Alea Iacta Est von Night_Baroness (Partner-FF by Corab & Night_Baroness) ================================================================================ Kapitel 17: Mäusejagd --------------------- 17. Kapitel: Mäusejagd ~ by Night Baroness „Hallo, Etsuko, bist du da? Ja, du hast richtig gehört. Ich habe eine deiner Wanzen gefunden, du miese Schlampe. Und weißt du was? Ich werde auch die anderen finden. Und dann werde ich dich jagen. Und dich finden. Und dann“ Er lachte, lud seine Worte mit Hass auf. „werde ich dich zur Strecke bringen.“ Was für ein Narr du bist, Shinichi Kudo, was für ein alberner Narr. Du denkst also, du kannst mich herausfordern? Du denkst wirklich, wir stünden auf einer Stufe, könnten uns messen wie zwei Krieger, Auge um Auge, Zahn um Zahn? Vollkommen gleichwertig? Bist du wirklich so naiv? Du denkst, dein Schicksal leitet dich, zeigt dir einen klaren Weg und deine Willensstärke führt dich ans Ziel? Du denkst, du bist mir überlegen, weil du Ideale hast, weil du für etwas kämpfst? Das ist einfach falsch. Wir haben die gleichen Chancen, aber der Unterschied ist, dass ich sie besser nutzen kann. Ich werde dir immer einen Schritt voraus sein. Du trauerst immer noch um deine Frau und obwohl ich sie getötet habe, glaubst du an die Menschen. Du glaubst an die Wahrheit und an das Gute. Ich weiß es besser. Was macht den Menschen wertvoller als das Tier? Seine Moral? Sein Verstand? Sein Herz? Diese Dinge gelten als wertvoll und doch sind sie so leicht zu zerstören. Nimm die Gesellschaft weg und du hast das Chaos. Nimm das Gesetz und du hast die Anarchie. Menschen fressen Menschen, so oft sie können, zertrampeln und zerstören sie, nur, um ihren eigenen Profit zu steigern. Warum also sollte man sie nicht jagen dürfen? Warum sollte man sie nicht töten dürfen? Das ist der Unterschied zwischen uns, der für den Sieg entscheidende Faktor. Ich bin nur ein Mensch unter Menschen, vielleicht sogar besser. Immerhin bin ich fair, ich lasse ihnen eine Chance. Eine letzte Chance. Na endlich. Etsuko entspannte sich sichtlich, als die Zielperson das Haus betrat. Zu lange schon hatte sie darauf gewartet. Seit beinahe zwei Stunden lag sie auf der Lauer wie eine wachsame Raubkatze auf der Jagd, jede Muskelfaser angespannt, jeden Augenblick bereit zum Sprung. Wie lange es wohl dauert? Sie setzte sich ein wenig auf, um der tauben Lähmung entgegenzuwirken, die ihre Glieder steif werden ließ. Sie musste körperlich fit sein, wenn sie ihren Plan umsetzen wollte. Ein kleiner Laut. Ein Schrei könnte alles gefährden. Ihr Körper wuchs noch ein Stück weiter in die Höhe, wohlbedacht weiterhin vom dichten Blattwerk bedeckt zu halten. Wachsam bleiben. Das war zweifellos noch entscheidender in diesem neuen Spiel, das noch wesentlich komplexer und origineller war als das Übliche. Sie musste grinsen. Jetzt haben wir doch tatsächlich schon die nächste Ebene erreicht. Aber jeder erfahrener Spieler wusste, dass ein solcher Fortschritt nur Grund zu noch strengerer Vorsicht und noch akribischerer Planung war. Jede neue Stufe bedeutete neue Fallen, neue Schwierigkeiten und Gefahren, die einem zum Verhängnis wurden, wenn man nicht aufpasste. So interessant dieses Spiel auch war, so viel Freude es ihr bereitete, zunächst musste sie sich auf die Jagd konzentrieren. Bei der Menschenjagd galt das Gleiche wie bei der Jagd nach Tieren. Verteil das Fell des Bären nicht, bevor du ihn erlegt hast. Langsam und lautlos wie auf Samtpfoten setzte sich die kluge Jägerin in Bewegung. Vorfreude und Jagdlust ließen sie alles vergessen. Wie von selbst löste sich die Taubheit und machte glatter, funktionaler Geschmeidigkeit Platz, derer tödlichen Präzision sonst wohl nur Raubtiere habhaft waren. Ist der Mensch nicht auch nicht nur ein Raubtier? Schritt für Schritt kam sie dem Haus und dem Spielstein darin näher. Die Ohren waren gespitzt, die Augen in festem Blick auf das nächste Fenster gerichtet wie durch das Visier eines Scharfschützengewehrs. Gleich ist es soweit. Beinahe glaubte sie, ihren Sieg schon fühlen zu können, als ihre Finger über den rauen Stein des Hauses strichen. Freust du dich schon? Spürst du das warme Blut, wie es fließt? Riechst du das saftige Fleisch, wie es brennt? Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals, als es unaufhörlich Adrenalin durch ihren Körper pumpte und sie doch zwang, sich zu mäßigen, um sich nicht vollkommen einem euphorischen Blutrausch hinzugeben. Wie ein Aal glitt sie an der Wand herab und griff nach einem großen Stein. Phase 1: Annäherung Sie hob den Stein bedächtig in die Höhe, als wäre er trotz seiner schlichten Oberfläche etwas besonders Wertvolles. Leicht geduckt näherte sie sich langsam dem Fenster, eine Hand immer noch über den Putz streichend, die andere fest um den Stein geschlossen. Da bist du ja. Phase 2: Fixierung Ihr Opfer saß dem Fenster gegenüber, mit dem Rücken zu ihr, den Kopf über ein Buch gebeugt. Etsukos Hand fühlte nun Glas. Angreifbar. Verwundbar. Sofort drehte sie sich, sodass sie mit dem Rücken an der rauen Wand lehnte und vorsichtig in das Wohnzimmer schauen konnte, ohne dass man sie bemerkte. Ihr Herzschlag verlangsamte sich ein wenig. Ihr Adrenalinrausch machte Klarheit Platz, durch die sie die Situation mit technischer Distanz erfassen konnte. Diese Ruhe war eines ihrer zahllosen Talente und vermutlich das wichtigste. Der Stein fühlte sich angenehm kalt zwischen ihren Fingern an. Ihre Wimpern huschten ein paar Mal über ihre Augen, dann wurden Lider und Blick vollkommen starr. Eigentlich war alles ganz einfach, sie würde das Fenster einwerfen und ehe Verwirrung und Schock gewichen waren, ihr Opfer längst handlungsunfähig gemacht haben. Ein Betäubungsmittel hatte sie sich bereits bei einem befreundeten Apotheker besorgt. Trotz aller Vorsorge, war es ein riskantes Unterfangen. Doch es war nicht das erste Mal, dass sie sich auf ihr Glück verließ. Warum auch nicht? Letzten Endes war es immer noch zuverlässiger als ein dubioses Schicksal oder ein Gott, der einem Wolkenschlösser versprach. Los jetzt. „Aber lass jetzt nicht die Arbeit schweifen, nur weil deine Frau schwanger ist!“ Abrupt blieb Etsuko stehen. Das Entsetzen kroch ähnlich wie das lange Lauern als Lähmung in ihre Glieder. Was zur Hölle machst du hier? Leicht benommen ließ sie den Stein, den sie immer noch in der Hand hielt mit einer mechanischen Bewegung sinken und zog sich hastig vom Fenster zurück, aus dem die Stimmen dumpf zu ihr drangen. „Das hatten wir doch schon besprochen, erst einmal nimmt sich nur Kazuha frei und dann sehen wir weiter.“ „Denk dran, mein Sohn, von Nichts kommt Nichts.“ Ächzend ließ der fremde Mann sich auf einen Stuhl fallen. „Ich werde auch nicht jünger und ich möchte schon noch mitbekommen, wie mein Sohn die Karriereleiter hinaufklettert und irgendwann oberster Staatsanwalt wird, anstatt den ganzen Tag den Babysitter zu spielen.“ „Was du nicht sagst.“ Stille. Ärgerlich knirschte sie mit den Zähnen. Auch wenn so etwas durch den Zufall, an den sie fest glaubte, fast unvermeidlich war, so hasste sie es doch wie die Pest, wenn ihre Pläne nicht aufgingen. Glück und Unglück mochten zwei Seiten einer Medaille sein, aber mittlerweile hatte sie so oft die eine Seite gesehen, dass die erneute Begegnung mit der anderen ungewohnt schmerzhaft war. Närrin. Was hatte sie nicht bedacht? Sie hatte das Haus doch die ganze Zeit observiert, wie hatte ihr der ältere Mann mit grau-meliertem Haar entgehen können? War er vorbeigekommen, als sie durch ihre Gedanken abgelenkt gewesen war? Als sie mit der Beschattung begonnen hatte, war kein Auto vor dem Haus gewesen. Also war der Mann später gekommen und sie hatte ihn übersehen. Diese Überlegungen fühlten sich wie blanke Messer an, die in ihr rohes Fleisch schnitten und sie alles um sich herum vergessen ließen. Verdammt. Solche Fehler waren fatal und trotzdem wäre sie fast mit einem siegesgewissen Lächeln in eine Katastrophe gerannt wie ein panisches Reh, das direkt auf die grellen Autoscheinwerfer zuläuft, die es blenden. Hattori allein hätte sie überwältigen können, das Überraschungsmoment ausnutzen, um sich auf ihn zu stürzen, ihn zu betäuben und zu verschleppen. So simpel ist die Jagd. Aber im Beisein seines Vaters war das Risiko zu groß. Zwei ausgewachsene Männer konnten ihr Probleme bereiten, weitaus mehr als ihren Plan in Gefahr bringen. So sehr Etsuko es auch hasste, ihre einzige Option war der Rückzug. Mit eingezogenem Schwanz musste sie umkehren, während Hattori und seine Frau glückselig in ihrem trauten Heim über die baldige Geburt des Kindes und ihr wertlos gewöhnliches Leben sinnierten! Oh, wie sehr sie es hasste. Wütend drückte sie den Stein so fest in ihrer Faust zusammen, dass seine scharfen Kanten in ihre Haut schnitten und heißes, dunkles Blut heraustropfte. Reiß dich zusammen, zischte es in ihr. Lass dich nicht beirren, wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue, oder nicht? Sie erstickte ihr eigenes zynisches Lachen, bevor es sich ihrer Kehle entwinden konnte. Was soll’s? Was spielte es schon für eine Rolle, wie sie spielten? Was machte es aus, welchen Regeln sie folgten? Sie war es immer noch, die die Fäden in der Hand hielt, sie war der Jäger und Hattori das Opfer, es war nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn in die Enge getrieben hatte. Sie würde… Das laute Knacken eines unter ihrem Schuh zerbrechenden Astes schreckte sie aus ihren zornigen Gedanken. „Hast du etwas gehört?“ Sie erstarrte zur Salzsäule und lauschte voller Anspannung mit gespitzten Ohren. „Meinst du, da draußen ist jemand?“ Schritte. Die Stille war gebrochen und schien durch unnatürlich laute Geräusche ausgetauscht worden zu sein. Selbst das Tropfen des Blutes glich im Angesicht der Gefahr, entdeckt zu werden verräterischen Trommelschlägen. „Hallo?“ Heiji Hattoris Kopf lugte im selben Moment aus dem Fenster, als Etsukos Starre sich blitzartig löste und sie sich hinter die Hausecke schob. Es hatte sie ihre gesamte Körperbeherrschung gekostet, so schnell und lautlos zu verschwinden. Keine Zeit, keine Zeit. Wieso fiel ihr gerade jetzt das Kaninchen aus Alice im Wunderland wieder ein? War es nicht schon so lange her, dass es beinahe nicht mehr wahr war, dass sie es gelesen hatte? Allerdings konnte man diesem Gedankensprung zumindest eine kleine Wahrheit abgewinnen, wenn man ihn nicht als sinnloses Zeugnis der jäh aufkeimenden Angst betrachten wollte. Sie lächelte müde, wohlbedacht, die Erinnerung an das Leben, das sie einst geführt hatte, so schnell wie möglich abzuschütteln wie ein lästiges Insekt. Lass niemals deine Deckung fallen, sei schnell und undurchschaubar. Tue nie, was sie erwarten. „Ist das Blut?“ Nun erschien auch Heijis Vater am Fenster. „Hmm… seltsam. Vielleicht hat sich ein Tier an den Steinen verletzt? Ihr wohnt ja recht nah am Wald…“ Ebenso geräuschlos, wie er gekommen war, verschwand der Schatten, der sich dem Haus der Hattoris wie ein drohendes Gewitter genähert hatte, einem erfolglosen Jäger gleich, zwischen den finsteren Bäumen, um seine Wunden zu lecken. Aber die Jagd hat gerade erst begonnen. Shinji Miyoshi streckte sich müde auf seiner Couch, als die Türklingel ertönte. Er stellte eilig den Fernseher ab, um sich zu vergewissern, ob es tatsächlich geläutet hatte. Eigentlich hatte er keinen Besuch erwartet. Erhofft vielleicht, aber bestimmt nicht damit gerechnet. Wie zum Beweis dafür versprühte das abgestandene Bier neben ihm einen äußerst unangenehm süßlich-säuerlichen Geruch, der ihm gar nicht aufgefallen war, bevor ihn der schrille Ton aus seiner Trance gerissen hatte. Hatte er sich wirklich so gehen lassen? Automatisch fasste er sich an sein Kinn und fühlte piksende kleine Stoppeln, die davon zeugten, dass seine letzte Rasur sicher nicht heute Morgen gewesen war. Bevor ihm und seinem Schamgefühl klar werden konnte, dass er die letzten Tage bei der Arbeit wohl so ähnlich ausgesehen hatte und Sprüche à la „Na, schon in der Midlife Crisis angelangt?“ gar nicht mal so unangebracht waren, läutete es erneut. Es hätte wohl nicht mehr lange gedauert und er wäre von seinem Chef verwarnt worden. Polizisten hatten Vorbildfunktionen, sie mussten immer gepflegt und voll einsatzfähig sein. Er selbst wusste nicht einmal mehr genau, wie es dazu gekommen war. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass ihn eine Frau abgesägt hatte, es war einfach lächerlich. Jawohl, lächerlich. Von neuem Schwung ergriffen, wuchtete er sich zwar noch etwas schwerfällig aber durchaus ehrgeizig aus dem durchgesessenen Sofa und hetzte zur Tür, die er noch in derselben Bewegung öffnete. Sein Mund klappte in Überraschung auf. „Ich dachte, du wolltest mich anrufen?“ Seine Stimme klang überraschend selbstsicher, dafür, dass ihm das Herz gerade in die Hose gerutscht war. Und das Blut auch, dachte er, als er das gleichsam unschuldige und verführerische Lächeln der Frau betrachtete, die im Türrahmen stand. „Und ich dachte, es wäre romantischer, dich zu einem kleinen Abendessen zu entführen.“ Die funkelnden Kronleuchter spiegelten sich zusammen mit dem warmen Licht der schlichten Wachskerzen, die jeden Tisch zierten, in den großen Fenstern, in dem auch Miyoshi sich gerade etwas ratlos betrachtete. Etsuko konnte ihm das nicht wirklich übel nehmen. Vermutlich fragte er sich, ob sie von ihm erwartete, dass er das alles bezahlte oder auch nur, wie um Himmels Willen eine Frau wie sie dazu kam, ihn wiedersehen zu wollen. Keine Sorge, wir werden schon einen Weg finden, wie du dich revanchieren kannst. Letztes Mal hast du mir nur zu Informationen über Kudo verholfen. Diesmal könntest du unendlich nützlicher sein. „Möchten Sie etwas bestellen?“ Er blinzelte irritiert, als hätte der elegant gekleidete Ober eine vollkommen deplatzierte Frage gestellt. „Äh…ja… warten Sie…“ Etwas unsicher linste er in die Karte, wobei seine Augen immer wieder zu ihr sprangen. „Was möchtest du denn gerne trinken?“ „Rotwein. Ich werde ihn selbst auswählen und bezahlen.“ Sie zwinkerte ihm zu, worauf er knallrot anlief. Offensichtlich war es ihm vor dem Ober peinlich, dass er sich kaum etwas in diesem Restaurant leisten konnte, obwohl dieser bei seinem Anblick vermutlich sogar davon ausgegangen war. Trotz der hastigen Rasur und der weniger legeren Kleidung, wirkte er nicht wie ein Gentleman sondern eher wie ein bemitleidenswerter kleiner Junge, den seine Mutter gegen seinen Willen in einen Anzug gesteckt hatte. „Ich nehme dann ein Mineralwasser.“ Der Ober nickte mit vornehmer Ausdruckslosigkeit in seiner Mimik und machte sich mit professioneller Geduld daran, die georderten Getränke zu holen. Etsuko lachte amüsiert. „Also wirklich, du darfst dir schon etwas Vernünftiges bestellen. Wenn der Ober wiederkommt, nimmst du einen Wein, ja?“ „Aber…“ „Hat dir deine Mutter den gar nicht beigebracht, wie man sich einer Frau gegenüber verhält?“ Etwas zerknirscht senkte er den Blick und orderte ein Glas desselben Rotweins, als der Ober das Bestellte brachte. Etsuko lehnte sich entspannt zurück – zumindest soweit sich das in einem derartigen Etablissement schickte – und betrachtete ihr Gegenüber mit funkelnden Katzenaugen. Er bemerkte nichts von dem lauernden Funkeln, dem Jagdtrieb, der ihren tiefbraunen Augen ein giftig-gelbes Glimmen verlieh. Noch war das Feuer zwar erst eine stumme Glut, aber bald schon würde es lichterloh brennen und es würde kein Entrinnen mehr geben. Das war das einzige Mal, dass sie ihn während des Essens so ansah. Kaum kehrte der Kellner mit dem Wein und den Speisen zurück, war der Bann gebrochen und Etsukos Augen waren warm und liebevoll, das Lachen glockenklar, ein perfektes Schauspiel, das zweifellos einer Bühne würdig gewesen wäre. Jemand sagte einmal, die mächtigsten Waffen seien die, die man nicht sehen konnte und Etsuko glaubte fest daran. Die Menschen sahen so viel und sahen doch so wenig. Ganz gleich, wie man es betrachtete, niemand wollte in ihr eine Betrügerin oder gar eine Mörderin sehen. Niemand wollte Hass in unschuldigen Rehaugen sehen, niemand Verachtung mit so zarter Stimme sprechen hören. Das war der Grund, warum sie weiterspielen konnte, warum sie niemand schnappen würde und warum letztendlich auch Kudo versagen würde. Deine lächerliche Herausforderung nehme ich gerne an. Aber ich warne dich, mittlerweile kenne ich dich. Ich weiß wer du bist und wie du handelst, wen du liebst. Es gibt kein Entkommen. Zufrieden lächelte sie. Niemand kannte die Menschen so gut wie sie und die Fäden, die sie gesponnen hatten. Während sie noch ihrem Schicksal oder ihrem Gott nachjagten, blickte sie hinter die Fassade und nutzte das, was sie entdeckt hatte in ihren Spielen, bevor die Menschen es überhaupt erfassen konnten. Der Zufall öffnet immer eine neue Tür. „Schmeckt es dir nicht?“ Miyoshi, der sich sehr bemühte, die würdevolle Langsamkeit der anderen Gäste, nachzuahmen, sah sie besorgt an. Sie lächelte sanft. „Nein, nein. Ich war nur in Gedanken, ein richtiges Date hatte ich schon lange nicht mehr.“ Wieder errötete er, diesmal allerdings vor Freude und blickte er hastig weg, als könne er sein Glück kaum glauben und hätte Angst, dass sie wie Eurydike zu Staub zerfallen würde, wenn er sie zulange ansah. „Sag mal, möchtest du nach dem Essen vielleicht…“, er druckste ein wenig herum und wischte sich verlegen ein paar Krümel aus den Mundwinkeln. „… mit rauf kommen?“ Ihr Lächeln wurde noch ein wenig breiter und das mysteriöse Funkeln kehrte in ihre Augen zurück. „Einen kleinen Nachtisch könnte ich schon vertragen.“ Was macht den Menschen wertvoller als das Tier? Seine Moral? Behutsam löste sie die Knöpfe ihrer Bluse. Sein Verstand? Ihre Lippen verschmolzen zu einem innigen Kuss. Oder etwa sein Herz? Als sie in ihrem ungeschickten Tanz aufs Bett fielen, fraß trügerische Leidenschaft ihre Gedanken und ließ sie alle Fragen vergessen. Wo ist der Unterschied? „Gehst du wieder weg?“ Seine Stimme klang noch etwas matt und rau, halb gefangen in einer fernen Traumwelt, in der sie vermutlich immer noch friedlich Arm in Arm in seinem Bett lagen. „Keine Sorge.“ Sie lächelte, wodurch ihre weißen Zähne in der Dunkelheit schimmerten wie eine gesichtslose Fratze. „Ich werde bei dir bleiben.“ Als der Trübe Nebel vor seinem inneren Auge sich langsam legte, die Durchblutung zunahm, um die müden Glieder und das von wilden Träumen durchgeschüttelte Gehirn zu wecken, war es bereits zu spät. Die Menschen sahen so viel. Er hätte schwören können, in dem Moment, als sein Blick an Klarheit gewann und er Etsuko wirklich sah, brannte sie. Nicht ihr Körper, nein, der war von Dunkelheit umhüllt, aber ihre Augen waren tiefrote Feuerbälle, aus denen ihm dämonischer Wahnsinn entgegenlachte. War es wirklich diese Frau, die er sah? Diese wunderschöne Frau mit ihrem unschuldigen Lächeln? Und sie sahen doch so wenig. War es da eine Überraschung, dass er nicht kommen sah, wie sie nach vorne schnellte und etwas auf seinen vor Verwunderung halb geöffneten Mund drückte? Ein schmerzhafter Druck schien seine Lippen mit aller Gewalt auf seine Zähne pressen zu wollen. Widerlich stinkende, chemische Flüssigkeit tropfte in seinen Rachen und brachte ihn beinahe zum Erbrechen. Sein Zahnfleisch brannte. Am schlimmsten war aber der Geruch, der auf einen Schlag die dämmrige Taubheit des Schlafes zurückbrachte. War es da eine Überraschung, dass er erst jetzt begriff, was vorging? Jetzt, als es eigentlich schon zu spät war? Zu spät. Keine Zeit. Keine Zeit. Seine Augen schlossen sich langsam. Teaser zu Kapitel 18: Ein riskanter Plan soll es Shinichi erlauben, seinen ehemaligen Erzfeind aus dem Gefängnis zu befreien. Doch wird ihm dies gelingen? Werden Professor Agasas Informationen ihm einen Vorteil in seiner Jagd auf Etsuko verschaffen? Sicher ist nur eines: Für Shinichi Kudo haben die Schwierigkeiten gerade erst angefangen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)