach Luft, bekam dadurch aber immer mehr Gelee in den Rachen, den sie sogleich unter Protest wieder auspustete. Es entstanden seltsame, wabblige Basen um sie herum. Mit jeder Sekunde fühle Blue die Ohnmacht auf sie zurollen, doch jetzt hatte sie nicht einmal mehr Kraft sich nach oben zu ziehen und wieder auszusteigen, wenn dies überhaupt so einfach möglich war. Sie hatte sich ja gegen die Bodyeinführung entschieden. Tai registrierte schnell, dass er hätte Blue nicht ohne kurze Informationen in das Herz steigen lassen sollen. Er zögerte 4 Sekunden, dann tauchte er mit seinem Oberkörper in die Blase und riss Blue mit sich an die frische Luft. Diese regte sich schon nicht mehr. Sie war Ohnmächtig geworden und hing bewegungslos in seinen Armen. „Scheiße“! Tai wische ihr den grünen Schleim aus dem Gesicht, nach dem er sich sachte auf das Gerüst zurückgezogen hatte. Von alleine würde Blue nicht mehr atmen können, so beugte er sich hinunter zu ihr und umschloss ihre Lippen mit seinen. In gleicher Bewegung hielt er ihre Nase zu. Mit geübter Technik sog er ihr die grüne Masse aus dem Mund, bis ihre Atemwege wieder frei waren. Nach dem Szenario würde er definitiv keinen Bissen mehr hinunter bekommen, zumal der grüne Wackelpudding auch nicht sehr appetitlich schmeckte. Lydia ließ panische Laute von sich, weil sie mitbekommen hatte, dass das unschuldige, reine Medium gerade wiederbelebt werden musste. Tai ließ jedoch nicht von Blue ab. Vehement blies er ihr nun Sauerstoff in die Lunge, bis er schließlich einen Atemzug von Blue an seinen Lippen spürte. Keine 3 Sekunden später riss diese panisch die Augen auf und fing an nach Luft zu japsen. Die Nase befreite sie sich selber, als sie röchelnd die grüne Masse halb auf Tais Füße warf. Er griff hastig nach ihrer Schulter und versuchte sie zu beruhigen und sie zu Boden zu drücken, doch sie stieß ihn panisch von sich. Ein Schallen war zu hören, als Lydia schließlich die letzte Stufe zu den Beiden hinauf erklommen hatte. Blue hatte Tai eine saftige Ohrfeige verpasst. Der blickte überrumpelt zu Lydia, und dann wieder zu Blue. Das war die Rache für die fiese Nummer mit dem Fallenlassen. Tai wischte sich über den Mund. Seine Wange brannte und sein Gewissen auch. „Wie konntest du mich einfach fallenlassen“? Keifte sie und ihre Tränen kullerten unaufhaltsam ihre Wange hinab. „Aber du hast gesagt ich solle dich fallenlassen“!! Entgegnete Tai ebenfalls mit lauter Stimme. Reflexartig wischte sich nun auch Blue den Schleim von der Wange und Mund. Dabei bemerkte sie, wie stark ihre Lippen pulsierten. Blue erkannte, dass er sie versucht hatte wiederzubeleben. Noch immer klebten Spuren des grünen Schleims an seinen Mundwinkeln. Wortlos und verletzt sprang Blue auf und verließ den Ort des Geschehens. Lydia machte ihr bereitwillig Platz. Diese hatte mit Tai noch ein Hühnchen zu rupfen. „Du verstehst nichts von Frauen, nicht war“? Wären Tai auf seine Teetasse starrte, setzte sich die Großbusige gegenüber von ihm an den Tisch. „Sie hat es so gewollt“! Versuchte er sich zu verteidigen, aber er selbst bemerkte wie aussichtlos seine Rechtfertigungen waren. „Sie hat dich testen wollen. Blue ist durchaus in der Lage zu wissen, um was es hier geht. Ihr ist klar wie wichtig sie dir pragmatisch ist. Sie will aber nicht nur als Medium gesehen werden. Sie will, dass du sie auch als Mensch schätzt und auf sie Acht gibst, sie verstehst“! Tai raufte sich durchs Haar. „Ich versteh sie aber nicht“! Während er sich mit den Finger durch sein Haar fuhr, streiften seine Lippen hin und wieder sein Handgelenk. „Sie brennen noch immer“, murmelte er und seufzte nachgiebig. „Wer“? Lydia holte ihn jedoch aus seiner Träumerei zurück. „Lydia, sie ist meine Partnerin. Ich kann keine psychische und physische Beziehung mit ihr aufbauen. Das ist bei der Force untersagt! Don’t fuck the company!“ Lydia verdrehte dich Augen. „Das habe ich damit nicht gemeint! Ihr sollt Freunde werden! Das ist es was sie von dir verlangt“! Wieder schlürfte er den langen Sandweg entlang. Es war schon dunkel und das Wohnzimmer war leicht erhellt. Er hatte sich lange nicht getraut den schweren Heimweg anzutreten. Es war schließlich eine Entschuldigung fällig. Entschuldigungen vielen ihm sehr schwer. Als das Schloss in die Tür viel horchte er in die Stille. Mit langsamen Schritten näherte er sich dem Wohnzimmer. Sein Puls beschleunigte sich und er stellte fest, wie unangenehm er seine körperliche Reaktion auf diese Situation empfand. Sie hatte sich in den Sessel gedrückt und richtete demonstrativ ihren Blick von ihm ab. Tai stand in der Wohnzimmertür wie ein kleiner Junge, der etwas angestellt hatte. Betroffen starrte er den Teppich an. Blue wurde mit Sicherheit keinen Zentimeter kleinbeigeben. Er holte einmal tief Luft. „Es tut mir Leid“. Endlich war es draußen. War einfacher als gedacht, dass musste er zugeben. Auf Blue zeigte dieser Satz jedoch keinerlei Wirkung. „Ich meine es ernst! Ich entschuldige mich bei dir. … aufrichtig“! Ja, eine aufrichtige Entschuldigung war der Porsche unter den Entschuldigungen. Das würde sie knacken. Blue’s Kopf hatte sich keinen Millimeter bewegt! Mit leicht genervtem Schnaufen trat er nun ins Wohnzimmer, um einen Blick von ihr zu erhaschen. Als er vor ihr stand, richtete sie schließlich ihren Kopf stumm zu ihm herum. „Blue. Das war nicht in Ordnung, diese Sache mit der rabiaten Einführung. Ich hätte nicht so weit gehen sollen. Es war unvernünftig und auch gefährlich“. Ihre Miene reichte fast bis zum Boden. „Ich schäme mich“, war schließlich der letzte Versuch, denn Tai jetzt aus deinem Repertoire kramen konnte. Er ging in die Hocke, so dass sie sich nun auf Augenhöhe betrachten konnten. Blue spitze die Lippen. „Ich habe schon geahnt, dass du dämlich bist, aber so dämlich ist mir unbegreiflich“! Tai wusste zwar nicht was diese Aktion mit Dämlichkeit zu tun hatte, aber er nahm an, dass Blue ihn gerade nur beleidigen wollte. „Du bist dämlich und dumm und SCHEIßE“! Das letzte Wort hatte sie ihm wütend ins Gesicht gekeift. Normalerweise beleidigte Tai niemand so primitiv, und er ließ sich das auch nicht gefallen. Er musste jedoch erkennen, dass er bei Blue seine Prinzipien getrost vergessen konnte. „O.k“, stimmte er schließlich Blue zu. Er ließ sich nun auf den Boden nieder und setzte sich im Schneidersitz vor sie. „Zuerst einmal solltest du wissen, dass diese grüne Biomasse fähig ist Sauerstoff zu transportieren. Durch das Eindringen der Biomasse in deine Atemwege ist der Austausch zwischen Schleimhaut und Biomasse gewährleistet. Du musst also zunächst dieses Gel einatmen, um darauf genügend mit Sauerstoff versorgt zu werden. Du hättest nicht so panisch hyperventilieren und erst Rechte das Zeug nicht wieder ausspucken sollen“. Blue hörte geduldig seinen Anweisungen zu. „Verstanden“? Sie nickte. Während er sich aufgewühlt durch Gesicht und Haar fuhr, spürte er ein erneutes, fast süßlich leichtes Brennen auf seinen Lippen. Ob Blue es auch bemerkte? Diese seltsame Reaktion auf seinen Körper? Wenn sie sich berührten, dann fühlte es sich fast so an, als ob ihre Nervenzellen zerplatzten würden. Je empfindlicher und dünner diese Körperstelle war, desto stärker war diese seltsame Reaktion. Er spürte ihren Blick, und als Tai hinaufblickte, ertappte er sie dabei, wie sie ihn mit eindringlichem Blick musterte. Natürlich musste sie es auch spüren. Sie war zudem noch ein Medium. Ihre Stärke war es Umweltreize besonders gut aufnehmen zu können. Er war so ein Umweltreiz. Es herrschte eine unangenehme Stille im Raum, so dass er schließlich aufstand. „Noch Frage Blue“? Sie erhob sich ebenfalls aus dem Sessel und stand nun vor ihm. „Ja! Wann fangen wir wieder an“? Sie sprach die Worte ernst und energisch. Tai musste schmunzeln. Ihren Ehrgeiz hatte er wirklich unterschätzt. Sie konnte es nicht! Der gestrige Tag steckte ihr noch in den Knochen und die Hemmung, endlich den ersten Atemzug zu tätigen, war größer als zuvor. Zumindest traute sie sich kurz die Augen zu öffnen. Tai zog an ihrem Arm und mit großer Anstrengung hievte sie ihren Kopf wieder aus der Gelatine heraus. Hilfe, das Zeug klebte in ihren Haaren wie Kaugummi. „Ich schaffe es nicht“, jammerte sie. Tai hob beschwichtigend die Hände. „Dann machen wir’s zusammen. Wirst sehen, wenn ich nicht draufgehe, wirst du es auch nicht tun. Wiederbelebung kannst du doch, oder“? Sie nickte vorsichtshalber. Das war aber eine Lüge. Er stellte sich neben sie und stütze seine Arme auf der unteren Kante der Blasenfassung ab, ehe er mit Schwung seinen roten Schopf in der grünen Brühe versenkte. Blue tat es ihm hastig gleich. Durch die milchige, grüne Sicht erkannte Blue schließlich Tai neben sich. Er hatte seinen Kopf zu ihr gedreht und schloss die Augen, ehe er mit einem beherzten Atemzug den grünen Schleim in Mund und Nase sog. Eine Weile tat sich nichts an Tais Mimik, doch Blue merkte schnell, dass bei ihm alles glatt gelaufen war. Mit einer nickenden Kopfbewegen signalisierte er Blue, dass sie nun an der Reihe war. O.k., ruhig bleiben, kein Stress. Sie schloss ebenfalls ihre Augen und konzentrierte sich. Jetzt bloß nicht kneifen, das wäre zu peinlich. Wenn der rote Drecksack das hinbekam, dann sie doch wohl auch. Das wird ein Klacks! Mit dem letzten Sauerstoff in ihrer Lunge sog sie die Biomasse ein und konzentrierte sich darauf keinen Würgereiz oder dergleichen ins sich aufkommen zu lassen. Der klebrige Brei fühlte sich ungewohnt einnehmend in Mund und Rachen an. Noch immer hielt sie die Luft an, doch nach und nach spürte sie, dass der Drang nach Luft zu schnappen in ihrem Kopf immer weniger wurde. Es klappte tatsächlich. Das war erstaunlich! Diese Erkenntnis teilte sie sogleich mit Tai, als sie ihre Augen aufschlug und zu ihm hinüberblickte. Er grinste frech und wahrscheinlich war er auch erleichtert, dass zumindest diese Hürde genommen worden war. „Siehst du, war doch nicht so schwer“. Tai strich sich die klebrige Masse aus dem Gesicht, als er Versuch nun beendet war und Beide ihre Köpfe aus dem Body gezogen hatten. Lydia kreischte erfreut etwas die Rampe hinauf. Blue brabbelte unentwegt darüber, wie wahnsinnig sie diese neue körperliche Erfahrung empfunden hatte. Das es fast etwas spirituelles hatte. Zwischen dem Schleim in ihrem Gesicht und den weißen Zähnen musterte er ihre Gesichtszüge gründlich. Sie war ein sehr fröhlicher Mensch, dass sah man heute das erste Mal. Ihr Lächeln stecke auch ihn plötzlich an. Ihre Kulleraugen waren blau und euphorisch weit aufgerissen. Mit den Händen wedelte sie unentwegt auf und ab. Er stoppte ihren Redefluss als er ihre Hand nahm. Sofort durchzog Tai dieses angenehme, kribbelnde Gefühl. Er fühlte und sah jedoch auch, wie unangenehm seine Berührung ihr war. Aus ihrem Gesicht war plötzlich die Freude entwichen und ein fast beschämtes Mädchen stand vor ihm und wusste nicht was sie von deinem Handeln halten sollte. Spürte und fühlte sie etwa so anders als er? Er zog ihr Handgelenk sanft zu sich und öffnete ihre Handfläche. An der Innenseite ihres Armes fuhr er leicht auf und ab. „Was…tust du da“? Murmelte sie fast verlegen. “Er hat eine Reinigungsfunktion, dein Anzug“. Er hatte eine Tastenkombination an ihrem Anzug betätigt, schon perlte der grüne Schleim an ihrem Hals und Schultern zu Boden. Auch im Gesicht und an den Haaren viel die grüne Masse herab. „Durch Ultraschall kann alles, was Berührung mit dem Anzug hat, von der Biomasse befreit werden. Zeitverzögernd perlte nun auch an seinem Anzug das Gelee ab. „Oh, wie praktisch. Ich hab schon gedacht ich müsste jeden Tag meine Haare waschen“, lachte sie leise. Noch immer hielt er ihren Arm fest. „Mein Anzug hat diesen Luxus leider nicht“, erwiderte nun auch Tai in die peinliche Stille. Bis er sich sicher war, dass alle Reste von seinem Körper gefallen waren, blieben die Beiden recht wortlos voreinander stehen. Lydia kam schließlich hinauf zu ihnen und zeigte Tai einen Statusbericht des Body. „Wir sind soweit dann startklar. Wann beginnen wir mit der ersten Synchronisation“? Lydia bemerkte schnell die angespannte Atmosphäre zwischen den Beiden. „Wie sieht es aus Blue, hast du heute Lust auf eine theoretische Einführung“? Kapitel 3/ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)