Dark Circle von Darklover ================================================================================ Kapitel 46: 46. Kapitel ----------------------- Mit einem Tablett bewaffnet, erschien sie für menschliche Verhältnisse geräuschlos im Wohnzimmer. Ryon hatte das Feuer im Kamin angezündet und saß noch immer davor, um gedankenverloren mit dem Schürhaken im Holz herum zu stochern. „Man wusste, dass ich kommen würde.“, meinte Paige leise und ging mitsamt Tablett zu Ryon hinüber. Sie stellte die Nachspeise zwischen ihnen ab und setzte sich ihm gegenüber vor das wärmende Feuer. Mit einem Lächeln sah sie ihn an. Es würde schon nicht so schlimm werden. Er fand es ganz schön mutig von Paige, sich der Gefahr auszusetzen, den anderen über den Weg zu laufen, aber an ihrem Mut hatte er ohnehin noch nie gezweifelt, weshalb er sie mit einem Lächeln gehen ließ, um ihrem Wunsch so rasch wie möglich nachzukommen und ein Feuer im Wohnzimmerkamin zu machen. Da er das schon sehr oft getan hatte und Tyler immer dafür sorgte, dass bereits alles vorhanden war, was man zum Feuermachen brauchte, prasselte es bereits wärmend, als Paige das Wohnzimmer betrat. Seine Nasenflügel blähten sich leicht und er musste sich gar nicht zu ihr herum drehen, um zu wissen, dass sie fündig geworden war. Er roch die Nachspeise durch den ganzen Raum, wobei Paiges Duft der am Verheißungsvollste von allen war. „Manchmal glaube ich, Tyler hat mehr Talente, als er zugeben will.“, gab er zurück, ehe er den Schürhaken hin legte und sich Paige und den mitgebrachten Dingen widmete. Er war zwar nicht mehr hungrig, aber Platz für so viele Leckereien war auf alle Fälle noch reichlich vorhanden. Allerdings war ihm auch klar, dass sie nicht zum Naschen hier waren. Sowohl Paige wie auch er wussten, dass sie miteinander sehr Vieles zu bereden hatten. Weshalb er sich schließlich auch nichts von den Köstlichkeiten nahm, sondern sich nach einer kurzen Schweigepause wieder davon wegdrehte, sich mit dem Bauch auf den Boden legte, nachdem er das Babyfon in Sichtweite auf einen kleinen Beistelltisch neben einem der Couchsessel abgestellt hatte und sicher gegangen war, dass das Licht immer noch leuchtete. Er stützte sein Kinn auf seine verschränkten Unterarme, während er den hellgrünen Lichtpunkt an der Brust des Plüschlämmchens mit den Hightecheingeweiden und dem Lautsprecher an der Flanke betrachtete. Allein das Knacken und Knistern des Holzes ließ den Raum nicht vollkommen in Stille versinken und war zugleich auch die einzige Lichtquelle, bis sich Ryon langsam zuerst auf die Seite und dann auf den Rücken drehte, wobei er seine Arme als Kopfkissen benutzte, während sein Blick an die Decke starrte. Allerdings schlossen sich seine goldenen Augen, bevor er den Mund öffnete, um alles zu erzählen, was es zu erzählen gab. „Ich war bei ihnen.“, begann er mit warmem und ruhigem Tonfall, während sich hinter seinen geschlossenen Augenlidern erneut die Bilder und Eindrücke abzeichneten, die er in den letzten Wochen erlebt hatte. „Bei Marlene und unserer Tochter.“, präzisierte er seine Aussage, obwohl er fast schon glaubte, dass Paige das bereits nach seinen Worten gewusst hatte. Wen hätte er immerhin sonst meinen können? „Seit ich vor Jahren ihre Asche an jenem Ort begraben habe, war ich nicht mehr dort und bevor ich dich kennen gelernt habe, hätte ich auch nicht gedacht, dass ich jemals die Kraft aufbringen würde, in noch einmal zu betreten. Aber das habe ich…“ Ryon kämpfte nicht gegen das Gefühl an, das ihn bei dieser Erinnerung überkam, sondern ließ es mit tiefen Atemzügen durch sich hindurch rieseln, bis er weiter sprechen konnte. „Ich habe bis vor diesen Wochen nie gebührend um sie getrauert. Als Marlene starb, war meine Tochter noch am Leben. Meine ganzen Gedanken und Gefühle kreisten damals nur um das viel zu zerbrechliche Wesen, das alles darstellte, was mir von meiner Gefährtin noch geblieben war und obwohl es von Anfang an offensichtlicher nicht hätte sein können, konnte ich es doch nicht akzeptieren, dass auch meine Tochter noch nicht genug Kraft zum Leben hatte. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem auch ihr Herz zu schlagen aufgehört hatte, biss ich mich förmlich an den Gedanken fest, dass sie es schaffen würde.“ Wieder eine Pause. Mehr Gefühle die durch ihn hindurch fließen mussten, bis seine Stimme wieder gefestigt genug war, um fortfahren zu können. „Layla lebte exakt vier Tage, dreizehn Stunden und ungefähr vier Minuten, bis ihr Tod mir endgültig den Boden unter den Füßen wegriss… An die Zeit danach kann ich mich nicht mehr so genau erinnern. Ich weiß noch, dass Tennessey als Marlenes Arzt bei mir blieb, obwohl es nicht seine Pflicht gewesen wäre. Tyler regelte alles, sprach mit meinen und ihren Eltern, unseren Freunden und Bekannten. Alles was ich zu alledem bei trug, war zu einem Wrack zu mutieren. Ich konnte nichts essen, ich konnte nicht schlafen, ich konnte noch nicht einmal mehr richtig atmen und der Tiger machte alles nur noch schlimmer. Seine Veranlagung zu tiefen Gefühlen ließen mich schließlich, nachdem ich meine Familie begraben hatte, völlig zusammen brechen, bis mich meine Freunde dazu zwangen, mich dem Leben wieder zu stellen. Aber es war nicht mehr das Selbe. Ich war nicht in der Lage den Zeitpunkt der Trauer nachzuholen, der im Nachhinein betrachtet, mir sehr viel Erleichterung verschafft hätte. Stattdessen zwang ich meine Trauer nieder und was blieb war die Wut. Auf mich selbst, den Tiger, meine Unfähigkeit meine Liebsten vor so etwas wie den Tod zu beschützen…“ Ryon öffnete langsam die Augen, seine Iris hatte sich deutlich verdunkelt und er machte auch nicht den Eindruck, als würde er etwas von seiner Umgebung erkennen. Nein, erinnerte sich. „Aus der Wut wurde schließlich Gewalt. Gegen mich selbst, gegen den Tiger und gegen andere. Es machte kaum noch einen Unterschied. Ich wusste nur, nachdem Tennessey mich wieder aufgepeppelt hatte und ich alle Gefühle immer nur in mich hinein fraß, war ich immer so voller Energie und total aggressiv, dass ich ständig nur noch Streit suchte. Irgendwann kam es schließlich dazu, dass ich mich blind wie ich war, einer Übermacht an zwielichtigen World Underneath Bewohnern gegenüber sah. Dass sie mich wüst zusammenschlugen, hatte mir nichts ausgemacht, ich spürte es kaum und Angst vor dem Tod hatte ich ohnehin nicht mehr. Aber einer von ihnen begann schließlich den Fehler, mich auch noch ausrauben zu wollen. Bis auf das Amulett hatte ich nichts von Wert bei mir, weshalb er es genau darauf abgesehen hatte. Das Problem ist nur, keiner außer mir selbst kann es abnehmen. Bei ihrem Versuch, es dennoch zu tun, hätten sie mich tatsächlich fast umgebracht. Enthaupten ist vermutlich eine der wenigen Möglichkeiten, es mir mit Gewalt abzunehmen.“ Zum Glück war ihnen das nicht gelungen, aber er wäre trotzdem verblutet, wäre er ein einfacher Mensch und kein Gestaltwandler gewesen. Unbewusst strich sich Ryon mit den Fingerspitzen den Rand der langen Narbe um seinen Hals entlang, ehe er tief seufzte und wieder die inzwischen schwarz gewordenen Augen schloss. „Die ganze Aktion hat den Tiger so stinksauer gemacht, dass er einfach die Kontrolle über mich an sich riss… Das war die Nacht in der ich meinen Freunden nicht länger unter die Augen treten konnte. In vielerlei Hinsicht war das der Zeitpunkt gewesen, an dem ich die Unschuld endgültig verlor. Weshalb ich das Morden später zu meinem Beruf machte, da ich offenbar ein Talent dafür besaß. Kopfgeldjäger zu sein ist zwar kein anständiger Job, aber er hat mir wenigstens geholfen, nicht zu viel über mich selbst nachzudenken und meine Aggressionen in Zaum zu halten. Außerdem wurde es immer leichter, je mehr mir meine Gefühle abhanden kamen und trotzdem … irgendetwas in mir drin hatte nie ganz von der Welt im Sonnenschein ablassen können. Ich war viel im Untergrund unterwegs, aber als ich eines Tages dieses kleine Mädchen weinend im Park auf einer Decke liegen sah, umringt von gezeichneten Kinderaugen, denen Lachen verständlicherweise nur noch sehr schwer fallen konnte, da ging ich einfach zu ihnen, ohne großartig darüber nachzudenken. Amelia, die Betreuerin war an diesem Samstag alleine für die ganze Gruppe zuständig und dementsprechend überfordert. Weshalb sie auch nicht gleich bemerkte, dass ich mich zu dem kleinen Mädchen auf die Decke setzte, das daraufhin langsam weniger heftig weinte. Es war und ist typisch Amelia, dass sie mich, als sie mich bemerkte, nur kurz gemustert und mir dann eine frische Windel in die Hand gedrückt hatte, ehe sie sich auch schon wieder um die anderen kümmerte. Mia war damals fünf Monate alt und hat es wirklich damenhaft ertragen, wie ich zum ersten Mal in meinem Leben eine volle Windel gewechselt habe.“ Ryon lächelte bei der Erinnerung daran, dass er eigentlich zwei Windeln gebraucht hatte, weil er bei der ersten die Klebelaschen abgerissen und sie auch völlig falsch angelegt hatte. Wieder drehte er sich zur Seite zu Paige gewandt und sah sie nun erneut aus goldenen Augen an. „Früher hätten mich all diese schlechten und auch guten Erinnerungen fertig gemacht, aber während ich dich alleine gelassen habe, habe ich sehr viel Zeit gehabt, mich damit auseinander zu setzen. Ich habe getrauert, Paige. Die letzten Wochen habe ich all das nachgeholt, was schon längst geschehen hätte müssen. Ich habe mit Marlene gesprochen, mir alles von der Seele geredet und endlich zugelassen, dass ihr Verlust nicht mehr wie eine erstickend schwarze Wolke über mir hängt und all die guten Erinnerungen für mich unerreichbar machte.“ Er seufzte und rollte sich leicht zusammen, während er seine Hände betrachtete. In der einen Handinnenfläche waren immer noch die leichten Spuren seiner ersten Begegnungen mit Paige zu sehen. Das würde für den Rest seines Lebens so bleiben, wie die Narbe um seinen Hals und der Gedanke fühlte sich gut an. „Weißt du, warum ich das alles getan habe?“ Er sah zu Paige auf. „Ich kann jetzt eine zweite Chance erkennen, wenn sie vor mir steht, Paige. Zwar hätte ich es nie für möglich gehalten, aber diese zweite Chance, die mich wieder zu fühlen gelehrt hat, die mir beibrachte, wieder ich selbst zu sein und die den Tiger befreit hat. Paige, diese zweite Chance bist du.“ Langsam richtete sich Ryon auf, während er nicht die Augen von ihr nehmen konnte. Was auch immer alles im Augenblick in ihrem Kopf vor sich ging, er musste beenden, was er begonnen hatte. „Selbst wenn uns in der Zukunft nicht mehr sehr viel Zeit bleiben sollte und wir den Kampf gegen diese Hexen verlieren, so habe ich mich doch entschieden, dass ich diese Zeit mit dir verbringen will. Uneingeschränkt und ohne Zurückhaltung. Was ich dir geben kann, will ich dir geben, aber eines musst du wissen…“ Sein Blick wurde traurig und leicht bitter. „Ich will nie wieder leibliche Kinder haben…“ Paige hatte zugehört. Sie hatte seiner Geschichte gelauscht ohne zu unterbrechen oder eine einzige Fragen zu stellen. Dabei war ihr immer wieder danach gewesen mehr Einzelheiten zu erfahren oder einfach die Möglichkeit zu bekommen ihr Mitgefühl oder auch ihre Abscheu darüber auszudrücken, was ihm widerfahren war. Denn bis zu seiner Frage, hatte Paige nicht einmal den Hauch einer Idee, warum er ihr das überhaupt alles eröffnete. Ryon müsste ihr das alles nicht erzählen. Er müsste seine Vergangenheit, seine Wunden und seine Gedanken nicht mir ihr teilen. Betrachtete man ihr gemeinsame Zeit zusammen, fühlte es sich für Paige sogar merkwürdig an, dass er es in diesem Maße tat. Als er sie fragte, ob sie wisse, warum er das alles getan habe, konnte sie also wahrheitsgemäß nur andeutungsweise den Kopf schütteln. Ihre Wangen brannten und ihr war unnatürlich heiß, als er ihr seine Entscheidung mitteilte. Denn so nannte er es selbst. Kein Herzenswunsch, kein Bedürfnis, sondern eine Entscheidung. Etwas, das er wieder mit seinem Verstand ausgemacht hatte und nicht mit seinem Herzen, was Paige so viel mehr bedeutet hätte. Ihre Augen glitten von seinen zum offenen Feuer hinüber. Ihr Element kam Paige in diesem Moment fast so vor, als würde es voller Hohn über sie lachen. Sollte sie ihren Gedanken und Gefühlen wirklich in einer Explosion Luft machen, so wie es eigentlich ihr Naturell war? Als sie den Kopf etwas hängen ließ, fielen ihr die schwarzen Haare ein wenig über's Gesicht, was Paige nur recht sein konnte. Ihre Antwort auf all die Dinge, die Ryon ihr gesagt hatte, konnte sie nur verständlich und mit dem Nachdruck über die Lippen bringen, den sie brauchte, wenn sie ihn nicht direkt ansehen musste. Trotzdem schwankte ihre Stimme und ihre Finger, die sich ineinander verschränkt hatten, waren fast weiß vor Kälte und Anspannung. „Vielen Dank, dass du mir das alles erzählt hast. Mir ist klar, dass es nicht leicht ist, so viele Erinnerungen – und dann noch solche wie es deine sind – mit jemandem zu teilen.“ Ihr war sehr wohl bewusst, dass er die Wahrheit in ihren Worten kaum überhören konnte. Über Paiges Vergangenheit wusste Ryon so gut wie gar nichts. Und das lag nicht zum Hauptteil daran, dass er sie nie gefragt hatte. Selbst wenn er etwas über ihre Eltern, ihre Kindheit und Jugend hätte wissen wollen ... sie wäre nur zögerlich mit der Sprache heraus gerückt. Aber sie hätte es ihm erzählt. Alles. So wie auch er es gerade getan hatte. „Es freut mich ehrlich für dich, dass du in den vergangenen Wochen das tun konntest, was dir in den Jahren verwehrt geblieben ist. Es ist schön zu sehen, dass es dir besser geht. Denn es ist wirklich nicht zu übersehen...“ Ein Holzstück zerbrach unter den reißenden Zähnen des Feuers im Kamin und sprühte Funken, um zumindest noch mit einem Geräusch und etwas Erkennbarem auf sich aufmerksam zu machen. In Paiges Augen flackerte der Schein des Kaminfeuers wider, während sie sich ihre nächsten Worte überlegte. Ryon hatte ihr alles gesagt. Er hatte ihr das mitgeteilt, was er für richtig hielt... Wenn sie selbst nun mit ihren Gedanken hinterm Berg hielt, hätten sie beide nichts gewonnen. Und dennoch fiel es ihr schwer. Gerade seine letzten Worte hatten sie getroffen, hatten alles wieder aufgewühlt, was sie schon immer über sich selbst und die Liebe zu wissen geglaubt hatte. „Ryon... Ich bin 27 Jahre alt. Als kleines Mädchen habe ich mir überlegt, dass ich zu diesem Zeitpunkt bereits verheiratet sein und zwei oder drei Kinder haben werde. Es hat nur ein paar Jahre gedauert, bis ich begriffen und für mich akzeptiert habe, dass es so leider nicht laufen wird.“ Ihre Schultern beugten sich, ohne dass Paige es selbst mitbekam. Sie sagte in ihren vorsichtig formulierten Worten so viel mehr, als Ryon bewusst sein konnte. Er war der Inbegriff dessen, vor dem sie immer Angst gehabt und sich doch sinnlos hinein gestürzt hatte. „Du hast mir gesagt, dass du mich nie lieben wirst...“ Es war kein Vorwurf in ihrer Stimme und auch keine Verletzung. „Jetzt hast du dich dazu entschieden, zumindest bis zu unserem vermutlich qualvollen Tod durch ein Rudel Hexen mit mir zusammen zu sein. Gleichzeitig zeigst du mir auch, dass selbst wenn wir eine Zukunft hätten...“ Mit einem Ruck sah sie ihn an und ihre Augen loderten, bis sie die Wimpern für einen Augenblick nieder schlug, um ihn dann warm erneut anzusehen. „Ich kann dich verstehen, Ryon. An deiner Stelle würde ich auch kein Kind mehr wollen. Gar nichts mehr, das mir so wichtig sein könnte und das mich umbringen würde, wenn man es mir entreißt...“ Paige musste hart schlucken und ein paar Mal tief durchatmen, um sicher zu gehen, dass ihre Stimme nicht einfach zerbröckelnd versagen würde. „Ryon, ich weiß nicht, was ich für dich bin. Ob Trostpreis, Übergangsfrau oder so etwas wie eine gute Freundin, für die du mehr Gefühle hast, als du gerne möchtest. Im Moment ist mir das auch nicht so wichtig... Ich mag es, mit dir zusammen zu sein. Wenn du wieder verschwinden würdest oder dich dazu entscheidest, mich vollkommen von dir zu stoßen, würde mich das sehr verletzen. Aber auch dagegen könnte ich nichts tun. Ich kann gar nichts Anderes tun, als darauf zu hoffen, dass es einfach nicht passieren wird.“ Wieder blickte sie ins Feuer und ihr Gesichtsausdruck wurde noch ernster, als er ohnehin schon gewesen war. „An meinen Gefühlen für dich, wird sich nichts ändern... Egal, ob ich irgendwann doch feststelle, dass mir eine Beziehung ohne Gegenliebe oder Kinder nicht ausreicht. Wäre ich zu Bitterkeit über meine Vergangenheit in der Lage, würde ich sagen, dass das sogar genau das ist, was ich immer erwartet habe...“ Sie lächelte, auch wenn ihr nicht danach war. „Aber eins möchte ich klarstellen.“ Ryon hatte einiges von ihr ertragen müssen, sah aber weniger schockiert aus, als sie es angenommen hätte. Seinen Gesichtsausdruck, als sie wieder zu ihm hinüber sah, hätte sie sogar als recht gefasst interpretiert. „Ich werde nicht zulassen, dass du oder ich bei diesem Kampf auf der Strecke bleiben. Verstehst du mich? Diese Hexen mögen mächtig sein, aber verdammt noch mal, sprich nicht so, als wäre mit der Begegnung mit ihnen bereits alles vorbei! Wenn wir jetzt schon akzeptieren, dass sie uns umbringen werden, haben sie ohnehin gewonnen! Und das werden sie nicht.“ Ryon hörte ebenso aufmerksam zu, wie Paige es bei ihm getan hatte. Die ganze Zeit sah er sie dabei an, auch wenn sie es nicht immer tat. Ihre Gesten, die Art, wie ihre Stimme manchmal zitterte und auch ihr Geruch vermittelten ihm sehr viele Informationen. Vielleicht bei manchem sogar mehr, als es ihre Worte konnten. Dabei verursachte allein das Gesagte in ihm rasendes Herzklopfen, das schon an Schmerz grenzte. In der darauf folgenden Stille, hämmerten ihm einzelne Wörter von dem was sie ihm gesagt hatte, im Kopf herum, als würden sie einen Ausgang suchen, aber nur immer wieder an seiner Schädeldecke abprallen. Wenn Ryon sie richtig verstanden hatte und irgendwie hegte er keine Zweifel daran, dann bedeutete er ihr sehr viel mehr, als er bisher auch nur geahnt hätte. Immerhin, würde sie sonst sagen, dass sie bei ihm bliebe, selbst wenn sie nie Kinder oder Liebe von ihm erwarten könnte? Und glaubte sie wirklich, er könnte sie jemals von sich stoßen? Das was in ihm aufwallte, war verdammt heftig und er musste mehrmals tief durchatmen, um sich zusammen zu reißen. Doch anstatt sich davon niederringen zu lassen, richtete er sich noch weiter auf, schob das Tablett mit dem Essen zwischen ihnen fort und rutschte ein Stück zu Paige hinüber, ehe er sich wieder hinlegte; den Kopf auf ihrem Schoß gebettet, während seine Arme ihr Taille umschlossen. „Verdammt, Paige…“, fluchte er leise, weil er es einfach nicht unterdrücken konnte. Denn er hätte vor Frustration schreien können und zugleich waren da noch andere Gefühle in ihm, die er nicht genau definieren konnte, aber jeden seiner Nerven bis aufs äußerste reizte. „…ich würde dir gerne Kinder schenken, wenn ich nicht so entsetzliche Angst davor hätte, dich gerade dadurch zu verlieren. Ich weiß, du bist zur Hälfte eine Dämonin und dadurch auf jeden Fall stärker, als ein gewöhnlicher Mensch, aber glaub mir… Ich würde lieber für den Rest meines Lebens ohne Kinder leben wollen, als ohne dich…“ Verzweifelt drückte er seinen Kopf enger gegen ihren Körper, während seine Arme sich fester um sie schlossen. „…und trotzdem… Ich würde alles dafür tun, dich glücklich zu machen …“ Doch Kinder… Nein, er fühlte sich schon nicht wohl, wenn er Ais stark angeschwollenen Leib sah und sich somit deutlicher bewusst wurde, dass mit jedem weiteren Tag die Geburt ihres Kindes näher rückte. Sich Paige in diesem Zustand vorzustellen, machte ihm klar, dass es ihm keine Freude machen würde, sondern ihn viel mehr mit jedem weiteren Tag in entsetzliche Panik stürzen würde, bis er nur noch ein nervliches Wrack wäre. „Paige, ich kann dir nicht sagen … dass ich dich liebe…“ Es wäre vermutlich eine Lüge gewesen und er wollte sie nicht anlügen. „Aber du bist weder ein Trostpreis, eine Übergangsfrau noch eine gute Freundin für die ich mehr empfinde, als ich mir eingestehen will. Paige, ich habe mir schon längst eingestanden, dass du und zwar nur du, die Frau bist, mit der ich zusammen sein will und ich weiß nicht, wie ich es dir verständlich machen kann, aber ich werde dich nicht von mir stoßen oder verlassen. Nicht freiwillig und auch nicht kampflos, bis das der Tod und scheidet, wenn du es so willst.“ Und was seine Worte und den Hexenzirkel betrafen, so hatte sie recht. Er sollte nicht so reden und er nahm sich fest vor, es auch nicht mehr zu tun. Denn Paige hatte ihm gerade etwas wichtiges gelehrt… Nämlich dass er für ihrer beider Zukunft bis zum Letzten kämpfen würde. Es gab nun nicht mehr nur ihn und sein beschissenes Leben, das ihm nichts wert war. Nun hatte er wieder etwas, für das es sich zu kämpfen lohnte und das würde er auch tun. Seine Arme um ihren Körper, sein Kopf auf ihrem Schoß und überhaupt die Nähe erlegten Paige noch größere Hitze auf, als sie ohnehin verspürte. Ihre Wangen glühten und sie hatte das Gefühl, dass es auch ihre Augen taten, selbst wenn ihr Blick, mit jedem Wort das Ryon sagte, immer mehr verschwamm. Es ließ sich nichts daran rütteln. Er liebte sie nicht, würde es auch niemals tun. Selbst wenn Hoffnung in ihr aufkeimen wollte, als er ihr sagte, dass er sie nicht verlassen würde. Es bedeutete einfach nicht das Selbe. Zuneigung vielleicht. Mehr als er jeder anderen Frau auf der Straße entgegen bringen würde. Oder auch nicht. Während sie wieder ins Feuer starrte und nichts erwidern konnte, versuchte sie sich die Zukunft vorzustellen. Wie es wohl war zusammen zu leben und von Anfang an zu wissen, dass da von Ryons Seite nicht die gleichen Gefühle waren. Mit einem bitteren Lächeln stellte Paige fest, dass es sogar besser so war. Bei den Männern, die ihre Liebe für sie ausgesprochen hatten und bei dem einen, von dem sie es einfach von Natur aus erwartet hatte, hatte es nicht funktioniert. Sie hatten sie alle samt fallen lassen. Ohne Warnung und völlig gleichgültig. Wenn nicht sogar mit Abscheu. Die Erinnerungen riefen ein flaues Gefühl in ihrem Magen hervor. Paige hasste es, sich so machtlos zu fühlen und auch nur für einen Moment in Selbstmitleid zu versinken. In gewisser Weise hatte Ryon selbst mit seinem Pessimismus Recht gehabt. Sie wussten nicht, wie alles ausgehen würde. Das galt nicht nur für die Angelegenheit mit dem Hexenzirkel... Als sich ihre Hand auf sein Haar legte und sanft begann seinen Nacken zu kraulen, konnte sie immer noch nichts sagen. Paige hatte immer angenommen, dass es ihr am schwersten fiel, ihre Gefühle vor sich selbst zuzugeben. Doch in ihrem Inneren zog und kratzte es schmerzhaft, als sie daran dachte, Ryon zu sagen, was sie wirklich für ihn fühlte. Es tat weh, als sie feststellte, dass sie wahrscheinlich nie die Kraft aufbringen würde, es ihm zu sagen. Denn in ihren Ohren hätte es sich immer wie ein verzweifelter Versuch angehört, ihn dazu zu zwingen, ihr ebenfalls etwas zu gestehen, das er nicht empfand. Ihre Stimme hörte sich kratzig an. Eingerostet wie Türscharniere, die man lange nicht benutzt hatte. „Ryon, ich weiß nicht, was ich dir sagen soll... Außer, dass ich dich verstehe und deine Grenzen akzeptieren werde.“ Sie wollte nicht seufzen, aber der tiefe Atemzug war schwer und hörte sich ungewollt doch fast so an. „Ich denke mich selbst sehr gut zu kennen. Was die Sache leider nicht gerade einfacher macht. Aber...“ Ihr entkam ein hilfloses Lachen, als ihr zuerst eine einzelne und dann weitere stumme Tränen über die Wangen liefen. Sie wischte sie mit einer Handbewegung weg, die zeigte, dass sie gar nicht wusste, warum sich ihre Emotionen auf diese Weise Luft machten. „Wir werden einfach sehen müssen, wie sich alles entwickelt.“ Hoffnung… Was gäbe er in diesem Augenblick nicht alles dafür, dass er Paige irgendetwas besseres geben könnte, als das was er ihr anbieten konnte. Er sah ihr doch an, wie seine Worte sie trafen und das machte es nicht minder schwerer für ihn oder weniger schmerzvoll. Ganz im Gegenteil, als er ihre lautlosen Tränen sah, zerriss es ihn beinahe selbst. Da half auch das sanfte Kraulen ihrer Finger in seinem Nacken nichts. Auf einem Arm abgestützt, richtete er sich so vor ihr auf, dass der Schein des Feuers ihn einrahmte und sie nur sein Gesicht sehen konnte. Gerne hätte er ihr all das gesagt, was sie nicht so offensichtlich verletzen würde. Dass er zwar im Augenblick nicht ‚Ich liebe dich' sagen konnte, aber dass er in sich spürte, wie sich jeden Tag, ja selbst in diesem Augenblick immer weiter etwas in seinem Inneren verschob und ihn zu ihr hin drängte. Nicht rein körperlich, sondern auch auf anderen Ebenen. Doch Ryon wusste genau, dass es ihm zwar besser ging, aber gewisse Teile immer noch vollkommen zerstört waren und das zu reparieren war vielleicht ein langer Prozess, der mit viel Geduld verbunden war, während sich am Ende herausstellen könnte, dass es doch nichts mehr bringen würde. Hoffnung… Die würde er ihr gerne geben, aber das konnte er nicht, weshalb er auch nicht so grausam war, es dennoch zu versuchen. Stattdessen zog er sanft ihre Hand von ihrem Gesicht weg, verschlang seine Finger mit ihren, während er ihr mit seiner anderen, zärtlich über die Wange strich und sich nach vor lehnte, um ihr eine neue Träne auf dem Weg über ihre Haut weg zu küssen. „Ich kann dich nur um eines bitten…“, flüsterte er leise an ihr Ohr, während er seine Arme wieder um sie legte und sie an seine Brust zog. „Nimm meine Worte nicht wichtiger, als das was du fühlst, wenn ich dich berühre. Denn letztendlich gibt es keine passenden Worte dafür, was ich für dich empfinde.“ Zärtlich strich er ihr über den Rücken, schmiegte sein Gesicht an ihr Haar und sog tief ihren Duft in sich auf. Wenn sie nicht hören konnte, wie sein Herz in seiner Brust raste, wenn sie nicht spüren konnte, wie alles an ihm sich stets danach sehnte, sie zu berühren und zu halten und in ihrer Nähe zu sein, wie könnten dann seine Worte sie jemals richtig erreichen? Manchmal glaubte er, sie könnte es einfach wirklich nicht. Dass auch in ihr etwas dicht machte, um sich selbst zu schützen. Darum hatte er immer wieder das Gefühl, dass sie nicht einmal um ihr Recht kämpfen würde, sollte er sich völlig unmöglicher Weise dazu entschließen, sie zu verlassen und das war es, was alles nur noch schwerer machte. Ja, sie akzeptierte seine Grenzen. Sie würde lieber ein unglückliches Leben mit ihm, als eines ohne ihn führen und egal wie sehr es sie verletzten würde, wenn er sie verließe … sie würde ihn gehen lassen. Kampflos. Nun entkam auch seinen Lungen ein tiefer Seufzer. Das hieß dann wohl, dass sie ihm nicht vertraute und auch nie vollkommen vertrauen würde. Aber das war, in Anbetracht der Umstände, nicht mehr weiter von Belangen. Er würde sich ihr Vertrauen eben erringen müssen und wenn sie schon nicht bereit dafür war, dann wollte er wenigstens für sie beide kämpfen. Nein, er würde sie niemals verlassen, aber stattdessen wollte er alles in seiner Macht stehende tun, damit sie mit ihm nicht unglücklich war. Für eine Sekunde versteiften sich all ihre Muskeln, als Ryon sie an seine Brust zog und sie den warmen, markanten Duft in der Nase hatte, der sie sofort einhüllen wollte. Sie war noch nie gut darin gewesen, sich beschützen zu lassen. Ob nun vor Gefahr von außen oder – noch schlimmer – vor ihren Sorgen und Ängsten. Vielleicht war es ihr aber auch bisher nur so schwer gefallen, weil so noch niemand wirklich versucht hatte. Einmal von Ai abgesehen, die sich durch ihre eigene Hilfsbedürftigkeit durch ein Hintertürchen in Paiges Herz geschlichen hatte. Der Gedanke, dass es also sehr wohl jemanden gab, dass also auch Ryons Worte echt und ehrlich waren, entspannte sie allmählich. Paige hörte sein Seufzen und vergrub ihr Gesicht für einen Moment an seiner Schulter. Mit tiefen Atemzügen zwang sie sich dazu, nicht so viel zu denken. Stattdessen brachte sie es endlich fertig nur seine Gegenwart zu spüren. Sein Herz zu hören, seinen Duft zu riechen und zu merken, wie er sie fest in den Armen hielt. Zu hoffen, dass er die Wahrheit sagte, fühlte sich in etwa so an, als würde sie einen tonnenschweren Felsbrocken hochheben müssen. Es war zu viel passiert, als das es hätte von einer Minute auf die Andere leicht sein können. Dennoch versuchte sie es. Ihre Hand legte sich auf seinen Hals und Paige strich mit ihren Fingerspitzen leicht über sein Kinn, als sie sich nur so weit von ihm löste, dass sie ihm in die Augen sehen konnte. „Ich kann dir sogar versprechen, dass ich das versuchen werde.“ Eine Weile hatten sie einfach so dagesessen, Paige an Ryon gelehnt, bis sie das Gefühl hatte, irgendetwas tun zu müssen. Vor allem als ihr Blick auf die Schokomousse fiel, die neben ihnen im Schein und der Wärme des Feuers allmählich bedenklich an Form verlor. „Wie geht’s dir? Ich hätte immer noch Lust auf Nachtisch.“ Jetzt sogar mehr als noch vorhin. Denn auch wenn sie sich körperlich kaum bewegt hatten, war ihr Gespräch doch anstrengend und Kräfte zehrend gewesen. Gut, sie würde es versuchen. Mehr wollte er gar nicht. Das reichte ihm schon. Auch wenn er sich trotzdem nicht ganz lockern konnte, so entspannte sich ihre Situation nach einer Weile merklich. Was gesagt hatte werden müssen, zumindest von seiner Seite her, war gesagt und das war auch das Schwerste daran gewesen. Jetzt nicht mehr diese Dinge mit sich mitschleppen zu müssen, ohne dass jemand von ihnen wusste, war wirklich leichter, auch wenn das Gewicht wohl nie vollkommen verschwinden würde. Eigentlich hatte Ryon überhaupt keinen Appetit mehr auf den Nachtisch, doch das hinderte ihn nicht daran, einen der für seine großen Hände sehr filigranwirkenden Dessertlöffelchen zwischen die Finger zu nehmen und in die dunkle Creme zu tauchen. Er hielt ihn Paige an die Lippen und lächelte sie auffordernd an, während nun langsam aber sicher wieder ein Kribbeln seine Wirbelsäule erfasste. Er hatte Paige noch nie gefüttert. Aber vielleicht würde das ja seinen Hunger auf ein Dessert anregen. Zumindest schien die Vorstellung daran, es von ihrer Haut zu naschen, sehr viel verlockender, als es konventionell mit dem Besteck zu essen. Allerdings war er sich nicht sicher, ob er sich solche Gedanken so kurz nach einem solch tiefschürfenden Gespräch bereits wieder erlauben konnte. Wobei… An seinen Gefühlen hatte sich nichts geändert und das konnte man auch nicht einfach so abstellen. Das wäre das gleiche, als würde man von ihm verlangen, für eine Stunde oder länger die Luft anzuhalten. Eine von Paiges Augenbrauen zuckte erstaunt, als Ryon zur Antwort auf ihre Frage eine Löffel nahm und ihr ein wenig Mousse hinhielt. Etwas zögerlich, aber ohne große Bedenken, nahm sie das Angebot an und ließ sich die Mousse mit geschlossenen Augen auf der Zunge zergehen. Ihre Mundwinkel hoben sich zu einem leicht verzückten Lächeln, während sie sich das Dessert schmecken ließ. „Traumhaft.“, war ihr einziger Kommentar, als sie die Augen wieder aufschlug und ihren Blick über das Tablett schweifen ließ. „Ich hab das noch nie in Kombination mit Saucen probiert.“ Wenig geziert nahm sie sich den zweiten Löffel, tauchte ihn tief in die etwas verlaufene Schokocreme und hob eines der kleinen Kännchen an, um einen Tropfen Vanillesauce darauf fallen zu lassen. Mit den großen, leuchtenden Augen eines Kindes besah sie sich das kleine Kunstwerk auf Nasenhöhe, bevor sie Ryon den Löffel hinhielt. „Möchtest du?“ Er genoss es, sie zu füttern und zu sehen, wie sie dabei die Augen vor Genuss schloss, um den Geschmack so richtig nach zu fühlen. Tatsächlich funktionierte diese Strategie des Appetitanregens, weshalb er Paige tief in die Augen sah, ehe er sich nun von ihr füttern ließ und kaum, dass seine Geschmacksrezeptoren vollkommen ausgelastet wurden, entstieg ein sinnliches Schnurren seiner Brust. Das war wirklich … traumhaft. So wie Paige es gesagt hatte. „Mhmmm … lecker. Tyler übertrifft sich wirklich ständig selbst.“ Ryon rückte ein Stück näher und nahm dieses Mal ebenfalls etwas Soße auf seinen Löffel, ehe er ihn Paige hin hielt. „Sag mir, wie das schmeckt. Ich hab auch noch nie wirklich damit rumprobiert.“ Die Vanillesauce balancierte auf der Mousse, die Ryon ihr hinhielt und die sie nur zu gern annahm. Normalerweise stand sie nicht auf Vanille, aber solange der herrliche Geschmack von Schokolade sich nur mit dem Anflug des Vanillearomas mischte, war es herrlich. „Auch gut. Wobei Vanille nicht zu meinen Lieblingsgeschmäckern gehört.“ Neugierig und weil ihr Spieltrieb durch die verschiedenen Schüsselchen und Kännchen angeregt wurde, beugte sie sich über die zweite Sauce und tunkte die Spitze ihres eigenen Löffels hinein, um zuerst etwas der puren Fruchtsauce zu testen. „Oh, das passt gut.“ Begeistert nahm sie eine große Portion Mousse auf den Löffel und hielt das Kännchen schräg, um den Löffel einmal ganz hinein stecken und die Schokolade damit umhüllen zu können. Als sie die klebrige, tropfgefährliche Fracht wieder heraus zog, erinnerte sie sich an Tylers kleinen Zettel. „Mund auf. Das ist brandgefährlich...“ Mit einem breiten Grinsen fütterte sie Ryon ihre Kreation und wartete mit Neugier auf seine Reaktion. Als sie allein die Andeutung eines Lächelns auf seinen Lippen erkennen konnte, lag ihr Mund auf seinem, ohne dass sie es für eine Sekunde hätte verhindern können. Die Worte wollten sich selbstständig machen. Als hätten sie auf genau diese Sekunde gewartet, hüpften sie wie prickelnde Perlen auf Paiges Zunge herum und wollten heraus gelassen werden. Aber mit einem Lächeln löste Paige sich wieder von Ryon und gestand sich ohne Reue oder schlechten Gefühlen ein, dass sie einfach noch nicht so weit war. Sie wusste es und irgendwann würde sie es sagen müssen, bevor sie vor Glück und Zuneigung platzte. Aber eben noch nicht hier und jetzt. "Wenn du übrigens mal Lust auf echte Sauereien mit Schokolade hast, muss ich dir zeigen, was S'mores sind." Als hätte Paige seine Gedanken erraten, waren auch schon ihre Lippen auf seinen. Dass diese so viel besser als jedes Dessert waren, hätte er ihr nur zu gerne gesagt, aber das hätte vorausgesetzt, dass er den Mund zum Sprechen frei hatte. Was er wiederum im Augenblick gar nicht wollte. Es war Paige, die sich wieder zurück lehnte und es mit ihren nächsten Worten schaffte, ihn, zumindest rein körperlich betrachtet, leicht aus der Fassung zu bringen. Wenn sie Wörter wie ‚Lust‘, ‚Sauereien‘ und ‚Schokolade‘ in einem Satz erwähnte, dann regte das deutlich seine Blutzirkulation an. Ryon legte seinen Löffel weg und sah Paige mit einem seiner ‚Jägerblicke‘ an. „Ich bestehe sogar darauf, dass du es mir zeigst. Später…“, raunte er leise, während er ihr auf anpirschende Weise immer näher kam, bis er sich schließlich zu ihr herabbeugte und sie erneut küsste. Als er den Geschmack vom Dessert an ihren Lippen erhaschte, war sein Appetit nun vollkommen erweckt und alle nicht dazu passenden Gedanken rutschten in den Hintergrund, während er mit seinen eigenen Lippen, seiner Zunge und den Zähnen versuchte, noch mehr von diesem Geschmack zu stibitzen. Eigentlich hätte er jetzt im Augenblick überhaupt nichts gegen eine schokoladige Orgie hier direkt im Wohnzimmer. Zwischen zwei Atemzüge und mehreren hungrigen Küssen, sah er Paige an. Fast schon so, als ob er bei ihr um Erlaubnis fragen wollte, doch schließlich war sein Tiger es, der diese Zurückhaltung zerstreute. Stattdessen blickte er ihr mit einem hungrigen Glitzern in den Augen entgegen. „Ich würde gerne eine weitere Beilage zum Dessert probieren.“, verkündete er mit einem verräterisch rauerem Tonfall, ehe er Paiges Hand nahm, den Ärmel ihres Pullis etwas zurück schob, um die Unterseite ihres Handgelenks frei zu legen. Danach tauchte er einen Finger in seine Schüssel voll Schokoladenmousse und strich damit über Paiges Haut. „Schokolade als Beilage, fand ich schon immer anziehend…“, hauchte er mit halb gesenkten Lidern, während er sein Werk betrachtete und somit klar machte, dass Paige das Dessert und das Mousse nur der Zusatz dazu war. Schließlich schloss er die Augen und leckte mit einer langgezogenen Bewegung über ihr Handgelenk bis das Mousse ab war. Er seufzte verzückt, ehe er langsam wieder die Augen öffnete und sich Paiges Handgelenk ansah. „Gerade hat sich meine Lieblingsspeise geändert…“ Die Schokomousse war kühl, obwohl sie ihre Festigkeit in der Wärme des Raums verloren hatte und Paige den Mund verzog, bei dem Gedanken, dass die Schokolade wirklich gleich auf den Teppich tropfen würde. Im nächsten Moment verhinderte Ryon das allerdings mit Bravour und sorgte dafür, dass Paige erstaunt inne hielt. Seine Zunge hinterließ ein prickelndes Gefühl auf ihrer Haut und ihre Finger schlossen sich um die seinen, während er mit der anderen Hand immer noch ihren Arm hielt. Konnte es denn wirklich so … anders schmecken? Obwohl sie natürlich einen Sinn für Geschmäcker und Gerüche hatte, war ihr noch nie zuvor der Gedanke gekommen, dass man Essen mit dem Duft einer Person mischen könnte. Ohne Gegenwehr seinerseits wand sie ihr Handgelenk aus seinem Griff und nahm sanft seinen Zeigefinger, um ihn anschließend in das Schokomousse zu tauchen. Mit gespannt aufeinander gelegten Lippen sah sie sich das Werk und dann Ryons Gesicht kritisch an, bevor sie seinen Finger zu sich heran zog und begann die Schokocreme abzulecken. Es war eine Kombination, die sie als bemerkenswert bezeichnet hätte, wenn es denn außer ihrem anerkennenden Summen noch weiterer Aussagen bedurft hätte. Ein kleines Häubchen Schokolade ließ sie auf seiner Fingerspitze, um sie sich genießerisch in den Mund zu stecken und ihn dabei mit glitzernden Augen ansah. Ihre rein menschliche Zunge putzte jede Spur der Mousse von seinem Finger, bevor sie ihn wieder entließ und ihn mit einem zweideutigen Lächeln ansah. Das machte zugegeben mehr Spaß, als sie sich je vorgestellt hatte. Auch wenn tief in Paige drin etwas dagegen protestierte, Lebensmittel als Spielzeug zu benutzen. Ryons Blut begann nicht einfach nur zu sieden, sondern regelrecht zu kochen, als er wie erstarrt mit ansah, was Paige mit der Schokolade und seinem Finger vermischt mit ihrem Mund machte. Irgendwie schien ihm sein Körpergefühl abhanden gekommen zu sein, oder besser gesagt, es spielte vollkommen verrückt, denn, obwohl seine Augen förmlich auf das starrten, was Paige da mit ihm anstellte, spürte er ihre Zunge doch nicht nur auf seinem Finger, sondern, als wäre das irgendwie logisch, viel tiefer an seinem Körper herab, dort wo er sie heute schon einmal mehr als nur deutlich hatte fühlen können. Ein heißer Schauer lief durch seinen Körper hindurch, als sie den letzten Rest der Schokolade mit ihren geschlossenen Lippen von seiner Fingerspitze sog und dabei ein starkes Ziehen in seinem Unterleib verursachte. Ryon musste mehrmals schlucken, bis seine Kehle wieder feucht genug war, um etwas sagen zu können. Dennoch hörten sich seine Worte schon eher wie ein tiefes Knurren an. „Mach das noch einmal und ich reiß dir die Klamotten vom Leib, um dich als lebendes Serviertablett zu benutzen und glaub mir, ich werde dann sicherlich kein Besteck benützen, um von dir zu naschen.“ Seine Worte klangen nicht wie eine Drohung, obwohl das in einer gewissen Form sogar noch am ehesten zutraf, denn es war nur zu deutlich heraus zu hören, dass er es nicht vollkommen scherzend gemeint hatte. Der Tiger streckte sich bereits und leckte freudig vor Erwartung über sein Maul, während Ryon Paige auf eine Weise ansah, die alles andere als harmlos war. Es war nicht das Feuer im Kamin, das seine Augen so zum Lodern brachte, sondern das Tier, das sie mit dieser einen, absolut nicht unschuldigen Geste aufgescheucht hatte. Eine einzelne Schweißperle brach sich ihren Weg unterhalb einer seiner Stirnfransen hervor, glitt kühlend über die heiße Haut seiner Schläfe, ehe Ryon die Augen schloss, um sich zusammen zu reißen und der feuchte Tropfen in Vergessenheit geriet. Es war nicht so, dass er sich für sein Verlangen nach ihr schämte oder es verbergen müsste, aber andererseits wollte er auch nicht, dass Paige den Eindruck erhielt, er wolle nur das eine von ihr, denn das stimmte ganz und gar nicht. Wie oft am Tag, war eigentlich zu oft? „Paige…“, begann er schließlich wieder mit normalerem Tonfall, was aber nichts gegen das Glühen in seinen Augen ausrichten konnte. „…ich würde Tyler morgen gerne noch in die Augen sehen können, in dem Wissen, das Wohnzimmer unversehrt gelassen zu haben. Hättest du daher etwas dagegen, mit mir ein bisschen nach draußen zu gehen, um…“ Sich den Wind durch seine erhitzten Gedanken wehen zu lassen, auf das sie wieder abkühlen mochten? „…frische Luft zu schnappen. Ich koche schon jetzt in meinen eigenen Säften.“ Wortwörtlich und das nicht nur wegen des prasselnden Kaminfeuers. Ein Bild blitzte in Paiges Kopf auf, das den Schein des prasselnden Feuers auf nackter Haut beinhaltete und ihre Augen für einen Moment genauso glühen ließ, wie Ryons, die ihr entgegen brodelten. Die Vorstellung als Serviertablett für Mousse au chocolat benutzt zu werden, erschreckte sie wenig, was sie Ryon mit einer gehobenen Augenbraue und einem gesummten „Hmmm...“ auch zu verstehen gab. Dass sie ihn allerdings mit einer kleinen Geste wie der eben, auf solche Gedanken bringen konnte, erstaunte sie ein bisschen. Wahrscheinlich allein deshalb, weil sie viel zu oft vergaß, dass sie es mit einem Raubkatzengestaltwandler zu tun hatte. Energien in geballter Form, so zu sagen. Bevor sie noch über eine weiterführende Antwort nachdenken konnte, nahm ihr Ryon die Entscheidung ab und bat sie nach draußen. Da er mit Tyler argumentierte, von dem sie in jedem Fall ein Donnerwetter zu erwarten hatten – egal ob wegen Schokoflecken oder Brandflecken und Rissen von Krallen im Teppich – nickte sie nur zustimmend und ließ sich hoch helfen. Ryon ging einem völlig natürlichen Instinkt folgend zur Terrassentür hinüber und merkte erst, dass sie stehen geblieben war, als er bereits den Griff in der Hand hatte, um die kühle Nachtluft herein zu lassen. Er wirkte fragend, als sie ihm mit einem Lächeln entgegen blickte und seine Aufmerksamkeit auf die dicken Wollsocken an ihren Füßen lenkte. „Dir mag es barfuß nicht zu kalt sein, aber mir würden die Zehen abfrieren.“ Mit den Worten ging sie kurz in den Flur, um sich ihre Schuhe anzuziehen und dann keine drei Minuten später neben ihm aufzutauchen. Ihre Arme schlangen sich automatisch einmal fest um seinen Körper, bevor sie ihn losließ, damit sie zusammen nach draußen gehen konnten. Dabei klopfte ihr Herz so laut und eindringlich, dass Paige vor der Erkenntnis ihrer Gefühle beinah zusammen schreckte. Sie wäre am liebsten wie eine Klette an ihm geklebt. Es war bestimmt eine sehr gute Idee, einen kleinen Spaziergang zu machen, um sich ein wenig abzukühlen. Ja, er vergaß jedes Mal nur allzu leicht, dass andere sehr viel leichter frieren konnten als er. Das war schon immer so gewesen, da er immerhin sehr lange bei seinen Eltern gelebt hatte und die sich kein bisschen von ihm unterschieden, außer vielleicht in der Form, dass sie oftmals einfach zu beschäftigt gewesen waren, um mit ihm gemeinsam draußen herum zu streifen. Aber das war nicht weiter schlimm. Tiger waren von Natur aus Einzelgänger, weshalb er seine Streifzüge ohnehin viel lieber alleine verbrachte, es sei denn er hatte eine Gesellschaft wie Paige. Sie drückte sich einen Moment lang an ihn, was er sehr schön fand, ehe sie ihn wieder los ließ, um ihm nach draußen zu folgen, doch da fiel ihm noch etwas ein, weshalb er sie kurz entschuldigend auf die Lippen küsste und für einen Moment stehen ließ, um das Babyfon zu holen. Er würde es nicht mitnehmen, weil er nicht vor hatte, sich allzu weit vom Haus zu entfernen, aber er musste es zumindest so hin stellen, dass er es noch hören konnte, falls wirklich etwas sein sollte. Was er schließlich auch tat, in dem er es auf das Geländer, das die Terrasse weiträumig umschloss, zurück ließ und dann einen Arm um Paige schlang, um mit ihr in die kühle Nacht hinaus zu gehen. Das Gras unter seinen nackten Füßen war feucht und herrlich erfrischend, der Wind blies sehr angenehm um sie herum und trug ihm die Gerüche des Waldes und des Herbstes zu. Tatsächlich lag auch schon so etwas wie Winter darin, aber nur sehr schwach. Schneien würde es sicher noch eine ganze Weile nicht. Es war eine sternenklare Nacht, was es noch etwas kälter machte, als es ohnehin schon war, aber dafür umso schöner. Da er nur sein dünnes Hemd und die nicht weniger dicke Hose anhatte, spürte er den Temperaturunterschied zu seiner Haut sehr deutlich, aber er fror nur in den äußerst seltenen Fällen. Paige hingegen, könnte es rasch kalt in ihrem Pulli werden, weshalb er sich überlegte, ob sie nicht doch eine Jacke für sie holen sollten, doch er entschied sich schließlich dagegen. „Hast du was dagegen, wenn ich für dich den Heizkörper spiele, Paige?“, fragte er leise neckend, ehe er sie zwischen einer Gruppe von Bäumen, die den Beginn der Waldgrenze markierten in seine Arme nahm und erneut küsste. Die Nacht mochte vielleicht kühl und die Erde unter seinen nackten Fußsohlen erfrischend sein, aber sie löschte nicht das Glühen in seinem Körper. Eher das Gegenteil war der Fall. In dieser freien Umgebung fühlte er sich sogar noch lebendiger und naturbezogener, als in der zivilisierten Gesellschaft von Möbelstücken und allerlei anderer Dinge, die das Leben bequemer machten. Hier draußen jedoch, herrschte noch so etwas wie Wildnis, wenn auch in gepflegter Form und genau das, lockte sein Tier noch weiter hervor, das ohnehin schon längst Lust zu Spielen hatte. Seine Krallen schabten an der rauen Rinde eines Baumes herab, gegen den er Paige sanft lehnte, dabei über sie gebeugt und sie mit seinem anderen Arm vor der kalten Rinde schützend. Er knurrte erregt in den intensiver werdenden Kuss hinein, während die Kräfte der Natur ihn förmlich umschlangen. Sein Körper machte ihm nur zu deutlich klar, dass er hier sofort auf der Stelle mit Paige Sex haben wollte, doch sein Verstand hielt ihn davon zurück, war er doch vorhin im Wohnzimmer noch der Meinung gewesen, dass er sich beherrschen sollte. Auch wenn das unter den Küssen immer schwieriger wurde. Letztendlich würde er es von Paige abhängig machen, ob sie diese Art des Aufwärmens begrüßte oder eher nicht. Ein Grund, wieso er sich dazu zwang, von ihren Lippen abzulassen und leicht außer Atem tief in ihre Augen blickte. „Ist dir kalt?“, fragte er leise und so … harmlos wie möglich, auch wenn ihm das anhand des Ausdrucks in seinen Augen nicht ganz gelang. Angesichts der Jahreszeit war Paige überrascht, dass es nicht annähernd so kalt war, wie sie es erwartet hatte. Frisch durchaus, aber der Winter holte wohl erst Luft, bevor er wirklich kalte Luft in ihre Gegenden schickte und Tyler sich Gedanken wegen Winterreifen machen musste. Mit den Armen um ihren Oberkörper geschlungen, sah Paige ihm dabei zu, wie Ryon das Babyfon-Lämmchen abstellte und sich dann ihr zuwandte. Selbst in diesen wenigen Momenten, als sie seine Bewegungen genau beobachtete, fiel ihr der Unterschied ins Auge. Wüsste sie es nicht, würde sie an ihrem Empfinden zweifeln. Aber da er es ihr gesagt hatte, fühlte sich Paige in zwischen in ihrer Vermutung bestätigt. Er hatte sich verändert. Oder vielmehr zu dem zurück gefunden, was er wirklich war. Er war anders, bewegte sich mit einer Spannung, die nur schwer in Worte zu fassen war. Hätte sie es trotzdem tun sollen, hätte Paige gesagt, dass man den Tiger unter der Oberfläche nun sehen konnte. Immer noch war Ryon in der Form des Mannes und es bestand bestimmt nicht zu vermuten, dass er sich jeden Moment wandeln würde, aber dennoch war es nicht zu bestreiten. Paige gefiel, was sie sah. Ryon schien vor Energie zu strotzen, was sie auch in seinen funkelnden Augen erkennen konnte, die trotz des wenigen Lichts vom Haus golden glänzten. Mit einem Lächeln ließ sie sich in die Arme schließen und küssen. Selbst wenn sie zuvor noch geschwankt hatte, ob ihr zu kalt sein würde, heizte ihr Ryon mit seinen Küssen bereits nach kürzester Zeit ein. Sie brauchte seine Krallen auf der harten Rinde des Baums nicht zu hören, um zu wissen, dass er mehr vorhatte, als ein wenig herum zu knutschen. Ob es nun das Knurren oder das Funkeln seiner Augen war... Paige konnte die Spannung in der Luft knistern hören. Mit dem Mondlicht das sich seinen Weg durch die Äste auf sie hinunter bahnte und dem Wind, der sich leise durch die wenigen übrigen Blätter rauschte, sah sie Ryon mit einem Blick an, den man durchaus als herausfordernd bezeichnen konnte. „Noch nicht...“ Mit beiden Händen griff sie in seinen Nacken und zog ihn wieder in einen intensiven Kuss, bevor sie weiter sprach. „Glaubst du, dass du mich auch weiter warm halten kannst?“ Ryon schmolz fast dahin vor wohligem Verlangen, als Paige ihn im Nacken packte und erneut intensiv küsste, bis ihm fast die Luft weg blieb. Er liebte es, wenn sie ihn mit solchen Gesten beherrschte und zugleich zähmte, wenn auch nie vollständig. Das hätte vermutlich weder sie noch der Tiger ganz zugelassen. „Zumindest … werde ich es mit allen Mitteln … versuchen.“, war seine keuchende Antwort, ehe er sie nun mit richtiger Leidenschaft küsste und sich an sie drängte. Ihm selbst drückte die Rinde des Baums ganz schön in den Arm, aber solange es Paige nicht auch nur halb so erging, war ihm das vollkommen egal. Er spürte es immerhin kaum, während er ihren Rücken größtenteils davor bewahrte, aufgescheuert zu werden, solange ihre Schuppen sie noch nicht von selbst schützten. Seine andere Hand zog die Krallen ein und umschlang ihre Taille, um sie noch ein bisschen enger an ihn zu drücken, aber auf eine Weise, die ihr noch genügend Luft zum Atmen ließ, sofern ihre gemeinsamen Küssen das nicht bereits verhinderten. Das kaum hörbare Knacken eines kleinen Zweiges ließ ihn kurz aufhorchen und sich seine Aufmerksamkeit auf das Babyfon richten, ohne von Paige abzulassen oder die geschlossenen Augen zu öffnen. Doch es blieb alles ruhig, bis auf ihre Atemzüge und den sanften Wind in den kargen Baumkronen. Weshalb er sich sofort wieder darauf konzentrierte, seine Hand unter ihren Pulli zu schieben, um ihre weiche Haut spüren zu können, die jedes Mal auf seinen Fingerspitzen ein sanftes Prickeln zurück ließ. Vor lauter Atemnot sah er sich schließlich gezwungen, erst einmal von Paiges köstlichen Lippen abzulassen und das Spiel mit ihrer Zunge zu beenden, doch süchtig wie er nach seiner frisch auserkorenen Lieblingsleckerei war, wanderte sein Mund sofort zu ihrem Hals, während ihr Haar über sein Gesicht hinweg streichelte und ihn zum Seufzen brachte. Er liebte dieses Gefühl auf seiner Haut. Besonders wenn er dabei vollkommen nackt war. Allerdings würde das wohl hier und jetzt nicht ganz funktionieren. Für ihn vielleicht, aber bei Paige war er sich da nicht ganz sicher. Obwohl, wenn sie wieder Feuer und Flamme für ihn war, könnte sie am Ende sogar mehr Hitze abstrahlen als er, was ihren Klamotten sicher nicht ganz so gut bekommen würde, sofern sie seine Krallen überhaupt überlebten, obwohl er sich stark zusammen riss. So viel Geld er auch hatte, er konnte Paige nicht ständig die Klamotten ersetzen. Seine Hand strich frech über ihren absolut hinreißenden Hintern, den er heute Mittag schon absolut zum Anbeißen gefunden hatte, als er sie von hinten nahm. Ihr Po hatte für ihn die perfekte Rundung und Beschaffenheit und die kleine Kuhle am Ende ihrer Wirbelsäule die sich oberhalb am Ansatz ihres Gesäß befand, hätte er stundenlang mit seiner Zunge bearbeiten können und auch jetzt war die Vorstellung sehr verlockend, dort heraus flüssige Schokolade zu lecken, als wäre er ein kleines Kätzchen vor einer Schüssel voll Sahne. Wie sehr ihn diese Vorstellung erregte, ließ er sie deutlich spüren, als er seine Hüfte an sie schmiegte, während er ihr in den Hals biss. Neckisch und noch kein bisschen fest, aber das würde sich sicherlich bald ändern. Mit einem zufriedenen Knurren sog er tief den Duft ihrer Haut ein und … erstarrte wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Etwas, das garantiert nicht zu Paige gehörte, legte sich hauchdünn und kaum bemerkbar auf seine Atemwege, aber da der Unterschied zwischen ihrem Duft und diesem Gestank so dermaßen groß war, konnte er gar nicht anders, als es zu wittern. Paiges Duft war für ihn so süß wie Honig oder Sirup und legte sich auch meistens auf genau diese Art wie Balsam über seine Atemwege. Manchmal auch knisternd und lockend, doch das was sich da untergemischt hatte, roch scharf moschusartig und brannte förmlich in seiner Nase. Seine Analyse hatte nicht einmal eine Sekunde gedauert, doch als sie sein Hirn erreichte, war seine Erregung und Leidenschaft mit einem Schlag aus ihm gewichen, als hätte jemand sie förmlich aus ihm heraus gesogen und zwar mit einem ultrastarken Sauger. Im Versuch, ruhig zu bleiben und sich zumindest körperlich nach außen hin nichts anmerken zu lassen, blieb er so wie er war. Paige hatte bestimmt schon gemerkt, dass etwas nicht stimmte, aber sie sollte das auch unbedingt wissen. Der, den er gerochen hatte, allerdings nicht. „Paige“, hauchte er ihr ganz dicht ins Ohr und in seiner Stimme lag deutliche Anspannung und Wachsamkeit. „Wenn ich mich von dir gelöst habe, will ich, dass du ins Haus gehst, Mia holst, die anderen weckst und dich an Tylers Sicherheitsplan hältst. Er wird dir sagen, was zu tun ist und bitte, tu was ich dir sage. Komm nicht auf den Gedanken, das Haus zu verlassen!“ Um Paige gar nicht erst die Möglichkeit eines Protestes zu geben, ließ er sie unvermittelt los, sah ihr noch einmal fest in die Augen, während er einen Schritt von ihr weg machte und zischte ihr leise zu: „Geh!“ Danach drehte er sich herum und lief los, tiefer in den Wald hinein und so lautlos, als wäre er nichts weiter als einer der unzähligen Schatten, mit denen er schließlich verschmolz. Paige drohte keine Gefahr, zumindest noch nicht, wenn sie sofort ins Haus lief und die anderen warnte, den derjenige, der glaubte, er würde vor Lust so blind sein, dass er keine Witterung mehr aufnehmen konnte, war noch viel zu weit vom Haus entfernt, um Schaden anrichten zu können. Aber alleine die Tatsache, dass er innerhalb der Grenzen war, ließ Ryon sich sein Hemd vom Leib reißen, um sich Notfalls rasch verwandeln zu können und sich dabei nicht in den Stofffetzen zu verheddern. Je näher er dem Eindringling kam, umso deutlicher wurde der Geruch und es stellten sich ihm die Nackenhärchen zu Berge. Es stank nach nassem Hund - ein Werwolf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)