A Demon's Life von Kau-tan ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Gut. Von einem Monster entführt zu werden? Seltsam.Und gruselig. Mit gefühlten dreitausend anderen Teenagern, von denen die meisten ebenfalls Monster waren, vor einem Schloss auf irgendetwas zu warten? Seltsam. Und ebenso gruselig. Plötzlich zu sehen, wie die die Tore sich öffneten und ein unglaublich... durchschnittlicher Mann auf die kleine Treppe davor trat? … Enttäuschend. Und unpassend. Vincent konnte fühlen, dass irgendwas passieren würde. Er nahm seinen Mut zusammen und trat unter die Menge, drängelte sich vor, so dass er den Mann besser sehen konnte. Es war... ein Mensch. Groß, gekleidet in einen Anzug, der wohl teurer war als das Auto seiner Eltern. Das Gezeter und Raunen, das Flüstern und Gerede der Menge verstummte teilweise. Neben sich hörte ein Schnauben, als ein Mädchen mit dem Unterleib eines Pferdes – oh nein, eines gottverdammten Einhornes – im Kies scharrte. Wo war er hier nur hingeraten? Der Mann ließ seinen Blick über das Gelände streifen. Hinter ihm traten zwei weitere Männer aus dem Gebäude, beide um einiges jünger. Sie stellten sich neben ihn, einer links, einer rechts. Als sich jedoch plötzlich vier knochenweiße, gehörnte Monster zu ihnen gesellten, jedes mit einem enormen Papierstapel in den klauenbewehrten Händen, fühlte er, wie ihm sein Herz in die Hose rutschte. Und nicht nur ihm schien es so zu gehen. Die Menschen, oh nein, Monstertraube, die sich gebildet hatte, wurde plötzlich wieder um einiges lauter. „Du!“, hörte er das Mädchen neben sich sagen, als es sich auf die Hinterhufe stellte und wohl bereit war, ihr Horn in eines der Monster zu rammen. „Ich bring dich um! Ich bring euch alle um!“, heulte eine Stimme auf seiner anderen Seite. „Warum habt ihr mich hier her gebracht?“ „Wollt ihr uns essen?“ „Monster!“ „Auf sie!“ Vincent schluckte und hielt seine Arme vor sein Gesicht. Die Situation würde eskalieren, das wusste er. Er schielte auf. Der Mann war noch immer ruhig, und er konnte schwören ein Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen, als er dem jungen Mann zu seiner rechten durch die schwarzen Haare strich und ihm etwas zuflüsterte. Die Monster waren ebenso ruhig, und... standen einfach nur so da, die Papierstapel in ihren Händen. Was zur Hölle war hier nur los? „Ruhig.“ Die Menge verstummte, und Vincent fühlte, wie die Sorge in ihm langsam verschwand. Er ließ seine Arme sinken. Das Einhornmädchen hatte alle vier Hufe zurück auf dem Boden. Die Spannung war plötzlich fort. Es war eine seltsame Art von Ruhe. Als ob ein weiteres Wort alles wieder ändern konnte. Für einen Moment sah er die Augen des Mannes rot aufleuchten. Das Lächeln war noch immer da. Es war kein freundliches Lächeln. Es war das Lächeln eines Mannes, der wusste, das er die Situation in der Hand hatte. „Kommt.“ Der Mann hatte eine ruhige, aber laute Stimme. Sie war... angenehm. Die Stimme eines Anführers. Vielleicht hatte Vincent deshalb das Gefühl, dass der Mann so gefährlich war. Die Menge an Teenagern vergrößerte sich langsam. Nach und nach fanden sich auch die ein, die versucht hatten wegzulaufen oder sich zu verstecken. Manche flogen über ihnen, andere gesellten sich einfach zu den anderen am Boden. Der Werwolf wollte nicht nachzählen, aber er schätzte, dass sich gut dreitausend Jugendliche vor dem Gebäude versammelt. Langsam dämmerte es ihm. Nicht einmal die, die völlig menschlich aussahen, waren wohl Menschen. Sie alle waren Monster. Irgendwie war das lustig. Nicht in einer positiven Weise. Aber lustig. Aber ihm war jetzt nicht nach lachen zumute. „Gut. Bleibt hier. Ihr könnt nicht laufen,“ der Mann ließ von den schwarzen Haaren, die er bis jetzt so liebevoll gestreichelt hatte, ab und trat noch einen Schritt vor. „Mein Name ist Aeron Morgan. Und ab heute.“ Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Bin ich euer Direktor.“ Als seine letzten Worte fielen, konnte Vincent direkt fühlen, wie sich in seinem Kopf ein Schalter umlegte. Um ihn herum wurde getuschelt und sich beschwert, doch er konnte nur lachen. Das Gebäude war eine Schule. Er, und all diese anderen Teenager, waren Schüler. Man hatte ihn gekidnappt, um ihn auf eine Schule zu bringen. Sein Lachen wurde gequälter, bis er endlich aufhören konnte. Er spürte, wie ihm sein Abendessen von gestern drohte hochzukommen. Vincent zwang es wieder runter, rümpfte seine Nase. Diese ganze Situation war so absurd. Er wollte einfach nur wieder zurück ins Bett und dann in seine Highschool gehen. Ganz normal, als ob nicht geschehen war. „Ruhig.“ Die Stimme seines neuen Direktors ließ seine Mitschüler wieder verstummen, und ihn entspannen. Wie machte der Kerl das nur? „Seid unbesorgt. Eure Eltern und Freunde werden sich keine Sorgen machen. Ihr seid nicht mehr auf der Erde.“ Aeron Morgan, der Mann, der ihnen wohl alles eingebrockt hatte, schritt zu einem der Monster und sorgte dafür, dass es den Stapel auf den Boden legte. Die anderen drei folgten. Vincent lief es kalt den Rücken runter als sie endlich wieder verschwanden und die beiden jüngeren Männer damit anfingen, aus den vier Stapeln zwei zu machen. „Dieses Internat,“ fuhr er fort, und Vincent fühlte sich wieder unwohl. „befindet sich... nun ja, auf einer anderen Ebene. Ein Jahr hier entspricht nur einigen Erdensekunden.“ „Ich bin kein schlechter Mann. Ihr werdet hier nicht länger als vier Jahre bleiben. Und das gilt nur für die Jüngsten unter euch. Nun, ich bin mir sicher, dass das nach viel klingt. Bedenkt jedoch, dass sich auf eurer Welt nichts ändert. Und letzten Endes, und das ist, meiner Meinung nach der beste Part, werdet ihr, bei Eintreffen dort wieder auf das Alter zurückgesetzt, das ihr bei eurem Verlassen hattet.“ Irgendwie beruhigte das Vincent nicht wirklich. Er würde seine Freunde und Eltern trotzdem für vier Jahre nicht sehen. Er würde seine Zeit hier mit Fremden verbringen müssen. Mit Fremden, die ihm Womöglich ans Leder wollten. Vincent biss sich auf die Unterlippe und richtete seinen Blick gen Himmel. Die Sonne war mittlerweile aufgegangen, und sein Schweif und seine Wolfsohren waren weg. Immerhin. Der Fünfzehnjährige stöhnte und rieb sich die Stirn. Na, immerhin schien den meisten anderen ebenso unwohl bei dem Gedanken daran, hier für vier Jahre festzusitzen. „Wie ihr schon bemerkt haben dürftet, seid ihr Monster. Monster, die auf der Erde nichts zu suchen haben. Dafür seid ihr hier. Hier werdet ihr lernen, mit euren Fähigkeiten umzugehen. Ihr könnt nichts dafür, auf der Erde geboren oder gelandet zu sein. Außerdem bekommt ihr normalen Unterricht, auf euer Herkunftsland abgestimmt. Seht es als Vorbereitung für die Schulen eurer Welt.“ Der Direktor strich seine Finger durch sein perfekt gekämmtes, braunes Haar und zog seine Krawatte stramm. „Oh, ihr werdet euch wundern, warum ihr alle mich verstehen könnt. Nun, das ist ein weiterer Vorteil dieser Ebene. Eine Universelle Sprache, die ihr alle sprechen könnt.“ Er räusperte sich und zog ein Blatt Papier aus seiner Tasche, entfaltete es vorsichtig. Notizen? „Diese Schule hat fünf Wohnheime für sowohl Jungen als auf Mädchen. Ihr werdet euch Zimmer teilen, zu Zweit oder zu Dritt, außer den Schülern, den kein Zimmerkamerad zugetraut werden kann. Während des Unterrichts herrscht Uniformpflicht. An den Krawatten und Schleifen erkennt ihr, welchem Aggressivitätslevel der Schüler entspricht.“ Das Schlimmste an alle dem war, dass auf Dinge wie „andere Ebene“, „Monster“ und „Universelle Sprache“ etwas so unglaublich triviales wie Zimmeraufteilung und Uniformpflicht folgte. Und das darauf wieder etwas wie ein Aggressivitätslevel kam. Vincent war sich sicher, er würde hier nicht länger als ein paar Monate überleben. „Die Farben lauten wie folgt. Grün bedeutet niedriges Gefahrenlevel. Blau steht für niedriges bis mittleres Gefahrenlevel. Darauf folgt Gelb, für ein hohes Gefahrenlevel.“ Der Direktor griff sich an seine eigen Krawatte, strich seine beringten Finger über den weinroten Stoff. „Orange, sehr hohes Gefahrenlevel. Und Rot. Rot steht für extremes Gefahrenlevel. Rote Schüler beziehen Einzelzimmer. Des weiteren gibt es weiße und schwarze Krawatten und Schleifen. Diese signalisieren die Heimbetreuer und... besondere Gäste. Die weder aus eurer, noch aus dieser Welt stammen.“ Vincent fühle sich, als ob jemand ihm ein Messer in den Bauch gerammt hatte. Seine Organe zogen sich zusammen, und ihm war einfach nur noch schlecht. Das Einhornmädchen scharrte im Kies, sichtlich unwohl. Ein Junge mit Flügeln und einem vogelähnlichen Körper landete vor ihm, tief seufzend. Einige aus den hinteren Reihen lachten. Zukünftige rote Schüler, dachte Vincent. Das Angstgefühl war zurück. Dieser Tag wurde von Minute zu Minute schlimmer. „Die Uniformen liegen auf euren Zimmern bereit. Zum nächsten Punkt, uhm...“ Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck fasste Aeron in das hellgrüne Haar des jungen Mannes zu seiner Linken und zog daran, in Gedanken verloren. Trotzdem es offensichtlich weh tat, wehrte sich der andere Mann nicht, sondern blieb einfach stehen, ein Lächeln auf seinem Gesicht. „Außerhalb des Unterrichts ist euch freigestellt, was ihr tragt. Solltet ihr, aus welchen Gründen auch immer, eine Uniform des anderen Geschlechtes haben wollen, so steht es euch frei, so eine zu beantragen. Außerdem bekommt ihr sowohl eine Winter-, als auch eine Sommeruniform. Es steht euch frei, Schmuck zu tragen. Mädchen steht es außerdem frei, zu ihren Röcken Strümpfe nach Wahl zu tragen, Auch werden euch Schlafanzüge und Sportsachen, sowie ein Badeanzug bereitgestellt. Nun aber wirklich zum nächsten Punkt.“ Er ließ von den grünen Locken ab, und Vincent sah, wie der junge Mann fast den Halt unter seinen Füßen verlor. Er konnte schwören dass er dem Direktor dankte. Krank. „Je nach Spezies bekommt ihr, zusätzlich zum normalen Unterricht, Spezialunterricht. Spezies, die eher Nachtaktiv sind, haben ihren Unterricht bei Bedarf am Abend. Bei Interesse steht es euch frei, nach dem Unterricht Clubs zu besuchen und zu gründen. Sport, Kunst, alles Mögliche. In den nächsten zwei Wochen habt ihr Zeit, euch für einen Club zu entscheiden. Ihr seid dazu nicht verpflichtet, doch ich würde euch empfehlen, es doch in Betracht zu ziehen.“ Es war einfach alles so verdammt absurd. Dieser... Mann erzählte ihnen hier was von außerschulischen Aktivitäten und Spezialunterricht, während hinter ihm schon ein weiter Streit losbrach. Er hörte ein Knurren und das Knirschen von Kies. Bis ihm ein weiteres „Ruhig.“ die Sorge nahm und den Streit beendete. Wie machte der Kerl das nur? Er war kein Mensch, so viel war klar. Ein Dämon, vielleicht? Vincent biss sich auf die Unterlippe und sah zu, wie er das Stück Papier umdrehte. „Bei Fragen wendet euch an euren Heimbetreuer. Sein Zimmer ist das erste Zimmer des jeweiligen Wohnheimes. Bei schwierigeren Fragen wendet euch an mich. Ich bin Montags bis Freitags von sechs Uhr Morgens bis achtzehn Uhr Abends anwesend. Das Kämpfe, besonders blutige, sind zu vermeiden. Das ist euch ohnehin bewusst. Soweit war es dann. Ich werde euch nun nacheinander aufrufen. Die Mädchen gehen zu Merodi,“ er deutete auf den jungen Mann zu seiner Rechten, dann auf den zu seiner Linken. „Die Jungen zu Maël. Ihr erhaltet Informationen zu euren Wohnheim, zu eurem Zimmer, eurem Stundenplan und anderen Dingen. Nachdem ihr euren Zettel erhalten habt, dürft ihr euch gerne weiter umsehen.“ Er lächelte etwas, und seine Augen leuchteten rot auf. „Seid brav. Ihr könnt nicht weg von hier. Versucht es nicht.“ Und damit fühlte Vincent, wie sein Gehirn auch die letzte Hoffnung, von hier wegzukommen, verlor. Es war ein angenehmes Gefühl. Er fühlte sich ruhig, und leer. Sein Wille war gebrochen. Fast schon gelassen sah er dabei zu, wie sei neuer Direktor eine Liste zückte, sich räusperte, und dann in die Menge sah. „Aakster, Alex. Aalto, Aamu.“ Und damit fing es an. Nach und nach begannen die Teenager damit, nach vorn zu gehen. Manche versuchten, den Direktor oder einen der beiden jungen Männer (Die auch nicht viel älter als achtzehn sein konnten, vermutete Vincent) anzugreifen. Ein einziges Wort aus Aerons Mund und sie hörten auf. Blickten kurz verwirrt, bevor sie entweder in die Schule, oder anderswo auf dem Gelände verschwanden. Es war schon fast faszinierend. Eigentlich war es nur faszinierend. Es waren Menschen aller Nationen und Hautfarben. Manche waren nackt, besonders die mit dem Unterleib eines Tieres. Und doch trugen einige von ihnen – so wie das Mädchen neben ihm – ganz normale Kleidung, soweit es ihre Körper ihnen erlaubten. Manche sahen wirklich aus wie normale Menschen, andere waren eindeutig Monster. Manche mussten sich durch den Kies schleifen, weil ihre fischartigen Unterleibe es ihnen nicht erlaubten, sich an Land anders fortzubewegen -obwohl es nett zu sehen, war, dass sie, nachdem sie ihre Zettel erhalten hatten, Hilfe von den weißen Monstern bekamen - , manche liefen förmlich weg. Irgendwie hatte Vincent nicht erwartet, seinen Namen zu hören. „Frost, Vincent. Fukui, Akumu.“ Er zögerte, bevor er losging. Mit ihm ging ein Mädchen, verhüllt in einen bunten Kapuzenpullover und hellrosa Jeans. Er sah nur ein blasses Gesicht mit einem roten Auge, einer Augenklappe und zwei kleine Fangzähne. Ein Vampir? Im Gegensatz zu ihm ging sie ohne zu zögern auf den schwarzhaarigen Mann zu und nahm sich ihren Zettel. Er musste erst seinen Mut zusammen nehmen, als der Grünhaarige - Maël – ihm seinen reichte. „Komm schon.“ Seine Stimme war sanft und leise, und Vincent konnte sehen, dass sein Gesicht und sein Hals voller blauer Flecken waren. Seine Lippe war aufgesprungen, und in seinen Augen waren aufgeplatzte Adern. Vincent war sich sicher, dass das das Werk von seinem Direktor war. Er hatte wohl berechtigt Angst vor ihm. „Danke..,“ sagte er, als er das Blatt Papier an sich nahm. Er bekam ein Lächeln zurück, und verschwand so schnell er konnte, nahm den kürzesten Weg. Den Weg in die Schule. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)