Die Geflügelte Schlange - Schatten von Erzsebet (* * make love, not war * * - Teil 2) ================================================================================ 11. Hochzeitspläne (jugendfrei) ------------------------------- Barida erwachte mit einem unbestimmten Gefühl der Unruhe, als hätte sie etwas Wichtiges versäumt. Es stand noch ein Treffen des Kriegsrates in den Morgenstunden an. Die Nachrichten aus den tributpflichtigen Dörfern mußten inzwischen eingetroffen sein, die genauen Zeitplanung für den Feldzug konnte nun endlich gemacht werden. Aber am Anfang war die Anwesenheit der Regentin nicht zwingend erforderlich. Und Ergebnisse würden wohl erst kurz vor der Mittagsruhe zu erwarten sein. Außerdem gab es keinen Grund, warum der König an den Beratungen teilnehmen mußte. Sie würde ihm heute seine Freude mit den Fischen lassen. Natürlich wollte Barida Amemnas Verlobung mit ihrem Sohn vor dem Abrücken des Heeres verkünden, und dafür mußte sie noch, gewissermaßen amtlicherseits, Amemnas Weiblichkeit bestätigen lassen. Das konnte heute oder am nächsten Tag erledigt werden. Sie hatte vor, ihren eigenen Leibarzt und eine ältere Hebamme, die in den Adelsfamilien Tetraos' großes Ansehen genoß, mit der Prüfung zu beauftragen. Die beiden konnte sie jederzeit zu sich bestellen. Und Amemna würde nicht wagen, sein Wort zu brechen, immerhin hing das Leben seiner 579 Söldner davon ab. Ihr Ostlereunuch, nein, ihr ehemaliger Ostlereunuch, mußte vorsichtshalber unter Beobachtung gestellt werden. Wer konnte schon ahnen, welche Energie ein wieder zum Mann gewordener Eunuch entwickelte, um sich aus der Sklaverei zu befreien? Das sollte sie nicht zu lange hinausschieben, aber so früh am Morgen, kaum daß die Dächer des angrenzenden Palastflügels zu erkennen waren, hatte sie auch in dieser Angelegenheit wohl noch nichts versäumt. Barida stand auf, ging an das Fenster und erkannte, warum das Gefühl der Unruhe sie umtrieb. Über den Bergen und auch über der Stadt waren dicke Wolken zu erkennen. Heute schon, spätestens aber morgen würde die Regenzeit beginnen. Vor der Mittagsruhe würde wohl der Abmarschbefehl an die beiden Heerlager hinausgehen, und mit dem Söldnerheer würde auch sein Birh-Melack ziehen, ob es Barida nun gefiel oder nicht. Barida gelang es, die aufkommende Hektik zurückzudrängen. Wenn das Heer ohnehin abzog, hatte sie kein Druckmittel gegen Amemna mehr - außer sie schätzte die Bedeutung, die seine Männlichkeit für ihn hatte, richtig ein. Nichts war bisher verloren, für alles war genug Zeit. Mit neuer Zuversicht setzte sie sich an den Tisch vor dem Fenster und schrieb einen Brief an den Birh-Melack. "Ihr erinnert euch an unser Gespräch gestern Nacht, und eure Zusage. Ich werde in Kürze einen Arzt und eine Hebamme zu euch schicken, die im Auftrag des Thronrates prüfen, ob ihr tatsächlich ein Weib seid. Wollt ihr nicht doch noch Teile eures Körpers verlieren, an denen mir nicht so viel liegt wie am Wohl meines Sohnes, versteckt sie mit Binden, so daß man unter einem Gewand nichts davon ahnt, welcher Art eure Natur ist. Barida." Barida war sicher, Amemna damit zum unbedingten Gehorsam bewegen zu können. Zufrieden befahl sie also ihrer Zwergin, den versiegelten Brief und einige Leinenbinden zum Birh-Melack zu bringen, schickte eine Dienerin, den Arzt und die Hebamme zu ihr zu bestellen und eine andere, den Thronrat einzuberufen, dann ließ sie sich von ihren Zofen bei ihrer Morgentoilette helfen. Bevor sie ganz fertig war, wurden schon der Arzt und die Hebamme zu ihr geführt und Barida beschrieb ihnen ihre Aufgabe. "In den Gemächern des Birh-Melack befindet sich eine Frau, die sich bisher allenthalben in Männergewändern gezeigt hat. Da sie als Gattin meines Sohnes in Betracht gezogen wird, aber aufgrund ihres vorherigen Wirkens Zweifel an ihrer weiblichen Natur aufkommen könnten, sollen diese Zweifel durch eine nach Möglichkeit respektvolle Untersuchung ausgeräumt werden. Ich habe die junge Frau bereits benachrichtigt und sie erwartet euch." "Und wem berichten wir das Untersuchungsergebnis?" wollte der Arzt wissen. "Falls Bedarf besteht, berichtet ihr dem Thronrat, der im kleinen Beratungsraum einberufen wurde", erwiderte Barida. "Haltet euch nach der Prüfung zur Verfügung, bis ihr anderes von mir hört." * Im kleinen Beratungsraum warteten mit den Schreibern schon sechs der sieben Männer des Thronrates, unter anderem der Finanzminister, der Hohepriester Upars und der Bürgermeister der Stadt, als Barida endlich eintraf und sich auf ihren Platz am Kopfende des Tisches setzte. "Majestät", begann der Finanzminister. "Ich soll den Kriegsminister entschuldigen, er ist zur Zeit bei den Beratungen nebenan unabkömmlich." Barida nickte. Auch sie würde sich wohl noch beim Kriegsrat blicken lassen müssen. "Hier geht es um die Verheiratung meines Sohnes. Die aktuellen Kriegsangelegenheiten sind davon nicht direkt betroffen, sie beeinflussen aber die Zeitplanung für die Verlobung und Vermählung unseres Königs." Die Männer nickten zu Baridas Worten, aber konzentrierten sich mehr auf die gebratenen und gebackenen Köstlichkeiten, die als Vormittagsimbiss vor ihnen auf dem Tisch standen. Bisher war die Vermählung des Königs und die damit über kurz oder lang verbundene Ablösung Baridas als Regentin nie ein ernsthaftes Thema des Thronrates gewesen, vermutlich vor allem deshalb, weil es bisher immer gelungen war, keinen Mann in den Thronrat aufzunehmen, der sich durch eine unverheiratete Tochter im heiratsfähigen Alter einen Machtvorteil im Rat hätte verschaffen können. Man hatte die Frage der Verehelichung des Königs bisher mehr oder weniger stillschweigend in Baridas Händen gelassen, also konnte sie den Thronrat nun auch vor vollendete Tatsachen stellen. "Ich bin schon seit geraumer Zeit der Meinung", begann sie mit fester Stimme, "daß mein Sohn bald vermählt werden sollte, denn ich bin inzwischen in einem Alter, da die Verpflichtungen des Regentenamtes schon fast zu schwer auf meinen schmalen Schultern lasten." Es gab murmelnde Laute des Bedauerns und der Zustimmung und der Bürgermeister warf ein: "Allerdings bedarf es zu einer Vermählung einer geeigneten Kandidatin, Majestät." "Richtig", stimmte Barida ihm zu. "Aber wie es den Göttern gefiel, habe ich im Söldnerlager eine junge Frau entdeckt, die meiner Meinung nach eine ideale Kandidatin als Gemahlin meines Sohnes wäre. Ihre Verbundenheit mit dem Söldnerheer macht jedoch eine unziemliche Eile der Verlobung erforderlich, da angesichts der vorzeitig eintretenden Regenzeit wohl mit einem baldigen Abzug des Heeres zu rechnen ist." "Vermutlich noch am heutigen Tage, Majestät", warf nun der Finanzminister ein. "Könnt ihr uns nicht ein bißchen mehr über diese Kandidatin berichten, Majestät?" fragte der Hohepriester nach. Barida nickte. "Natürlich, Eminenz. Ich habe einige Male mit der jungen Frau gesprochen. Ihr Lebenswandel ist untadelig, sie entstammt einem Fürstengeschlecht, ist gebildet und intelligent, und meinem Eindruck nach ist zu erwarten, daß sie in wenigen Jahren auch meinen Platz als Regentin ausfüllen kann. Außerdem wird sie dem König aller Voraussicht nach wenigstens einen Sohn gebären können, so daß die Linie der Könige von Tetraos weitergeführt wird." "Und ist sie hübsch, Majestät?" fragte der Bürgermeister mit gelindem Interesse. "Ja, soweit ich das beurteilen kann", entgegnete Barida steif. Es fehlte noch, daß sich verbreitete, wie Barida Amemnas Schönheit pries. Die abendlichen Einbestellungen konnte sie immer noch zu Unterredungen mit der zukünftigen Braut erklären. "Wir würden sie gerne sehen und befragen, Majestät", sagte der Hohepriester langsam, holte von den anderen Männern am Tisch durch prüfende Blicke Zustimmung ein. "Aber natürlich, Eminenz", beeilte Barida sich, zuzustimmen. "Und falls sie geeignet ist, Majestät, kann natürlich keinesfalls erlaubt werden, daß sie womöglich das Söldnerheer auf dem Heerzug nach Hannai begleitet", ergänzte der Hohepriester noch. Das war Barida nur recht und sie nickte entschieden. Sie hoffte, daß die Söldnereinheit auch ohne Amemnas Führung ihre Aufgabe zufriedenstellend erfüllte, denn sie hatte keinen Zweifel daran, daß ihr göttergesandter Liebhaber jeden von seiner Eignung als Königsgattin überzeugen würde. Dann winkte sie einen Schreiber heran. "Schick einen Diener zu den Gemächern des Birh-Melack und laß sagen, daß der Thronrat die Braut des Königs kennenlernen will." Kurz nachdem der Schreiber den kleinen Beratungsraum verlassen hatte, kam ein Schreiber des Kriegsministers herein. "Majestät", sagte er mit einer Verbeugung vor Barida, "mein Herr weiß, daß auch die hier besprochenen Dinge keinen Aufschub dulden, aber er bittet euch dennoch, für eine kurze Unterredung in den Kriegsrat zu kommen." "Können die Herren mich eine Weile entschuldigen?" fragte Barida also in die Runde. Die Männer nickten und der Hohepriester sagte mit einem angedeuteten, fast frech zu nennenden Lächeln: "Majestät, es ist vielleicht sogar ganz gut, wenn die junge Frau uns zunächst in eurer Abwesenheit Rede und Antwort steht, damit wir feststellen können, ob sie euch wahrhaft ebenbürtig ist." Es klang allerdings eher so, als wolle er nur sicherstellen, daß Barida der Kandidatin nicht ihre Antworten eingab. Nun, da konnte er beruhigt sein. Amemna würde überzeugend für sich selbst sprechen. Und Barida würde den Besuch im Kriegsrat so lange ausdehnen, wie es eben angemessen war, wenn man eigentlich einer anderen Beratung beiwohnen sollte. Sie ging also rasch in den benachbarten großen Beratungsraum, in dem der Feldherr, die Oberbefehlshaber der Verbündeten und der Kriegsminister um den Sandtisch standen. "Mir wurde gesagt, ihr wolltet mich dringend sprechen." Der Feldherr nickte und kam gleich zur Sache. "Majestät, angesichts des Wetterumschwungs sind wir wohl gezwungen, die Heeresteile unabhängig voneinander aufbrechen zu lassen. Die neu ausgehobenen Truppenteile werden erst morgen und übermorgen marschbereit sein, aber die beiden Heerlager in der Ebene müssen in jedem Fall noch heute aufgelöst werden. Wenn der Monsun erst beginnt, werden sie ansonsten unterspült." "Wir werden die Heeresteile wohl nahe Tarib zusammenführen, Majestät", ergänzte der Kriegsminister diese Ausführungen und zeigte auf eine kleine Ortschaft, die zwischen den die Grasberge darstellenden Hügeln an der Handelsstraße nach Hannai lag. "Ist das nicht der Punkt, von wo ihr die Leichte Reiterei und die Letrani vorschicken wolltet, um den Aussichtshügel zu besetzen?" fragte Barida nach. Der Feldherr nickte und der Kriegsminister sagte ehrerbietig: "Ja, Majestät, Tarib ist der schon ursprünglich für unser erstes Nachtlager anvisierte Punkt. Insofern ändert sich also nicht viel, nur steigt natürlich die Verletzlichkeit der neu ausgehobenen Truppenteile, wenn sie nicht von Anbeginn im Schutze des gesamten Heeres marschieren, sondern den Weg zunächst allein nehmen müssen, bei schlechtem Wetter und stets in der Gefahr, daß irgendwo hier in den Grasbergen", und er zeigte vage zwischen Tetraos und Tarib, "doch noch Reste der Hannaiim verborgen liegen." "Können nicht die Reiterei unserer Söldner und der Letrani für ihren Schutz sorgen?" fragte Barida nach. "Das haben wir auch schon überlegt, Majestät", gab der Feldherr zurück, "aber wir konnten diese Angelegenheit noch nicht in jedem Detail besprechen, weil der Birh-Melack der Söldner auf euren Befehl aus den Beratungen gerufen wurde." "Wir hoffen, daß er in Kürze wieder hier erscheint, Majestät", setzte der Kriegsminister drängend hinzu. Scheinbar hatte der Kriegsrat sie also nur Amemnas Abwesenheit wegen zu den Beratungen gerufen. Barida lächelte entschuldigend. "Ich werde selbstverständlich dafür sorgen, daß der Birh-Melack zu euren Beratungen zurückkehrt. Entschuldigt, daß ich euch die Planung so erschwert habe. Wenn es recht ist, werde ich jetzt wieder nach nebenan zum Thronrat gehen, der Birh-Melack steht euch spätestens dann wieder zur Verfügung, wenn die Angelegenheit dort erledigt ist." Die Männer nickten ergeben und Barida ging. * Nachdem Barida sich frisch gemacht hatte, fand sie den Thronrat in ausgesprochen guter Laune vor, sie sah lauter lächelnde Gesichter. "Eine wahrhaft passende Gattin, die ihr für unseren König gefunden habt, Majestät", sagte der Hohepriester des Stadtgottes, kaum das Barida wieder in den Raum trat. Also schien es ja schon beschlossene Sache zu sein. Und ihr Leibarzt nickte Barida von der Bank neben den Schreibern mit einem entspannten Lächeln zu, also war auch die Prüfung erfolgreich verlaufen. Nun konnte nichts mehr schief gehen, dachte Barida erleichtert und kehrte zurück an ihren Platz am Kopf des Tisches. Und endlich sah sie zu der in dem bodenlangen orangenen Gewand und dem bestickten Schleier sehr weiblich wirkenden Person hinüber, die auf der anderen Seite des Tisches stand und anscheinend die Fragen der Männern des Thronrates zur vollen Zufriedenheit beantwortet hatte, während Barida im Kriegsrat gewesen war. Es war eine gute Idee von Amemna gewesen, hier in den Gewändern einer Frau zu erscheinen. Und dann wurde Barida klar, daß diese sanft lächelnde Frau nicht Amemna war, sondern die Amapriesterin aus dem Heerlager der Söldner. Und sie bekam keine Gelegenheit, dagegen zu protestieren, denn von allen Seiten beglückwünschten die Angehörigen des Thronrates nun die Regentin zu ihrer guten Wahl der zukünftigen Königsgattin. Und die Priesterin nickte Barida sehr freundlich zu. Aber Barida konnte den Spieß auch umdrehen. "Was ist mit eurem Sohn?" fragte sie die Priesterin herausfordernd. "Wir hatten uns schon darauf geeinigt, daß er am Hofe eine angemessene Erziehung erhält, Majestät", ließ sich der Finanzminister darauf vernehmen. "Und könnt ihr eure Pflichten als Priesterin der Ama einfach so ablegen?" wollte Barida dann wissen. "Ich habe eine Schülerin, die geradezu darauf brennt, meine Nachfolge anzutreten, Majestät. Sie ist nun bereit dafür und ich bin dafür bereit, das Amt als Priesterin hinter mir zu lassen", antwortete die Priesterin mit ihrer so unverwechselbar hellen, klaren Stimme wahrhaft hoheitsvoll. "Ich würde dem König ein tugendhaftes Weib sein." "Prinzessin, ihr werdet die Gemahlin des Königs", sagte der Hohepriester Upars nachdrücklich. "Da die Regentin euch vorschlug, war die Entscheidung des Thronrates einstimmig, auch wenn ihre Majestät in dem Moment der Abstimmung gerade abwesend war." Zufriedenes Gemurmel erhob sich in der Runde. Das würde Amemna ihr noch büßen, schwor Barida sich. "Also verkünden wir heute Abend die Verlobung Parsan Faretims, König von Tetraos mit Lilain Hiame von Berresh", sagte der Haushofmeister im Aufstehen. "Ich werde mich sofort um die Festvorbereitungen kümmern." Nun, immerhin war sie eine Fürstentochter alten Geschlechts, wenn sie zu Recht ihren Namen trug. Der kleine Beratungsraum leerte sich rasch, und schließlich waren die Priesterin - Lilain Hiame - und Barida allein. "Ihr wißt, daß ich nicht euch ausgewählt hatte, meinen Sohn zu heiraten", sagte Barida geradeheraus. Lilain nickte. "Ja, aber eure Wahl war nicht gut. Euer Sohn braucht keinen Spielkameraden sondern eine Gattin, die später aus euren Händen die Regentschaft übernehmen kann, bis der Sohn des Königs alt genug ist, die Königswürde zu tragen." Es hätten Baridas eigene Worte sein können. "Wieso meint ihr, Amemna wäre meinem Sohn eher ein Spielkamerad als eine Gattin gewesen?" "Amemna ist viel zu jung, um ihr eine solche Verantwortung aufzubürden. Sie kennt ihre eigenen Kräfte nicht, sie versteht noch nicht, was sie von uns Sterblichen unterscheidet. Nun, vielleicht beginnt sie langsam, es zu verstehen. Euer Sohn braucht jedoch einen Menschen an seiner Seite, keine Göttin der Lüste. Und in meinem Sohn kann er außerdem einen Spielkameraden haben." "Aber es war nicht eure eigene Entscheidung, den König zu heiraten, oder?" wollte Barida wissen. Lilain sah hinaus aus dem Fenster. Die Wolken trieben langsam über die Ebene. Bald würde der Regen kommen. "Ich habe letztendlich selbst die Entscheidung getroffen, aber zugleich begleiche ich auch eine Lebensschuld." Barida war sicher, daß sie nicht einmal durch eine peinliche Befragungen ihrer Spione herausfinden würde, wie es Amemna genau gelungen war, die Priesterin dem Thronrat vorzustellen, ohne daß Barida selbst eine Chance gehabt hatte einzuschreiten, bevor es zu spät war. Und sie nahm an, daß Amemna dafür wohl eine Reihe von Schulden eingetrieben hatte. Aber noch war die Göttin der Lüste, wie Lilain Amemna genannt hatte, wohl hier im Palast, jetzt vermutlich wieder im Kriegsrat. Barida musterte Lilain noch einmal. Amemna hätte einen schlechteren Ersatz finden können. "Sorgt dafür, daß eure Besitztümer und euer Sohn hier in den Palast gebracht werden, Priesterin. Bedient euch der Palastdiener und -wachen wie immer ihr es für richtig haltet", gebot Barida. "Nennt mich bitte Lilain, Schwiegermutter", antwortete die ehemalige Priesterin darauf. Barida nickte zur Bestätigung, daß sie verstanden hatte, dann verließ sie den kleinen Beratungsraum, um den Kriegsrat wieder mit ihrer Anwesenheit zu beehren. * Schon als sie die Tür des großen Beratungsraumes öffnete, konnte Barida Amemnas weißhaarigen Schopf zwischen den schwarz- und grauhaarigen Männern, die sich über den Sandtisch beugten, erkennen. Die Männer begrüßten die Regentin und der Kriegsminister erläuterte ihr die geplante Vorgehensweise zur Zusammenführung der Truppenteile bei Tarib. Zunächst sollten die neu ausgehobenen Truppen in einem Bergdorf nahe Tetraos gesammelt werden. Da zu erwarten war, daß diese Sammlung etwa zwei Tage dauern würde, sollte die Leichte Reiterei in den Grasbergen patrouillieren, um etwaig verbliebene Hannaiim zu vertreiben und die Reiterei der Letrani sollte dann in voraussichtlich zwei Tagen für den Schutz der neuen Fußtruppen beim Marsch durch die Grasberge sorgen. Mit diesem Bericht war der Kriegsrat zunächst beendet und der Befehl erging, die Heerlager abzubauen und sich zum Marsch nach Süden zu sammeln. Genauere Anweisungen für den Marsch selbst würde es zur Mittagsstunde im Feldherrenzelt der Tetraosi geben. Barida winkte Amemna zu sich und er blieb so dicht vor ihr stehen, daß sie den Kopf etwas in den Nacken legen mußte, um ihm in seine eisgrauen Augen zu schauen. "Ich habe noch einige Fragen an euch, Birh-Melack, bevor ihr Tetraos verlaßt", sagte sie mit um Festigkeit bemühter Stimme. Er war so bedrohlich groß und anders als bei ihren nächtlichen Treffen trug er nun einen Dolch und ein langes Oshey-Schwert in seinem Gürtel. Aber Amemna nickte und fragte höflich: "Wo wollt ihrr mit mirr sprrechen, Majestät?" Diese tiefe, eher männliche Stimme hätte Barida nie mit der Stimme der Priesterin verwechseln können, jedoch der bloße Anschein und ihre eigenen Erwartungen hatten diese Macht gehabt. "Da ihr nun wohl eure Abreise vorbereitet, gerne in euren Gemächern", antwortet Barida ernüchtert. Amemna willigte ein und ging mit langen Schritten durch die Gänge, so daß Barida Probleme hatte, ihm zu folgen. Die Gemächer, die dem Söldnerführer zur Verfügung gestellt worden war, sahen aus, als seien ihre Bewohner schon ausgezogen, aber in einem Zimmer lagen doch noch Kleidungsstücke auf einen Stuhl, ein paar lederner Satteltaschen daneben, und der Helm des Birh-Melack, mit gelbem Federbusch, umwickelt mit einem bunten Turban, stand auf einem Tisch in der Nähe. Keiner hatte sich darum gekümmert, das Bett in diesem Zimmer zu machen und auf dem Kissen waren deutlich die Abdrücke von zwei Köpfen zu erkennen. Amemna sah Barida erwartungsvoll an. "Was wollt ihrr mit mirr besprrechen?" Die Tür des Zimmers und die des Vorzimmers zum Gang stand noch auf. Barida schloß die Zimmertür und lehnte sich von innen dagegen. "Ihr habt euer Wort nicht gehalten und ihr habt euch meinem Befehl widersetzt, womit ihr wiederum den Vertrag verletzt habt, Birh-Melack", erklärte Barida langsam. "Ihrr sagtet, ihrr wünscht fürr eurren Sohn eine intelligente, gebildete Frrau edlerr Herrkunft, zudem hübsch und frruchtbarr, die dem König rrespektvoll begegnet und irrgendwann eurre Nachfolge antrritt, Majestät. Genau eine solche Frrau wirrd err bekommen", Amemna verschränkte seine Arme vor der Brust. "Ich wärre eurrem Sohn keine Frrau gewesen." Das klang sehr entschieden. "Ich könnte euch noch immer kastrieren lassen", erinnerte Barida ihn. "Ihrr könntet mirr Schmerrzen berreiten, Majestät", berichtigte Amemna sie. "Denkt nicht, daß mirr an mirr selbst nicht gelingt, was mirr an eurrem Sklaven gelang." Barida sah ein, daß er damit wohl recht hatte. Ihr Blick fiel wieder auf die nebeneinanderliegenden Mulden im Kopfkissen. Die Berichte ihrer Spione schwiegen dummerweise zum Liebesleben ihres Söldnerführers. "Mit wem habt ihr euer Bett hier geteilt?" fragte sie also geradeheraus, zeigte auf das Kopfkissen. "Mit einem eurer Leibwächter? Mit einem Mann, der euch als Frau nimmt?" Sie hatte ins Blaue hinein Vermutungen angestellt, aber als Amemnas Augen sich leicht verengten wußte sie, daß sie ins Schwarze getroffen hatte. "Ein Mann, der euch ausschließlich als Frau nimmt, nicht wahr?" Amemna wich ihrem Blick aus. "Ihm seid ihr also eine Frau. Warum wolltet ihr das nicht für meinen Sohn sein?" Aber Barida erwartete keine Antwort. Der Grund für solch irrationales Verhalten hieß zumeist 'Liebe'. Barida erinnerte sich mit Wehmut daran, wie leidenschaftlich Amemna als Mann gewesen war, wie sehr er offenbar genossen hatte, sowohl als Mann als auch als Frau zu lieben, und gleichzeitig fühlte sie soetwas wie Mitleid mit ihm, da er zumindest seinem Osheygefährten nie ein Mann sein durfte. Und dann hatte Barida eine Idee, was sie mit ihrem für sich selbst unbrauchbar gewordenen ehemaligen Eunuchen machen konnte. "Ich werde euch noch ein Abschiedsgeschenk schicken, Birh-Melack", sagte Barida zärtlich, als die Erinnerung an die beiden Nächte mit Amemna das Feuer der Erregung noch einmal in ihr glühen ließ und sie angenehm wärmte. Vielleicht trug sie sogar ein Andenken an Amemna in ihrem Leib, denn die rechte Zeit wäre es gewesen, als er sie mit seiner jugendlichen und sehr männlichen Kraft genommen hatte. Barida drehte sich um, wollte die Tür öffnen, aber Amemna war plötzlich so dicht bei ihr, stützte die Arme rechts und links neben Barida gegen die Tür. "Errlaube mirr, dirr ebenfalls ein Abschiedsgeschenk zu machen, Barrida", hauchte er in ihr Ohr und Barida erschauderte vor plötzlich aufwallender Lust. Bevor sie wußte, wie ihr geschah, hatte er sie gepackt, auf einen freien Stuhl gesetzt und schob nun ihr Gewand nach oben, bis er ihre Scham enthüllt hatte. Erwartungsvoll spreizte Barida die Beine, soweit das in einem Stuhl mit Armlehnen möglich war und Amemna kniete sich vor sie. Er drückte sanfte Küsse auf ihre Oberschenkel, ... Amemna sah erneut zu ihr hinauf. "Behalte mich nicht in schlechterr Erinnerrung, Barrida", sagte er zwischen heftig gewordenen Atemzügen leise keuchend, ... Barida zitterte unkontrollierbar, hielt sich an den Lehnen des Stuhles fest und nahm nur am Rande wahr, daß Amemna ihre Beine losließ. Sie schloß die Augen und ließ sich endlich fallen. Einen Augenblick später stellte Barida fest, daß sie allein in einem leeren Zimmer saß. Ihr Kleid war wieder über ihre Beine nach unten gerutscht. Was immer Amemna mit ihr gemacht hatte, es schien nicht von dieser Welt gewesen zu sein. Und erstmals verstand sie wirklich, was es bedeutete, von der Göttin berührt worden zu sein. * * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)