Verloren von LadyOfDeath (RuffyxNami) ================================================================================ Kapitel 1: Verloren ------------------- Die Nacht hatte sich wie ein schützendes Tuch über die Thousand Sunny gelegt, die ruhig in einer kleinen Bucht ankerte. Die Wellen umspielten sanft den Bug, ein leiser Wind strich über das Deck und über das Gesicht des jungen Mannes. Er saß auf der Gallionsfigur, den Blick starr in den Himmel gerichtet. Schweigend betrachtete er die Sterne, so wie er es schon oft getan hatte. Wenn er hier saß, konnte er alles um sich herum vergessen. Doch heute nicht, denn heute fehlte etwas Entscheidendes. Sie war nicht mehr da und sie würde auch nie mehr da sein. Sie hatte ihn verlassen und er war schuld. Es war ganz allein seine Schuld. Seine Augen füllten sich bei diesen Gedanken mit Tränen. Tränen der Wut aber auch der Tränen der Trauer. Er hatte das Wichtigste in seinem Leben verloren. „Was machst du da oben?“, ihre Stimme schreckte ihn auf. Beinahe hätte er das Gleichgewicht verloren. Mit vorwurfsvollem Blick wandte er sich dem Störenfried zu. „Du hast mich erschreckt“, seine Lippen verzogen sich bei diesen Worten zu einem Schmollmund.“Tut mir Leid“, sie grinste ihn schellmisch an und schon konnte er ihr nicht mehr böse sein, war es nie wirklich gewesen. „Ich sehe mir die Sterne an“, antwortete er nun nach einigen Sekunden auf ihre eigentliche Frage. „Darf ich dir Gesellschaft leisten?“ Er sah sie verwirrt an. Doch dann dehnte er seine Arme und zog sie zu sich auf den Löwenkopf. „Sei vorsichtig!“, ermahnte er sie, „nicht dass du uns ins Wasser fällst!“ Sie nickte und setzte sich vor ihn hin. So saßen sie eine Weile da und betrachteten schweigend die Sterne. Irgendwann fing das Mädchen an zu zittern und Ruffy zog sie an sich heran, umschloss ihre Hüften mit seinen Beinen und den Oberkörper mit seinen Armen. Sie lehnte ihren Rücken an seinen Oberkörper und seufzte wohlig auf: „Du bist so schön warm.“ Ruffys Wangen färbten sich rot, so nah war er ihr noch nie gewesen und doch wusste er, dass sie nicht so empfand wie er. Für sie war er bloß ein Freund. Ein guter Freund, aber eben auch nicht mehr. Die Tränen rannen über seine Wangen als er sich an diesen Abend erinnerte. Es waren seither nur wenige Wochen vergangen. In diesen Wochen waren sie sich immer näher gekommen und heute verfluchte sich Ruffy für seine Feigheit. Nun war sie nicht mehr bei ihnen, aber daran konnte niemand etwas ändern… Die Nacht wich dem Tag und auf der Sunny wurden die Segel gesetzt. Ein Jahr war vergangen, seitdem sie gegangen war. Es hatte sich viel verändert und nun wollten die Strohhutpiraten sie besuchen. Es würde nicht mehr lange dauern, ein oder zwei Tage, bis sie bei ihr waren. Jeder würde ein paar Worte sagen und sie würden wieder fahren. So war es geplant. Sie wollten sie nicht allzu lange stören. Ruffy saß wieder auf der Gallionsfigur der Sunny. Das Schiff strich sanft durch das Meer und bald wären sie da. Morgen Mittag war es soweit, sie würden die Insel auf der sich ihre Freundin seit einem Jahr befand endlich erreichen. Er wusste nicht ob er sich freuen sollte. Nein, freuen sollte er sich mit Sicherheit nicht. Es war schon schwer genug sie nicht um sich zu haben, aber den Tatsachen von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen. Der Schwarzhaarige wusste nicht, ob er das verkraften würde. Er wusste noch nicht einmal was er ihr sagen sollte. Sein Blick glitt zum sternenklaren Himmel und er erinnerte sich an ein Gespräch, dass er einst mit ihr geführt hatte. Wieder saßen sie gemeinsam auf der Gallionsfigur, diesmal in eine warme Decke gehüllt. Es war kalt geworden und die würden demnächst eine Winterinsel erreichen, doch noch war der Himmel größtenteils sternenklar. „Was meinst du Ruffy wie viele Sterne gibt es?“ Verwirrt sah er sie an. „So viele wie es Menschen gibt“, antwortete er dann voller Überzeugung. „So viele wie es Menschen gibt? Warum gerade so viele?“ „Naja, weil jeder Mensch einen eigenen Stern hat und wenn ein Mensch stirbt, dann fällt sein Stern vom Himmel.“ „Hm. Und wieso leuchten einige Sterne heller als andere?“ „Das weiß ich nicht. Vielleicht sind die hellen Sterne die Kinder und je älter sie werden, desto schwächer leuchten sie.“ Er war verwirrt. Wieso stellte sie so komische Fragen? Beide schwiegen eine Weile bis sie wieder zu sprechen begann: „Das glaub ich nicht. Ich glaub jeder Mensch hat einen Traum und wenn der Traum besonders groß ist, dann leuchtet der Stern besonders hell.“ „Das klingt logisch“, erwiderte Ruffy und blickte an ihrem Kopf vorbei in den Himmel. Auf einmal hob sie ihren Arm und deutete auf einen besonders hellen Stern. „Das da ist dein Stern“, sagte sie mit einem Lächeln in der Stimme. Nach einem weiteren Moment der Stille drehte sie sich zu ihm um und blickte den Schwarzhaarigen an. „Du wirst mich nie verlassen, oder Ruffy?“ Die Art wie sie ihn ansah und wie sie sprach, ließ Ruffy die Röte ins Gesicht schießen. Schnell wandte er den Blick ab. „Natürlich nicht, du bist meine Freundin. Ihr alle seid meine Freunde. Ich werde euch nie verlassen.“ „Das ist gut!“ Sie lächelte breit als sie das sagte, doch als sie sich wieder umdrehte, meinte Ruffy einen Hauch von Traurigkeit in ihrem Gesicht gesehen zu haben. Allmählich verblassten die Sterne und der Himmel begann sich zu verfärben. Ein neuer Tag begann. So war es immer. Auf die Nacht folgt ein Tag und auf den Tag folgt eine Nacht. So würde es immer sein. Die Welt richtete sich nicht nach dem Befinden einzelner. Sie würde auch noch in hundert Jahren auf die Nacht den Tag folgen lassen, auch wenn sie alle längst nicht mehr da waren. Fasziniert blickte er zu dem roten Feuerball, der sich langsam am Himmel erhob. Die Sonne stand mittlerweile hoch am Himmel und am Horizont konnte Ruffy ihr Ziel schon sehen. Nur noch wenigen Stunden, dann wären sie bei ihr. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er wusste immer noch nicht wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Die restlichen Strohhüte standen an Deck und beobachteten ihren Captain. Seit sie gegangen war, war er nicht mehr der Alte. Ruffy war nicht mehr so kindliche naiv und er dachte sehr viel nach. Alle wussten wie sehr er litt. Es war Mittag als die Sunny in der kleinen Bucht vor Anker ging. Die Strohhüte verließen gemeinsam ihr Schiff und machten sich auf den Weg zu ihr. Der Himmel hatte sich verdunkelt. Gerade so als wüsste er, dass dieser Gang für niemanden leicht war. Eine halbe Stunde später standen die Strohhüte auf einer Klippe. Vor ihnen war eine schlichte Marmorplatte in den Boden eingelassen. Nami Navigatorin und Freundin Hier lag ihre Freundin seit genau einem Jahr. Die Strohhüte standen still vor dem weißen Stein, jeder ging seinen eigenen Gedanken nach. Dann trat Zorro als erster vor und legte eine goldene Münze auf den Stein. Es war die Zahlen 7 und 3 darin eingraviert, ihr Geburtsdatum. Der Grünhaarige sagte kein Wort, nickte dem Stein anerkennend zu und verließ dann den Ort der Trauer. Er wollte vor seinen Freunden keine Schwäche zeigen. Doch als er zwischen die Bäume des nahe gelegenen Waldes trat konnte er seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Still liefen sie über seine Wange. Er vermisste sie. Vermisste die ewigen Streitereien um seine Schulden. Zu gerne würde er ihr alles doppelt und dreifach zurückzahlen, wenn sie doch nur bei ihnen geblieben wäre. Aber er war zu spät gewesen… Als nächster trat Franky vor, die Tränen liefen in Strömen über sein Gesicht. „Lang nicht gesehen, Schwester“, brachte er mit erstickter Stimme hervor, „eigentlich wollte ich dir was voll Cooles mitbringen. Aber ich hab nichts Passendes gefunden. Beim nächsten Mal vielleicht.“ Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verschwand in Richtung der Thousand Sunny. Chopper und Lysop traten gemeinsam vor das Grab ihrer Navigatorin. Wie schon bei Franky liefen ihnen die Tränen über die Wangen. Lysop versuchte etwas zu sagen, doch er brachte nur einen unverständlichen Wortsalat hervor. Während von Chopper ein leises Wimmern zu hören war. „Es tut mir so leid“, flüsterte der kleine Elch und schon wandten auch diese Beiden sich ab, um zur Sunny zurückzukehren. Nun standen nur nach Sanji, Nico Robin und Ruffy bei ihrer Freundin. Der Blonde hielt eine Orange in der Hand, die er nun vorsichtig neben Zorros Münze platzierte. „Namilein, ich hab immer gut auf deine Orange aufgepasst. Sie wachsen ganz wunderbar“, sagte er ruhig. Er strich kurz mit der Hand über den Stein und dann verließ auch er diesen Platz der Trauer. Wie auch der Schwertkämpfer wollte er keine Emotionen zeigen. Es war so schon schwer genug. Wäre er doch nur schneller gewesen… Nun trat Nico Robin hervor. Sie hielt ein Buch in der Hand. Es war wasserdicht eingepackt, so dass es vor Wind und Wetter geschützt war. Die Archäologin legte es neben die Orange und die Münze. Sie sagte nichts, dass war auch nicht notwendig. Die beiden Frauen hatten sich immer blind verstanden. Jetzt rannen der sonst so gefassten Robin die Tränen still über die Wangen. Sie hätte bei ihr sein müssen… Als Robin zwischen den Bäumen verschwunden war und nur noch Ruffys trauriger Blick auf dem weißen Stein ruhte, begann es zu regnen. Schnell war seine Kleidung vollkommen durchnässt. Doch das war dem Schwarzhaarigen egal. Er war sogar ein wenig dankbar für den Regen. So konnte sie seien Tränen nicht sehen. Der Captain kniete sich vor den schlichten Stein und berührte ihn sanft mit seiner Hand. „Bitte verzeih mir“, sprach er mit ruhiger Stimme, dann holte ihn die Erinnerung ein. Er stand einer ganzen Armee gegenüber. Mit seinem Körper schützte er seine verletzte Navigatorin. Ein Schuss hatte ihre Schulter durchbohrt. Die Wunde blutete stark und der Schwarzhaarige wusste, dass er nicht ewig Zeit hatte. Mit jeder Sekunde wurde sie schwächer. Er kämpfte tapfer und schlug hunderte von Gegnern bewusstlos, doch es schien einfach kein Ende zu nehmen. Dabei hatte er doch keine Zeit. Er musste sie so schnell wie möglich zu Chopper bringen. Der kleine Elch war Namis letzte Chance, sonst würde sie sterben und er konnte nichts dagegen tun. Verzweifelt schlug Ruffy um sich, es wurden einfach nicht weniger. Schließlich gab er auf, nahm Nami auf den Arm und stürzte blindlings drauf los. Meter um Meter kämpfte er sich mit der Verletzten voran. Rief nach Chopper und den Anderen. Er musste sie finden, sonst starb Nami. „Ruffy?“, hörte er ein leises Flüstern. „Sch. Nami nicht sprechen. Ich bring dich zu Chopper und alles wird gut“, Panik lag in seiner Stimme. „Ruffy mir ist so kalt.“ Er konnte ihre Stimme kaum noch hören. „Keine Sorge gleich sind wir bei Chopper. Der flickt dich zusammen und wir können wieder zusammen die Sterne angucken. Dabei ist dir doch immer warm und wenn du willst können wir das jede Nacht machen und ich halte dich warm. Ich sorg dafür, dass du nie wieder frierst“, er sprach voller Zuversicht. Zumindest bildete er sich das ein, doch Nami konnte er nicht täuschen. Sie spürte, dass er Angst hatte, Angst um sie. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen: „Danke Ruffy!“ „Wofür?“, er sah sie verwirrt an. „Für alles, was du für mich getan hast. Danke, dass du mich von Arlong befreit hast. Danke, dass du mich mitgenommen hast. Danke, dass du mir ein Zuhause gegeben hast. Und danke, dass du nun versuchst mich zu retten“, ihre Stimme war mit jedem Wort schwächer geworden, „Ruffy ich bin so müde. Aber eins musst du noch wissen. Ich liebe dich.“ Bei diesen Worten blieb der Schwarzhaarige wie angewurzelt stehen. Er sah die Frau in seinen Armen an. Tränen stiegen in seine Augen. „Nicht weinen“, flüsterte Nami sanft und berührte mit ihrer Hand seine Wange. Dann schloss Nami langsam ihre Augen, auf den Lippen hatte sie ein friedliches Lächeln. Ruffy sah sie ungläubig an. In diesem Augenblick fielen auch die letzten Feinde. Zorro, Sanji und die Anderen traten zu ihrem Captain, der sich verzweifelt an seine Navigatorin klammerte. Schließlich gaben seine Beine nach und er fiel auf die Knie. „Nein. Nein. NEIN! Nami, mach die Augen auf. Bitte! Du kannst du nicht sowas sagen und mich dann alleine lassen“, seine Stimme war ein verzweifeltes Flehen. Dann fiel sein Blick auf Chopper und er schrie: „Mach doch was. Mach irgendwas. Sie kann nicht tot sein. Das darf sie nicht. Ich liebe sie doch!“ Chopper kniete neben den beiden und hielt den Kopf gesenkt. Als er Ruffy ansah, war sein Blick voller Schmerz. „Es tut mir leid, Ruffy. Ich kann nichts mehr machen“, seine Stimme war nur noch ein ersticktes Fiepen. Ruffy sah seinen kleinen Arzt mit leeren Augen an. Er hatte das Wichtigste in seinem Leben verloren. Für Immer… Ruffy kniete noch immer vor ihrem Grab. Tränen liefen stumm über sein Gesicht. Der Regen hatte seine Kleidung vollkommen durchnässt. Er hatte sich immer wieder gefragt, was er hätte besser machen können. Er hätte schneller laufen müssen. Er hätte sie gar nicht erst mitnehmen sollen. Er hätte sie in Kokos lassen sollen, dort wäre sie sicher gewesen. Doch ihm wurde schnell bewusst, dass das Unsinn war. Er hätte ohne sie nicht leben können und jetzt musste er ohne sie leben. Jeden Tag aufs Neue. Er musste für sie weiterleben, denn sie wäre ganz und gar nicht begeistert, wenn er jetzt bei ihr auftauchen würde. Schwerfällig stand der Captain der Strohhutbande auf. „Eins verspreche ich dir. Du wirst mich erst zu Gesicht bekommen, wenn ich der König der Piraten geworden bin!“, seine Stimme klang fest. Er würde weiter machen. Seine Freunde beschützen und dafür sorgen, dass jeder sich seinen Traum erfüllen konnte. Dann würde er der König der Piraten werden und dann konnte er ihr ruhigen Gewissens gegenüber treten. „Warte auf mich“, sagte er mit einem letzten Blick auf den weißen Stein, dann verließ er diesen Ort für immer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)