Delilah – Die Liebe einer Wölfin von Darklover ================================================================================ Kapitel 10: 10. Kapitel ----------------------- „Also lass mich das jetzt noch mal kurz zusammenfassen.“ Delilah bückte sich nach einem kleinen, etwa handtellergroßen Stein und drehte ihn anschließend in ihren Händen, während sie den Blick über den kleinen Fluss hinaus in die weite Ebene einer Graslandschaft bis zur Silhouette einer Bergkette wandern ließ. „Ihr habt zwar eine kleine Ranch, die für meine Begriffe immer noch beachtliche Ausmaße annimmt, seid aber schon seit zwei Generationen Mechaniker und lasst deshalb andere Rancher einen Teil eures Landes als Pacht bewirtschaften. Warum habt ihr euch denn gegen die Landwirtschaft entschieden?“ Sie hob fragend eine Augenbraue und sah zu dem Mann an ihrer Seite hoch, der ebenfalls einen Stein in den Händen hielt. „Nicht, dass ich mir dich beim Kuhmelken vorstellen könnte.“ Sie grinste, da sie es sich doch irgendwie vorstellen konnte und die Szene vor ihrem inneren Auge ein Bild für Götter war. „Mann, da tust du mir jetzt aber Unrecht. Ich hab schon so einige Kühe bearbeitet, nur eben keine tierischen.“ James wagte es auch noch, dabei schweinisch zu grinsen, doch bevor sie ihm dafür in die Seite boxen konnte, holte er mit seinem Arm Schwung und schleuderte den flachen Stein übers ruhige Wasser, so dass dieser mehrmals auf der Oberfläche des Flusses aufkam und schließlich mit einem dumpfen Laut unterging. Delilah wollte es ihm nachmachen, doch ihr Stein ging sofort mit einem fast schon verhöhnenden Laut unter. Sie war in der Stadt groß geworden. Sie hatte irgendwie gar nichts anderes erwartet, dennoch bückte sie sich nach dem nächsten Stein und versuchte dieses Mal einen besonders flachen zu finden, während James sich endlich zu einer Antwort durchringen konnte. „Wir sind Werwölfe und da liegt es nahe, dass wir nicht wirklich fürs Kühehüten gemacht sind. Aber einmal davon abgesehen, starb unser Grandpa noch vor unserer Geburt und Dad hatte schon immer ein großes Interesse an Autos. Nicht unbedingt was das Fahren angeht, sondern mehr was unter der Haube steckt, die Idee dahinter und wie sie umgesetzt wird. Technisches Interesse eben.“ James forderte sie mit einem Blick dazu auf, endlich ihren Stein zu werfen und Delilah kam dem nach, obwohl sie mehr an dem Gehörten interessiert war. Auch dieses Mal landete ihr Stein beim ersten Mal im Wasser, was sie nicht weiter wunderte, also richtete sie ihre Aufmerksamkeit lieber wieder auf ihren Begleiter. „Dann habt ihr wohl die Mechaniker-Gene von ihm geerbt.“ Und die nächste Generation von McKenzie-Mechanikern wuchs bereits heran. Oh Gott, allein der Gedanke... „Und wieso hat euer Vater dann trotzdem die Ranch behalten? Ich kann mir vorstellen, dass sie auch so noch viel Arbeit macht, die ihr zusätzlich zu eurer Werkstatt schaffen müsst.“ Dieses Mal ließ sich James mit einer Antwort Zeit, während er sich auf den Boden hockte und nach weiteren flachen Steinen suchte. Drei davon drückte er Delilah schließlich in die Hand, die anderen beiden behielt er für sich. „Versuch den Stein mit nur drei Fingern festzuhalten und so flach wie möglich übers Wasser zu schießen. Etwa so.“ Er zeigte es ihr noch einmal vor und dieses Mal sprang sein Stein sogar viermal über die spiegelnde Oberfläche, ehe er versank. Wieder sah James sie auffordernd an und wieder ging ihr Versuch daneben. Aber anstatt die Geduld zu verlieren, lächelte er nur. „Die meiste Arbeit erledigen die anderen Rancher, an die wir den größten Teil des Landes verpachtet haben. Das bringt und sowohl Zeit als auch Geld und was den Rest angeht, so kannst du mir glauben, dass D und ich ab und zu ganz froh sind, einmal aus der Werkstatt raus zu kommen. Das ist auch der Grund, wieso Dad die Ranch behalten hat. Die Wiesen zusammen mit dem Wald sind ideal, um sich mal im Pelz austoben zu können und nicht gleich fürchten zu müssen, als Wildbret im Sun River Diner zu landen.“ „Und du meinst, das bringt was? Ich bin mir ziemlich sicher, dass euch einige Provinztussis sicher auch so zum Anbeißen finden.“ Delilah schenkte James ein gutmütiges Lächeln, woraufhin er ihr breit grinsend einen sanften Knuff in die Seite gab und somit ihren nächsten Wurf verpfuschte, der vermutlich ohnehin wieder nichts geworden wäre. Langsam begann es sie nun doch zu frustrieren. Bei ihm sah es immer so leicht aus! „Bist du dir sicher, dass nur die hiesigen Provinztussis dieses Verlangen spüren?“ James trat dicht hinter sie, drückte ihr den letzten Stein in die Hand und korrigierte ihren Griff solange, bis er damit zufrieden war. Er war so verdammt nahe, dass sie die Wärme seines Körpers in ihrem Rücken spüren konnte und sein Duft so herrlich intensiv in ihre Nase stieg, bis ihr tatsächlich beinahe das Wasser im Munde zusammen lief, als wäre das ihre Antwort. Dennoch hielt sie still und ließ sich nichts anmerken, während seine Fingerspitzen ihren nackten Arm entlang strichen und ihn im richtigen Winkel ausrichteten. Jeder von ihm berührte Zentimeter Haut schien dabei zu prickeln. Delilah war sich ziemlich sicher, dass sie gerade das Verlangen hatte, ein bisschen an James zu knabbern. Gott, wie schaffte er es nur immer, dass ihre Sorgen und Ängste von einer Sekunde auf die andere so weit in den Hintergrund rückten, als wären sie nur mikroskopisch klein und würden nicht wie ein Damoklesschwert ständig über ihrem Kopf bzw. über ihre Bauch schweben? „Also?“ Er hauchte es gegen ihr Ohr und war dabei so nahe, dass seine Lippen beinahe ihre Haut berührten. Dabei legte sich seine andere Hand auf ihren Bauch. Beinahe hätte sie den Stein fallen gelassen, doch James umschloss Delilahs Hand genau in diesem Moment und ihr gefror der Atem in der Brust, während ihr Herz wie wild zu rasen begann. Der schier unerträgliche Drang sich an ihn zu schmiegen, seine Arme um ihren Körper zu schlingen und sich von ihm beschützen zu lassen, war so gewaltig, dass sie sich keinen Millimeter mehr rühren konnte in der Angst, diesem Verlangen am Ende zu erliegen. Und doch war da dieses Ding unter seiner Hand, das sie davon abhielt. „Bitte...“ Es kam ihr nur geflüstert über die Lippen und Delilah konnte keinen Moment später mehr sagen, was diese Bitte eigentlich enthielt. Vielleicht den Wunsch, er würde ihren Gedanken endlich folgen, oder der verzweifelte Versuch, wieder etwas Abstand und sichereren Boden unter ihren Füßen zu gewinnen. Sie wusste es einfach nicht. James nahm ihr die Entscheidung am Ende ab, in dem er mit ihr zusammen den Arm zurück zog, ausholte und mit Schwung den Stein warf, so dass er zweimal über die Wasseroberfläche hüpfte und dann verschwand. Delilah empfand keine Freude deswegen. James hatte sie sofort losgelassen und war zurück getreten. Sie fühlte sich plötzlich verdammt einsam und allein, obwohl er immer noch da war. „Komm. Ich zeig dir meinen Lieblingsplatz.“ Damit drehte er sich um und ging. Er blickte nicht einmal zurück, um zu sehen, ob sie ihm überhaupt folgte. Doch das tat sie, wenn auch erst nach kurzem Zögern. Von einem breiten Deckenbalken hing ein verstaubtes und zerrissenes Spinnennetz und bewegte sich leicht im Wind. Irgendwo in der Nähe brachte sich eine Feldmaus in Sicherheit und im verwitterten Gebälk der windigen Holzhütte waren mehrere Holzwürmer dabei, ihr Zuhause noch weiter auszubauen. Es war angenehm warm und trocken. Selbst nach dem heftigen Niederschlag von gestern und es duftete. Gott, wie sehr es hier duftete! Langsam drehte Delilah sich zur Seite, um James ansehen zu können, der gedankenverloren an die Decke starrte, nachdem sie bisher nichts zu seinem Lieblingsplatz gesagt hatte. Dabei lagen sie hier schon eine ganze Weile in gemütlichen Kuhlen aus Heu, von fremden Blicken durch noch mehr Heu abgeschirmt. Und genau das war wohl auch der Grund, wieso dieser Mann so gut nach getrockneten Wildblumen roch. Delilah kannte sich zwar nicht wirklich damit aus, aber das hier musste ein ganz besonderer Schnitt gewesen sein. Fast hätte sie James auf diese Erkenntnis angesprochen, doch sie ließ es am Ende bleiben, schloss ihren Mund wieder und bettete ihren Kopf auf ihren Arm, während sie ihn beobachtete. Die Sonne ließ seine kurzen Haare rötlich erscheinen, so dass sie mehr einem Kastanienbraun glichen und seit ihrer ersten Begegnung war er um eine Spur brauner geworden. Delilah vermutete, dass in der Zeit dazwischen auch hier der Sommer endgültig Einzug gehalten hatte und die Brüder wieder etwas mehr draußen zu tun hatten. Sicher wusste sie es natürlich nicht. „Ich frage mich die ganze Zeit, was dich so niederdrückt.“, begann er vollkommen unvermittelt zu sprechen, ohne den Blick von der Decke zu nehmen. Sofort schlug Delilah die Augen nieder und zog sich auch Emotional wieder vollkommen in sich zurück. Sie konnte es ihm nicht sagen. Noch nicht. „Ich habe dich noch nie so ... so verletzlich gesehen, selbst dann nicht, als dieser verdammte Wichser dich halb tot geprügelt hat.“ Sie erinnerte sich noch sehr lebhaft an den schweren Stiefel in ihrem Gesicht und zuckte zusammen. „Delilah, ich muss es wissen. Hat ... hat dir jemand wehgetan? Musstest du deshalb von dort weg, wo du hergekommen bist?“ James hatte sich zu ihr gedreht und seine Augen ruhten auf ihrem Gesicht. Sie spürte es genau, aber sie konnte ihn nicht ansehen, dafür aber umso deutlicher die Ernsthaftigkeit und Sorge in seinen Worten hören. Mit zittriger Hand zupfte sie einen Halm aus dem zusammen gedrückten Heu und begann ihn nervös zwischen den Fingern hin und her zu drehen. Sie schüttelte schwach den Kopf, während die Welt vor ihren Augen schon wieder zu verschwimmen drohte, als wäre in ihr seit beginn dieser Schwangerschaft ein Damm gebrochen, den sie einfach nicht mehr kitten konnte. Verzweifelt kämpfte sie gegen die Tränen an und spürte doch im nächsten Moment, wie sie ihr heiß über die Wangen liefen, gefolgt von James’ Hand, die sie sanft berührte. Er hatte sich weiter zu ihr gebeugt und zwang sie dadurch regelrecht dazu, ihn anzusehen. „Bitte, James... I-Ich kann... Ich kann einfach nicht... Ich-“ Es war kaum mehr als ein Flüstern. „Was, Deli? Was kannst du nicht?“ Sein Blick, seine im Sonnenlicht honigfarbenen Augen durchdrangen sie, drängten sie, verlangten nach einer Antwort. Sie drohte daran zu zerbrechen und wenn das geschah, dann würde sie wie ein zerbrochenes Gefäß den verborgenen Inhalt – ihr Geheimnis – preisgeben. Aber sie hatte Angst. So gewaltige Angst, dass er sie dann davon jagen würde. Dass sie endgültig auf der Straße landen und sich vielleicht nie wieder von dieser Zurückweisung erholen würde. Sie könnte es nicht ertragen, noch einmal so in Stich gelassen zu werden. Bei diesem Gedanken stieg plötzlich Panik in ihr auf. Sie durfte das nicht zulassen! Sie durfte keinen der Brüder zu nahe an sich heran lassen! Wenn sie es tat, würde alles am Ende nur noch unerträglicher werden!! „Nein!“ Mit einem Ruck riss sie den Kopf zurück, um James’ Hand zu entkommen, die viel zu warm und angenehm ihre Haut berührt hatte. Delilah warf sich im Heu herum, um so schnell wie möglich Abstand zwischen sich und ihn zu bringen, doch da packten große Hände sie, zogen sie unerbittlich zurück und an eine warme Brust, während sie sich heftig zu wehren begann. Sie war ein Gestaltwandler. Sie war stärker als eine gewöhnliche Frau aber für einen Werwolf nicht stark genug. Dennoch gab sie nicht auf. Delilah rammte James in ihrer Verzweiflung ihren Ellenbogen in den Magen – was ihn aufkeuchen ließ – und zielte bereits unter die Gürtellinie, ehe er sie so zu fassen bekam, dass seine Beine sich um ihre wickelten und sie vollkommen bewegungsunfähig wurde. Zunächst versuchte sie trotzdem noch, sich zu befreien, doch schließlich gab sie ihren Widerstand auf und ließ es geschehen, während noch mehr Tränen über ihre Wangen liefen. Erst nachdem James sich sicher war, dass sie ihm nicht mit einer ruckartigen Kopfbewegung die Nase oder den Kiefer brach, drückte er sanft sein Kinn gegen ihr Haar und lockerte seinen Griff etwas. „Schon okay. Du musst es mir nicht sagen und auch nicht jetzt. Aber du musst diesen Scheiß so bald wie möglich rauslassen, bevor er dich noch mehr auffressen kann, okay?“ Er flüsterte es nur, während sein Daumen über ihren Handrücken streichelte. „Bitte lass dich nicht so davon fertig machen. Ich bin nämlich gar nicht gut im Umgang mit weinenden Frauen.“ Delilah lachte leise und ein bisschen hysterisch, aber sein hilfloser Tonfall half ihr tatsächlich etwas. Ebenso wie sein beschützender Griff. Sie hatte sich wirklich wild gebärdet und ihn nicht geschont, dennoch hatte er ihr kein einziges Mal wehgetan. Auch jetzt tat er es nicht. Ganz im Gegenteil. Seine Berührung war warm und obwohl sie so ungewohnt war, hatte sie das Gefühl, sich nur allzu schnell daran gewöhnen zu können. Eine Weile rührte sich niemand, nur James’ Daumen strich unablässig über ihren Handrücken, während ihre Tränen ebenso schnell versiegten, wie sie gekommen waren. Delilah hasste es, wegen der Schwangerschaftshormone ein emotionales Wrack zu sein, aber es würde vorbei gehen. Wenn sie Glück hatte sogar schon bald, nachdem ihr Körper sich endgültig umgestellt haben würde. Als Delilah den nächsten Schritt im Kopf mit sich selbst lang und breit ausdiskutiert hatte, löste sie sich etwas aus James’ Griff - wobei er sie dieses Mal ohne zu zögern los ließ – drehte sich zu ihm herum und kuschelte sich an seine breite Brust, um ihr Gesicht in seinem T-Shirt zu verbergen. Hier war sein Geruch am intensivsten und jagte ihr zugleich einen warmen Schauer den Rücken hinab, gefolgt von einem vagen Zittern, als er erneut die Arme um sie schlang und sie noch näher an sich heran zog. Nun streichelte er ihren Rücken hinab, kraulte ihren Nacken und war so unerwartet zärtlich, wie sie es eigentlich nicht von einem Mann gewohnt war. Schon gar nicht von einem, der ansonsten immer die große Klappe aufriss und den Breiten markierte. Langsam begann Delilah zu glauben, dass das nur einen Teil seiner Persönlichkeit darstellte und es da noch sehr viel mehr zu entdecken gab. Von dieser Erkenntnis ermutigt, zog sie ihre Hände zwischen ihren Körpern hervor und strich zögerlich mit ihren Fingerspitzen über James’ Seiten. Da er jedoch keine Anstalten machte, sich deswegen irgendwie anders zu benehmen oder ihr auszuweichen, berührte sie ihn schließlich mit der ganzen Hand. Zuerst die Hügel und Täler seiner Seiten entlang und dann nach hinten, über seinen Rücken hinauf zu seinen Schulterblättern, wo sie ihre Finger gegen seine Muskeln drückte, um sich an ihm fest zu halten, während sie sich von sich aus noch etwas in die Länge ausstreckte, um diesem Mann noch näher kommen zu können. Ihr Ohr lag flach auf seiner Brust und während sie unter seinem Arm hindurch einen Lichtstrahl im Heuhaufen betrachten konnte, hörte sie seinen kräftigen Herzschlag, der verräterisch schnell für einen ruhenden Körper ging. Aber bei weitem nicht so schnell, wie ihr eigenes Herz schlug. Delilah spürte, wie James seine Nase in ihr Haar drückte und tief die Luft einsog. Einen Moment lang behielt er den Atemzug in seinen Lungen, ehe er ihn langsam wieder entließ und sich dabei merklich entspannte. Seine ganze Haltung begann lockerer zu werden und je mehr sie das tat, umso mehr wurde ihr bewusst, dass diese Situation auch für James nicht so leicht sein konnte, wie sie gedacht hatte. Obwohl er so gut damit umging. „Ich musste meine Wohnung aufgeben.“, gestand Delilah ihm schließlich ganz leise und ihr Herz schien dabei noch einen Gang höher zu schalten. Doch James blieb auch dabei völlig ruhig. „Meinen Job ebenfalls, was heißt, dass ich jetzt obdachlos bin.“ Sie seufzte und wunderte sich selbst darüber, wie leicht es ihr fiel, zumindest das zuzugeben. Vielleicht, weil es für sie nichts allzu Neues war, nur die Enttäuschung darüber war dieses Mal anders. Größer und frustrierender. „Nein, bist du nicht.“ James widersprach ihr so selbstsicher, dass sie nun doch den Blick heben und ihn fragend ansehen musste. Beinahe bereute sie es. Der Ausdruck seiner Augen bohrte sich tief in sie, an einen Ort, wo es nur selten jemand hin schaffte und ein unergründliches Gefühl erfüllte ihren Bauch und den Rest ihres Körpers. Delilah begann sich wieder unbehaglich zu fühlen, dieses Mal war es jedoch irgendwie anders als sonst. „Bin ich nicht?“, hakte sie nach, bis sie sich ins Gedächtnis rief, dass sie sich mit ihren Lebensumständen wohl besser auskannte als er. Also wiederholte sie es noch einmal mit fester Stimme: „Doch bin ich.“ Nun begann er ob so viel Sturheit zu lächeln und schüttelte dreist den Kopf. „Nein, denn du bist jetzt hier und du kannst solange bleiben, wie du brauchst, bis du wieder auf die Beine, oder sollte ich besser sagen, auf die Pfoten kommst. Das würde ich nicht gerade als obdachlos bezeichnen.“ Meinte er das ernst? „Aber... Ich habe keinen Job! Ich kann euch nicht einmal Unterhalt bezahlen!“ James zuckte wenig beeindruckt davon mit den Schultern. „Wenn das alles ist, worüber du dir Sorgen machst, können wir gerne einen Deal machen, wenn du dich dann besser fühlst.“ Einen Deal? Doch nicht etwa... Nein! Auch wenn sie die Jungs gern hatte und sogar von ihnen schwanger war, sie würde sich nie mehr in ihrem Leben dazu herablassen, körperliche Gefälligkeiten gegen ein Dach über den Kopf und drei warme Mahlzeiten am Tag einzutauschen. Lieber verhungerte sie unter einer Brücke! „Was auch immer du dir gerade für einen Mist durch den Kopf gehen lässt, lass es bleiben, bevor ich mich noch beleidigt fühlen muss. Ich habe von einem Deal gesprochen und nicht dein Erstgeborenes als Opfer verlangt.“ Delilah erbleichte, ehe sie sich hastig von James losmachte und auf Abstand ging, was ihr einen saftigen Fluch von ihm einbrachte, als er ihren Gesichtsausdruck sah. „Verdammt, Deli! Was hab ich jetzt schon wieder Falsches gesagt? Du siehst mich an, als würde ich dich gleich killen.“ Sie brachte keinen Ton hervor, sondern starrte ihn einfach weiter an, was ihm noch einen weiteren derben Fluch entlockte, ehe er sich aufsetzte, einmal tief Luft holte und sich übers Gesicht fuhr, als müsse er sich sammeln. Was offenbar wirkte, denn als er dieses Mal den Mund aufmachte, war er wieder ruhig: „Hör zu. Machen wir es doch einfach so – du kannst so lange hier wohnen wie nötig, aber dafür will ich, dass du dich mit mir zusammen in die Küche stellst und kochen lernst. Du hast selbst gesagt, dass es dir bisher keiner hat beibringen wollen und ich finde das als Gegenleistung gar nicht schlecht. Immerhin könnte dann einmal die Chance bestehen, dass ich dann nicht von D aufgezogen werde und glaub mir, so einfach sich das jetzt für dich anhört, du wirst mich noch oft genug verfluchen, wenn du dir nur oft genug in die Finger schneidest. Gewöhn dich besser daran. In den nächsten Wochen wirst du mehr Pflaster als Finger an den Händen haben.“ War das sein ernst?, fragte sie sich schon wieder, während Delilah James’ Gesichtsausdruck genau musterte. Es lag keine Lüge in seinen Augen und auch nicht in der Luft. Sie hätte Unehrlichkeit gewittert. Da war sie sich sicher. Aber wenn er das wirklich ernst meinte, dann hatte sie ihn gerade automatisch wie alle anderen Männer in eine ganz finstere Schublade gesteckt und dass vollkommen zu unrecht. Scheiße. „Entschuldige, wegen meiner Reaktion von vorhin, aber manchmal bin ich einfach nur eine blöde Kuh. Der Deal klingt toll, auch wenn ich nicht wirklich sehen kann, was du davon haben solltest.“ Da war es wieder. Er lächelte. „Wie schon gesagt, ich hab schon so einige Kühe in meinem Leben bearbeitet, aber du gehörst definitiv nicht dazu.“ Er streckte seine Hand aus und hielt sie ihr hin. „Haben wir einen Deal?“ Delilah erwiderte sein Lächeln langsam und packte seine Hand. „Ja, wir haben einen Deal.“ James sollte Recht behalten, denn sie war tatsächlich irgendwie erleichtert deswegen. Aber auch darüber, dass er sie tatsächlich hatte positiv überraschen können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)