Baby, it's cold outside von FreeWolf (Ein Adventskalender) ================================================================================ Kapitel 15: 15. Dezember - Die besten Plätze -------------------------------------------- Die Katze räkelte sich träge, ehe sie sich mitten auf der Schwelle zur Küche zusammenrollte. Ihr rot getigertes Fell glänzte wunderbar, und Ray hob seinen Fuß hoch in die Luft, um bloß nicht auf irgendein Körperteil zu steigen. „Warum liegt Misa denn schon wieder mitten in der Tür?“, wunderte er sich laut und musterte das sonst eigentlich kluge Tier, „Sie hätte es nicht dümmer erwischen können“ - „Doch, hätte sie“, meldete sich Kai zu Wort, während er die Zutaten vor sich aufschichtete. Der langhaarige Chinese erkannte Mehl, Zucker, Butter, Päckchen mit Vanillezucker und Backpulver, verschiedene Gewürze, Zimtstangen, bestimmt auch irgendwo Nelkenpulver oder Lebkuchengewürz. Kurzum, alles Utensilien, die zum Backen verwendet wurden, und die eigentlich nicht in ihrem Haushalt vorkamen. Außer, Hiromi beschloss, ihre westlich ausgerichtete Küche zu beschlagnahmen, um seltsame Kuchengebilde zu backen. Die landeten meistens bei Takao im Dojo, der dafür schwärmte – das wunderte Ray bis heute: der Magen des Blauhaarigen war tatsächlich resistent genug, um Hiromis Kuchenmonster zu verdauen. Ray schüttelte den Kopf. Zurück zur Realität, die anderen würde er noch früh genug sehen. Kai unterdessen kramte in der untersten Küchenschublade, in dem der Chinese normalerweise seine Küchenschürzen-Sammlung aufbewahrte. Er bekam dauernd diese aberwitzigen Dinger geschenkt. Wer wusste, wer das Gerücht in die Welt gesetzt hatte, er sei ein Küchenass. Immerhin hatte er in seinem Leben bloß gekellnert. Kai schien gefunden zu haben, wonach er gesucht hatte, und band sich eine tannenbaumgrüne Schürze mit South-Park-Motiv um. Anschließend holte er eine große Schüssel aus den Untiefen ihres Küchenschranks hervor. Woher kam denn die? Ray stützte seine Ellbögen auf die schmale Anrichte, schielte zur Anhäufung an Lebensmitteln auf der Arbeitsplatte und wischte sich übers Gesicht. Was auch immer Kai vorhatte, es konnte nur schief gehen. Es gab schließlich einen guten Grund, dass sie beide die Nummern sämtlicher Lieferservices der Umgebung auswendig herunterrattern konnten. „..Was machst du mit dem ganzen.. Backzeug?“, erkundigte sich Ray nun vorsichtig, als Kai begann, Mehl abzuwiegen. „Ich backe“, erwiderte der andere hochkonzentriert, „Sieht man doch“ „Du“, stellte Ray trocken fest, „Du ganz allein, ohne Hilfe oder Kochbuch. Du, der Albtraum einer jeden Waage..“ Und damit meinte der Chinese nicht das Sternzeichen, auch wenn Kai bereits die eine oder andere Frau verschreckt haben musste, wenn sie nicht gerade auf One Night Stands aus war oder ähnliches. Kai antwortete nichts weiter, sondern maß nun nach dem Mehl auch den Zucker und die Butter, ehe er alles zusammen in die riesige Schüssel beförderte. Das konnte doch nicht gut gehen, das sah selbst Rays ungeübtes Auge. Der Silberhaarige ließ nichts mehr verlauten, doch es blieb noch eine Frage für Ray zu klären. „Warum machst du das überhaupt?“ - „Warum sollte ich das nicht tun?“, erklang sogleich die Gegenfrage, während Kai die Eier aufschlug und ebenfalls in die Schüssel fließen ließ. Der Schwarzhaarige beobachtete die seltsame Mischung und das glänzende Eiweiß darauf. Er lehnte sich zurück, musterte seinen Mitbewohner träge. „Dir ist schon klar, dass du – gerade du, Kai – niemals etwas tust, ohne nicht mindestens einen Grund dazu zu haben?“ Kai hob eine Augenbraue und zuckte bloß mit den Schultern. „Und das geht dich was an, glaubst du? Oder bist du seit neuestem meine Betschwester?“, murrte der Rothaarige mürrisch und fuhr sich einmal mit seinen bemehlten Händen übers Gesicht, „Ich hab' eben Lust auf Kekse.“ Ray konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. Er triumphierte innerlich. Das klang nach mieser Ausrede; sein Mitbewohner hatte also etwas vor ihm zu verbergen. Und er hatte es auch noch herausbekommen – das hieß wohl, er kannte ihn langsam, aber sicher, wirklich! ..Okay, das war kindisch. „Ich bin dein Mitbewohner, das ist besser als eine Betschwester!“, erwiderte er und betrachtete Kais Bemühungen, die Zutaten zu einem Teig zu verkneten. Was auch immer das werden sollte.. langsam begriff Ray, warum Misa sich auf die Schwelle zur Küchentür gelegt hatte und immer wieder eines ihrer goldgelben Augen öffnete. Der Langhaarige ließ sich neben der Katze auf den Boden sinken, und Kai, mit den Armen bis zu den Ellenbögen in einer klebrigen Mischung aus Butter, Mehl und Wasser, hob eine Augenbraue. „Was wird das?“ „Nichts“, Ray kraulte die rot getigerte Katze hinterm Ohr, und sie ließ einen schnurrenden Laut hören, „Ich sichere mir nur die besten Plätze!“ Der Mehl-Butter-Klumpen, welcher haarscharf an seinem Kopf vorbeiflog, war wohl ein Warnschuss. „Normalerweise ziele ich!“, donnerte Kai. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)