Worldtraveler ~Ver. 2~ von Dark-Yuki ================================================================================ Reise 1 "Training" - Tag 2-30 ~Fortschritte~ -------------------------------------------- Reise 2: „Training“ Tag 2 bis 30 – Fortschritte 5. März 2012 Jemand ruckelte Yuki sanft an der Schulter. Sie grummelte, doch das hielt die Person nicht davon ab, weiter an ihr zu ruckeln, bis sie schließlich müde die Augen öffnete. „Ich soll Euch wecken“, flüsterte eine weibliche Stimme. „Häh?“ Yuki richtete sich auf und schaute einer Elfe ins Gesicht, die ein Dienstmädchenkleid an hatte. So wie die Dienstmädchen, die man immer in japanischen Animes zu Gesicht bekam. Es war noch dunkel und Eissi regte sich noch nicht einmal ansatzweise. „Ich warte draußen auf Euch.“ Mit diesen Worten verschwand die Bedienstete und Yuki ging schlurfend ins Bad. Sie hatte kaum geschlafen und dementsprechend sah auch ihr Gesicht wahrscheinlich aus. Sie machte im Bad einige der großen Kerzen an, die verteilt herum standen. Strom war in Albenmark anscheinend noch nicht so beliebt. Als sie eine Kerze an einen der Spiegel stellte, sah sie, dass sie kleine Augenringe hatte. „Super, so kann ich hier nicht herum laufen!“ Sie wusch sich das Gesicht und putzte sich die Zähne, dann kramte sie Eissi’s Make-Up heraus und beschmierte damit ihr komplettes Gesicht, um die Augenringe zu verbergen. Als sie mit dem Ergebnis zufrieden war, schaute sie sich um und suchte ihre Klamotten, als sie im Bad nicht fündig wurde, schlich sie mit einer der Kerzen leise ins Zimmer, um Eissi nicht zu wecken. „Toll… Ich muss in aller Herrgottsfrühe raus und sie pennt. Das ist echt gemein.“ Sie entdeckte ihre Wäsche auf einem Stuhl. Sogar ihre normalen Klamotten, die sie trug, als sie hierher kam, waren frisch gewaschen. Sie zog ihre Trainingsklamotten an, schnürte ihre Stiefel zu und legte ihr Schwert um. Dann gab sie Eissi noch einen Kuss auf die Wange, woraufhin diese selig lächelte. Anschließend ging Yuki nochmal ins Bad und band sich ihre Haare zusammen. Sie machte alle Kerzen wieder aus und bemerkte, dass ihre Augen leicht zu schimmern schienen. „Seltsam, war das schon immer so?“ Aber das war jetzt egal. Leise schlüpfte sie aus der Zimmertür und schloss sie so leise wie möglich hinter sich. „Ich führe Euch in die Küche, damit ihr noch etwas essen könnt.“ „Wie spät ist es?“ „In etwa zwei Stunden geht die Sonne auf.“ Yuki gähnte und reckte sich. Lange würde sie das sicherlich nicht durchhalten. Sie folgte der Elfe durch Burg Elfenlicht. Um diese Zeit liefen fast ausschließlich Bedienstete herum, sowohl Elfen, als auch Kobolde. Nach einiger Zeit kamen sie in einem großen Raum, der in der Mitte von einem riesigen Holztisch gesäumt wurde, an dem links und rechts Holzbänke standen. „Wie in einem Bierzelt beim Public Viewing zur Fußball-WM…“ Yuki schaute sich weiter um und fand an drei Wänden mehrere Küchenzeilen mit Feuerstellen vor, wo überall Töpfe vor sich hin köchelten. Die Elfe bedeutete Yuki sich zu setzen und sie ließ sich auf eine der Bänke fallen und stützte den Kopf auf. Sie musste ernsthaft kämpfen ihre Augen offen zu halten. Die Elfe kam mit einer Schüssel mit roter Suppe und Kräutern zu ihr und stellte sie auf den Tisch. „Hier, das wird Euch für den Tag stärken.“ Yuki zog die Schüssel kommentarlos zu sich heran und rührte gedankenverloren mit dem Löffel darin herum. „Wenn Ihr erlaubt, empfehle ich mich jetzt.“ „Kannst du noch warten bis ich fertig bin und mich dann aus diesem Palast heraus führen?“ Die Elfe nickte lächelnd und setzte sich Yuki gegenüber an den Tisch und wartete geduldig. Während Yuki die ersten Löffel Suppe in sich hinein schob, blickte sie kurz auf und sah die Elfe an. „Warum arbeiten hier eigentlich Kobolde?“ „Nunja. Sie sind kleiner und flinker. Vor allem aber sind sie zahlreicher, als wir Elfen. Für Dienstarbeiten sind sie wie geschaffen.“ „Also sind es wie Sklaven?“ „Wir behandeln sie ja nicht schlecht. Also nicht alle Elfen. Da es aber immer mal wieder zu negativen Ereignissen kommt, mögen Kobolde uns nicht besonders.“ „Warum arbeiten sie dann noch hier?“ „Weil Königin Emerelle es so will.“ Die Elfe sagte dies mit einem Unterton der signalisieren sollte, dass das Gespräch damit beendet war. Yuki nickte daraufhin nur und löffelte ihren Rest Suppe aus. Sie war tatsächlich etwas wacher und fragte sich, ob in der Suppe Traubenzucker oder so etwas war, was den Kreislauf in Schwung brachte. Die Bedienstete räumte ihre Schüssel weg und begleitete Yuki aus der Burg hinaus. Die ersten Meter ging Yuki noch ganz normal. Als sie außer Sichtweite der Burg war, lief sie zunächst schneller, bis sie in einen leichten Trab gelangte. Aber schon nach wenigen Metern musste sie wieder normal gehen und verfluchte ihre mangelnde Ausdauer. Sie erreichte die Shalyn Falah und ging vorsichtig darüber, während im Osten die Sonne aufging. Über die Ebene lief sie wieder schneller und schaffte es diesmal etwas länger. Dafür musste sie eine kurze Pause einlegen. Da sie bereits auf dem Rücken leicht schwitzte fragte sie sich, ob hier Sommer war. Sie ging weiter und als sich ihr Atem wieder beruhigt hatte, lief sie wieder schneller. Das wechselte sich noch einige Male ab und als sie endlich die Lichtung erreicht hatte, war die Sonne schon komplett aufgegangen. Yuki schaute sich um, doch Ollowain konnte sie noch nicht entdecken. „Aber mich total früh aus dem Bett jagen…“ Yuki nahm ihr Schwert ab und legte es neben sich ins Gras. Dann setzte sie sich im Schneidersitz hin und schloss die Augen. Sofort sah sie vor ihrem geistigen Auge ihre rote Flamme. Sie brannte ruhig und Yuki hatte das Gefühl, als könnte sie es jetzt schaffen. Plötzlich hörte sie im Dickicht ein Geräusch. Die Flamme flackerte kurz unruhig, doch Yuki wollte sich nicht ablenken lassen, so kurz vor dem Ziel. Es wird wohl sowieso nur Ollowain sein, daher machte sich Yuki keine weiteren Gedanken darüber. Als jedoch etwas Flüssiges auf ihren Kopf tropfte, hatte sie die Kontrolle vollends verloren. Die Flamme flackerte unruhig herum und wurde größer. Yuki öffnete schwach die Augen und schaute auf etwas großes Graues. Sie ließ den Blick höher gleiten und wurde blass. „Das… ist nicht wahr…“, flüsterte sie. Vor ihr stand augenscheinlich ein Troll und in diesem Moment stieß er ein markerschütterndes Gebrüll aus. Yuki griff nach ihrem Schwert und rappelte sich auf. Der Troll hatte eine riesige Holzkeule in seiner Pranke und holte damit aus. Yuki malte sich gar nicht erst eine Chance aus. Sie rannte einfach los und spürte die Erschütterung in ihren Beinen, die die Keule ausgelöst hatte, als sie auf den Boden aufschlug. Sie drehte sich nicht um, hetzte nur durch den Wald. Hauptsache weg von diesem Untier. Der Troll verfolgte sie und holte erstaunlich schnell auf. Yuki schnitt sich an Dornen das Gesicht auf, doch darum konnte sie sich nicht kümmern. Sie wurde so schon extrem durch die Pflanzen behindert. Der Troll schlug sie einfach nur zur Seite. Yuki spürte einen heftigen Ruck, dann flog sie im hohen Bogen durch den Wald. Sie schrie kurz auf, aber eher wegen der Überraschung. Dann knallte sie gegen einen Baum und ihr Blickfeld flimmerte. Der Troll lief nun langsam auf sie zu, während ihm sein Geifer aus dem Maul troff. „Nein… nein… nein…“ Yuki krabbelte rückwärts, denn nun konnte sie ihn nicht mehr aus den Augen lassen. Der Troll holte erneut aus und Yuki kniff die Augen zusammen. Nichts. Als Yuki die Augen wenige Sekunden später wieder öffnete, stand der Troll noch immer in seiner ausholenden Bewegung da. Nur jetzt hatte er einen anderen Gesichtsausdruck. Er gab noch einige gurgelnde Geräusche von sich, dann ergoss sich eine Blutfontäne vor Yuki und benetzte sie auch. Der Troll kippte mit lautem Getöse zur Seite und regte sich nicht mehr. Yuki starrte auf das Wesen, was ihr zum ersten Mal in ihrem Leben Todesangst bescherte. „Yuki!“, rief Ollowain. Der Elf rannte auf sie zu, mit dem blutverschmierten Schwert in der Hand. Er ließ es fallen und hockte sich vor sie hin. „Yuki!“, rief er eindringlicher. Doch sie war noch immer wie erstarrt. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und zwang sie somit ihn anzuschauen. „Guck mich an! Los!“ Yuki blinzelte. „Ollowain…“, flüsterte sie schwach. „Ja, ich bin es! Es ist alles gut!“ „Da-das… I-ich…“, stammelte sie. Er drückte ihr Gesicht an seine Brust und wiegte sie ein wenig hin und her. Sie schluchzte und brach in Tränen aus. Dann krallte sie sich an ihm fest und vergrub ihr Gesicht an seinen Oberkörper. „I-ich…“, setzte sie schluchzend an, doch Ollowain hielt einen Finger auf ihren Mund. „Pssschhht. Beruhige dich. Er ist tot. Er wird dir nichts mehr tun! Ich bin jetzt hier, mach dir keine Sorgen!“ „Warum warst du nicht schon früher hier? Dann wäre… das nicht passiert…!“, stammelte sie vorwurfsvoll. „Verzeih mir. Aber ich musste noch etwas erledigen. Das musst du verstehen.“ „Ich hätte… tot sein können…!“ „Yuki! Du bist nicht tot! Es ist alles in Ordnung!“ „Aber, ich…“ Ollowain hatte ihr Gesicht noch immer in seinen Händen und wischte nun mit seinen Daumen ihre Tränen weg. Dann hob er sie auf und trug sie zurück zur Lichtung. Um die Leiche des Trolls kümmerte er sich später. Yuki war in diesem Moment wichtiger. Sie zitterte am ganzen Leib und krallte sich noch immer an ihm fest. Zudem wurde sie immer wieder von Schüttelattacken erschüttert. Er setzte sich an mit dem Rücken an einen Baum und drückte Yuki noch immer an sich. „Es ist alles gut, Yuki…“ Sie richtete sich kurz auf und wischte mit ihrem Oberteil über ihr Gesicht. Dann schaute sie ihn mit ihren glänzenden eisblauen Augen an und Ollowain war ob des Anblicks wieder im Begriff schwach zu werden. Da er das in dieser Situation jedoch äußerst unpassend fand, riss er sich zusammen. Sie legte schweigend ihren Kopf auf seine Schulter und schluchzte noch des Öfteren. Er streichelte ihr sanft über den Kopf und Rücken. Nach wenigen Minuten richtete sie sich wieder auf und strich über seinen Oberkörper. „Ich habe… dich nass gemacht…“, sagte sie mit brüchiger Stimme. Ollowain lächelte und spürte, wie Yuki ihren Widerstand fallen ließ. Noch versuchte er sich dagegen zu wehren, aber in ihrer Gegenwart war er anscheinend längst nicht so stark, wie sonst. Er legte seine Hand in ihren Nacken und zog ihr Gesicht an seines heran. Dann küsste er sie erneut. Diesmal länger und intensiver. Yuki erwiderte seinen Kuss und drückte ihren Körper an seinen. Nach einiger Zeit lösten sie sich voneinander und schauten sich tief in die Augen. „Dabei… kennen wir uns nicht einmal“, flüsterte Yuki. „Dann soll es eben so sein.“ „Aber… ich bin ein Dämon… ich…“ Wieder legte er ihr seinen Finger auf den Mund. „Reduzier dich nicht auf deine Rasse. Es ist mir egal, was du bist. Mir ist es wichtig, wer du bist!“ Yuki schaute ihn dankbar an und strich über sein Gesicht. „Wie kannst du… ich meine… ich schade dir doch…“ Er zog sie an sich heran und drückte ihren Kopf an sein Herz. „Was hörst du?“ „Deinen schnellen Herzschlag…“ „Du weißt, ich bin der Schwertmeister der Königin. Ich führe Befehle aus und viele sagen, ich wäre absolut gefühlskalt. Selbst für einen Elfen. Doch du hast dies von Anfang an zum Bröckeln gebracht. Bei dir konnte ich nur schwerlich so unnahbar bleiben. Soll ich dir sagen warum?“ „Ollowain, nein… bitte… das hier ist… nicht real. Ich träume das alles nur…“ „Meinst du das wirklich? War deine Todesangst gerade nicht echt? War deine Erschöpfung von gestern nicht echt? Und vor allem…“ Erneut stahl er ihr einen Kuss und sah sie dann wieder an. „… war das nicht echt?“ Yuki brach erneut in Tränen aus und fiel ihm um den Hals. „Das kann einfach nicht sein… ich… ich… das ist… niemals könnte mir so etwas passieren!“ „Lass es zu!“ Yuki schaute ihm nun ins Gesicht und wieder zog er sie zu sich heran und küsste sie. Jeglicher Widerstand war gewichen. Sowohl bei Yuki, als auch bei Ollowain. Ihr wurde heiß und ihr Herz hämmerte wieder heftig. Aber diesmal wusste sie, dass nicht nur ihr Herz alleine so sehr pochte. Nach einiger Zeit lösten sie sich wieder voneinander. „Geht es dir besser?“ Yuki nickte und beide standen auf. „Ich muss mich darum kümmern, dass die Trollleiche aus dem Wald entfernt wird. Daher gehe ich jetzt zurück zu Königin Emerelle und berichte ihr davon. Normalerweise bleiben die Trolle in den Bergen und kommen selten hier ins Tal herunter.“ „Aber…“ „Keine Sorge. Ich bin bald wieder da.“ Yuki schaute betreten auf den Boden und Ollowain verstand. Sie hatte Angst, dass dieser Troll nicht alleine war und zitterte daher wieder leicht. „Gut, komm mit mir.“ Yuki’s Miene hellte sich auf und sie holte ihr Schwert und band es sich um. Dann gingen sie über die Ebene zurück zur Burg. „Wie soll das weiter gehen?“ Ollowain machte ein nachdenkliches Gesicht, denn er wusste genau, was sie meinte. „Yuki, hör zu…“ Sie blieben kurz stehen, um sich besser unterhalten zu können. Er legte seine Hände auf ihre Schultern und schaute ihr in die Augen. „Ich empfinde etwas für dich. Es ist ein sehr starkes Gefühl, allerdings kann ich es noch nicht richtig einordnen. Daher muss das, was vorhin und auch gestern passiert ist, unter uns bleiben.“ „Verstehe… du hast einen Ruf zu verlieren, nicht wahr?“ „Yuki…“ „Es ist okay. Ich erwarte gar nichts. Das hier ist sowieso alles nicht real, so echt wie es sich anfühlen mag.“ Sie schauten sich noch eine Weile an, dann wandte Yuki sich ab und ging unvermittelt weiter. Den restlichen Weg schwiegen sie. Als sie Burg Elfenlicht erreichten und durch die Gänge in Richtung Thronsaal gingen, kamen ihnen Eissi und Yulivee entgegen. „Yuki!!“, rief Eissi fröhlich und umarmte ihre Freundin. Diese zuckte leicht zusammen, denn nun meldeten sich all die kleinen Wunden, die sie bei ihrer Flucht vor dem Troll davongetragen hatte. „Was ist mit dir passiert?“, fragte sie besorgt und warf einen Seitenblick auf Ollowain. „Es ist schon in Ordnung, er hat damit nichts zu tun. Ich hatte… eine unangenehme Begegnung.“ „Mit wem?“, fragte nun Yulivee „Die Trolle kommen mittlerweile bis ins Tal herunter“, antwortete Ollowain stattdessen. Yulivee schaute ihn besorgt an. „Wir sind gerade auf dem Weg zu Königin Emerelle, um sie davon zu unterrichten.“ Yulivee nickte, schwieg aber. Plötzlich bekam Yuki einen Hustkrampf und brach in die Knie. „Yuki!!“, rief Eissi erneut und hockte sich zu ihrer Freundin herunter. Diese war jedoch unfähig etwas zu antworten, denn der Husten wurde heftiger. Dabei spuckte sie Blut, welches sie nicht mehr verbergen konnte. Yulivee hockte sich nun ebenfalls hinunter und wollte sie an ihrem Rücken aufrichten. Yuki schrie kurz auf. „Ihr Rücken hat Prellungen und so wie sich ihr Husten anhört, hat mindestens eine Rippe ihre Lunge durchbohrt!“ Eissi zog scharf die Luft ein, denn sie machte sich große Sorgen. Yuki hatte ihren Hustkrampf überstanden, doch nun ging ihr Atem keuchend und pfeifend. „Ollowain, du musst sie zu einem Heiler bringen!“ Der Elf nickte ernst und hob Yuki hoch. „Ich will mitkommen!!“, sagte Eissi und hielt Yuki’s Hand fest. Yulivee schaute ihre Schülerin an und nickte. „Okay, du weißt, wo du hinzugehen hast, wenn das alles überstanden ist.“ Yulivee wandte sich ab und ging den Gang hinunter, während Eissi und Ollowain, der Yuki behutsam trug, in die andere Richtung gingen. Ollowain verfluchte sich dafür, dass er sie nicht weiter untersucht hatte, doch er war zu abgelenkt gewesen. Er hätte es ahnen müssen, dass Yuki den Aufprall nicht unbeschadet überstehen würde. Er schaute in ihr verschwitztes Gesicht und achtete auf ihren unregelmäßigen, pfeifenden Atem. „Wo bringst du sie hin?“ „Zu Königin Emerelle. Das ist der kürzeste Weg.“ Als sie vor dem Thronsaal standen, waren die schweren Eichentüren verschlossen. „Mach auf!“, befahl Ollowain und Eissi gehorchte. Sie drückte mit all ihrer Kraft gegen die Türen. Anfangs waren sie schwerfällig, doch dann schwangen sie fast von alleine auf. Ollowain lief an ihr vorbei und betrat den Thronsaal. Emerelle lief bereits auf ihn zu. „Wie geht es ihr?“ „Sie ist blass und schwitzt sehr stark. Zudem haben sich einige Rippen in ihre Lunge gebohrt.“ Ollowain legte Yuki behutsam auf den Boden, doch diese verzog das Gesicht vor Schmerz. Emerelle legte ihre Hände auf Yuki’s Brustkorb und schaute Ollowain dann nachdenklich an. „Berichte mir, wie das passieren konnte!“ Eissi hielt noch immer Yuki’s Hand und während Emerelle mit dem Heilungsprozess begann, berichtete Ollowain über den Troll, der bis ins Tal gekommen war. „Warum warst du nicht früher da?“, fragte nun Eissi vorwurfsvoll. Bei ihr schimmerten Tränen im Gesicht. „Weil ich noch andere wichtige Dinge zu tun habe.“ „Yuki ist wohl nicht wichtig? Ich denke, sie soll euch helfen?“ „Ja, das soll sie auch. Deswegen habe ich sie ja hierher gebracht!“ Ollowain sah Eissi scharf an und brachte sie somit zum Schweigen. Emerelle richtete sich wieder auf. „Das sollte reichen. Sie schläft jetzt einige Stunden, danach wird sie wieder vollständig genesen sein.“ Ollowain verneigte sich vor seiner Königin und hob Yuki wieder hoch. Er wandte sich ab und ging, Eissi lief hinterher. Auf dem Gang brach sie das Schweigen. „Und jetzt?“ „Du wirst zu Yulivee gehen und trainieren. Genauso wie ich mit Yuki weiter trainieren werde.“ „Du willst sie heute noch trainieren lassen? Bist du verrückt?“ „Yuki wird wieder vollständig genesen sein, wenn sie aufwacht. Insofern spricht nichts dagegen heute mit dem Training fortzufahren.“ Mit diesen Worten ließ Ollowain Eissi auf dem Gang stehen und machte sich wieder auf den Weg. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Wie unhöflich!“ Eissi schaute dem Elf noch kurz hinterher, dann überlegte sie, wie sie zu dem Raum gelangte, in dem ihre Lehrmeisterin wartete. Sie lief einfach los, doch als sich der Gang gabelte, wusste sie nicht mehr wo sie lang musste. Ihr sowieso schon armseliger Orientierungssinn hatte sie nun vollständig verlassen. „Na klasse…“ Eissi schaute sich um und sprach einen kleinen Kobold an. „Hey, weißt du, wo der Raum ist, wo immer die Magier üben?“ Das kleine Wesen schaute sie nur verdutzt an und lief dann einfach weiter. „Das ist doch Mist! Warum sind hier alle so unhöflich?!?“ Eissi ließ ihren Blick über die beiden Gänge schweifen und folgte dann einfach dem Linken. Glücklicherweise wartete Yulivee am Ende des Ganges auf sie. „Ich wusste, dass du dich verlaufen würdest.“ „Ich hab’ mich nicht verlaufen!“ „Doch, denn du bist genau dem falschen Weg gefolgt.“ „Warum stehst du dann hier?“ „Weil ich mich damals ebenfalls verlaufen habe und meine Lehrmeisterin das auch wusste und deshalb hier wartete.“ Die Elfe zwinkerte Eissi zu und lächelte. Dann liefen beide den Gang wieder zurück, bis zu dem magieresistenten Raum. Dort angekommen wandte sich Yulivee ihrer Schülerin zu. „Lass uns nochmal mit dem Stein üben. Achte darauf, dass du deine Augen öffnest. Schließlich musst du deine Augen ja auch öffnen, um zu sehen, gegen wen du deine Magie richten sollst.“ „Ich will aber eigentlich niemanden verletzen oder so.“ „Dämonen sind… es nicht wert, dass sie leben. Sie schaden jedem einzelnen und leben nur, um anderen Leid zuzufügen. Sie haben nichts Geringeres, als den Tod verdient!“ „Meine beste Freundin ist ein Dämon!“ „Und sie ist bei Menschen aufgewachsen, was sie zu einem einzigartigen Dämonen macht. Trotz allem würde ich Vorsicht walten lassen. Man weiß nie, wann ihr wahres Wesen zum Vorschein kommt.“ „Das glaube ich nicht! Sie ist ein guter Mensch!“ „Dämon…“ Eissi schluckte ihren Ärger herunter und setzte sich bockig in den Schneidersitz. Yulivee seufzte und gab ihr den Stein in die Hand. „Entschuldige, ich wollte nicht forsch erscheinen. Ich habe nur keine guten Erfahrungen mit Dämonen gemacht, das ist alles.“ „Dennoch ist es unfair meiner Freundin gegenüber. Sie ist so lieb!“ „Ihr mögt euch wirklich sehr, nicht wahr?“ „Natürlich!“ Yulivee nickte nur. „Los, fang an.“ Eissi schloss die Augen und hatte ihre helle Kugel vor Augen, sie wandelte sich wieder in den Stein und während Eissi versuchte, das Bild gedanklich fest zu halten, öffnete sie ihre Augen. Aber sofort war das Bild weg und der Stein plumpste zurück auf ihren Handteller. Sie seufzte und startete den nächsten Versuch. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Waldlichtung… Ollowain hatte Yuki zu einer anderen Lichtung getragen, weil er sie nicht in der Nähe des toten Trolls wissen wollte. Sie schlief noch immer, daher nutzte er die Gelegenheit und betrachtete sie genauer. Jedes Mal, wenn sich ihr Brustkorb beim Einatmen anhob, schienen ihre roten Dreiecke schwach aufzuleuchten. Er hatte Nachforschungen angestellt und war tatsächlich fündig geworden, nur wusste er nicht, wann und wie er ihr die Wahrheit sagen sollte. Dämonen hohen Ranges haben irgendwo am Körper Male, die sie als Familienmitglied kennzeichneten und waren für jede Familie einmalig. Die roten Dreiecke im Gesicht besaß die mächtigste Dämonenfamilie die existiert, denn sie kennzeichneten Luzifer und seine Kinder. Er seufzte und wünschte sich, dass ihre dämonische Energie ihm nicht so sehr schaden würde, doch das war naives Wunschdenken, daher verwarf er es schnell wieder. Er strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und dachte darüber nach, was vor kurzem passierte. Er konnte sich nicht erklären warum dies geschehen konnte, doch es fühlte sich nicht falsch an, obwohl es so hätte sein müssen. Es war gut, dass sie sich darauf einigten, dass sie dies geheim halten müssen, obwohl Yuki nicht sonderlich erfreut darüber war, wie er sich ausgedrückt hatte. Höchstwahrscheinlich würde sich diese Schwärmerei auch schnell wieder legen, obwohl er doch wusste, dass sie ihm den Kopf verdreht hatte. Das vorhin war eine Ausnahmesituation, die so schnell definitiv nicht wieder auftreten würde, das wusste er. Während er darüber nachdachte, regte sich Yuki und sie öffnete schwach die Augen. „Wo bin…?“ „Du bist in Sicherheit. Königin Emerelle hat dich geheilt, du bist wieder gesund und brauchst dir keine Sorgen zu machen.“ „Die Schmerzen sind tatsächlich weg…“ Yuki stand auf und streckte ihren Rücken, wobei ihre Wirbelsäule ein paar Mal knackte. Auch Ollowain stand auf und schaute sie ernst an. „Du weißt, was du zu tun hast.“ Yuki nickte nur und setzte sich im Schneidersitz hin. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Die Situation war seltsam angespannt. Yuki sah ihre Flamme, doch jetzt war etwas anders. Sie war noch immer rot und sie flackerte noch immer des Öfteren. Aber dennoch kam Yuki etwas anders vor. Sie streckte innerlich ihre Hand nach der Flamme aus. Normalerweise war nun der Zeitpunkt wo sie anfing wild zu werden, größer zu werden und vor allem: unkontrollierbar. Doch dem war nicht so. Sie war ruhig und für eine Flamme außergewöhnlich klar. Ihre Hand berührte sie und sie tänzelte ihren Arm hinauf. Sie wandelte sich in eine Art Schlange und kroch langsam über ihren gesamten Körper. Plötzlich war alles vorbei. Die Flamme verschwand und Yuki öffnete die Augen. Etwas war anders. Sie hatte das Gefühl, ihre Umgebung viel stärker wahrzunehmen, als sie es jemals zuvor tat. Sie glaubte Geräusche zu hören, die sie vorher niemals vernommen hatte. Sie stand langsam auf und schaute zu Ollowain. „Ich…“ „Sehr gut. Du hast es geschafft. Wie fühlst du dich?“ „Anders.“ „Beschreibe es mir!“ „Meine Wahrnehmung ist besser geworden. Ich höre besser, sehe besser und rieche besser. Alles ist so erstaunlich klar, dass es beinahe beängstigend ist.“ „Sehr gut. Du hast die erste Stufe erreicht. Deine dämonische Energie ist endlich im Einklang mit deiner Persönlichkeit. Sie ist für mich fast unerträglich, aber das ist ein sehr gutes Zeichen!“ „Ich will dir nicht schaden!“ „Das Thema hatten wir bereits abgeschlossen, Yuki. Du musst es tun!“ Sie schaute betreten zu Boden und ballte ihre Fäuste. Ollowain hob einen Stein auf und reichte ihn ihr. „Versuche ihn zum Schweben zu bringen. Das sollte für dich nun kein Problem mehr darstellen.“ Yuki nahm den Stein und wog ihn in der Hand. Sie schloss die Augen und suchte nach ihrer Flamme. „Öffne deine Augen! Du kannst keine Magie wirken, wenn du deinen Gegner nicht siehst.“ Widerwillig öffnete Yuki ihre Augen und versuchte nochmals ihre Flamme zu finden. Sie hatte das Gefühl, als wäre sie überall. Sie stellte sich vor, wie der Stein schweben würde. Einige Sekunden später verließ er tatsächlich ihre Hand und Yuki ging erstaunt einen Schritt zurück. Der Stein blieb noch immer dort wo er war: in der Luft. „Sehr gut!“ Als Yuki Ollowain anschaute, war ihre Konzentration auf den Stein verschwunden und er fiel zu Boden. „Das war… wirklich… seltsam.“ „Beschreibe mir, was gerade passiert ist!“ „Ich habe mir vorgestellt, wie der Stein schweben würde und habe mich darauf konzentriert. Dann schwebte er einfach.“ Ollowain nickte nachdenklich. „Du gehörst anscheinend zu der gefährlicheren Gruppe der Magiekundigen. Du kannst etwas nur mit deinen Gedanken dazu bringen, das zu tun, was du willst.“ „Ich kann mir nicht vorstellen, wie es anders funktionieren soll.“ „Die andere Gruppe arbeitet mit Worten. Sie weben ihre Kraft sozusagen in Worte ein und übertragen somit den Effekt, den sie erzielen möchten.“ „Der berühmte Zauberspruch…“ „Ganz genau. Das was gerade passiert ist, musst du unbedingt trainieren und vor allem kontrollieren.“ Yuki nickte und hob den Stein wieder auf. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Burg Elfenlicht... „Sehr gut!“ Eissi betrachtete den schwebenden Stein und lächelte. Sie ließ von dem Stein ab, da sie ihre Konzentration verlor und schaute Yulivee an. „Das ist ganz schön schwer…“ „Übe jeden Tag und irgendwann kannst du es im Schlaf. Vertrau mir.“ „Mir tut der Kopf weh.“ „Das ist nachvollziehbar. Heute ist viel passiert. Mach eine Pause.“ Eissi legte den Stein neben sich auf den Boden und blickte Yulivee an. „Wie lange bleiben wir jetzt eigentlich hier?“ „Drei Monate habt ihr noch Zeit. Dann müsst ihr in die erste Welt aufbrechen.“ „Wie sollen wir das machen?“ „Wenn ich dir all die Grundlagen der Magie beigebracht habe, werde ich dir zeigen wie man Albensterne öffnet.“ „Albensterne?“ „Ja. Sie sind verbinden die Welten miteinander und führen alle nach Albenmark. Nur wenige Welten sind auch untereinander verbunden.“ „Wie kann das sein?“ „Ich habe dir ja bereits von dem magischen Netz erzählt. Die Albensterne sind Knotenpunkte in dem Netz und verbinden somit die Welten in dem großen Nichts. In eurer Welt würde man von einem Netzwerk sprechen.“ „Komische Vorstellung…“ „Deshalb ist es auch so wichtig, dass das magische Netz intakt bleibt. Eure Menschenwelt ist ein gutes Beispiel dafür. Euer Netz wird immer schwächer, daher droht eure Welt vom Netz getrennt zu werden und auf ewig durch das Nichts umher zu driften. Doch dies soll nicht euer Problem sein, darum kümmern sich andere.“ Eissi nickte nur, denn der erneute Informationsschwall hatte keinen guten Einfluss auf ihre Kopfschmerzen, daher merkte sie sich nur die Hälfte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nachdem die beiden Freundinnen zwei Wochen lang geübt haben, einen Stein in der Luft zu halten und umher schweben zu lassen, fassten ihre beiden Lehrmeister den Entschluss, sie für den Rest des ersten Monats gemeinsam trainieren zu lassen. Natürlich freuten sich Eissi und Yuki unheimlich darüber und sie konnten den ersten Trainingstag kaum noch erwarten. Yuki hat in den zwei Wochen auch ernsthaft eingesehen, dass dies kein Traum mehr sein konnte und fing daher an, jeden einzelnen dieser wundersamen Tage in einem Tagebuch festzuhalten. So saß sie nach jedem harten Trainingstag an dem Tisch in ihrem gemeinsamen Zimmer und schrieb. Neben sich eine große Kerze, die ihr Licht spendete und einen schwebenden Stein, um ihre Konzentration zu stärken und die Fähigkeit zu erlangen, sich auf mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren. Eissi hatte ebenfalls einen Stein und ließ ihn eifrig im Zimmer hin und her fliegen, wodurch schon das ein oder andere zu Bruch gegangen war. Dann waren die zwei Wochen endlich vorbei und der erste gemeinsame Trainingstag brach an. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 19. März 2012 Yuki wachte mittlerweile von alleine auf. Sie setzte sich gähnend an den Bettrand und ließ ihren Blick durch die Dunkelheit schweifen. Jeden Morgen fragte sie sich, wie es weiter gehen würde. Was machen wohl all die anderen in der Menschenwelt? Ihre Familie und ihre anderen Freunde? Dann schweiften ihre Gedanken fast immer zu Ollowain. Jeder Kuss hat sich in ihr Gehirn eingebrannt und konnte es zeitweise immer noch nicht richtig fassen. Niemals würde sich jemand wie er für sie interessieren. Und das schien ja auch zu stimmen, denn er ging in letzter Zeit ziemlich auf Abstand. In den letzten zwei Wochen ist nichts passiert, was Yuki etwas Anderes denken ließ. Sie seufzte und ging ins Bad. Sie duschte und zog sich an. Als sie sich gerade die Stiefel zuschnürte, klopfte es an der Tür. Yuki machte leise auf und erstarrte. „Guten Morgen, Yuki.“ „Königin Emerelle!“ „Schläft Eissi noch?“ „Ja. Sie musste niemals so früh raus, wie ich.“ „Gut, begleitest du mich in den Burghof? Ich möchte mich mit dir unterhalten.“ „Natürlich.“ Yuki schnürte ihre Stiefel fertig zu und schloss die Tür leise hinter sich. Dann liefen sie und Emerelle zunächst schweigend in den Burghof. Da Yuki noch niemals hier war, schaute sie sich gründlich um. Der Hof wurde durch Fackeln erleuchtet, wodurch er einem faszinierenden Licht erschien. „Wie geht es dir hier in Albenmark?“ „Es fühlt sich noch immer so unreal an. Aber ich habe schon eingesehen, dass ich so schnell wohl nicht zurück in mein normales Leben zurück kann.“ „Wir haben euch aus eurem Leben gerissen und das tut mir aufrichtig leid. Allerdings blieb uns keine andere Wahl.“ „Ich weiß. Ich habe mich damit abgefunden. Eissi ebenfalls.“ „Also werdet ihr uns helfen?“ „Wenn Ihr uns versprecht, dass wir sooft wie möglich in die Menschenwelt können, um zu schauen wie es dort aussieht, dann ja.“ Emerelle machte eine lange nachdenkliche Pause, bevor sie antwortete. „Einverstanden. Wenn das euer Wunsch ist, werde ich mein Möglichstes tun, um ihn zu erfüllen.“ „Ich danke Euch.“ Sie setzten sich auf eine der Bänke und schwiegen erneut. „Wie kommst du mit Ollowain im Training voran?“ Yuki zuckte leicht zusammen, als sie seinen Namen erwähnte und hoffte, dass sie das in der Dunkelheit nicht sah. „Ich kann jetzt Steine durch die Gegen schweben lassen. Aber mit dem Schwert will er erst nächsten Monat anfangen.“ „Verstehe. Er ist bei dir sehr vorsichtig.“ „Weil ich ihn töten könnte, wenn ich meine Kraft nicht kontrollieren kann.“ „Das ist wohl einer der Gründe.“ „Welche hätte er denn noch?“ „Weißt du, Yuki. Wir beobachten euch schon seit geraumer Zeit. Mir fiel schnell auf, dass Ollowain ein gewisses Interesse an dir zeigte, auch wenn er natürlich niemals darüber sprach.“ „Ähm…“ „Mach dir keine Gedanken, ich werde es für mich behalten. Eben weil er solche Gefühle für dich hat, will er dich nicht verletzen, indem er zu früh mit dem Training beginnt. Fängt er nämlich erst damit an, lässt er wenig Gnade bei seinen Schülern walten.“ „Oh.. okay.“ „Natürlich ist bei ihm noch nie jemand gestorben. Jeder seiner Schüler ist ein sehr guter Schwertkämpfer geworden. Bei dir wird das nicht anders sein.“ „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ich ansatzweise so gut, wie ein Elf sein könnte.“ „Mach dir darüber keine Sorgen. Er wird aus dir eine herausragende Schwertkämpferin machen, da bin ich mir sicher.“ Yuki lächelte und dachte wieder an die letzte Zeit. Ollowain war stolz auf sie, das hatte er mehrmals gesagt. Und doch kamen sie sich nicht mehr so nahe, wie noch vor zwei Wochen. „Gehen wir zurück. Ollowain, Yulivee und Eissi warten sicher schon.“ Damit stand die Elfenkönigin auf und beide gingen wieder zu Yuki’s Zimmer zurück. Davor standen tatsächlich schon Ollowain, Yulivee und Eissi und warteten. Die beiden Elfen verneigten sich vor ihrer Königin und Emerelle lächelte erst Yuki und dann Ollowain an und ging. „Los, gehen wir zum Trainingsplatz“, sagte Yulivee und lief den Gang entlang. Die anderen folgten ihr. Eissi und Yuki direkt hinter ihr und zum Schluss Ollowain. Sie verließen Burg Elfenlicht und machten auf einem großen Platz Halt, der Ähnlichkeit mit einem Volleyball-Feld hatte. Yuki stöhnte, denn sie hasste dieses Spiel. Eissi wiederrum freute sich. Yulivee holte einen Ball und drehte sich zu Eissi und Yuki um. „Ihr werdet euch diesen Ball über das Netz gegenseitig zuspielen. Allerdings ausschließlich mit Magie!“ „Wir haben bisher nur Steine durch die Gegend schweben lassen. So ein Ball ist viel größer!“, protestierte Eissi. „Du musst dich weiterentwickeln, bevor ich dir richtige Magie beibringen kann. Yuki, für dich dient diese Übung lediglich dazu, dass du deine Kraft zu kontrollieren lernst, damit du keinen von uns aus Versehen tötest!“ Yuki zuckte leicht zusammen und nickte. Dann stellte sie sich auf eine Seite des Spielfeldes auf und schaute zu den beiden Elfen herüber. Ollowain nickte ihr kaum merklich zu und Yulivee legte den Ball vor Eissi auf den Boden. Dann verließ sie das Feld wieder. „Konzentriert euch beide auf den Ball!“ Yuki beschwörte ihre Flamme herauf und ließ ein wenig davon in den Ball fließen. Somit hatte sie die Kontrolle über den Ball, da er jedoch schon schwebte, ging das wohl auf Eissi’s Kappe. Dann flog der Ball direkt auf sie zu. „Zurück!!“ Mit diesem Gedankenstoß schickte sie ihn zu Eissi zurück. So ging das immer weiter hin und her. Mit der Zeit bekam Yuki Kopfschmerzen, doch sie hörte nicht auf. Immer wieder geriet der Ball ins Trudeln und es fiel beiden zusehends schwerer ihn unter Kontrolle zu halten. Yuki und Eissi lief der Schweiß über das Gesicht und als der Ball schließlich im Netz landete und zu Boden fiel, verloren beide endgültig die Kontrolle zu dem Ball. „Das war schon sehr gut! Ich hätte nicht erwartet, dass ihr solange durchhaltet“, sagte Yulivee und betrat das Feld. Yuki musste aufpassen, dass sie nicht hinfiel, denn sie musste sich auf ihre Knie aufstützen, da ihr Blickfeld schwarz flimmerte. „Gut gemacht!“ Ollowain trat neben sie und hielt ihr eine Flasche Wasser hin. Yuki nahm sie dankbar entgegen und trank sie in einem Zug leer. „Danke, das tat gut.“ Wie auch in den letzten Wochen vermieden es beide sich direkt anzuschauen. Um nicht weiter darüber nachdenken zu müssen, lief Yuki zu Eissi rüber und tätschelte ihr über den Kopf. „Das war cool!“ „Ja, hat voll Spaß gemacht.“ „Anstrengend war es dennoch.“ „Hmh… Wir müssen nachher reden, Süße.“ Eissi sagte das mit einem Seitenblick auf Ollowain. „Oh nein, bitte nicht. Lass mich mit dem Thema doch einfach in Ruhe.“ „Habe ich da etwa einen wunden Punkt getroffen?“ Yuki antwortete nicht, sondern schaute ihre Freundin nur bockig an. „Ich möchte nur Up-to-Date bleiben.“ „Da ist nichts. Ende der Geschichte.“ Doch Eissi wusste, dass dem nicht so war. Da sie das hier aber nicht weiter breit treten wollte, blieb sie still. Im Zimmer hätte sie schon noch Gelegenheit, Yuki über Ollowain auszuquetschen. Die Elfen brachten ihnen etwas zu Essen, damit sie sich stärken konnten. Dann ging die nächste Runde los. So verging der Tag im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug. Als Eissi und Yuki nach Sonnenuntergang wieder im Zimmer waren, gingen beide ins Bad. Eissi ließ sich eine Wanne ein, während Yuki duschte. Nachdem beide fertig waren, lagen sie noch eine Weile wach im Bett. Eissi drehte sich zu Yuki und grinste sie an. „Hast du mir etwas zu erzählen?“ „Nein!“, stöhnte Yuki. „Es ist so dermaßen offensichtlich, Süße.“ „Und wenn schon. Was willst du von mir hören?“ „Alles was du mir sagen möchtest. Ich bin neugierig.“ „Ich möchte dir aber nichts sagen.“ „Seit ihr euch schon näher gekommen?“ Yuki antwortete nicht. „Habt ihr euch geküsst?“ Keine Antwort. „Sag mir nicht, ihr seid euch schon so nahe gekommen, dass ihr…“ „Eissi! Man!“ „Ne, ich bin ´ne Frau. Aber sag doch mal. Habt ihr?“ Yuki richtete sich wütend auf und guckte ihre Freundin finster an. „Wolltest du nicht schlafen?!?“ „Nein, ich wollte mich mit dir unterhalten.“ Eissi grinste, denn langsam hatte sie ihre Freundin soweit, dass sie auspacken würde. „Ich will aber schlafen! Also! Gute Nacht, verflucht nochmal.“ Yuki drehte Eissi den Rücken zu und zog ihre Decke über den Kopf. „Du redest schon noch mit mir. Vielleicht ist er ja gesprächiger als du?“ Yuki zuckte kurz zusammen, sagte dazu aber nichts mehr. „Aber konnte die Elfenkönigin nicht sowieso in die Zukunft sehen? Wir haben doch ein Stein im Brett bei ihr!“ „Gute Nacht!!!“ Eissi kicherte. „Schlaf gut.“ Yuki brummte nur noch etwas Unverständliches. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ In dieser Nacht… Yuki wachte in dieser Nacht bereits zum dritten Mal auf. Sie schaute rüber zu Eissi, aber die schlief natürlich tief und fest. Sie stand leise auf und zog sich ihre Hose und ihr Hemd über den Pyjama. Die Stiefel schnürte sie nur zur Hälfte zu und verschwand dann aus dem Zimmer. Es müsste etwa vier Uhr nachts sein. Yuki’s Handyakku hatte schon längst den Geist aufgegeben, daher hatte sie kaum noch ein Zeitgefühl. Nur wegen ihres Tagebuches wusste sie immerhin noch, welcher Tag war. Zumindest laut der Zeitrechnung in Albenmark. Sie schlenderte über den Gang und hing ihren Gedanken nach. Um diese Zeit waren nicht einmal mehr Bedienstete unterwegs. Nur einige Fackeln an den Wänden spendeten spärliches Licht, aber es reichte aus, um die Dunkelheit ausreichend zu vertreiben. Als sie wieder aufblickte, war sie in einem für sie völlig unbekannten Teil der Burg und fluchte innerlich. Sie hatte natürlich nicht auf den Weg geachtet. Als sie weiter ging kam sie an einem Raum vorbei, dessen Tür einen kleinen Spaltbreit offen stand und aus dem eine wohlige Wärme heraus trat. Yuki’s Neugier siegte und sie öffnete die Tür ein Stück weiter, sodass sie mit dem kopf hindurch gucken konnte. Im Boden des großen Raumes war ein riesiges Wasserbecken eingelassen, welches bis zum Rand mit dampfendem Wasser gefüllt war. In der Mitte des Beckens war eine Säule mit mehreren Wasserhähnen angebracht. An einer Wand führte eine Tür in einen Nebenraum, der nur durch dieses Zimmer betreten werden konnte. Yuki schloss leise die Tür hinter sich und sofort wurde sie von der Wärme regelrecht eingehüllt. An der anderen Wand standen Schränke und als Yuki einen öffnete entdeckte sie dieselben großen Badetücher und Bademäntel, wie sie auch in ihrem Zimmer waren. Sie hielt eine Hand in das Wasser und freute sich, dass es genau die richtige Temperatur hatte. Sie schaute sich um, doch sie war allein. Sie ging zu der Tür und lauschte, doch im Nebenzimmer war auch niemand. Yuki hatte zwar vorhin erst geduscht aber dieses Bad sah so einladend aus, dass sie nicht widerstehen konnte. Sie zog ihre Sachen aus und schlüpfte in das warme Wasser. Sie konnte sogar stehen und war immer noch bis zum Hals im Wasser. An der Seite des Beckens waren Erhöhungen eingelassen, sodass man sich auch setzen konnte. Zur Mitte hin wurde das Becken abfälliger, doch an der Wasserhahnsäule konnte man wieder stehen. Yuki setzte sich an einer der Stellen ins Wasser, wo sie noch ausreichend über Wasser war, denn direkt an den Rand wollte sie auch nicht. Sie schloss die Augen und genoss die Wärme, die sich in ihrem Körper ausbreitete. Sie seufzte und musste aufpassen, nicht einzuschlafen. „Was tust du hier?“ Die Stimme schreckte Yuki aus ihrem Halbschlaf. Sie riss die Augen auf und blieb wie angewurzelt sitzen. „Nein…! Das ist nicht wahr! Das ist nicht der, wo ich denke, dass er es ist!“, flehte sie innerlich. Eine Hand fuhr sanft durch ihr Haar und streifte ihren Nacken. „Ich habe dir eine Frage gestellt.“ „I-ich…“ Yuki versuchte den Schauer zu ignorieren, den die Berührung auslöste und umklammerte ihren Oberkörper. „I-ich… wusste nicht, dass hier noch jemand ist…“ „Ist dem so?“ „Warum passiert mir sowas? Das ist so ungerecht! Als ob die letzten Wochen nicht schon schwer genug waren.“ Sie kniff die Augen zusammen, doch als sie Ollowains Atem an ihrem Ohr spürte, riss sie sie wieder auf und ihr Atem beschleunigte sich. „Warum bist du so spät noch wach?“ „I-ich… konnte nicht schlafen… daher bin ich… herum gelaufen.“ „Und bist zufällig hier gelandet… richtig?“ Bevor Yuki irgendetwas antworten konnte zog sie scharf die Luft ein, denn seine Hand hob ihr Kinn an, sodass ihr Hals nun völlig frei lag. „Die letzten Wochen waren schwer. Viel zu schwer“, hauchte er und küsste ihren Hals. Yuki konnte die Situation nicht fassen. Wie konnte er hier sein? Sie hatte sich doch gründlich umgeschaut, dass sie alleine war. Dann fiel es ihr ein. Er musste hinter den Wasserhähnen gewesen sein, denn da hatte sie nicht nachgeschaut. Sie sehnte sich nach Ollowains Nähe, das konnte sie nicht bestreiten, daher wehrte sie sich auch nicht. Sie ließ ihn gewähren. Er zog sie enger zu sich heran und liebkoste weiterhin ihren Hals und nun auch ihr Ohr. Yuki wurde schwindelig und griff nach seinem Arm, um sich festzuhalten. Ollowain drehte sie zu sich herum und schaute sie an. Sein Haar hing ihm in nassen Strähnen teilweise im Gesicht, teilweise klebte es an seinen Schultern. „Du dürftest eigentlich nicht hier sein.“ „Ich hab mich verlaufen…“ „Welch glücklicher Zufall!“ Dabei setzte er ein Grinsen auf, was Yuki vorher bei ihm nie sah, sie aber völlig verrückt machte. Er drückte ihren Körper an seinen und küsste sie. In dieser Situation war ihm alles egal. Er konnte lange die Fassung wahren, doch das war nun endgültig vorbei. Er wollte diese Frau. Nun hatte er sie und würde sie so schnell nicht wieder gehen lassen. Seine Atmung beschleunigte sich, so wie auch ihre. Als sie sich kurz voneinander lösten, betrachtete er wieder ihre faszinierenden Augen. „Ich kann mich deiner nicht mehr Erwehren, Yuki.“ „D-das…“ Doch bevor Yuki ansatzweise die richtigen Worte finden konnte, hob Ollowain sie aus dem Wasser und trug sie in das Nebenzimmer. Dort standen eine flache Liege, ein Tisch und mehrere Stühle. Er legte sie sanft auf das Bett und schaute sie lange an. „Ich stelle meine Bedürfnisse immer hinten an. Doch jetzt kann ich mich nicht mehr dagegen wehren. Ich weiß jetzt, was das für Gefühle sind, Yuki.“ Yuki schloss die Augen, denn jedes Wort wollte sie genießen. Sie war erstaunt, wie schnell sich solche intensiven Gefühle aufbauen konnten, doch sie war sich ihrer nun ganz sicher. „Ich liebe dich…!“, sagte er leise. Yuki lächelte und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich glaube, ich dich auch.“ Nachdem sie sich ihre Gefühle offenbart hatten, verbrachten sie die Nacht miteinander und Yuki wünschte sich zum ersten Mal, dass eine Nacht in Albenmark niemals enden würde. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 20. März 2012 Als Yuki am nächsten Morgen erwachte, war Ollowain bereits weg. Sie richtete sich auf und erschauerte kurz, denn ihr Körper kribbelte noch immer. Sie zog ihre Sachen an und verließ das große Bad. Auf dem Gang kamen ihr einige Bedienstete entgegen, doch Yuki versuchte sich an den Weg zu erinnern. Wohl eher durch Zufall, als durch Wissen erreichte sie den Trainingsplatz von gestern. Yulivee, Ollowain und sogar Eissi warteten schon auf sie. Sie beschleunigte ihre Schritte und senkte den Blick. „Entschuldigung, ich bin spät.“ „In der Tat“, bemerkte Yulivee trocken. „Wo warst du denn? Ich hab mir Sorgen gemacht!“, flüsterte Eissi ihr zu. „I-ich… ähm…“ Yuki blickte verstohlen zu Ollowain, doch der war in ein Gespräch mit Yulivee vertieft. Eissi folgte ihrem Blick und zog hörbar die Luft ein. „Ist nicht wahr! Sag mir nicht, dass du…!“ „Sei still, bitte!“ „Ist das dein Ernst? Ich meine… du und…?“ „Ja, ich und…“ „Wow. Ihr seid… ähm… schnell…“ Eissi zog die Augenbraue hoch und grinste. „Du weißt, was du ab sofort zu tun hast. Ich will alles, wirklich alles wissen, Süße!“ „Wie bitte? Da gibt es nichts zu wissen!“ Eissi lachte und legte ihre Hände auf Yuki’s Schultern. „Du hast dich selbst verraten!“ Mit diesen Worten schlenderte sie gemütlich auf ihre Seite des Trainingsfeldes. Yuki wurde wieder rot wie eine Tomate trottete auf ihre Seite. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ So verging kein Tag mehr, wo Eissi Yuki nicht nach Ollowain ausfragte. Irgendwann gab sie nach und erzählte von der Nacht und Eissi wünschte ihrer Freundin, dass daraus irgendwie etwas Festes wird. Yuki schrieb all ihre Erlebnisse weiterhin in ihr Tagebuch, weil sie nicht wollte, dass ihre Zeit hier in Vergessenheit geriet. Schließlich war der Tag gekommen, als ihr gemeinsames Training vorbei war. Yuki konnte nach dieser Zeit beinahe vollständig ihre Kräfte kontrollieren und Eissi würde es scheinbar zu einer vortrefflichen Magierin bringen. Yuki hingegen konnte es kaum erwarten, endlich mit dem Schwerttraining zu beginnen. Daher schlief sie in der Nacht vor dem 5. April 2012 auch sehr unruhig. - Ende Reise 1 Tag 2-30 - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)