Kein Spiel von Bloodybutterflymilea (Wer mit dem Teufel Poker spielt...) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Prolog Skinny hatte Angst. Sein ganzer Körper zitterte. Aber es war nicht die Angst vor dem dunklen Wald in dem er sich befand, oder die Angst vor dem Verirrtsein, nein, es war die Schusswaffe, die an seinen Hinterkopf angesetzt worden war, knapp über seinen, hinter dem Kopf verschränkten Händen. Für einen Betrachter musste die ganze Szene wie eine richtige Hinrichtung aussehen. Skinny, kniend auf dem Boden und sein Bedroher mit langgestrecktem Arm, eine Waffe auf ihn gerichtet. Trocken schluckte Skinny, doch helfen tat es nicht, sein Mund war komplett ausgedörrt. Er wusste, er würde hier und heute sterben. Mit knappen zweiundzwanzig Jahren wäre sein Leben hinüber. Was für tolle Aussichten, dachte er zynisch. Hinter ihm knackte ein Zweig, doch der Druck des Laufes blieb weiterhin vorhanden. Erst dachte er, es war nur ein Tier, welches sich der Lichtung genähert hatte, um das dort stattfindende Schauspiel seines Todes zu betrachten. Dann zuckte er jedoch zusammen, als eisige Finger über seinen Nacken strichen, und ihm einen Schauer über den Rücken jagten. Es war kein Tier gewesen, dass gekommen war, nein, es war ein weiterer seiner Jäger. Heißer Atem streifte sein Ohr, doch er wagte nicht, sich zu bewegen. „Deine Flucht ‘at ‘ier ein Ende, mon petit chat.“ Summte eine tiefe Stimme mit starkem, französischem Akzent in sein Ohr. Er kannte diese Stimme. Kael, schoss es ihm durch den Kopf, dieser kleine Bastard. „Es ist wirklich schade um dich, mon ange.“ Hauchte er weiter und Skinny konnte das Grinsen geradezu hören. Er hasste den großgewachsenen, rot-blonden Franzosen, und das nicht nur, weil er hin so an Shaw erinnerte. Shaw…, der war sowieso an all dem Schuld, da sollte nicht sein Ebenbild in der Stunde seines Todes, um ihn sein! Aber was musste sich dieser Trottel auch entführen lassen?! Eine leichte Ohrfeige brachte ihn wieder zurück in die Realität und finster starrte er zu Kael hinauf, der jetzt vor ihm stand und ihn mit einem undefinierbaren Blick musterte. Dann jedoch richtete sich sein Blick auf etwas hinter Skinny, Kaels ganzer Körper versteifte sich und nahm eine komplett aufrechte Haltung an. Skinny hatte das ungute Gefühl, dass ein weiterer Jäger die kleine Lichtung betreten hatte, jemand vor dem selbst Kael Respekt hatte. Dann ertönte die Stimme. Eiskalt, leer und tot schnitt sie durch die Luft, besiegelte damit sein Schicksal. „Tötet ihn…“ Kapitel 1: Der Tote im Wald --------------------------- Kapitel 1 – Der Tote im Wald Es war kalt, als Justus sich, als offizieller Ermittler der Polizei, zumindest solange, bis er wusste auf welche Uni er gehen würde, dem Anruf Cottas folgend, in dem Wald, einige Meilen außerhalb Rocky Beachs, einfand. Einige Polizisten und Leute der Spurensicherung wuselten schon herum und schnell fand auch Justus den Inspektor. Dieser begrüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln, welches Justus sogleich erwiderte. „Gut, dass du so schnell kommen konntest, Justus.“ Ein kalter Wind fegte durch den Wald und Justus zog seine Jacke enger um sich, ehe er antwortete. „Das ist doch nun mein Job und sie haben mich höchst neugierig gemacht mit ihrem Anruf.“ Cottas Gesicht wurde todernst und Justus roch geradezu, dass ihm die Neuigkeiten nicht gefallen würden. Soweit er wusste, war ein Toter hier im Wald gefunden worden, von einem Paar Wanderer, aber wer genau der Tote war, das hatte Cotta nicht erzählt, nur, dass er durch einen Kopfschuss getötet worden war, wie bei einer richtigen Hinrichtung. „Inspektor?“ Cotta legte Justus eine Hand auf die Schulter und führte ihn langsam in die Richtung, in der das meiste Rumgewusel war. „Es wird dir nicht gefallen, Justus.“ Sprach er fast schon schleppend und langsam, mit einem gewissen Anteil an Mitleid. Dann erreichten sie den Toten. Kurzes blondes Haar war rot geworden, getränkt von all dem Blut, welches aus der Schusswunde am Hinterkopf ausgetreten war. Die Sachen waren voller Dreck, Blättern und ebenfalls Blut. Bereits jetzt konnte das Fragezeichen sagen, dass es sich um einen jungen Mann handeln musste, vielleicht drei Jahre älter als er selber. Er versuchte einen Blick auf das Gesicht des Opfers zu werfen, doch zum einen versperrte ihm das blonde Haar die Sicht und zum anderen schien der Tote bei seinem Tod gekniet zu haben und war, nach dem der Schuss ihn getroffen hatte, nach vorne gefallen. Justus‘ Kopf suchte nach Antwortmöglichkeiten auf die Worte des Inspektors. Sicherlich war das hier kein schöner Anblick, gefallen tat es ihm auch nicht wirklich, ihm würde niemals der Tod einer Person gefallen, ob er sie nun kannte oder nicht, aber es lieferte noch keine zufriedenstellende Erklärung, warum diese Sache ihm ganz explizit nicht gefallen sollte. „So wurde die Leiche vorgefunden.“ Brummte der Inspektor und gab dann, nachdem Justus einmal genickt hatte, zwei seiner Männer einen Wink, welche den Toten umdrehten. Zwei leere, gebrochene, tief grüne Augen blickten durch Justus hindurch in den grauen Himmel. Der Mund war zu einem stummen Schrei geöffnet, doch es würde niemals wieder ein Laut über die nun kalten, blauen Lippen kommen. Zwischen den Augen war das Austrittsloch der Kugel, ein glatter Durchschuss hatte ihn getötet und mit stillem Entsetzen stellte Justus fest, dass er die Gesichtszüge kannte, oft genug waren sie aneinander geraten. „Skinny…“ Stieß er mit einer Dunstwolke aus, doch die Kälte war für ihn vergessen, zählen tat nur noch der tote Körper seines ehemaligen Rivalen. Er widerstand dem Drang, die blasse Wange zu berühren, nur um herauszufinden, ob das Leben, mit dem roten Blut, aus dem schmalen Körper verschwunden war. Unbewusst hatte er sich über die Leiche gebeugt, aber als er es das erste Mal richtig wahrnahm, richtete er sich wieder auf, trotzdem konnte er nicht den Blick von Skinnys Augen nehmen und mit nachdenklicher Miene starrte er in sie hinab, während er mit Cotta sprach. „Irgendwelche Hinweise?“ Der Inspektor blickte ebenfalls auf den toten Körper, beugte sich dann aber vor und schob mit einer gummibehandschuhten Hand eine Seite des zerrissenen Hemdes bei Seite. „Allerdings.“ Zum Vorschein kam ein Symbol. Eingebrannt in die fast weiße Haut, war ein Smiley, nicht irgendein Smiley, wie Justus feststellte, sondern ein Smiley, welcher mit einem hämischen Haifischgrinsen, den Betrachter anfunkelte. „Der Blutansammlung nach, die sich unter der Haut angesammelt hat, hat er noch gelebt, als ihm der Smiley eingebrannt worden ist.“ Fuhr der Inspektor fort. „Du weißt, für wen dieses Symbol steht, nicht wahr, Justus?“ Natürlich wusste er das. Es war noch gar nicht solange her, dass Peter entführt worden war, weil sich die drei ???, die existierten selbst dann noch, als sie alle drei bereits die Schule abgeschlossen hatten und momentan auf der Suche nach einer passenden Uni waren, zu sehr mit einem Einbruch und später mit einem Mord beschäftigt hatten. Bei ihren Ermittlungen waren sie auf ein Mädchen… eher eine junge Frau gestoßen. Nichts Ungewöhnliches eigentlich, doch sie schien mehr in ihren damaligen Fall involviert gewesen zu sein, als sie gedacht hatten. Es stellte sich heraus, dass sie die Drahtzieherin hinter dem Ganzen war und zur italienischen Mafia gehörte. Ein ziemlich hohes Tier sogar und als die drei ??? ihr zu dicht auf der Spur waren, ließ sie Peter kidnappen. Dabei gab es eigentlich nur eine Spur, welche sie erst auf das Mädchen gebracht hatte. Eine Tätowierung. Die Tätowierung eines hämisch grinsenden Smileys mit Haifischzähnen, welches auf ihre komplette linke Schulter, einen Großteil des Oberarms und des Schulterblattes ebenfalls einnehmend, tätowiert war und ein solches Zeichen war jedes Mal an irgendeinem der Tatorte aufgetaucht, doch die eigentliche Befreiung Peters verdankten sie lediglich einem Informanten, welcher sie mit notwendigen Infos fütterte. Leider hatten sie die Identität ihres Helfers nie herausgefunden, so gut hatte er darauf geachtet nie einen Hinweis für sie zu hinterlassen. Milea Mizar, die junge Frau, hatten sie dennoch fangen und ins Gefängnis stecken können, für die drei Detektive war das ganze Erlebnis zu einem Schluss gekommen und zu den Akten gelegt worden. Doch der Smiley war präsent geblieben, er verfolgte Justus sogar bis in seine Träume, obwohl der Fall bereits an die drei Monate zurück lag, aber irgendetwas an ihm strahlte die gleiche Bedrohung aus, welche auch Milea immer ausgestrahlt hatte, dieses raubtierhafte, gefährliche… Sein. „Wie sollte ich sie jemals vergessen können?“ Flüsterte er endlich als Antwort, nachdem Cotta ihn schon sorgenvoll gemustert hatte, wie er dort wie eingefroren stand. „Ich hab’s sofort überprüfen lassen, sie und alle, denen wir damals habhaft werden konnten, sitzen immer noch brav in ihren Zellen.“ Still dachte Justus daran, dass jemand wie sie, selbst aus einem Gefängnis heraus einen Mord begehen konnte, solange sie auch nur eine einzige Verbindung nach draußen hatte. Laut sagte er jedoch nur: „Es waren nicht alle, die damals erwischt wurden.“ Der Inspektor schenkte ihm einen konfusen Blick. „Was lässt dich das glauben?“ Auf Justus Lippen machte sich ein schwaches Lächeln breit, die Polizei würde wohl immer, irgendeinen Hinweis übersehen oder nicht als wichtig genug einstufen. Vielleicht lag es aber auch nur an ihm, dass ihm sowas immer ins Auge sprang. „Wie sollte es anders sein? Es wurde nie bekannt gemacht, dass der Smiley ihr Zeichen ist.“ Nachdenklich zog er seine Unterlippe zwischen seine Zähne, eine Geste, welche er sich wohl nie abgewöhnen würde können. „Ich frage mich nur, weshalb Skinny? Er hatte niemals etwas mit ihr zu tun. Ich hab ihn überhaupt das letzte halbe Jahr nicht einmal gesehen.“ „Also glaubst du, dass es entweder ein Zufall war, dass sie ausgerechnet Skinny herausgepickt hat oder er eine andere Verbindung zu ihr hat.“ Führte Cotta seine Überlegungen weiter. „Vielleicht, ich muss erst Peter und Bob fragen, ob sie in letzter Zeit mit ihm zu tun hatten.“ Sie traten von Skinny weg, als zwei Männer ihn in einen Leichensack hüllten und in einen schmucklosen, hässlichen grauen Sarg legten, ehe sie ihn wegbrachten. Justus und der Inspektor schlenderten wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück, an dem der erste Detektiv vorhin Cotta erreicht hatte. Schon von Weitem konnte er die Menge an Presse Leuten erkennen, in vorderster Reihe Bob, welcher ruhig in die Kamera sprach, die in seine Richtung zeigte. Auch der dritte Detektiv hatte einen Zwischenjob gefunden, mit dem er noch etwas Geld für sein Studium sparen wollte, denn anders als Justus und Peter, hatte er sich schon für eine Uni entschieden und wartete nur noch auf die Antwort mit der Erlaubnis beim nächsten Semesteranfang endlich sein Jurastudium anzufangen. Er wollte Anwalt werden und Justus war ebenfalls am überlegen, ob Jura und Anwalt werden, nicht eine gute Idee war, aber noch hatte er sich nicht entschieden. Justus wartete solange, bis die Kamera aus war, ehe er an die Seite seines Freundes und Kollegen trat, welcher ihn, doch recht gut gelaunt, begrüßte. „Hallo, Just.“ Justus nickte ihm nur als Antwort zu, für Smalltalk war später immer noch Zeit. „Bob, bist du in den letzten Monaten Skinny begegnet?“ Ob der ernsten Tonlage in Justus Stimme, verlor auch Bob seine leichte Aufgeregtheit. „Nein, es ist schon ziemlich lange her, dass ich ihm begegnet bin.“ „Weißt du darüber Bescheid, ob Peter ihm in letzter Zeit über den Weg gelaufen ist?“ Bob überlegte einen Moment, ging gedanklich noch einmal jedes Gespräch mit Peter durch, doch er kam bei jedem Gespräch zum gleichen Ergebnis und schüttelte den Kopf. „Wieso willst du das wissen?“ Justus schenkte Bobs Kameramann, soviel er wusste, hieß der Kerl Sam, einen misstrauischen Blick, der sich daraufhin mit einer griesgrämigen Miene einige Schritte entfernte. „Ich muss darauf vertrauen können, dass diese Info unter uns bleibt, zumindest bis aufs Weitere.“ Es war zu einem kleinen Problem zwischen Justus und Bob geworden, dass Bob meist an den Tatorten auftauchte, an denen auch Justus auftauchte, aber sie hatten abgemacht, dass wenn es um Dinge ging, die wie Justus fand, niemand erfahren sollte, konnten sie aufeinander vertrauen, dass Bob nichts sagte, aber sobald die Infos raus durften, er der erste war, der sie der Allgemeinheit berichten konnte. Als Justus sicher war, dass ihnen keiner zuhörte, begann er mit leiser Stimme Bob alles zu erklären. „Mein Gott“, flüsterte dieser, als Justus geendet hatte, „Es ist jetzt nicht so, dass ich ihn sehr gern gehabt hätte, immerhin hat er uns oft genug das Leben zur Hölle gemacht, aber das hat selbst er nicht verdient.“ Justus nickte zustimmend und dann senkte sich eine unangenehme Stille über die Beiden, die Bob dann brach, als er es nicht mehr aushielt. „Wer sagt es Peter?“ Sie waren damals zu einer stummen Übereinkunft gekommen, dass nicht mehr über Milea gesprochen wurde, denn es waren nicht die Schönsten Tage für Peter gewesen, in ihrer Obhut zu sein. Nicht, dass er physisch verletzt worden war, das nicht, abgesehen von einer kleinen Narbe am Elenbogen, den er sich in seiner finsteren Zelle aufgeschlagen hatte, war er unversehrt geblieben, aber es schien ihm dennoch unangenehm zu sein, über das Mädchen und den ganzen Fall zu reden und seine Kollegen hatten absolute Verständnis dafür. Aber dass jetzt ihr Zeichen auf der Brust eines toten Skinny aufgetaucht war, würde es nicht einfacher machen, Peter davon zu überzeugen, dass Milea Mizar zu ihrer Vergangenheit gehörte. Bob griff in seine Hosentasche und förderte ein kleines, flaches Klapphandy hervor, in das er fast sofort Peters Nummer eingab. Natürlich hatte er sie auch in dem Telefon gespeichert, aber er wollte nicht Zeit vergeuden und erst den Namen suchen, wenn er die Nummer sowieso wusste. Justus wartete stumm darauf, dass Peter abnahm und er die eine Hälfte des Gespräches hören konnte. „Hey Peter, ich bin’s Bob… Ja, ich weiß, dass du meinen Namen auf dem Display sehen kannst.“ Justus konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als er die Worte hörte. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht stören, aber es ist wichtig… Nein… ja, Just steht neben mir… Nein, hörst du mir jetzt endlich Mal zu? … Ich weiß, wir hatten die Abmachung nicht über sie zu sprechen, aber unter den gegebenen Umständen ist es notwendig… Peter, Skinny ist tot und auf seiner Brust ist der Smiley eingebrannt… Peter? Peter, bist du noch dran?“ Kapitel 2: Gefängnisbesuch -------------------------- Kapitel 2 – Gefängnisbesuch Zwei Tage waren vergangen, nachdem Skinny gefunden wurde und sich die drei ??? dafür entschieden, Milea Mizar einen Besuch abzustatten. Sie war in einem neugebauten Hochsicherheitsgefängnis untergebracht, nur zwei Stunden Fahrzeit entfernt. Justus und Bob hatten Peter die Wahl gelassen, ob er mit kommen wollte oder nicht, aber der zweite Detektiv hatte sich erstaunlich gut gehalten, sah man von seinem ersten Telefonat mit Bob ab. Einer der Wachmänner führte sie zu einem der Besuchsräume für die Gefangenen, wo sie ihre Familien, Freunde oder manchmal auch Anwälte treffen konnten. Die junge Frau saß bereits an einem der Tische. Handschellen fesselten ihre Hände und bei jeder Bewegung klingelten die Ketten wie kleine Glöckchen. Milea Mizar war keine sonderlich große Frau. Sie war klein und zierlich, von schmaler Statur. Lange rote Locken, mit vereinzelten weißen Strähnen, gossen sich in einer Kaskade über ihren Rücken, bis auf die Taille hinab. Große, unterschiedlich farbene Augen blickten gedankenverloren aus dem Fenster. Sie waren ein besonderes Merkmal an ihr. Das eine Auge, von einem schönen regenblau, wirkte ganz normal, während das andere, ein blasses Rot, wie von einem Albino wirkte. Sie trug den hellgrauen, leicht ins Blaue gehenden, Gefängnis-Overall, dessen obere Hälfte lose an ihrer Hüfte herabbaumelte. Die Hose wurde von einem schmucklosen Gürtel an Ort und Stelle gehalten. Unter dem Overall trug sie ein einfaches schwarzes Tanktop und um ihren Hals war ein schmales, schwarzes Lederband geschlungen, wohl der einzige Gegenstand, den sie hatte behalten dürfen. Sie blickte auf, als die drei Detektive eintraten und auf ihr hübsches Mauerblümchengesicht zauberte sich ein Grinsen. „Welch Ehre, dass die drei Herren mir einen Besuch in meinem neuen Heim abstatten. Gefällt es euch?“ Fragte sie, mit vor Ironie triefender Stimme. Justus lächelte ihr ebenfalls entgegen, ihr Spiel konnte man auch zu zweit spielen. „Ein bisschen viele Gitter, nicht wahr?“ Sie nickte ihm anerkennend zu. „Ich sehe, du hast dich nicht verändert, Fragezeichen.“ Sie musterte die stehenden Jungen. „Wollt ihr euch nicht setzen? Ich komm‘ mir auch so schon klein genug vor.“ Es war eine seltsame Eigenart von ihr, einfach das zu sagen, was sie dachte, das hatten die Detektive schon bemerkt, wenn gleich man nie sicher sein konnte, ob das Gesagte – oder ihre Mimik – ihren wahren Gefühlen entsprach. Einen Moment zögerte Justus, setzte sich ihr dann aber gegenüber, Bob und Peter setzten sich links und rechts von ihm auf die harten Plastikstühle. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, ihre Augen bohrten sich in Justus‘ und ein paar Momente maßen sie sich nur mit Blicken. Der erste Detektiv rief sich ins Gedächtnis, auf was er bei der Mafiosi aufpassen sollte. Sie war eine Spielerin, so unbedacht ihre Worte auch klangen, sie waren präzise geplant, zielten immer auf einen Schwachpunkt, sollten verletzen oder verunsichern. Sie hatte Justus als ebenbürtig anerkannt, das wusste er, ähnlich wie Hugenay hatte sie sich nach einem Gegner gesehnt. Doch anders als bei dem Meisterdieb konnte er die Rothaarige nicht verstehen. Die Bewegründe des Mädchens waren ihm immer noch schleierhaft, Hugenay hatte er am Ende durchschaut, aber die Mizar war ihm ein Rätsel. „Ich nehm‘ Mal an, dass ihr nicht hier vorbei geschaut habt, nur um mir ‘ne Freude zu machen.“ Sie wartete gar nicht erst auf eine Antwort. „Was wollt ihr also?“ Justus seufzte auf, zog dann aber aus seiner Tasche mehrere Fotos. „Es gab einen Toten. In einem Wald, nicht weit von Rocky Beach.“ Milea lächelte stumm, Justus wollte gar nicht wissen, was sie wieder so witzig fand. Er legte die Bilder vor sie auf den Tisch, so dass sie einen Blick drauf werfen konnte, nur ein Einziges behielt er noch in den Fingern. Der Stuhl knarzte einmal leicht, als sich die Rothaarige vor beugte um einen genaueren Blick auf sie werfen zu können, dabei legte sie ihre Hände auf den Tisch und die Jungen konnten sehen, dass die Handschellen genau über zwei ihrer Tätowierungen zusammen geschlossen waren. Mit einem Hauch von Ironie betrachtete Justus wie die eingestochenen Ketten sich unter den Echten bewegten. „Was sollen mir diese Bilder sagen? Abgesehen davon, dass der Junge auf den Bildern mausetot is‘?“ Die Mafiosi hatte wieder ihre Aufmerksamkeit Justus geschenkt. Nachdem sie die Bilder, die einmal den Tatort im Wald, Skinnys toten Körper dort und dann Skinnys Kopf und Schultern auf dem Tisch der Gerichtsmedizin zeigten, wieder zurück geschoben hatte. „Der Tote auf den Bildern hieß Skinner Norris, besser bekannt als Skinny, wir sind einige Male mit ihm aneinander geraten, in der Vergangenheit. Er war ein kleiner Gauner, aber kein wirklich Wichtiger oder Gefährlicher, nun, jetzt ist er tot, und auf seiner Brust war dieses Zeichen eingebrannt.“ Justus legte das letzte Foto vor Milea auf den Tisch, welche dem eingebrannten Smiley in Skinnys Haut nur einen kurzen Blick schenkte. „Das is‘ mein Zeichen, aber ich sitze seit zwei an halb Monaten in diesem Knast hier, ich hatte keine Möglichkeit ihn umzubringen und ihr seid der erste Besuch seit meiner Inhaftierung, den ich hier empfange.“ Sie legte den Kopf schief, ein Grinsen auf ihren Lippen, welches ihre seltsam scharfen und spitzen Zähne entblößte. „Kein Besuch vor uns? Nicht Mal Reporter? Oder ein Anwalt?“ Machte zum ersten Mal ein anderer Detektiv ihr gegenüber den Mund auf an diesem frühen Wintermorgen. Bob sprach ruhig, er ließ sich nicht von ihr einschüchtern, wenngleich es ihm unangenehm war, ihren Blick auf sich zu spüren. „Warum sollte ich irgendwem ein Interview geben, ich bin keine Hauptattraktion. Und mein Anwalt ist ein Volltrottel, seine Fresse will ich nie wieder sehen.“ Sie sprach langsam, so als würde sie Bob für ein kleines Kind halten, dem man erklären musste, dass es nicht in eine Steckdose fassen durfte. Bob verzog das Gesicht. Justus schenkte dem aber wenig Beachtung. Er hatte auch Peter noch einmal gefragt, ob er Skinny seit dem Fall mit der Mizar gesehen hatte, aber auch er hatte mit einem „Nein“ geantwortet. Also musste Skinny etwas mit Milea zu tun gehabt haben oder es war wirklich ein dummer Zufall. „Warum ist er tot?“ Milea legte den Kopf auf die andere Seite, schürzte die Lippen. In ihren Augen stand Genugtuung. Sie hatte die Kontrolle, das wurde Justus in dem Moment bewusst, als das Mädchen wieder sprach. „Warum sollte ich euch, ausgerechnet euch, erzählen, warum der kleine Sweetie tot ist - nehmen wir Mal an, dass ich weiß, weshalb er meinen Smiley auf der Haut trägt? Man sollte meinen, ihr solltet als Detektive in der Lage sein, das selbst herauszufinden.“ Justus knirschte frustriert mit den Zähnen. Die Entwicklung des Gespräches gefiel ihm nicht, überhaupt nicht. Er erhob sich. Dieses Spiel hatte Milea gewonnen, aber das nächste würde mit Sicherheit kommen, ob er wollte oder nicht, und diesmal würde er besser vorbereitet sein. „Wir kommen wieder.“ Peter und Bob folgten Justus´ Beispiel und erhoben sich von ihren Plätzen, sie erkannten, dass ihr erster Detektiv es überhaupt nicht mochte, nicht mehr die Kontrolle zu haben, die er so sehr liebte. „Darauf hoffe ich.“ Sie grinste ihnen hämisch zu, in ihren Augen war der Triumph darüber, Justus Jonas, den Justus Jonas, in die Flucht geschlagen zu haben, nur allzu deutlich. „Oh, und Fragezeichen, grüßt doch bitte Hugenay von mir. Arrivederci.“ Justus drehte verwirrt ein weiteres Mal den Kopf zu ihr, doch ein Wachmann war bereits dabei, sie aus dem Raum zu führen. Kael war langweilig. Sehr langweilig sogar. Den kleinen Verräter zu jagen, war eine gute und spaßige Beschäftigung gewesen, aber nun gab es keine Aufgabe mehr für die Jäger. Zu gern nur, würde er jetzt Skinny vor sich haben, seine weiche weiße Haut berühren, ihn schreien hören, aber Pustekuchen. Immerhin hatte er ihn selbst getötet. Er blickte durch den finsteren Raum in Lacrimas Richtung. Das Mädchen mit den langen schwarzen Haaren saß auf einem Tisch und spielte mit einem Messer. Selbst in dem dunklen Versteck trug sie ihre große, dicke Sonnenbrille. Kael hatte sich schon oft gefragt, wie sie damit überhaupt sehen konnte, aber eigentlich war es ihm egal. Lacrima stand der Hierarchie nach über ihm. Sie war Mileas rechte Hand und Anführerin der Jäger des grinsenden Smileys. Er hatte sich immer halb tot gelacht über diese Bezeichnung Mileas in der Unterwelt, den anderen Namen, den sie trug, fand er viel schöner. Schwarzer Schmetterling, ein hübscher Name, ein Name, der die Gefahr dahinter immer versteckte. Léo schlenderte zu ihm herüber, er hatte Skinny anfangs die Waffe an den Kopf gehalten, erinnerte er sich. „Ennuyeux, non?“ Fragte der Junge mit einer leisen, aber tiefen Stimme, die nicht zu dem kleinen Körper passen wollte. Ähnlich wie Lacrima hatte er seinen Smiley, ein jeder, welcher zu Mileas Kreis gehörte, trug einen irgendwo auf der Haut, auf die Schulter tätowiert bekommen, er konnte ihn zwar nicht unter dem schwarzen Hemd sehen, aber er wusste, dass er da war. Kael selbst trug den Smiley direkt auf der Brust, an der Stelle, an der er auch Skinny das Symbol eingebrannt hatte. Er hörte noch immer die Schreie, die der Blonde von sich gegeben hatte, wie ein Ohrwurm, der ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Nickend gab er Léo seine Zustimmung. „Wenn ihr hier raus wollt, dann geht. Wir sollten nur nicht auffallen, der Trubel um Mileas Smiley is‘ noch zu groß.“ Sagte Lacrima, ohne von ihrem Messer aufzusehen. Hinter ihnen begann sich nach diesen Worten Lacrimas Schatten zu regen, zumindest nannte Kael Sam gedanklich immer so. Die Hackerin war neu bei ihnen, ein junge, schmale Frau mit grün gefärbten Haaren und kristallklaren blau-silbernen Augen. Sie summte kurz etwas, was wie „Bis später“ klang und war dann verschwunden. Léo und Kael taten es ihr gleich und waren kurz danach bereits in dem trägen Getümmel auf den Straßen Rocky Beachs verschwunden. Kael brauchte jetzt dringend etwas, um seinen Frust loszuwerden. Am besten jung, blond und grünäugig. --------------------------------------------------------------------------------- Arrivederci. - Auf Wiedersehen. (ital.) Ennuyeux, non? - Langweilig, nicht? (franz.) Kapitel 3: Der Meisterdieb und die Killerin ------------------------------------------- Kapitel 3 – Der Meisterdieb und die Killerin Die Stille in der Zentrale der drei ??? war geradezu greifbar. Peter saß auf dem alten Sofa und starrte die Wand an. Er schien den Besuch bei der Mizar doch nicht so gut überstanden zu haben, wie Justus und Bob gedacht hatten. Die beiden Jungen entschieden sich dafür den Zweiten Detektiven erst mal in Ruhe zu lassen. „Was meinst du, meinte sie mit `grüßt doch bitte Hugenay von mir´?“ Fragte Bob leise. Nachdenklich kaute Justus auf seiner Lippe, die Augen auf den Blonden gerichtet. „Milea spielt gerne, also könnte es ein Hinweis für uns sein, oder einfach nur etwas um uns zu beschäftigen. Aber welcher Fall es ist, dass weiß ich nicht.“ Bob erhob sich und holte drei Cola aus dem Kühlschrank. Eine von ihnen reichte er Peter, die anderen beiden nahm er mit auf seinen Platz, ehe er die Letzte an Justus gab. „Wie finden wir heraus, was davon das Wahre ist?“ Hinter dem Rücken des Blonden richtete sich Peters Aufmerksamkeit auf die Unterhaltung seiner Freunde und bevor er einen Schluck aus seiner Cola nahm, schaltete auch er sich in sie ein. „Wir müssten mit Hugenay sprechen, um herauszufinden, ob er sie kennt.“ Zwei Augenpaare richteten sich auf den Rot-Blonden, dem die Blicke schnell unangenehm wurden. „Was? Darf ich jetzt nicht mal mehr was sagen?“ Beschwichtigend hob Bob die Hände. „Doch, doch, natürlich… es kam nur etwas überraschend.“ Er versuchte ein beruhigendes Lächeln, welches Peter mit nur einer einfachen Handbewegung abtat. Justus hingegen war dabei über Peters Vorschlag nachzudenken. Es entsprach der Wahrheit, dass nur Hugenay ihnen sagen konnte, was wahr war, wenn man natürlich von Milea selbst absah, aber sie zu fragen, war, wie zu versuchen eine Ansammlung ägyptischer Hieroglyphen lesen zu wollen. Also komplett hoffnungslos. „Just?“ Der Schwarzhaarige schreckte aus seinen Gedanken auf und drehte langsam den Kopf in Bobs Richtung. „Hm?“ „Justus, total abwesend. Wo ist ein Kalender, wenn man ihn mal braucht?“ Seufzte Peter mit einem schiefen Lächeln. Bob ließ sich von der guten Laune anstecken und kicherte fast schon mädchenhaft. Es war seltsam, wie einfach sich die Stimmung ändern konnte. Es reichten nur ein paar Worte, ein paar Gesten und schon konnten die Anwesenden lachen. Justus lehnte sich in seinem Sitz zurück. „Haha, wie witzig.“ Doch die Worte brachten seine Kollegen nur noch mehr zum lachen. Beleidigt verschränkte der Erste Detektiv seine Arme vor der Brust. Dann wartete er darauf, dass sich Bob und Peter wieder beruhigten. Sie hatte nicht gedacht, dass ihre Jäger so lange brauchten, um einen einzigen Jungen zu fangen. Er war nur ein Mensch, warum hatten sie also so lange gebraucht? Müde blinzelte sie in das Sonnenlicht, welches durch die Gitterstäbe ihres kleinen Fensters fiel. Sie mochte es nicht. Es stach in den Augen und blendete sie. Sie mochte überhaupt das ganze Gefängnis nicht. Sie wollte hier wieder raus. Die Freiheit sich überall hin zu bewegen, einfach alles machen zu können, worauf sie Lust hatte. Es würde nicht mehr lange dauern, dann wäre sie auch endlich diesen dummen Overall los. Er kratzte auf der Haut und war so lang. Aber die letzten paar Tage würde sie das noch aushalten. „Und dann, meine lieben Fragezeichen, werdet ihr euch wünschen, mir nie begegnet zu sein…“ Justus hatte Inspektor Cotta angerufen und herausgefunden, dass Viktor Hugenay ebenfalls in dem neuen Hochsicherheitsgefängnis saß, in dem auch Milea einquartiert worden war. Er konnte sich nicht helfen, aber irgendwie fand er diesen Zufall doch etwas merkwürdig. Aber es wäre eine Erklärung, woher Milea auf die Idee kam, ihnen Hugenays Namen zu verraten. Sie würde ihn dort einfach aufgeschnappt haben. Dagegen sprach nur, dass strikt nach Männern und Frauen getrennt wurde, sie also keine Möglichkeit gehabt haben konnte, mit ihm zu sprechen. Er hatte den Inspektor ebenfalls gefragt, ob es möglich wäre, mit dem Meisterdieb zu sprechen, oder eher zu telefonieren. Es war möglich. Natürlich wollte Cotta auch wissen, warum die drei ??? sich so dafür interessierten und Justus hatte einen Moment gezögert, was er dem Inspektor erzählen sollte. Er hatte sich schließlich dafür entschieden, nur das wichtigste preiszugeben und den Rest noch für sich zu behalten. Dummerweise hatte Bobs Handy irgendwann geklingelt, sein Chef hatte angerufen, dass es eine gute Story geben würde und so hatte sich der Blonde entschuldigt und auf den Weg nach LA gemacht. So saßen nun nur noch Justus und Peter in der Zentrale, der Schwarzhaarige mit einem Telefon am Ohr, darauf wartend, dass er endlich mit Hugenay sprechen konnte. Peter hatte schon den Verstärker laut geschaltet, er wollte nichts verpassen. Ein Knacken ertönte und dann hörten die beiden Detektive die Stimme des Meisterdiebes. „Hugenay.“ „Hallo, Mister Hugenay, hier spricht Justus Jonas, von den Drei Fragezeichen.“ „Oh, Justus“ Tönte es erfreut. „Wie schön mal wieder etwas von dir zu ´ören.“ Es war lange her, dass sie sich mit dem Dieb in Verbindung gesetzt hatten, eigentlich viel zu lange, wie Justus fand. „So sehr es mich freut, ihre Stimme mal wieder zu hören, so rufe ich doch aus einem ernsten Grund an.“ Einen Moment war es still am anderen Ende der Leitung, ehe der Mann wieder sprach. „Isch weiß nicht, ob isch helfen kann, immerhin ist es lange ´er, dass isch da draußen war.“ „Es geht um eine junge Frau. Sie sitzt im gleichen Gefängnis wie sie. Wir hatten vor einiger Zeit einen Fall, in dessen Verlauf wir sie kennenlernten und am Ende überführten. Ihr Name ist…“ „Milea Mizar.“ Beendete Hugenay den Satz, ehe es Justus tun konnte, mit einem Seufzen. Der Erste Detektiv stutzte kurz. „Sie kennen sie also?“ Der Dieb lachte hohl auf. „Ob isch sie kenne? Natürlisch kenne isch sie. Eine solches Mädschen kann man nischt vergessen…“ Justus war sich nicht sicher, aber Hugenay klang mit jedem Wort erschöpfter, doch warum, blieb ihm schleierhaft. Aber eins war klar. Je mehr der Meisterdieb über sie sprach, desto schlimmer wurde sein Akzent. „Woher kennen Sie sie?“ „Oh, das ist lange ´er. Ich begegnete i´r, als ich etwa in deinem Alter war. Sie war ein ´übsches, wildes Ding, kaum zä´mbar. Aber bereits damals ´atte sie eine kriminelle Ader. Sie…“ „Moment mal.“ Unterbrach Peter, welcher Justus den Telefonhörer aus der Hand nahm. „Was soll das heißen `als ich etwa in deinem Alter war´? Milea Mizar ist zwanzig und Sie sind, keine Ahnung… fünfzig?“ Auch Justus war eben dieser Fakt aufgefallen, aber er hatte sich dafür entschieden gehabt, erst nachdem Hugenay geendet hatte, dazu etwas zu sagen. Nun, jetzt musste er die Frage nicht mehr stellen. „Also, irgendwo muss dort ein Fehler sein.“ „Seit i‘r sicher, dass sie das ist, was sie vorgibt zu sein? Isch begegnete i‘r vor fast dreißig Jahren, und noch ‘eute sieht sie so aus wie damals.“ Antwortete der Meisterdieb geheimnisvoll. Justus nahm Peter wieder den Hörer aus der Hand und sprach dann hinein. „Wollen Sie uns allen Ernstes erzählen, dass Milea Mizar, in deren Ausweis steht, dass sie zwanzig Jahre alt ist, vor dreißig Jahren bereits gelebt hat und so aussah wie heute?“ Er machte eine Pause um einmal seine Gedanken zu ordnen und tief durch zu atmen. „Das kann bei keinem Menschen sein.“ Hugenay lachte bloß, und diesmal klang es wirklich amüsiert. Die beiden Jungen warteten auf eine richtige Antwort, aber es kam keine, selbst dann nicht, als der Dieb wieder aufgehört hatte zu lachen. „Wollen Sie uns erzählen, dass Milea Mizar kein Mensch ist?“ „I´r Körper ist so sterblisch wie deiner und meiner. I´r ´Erz schlägt, i´re Lunge brauscht Atem. Dennoch ´abe isch nischt gelogen. Isch begegnete i´r vor dreißig Ja´ren, isch verliebte misch vor dreißig Ja´ren. Sucht eure Lösung woanders. Aber gebt Acht, mit i´r ischt nischt zu spaßen. Vor allem dann nischt, wenn man sie gegen sisch aufgebracht ´at. Isch ´örte, sie ´atte einen Verräter bei sisch in den Rei´en, der eusch ´alf. Aber i´re Jäger sollen i´n gefunden ´aben.“ Peter wurde mit jedem Wort blasser, bis er fast so aussah, als sei er selbst tot. Die Augen weit aufgerissen, starrte er Justus an, dieser legte ihm beruhigend ein Hand auf die Schulter und flüsterte „Beruhig dich.“. Seine nächsten Worte waren wieder an Hugenay gerichtet. „Was geschieht mit einem, den ihre Jäger finden?“ „Er bekommt i´ren Smiley und wird ´ingerischtet.“ Nachdem Bob zurückkehrte, fand er seine Kollegen still da sitzend wieder. Peter war leichenblass und auch Justus wirkte etwas… verstört. Bob versuchte gedanklich ein anderes Wort zu finden, aber ihm fiel kein Besseres ein. Nicht wissend, was er machen sollte, setzte er sich wieder auf das alte Sofa. „Was ist denn los? Ist irgendetwas passiert?“ Peter drehte ganz langsam seinen Kopf in die Richtung des Blonden, ehe er fast unhörbar flüsterte. „Skinny war´s.“ Verwirrt über diese Worte, warf Bob einen Blick zu Justus, aber der schien mit den Gedanken nicht ganz da zu sein. Also versuchte er es bei Peter. „Was war Skinny?“ „Der Informant.“ Kam es gleichzeitig von den anderen beiden Detektiven. Kapitel 4: Dancing Night ------------------------ Kapitel 4 – Dancing Night Wind griff in schwarzes Haar, wirbelte und zwirbelte es. Spielte ein Spiel, dessen Regeln für niemanden begreifbar waren. „Die Zeit ist gekommen.“ Neongrüne Augen blickten auf die düsteren Straßen. Der Wind nahm keinen Einfluss auf das platinblonde Haar. „Mileas Menschlichkeit wird sich auflösen, wie Asche, vom Sturm fortgetragen.“ Die Schwarzhaarige antwortete nicht. Ein Zittern rannte durch ihren Körper. Sie drehte sich nicht zu der Sprecherin um. Wollte der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen. „Sie werden herausfinden, was in dem Wald geschehen ist, Damian. Bring den Jungen fort von hier. Dich selbst magst du schützen können, aber Mileas Krallen wird er nicht entgehen.“ „Soll ich ihn einfach dem Tod überlassen?“ Die Stimme der Schwarzhaarigen, Damian, war schwer von Melancholie und Resignation. „Wo ich ihn doch gerade erst vor eben diesem bewahrt habe.“ Einen Moment glaubte sie, dass Finger über ihre Wange strichen, aber das war bloße Einbildung. „Léo wird bald bemerken, dass er nie im Reich der Toten angekommen ist. Deine Scharade war gut, aber sie wird bald auffliegen… wer soll eher sterben? Du oder er?“ Damian lachte leise. Ein hohles, leeres Lachen. „Warst du nicht immer die, die so viel von den Menschen hielt? Deiner eigenen Rasse? Aber anscheinend… tz, ich hab mich wohl in dir getäuscht.“ „Ich bin bloß realistisch, was wäre besser für ihn? Ein schneller Tod durch dich, oder ein Langsamer, Schmervoller durch Milea oder gar Kael? Du kennst die beiden besser als ich, nicht wahr… Jägerin des Schmetterlings?“ In einer fast schon hämischen Manier färbten sich die grünen Augen dunkelviolett. Damian wirbelte herum, doch dort, wo eben noch die Blonde gestanden hatte, war nur noch Leere. Sie war allein. Ganz allein. An ihrer Hüfte begann der Smiley schmerzhaft zu pochen. „Scheiße.“ Es war dunkel um ihn rum, aber da war ein Geräusch. Ein Wimmern. Nur ganz leise. Langsam ging er darauf zu. „Bitte nicht.“ Schluchzte eine Stimme, die er kannte. „Bitte… hör auf.“ Er streckte die Hände aus. Direkt vor ihm musste er sein. Er… „Skinny?“ Das Wimmern wurde lauter. Aus dem nichts entzündete sich eine Kerze. Seine Augen weiteten sich. Er befand sich in einem kleinen Raum, einer Zelle und dort in der Ecke, zusammengekauert, verdreckt, saß Skinny. Sein blondes Haar hing ihn in Strähnen ins Gesicht. Mit weit aufgerissenen Augen sah er in seine Richtung. Nein, er sah durch ihn hindurch. Er wandte den Kopf, wollte wissen, was hinter ihm lag. Da war eine Tür. Unterschied sich kaum von den dunklen Wänden, um sie herum. Knarzend und quietschend öffnete sie sich. Ein großer Mann trat ein. Vielleicht zweiundzwanzig. Rot-blondes Haar rahmte ein gebräuntes Gesicht ein. Einen Moment verschränkten sich die neongrünen Augen des Neuankömmlings mit den Seinen, dann trat dieser mitten durch ihn hindurch, auf Skinny zu. Schon bald rangen Schreie durch die Luft, gefüllt mit Schmerz und Angst. Und dann schrie er selbst. „Skinny!“ Heftig atmend und in Schweiß gebadet, schreckte Peter aus seinem Traum auf. Noch immer sah er Skinny vor sich. Unter diesem Typ, der ihm so ähnlich sah. Nur die Augen. So unmenschlich, grün leuchtend. Erschöpft, aber noch nicht bereit wieder ins Reich des Schlafes zurückzukehren, stand er auf. Er verließ sein Zimmer und betrat den Wohnraum der Wohnung, welche er sich mit Justus und Bob teilte. Mühelos fand er seinen Weg in die Küche und holte aus dem Kühlschrank eine Flasche Wasser. Es rann kühl seine Kehle hinab und riss ihn endgültig aus seinem Traum zurück in die Wirklichkeit. Dennoch, Skinnys vor Angst und Schmerz geweitete Augen wollten ihm nicht aus dem Kopf gehen. Sie hatten sich in sein Gehirn gebrannt. Ein Blick auf die Küchenuhr mit der LED-Leuchte, sagte ihm, dass es erst vier Uhr morgens war. Viel zu früh für seinen Geschmack, oder zu spät, wie man es nahm. Seufzend trottete er zurück in sein Zimmer und ließ sich auf sein Bett fallen. Die Wasserflasche stellte er neben das Bett. Angespannt fuhr er sich durchs Haar, dann fuhren seine Finger nachdenklich über eine Verbrennung an seiner Hüfte, knapp über dem Knochen auf der linken Seite. Er hatte die Form eines kleinen Smileys. Weder Justus, noch Bob hatten ihn jemals gesehen und Peter wollte auch, dass das so blieb. Er wusste nicht warum er nicht wollte, dass sie davon erfuhren. Es war sein Geheimnis, die einzig sichtbare Spur, die er von Milea zurückbehalten hatte. Es war seine Last, seine Bürde und er nahm sie freiwillig auf sich. Gleichzeitig war es eine Warnung. Peter würde sich immer an die Rothaarige erinnern und würde immer vorsichtig sein. Sie hatte ihn verändert. Nicht das äußere, sondern seinen Kern, sein Innerstes. Und es war unveränderbar. Milea strich wie ein Raubtier in ihrer Zelle hin und her. Sie war nicht nervös und auch nicht aufgeregt, nein. Es würde nicht zu ihr passen. Dennoch hatte eine gewisse Ruhelosigkeit sie erfasst. Mit jeder Sekunde die verstrich wurden ihre Bewegungen schneller, mit jeder Sekunde rückte der Augenblick näher. Schwaches Mondlicht fiel durch ihr Fenster. Es war so viel beruhigender als Sonnenlicht. Sonnenlicht brannte in den Augen und brachte ihren Kopf zum brummen. Ein lästiger Effekt, aber unvermeidbar. Ein Scharren ertönte und sie hielt in ihren Bewegungen inne. Vorsichtig drehte sie sich um, aber da war nichts. Keiner ihrer Sinne schlug Alarm. Einen Moment fragte sie, ob das gut war, dann entschied sie, dass es vollkommen egal war. Noch brauchte sie sie nicht wieder. Erst wenn sie hier wieder draußen war. Ihre Augen fielen auf das ungemachte Bett. Dort lag etwas. Sie trat darauf zu und hob es auf. Es war ein Messer. Schmal und klein. Komplett aus Metall. Es schmiegte sich angenehm in ihre Hand. Die Kühle war wohltuend und schaffte es ihre Ruhelosigkeit zu vertreiben. Sie setzte sich auf die harte Schlafstätte und hielt die Waffe ins Mondlicht. Es brach sich darauf und Lichtpunkte schimmerten an den Wänden. Sie drehte es zwischen ihren Fingern. Es war eben noch nicht dagewesen, das wusste sie. Aber es war das Zeichen, dass alles glatt lief. Das war gut, gut für sie. Dennoch, das Messer brauchte ein Versteck. Diese Waffe, egal wie klein und unscheinbar sie schien, hatte eine große Bedeutung. Sie konnte nicht riskieren, dass irgendein Wärter sie fand und ihr wegnahm. Nein, das durfte nie geschehen. Justus hörte seine beiden Freunde bereits reden, als er noch im Bett lag. Müde rappelte er sich auf und zog sich an. Er fand Peter und Bob am Küchentisch bei einer Tasse Kaffee und einem einfachen Cornflakes-Frühstück. Einer von ihnen hatte ebenfalls eine Schüssel und eine Tasse für ihn rausgestellt. Er hörte ihnen dabei zu, wie sie über Nichtigkeiten sprachen, während er beides füllte und anfing zu essen. „Was war das gestern eigentlich für eine Geschichte, zu der dich dein Chef gerufen hat?“ Fragte Justus schließlich zwischen zwei Löffeln an Bob gerichtet. „Oh, da ging es um einen toten Stripper. Erst hielt ich es für langweilig, es schien wie ein einfacher Selbstmord, Kopfschuss, Waffe noch in der Hand, halt ein Selbstmord. Dann konnte ich aber bei einem Gespräch zwischen zwei Polizisten hören, dass niemand einen Schuss gehört hat und dass es an der Schusswunde keine Schmauchspuren gab, was bei einem Selbstmord nicht sein kann.“ Justus nickte verstehend. „Also Mord?“ Der blonde Detektiv zuckte mit den Achseln. „Scheint so.“ Es war eine Weile still, jeder aß sein Frühstück in Ruhe. Dann hob Bob nochmal den Kopf. „Da fällt mir ein, wo du mich dran erinnerst. Der Stripper, ich hab ihn kurz gesehen, er hatte große Ähnlichkeit mit Skinny. Blond, vielleicht etwas größer als er, grüne Augen, sein Gesicht hatte ebenfalls ein paar gewisse Ähnlichkeiten.“ Peter ließ den Löffel sinken, welcher bereits halb auf seinem Weg in den Mund gewesen war, sein Gesicht war unnatürlich blass geworden. „Smiley?“ Er entspannte sich ein wenig, als Bob verneinend den Kopf schüttelte. Auch Justus hatte sein Besteck sinken lassen, dafür aber angefangen auf der Unterlippe zu kauen. Immer noch leicht angespannt beobachteten seine beiden Freunde ihn, ehe Bob wieder das Schweigen brach. „Meinst du, dass hat was zu bedeuten?“ „Möglicherweise.“ War die karge Antwort. „Ich würde aber eher gern einmal bei Skinnys Wohnung vorbei schauen.“ „Ich kann erst am Nachmittag, ich hab heut ein Spiel.“ Brummte Peter und langsam nahm sein Gesicht wieder seine normale Färbung an. „Ich muss auch erst in die Redaktion, aber um… ich weiß nicht, vielleicht vier können wir uns treffen. Passt das für euch?“ Meinte dann auch Bob. Die anderen beiden Detektive gaben ihr Einverständnis und machten sich nach Abschluss ihres Frühstücks alle drei auf ihren Weg. Denn auch Justus wollte nochmal mit Cotta sprechen und sich anhören, ob es etwas Neues gab. „Du schon wieder.“ Brummte Damian übellaunig. Die Blonde zuckte bloß mit den Schultern. Ihre Augen, diesmal ein helles gelb, wanderten über die Blutspritzer an der Wand, dann auf die aufgeklebten Umrisse am Boden. Sie hatten Ähnlichkeit mit einem Körper, in dessen einen Hand sich eine Waffe befand. „Was wäre gewesen, hätte Kael dich gefunden?“ Damian ballte die Fäuste. „Warum kannst du mich nicht in Ruhe lassen damit?! Ja, ich war ein Jäger, ja, ich kenne Milea, und ja, begegne ich einem von ihnen, sterbe ich vermutlich einen grausamen Tod, aber das musst du mir nicht jeden Tag unter die Nase reiben!“ Abwehrend hob die Blonde die Hände. „Du bist besonders, einzigartig, selbst unter uns. So etwas darf man nicht verschwenden.“ Theatralisch verdrehte die Schwarzhaarige die Augen und wandte sich von der Blonden ab. „Kael hat keinen Smiley hinterlassen, es war also alles in seinem eigenen Interesse. Ich nehme an, dass er jemanden braucht, den er nageln konnte und da er eine seltsam starke Obssession gegenüber Skinny hat, hat er sich ausgerechnet Timmy ausgesucht. Wegen seiner Ähnlichkeit, und nicht, weil er mir auf der Spur war.“ Die Blonde gab ein nichtsagendes „Hmm.“ von sich und wollte sich gerade abwenden. Aber Damians Ausruf hielt sie zurück. „Ghost!“ Angesprochene drehte sich noch einmal um und zeigte damit, dass sie zuhörte. „Wann… wann wird Milea wieder…?“ Versuchte es die Schwarzhaarige mit zaghafter Stimme. „Wieder das Monster sein, als welches sie bekannt geworden ist?“ Beendete Ghost, da Damian anscheinend nicht die Kraft dazu hatte. Die Blonde lächelte traurig. „Leider allzu bald.“ Der Nachmittag kam und die drei Detektive versammelten sich vor Skinnys Wohnung. Ein Polizeisiegel klebte an der Tür und Justus hatte extra noch einmal beim Inspektor nach gefragt, ob sie es brechen durften. Er war zwar nicht begeistert darüber gewesen, dass Bob und Peter mit rein kamen, aber er kannte die drei gut genug, dass es später eh keinen Unterschied machen würde. Was der eine wusste, wussten die anderen kurz darauf auch. Außerdem meinte er, dass ihnen vielleicht etwas auffallen würde, welches der Spurensicherung entgangen sein könnte, und da Justus ja eh an dem Fall offiziell mitarbeitete, wäre es eigentlich nicht schlecht, wenn er da noch einmal vorbei schauen würde. Justus betrachtete abschätzend das Schloss, welches die Polizei hatte knacken müssen, da Skinny keinen Schlüssel bei sich gehabt hatte. Überhaupt hatte Skinny nichts bei sich gehabt, kein Ausweis, kein Schlüssel, kein gar nichts. Dummerweise war auch keine weitere DNS auf seinen Sachen gefunden worden. Es gab bisher keine Spur, außer der Smiley auf seiner Brust, zu welchem auch Cotta noch einmal die junge Frau befragen wollte. Neben Justus wurden Peter und Bob langsam ungeduldig. Sie standen seit fast schon zehn Minuten vor dieser Tür und der Schwarzhaarige, da er immerhin für die Polizei arbeitete und daher einen Ausweis hatte, hatte eben dieses Stück Holz immer noch nicht geöffnet. Bob stieß ihn schließlich an und Justus bewegte sich dazu, die Wohnung zu betreten. Es war unaufgeräumt. Briefumschläge mit Rechnungen lagen auf einem wackligen kleinen Tisch nahe der Tür. Ein paar Schuhe lagen darunter. Es ging ähnlich weiter. Ein leerer Pizzakarton lag bei einer alten Couch, in der kleinen Küche türmte sich zwar kein Geschirr aber ein wenig stand doch rum. Das Bad war relativ sauber, während im Schlafzimmer, wie der Rest der Wohnung auch recht klein, lagen einige Kleidungsstücke auf dem Boden, das Bett war ungemacht. „Wir sollten uns getrennt umsehen, wenn einer was findet, was von Wichtigkeit sein könnte, soll er rufen.“ Meinte Justus, ehe er begann sich im Schlafzimmer umzusehen. Bob nahm sich das Wohnzimmer, wenn man es denn so nennen konnte, vor, während Peter die übrig gebliebenen Räume untersuchte. Eine Weile fiel keinem von ihnen etwas auf, ehe Bob nach seinen Kollegen rief. Justus und Peter waren fast sofort bei ihm, neugierig, was der Blonde gefunden hatte. „Was ist los, was hast du gefunden?“ Ein Zettel wurde hoch gehalten und sofort entzifferten die beiden anderen, was darauf stand. Dancing Night, Kitt und eine Telefonnummer. „Warum ist das interessant?“ Fragte Justus skeptisch. Er konnte mit den Infos nichts anfangen. „Dancing Night ist der Club, in dem der tote Stripper gearbeitet hat. Der, von dem ich euch erzählt hab, aus L.A.“ Erklärte Bob mit ruhiger, ernster Stimme. Peter wusste nicht genau, was ihn dazu getrieben hatte Justus Vorschlag, dem Club einen Besuch abzustatten, zu zustimmen. Auf jeden Fall fand er sich an eben diesem Abend vor dem Dancing Night wieder. Bob sah aus, als ob er sich die gleichen Gedanken gemacht hätte, als er zusammen mit Justus zu Peter stieß. Einen Moment war eine Art peinliche Stille, ehe sie sich dazu durchrangen, den Club zu betreten. Der Türsteher war ein schmaler, schlaksiger, aber attraktiver Kerl, dessen hellbraune Augen stark mit Kajal umrandet waren. Ebenfalls braunes Haar stand stachelig vom Kopf ab und ragte unter einem grauen Hut hervor. Der Hut passte farblich zu der Weste, die einen Streifen des flachen, gut gebräunten Bauches freigab, ehe er in der engen, tiefsitzenden, schwarzen Jeans verschwand. Er musterte die drei Detektive abschätzend. „Ich hab euch hier noch nie gesehen.“ Lächelte er ein strahlendes Lächeln. „Das ist kein Wunder.“ Brummte Peter. Der Braunhaarige lachte. „Was macht ihr dann hier?“ Justus zögerte, aber es wäre einfacher, wenn ihnen jemand helfen könnte. „Wir suchen jemanden.“ „Wen denn? Vielleicht kann ich euch helfen.“ Bot der Türsteher an. „Kennen sie jemanden namens Kitt?“ Fragte Bob. Der Türsteher lächelte geheimnisvoll und nickte. „Wenn ihr für den Eintritt bezahlt, kann ich sie euch zeigen.“ Die drei Jungen reichten dem Türsteher einige Dollar, doch ehe sie eintreten konnten, hielt der junge Mann sie noch auf. Er drehte sich selbst um und rief nach jemandem namens Toni. Dieser stellte sich als ein ebenfalls junger Mann heraus, welcher ein ähnliches Outfit wie der Türsteher trug. Der Braunhaarige, Toni nannte ihn Shawn, überließ Toni seinen Posten, ehe er die drei Jungen ins Innere führte. Es war ein edel eingerichteter Club. Eine Bühne mit Stange lag der Bar gegenüber, zu der Shawn sie führte. Runde Tische waren überall im Raum angeordnet, an den meisten saßen bereits Leute, beobachteten wie eine Tänzerin sich langsam und lasziv entkleidete. Shawn stellte sich hinter die Bar. Meinte kurz, dass er eigentlich Barkeeper und nur für jemanden eingesprungen sei. „Was ist jetzt mit Kitt?“ Fragte Justus ungeduldig. Hinter ihnen ertönte Applaus, ein klaren Zeichen dafür, dass die Stripperin mit ihrem Auftritt durch war. Kapitel 5: Kitt --------------- Kapitel 5 – Kitt „Kitt?“ Der Barkeeper lächelte und deutete mit einem Nicken auf die Bühne. Leicht verwirrt drehten sich die drei Jungen um und blickten hinauf zu der Stange, welche gerade im Dunkeln lag und nur schwach zu erkennen war. Die Silhouette einer schlanken, mittelgroßen Frau war erschienen. (Ohhh ohhh La la la) I am, I'm too fabulous Mit den ersten Takten des Liedes, flammten auch die Lichter wieder auf. Die Frau musste kaum älter als die drei Detektive sein, die schwarzen Haare und das Gesicht waren unter einem schwarzen Hut verborgen. Ihre Haut war milchig weiß und nahm immer die Farbe des Scheinwerfers an, welcher auf sie gerichtet war. Die langen dünnen Beine bewegten sich lasziv zum Beat des Stückes, ließen den hübschen Hintern in den dunkelblauen Hotpants begehrenswert schwingen. Der Oberkörper wurde von einer dicken Jacke mit Pelzbesatz verborgen, unter der, was man durch den offenen Reisverschluss sehen konnte, ein dunkles, bauchfreies T-Shirt war. I'm so fierce that it's so nuts I live to be model thin Dress me, I'm your mannequin J'adore Vivienne, habillez-moi, Gucci, Fendi, et Prada. Valentino, Armani too. Merde I love them Jimmy Choo Ein Bein schlang sich um die hohe Metallstange, knapp über den, aus den Stiefeln ragenden, Wollsocken. Es war eine beeindruckende Show, ein jeder starrte gebannt zur Bühne. Es wurde ein wenig Lärm laut, als der Hut als erste Klamotte davon segelte. Fashion put it on on me Don't you want to see these clothes on me Fashion put it on on me I am anyone you want me to be Fashion put it on on me Don't you want to see these clothes on me Fashion put it on on me I am anyone you want me to be Ihre Bewegungen hatten etwas magisches, als wäre sie aus einer anderen Welt. Die Stiefel hatten sich ebenfalls verabschiedet, ebenso die Socken. Es war seltsam, aber die Jungen hatten das Gefühl, dass sie nur für sie tanzte. Der Blick der faszinierend schwarzen Augen war die meiste Zeit auf sie gerichtet. (Ohhhh ohhhhh La la la We love designer) I need, some new stilettos Can't walk down the street in those You are who you wear it's true A girl's just as hot as The shoes she chooses J'adore Weitzman habillez-moi, Louis, Dolce Gabbana, Alexander McQueen, eh ou, Merde I love those Manolo Die Jacke war das nächste, was sich von ihrem Körper lösen musste und Peter gab einen Laut von sich, welcher irgendwo zwischen Angst, Neugier und Wut lag. „Seht euch ihre Hüfte an!“ Fashion put it on on me Don't you want to see these clothes on me Fashion put it on on me I am anyone you want me to be Fashion put it on on me Don't you want to see these clothes on me Fashion put it on on me I am anyone you want me to be Dort, kaum verborgen von dem zu kurzen T-Shirt, war ein Smiley auf ihre Hüfte tätowiert. Hämisch grinsend starrte er in die Menge. Mileas Zeichen… An genau der gleichen Stelle, wo auch Peter den seinen trug. (Ohhhh ohhhhh La la la We love designer) (Ohhhh ohhhhh La la la We love designer) Fashion put it on on me Don't you want to see these clothes on me Fashion put it on on me I am anyone you want me to be Fashion put it on on me Don't you want to see these clothes on me Fashion put it on on me I am anyone you want me to be Jubel wurde laut, als auch das T-Shirt den Weg von ihrem Körper fand. Darunter trug sie noch einen schwarzen BH, und es sah nicht so aus, als würde der seinen Weg auf den Boden finden. Fashion put it on on me Don't you want to see these clothes on me Fashion put it on on me I am anyone you want me to be Fashion put it on on me Don't you want to see these clothes on me Fashion put it on on me I am anyone you want me to be Als die letzten Takte erklangen, drehte sie dem Publikum den Rücken zu. Ein Raunen ging durch die Anwesenden. Kitts Rücken schillerte im Licht der Lampen in den Farben von blau zu grün, als hätte sie die Schuppen eines Fisches. Und Justus hatte das Gefühl, dass das keine Farbe, aber auch keine Blessuren waren. Dann war es vorbei. Das Licht ging aus und nur noch Kitts Silhouette war zu sehen, die ihre Sachen wieder einsammelte. „Ein kurzer Auftritt.“ Brummte Justus. „Ein kurzer, aber ein guter.“ Meinte Shawn. „Kitt ist die beste Tänzerin hier, sie hat angeboten öffters zu tanzen, aber eben dieses Kurze mit Sehnsuchtspotential lockt die meisten Kunden wieder her.“ Dann hielt er kurz inne. „Sagt mal, wie heißt ihr eigentlich?“ Die drei Jungen verzichteten erst mal darauf, ihm ihre Karte zu reichen und stellten sich ganz normal vor. Auch Shawn nannte noch einmal seinen Namen, da er sich selbst eigentlich auch noch nicht vorgestellte hatte. „Soo, und was wollt ihr von Kitt?“ „Es geht um einen… Freund, wir wollen sie etwas dazu fragen.“ Versuchte Peter es möglichst uninformativ zu erklären. „Einen Freund? Kitt mag ja süß sein, aber sie hat keine Freunde… nee, halt, doch da ist dieser Blonde Typ gewesen, aber der is schon über ne Woche nich hier gewesen.“ Sagte Shawn nachdenklich, während er einer knapp angezogenen Kellnerin mehrere Gläser mit einem unidentifizierbaren Getränke-Mix auf das Tablett stellte. Sie lächelte die Jungen neugierig an, wuselte dann aber wieder davon. „Blond?“ Fragte Bob nach. Shawn nickte. „Japp, und grüne Augen. Sah nicht ganz schlecht aus.“ Er zwinkerte den Jungen vielsagend zu. „Bist du… schwul?“ Rutschte es Peter wenig dezent heraus. Shawn lachte. „Nee, aber bi. Das sollte man bei diesem Job schon sein.“ Er schob sich einen Zahnstocher zwischen die Zähne. Justus ließ sich davon nicht beirren. „Noch mal auf den Freund. Weißt du wie er hieß?“ Nachdenklich blickte der Barkeeper an die Decke. „Glaub, es war was mit S. Ich kann mich aber auch täuschen, ich hab nur einmal mit ihm gesprochen.“ „Hm, Skinny vielleicht.“ Versuchte Bob es. Braune Augen blickten einen Moment überrascht, dann nickte er. „Ja, das wars, Skinny. Seltsamer Name, aber bitte, sofern ich nicht so heißen muss.“ „Wann hast du ihn das letzt mal gesehen?“ Fragte Justus und lehnte sich gegen den Bartresen. „Letze Woche irgendwann. Er war extrem aufgeregt, Kitt hat ihm nen Whisky gekauft, hat er glatt auf Ex gekippt.“ „Interessant, weißt du, warum er so aufgeregt war?“ „Nee, wie gesagt, ich hab nur einmal richtig mit ihm gesprochen.“ „He, Shawn, ‘n Vodka, bitte.“ Die drei Jungen drehten sich zu der Sprecherin um, während Shawn die Bestellung sofort fertig machte. Vor ihnen stand Kitt. Ihr Outfit hatte sich kaum verändert, noch immer trug sie die Hotpants, das bauchfreie T-Shirt, die Jacke mit Pelzbesatz und die Stiefel. Nur der Hut saß nicht mehr auf ihrem Kopf. Eingehend musterte sie die drei Detektive, nahm dabei einen Schluck ihres Vodkas, den Shawn ihr gereicht hatte. „Soo, ihr wolltet zu mir?“ Fragte sie und zog abwartend eine Augenbraue hoch. „Ähm…“ Die Jungen tauschten kurz einen Blick. „Ja.“ Kitt nickte aufmunternd. „Wie kann ich helfen?“ Justus erkannte, dass ihre Augen nicht ganz schwarz waren, sondern, dass da mehrere Farbflecke in ihnen waren, aber bei dem schummrigen Licht war nicht zu erkennen, welche Farbe diese Flecken hatten. „Sie haben da ein sehr interessantes Tatoo an der Hüfte, hat es irgendeine Bedeutung?“ Platzte es aus Peter raus, was ihm einen strafenden Blick von Justus einbrachte. Aber er hatte es wissen müssen. Zu viel war ihm wegen der Mizar und ihrer Bande passiert. „Der Smiley?“ Die Schwarzhaarige blickte nachdenklich in ihr Glas. Ein schwaches Lächeln machte sich in ihrem Mundwinkel breit. Es erzählte eine Geschichte von Erinnerungen, aber ob sie gut oder schlecht waren, konnte der erste Detektiv nicht sagen. „Ja, er hatte Mal eine Bedeutung, aber das ist lange her, sehr lange her.“ „Kennen sie einen Skinny Norris?“ Da Peter eh schon mit der Tür ins Haus gefallen war, würden weitere direkte Fragen nicht den Unterschied machen, entschied Justus, der skeptisch eine Augenbraue gehoben hatte. Irgendetwas kam ihm bei dem Mädchen seltsam vor. Und auch der Barkeeper, er hatte bei den beiden ein schlechtes Gefühl. Kitt blinzelte ihn kurz mit ihren langen, feinen Wimpern überrascht an. Einen Moment sagte sie nichts, dann aber öffnete sie den Mund. „Ja, ich kenne ihn, er is süß und lieb. Warum?“ Das war eine gute Frage. Justus überwarf die Optionen, die er hatte im Kopf. Bisher hatte die Presse nichts wirkliches über den Fall bringen können, weil sie keine Informationen hatten, niemand wusste, dass Skinny das Opfer war, sah man von Polizei, seinen Eltern und natürlich den drei Fragezeichen ab. Inspektor Cotta hatte alle Eingeweihten dringlichst darauf hingewiesen, dies auch nicht publik werden zu lassen. „Wir suchen nach ihm und haben erfahren, dass er öfters hier gesehen wurde. Sie wissen nicht zufällig, wo er ist, oder?“ „Du hast ja ne komische Sprache.“ Brummte sie, aber das Grinsen auf ihren Lippen verriet sie. „Und bitte hört alle… drei auf mich zu siezen. Ich bin kaum älter als ihr.“ Sie schüttelte kurz den Kopf. „Aber sorry, ich hab Skinn schon ne Weile nicht mehr gesehen, letzte Woche war er das letzte Mal hier.“ „Ja, das wissen wir schon.“ Justus warf kurz einen Blick auf den Barkeeper, der wie es beim ersten Blick so aussah, als würde er konzentriert arbeiten, aber so wie er halb in ihre Richtung gedreht stand, verriet, dass er auch zu hörte. „Shawn meinte, er sei aufgeregt gewissen, was war der Grund?“ Einen vernichtenden Blick auf Shawn werfend, den dieser wohlweißlich ignorierte oder wirklich nicht mitbekam, weil gerade eine der Kellnerinnen mit ihm redete, strich sich das Mädchen ein paar Haarsträhnen hinters Ohr. „Aufgeregt? Ja, stimmt, ein wenig aufgeregt war er schon, aber es war nichts Schlimmes, ganz genau weiß ich aber auch nicht, was los war, er hats mir leider nich verraten.“ Justus nickte. „Gut, danke für ihre Hilfe.“ Er sah sich kurz nach seinen Kollegen um, aber keiner von ihnen erhob einen Einwand. „Falls wir noch Fragen hätten, können wir dann wieder kommen?“ Aus dem Grinsen wurde ein warmes, breites Lächeln. „Klar, ich bin die meiste Zeit hier, auch wenn ich nicht immer tanze. Kommt ruhig vorbei.“ Sie nickte jedem der Jungen freundlich (Anm. beim ersten Versuch stand da feindlich XD) zu. „Gibt’s ne Möglichkeit euch zu erreichen, falls mir noch was einfällt, oder ich von Skinn höre?“ Beinahe wäre Justus herausgerutscht, dass der letzte Teil des Satzes kaum möglich wäre, aber er biss sich rechtzeitig auf die Zunge. Dann reichte er ihr eine der Visitenkarten. „Ruf jederzeit an.“ Mit diesen Worten verabschiedeten sich die Jungen und verließen den Club. Kitt blickte ihnen nachdenklich hinterher. Sie hatte kaum einen Blick auf die Karte geworfen. „Shit, Dam, was machen diese drei Detektive hier?“ Fragte Shawn leise, der sich auf die andere Seite des Tresens lehnte. „Skinny suchen jedenfalls nicht.“ Brummte die Tänzerin abwesend. „Was ist mit Skinny?“ Kitt seufzte laut auf. „Mach dir keinen Kopf. Er ist okay.“ „Bist du sicher? Und wieso wissen diese drei von Mileas Smiley?“ „Dummkopf, das sind die drei, die sie in den Knast haben wandern lassen.“ Shawn guckte ungläubig. „Die drei? Verarsch mich nich, Dam“ „Japp.“ Bestätigend nickte die Schwarzhaarige. „Shit, hätt ich ihn‘ nicht zugetraut.“ „Stimmt aber… sag mal, woher weißt du eigentlich, dass das die drei Detektive sin? Die Karte hier hab ich dir immerhin nicht gezeigt.“ Shawn lächelte geheimnisvoll. Seine weißen Zähne blitzten kurz auf. „Nicht nur du hast Geheimnisse, Jäger.“ Kapitel 6: Schlaf Peter, schlaf ------------------------------- Kapitel 6 – Schlaf Peter, schlaf Da ist Blut an seinen Händen. Klebrig, schon halb eingetrocknet. Der süße Geruch steigt ihm in die Nase. Süß und schwer. Es ist sein Blut. Seine Brust schmerzt höllisch, er riecht noch das verbrannte Fleisch, direkt über dem Herzen. Auch sein Kopf tut weh. Eine Kugel hat ihn gestreift an der Schläfe. Immer wieder schießt nur ein Gedanke durch seinen Kopf. ‚Warum ich? Warum?‘ Es ist der einzige klare Gedanke, den er noch hat. Ansonsten ist da nur Angst. Angst davor, gefunden zu werden. Sie sind auf der jagt nach ihm. Sie wollen ihn töten, es ist ein Wunder, dass sie es noch nicht geschafft haben, er war sich so sicher, dass es diesmal vorbei sein würde, hatte das kalte Metall des Laufes gespürt, das sich in seinen Hinterkopf gebohrt hat. Er hat geschrien, als der Smiley sich in seine Brust brannte. Er hatte den Genuss in seinen Augen gesehen. Den Genuss und den Spaß daran, ihm weh zutun. Ein Knacken zu seiner Rechten. Er fährt herum. Haben sie ihn schon eingeholt? Er beginnt zu rennen. So schnell er kann stolpert er zwischen den Bäumen entlang. Adrenalin schießt durch seine Adern und lässt ihn den Schmerz vergessen. Er hört wie sein Blut rauscht, wie sein Herz klopft, als wolle es aus seiner Brust springen. Dann stolpert er. Die Blätter sind kalt und feucht unter seinen Fingern, Dreck bleibt an seinen Händen kleben. Er rappelt sich hoch und kämpft sich weiter, ehe er erneut fällt. Dann ein Knacken, direkt hinter ihm. Sie haben ihn erreicht, er weiß es. Diesmal würde er wirklich sterben. Eine Hand berührt ihn an der Schulter, zieht ihn hoch. Sie ist überraschend sanft. Er wird herum gedreht und sieht in zwei vertraute Augen. „Du?“ Keucht er überrascht. Ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen. Ein Kopf wird geschüttelt, dann halt ein Schuss durch den Wald… Schweißnass schreckte Peter auf. Er brauchte mehrere Momente um sich zu orientieren, ehe er erfasste, dass er sich in seinem Zimmer in der Wohnung befand. Noch immer konnte er die dumpfe Kühle des Winters auf seiner Haut spüren und unwillkürlich begann er zu zittern, obwohl ihm eigentlich zu heiß war. Er fühlte den Dreck, die Blätter, das Blut an seinen Händen und er musste Licht anmachen, um sich zu überzeugen, dass sie nicht da waren. Es war nicht der erste Alptraum, den er gehabt hatte, in den vergangenen Monaten war er fast jede Nacht von ihnen heimgesucht worden. Aber keiner von ihnen hatte sich jemals so real angefühlt. So… greifbar. Aber als er versuchte sich an die Details zu erinnern, verschwamm alles bereits. Da war dieses Gesicht gewesen, er hatte es gekannt, aber die Konturen verwischten so stark, dass er nicht einmal mehr sicher war, ob es ein Mann oder eine Frau gewesen war. Mit einem leisen Stöhnen richtete er sich auf und fuhr sich mit den Fingern durch das schweißnasse Haar. Für einige kurze Momente überlegte er sich wieder hinzulegen und weiter zu schlafen – sollte ihm das denn gelingen – entschied sich dann aber dagegen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er eigentlich erst in ein paar Stunden aufstehen musste und auch der langsam grau werdende Himmel draußen erzählte ihm die gleiche Wahrheit. Ächzend stand er auf, schnappte sich ein paar frische Klamotten und schlurfte Richtung Badezimmer. Würde er die extra Stunden eben für einen Luxus wie eine lange ausgiebige Dusche nutzen. Es war früher Nachmittag als sich die drei Detektive in der Zentrale auf dem Schrottplatz einfanden. Auch wenn Justus nicht mehr bei seiner Tante und seinem Onkel lebte, so war der alte Wohnwagen doch ein Teil von ihnen, für den sie wohl nie zu alt werden würden. Mit ernster Miene berichtete ihnen Bob von einem dritten blondhaarigen jungen Mann, der tot aufgefunden wurde – oder zweiten, je nachdem, ob man Skinny dazu zählte oder nicht. Er und Justus tauschten einen langen Blick aus. Aber es war Peter, die mit leiser Stimme aussprach, was sie alle dachten: „Denkt ihr, dass sie alle zusammen hängen?“ Justus machte ein nachdenkliches Gesicht. „Ich denke, so wie Milea sich verhalten hat, und auch nach dem was Hugenay gesagt hat, dass Skinny gestorben ist, weil er sie verraten hat. Aber dass die anderen beiden solch eine Ähnlichkeit zu ihm haben, kann etwas bedeuten. Wer weiß, vielleicht hat der… Jäger, der ihn erschossen hat, nicht genug gehabt.“ Für einen Moment war es still, dann sagte Peter, die Augen gen Boden gerichtet. „Skinny ist wegen mir tot.“ Justus und Bob starrten ihn an als sei er verrückt geworden. „Was redest du da!“ Schimpfte Bob. Peters Kopf schnellte hoch. „Was denn?! Es stimmt doch. Er hat Milea verraten, damit ihr mich retten könnt. Wäre ich nicht entführt worden, wäre er noch am Leben!“ „Peter“ Begann Justus mit ruhiger Stimme. „Warst du es, der den Abzug gedrückt hat? Nein, warst du nicht. Skinny wusste auf was er sich einließ, als er uns geholfen hat, er hat es aus freien Stücken getan, warum auch immer, also ist es nicht deine Schuld, dass er tot ist. Nicht solange du es nicht warst, der die Waffe gehalten hat.“ Diesmal war es Peter, der Justus anstarrte als sei er ein Geist, eigens von den Toten zurück gekommen um ihn in den Wahnsinn zu treiben. Geschlagen senkte er den Blick wieder und gab ein kurzes Nicken. Bob wollte gerade weitermachen Peter zu überzeugen, dass ihm keine Schuld zu kam, denn selbst ein Blinder hätte bemerkt, dass der Zweite Detektiv bei weitem noch nicht überzeugt war, als das Telefon klingelte. Justus griff fast abwesend nach dem Hörer und drückte auf die Taste um den Verstärker an zu schalten. „Justus Jonas, Drei Fragezeichen.“ „Hallo, Justus.“ Ertönte Inspektor Cottas Stimmer durch das Telefon. „Ich störe ja nur ungern, aber es gibt da etwas sehr… Interessantes, was ihr wohl gerne wissen wollt. Skinny Norris‘ Leiche ist gestern Nacht aus dem Leichenschauhaus verschwunden.“ Beim zweiten Besuch in dem Hochsicherheitsgefängnis war Peter deutlich ruhiger. Die Mizar jedoch grinste wie immer. Nach dem Gespräch mit Inspektor Cotta, welches ihnen keine weiteren Erkenntnisse geliefert hatte, als dass es einen vermissten Körper, aber keine Spuren gab, hatte sich der Erste Detektiv dafür entschieden ein weiteres Mal bei der Italienerin vorbei zu schauen. Wenn Skinnys eindeutig tote Leiche es wert war in ein Regierungsgebäude einzubrechen, gab es da noch etwas, von dem die Drei ??? noch nicht wussten. Bei den Untersuchungen war zumindest nichts Besonderes aufgefallen. „Die Fragezeichen wieder, welch Ehre.“ Flötete Milea und neigte ihren Kopf in einer spielerischen Verbeugung. „Womit kann ich euch diesmal helfen? Noch mehr tote Jungen im Wald?“ Sie kicherte. „Nein.“ Erwiderte Justus und nahm wieder den Platz ihr gegenüber ein. „Immer noch der Gleiche.“ „Ich dachte wir hätten bereits abgehakt, dass ich Nichts über ihn weiß.“ Milea legte den Kopf schief und die Art wie sich ihre Augen leicht verengten, verriet Justus, dass sie bereits dabei war, das Interesse an der Unterhaltung zu verlieren. Dies konnte ihnen entweder zu Gute kommen, oder diese ganze Begegnung unerfreulicher machen, als sie eh schon war. Ihr Desinteresse könnte sie dazu neigen lassen, eine Kleinigkeit preiszugeben oder es würde sie auf Dinge eingehen lassen, die für die Detektive komplett unwichtig waren. Justus musste seine Strategie mit Bedacht wählen. „Skinny war es, der dich verraten hat.“ Mileas Grinsen begann Zähne zu zeigen. „Und?“ „Nicht mal verneinen tust du es mehr.“ „Was würde es mir bringen dies zu verneinen?“ „Beim letzten Mal verneintest du noch, zu wissen warum er gestorben ist. Auch wenn die Verbindung zu dir sehr offensichtlich war.“ Die Italienerin zuckte gelangweilt die Schultern. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und warf einen kurzen Blick durch das Fenster in den Innenhof des Gefängnisses. „Norris war ein Idiot, wenn er geglaubt hat, es würde nicht auffallen, dass er es war, der eurem Peterlein hier geholfen hat.“ Sie zwinkerte dem Zweiten Detektiv kurz zu. „Er war keine große Leuchte in meiner kleinen Gruppe. Aber er war ein Anwohner und hatte Wissen über Rocky Beach, welches mir anders nicht in die Hände gefallen wäre. Er bekam seine Aufträge und seine Bezahlung, das war’s.“ So sehr Justus sich auch darüber freute, dass Milea bereit war all dies mitzuteilen ohne dafür eine Gegenleistung zu bekommen, umso mehr sorgte es ihn auch. Sie war niemand mit dem man leicht umgehen konnte, immer darauf bedacht es so ungemütlich wie möglich für alle Beteiligten zu machen. „Erst als er erfuhr, dass dein kleines Fragezeichen in unseren Händen gelandet war, wurde er wirklich interessant. Versuchte alles Mögliche darüber herauszufinden, wo er wohl verborgen war. Es war nicht schwer darauf zu schließen, dass er wohl der kleine Verräter war, der mich in diese schönen vier Wände brachte. Und ich bin sogar überaus beindruckt wie weit er gegangen ist, um an diese Informationen zu kommen.“ Das leise Lachen, welches Mileas Lippen verließ, brachte Justus Nackenhaare dazu sich aufzustellen und ein eisiger Schauer rann ihm über den Rücken. „Er musste nur die Beine für Kael breit machen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)