World of Faerûn - 1. Staffel von Kyle (Demon Bell-Saga) ================================================================================ Folge 22: Das Land der Avariel ------------------------------ Folge 22: Das Land der Avariel Als die junge Elfe durch das Portal durchschritten hatte, erblickte sie eine Landschaft wie sie sie noch nie zuvor gesehen hatte. Exotische Bäume und Pflanzen umgaben sie, während die weißen Wolken so nah wie noch nie zuvor über sie zogen. Dutzende Hochebenen, die über den Wolken ragten und die Nähe zum Himmel machten dieses Gebiet zu etwas ganz besonderen. Sie stellte fest, dass die Sonne hier noch nicht ganz untergegangen war und rot schimmernd am Horizont aufleuchtete. „Das ist meine Heimat. Der Sundabarberg, das Reich der Avariel, der geflügelten Elfen. Wir befinden uns Tausende von Metern über der eigentlichen Erdoberfläche.“, merkte Shane stolz an. Unschlüssig blickte sich Kyren umher, denn sie merkte dass nicht alle Hochebenen unmittelbar miteinander durch Wege verbunden waren. Selbst von dort wo sie standen, führte kein Weg fort. „Ich sehe keinen Weg. Wie sollen wir denn von hier weiterkommen?“, fragte sie verunsichert. „Du hast die Wahl. Entweder du steigst auf meinen Rücken oder wedelst kräftig mit deinen Armen.“, erwiderte er leicht schmunzelnd. Ihr wurde ganz anders als sie sich vorstellte mit ihm so durch die Luft zu fliegen. Misstrauisch betrachtete sie den Zweihänder ihres Gefährten. „Aber dieses Schwert muss doch schon so schwer genug sein ... ist es nicht im Weg?“, meinte sie skeptisch drein blickend. „Nein, das Schwert Carsomyr kann zwar von den Händen eines Paladins oder eines Menschen reinen Herzens geführt werden, aber in dieser Halterung ist es leicht wie eine Feder. Was glaubst du wie ich dich aus Neu-Saradush rausgekriegt hab’?“, erklärte er ihr. Höflich streckte er ihr seine Hand aus und kniete sich nieder und noch bevor sie sich versah schossen seine Flügel aus seinen Rücken heraus. Schüchtern ließ sie sich von seiner Hand auf seinen Rücken führen und stieg auf, auch wenn es bei den Flügeln auf den jungen Jungenrücken etwas eng war. Kurz darauf flogen die beiden dem Sonnenuntergang entgegen, während die kleine Elfe die Aussicht auf das wunderschöne Land mit glänzenden Augen genoss. Harmonisch flatterte ihr Haar und ihr Röckchen im Wind. Sie fühlte sich fast so frei wie ein Vogel. Immer wieder überflogen sie kleine Avariel-Dörfer in denen die Kinder gerade zum Abendmahl hereingerufen wurden. Die Sicht war genauso klar wie die Luft und man hatte das Gefühl als ob noch nie jemand einen Fuß auf diese unberührte Natur gesetzt hatte. Nach einer Weile näherten sie sich einer riesigen Ebene, die am höchsten in den Himmel zu ragen schien. Dort setzte Shane auch zur Landung an und ließ seine Gefährtin absteigen. „Das war toll. Ein schönes Gefühl ...“, schwärmte sie, während er seine Flügel wieder einzog. Wie eine Illusion verschwanden sie in seinem Rücken. Ihre Wanderung führte sie durch einen Wald und einer hohen Wiese bis sie schließlich an einen recht idyllischen gelegenen Haus ankamen. Ganz in der Nähe war ein kleiner Fluss der fröhlich vor sich hinplätscherte. Einige Obstbäume spendeten dem Anwesen kühlenden Schatten und ein kleines Kartoffelfeld lag dicht eingezäunt am Haus. Shane wurde nachdenklich beim Anblick seiner alten Heimat, doch für ihn gab es nun kein zurück mehr. „Schon komisch ... damals als ich weggelaufen bin, weil ich nicht mehr willkommen war ... hatte ich meinem Vater geschworen das er mich nie wieder sehen würde und obwohl ich ihn in diesen Tagen gehasst habe, so ist er immer noch der Mensch zu dem ich am meisten aufschaue ...“, dachte er betrübt vor sich hin und ballte seine Hand zu einer Faust. „Warum warst du denn nicht mehr willkommen?“, staunte seine Gefährtin überrascht. „Besser ... du weißt es nicht.“, erwiderte er trübselig und ging langsam weiter. Jeder Schritt schien ihm schwerer zu fallen, doch sein Wille drängte ihn nach vorne bis er schließlich vor seiner Haustür stand. Mit zittriger Hand öffnete er sie und trat mit geschlossenen Augen ein, wo er dann er mitten im Wohnzimmerbereich stehen blieb. Dem Elfenmädchen fiel die elegante Einrichtung der Wohnung auf. Eine Treppe die im Zentrum des Hauses lag, entführte ihre Einwohner in die darüber liegenden Etagen. Rechts davon war das eigentliche Wohnzimmer, welches mit feinsten Möbeln ausgestattet war und dessen Kamin zur angenehmen Atmosphäre beitrug, doch all dies wurde zur Nebensache als sie merkte wie schwer es Shane fiel sich in diesem Haus aufzuhalten, obwohl niemand weiter zu sehen war. Plötzlich öffnete sich eine Seitentür links von ihnen, die zur Küche führte, aus der eine wunderschöne, elfische Frau trat. Sie trug eine Schürze über ihrem Kleid, so als hätte sie gerade den Abwasch gemacht. Ihr langes, gelocktes blondes Haar glänzte und trug zu ihrem atemberaubenden Aussehen bei. Fassungslos blickte sie den Jungen, der in ihrem Haus stand an. Es dauerte nicht lange und es flossen ihr die ersten Tränen aus den Augen als sie ihr Kind wiedererkannte. „Shane ...“, schluchzte sie, bevor sie ihm weinend entgegenlief und ihn schließlich überglücklich in die Arme schloss. Er erwiderte die Geste und drückte sie ebenfalls leicht. Mit ihr, so schien es, vertrug er sich noch immer sehr gut. „Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Ich dachte ich sehe dich nie wieder. Geht es dir auch gut?“, fragte sie besorgt. „Ja, mit mir ist in Ordnung, Mutter.“, beruhigte sie ihr Sohn nickend. „Wen hast du denn da mitgebracht?“, fragte sie neugierig als ihr Blick auf Kyren fiel, aber auf diese Frage sollte sie zunächst keine Antwort erhalten, als er bemerkte das sein Vater die Treppe hinuntergekommen war. Er war inzwischen etwas ergraut, wirkte aber immer noch sehr muskulös. Seine prunkvolle Rüstung hatte er gegen typische Alltagsklamotten eingetauscht. Sein Sohn wusste dass er von ihm keine so herzliche Begrüßung zu erwarten hatte, so dass sich die beiden eine Weile wortlos gegenüberstanden. „Vater ...“, sagte Shane kühl als der sich ihm näherte. Die erste Begegnung seit langen endete für ihn mit einer kräftigen Ohrfeige, die Mi’lan seinem Sohn verabreichte. Fassungslos starrte die kleine Elfin den einstigen Helden an. Sie kannte zwar den Grund für diese Schelte nicht, aber so sehr sie auch zurückdachte – ihr Vater hatte sie nie so geschlagen. Ihr Gefährte nahm es jedoch einfach so hin und tat so als ob er nichts gespürt hatte. „Ich hatte nicht erwartet dich wiederzusehen, Shane. Ich frage mich ehrlich was dich geritten hat wieder hier her zu kommen.“, meinte er verärgert. „Ich ...“, wollte Shane ihm erwidern, doch Mi‘lan unterbrach ihn, bevor er auch nur ein weiteres Wort sagen konnte. „Und überhaupt. Wo ist Alexandra? Hast du sie etwa allein zurückgelassen?“, schimpfte er weiter, worauf er demütig seinen Kopf absenkte. „Vater ... Alexandra ... sie ... sie ist ... tot.“, meinte er leise. Geschockt hielt sich seine Mutter die Hände vor den Mund und atmete entsetzt ein, während in seinem Vater eine gewaltige Wut aufstieg, die sich in einer weiteren Ohrfeige entlud. Dieses mal war sie so stark das sie ihm zu Boden riss und sein Sohn sich gerade noch an einem Stuhl festhalten konnte. „Oh nein! Bitte aufhören! Schlagt ihn nicht!“, flehte Kyren weinerlich dazwischen, worauf Mi’lans Blick ruckartig auf die kleine Elfe fiel. Er musterte sie zunächst eingehend bevor er sein Kind nun noch niederträchtiger betrachtete. „Es hat sich nichts geändert. Du bist kommst hier her und schleppst eine kleine Elfe an. Wer ist sie überhaupt!?“, fauchte er ihn an. „Ich bin Kyren Cyrissean, die ...“, verteidigte sich das Elfenmädchen, bevor ihr Shanes Vater den Mund verbot. „Schweig! Wer hat dir erlaubt zu antworten?“, brüllte er dazwischen, so das sie ängstlich zurückzuckte. „Sie hat dir doch gar nichts getan. Warum schreist du sie so an?“, schluchzte Shane den Tränen nah mit gesenktem Haupt. „Sei ruhig! Ich will kein Wort mehr von dir hören! Du wagst es nach einer Ewigkeit wieder hier her zu kommen, sagst mir einfach so dass meine Tochter tot ist und stellst sofort wieder meine Autorität in Frage. Ich weiß jedenfalls schon wen ich es zu verdanken habe das meine einzige Tochter tot ist. Nämlich dir. Du hast sie letztendlich in den Tot getrieben. Sie ist dir nur nachgelaufen weil sie Mitleid mit dir hatte. Du hast sie verblendet, verwirrt, verführt. Und warum? Nur um dein Verlangen zu stillen! Ich sage dir noch einmal das selbe was ich dir damals sagte: Verlass mein Haus! Ich will dich hier nie wieder sehen!“, brüllte er ihn an und mit jedem Wort schossen die Erinnerungen an diese Zeit in Shanes Gedächtnis herauf. Der Halbelf blickte zurück und sah sich wieder als Kind, zu der Zeit noch 13 Jahre alt, wie er seine kleine Schwester an einer Schaukel anschuppste. Es war ein harmonischer Herbstag und die ersten Blätter fielen bereits von den Bäumen. Sie spielten den ganzen Tag und lachten so oft sie nur konnten. Er hatte viel mit ihr erlebt und jede Menge Spaß gehabt, aber eines Nachts als der Regen an seine Fensterscheibe schlug und er nicht einschlafen konnte, begann er zu begreifen wie viel er wirklich für seine Schwester empfand. Er hegte unschuldige Gedanken an sie, die ihn glücklich machten und mit einem erleichternden Lächeln einschlafen ließen. In den darauffolgenden Tagen, so erinnerte er sich, begann für ihn eine besondere Zeit, denn die Nähe seiner Schwester war für ihn fortan etwas ganz besonderes. Er liebte es über alles von ihr durch seine Flügel gestreichelt zu werden, doch jede Berührung von ihr war noch zu wenig. Jede Nacht schlug er sich fortan mit dem Gedanken herum wie falsch seine Gefühle waren und selbst wenn er schlief fand er keine Ruhe. Immer wieder quälten ihn merkwürdige Träume, voller Blut und Zerstörung. Langsam spürte er dass etwas in ihm war, das er nicht genau identifizieren konnte. Eine Kraft, so verführerisch und so bösartig wie die Sünde. Er musste einsehen dass nicht nur die Pubertät ihn veränderte, doch selbst in diesen schweren Zeiten stand ihm seine Schwester bei. Auch als an einem stürmischen Tag in einer Scheune, in der sie sich vor den peitschenden Regen verstecken wollten. Sie waren beide völlig durchnässt, aber glücklich noch einen Unterschlupf gefunden zu haben. Das Heubett auf denen sie lagen spendierte ihnen ein trockenes Bett in dem sie ausgelassen herumtobten und sich mit Stroh bewarfen. Wie so oft gerieten sie in ein neckendes Gerangel und als er wieder einmal als Sieger hervorging und auf seiner erschöpften Schwester lag, musste er sich seinen bedrückenden Gefühlen geschlagen geben. Er verstand nicht, was ihn dazu trieb, zu fühlen, was er fühlte. Trauer stieg in ihm auf, aber er musste es einfach tun, um den Schmerz, der auf seinem Herzen lag etwas mindern zu können. Sie wehrte sich nicht als er ihr einen sanften Kuss auf die Lippen gab. Auch wenn sie nicht wirklich viel von Liebe verstand so begriff sie was er getan hatte und was es ihm bedeutete. In diesem Moment begriff sie, dass ihn mehr als nur Geschwisterliebe zu ihr hinzog. In seinen Augen erkannte sie den inneren Konflikt und auch wenn sie es geschehen hatte lassen, so war ihr noch im selben Moment klar, dass sie seine Gefühle nicht erwidern konnte. Alexandra hielt dennoch zu ihm, über all die Zeit, spendete ihm Trost in Umarmungen und einem aufmunternden Lächeln. Eines Tages jedoch, erwischte ihn sein Vater in fester Umarmung mit ihr. Für Erklärungen war er nicht zugänglich und grenzenlose Enttäuschung schien sein Herz zu zerfressen. Auch wenn Shanes Mutter nicht wollte dass er ging, so war es doch das Beste für alle. Schließlich, so musste er sich gestehen, wusste er damals nicht wann er, wider seinen Verstand, den nächsten Schritt machen würde, der über einen einfachen Kuss auf die Lippen hinausging. Seine Erinnerung verblasste und er blickte noch einmal zu seinem Vater auf bevor er schließlich unter Tränen aus dem Haus rannte, während ihm Kyren verzweifelt hinterher schaute. „Wie könnt Ihr so etwas sagen? Er hat sie nicht getötet! Er hat alles nur erdenkliche getan um ihr das Leben zu retten, ja sogar sein eigenes riskiert! Er hat es nicht verdient so beschimpft zu werden! Der Dämon Bell hat Alexandra umgebracht!“, schrie sie seinen Vater verständnislos an. „Was mischt du dich da ein, Kind? Du hast doch gar keine Ahnung um was es hier geht. Wäre Shane ein ganz normaler Junge geblieben wäre das nie passiert. Er ist Schuld an den Tod meiner Tochter und das weiß er auch. Er hat sie geliebt und das hat sie ins verderben getrieben.“, erwiderte er streng. „Was ist so falsch daran seine Schwester so gerne zu haben? Ich hatte nie Geschwister. Ich weiß nicht wie das ist, aber nur weil man sich mag ist es doch noch kein Grund jemanden aus seinen Haus zu verbannen.“, wehrte sie sich. „Du naives Kind. Du verstehst es nicht. Er hat sie wirklich geliebt! Er hat sie geküsst, wie kein Bruder seine Schwester küssen sollte! Er hat sie wirklich geliebt! Er wusste genau dass seine Triebe falsch waren und hat es dennoch getan. Er ist eine Schande für die ganze Familie!“, erklärte er ihr, worauf sie erstaunt zurücktrat und sich ihre rechte Hand vors Herz hielt. Sie konnte sich nur wenig vorstellen, wie so etwas wohl sein würde. „Wirklich geliebt? ... aber ... glaubt Ihr dann auch wirklich das ihn der Tod seiner Schwester nicht mindestens genauso Nahe geht wie Euch, wenn nicht sogar mehr. Shane ist ein wunderbarer warmherziger Halbelf, der sich immer für das Gute eingesetzt hat. Er hat mich und andere schon so oft gerettet ... und wer weiß wo ich heute stünde, wenn er nicht gewesen wäre. Er hat es nicht verdient so beschimpft zu werden. Schon gar nicht von Euch – seinem eigenen Vater, der seine Kinder eigentlich lieben und respektieren sollte. Shane hat vielleicht gar nichts Falsches getan. Dann hat er sich eben in Ihre Tochter geliebt. Es muss ihm schwer gefallen sein, damit all die Zeit zu Leben. Er hat das getan, woran er geglaubt hat. Er das getan was Ihr ihm beigebracht haben und das war ehrlich zu sich selbst zu sein.“, erwiderte sie zögerlich, aber entschlossen. „Pah, sieh dich doch an. Wer bist du? Was bist du?“, fauchte Mi’lan zurück. „Ich bin ...“, setzte sie an bevor er sie erneut unterbrach. „Du bist ein Kind, verdammt noch mal! Nichts anderes! Ich habe ihn niemals ein solch Verhalten gelehrt. Shane hat es verdient so behandelt zu werden. Er sollte sich schämen für das was er getan hat. Er hat Schande über unsere Familie gebracht und trägt nun das Blut seiner Schwester an den Händen. Das kann man nicht einfach wegreden!“, schrie er aufgebracht zurück. Resignierend das dieses Gespräch an jeglichen Sinn verlor, ging das Elfenmädchen schließlich enttäuscht zur Tür, bevor sie sich noch einmal umdrehte. „Wisst Ihr, mag sein das es nicht recht war was er getan hat, aber statt ihm zu helfen, habt Ihr ihn verstoßen als ob er nichts weiter als Abschaum wäre und nicht Ihr Sohn. Er wollte sogar ein Paladin werden, genau wie Ihr, doch das begreift Ihr ja scheinbar nicht. Er hat mir nur geholfen und mich beschützt, wie es von jedem Paladin verlangt worden wäre. Er hat mir die Familie gegeben, die ich verloren habe. Und trotzdem, hat er sie nach all dem was sie ihn bereits angetan haben, immer noch verehrt! Sie sind immer noch ein Held und ein Idol für ihn – Ein Vorbild! Langsam glaube ich DAS war sein Fehler und nicht seine … Gefühle. Er hat Alexandra nicht in den Tod getrieben – das wart Ihr, durch Ihre Ignoranz und Ihren fehlgeleiten Stolz.“, sagte sie und verließ ohne weitere Umschweife das Haus, während ihr seine Eltern wortlos hinterher sahen. Suchend lief Kyren noch eine Weile in der Gegend umher. Es war ihr schon fast egal was sich für eine traurige Geschichte hinter diesem Jungen verbarg. Und trotz allen was man ihr erzählt hatte, konnte sie einfach nicht glauben dass er ein schlechter Halbelf mit unreinen Herzen sein sollte. Hinter einem kleinen Waldstück entdeckte sie Shane schließlich an einen Abgrund sitzen, während er in den Sternenhimmel sah. Vorsichtig trat sie an ihn heran, doch er bemerkte sie recht schnell. „Er hat es dir gesagt, nicht wahr?“, meinte er leise, worauf sie stehen blieb und betrübt ihren Kopf senkte. „Ich habe alles verloren was mir etwas bedeutet hat. Ich habe keine Schwester mehr, kein Zuhause, niemand der mich liebt ... ich will ... ich kann nicht mehr. Von ... von hier aus geht es 50 Meter in die Tiefe. Am Ende warten Bäume und spitze Felsen. Ein Schritt und diese Qual hat ein Ende.“, sagte er und wischte sich einige Tränen aus dem Gesicht. „Nein! Sag sowas nicht! Das darfst du nicht! Dann ...“ ,erwiderte sie ihm aufgeregt. „Was dann? Es hat doch keinen Sinn mehr. Ich kann dich nicht vor Bell beschützen und mein Vater verachtet mich.“, schluchzte er weiter. „Es ist doch egal was du für deine Schwester empfindest oder was sie dir bedeutet hat. Deshalb bist du doch kein schlechter Halbelf. Was ist mit denen die du magst, denen die dich mögen?“, merkte sie an und hielt sich eine Hand vor die Brust. Wenigstens schaffte sie es mit diesen Worten er sich vom Abgrund erhob und auf sie zuging. „Ich habe immer nach meinem Platz in der Welt gesucht. Wer soll mich jetzt noch mögen?“, fragte er sich. „Was ist mit mir? Ich mag dich trotzdem. Bedeutet dir das etwa nichts?“, hakte Kyren nach. In diesen Augenblick fiel dem kleinen Mädchen ein Blick in Shanes Augen auf wie er ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Ihr Anblick rief so viele Emotionen in ihm hervor, dass er nicht wusste, wie er sie alle einzuordnen hatte. „Ich ... weiß nicht ... aber ... wahrscheinlich wäre es besser gewesen wir wären uns nie begegnet ... in mir schlummert etwas Düsteres, etwas dass meinen Verstand verdirbt. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, hätte dich nicht unter dem Wasserfall stehen sehen ... ich weiß auch nicht ...“, sprach er leise, ohne das es ihm wirklich bewusst war, was er da sagte. Kyren zuckte rotwerdend zurück und ihre Augen weiteten sich verblüfft. „Was sagst du da ....“, stotterte sie und erst da merkte er was er ihr das eben gestanden hatte. „Ähm ... nur von hinten!!! Oh nein ... das ... tut mir Leid ... das hätte ich nicht sagen sollen! Ich schwöre dir es war keine Absicht.“, stotterte Shane rotwerdend, dem das ganze sichtlich peinlich war. Er wendete sich verschämt ab, während seine Gefährtin schon wieder etwas erleichterter wirkte. „Es hat dir … gefallen was du gesehen hast? Und dafür schämst du dich, ja? ... weil du doch so viel für deine Schwester empfindest.“, meinte sie freundlich, doch er erwiderte ihr nicht mehr als ein leichtes Nicken um ihre These zu bestätigen. Obwohl sie sich einen Moment lang selbst schämte, tanzte sie kurz darauf kichernd hinter ihm herum. „Wie lustig. Du findest mich süüüß – du magst mich – du möchtest mich küssen.“, sang sie spaßig vor sich hin, denn in ihrer Naivität wusste sie nicht was seine Gedanken für sie bedeuteten. „Ja, das ist gerade nicht sehr hilfreich ...“, meinte er leise. „Du findest mich süüüß – du magst mich – du möchtest mich küssen.“, sang sie weiter vor sich hin. Es erleichterte sie in gewisser Weise, dass in Shane doch noch ein ganz normaler Junge steckte. Nachdenklich starrte der junge Halbelf zu Boden. Er fragte sich wie weit seine Zuneigung für das kleine Elfenmädchen wohl in Wirklichkeit ging oder ob er nicht immer mehr Alexandra in ihr sah. Er war sich nicht sicher ob er diese Gefühle einer Neigung, einer Gier zu verdanken hatte oder ob er wirklich so etwas wie Liebe empfinden konnte, wo er doch wusste das in ihm das Blut des toten Gottes Bhaal floss. Es war das Böse in ihm das ihn immer wieder verleitete. Er spürte das es ein Kampf war den er wohl nicht auf Dauer gewinnen konnte. Noch einmal atmete er tief ein und lauschte dem Gesang der Elfe. Doch wie konnte er für 2 Personen das gleiche empfinden, auch wenn nun eine von ihnen verstorben war? Als er sich darauf die Antwort gab sah er ein das er einen Fehler begangen hatte, für den das Elfenmädchen nichts konnte – einen Fehler den er nun wieder begehen würde. Nur dieses eine mal noch wollte er seine Schwester in ihr sehen und vergessen wer da wirklich vor ihr stand. „Du findest mich süüüß – du magst mich – du möchtest ...“, sang sie noch immer als er sich plötzlich zu ihr umdrehte, seine Arme um sie legte und ihr auf einmal einen sanften Kuss auf den Mund gab. Nur für einen Bruchteil einer Sekunde wollte sich Kyren dagegen wehren, doch schnell merkte sie, dass es ihr gar nicht unangenehm war. Röte stieg in ihr auf und sie genoss den kurzen Augenblick bis er wieder abließ und sich erneut von ihr abwendete. Völlig baff ging sie in die Knie und fasste sich ans Herz. So ein merkwürdiges wohlwarmes Gefühl hatte sie noch nie zuvor gespürt. Vorsichtig strich sich noch einmal langsam über die Lippen um zu realisieren was gerade eben passiert war. „Ich hoffe du bist zufrieden und gibst jetzt endlich Ruhe. Du hast was du wolltest.“, meinte er ungewöhnlich kühl und verschränkte die Arme. „Shane ... das war ... ich ...“, stotterte sie erstaunt von seiner Tat, doch diesen Satz vermochte sie nicht zu vollenden als plötzlich ein altvertauter Schatten über sie fiel. „Hab ich dich endlich gefunden, Elfe!“, kündigte sich Bell siegessicher an, die aus einem Wirbel aus Dunkelheit sprach, aus dem sie sich schließlich materialisierte. Blitzartig drehte sich Shane um und riss Kyren hinter sich. „Was? Bell?! Wie konntest du uns hier so schnell finden?“, fragte er erstaunt. Bell lächelte süffisant und vergönnt ihm keine Antwort. „Egal, dieses mal wirst du nicht so leicht davon kommen. Du wirst dafür büßen was du meiner Schwester angetan hast!“, fauchte er erzürnt. „Ha, die Dinge haben sich geändert. Dieses mal hast du keine Chance, Junge. Ich bin jetzt in voll besitzt meiner Kräfte. Damit bin ich eine Nummer zu groß für dich, du Wurm.“, tönte sie. „Das werden wir ja sehen!“, schrie er ihr entgegen und baute erneut eine extrem starke Aura um sich auf. Er ahnte nicht dass ihn die Verletzung an seinem Arm geschwächt hatte, was für den Kampf unerwartete Folgen haben würde. Blitzartig stürmte er auf die Dämonin zu, die seinen Schlägen und Tritten scheinbar mit Leichtigkeit ausweichen konnte. Schließlich gelang es dem Jungen einen Treffer zu landen, was Bell etwas zurückwarf, doch so schnell wollte sie dieses mal nicht aufgeben. „Arrr ... Genug gespielt! Nimm das!“, fauchte sie erzürnt zurück und streckte ihre Hand abweisend nach ihm aus. Eine gewaltiger Energiestoß trat aus ihrer Handfläche und traf ihn so stark das er fast bist zum Abgrund zurückgeschoben wurde. Hätte er seine Arme nicht abwehrend vor seinen Gesicht verschränkt, hätte es ihm wohl den Schädel weggefetzt. „Shane!“, kreischte die kleine Elfin panisch, die nur unweit von ihm entfernt stand. Sie sah wie ausgerechnet der Junge, der ihr den ersten Kuss ihres Lebens gab, schwer atmend am Abgrund stand und dabei war von Bell getötet zu werden, weil er sie verteidigen wollte. Noch nie hatte sie eine solche Angst um ihn, doch sie war wie erstarrt und konnte ihm nicht helfen. „Was? Du stehst noch?“, staunte die Dämonin als sie sah das er sich noch immer auf den Beinen hielt. Als er seine Arme leicht absenkte, merkte sie dass ihn die Kräfte verließen und seine Augen ganz leer wurden. Sein Körper drohte zusammenzubrechen, doch diesen Tod wollte Bell ihm nicht gönnen. „Ha, sieh dich an! Du bist jetzt schon Halbtot. Dann gebe ich dir jetzt halt den Rest!“, rief sie ihm entgegen und streckte ein weiteres mal ihre Hand aus. „NEIIIIIIIIINNNNNN!!!“, schrie Kyren unter Tränen dazwischen, doch da feuerte Bell ihm schon einen harten Windstoß entgegen, der mit voller Wucht traf, worauf er regungslos nach hinten kippte und langsam in die Tiefe stürzte. Shane spürte den Schmerz nur kurz. Im letzten Moment seines Bewusstseins sah er noch ein mal seine Schwester vor seinem geistigen Auge, die ihm entgegenlächelte. Er versuchte nach ihr zu greifen, doch dann verblasste seine Sicht und Dunkelheit sich vor sein inneres Auge setzte. Verzweifelt versuchte ihn Kyren noch zu erreichen und hechtete sich an den Rand der Klippe, doch alles was sie sah war wie der leblose Körper ihres Freundes in einer dichten Nebelschicht im Abgrund verschwand. „SHANE!!! NEIN!!!“, kreischte sie weinend hinterher und streckte flehend ihre Hand aus auf das er wieder nach oben fliegen würde, doch sie wartete vergebens. Stille beherrschte für einen Moment den Kampfschauplatz und alles was ihr blieb war das Stückchen Stoff was er sich wegen seiner Wunde von ihr um den Arm gebunden hatte. Es hatte sich während des Kampfes gelöst und wehte langsam Richtung Abgrund zu. Instinktiv griff sie danach und hielt es sich an die Brust. Betend blickte sie in den Nachthimmel, aber ihr Gefährte stieg nicht mehr aus der dicken Nebelschicht herauf. „Jammere nicht herum. Er ist tot und du wirst auch bald von deiner Existenz erlöst werden.“, meinte Bell ungerührt. „Nein ... das ist nicht wahr ... er kann nicht tot sein ... das darf er nicht ... er darf so nicht sterben ... er kann mich doch nicht einfach so zurücklassen.“, schluchzte die Elfe unter Tränen vor sich hin. „Es bricht mir das Herz.“, meinte die Dämonin höhnisch und näherte sich Kyren, die ihr plötzlich wütend entgegenblickte. „Du ... du Monster!“, verfluchte sie sie, doch Bell grinste ihr nur schadenfroh entgegen. „Keinen Schritt weiter!“, tönte es auf ein mal aus dem Wald hervor. Verwundert blickte sich die Dämonin um als Mi’lan in Rüstung und gezogenen Schwert aus dem Waldstück hinter ihr hervortrat. Sein Blick war der Blick eines alten Helden - voller Mut und Tatendrang. „Wer bist du denn?“, fragte sie verwundert nach. „Ich bin Mi’lan Richardson, Paladin des Höchst Ehrenwerten Orden des Stahlenden Herzens. Und du bist für den Tod meiner Kinder verantwortlich. Bei allen was rechtschaffend ist. Dafür werde ich dich vernichten.“, erwiderte er stolz. „Ach ja? Das werden wir ja sehen, alter Mann!“, fauchte sie und stürmte auf den tapferen Geisterjägerpaladin zu. Zu ihrem Entsetzen nahm dieser kurz Anlauf, sprang trotz seiner Rüstung Meterhoch und landete hinter ihr um ihr mit einer geschickten Körperwendung ihren rechten Arm abzuschlagen. Eine Aktion mit dem die Dämonin nicht gerechnete hatte. Ein weiterer Schwerthieb durchbohrte ihre Schulter. Schäumend vor Wut sprang sie auf Abstand und führte ihren Arm über einen Zauber wieder ihren Körper an. Diese Aktion schien ihr bereits etwas Kraft gekostet zu haben, denn sie wirkte nicht mehr ganz so frisch wie gegen Shane. Voller Zorn schleuderte sie ihm eine Feuerwelle entgegen, die er jedoch mit einem Schwertwirbel verpuffen ließ. Die Anstrengungen des Kampfes waren Bell nun deutlicher anzusehen. Ihre Kräfte schienen zu schwinden und sie musste einsehen sich übernommen zu haben. „Verdammt! Du bist sehr stark, alter Mann. Dieses mal bist du noch davon gekommen, aber wir sehen uns wieder ... Prinzessin.“, drohte sie und verschwand im dunklen Himmel der Nacht. Beruhigt wendete sich Mi’lan der Elfe zu und versuchte seine Trauer zu verbergen. „Du hattest Recht mit dem was du gesagt hattest. Es tut mir Leid. Es tut mir nur noch viel mehr Leid das ich ... ich zu spät kam … das ich es meinen Sohn nicht mehr sagen kann.“, sagte er dem Tränen nah und trottete auf dem Abgrund zu. Mi’lans Miene war verbittert, wissend das sein falscher Stolz nun beide seiner Kinder getötet hatte. Noch ein mal wischte sich Kyren ein paar Tränen aus den Gesicht. „Können wir Shane nicht irgendwie wiedererwecken?“, schluchzte sie hoffnungsvoll, doch der ernste Blick des großen Helden machte ihre wenig Mut. „Ich fürchte nicht. Shane wurde bereits gezeugt als in mir noch die Essenz Bhaals schlummerte. Ich habe sie ihm vererbt. Sein Blut ist das Blut Bhaals. Nur leider können weder Halbgötter noch Götter so einfach wieder zum Leben erweckt werden. Außerdem ist es leider so, dass, wenn man durch die Hand oder durch die Macht eines Dämons stirbt, man für immer im Nichts verloren geht. Seine Seele ist nicht im Jenseits oder in der Hölle, sie ist im unendlichen Nichts und kann von dort nie wieder entkommen.“, erklärte er mit bitterer Stimme. „Ein Bhaalkind ...“, wisperte sie atemlos, wohl weil ihr das ganze Ausmaß dieses Begriffes nicht gleich bewusst war. Erst langsam realisierte sie was Shane damit meinte wenn er sagte dass eine böse Macht in ihm schlummerte und obwohl er ein Abkömmling des böses Gottes Bhaal sein sollte, empfand sie tiefe Trauer für ihn. „Komm, ich bring dich zu mir nach Hause. Bei mir bist du erst einmal sicher. Ich denke morgen werden wir weiter sehen.“, schlug Mi’lan vor, denn er wusste das es für sie am besten war sie von diesen Ort wegzubringen. Nickend willigte sie schließlich ein und ließ sich an die Hand nehmen. Noch ein letztes mal blickte sie in die Schlucht hinab. Jeder Gedanke an ihren Gefährten brachte nur noch weitere Tränen heraus. „Wir ... werden ... sein dahinscheiden ... durch unsere künftigen Taten würdigen.“, schluchzte sie noch bevor sie den Schauplatz letztendlich der Stille der Nacht überließ. Kalte und unheimliche Winde fegten über das Hochland der Avariel. Winde die bis tief unter die Nebelschichten und Täler ihres Landes gingen. Langsam bildete sich eine Lücke zwischen den dichten Nebelschichten und gaben die Sicht von dort zum Nachthimmel frei. Der strahlende Vollmond funkelte in eine kleine Lache aus Blut, die langsam Tröpfchenweise gefüllt zu werden schien. Noch immer zuckte der Körper aus der das Blut kam ein wenig. Ächzende Laute gingen vom sterbenden Körper des Halbelfen aus, der genau spürte das ihn dieser Sturz auf einen breiten Felsen sämtliche Knochen zertrümmerte hatte und doch hörte sein Herz nicht auf zu schlagen. Er sah das es nicht das Licht des Jenseits war das ihn zu locken versuchte, sondern nur der Mond auf seinen verletzten Körper herabschien. Nur ein einziger Gedanke hielt ihn noch am Leben, doch mit jeder Minute verblasste dieser mehr und mehr. Seine kürzen röchelnden Atemzüge ließen seine Lunge förmlich aufbrennen und doch brachte er die Kraft auf eine letzte Träne zu vergießen. Er merkte nicht dass ihm sich eine merkwürdige Gestalt in einer dunklen Robe näherte. Trotz des sterbenden Wesens, was der Fremdling vor sich erblickte, huschte ein Lächeln unter seiner dunklen Kapuze hervor ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)