Der Fluch zu Neumond von Master_Aoshi (Eine Bearbeitung zu Past to Future) ================================================================================ Kapitel 7: Die Eskalation - Vergangenheit in der Vergangenheit (4) ------------------------------------------------------------------ Leise seufzte Ashido, als er am nächsten Morgen im Sessel saß. Warum nur hatte er gestern so überreagiert? Er hätte Chiari auch auf andere Weise klar machen können, dass er kein Interesse an ihr hatte und sie schon allein aufgrund ihrer bisherigen Vater-Kind-Beziehung niemals auf die Weise lieben und begehren könnte, wie sie es augenscheinlich bei ihm tat. Mit ihr schlafen war da außer Frage. Dennoch, Chiari war letzte Nacht nicht wieder heimgekehrt, nachdem er sie abgewiesen hatte und das bedeutete, dass sie wirklich sauer sein musste. Die beiden hatten gewiss nicht ihren ersten Streit, denn die junge Vampirin hatte mit der Zeit immer mehr Arroganz zugenommen und sich wahrlich wie eine kleine Prinzessin benommen. Wieder und wieder hatte Ashido sie an ihre Pflichten erinnern müssen, denen sie mit zunehmenden Alter immer weniger nachging. Doch auch, wenn sie im Streit abgehauen war, hatte sie kurz darauf gemerkt, dass Ashido mal wieder im Recht war und war zurückgekehrt, um sich zu entschuldigen. Die ganze Nacht hatte er daher darauf gewartet, dass sie auch dieses Mal sich einsichtig zeigte, doch Fehlanzeige. Chiari blieb fort, auch als Ashido, der die ganze Zeit am Feuer gesessen hatte und die Puppe in der Hand hielt, die er ihr geschenkt hatte, merkte, das es draußen schon heller und geschäftiger wurde. Doch er konnte sich nicht helfen. Irgendwas lag in der Luft, das spürte er ganz deutlich. Er konnte nicht erklären, was es war, aber etwas stimmte hier ganz und gar nicht. Es war, als würde eine dunkle Aura sich auftun, die ein schreckliches Geschehen ankündigte. Doch dies spürte er nicht erst seit heute, sondern schon seit einigen Tagen. Es war, als würde die Stadt unter immer größerem Druck stehen, wie ein Vulkan, der nur auf ein Erzittern der Erde wartete, um tosend hervor zu brechen und alles zu zerstören. Innerlich hoffte er, dass er sich irren möge, das er damit falsch läge, denn er schätzte den Frieden und die Ruhe, vor allem wenn es der Bevölkerung gut ging. Ashido war viel zu sanftmütig, um Tod, Zorn und Verderben zu wollen, was ihn sehr von anderen Vampiren unterschied. Und eben diese Einstellung hatte er auch Chiari vermitteln wollen, weshalb er ihr auch von Anfang an verboten hatte, Blut von Menschen zu trinken. Und er war stolz, dass seine junge Schülerin all seine Lektionen begriffen hatte! Ein lautes Krachen ertönte und die Tür wurde unsanft aufgestoßen, sodass selbst Ashido ganz kurz zusammen zuckte. Für einen kurzen Moment dachte er, das eben jene Schülerin von ihm wieder gekommen sei, die er letzte Nacht verärgert hatte, doch schnell merkte er, dass die Aura zu jemand anderen gehörte. Er hörte das Klappern von Rüstungsteilen und seine Miene verfinsterte sich. Hatte Chiari etwa Zuflucht beim Lord gefunden und ihm nun die Wachen auf den Hals gehetzt? Oder aber, wusste selbst der Lord nicht, wo seine kleine Geliebte war? „Ashido-sama!“ ertönte eine ernste, männliche Stimme und Ashido reagierte, indem er aufsah, jedoch nicht über seine Schulter blickte. „Falls ihr Chiari sucht, die ist nicht hier. Ich habe selber keine Ahnung, wo sie plötzlich hin ist. Aber ich bin sicher, dass sie euch alleine wegen des Angebots, eine Kriegsfürstin zu sein, aufsuchen wird…“ murrte Ashido leise und zeigte, wie ungehalten er dessen war, was der Lord mit ihr plante. Eine kurze Zeit lang kam nichts von dem ungebetenen Gast, als würde dieser verwundert sein, dann aber schüttelte er den Kopf. „Nein, Ashido-sama. Darum geht es nicht. Es gibt etwas, das ihr euch ansehen müsst!“ sprach die Person in Rüstung wieder und zum ersten Mal blickte sich Ashido nun zu der Person um. Tatsächlich war der Mann in einer ganz anderen Rüstung gekleidet, als die persönliche Leibgarde oder Armee des Herrschers. Seine Rüstung war schlicht und weniger prunkvoll, zudem etwas schäbiger, aber dennoch schien es, als trage er sie mit Stolz. Auf dem Brustpanzer prangerte das Wappen der Stadt Padavia und wenn er den Kerl nun betrachtete, dann er kannte er schnell, dass er kein Dämon war, wie Lord Serendair sie für seine Armee bevorzugte. Er hielt einen eisernen Helm mit Visier in der Hand und offenbarte so sein Gesicht und seine zerzausten Haare. Er trug einen Vollbart und sein Gesicht war vom wechselhaftem Wetter deutlich geprägt und wirkte etwas eingefallen. Dennoch wirkte er insgesamt sehr stattlich und auch seine Augen strahlten eine ziemliche Lebensfreude aus. Ja, dieser Mann war der Hauptmann der Wache von Padavia, die von den Bürgern ins Leben gerufen wurde und für Schutz und Sicherheit in der Stadt sorgen sollte. Ashido selbst hatte bei der Entstehung der Miliz mitgewirkt und sie im großen Rat der Stadt verteidigt. Natürlich war der Herrscher nicht sehr angetan davon, zu wissen, dass es nicht seine Soldaten waren, die für Ruhe und Sicherheit sorgten, sodass er selbst tun und lassen konnte, was er wollte. Doch der Vampir überzeugte ihn davon, dass er seine Armee so besser nutzen konnte, um andere Orte einzunehmen, wie das stets umkämpfte Land Navarre. Letztlich aber war es Ashidos Intention gewesen, der Willkür des Herrschers einen Dämpfer zu versetzen, indem eine unabhängige Institution die Exekutive der Stadt bildete, vor allem da es Leute aus eben dieser Stadt waren, die ein großes Bedürfnis hatten, ihre Stadt zu verteidigen und das Unrecht daraus fern zu halten. „Alfred..! Dich habe ich ja lange nicht mehr gesehen! Hattest sicher alle Hände voll zu tun, nicht wahr?“ fragte Ashido, dessen Gesicht sich wieder erhellte, als er seinen alten Gefährten wieder sah. Damals war er noch ein kleiner Junge gewesen, nun hatte das Alter deutliche Spuren an ihm hinterlassen. Dennoch war er schon damals von dem Gerechtigkeitswillen des Knaben überzeugt gewesen und hatte ihn zum Anführer ernannt. „Wie es halt so ist, Ashido. Doch dafür haben wir später noch Zeit. Ich denke, da ist etwas, was sie interessieren dürfte.“ Sprach Alfred, der wohl selbst lieber über seine Errungenschaften geredet hätte oder zumindest über angenehmere Themen. Doch es gab eine ernste Angelegenheit zu besprechen, daher blieb dafür vorerst keine Zeit. Ashido nickte und so verließen beide das Haus, gingen die Hauptstraße entlang. Wohin Ashido sah, erkannte er Leute der Stadtwache, die durch die Gassen gingen oder am Wegesrand standen, um den Hauptmann zu beschützen, doch alle wirkten nervös, wann immer er sie ansah. Einige tuschelten sogar, als sie den Vampir in den bunten Klamotten vorbei laufen sahen und deuteten dabei auf ihn. So langsam kam es Ashido immer merkwürdiger vor. Was genau versetzte die Stadt denn so in Aufruhr? „Hier, seht euch das an und erklärt es mir…“ sprach Alfred leise und führte Ashido durch eine Menschentraube, die sich um eine Seitengasse gebildet hatte. Die Menschen wirkten allesamt entsetzt, machten den beiden Männern aber Platz, als hofften sie, von den beiden eine Antwort zu bekommen, was hier passiert sei. Und als der Blick in die Gasse endlich frei war, erkannte Ashido, was passiert war. Vor ihm lag die Leiche einer Stadtwache, die ungewöhnlich blass wirkte. Sein Hals war blutverschmiert und das Blut hatte auch den oberen Teil seines Brustharnischs verfärbt. Der Vampir trat näher heran und hockte sich zu der Leiche, schob den Kopf leicht zur Seite und erkannte, was den Mann umgebracht und so blass werden lassen hatte. Eine deutliche Bissspur, wie ihn nur Vampire am Hals hinterließen, zeugte sich mehr als deutlich, weshalb es auch kein Wunder war, das Alfred sich gleich an Ashido gewandt hatte. Dieser weitete nun die Augen und schluckte leicht, richtete sich dann wieder von der Leiche auf. Ein Vampir, der Blut saugte. „Ich weiß, dass ihr es nicht gewesen seit. Dafür würde ich sogar meine Hand ins Feuer legen. Ihr habt damals meine Familie und mich vor einem Giftanschlag gerettet, indem ihr uns Medizin gebraut habt. Doch das denken leider nicht alle. Immerhin seit ihr ein Vampir und das Volk ist nicht dumm. Daher, habt ihr irgendeine Vermutung, was hier passiert sein könnte und wer einen Rekruten der Wache so etwas angetan haben könnte..?“ fragte der Hauptmann der Wache nach und es war nur allzu deutlich, worauf Alfred ansprechen wollte. Ashido hüllte sich einen Moment lang ins Schweigen. Nur er und Chiari waren Vampire, die in dieser Stadt lebten. Die meisten anderen waren ausgerottet und vertrieben worden. Manche flüchteten in Wälder, andere wiederum suchten sich andere Orte aus, an denen sie sicher waren. Doch war hier nun ein anderer Vampir in die Stadt eingedrungen, der Menschen angriff..? „Ich…weiß es nicht. Aber ich werde es heraus finden. Ich war dies wirklich nicht und meine Schülerin gewiss auch nicht. Ich werde sofort Nachforschungen anstellen, um die Identität des Angreifers zu lüften..“ erklärte Ashido leise und blickte dabei zu Alfred, sah ihm ernst und entschlossen in die Augen. „Das war bestimmt wieder einer dieser verfluchten Hurensöhne der Armee! Wie lange sollen wir uns noch davon Schikanieren lassen? Erst gestern kam einer dieser Bastarde in mein Haus, während alle schliefen und verging sich an meiner Tochter! Und zwei Tage zuvor brachen sie in eine Kneipe ein, verprügelten alle, die sie daran hindern wollten, den Met und das Bier zu stehlen und auszutrinken! Wie lange sollen wir uns das noch gefallen lassen?! Und jetzt bringen sie auch schon Wachen um!!“ rief eine laute Stimme aus der Menge nach und sofort herrschte zustimmendes Gemurmel. Doch sogleich wandte sich Alfred an die Menge, um ein Machtwort zu sprechen. „Bitte, bewahrt Ruhe! Wir ermitteln in dieser Sache schon, doch falsche Anschuldigungen helfen hier niemandem weiter!“ „Falsche Anschuldigungen? Ich hab dem Bastard in die Augen gesehen, der meine Tochter die Unschuld geraubt hatte! Er hat mir ins Gesicht gegrinst und ich konnte deutlich die goldenen Augen erkennen! Er war ein Dämon, da bin ich mir ganz sicher! Und wo sind die meisten Dämonen? Richtig, in der Armee unseres ach so tollen Herrschers!“ rief die Stimme nun aufgebrachter und wieder herrschte zustimmendes Gemurmel. Alfred seufzte und Ashido merkte, dass er sich schon lange nicht mehr um die Belange der Stadt gekümmert hatte. In den letzten Tagen war er wohl zu sehr mit der Geburtstagsplanung beschäftigt gewesen… „Hast du die Güte, mich aufzuklären..?“ fragte Ashido daher Alfred und beide verließen die Gasse, gingen auf die Hauptstraße zurück und dort aneinander entlang, während man hinter ihnen noch immer Rufe von unzufriedenen Bürgern hören konnte. „Ach, das ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. Wie es scheint, hat Lord Serendair den damaligen Worten Kalutika-samas geglaubt, dass Navarre ein leichtes Ziel sei, wenn man eine Armee habe, die Skrupellos und Mächtig sei. Daher hat der Lord den Angriff auf Navarre mit seiner Horde aus Dämonen befohlen, die er aus der Hölle höchstpersönlich herauf beschworen hat, sagt man. Doch kaum hatten sie die Grenze überschritten, sei eine gewaltige Armee der Engel in die Flanken der Armee gefallen und habe sie vernichtend geschlagen, noch bevor sie das erste Dorf erreichten. Daraufhin hat der Lord den Rückzug befohlen und nun ist seine Armee hier, in der Stadt. Seither häufen sich die Anschuldigungen, sie würden ihren Frust über die Niederlage und den fehlendem Gemetzel der Bevölkerung Navarres nun an unserer Stadt auslassen. Und der Lord tut nichts, um sie im Zaum zu halten. Tatsächlich haben wir selbst schon gesehen, dass es wirklich Mitglieder der Armee waren, die die Kneipe geplündert hatten. Doch was sollen wir tun? Die Armee ist uns überlegen, wir sind nur eine einfache Miliz. Könntet ihr vielleicht mit dem Lord reden und ihn zur Vernunft bringen?“ erklärte der Hauptmann ihm die Situation und sah ihn anschließend fragend und hilfesuchend an. Ashido wusste, dass er diese Bitte nicht ablehnen konnte, denn der Lord war ein unberechenbarer Mann und nur er hatte die Möglichkeit, ihn davon zu überzeugen, dass er einen Fehler mache. „Ich werde unverzüglich mit dem Lord reden und ihn zur Vernunft bitten. Vielleicht finde ich so auch mehr über den Angreifer heraus..“ versicherte der Vampir ihn und verabschiedete sich dann vom Hauptmann, ehe er die Hauptstraße weiter ging, in Richtung des großen Schlosses von Padavia… Seine Miene wirkte mehr als Nachdenklich. Irgendwas stimmte hier nicht. Normalerweise würde der Lord doch niemals die Disziplin in seiner Armee schlauchen lassen. Er war so stolz auf die Macht, die er besaß und vor allem auch darüber, eine Armee zu haben, die alles tun würde, was er wollte. Es passte nicht, dass er sie nun machen ließ, was sie wollten. Und dann noch der Angriff eines Vampirs. Wollte der Lord ihm etwa die Schuld in die Schuhe zuschieben, indem er einen anderen Vampir dazu brachte, eine so offene Spur zu legen? Und wenn ja, warum sollte er dies tun? Sicher, er hatte den Lord damals verärgert, als er Chiari versteckt hatte, doch dies war mehr als zehn Jahre her. War er etwa verärgert, dass Chiari abgehauen war? Doch egal, was es war, er würde der Sache nun auf den Grund gehen. Und so blickte er umso entschlossener auf, als er durch den Torbogen der Mauer schritt, die das Gelände des Schlosses von der Stadt trennte. Der Anblick des Schlosses war wahrlich imposant. Es war riesig, mit mehreren schwarzen Türmen, die wie Speere in den Himmel ragten. Ebenso waren die Mauern in ein tiefes Schwarz getaucht und der Himmel durch die vielen Schornsteine, aus denen der Rauch der Kamine kam, aber auch durch den Rauch der vielen Kohlenpfannen auf den Mauern, die den Bogenschützen das Entzünden der Pfeile ermöglichten, war grau und wirkte trüb. Ein Turm ragte besonders weit nach oben, in ihm befand sich das Schlafgemach des Herrschers und in ihm war Chiari wohl schon mehr als oft gewesen. Doch nicht nur sie, der Lord hatte viele Geliebte, die meisten von ihnen lebten in einem anderen Turm, zusammengepfercht wie die Ratten und nur herausgeholt, wenn er sie brauchte. Und unten an den Mauern konnte man halbkreisförmige Öffnungen erkennen, die mit dicken Gitterstäben versehen waren und aus denen gequälte Laute drangen. Ja, dort befand sich der Kerker und zugleich die Folterkammer, die gerade wohl ausgiebig benutzt wurde. Doch nicht nur das wirkte imposant, sondern auch die vielen Zelte, die rund um das Schloss aufgebaut waren. Überall waren stämmige Kerle in schwarzen Rüstungen zu sehen, die gelangweilt herum saßen, miteinander rangen oder ihre Waffen schliffen. Als er die Straße zum Schloss ging, starrten ihn viele von ihnen an und Ashido konnte deutlich den Geruch von Schwefel und die Auren der Dämonen erkennen. Schon damals hatte er sich gegen den Vorschlag Kalutikas ausgesprochen gehabt, eine Dämonenarmee zu rekrutieren. Doch er hatte sich nicht durchsetzen können und so rekrutierte der Lord, der selbst ein Dämon war, die seinesgleichen in diese Welt und formte damit eine imposante Armee, deren Überreste nun vor dem Schloss lagerten und darauf warteten, endlich zur versprochenen Beute oder dem versprochenen Gemetzel zu kommen. Doch Kalutika war nicht mehr da, so hatte er gute Chancen, das der Lord auf ihn hören würde und die Dämonen in die Hölle zurückschicken würde… Entschlossener denn je ging Ashido auf das Schloss zu, betrat dieses und ging zielstrebig den Weg bis zum Thronsaal. Keine Wache hielt ihn auf, sie blickten ihn nur mürrisch an, aber kannten ihn und seine wichtige Stellung. Und so stieß er letztlich die Tür zum Thronsaal auf, wo der Lord auf seinem Thron saß und ein am Rücken gefesseltes Mädchen mit Blick zu ihrem Besitzer auf seinem Schoß saß, nur spärlich bekleidet, die es weinend über sich ergehen ließ, wie der Lord sie befummelte. Doch kaum hatte der Vampir den Raum betreten, stieß er das Weib von sich, was die Chance nutzte und durch eine Seitentür verschwand. Zwei der Wachen grinsten und folgten ihr einfach, aber das schien dem Lord egal zu sein. Denn dieser richtete sich auf und sah den merkwürdig gekleideten Vampir äußerst erbost an. „Ah, du bist hier! Das erspart mir die Not, dich zu suchen!“ murrte der Lord und wartete, bis Ashido dicht genug heran getreten war und sich verbeugt hatte. Doch die Verbeugung währte nur kurz und noch bevor Lord Serendair überhaupt die Erlaubnis erteilt hatte, das Ashido sich aufrichten dürfe, hatte dieser es bereits getan und sah den Herrscher mehr als eindringlich an. „Mein Lord, ihr..“ „SCHWEIG, ELENDER WURM!!“ unterbrach ihn der Herrscher laut brüllend und bebend vor Zorn, das selbst Ashido leicht zusammen zuckte. Er hatte nicht vergessen, was der Lord mit ihm vor einigen Jahren angestellt hatte. Damals hatte Chiari ihn wieder zusammen flicken müssen… „SCHWEIG! Und erklär mir lieber DAS hier! Das haben wir bei einem Engel gefunden, den wir gefangen nehmen konnten! Es ist von deinem Freund Kalutika!! Er hat mich verraten, dieser schwarzgeflügelte Bastard! Was hast du zu seiner Verteidigung hervor zu bringen?!“ herrschte der Lord ihn weiter an und warf ihm eine aufgerollte Pergamentrolle entgegen, die mit ihren metallenen Enden auf den Marmor aufschlug und laut klirrte. Ashido war selbst nun mehr als verwundert und hob die Rolle auf, öffnete diese und las sich die Botschaft darin durch. Darin stand die genaue Schlachtformation des Lordes, sowie der Zeitpunkt, für wann die Invasion geplant war. Und es war eindeutig Kalutikas Handschrift, er hatte den Brief sogar unterzeichnet. Doch warum tat er dies? Warum ermunterte er erst den Lord, eine Armee aufzustellen, nur um diese dann wieder vernichten zu lassen? Hatte sein Meister etwas damit zu tun..? Doch fürs erste erwartete der Lord eine Erklärung vom Vampir selbst, sodass dieser das Pergament wieder zusammen rollte. „Mein Lord, ich habe hiervon nie Kenntnis erhalten. Kalutika und ich haben nichts miteinander gemein! Er dient einem anderen Mann namens Luzifer und wo immer er auftaucht, versprüht er Zwietracht und Misstrauen. Er gilt als Vorbote des Chaos. Was genau er mit dieser Aktion bezweckte, kann ich nicht sagen. Aber deswegen bin ich auch nicht hier! Mein Lord, hört mich an!!“ rief er nun selbst etwas lauter, um sich vor den Ohren des aufgebrachten Herrschers Gehör zu verschaffen. Dieser knurrte nur, setzte sich dann wieder in seinen Thron zurück und schwenkte kurz mit der Hand, um Ashido die Erlaubnis zu geben, zu sprechen, auch wenn er wusste, dass es ihn mehr als langweilen würde, da Ashido sicher wieder mit einer Moralpredigt auf ihn zu kam. Ashido kam etwas näher noch heran, bis er bis auf fünf Schritte an ihm dran war. Dann blickte er zu ihm auf. „Mein Lord, euer Volk leidet! Eure Armee beginnt, eigensinnig zu handeln und das Volk zu tyrannisieren! Euer Volk brodelt und es ist kurz davor, die Armee und somit euch an den Pranger zu stellen, weil ihr nichts dagegen unternehmt! Bitte, schickt eure frustrierten Soldaten zurück in ihre Hölle und dann unternehmt etwas, um das Volk zu beschwichtigen.“ Bat Ashido nun und klang dabei fast flehend, hielt den Blick bei seinen letzten Worten wieder auf den Boden gesenkt und wartete die Antwort des Herrschers ab. Dieser ließ sich etwas Zeit, rieb kratzend über seinen Bart, ehe er kühl grinste. „So so, das Volk meint also, ich sei als Herrscher nicht weiter geeignet, ja? Oh, dann hat meine Armee ja doch noch was zu tun. Es scheint, als müsste ich mal wieder ein Exempel statuieren. Es wird Zeit, dem Volk wieder etwas Disziplin zu lehren und ihnen zu zeigen, was Angst und Demut bedeutet! Ich werde doch nicht meine mächtige Armee zurück schicken! Sie ist meine Streitmacht, mein ganzer Stolz! Und wenn sie in der Stadt Tumult machen, dann ist das ihre Sache! Ich stehe voll und ganz hinter meinen Männern! Und du wirst sie anführen, Ashido, und ihnen zeigen, wo sich die aufständischen Bürger befinden! Du wirst ihre kleine Zusammenkunft zerschlagen und niemanden am Leben lassen, hast du verstanden?“ sprach der Herrscher voller Hohn und klang dabei sichtlich erregt, als würde er es kaum erwarten können, seinem Volk etwas Disziplin zu lehren. Doch sofort richtete sich Ashido auf. „NEIN! Ich werde garantiert nichts dergleichen tun!“ antwortete er und wusste, dass er den Befehl verweigerte. Wusste auch, welche Folgen dies nach sich ziehen konnte. Befriedigt grinste der Lord, als hätte er nur auf einen solchen Moment gewartet, in dem sich Ashido gegen ihn auflehnt, damit er einen Grund hatte, ihn zu vernichten und sein Reich zu führen, wie er es wollte. „Ashido, bist du wirklich bereit, die Konsequenzen deines Handelns zu tragen? Willst du wirklich dich deinem Lord widersetzen und Fahnenflucht begehen?“ fragte er süffisant grinsend nach und schnippste kurz, sodass zwei Wachen näher kamen, um Ashido festzunehmen. Doch Ashido zögerte keine Sekunde, verschwand und tauchte hinter den Wachen auf, schlug beide brutal zu Boden und stellte sich auf ihre Rüstungen, damit sie sich nicht wieder aufrichten konnten. „Eher sterbe ich, mein Lord, als meine Stadt und mein Volk zu verraten.“ War seine Antwort und er blickte entschlossen zum Lord, in der Hoffnung, ihn noch umstimmen zu können. Doch dieser begann nur laut zu lachen, dass es in der riesigen Halle des Thronsaals von den Wänden widerhallte. „Sehr schön, dann verteidige dein Volk, wenn du es kannst! Du glaubst gar nicht, wie lange ich auf diesen Moment gewartet habe. Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld, Vampir!“ knurrte er mit einem Mal völlig ernst und blickte erbost drein. Ashido wandte sich schon zum Gehen um, ohne sich zu verabschieden und als er von den Soldaten runter ging, rappelten sich diese langsam auf. Dann aber blieb er ein letztes Mal stehen und blickte über seine Schulter zu ihr. „Mein Lord…ist Chiari bei euch..?“ fragte er nach und blickte zu ihm, mit ernster Miene, in der sich aber auch ein wenig Besorgnis widerspiegelte. Auch wenn sie gestritten hatten, so machte er sich als Vaterfigur natürlich sorgen um sie, vor allem, weil er nicht wusste, wo sie war. Außerdem würde er sie gerne selbst wegen dem Angriff auf die Wache befragen und herausfinden, was sie wusste. Im Idealfall könnte er mit ihr zusammen arbeiten und den Angreifer ausfindig machen, denn alleine würde sich die Verfolgung eines Vampirs durchaus als schwierig gestalten. Und Chiari war schnell, sogar schneller als er, wenn sie es wollte, daher konnte er ihre Hilfe wirklich gut gebrauchen. „Ja, sie ist hier. Für dich ist sie aber Lady Chiari! Ich habe sie gestern Nacht in den Adelsstand erhoben. Sie wünscht sich aber, dich nicht mehr zu sprechen, das hat sie mir ausdrücklich gesagt. Also verschwinde endlich, bevor ich dich mir selbst vorknöpfe und dich schon hier und jetzt töte!“ höhnte der Herrscher, denn er wusste, dass dies ein ziemlicher Schlag ins Gesicht des Vampirs war. Und auch wenn es von ihm ausgedacht sein konnte, so sprach der Lord durchaus die Wahrheit. Chiari war erst spät in der Nacht zum Lord gekommen, hat ihn gebeten, sie aufzunehmen und ihm erklärt, dass ihr Lehrer ihr nichts mehr beibringen könne. Da sie so traurig war, hatte der Lord sie wirklich zu einer Adeligen gemacht und sie zur neuen Lady McDowell ernannt. Ashido blickte einen kurzen Moment abwesend drein, seufzte leise, dann wandte er sich ab und verschwand, ohne ein weiteres Wort des Widerspruchs. Er glaubte nicht, dass er Chiari für immer verloren hatte, aber der Streit gestern hatte wohl größere Konsequenzen, als er angenommen hatte, wenn sie ihn erst einmal nicht mehr sehen wollte. Und so beeilte er sich, aus dem Schloss zu kommen, hörte nicht mehr die letzten Worte, die Lord Serendair sprach, als Ashido verschwunden war: „Holt mir Lady Chiari her. Ich habe eine Aufgabe für sie…“ Es gab viel zu tun für den Vampir. Wenn der Lord seine Drohung wahr machte, dann musste das Volk gewarnt werden. Er musste die Miliz organisieren, dass sie die Bevölkerung verteidigten und er musste jeden in Sicherheit bringen, den er konnte. Vor allem die Kinder mussten vor der Armee geschützt werden. Und so hastete er in gewaltiger Geschwindigkeit durch die Straßen, wich den Spaziergängern und Marktbesuchern aus, die ihn aufgrund seiner Geschwindigkeit nicht einmal bemerkten und stoppte erst, als er wieder bei Alfred war, der gerade dabei war, sich an einem Baum zu erleichtern. Der Vampir tauchte direkt neben ihm auf und wirkte ein wenig außer Atem, weil er sich lange schon nicht mehr so schnell bewegt hatte. „Alfred!“ begann er, doch als er merkte, wie Alfred gerade da stand und selbst entsetzt zu Ashido blickte, mit ausgepackter Rute, die von einer Hand gehalten wurde und einem feinen Strahl gegen den Baum schießend, wurde er stutzig. „Ashido-sama, kann ich…vielleicht eben fertig werden?“ fragte er leise nach und knurrte dabei etwas verlegen, doch Ashido schüttelte den Kopf. „Piss dir meinetwegen in die Hose, denn dazu wirst du bald allen Grund haben! Der Lord plant einen Angriff auf die Stadtbevölkerung, wenn die sich gegen ihn auflehnen! Du musst sofort alle möglichen Soldaten zusammen trommeln und sie warnen! Errichte Einheiten zum Schutz und verteidige die Dorfbewohner! Bring Frauen und Kinder in Sicherheit und mobilisiere jeden Mann, um die Stadt zu verteidigen!“ sprach Ashido schnell und merkte, wie bei seinen Worten das Geplätscher verstummte. Alfred sah ihn erstaunt an, ehe er seine Hose wieder hoch zog und den Blick leicht senkte. „Ashido, wie stellst du dir das vor? Wenn der Lord uns angreift, mit einer Horde von Dämonen, dann sind wir geliefert. Wir sind nur einfache Soldaten, haben nicht mal Magier in unseren Reihen! Wir können keinen Kampf gegen die Dämonenarmee gewinnen…“ sprach Alfred leise und klang schon jetzt danach, als wolle er resignieren, doch der Vampir legte seine Hand auf seine Schulter und lächelte zuversichtlich. „Wer kennt die Straßen und Gassen besser als die Miliz? Die Soldaten waren noch nie in der Stadt unterwegs und für sie ist es unbekanntes Terrain. Was euch an Kampfkraft fehlt, gleicht ihr mit Wissen aus. Und ich habe dich nicht zum Hauptmann ernannt, damit du ein angenehmeren Job hast, sondern weil ich darauf vertraue, dass du das richtige tun wirst. Also los, mobilisiere die Männer und rekrutiere jeden, der seine Stadt verteidigen will! Wir werden in der Überzahl sein und wenn sie die Gassen betreten, werfen wir von den Häusern Steine auf sie herab. Wir bilden dicke Schildwälle und kleine Palisaden, um ihnen den Schwung aus dem Angriff zu nehmen. Und ich stehe euch bei, versorge euch mit Heiltränken, die ich sogleich vorbereiten werde. Ich vermute, uns bleibt bis heute Nacht Zeit, bis der Lord seine Armee selbst mobilisiert hat. Also los und enttäusche mich nicht! Gemeinsam schaffen wir es!!“ munterte der Vampir ihn auf und lächelte ihn siegessicher an. Ja, wenn sie dem Lord zeigten, dass seine Dämonenarmee nichts wert sei, dann würde er vielleicht mehr auf sein Volk vertrauen und sich um diese kümmern anstatt um weitere Soldaten, die er nur aufgrund ihrer Stärke angeheuert hatte. Heute Nacht würde die Stadt ihm zeigen, dass der Wunsch nach Friede und Zusammenhalt stärker war als jede Armee! Und so verbrachte der Vampir den restlichen Tag in seinem Arbeitszimmer und braute eine Menge Heiltränke, sowie einige Tränke mit Weihwasser, wobei er dabei sehr vorsichtig umgehen musste, dass er sich nicht selbst verbrannte. Die Kathedrale von Padavia stellte wirklich viel davon her und verteilte dies an Exorzisten und auch wenn Ashido ein Vampir war, so kannte jeder in der Stadt seine guten Absichten, weshalb man ihm das kostbare Wasser anvertraute. Natürlich gab es aber nicht genug, um eine ganze Dämonenarmee damit aufzuhalten. Doch die wichtigsten Gegner würde man stoppen können. Ashido blieb weiterhin zuversichtlich, denn wenn alles glatt lief, hatten sie wirklich eine Chance. Doch er sollte schnell erfahren, wie schwach das Herz der Menschen war und das der Durst nach Rache und Macht stärker in ihren Herzen verankert war, als der Wille nach Frieden. Die Sonne ging gerade unter, da betrat Alfred seine Hütte, völlig abgehetzt und verschwitzt, als hätte er die ganze Zeit mit Kämpfen verbracht. Er sah sich nur kurz um und staunte nicht schlecht. Mehrere Kisten mit Heiltränken und Salben standen bereit, von dem begabten Vampir in kürzester Zeit hergestellt, um Verwundete damit zu versorgen. Ashido selbst machte gerade alles bereit, um die Medizin zur Armee zu schicken, als Alfred das Zimmer betrat und bleich aussah. „Ashido-sama, wir haben ein großes Problem! Wir haben alle Männer zusammen getrommelt, die wir finden können, alle haben sich bewaffnet mit dem, was sie hatten und was der Schmied so kurzfristig entbehren konnte. Die Männer haben teilweise keine Rüstungen, aber ich denke, wir sind genug, um die Dämonen abzuwehren. Jedoch als ich den Männern und meinen Soldaten die Strategie erklärte, kam es zu einem Zwischenfall. Ein Junger Mann sprach immer wieder gegen alles, was ich sagte und sprach eher davon, dass wir das Schloss stürmen sollten und den Lord selbst angreifen sollten. Als Belohnung würden uns die Schatzkammer und die vielen Frauen gehören…und egal, was ich sagte, die Männer hörten nicht mehr auf mich. Sie marschieren gerade alle auf das Schloss zu, in einem wilden Sturmangriff!!“ sprach Alfred entsetzt und völlig außer Atem und selbst Ashido wirkte für einen Moment mehr als erschrocken. Wenn sie das Schloss angriffen, waren sie auf offenem Felde und schutzlos der Armee ausgeliefert. Zudem konnten Bogenschützen und Armbrustschützen von den Mauern aus angreifen. Und erst das ganze Pech, das um die Burg verteilt wurde! Wenn dieses entzündet würde, würde ein riesiger Ring aus Flammen um das Schloss herrschen und gnadenlos alles verbrennen, was nicht gegen Feuer immun war. Diese Nachricht war in der Tat verheerend! „Dann müssen wir unsere Strategie ändern. Ich gucke, ob ich das Volk noch aufhalten kann, bevor es zu spät ist. Und du, sammele zumindest deine Soldaten und beschütze die schwache Bevölkerung. Wo hast du sie in Sicherheit gebracht?“ fragte Ashido und klang, als wolle er keine Zeit mehr verlieren. „Sie sind auf dem Marktplatz versammelt und jede Gasse dorthin ist abgesperrt und durch meine Miliz bewacht. Sie sind in Sicherheit, sollte der Feind keinen Luftangriff durch Bogenschützen starten. Doch davon ist nicht auszugehen, wenn die Schlacht zur Burg getragen wird. Vorerst dürften sie in Sicherheit sein…andere haben sich in ihren Hütten verbarrikadiert oder sind in die Kathedrale geflohen. Zumindest die Kathedrale ist gut bewacht und bietet exzellenten Schutz, doch allzu viele konnten dort nicht aufgenommen werden. Wir haben vor allem die Kinder dort untergebracht und die Nonnen und Mönche kümmern sich um sie und lenken sie ab.“ Erklärte Alfred und Ashido lächelte leicht. Alfred hatte sich wirklich zu einem klugen Mann entwickelt und wusste, was er tat. Er hat genau richtig entschieden und auch der Vampir hätte das gleiche getan. „Gut gemacht. Und nun auf, verteidige du den Marktplatz, ich gehe zum Schloss!“ lobte Ashido den Mann, dem dies angesichts der Lage nur ein leichtes Lächeln über die Lippen huschen ließ, ehe er nickte und das Haus verließ. Er nahm den Ochsenkarren mit, nachdem seine Soldaten die Heiltränke aufgeladen hatten und ging zurück zum Marktplatz. Ashido jedoch verlor keine Zeit und eilte so schnell er konnte, zum Schloss. Doch noch auf dem Weg dahin sah er, wie gewaltige Flammen empor zuckten und das Pech bereits entzündet wurde. Laute Schreie hallten vom Schloss empor und hallten durch die Nacht. Waffen klirrten aufeinander und das Geräusch, wenn sich Schwerter durch Haut, Muskeln und anderes Gewebe hieben, erfüllte die Nacht. Schon jetzt konnte er den Geruch von verbranntem Fleisch und Blut wahrnehmen. Er war zu spät und das wusste er, vor allem, als er nun vor dem Schloss auftauchte und das Ausmaß des Fehlers des menschlichen Herzens sah. Nur wenige Verluste waren in den Reihen der Dämonen zu erkennen, die teilweise ihre normale Gestalt angenommen hatten und wie Berserker auf die schlecht bewaffneten Männer ein hieben. Pfeile schossen in regelmäßigen Abständen auf die Feinde nieder und diese hatten mehr als große Mühe, überhaupt dem Dämonenheer stand zu halten und ihre Reihen zu sortieren. Ashido beobachtete dies von einem Dach aus und merkte, dass schon jetzt die Schlacht verloren sei. Sicher war die Moral der Männer ganz unten, die nichts gegen die geballte Macht der Dämonen ausrichten konnten. Einige traten schon jetzt den Rückzug an, doch die Dämonen kannten kein Erbarmen und schlachteten einen nach den anderen ab. Hieben ihre Äxte und Schwerter in die unbedeckten Köpfe ihrer Gegner, durchbohrten ihre Korpora mit Pfeilen und fraßen sich teilweise satt am frischen Menschenfleisch. Und als wäre dies noch nicht genug, ertönte plötzlich ein ohrenbetäubendes Kreischen und Brüllen durch die Nacht, das noch lauter war als der Kampflärm an sich. Ashido selbst riss die Augen auf, er hatte dieses Geräusch nur ein einziges Mal in seinem Leben gehört, als er auf der Suche nach ganz speziellen Eiern war, aus deren Eiweiß man gute und mächtige Tränke herstellen konnte. Auch damals war er vor dem ohrenbetäubenden Brüllen geflohen, dass so laut war, dass sich einige Männer die Ohren zuhielten. Ein Rauschen ging durch die Nacht, das Brüllen ertönte wieder und kurze Zeit später schoss auch schon der feurige Odem eines Drachen über die Stadt her, mit einer solch geballten Kraft und Hitze, dass der Flammenstrahl ohne Mühe durch Gestein drang und alles verbrannte. Der Drache hinterließ eine Schneise der Zerstörung und Ashido wusste, dass keiner damit gerechnet hatte. Die Armee der Dämonen schien nicht beunruhigt zu sein, woraus sich schließen ließ, dass sie selbst den Drachen gezüchtet hatten und ihn nun einsetzten, um den Menschen den finalen Schlag zu verpassen. Niemand würde gegen solch ein fliegendes Ungetüm ankommen können, die Menschen hatten nur wenige Bogenschützen auf ihrer Seite und keine Magier…keine außer Ashido selbst. Und dieser wusste, dass nur er den Drachen aufhalten konnte, bevor dieser die ganze Stadt zerstörte. Wieder schoss ein Flammenstrahl aus dem Maul, nachdem der Drache einen Bogen gedreht hatte und wieder zum Angriff ansetzte. Ashido folgte dem Drachen nun über die Dächer der Häuser und sah, wie dieser gefährlich nahe am Marktplatz vorbei flog. Wieder ein Strahl aus Flammen, der einige Häuser zerstörte, dann landete der Drache auf einer Mauer der Stadt und brüllte laut. Ashido wusste, das war seine Chance und so beeilte er sich noch mehr, bis er die Mauer selbst erreicht hatte. Er formte sein Mana um seine Faust und sprang damit auf das geschuppte Ungetüm zu, verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht, sodass dieser wirklich seinen Kopf zur Seite riss. Doch nur kurz war er benommen, da schnappte er auch schon nach Ashido, der gerade so ausweichen konnte. Der Drache schlug wieder mit seinen kräftigen Flügeln und wollte sich in die Luft erheben, zerstörte dabei einen Teil der Mauer und durch den starken Wind riss er zwei weiteren Häusern die Dächer weg, doch der Vampir schaffte es, auf den Rücken der Kreatur zu klettern und sich an den gehörnten Schuppen festzuhalten. Noch nie hatte er gegen einen Drachen kämpfen müssen und er wusste, die Schuppen waren legendär für ihre Stabilität. Die besten Rüstungen wurden aus Drachenschuppen gemacht, doch es gab fast keine Drachen mehr und er wusste, er würde diesen Drachen auch töten müssen, damit er nicht weiter die Stadt zerstörte. So rechnete er jedoch nicht mit der Wendigkeit des Drachen, der seinen Kopf mit dem langen Hals herum drehte und wieder nach ihm schnappte, dann seinen heißen Odem in seine Richtung ausstieß. Der Vampir schaffte es gerade noch, sich zu bücken, doch seine Kleidung fing leicht Feuer, welches er sich hektisch abklopfte. Der Drache selbst jaulte aber ebenfalls auf, denn die Hitze seines Atems hatte ihn selbst Schmerzen bereitet und so entschied er sich, den Vampir auf seinem Rücken abzuschütteln, indem er los flog und auf die Kathedrale zusteuerte. Ashido erkannte dies und kämpfte gegen den Flugwind an, zog sich an den Schuppen dichter zu seinem Kopf heran, bis er die zwei Hörner greifen konnte, die den Drachenkopf krönten. An diesen riss er ihn zur Seite und dies gerade noch rechtzeitig, denn der Drache verfehlte nur knapp den riesigen Glockenturm der Kathedrale, den zu rammen er imstande war, um den Vampir so abzuschütteln. Stattdessen flog er wieder weg von der Stadt und über das umliegende Land. Ashido kletterte weiter voran, bis er bei seinem Kopf war. Er hatte keine Ahnung, ob es klappen würde, denn der Drache merkte dies und wirbelte mit dem Kopf etwas hin und her. Doch der Vampir hielt sich zu gut fest und kaum hatte er die Stirn erreicht, sah er, dass der Drache wieder auf die Stadt zuflog. Er hatte nur eine Chance und diese wollte er nutzen. Und so sammelte er wieder sein Mana in der Faust und hieb damit direkt in das Auge des Drachen, dessen Augapfel mit der schlitzförmigen Pupille sofort zerplatzte. Der Drache brüllte schmerzhaft auf und hielt sofort im Flug inne, flog stattdessen auf der Stelle und rieb mit seinen scharfen Klauen über die Stelle, die so schmerzte. Dieses Mal hatte Ashido weniger Glück, denn der Drache riss ihm mit der Klaue den Arm auf, den er gerade aus dem zerplatzen Augapfel hervor gezogen hatte. Auch Ashido schrie angesichts des Schmerzes auf, doch er hatte keine Zeit zu verlieren. Während der Drache immer wieder über sein Auge rieb, krabbelte der verletzte Vampir auf die andere Seite des Kopfes und stieß auch dort seine Faust in den Augapfel, der dem Drachen noch verblieben war und ließ ihn so völlig erblinden. Erneut brüllte der Drache auf und riss seinen Kopf orientierungslos hin und her. Ashido ließ mit seiner Hand los, fiel etwas hinab, bis er wieder auf dem Rücken des Drachen landete. Er wusste, der Drache würde eine unglaubliche Regenerationskraft besitzen. Doch sein Augenlicht würde er nie wieder zurück erlangen und so würde der Drache früher oder später verhungern. Am Rücken hielt Ashido sich fest, sah das der Drache nun ohne Ziel los flog und auf das Schloss zuflog. Leicht lächelte Ashido, denn wenn der Drache den höchsten Turm erwischen würde, wäre es das Ende von Lord Serendair. Doch leider flog der Drache daran vorbei und nur einen flüchtigen Moment glaubte Ashido, auf der Turmspitze einen Mann mit großen, schwarzen Flügeln gesehen zu haben, der sich das ganze Spektakel mit breitem Grinsen angesehen hatte. Doch als er es realisierte und zurück sah, war niemand mehr zu sehen. War dies etwa Kalutika gewesen? Und wenn ja, warum war er hier? War alles etwa sein Plan gewesen? Das der Lord gegen sein Volk in den Bürgerkrieg ging..? Ashido hatte keine Wahl, er musste abspringen, selbst aus dieser Höhe. Der Drache war keine Gefahr mehr und flog immer wieder vor Schmerz auf brüllend davon, in Richtung Osten und direkt auf Tyrianne zu. Aber das war dann deren Problem, Ashido musste dem Lord Einhalt gebieten und so ließ er die Schuppen des Drachen los, sauste nach unten und verfehlte dabei nur knapp den peitschenden Schweif des Drachen. Er fiel auf die Stadtmauern zu und knallte ungebremst dagegen, keuchte vor Schmerz auf und brach sich dabei sicher noch einige Knochen. Doch all das war egal. Der Kampf war verloren und so musste er dem Lord bitten, die Kämpfe einzustellen, damit nicht noch mehr Bürger ihr Leben verloren. Verletzt und humpelnd schlich er sich an der Armee vorbei, die die letzten versprengten Männer jagten, dabei aber von der gut organisierten Miliz in Schach gehalten wurden, die die improvisierten Hindernisse und enge Gassen zu ihrem Vorteil nutzten. Er nutzte den Schein der Flammen, um sich selbst zu verbergen und drang auf diese Weise unbemerkt ins Schloss ein. So was konnte wirklich nur ein Vampir zustande bringen. Keuchend kam er im Thronsaal an, in dem der Lord saß und sich von einem Hofmagier über eine Kristallkugel zeigen lassen ließ, was draußen vor sich ging. Und er wirkte dabei sichtlich befriedigt, bis Ashido den Raum betrat. „Oh, du hast überlebt, Ashido? Oder sollte ich dich lieber Ashido, den Drachentöter nennen? Halt nein, getötet hast du ihn ja nicht, also wäre das zu viel der Ehre! Was zum Henker willst du hier?!“ sprach Lord Serendair zu dem verletzten Vampir, der einige Schritte auf ihn zu ging und sich dann vor ihm auf den Boden warf. „Bitte, mein Lord. Das Volk ist besiegt, ihr habt gewonnen. Nun haltet ein oder ihr werdet die ganze Stadt auslöschen! Ich bin mir sicher, niemand wird sich noch gegen euch stellen, daher lasst ab von diesem sinnlosen töten und pfeift eure Armee zurück. Bedenkt, dass ihr ohne die Bewohner der Stadt kein Essen und keine neuen Frauen haben werdet…“ flehte Ashido den Lord nun an und klang mehr als verzweifelt. Er hatte keine Wahl, als zum Wohle aller zu kapitulieren und den restlichen Menschen den Tod zu ersparen, nicht aber die üblichen Rituale der Siegermächte: Folter, Raub und Vergewaltigung, wo es nur ging. Der Lord überlegte noch kurz und lachte dann. „Haaahahaa, also hab ich wieder einmal gesiegt. Ich denke, du hast Recht! Das Volk wird sich mir nie wieder aufbegehren. Und du auch nicht, dreckiger Vampir. Dafür, was du meinem Drachen angetan hast, wirst du mit sofortiger Wirkung aus der Stadt verbannt. Und meine Armee wird deine Stadtwache nun ablösen und ich werde selbst die Kontrolle über die Stadt übernehmen und selbst entscheiden, was Gerechtigkeit ist und was nicht! Ich gebe meinen Dämonen den Befehl zum Sieg und das weiteres Töten verboten ist. Doch es dürstet sie nach mehr, und das werde ich ihnen nicht verwehren…~“ sprach der Lord mit seiner mächtigen Stimme und grinste dabei breit, denn auch er wusste, was die Dämonen nun machen würden, um die Menschen dauerhaft zu lehren, sich nicht gegen sie aufzulehnen. Ashido kniff die Augen zusammen, weil er sich selbst einreden musste, dass es so besser sei, als wenn er das Morden weiter zuließ. Und so wandte er sich ohne ein weiteres Wort dem Gehen zu. Doch erneut hielt ihm die Stimme des Lordes auf. „Achja, eines noch, kleiner Vampir. Ich kann Dämonen mit nur einem Schnippsen befehligen, doch meine neue Kriegsfürstin ist leider kein Dämon, daher wäre ich dir dankbar, wenn du ihr Bescheid geben würdest, dass der Kampf vorbei ist, sofern sie das überhaupt kümmert. Sie dürfte jetzt…hm, beim Marktplatz sein. Viel Glück, Ashido..!“ rief ihm der Lord noch zu und als sich Ashido ein letztes Mal entsetzt zu ihm umdrehte, sah er das breite Grinsen. Er wusste davon, dass sie dort die schwachen und wehrlosen versammelt hatten…und er hatte ausgerechnet Chiari dort hin geschickt, um seine Befehle auszuführen? Zum aller ersten Mal schickte Ashido ein Stoßgebet in Richtung Amaterasu, der Göttin des Lichts, dass sie seine Schülerin mit genug Weisheit ausgestattet hatte, um nicht zum Werkzeug des Lords zu werden und die Frauen in Ruhe zu lassen. Und mit knirschenden Zähnen eilte Ashido los, die Schmerzen in seinen Gliedern ignorierend. //Chiari, der Kampf ist vorbei! Stell sofort jegliche Kampfhandlungen ein und warte in einer Seitengasse beim Marktplatz auf mich, okay? Chiari? CHIARI???// versuchte er sofort mit ihr per Gedankenübertragung zu kommunizieren und er wusste, dass sie nicht zu weit weg war, als das sie ihn nicht gehört haben dürfte. Doch es kam keine Antwort, egal wie oft er ihren Namen nannte. War sie etwa besiegt worden und nun tot? Höchst unwahrscheinlich, aber wenn die Wache das Weihwasser benutzt hatte, dann durchaus möglich. Und deswegen eilte er umso schneller durch die Straßen, sah überall die Leichen der Männer, die das Schloss angreifen wollten und ebenso die ersten Dämonen, die ihre Verfolgung wie befohlen aufgaben und stattdessen in die heilen Häuser einbrachen. Überall hörte man entsetzte Schreie und das laute Stöhnen und Wimmern von Frauen, die das Glück verlassen hatte. Doch darum konnte sich Ashido nicht kümmern. Er musste die anderen Frauen vor einer noch viel größeren Gefahr bewahren…und auch die Kinder in der Kirche… Chiari grinste süffisant, lehnte sich gegen die äußere Mauer, die um die Kathedrale herum errichtet war und welche den Friedhof eingrenzen sollte, der diese Nacht nicht ausreichen würde, um all die Toten aufzunehmen, die heute gefallen waren. Schweigend wartete sie darauf, dass Ashido auftauchte, der sich ja mit seiner Gedankenübertragung angekündigt hatte. Auch sie wollte nun mit ihm reden und ihn über seinen Irrtum aufklären. Das Blut der Menschen war nichts Böses für einen Vampir. Es war ein Geschenk, ein Genuss, der sie stärker machte, als je ein Wesen zuvor. Und auch Ashido sollte dies begreifen. Zusammen würden sie den Lord vernichten können und dann als Liebespaar über ganz Serendair herrschen können! Und so wurde ihr Grinsen breiter, als Ashido nun mitten im Marktplatz auftauchte, zwischen all den Leichen der leer gesaugten Frauen und mit einem deutlichen Entsetzen zu Chiari blickend, die in einem roten Kleid da stand, das ursprünglich Weiß gewesen war und durch das viele Blut gänzlich getränkt worden war. Sie sah, wie er langsam auf sie zu kam und noch immer entsetzt drein blickte, aufgrund des Massakers, das Chiari hier angerichtet hatte. Die junge Vampirin war schon längst hier gewesen. Sie hatte den ersten Schrei des Drachens ausgenutzt, als dieser erschien und die Wachen ablenkte, die alle in die Richtung starrten, aus der das Brüllen kam. Die ersten beiden hatte sie umgebracht, in dem sie ihnen das Genick mit einem Schnippsen gegen ihren Nacken gebrochen hatten. Die anderen Wachen bemerkten aber, wie die metallenen Rüstungen der toten Milizen auf den Pflasterstein knallten und laut schepperten. Sofort formierten sie sich und griffen Chiari an…doch sie hatten keine Chance. Sie war noch immer durch das Blut der Wache gestärkt und hatte vor dem Angriff ein Mädchen gebissen gehabt, das weinend am Boden lag, mit den Händen am Rücken gefesselt, als zwei der Dämonen mit ihr fertig waren und sie im Flur des Schlosses liegen gelassen hatten. Mit ihrer wahnsinnigen Geschwindigkeit überwältigte sie die ersten, ehe sie sie Leichen mit ihrer Puppenspieler-Magie, einer der dunkelsten Magie-Arten, welche der Blutmagie zuzuordnen war, kontrollierte und die Soldaten gegen ihre eigenen Kameraden kämpfen ließ. Die Frauen hatten dies bemerkt und waren schreiend dichter an die Kathedrale heran gerückt. Doch sie konnten nicht fliehen, die Miliz hatte die Gassen versperrt, um die Dämonen daran zu hindern, auf den Marktplatz zu kommen und Frauen und Kinder ab zu schlachten. Doch nun bildeten diese Hindernisse das Ende derer, die sie eigentlich schützen sollten und Chiari hatte ein leichtes Spiel damit, jede einzelne von ihnen zu sich zu holen und sie zu beißen. Noch nie hatte sie so viel getrunken gehabt, wie an diesem Abend und noch nie hatte sie sich danach so mächtig gefühlt gehabt. Ihr war, als könne sie die ganze Kathedrale aus dem Boden reißen und sie aufs Schloss werfen. Ihre Macht schien grenzenlos zu sein und sie war sich sicher, dass sie mit dieser Macht Lord Serendair umbringen konnte und sich damit für alles rächen konnte, was dieser ihr angetan hatte. Sie wollte, dass er litt, dass er winselte, während sie ihn von seiner Männlichkeit befreite und ihn anschließend seine eigenen Eier verspeisen ließ. Erst danach würde er ihn töten und seinen Platz als Herrscherin annehmen…mit Ashido an ihrer Seite! Ob er wollte oder nicht! „Chiari…was hast du nur getan…?“ stotterte Ashido leise, angesichts der Grausamkeit, die in der jungen Vampirin gesteckt haben musste, dass sie skrupellos die Frauen abgeschlachtet hatte. Nur kurz wich sein Blick von ihr ab und zur Kathedrale, die aber noch fest verschlossen und unangetastet schien. Scheinbar hatte Chiari bislang nur die Frauen beißen und aussaugen können. „…Habe ich dir nicht beigebracht, dass es falsch ist, das Blut der Menschen zu trinken..?!“ fragte er weiterhin nach, denn Chiari grinste nur als Antwort und zeigte ihm dabei ihre spitzen Zähne. Die junge Frau stand ziemlich imposant da und schien sich darüber nur zu amüsieren. Es war stockfinster auf dem Marktplatz, kein Mond war am Himmel zu sehen. Das einzige Licht kam aus den Fenstern der Kathedrale und dem Feuer einiger Häuser neben dem Marktplatz, die der Drache in Flammen gesteckt hatte. Der Schein des Feuers spiegelte sich auf ihrer blassen Haut wieder und ließ sie gleich noch bösartiger wirken, als er es je erlebt hatte. „Chr Chr, dummer kleiner Ashido. Weißt du denn nicht, wie viel Macht man durch das Blut der Menschen erhält? Ich bin stärker, als jemals zuvor, stärker auch als du!“ erklärte sie ihm und kicherte dabei boshaft. Ihr Blick fixierte ihren Lehrer und schien ihn fast zu durchbohren, im nächsten Moment stand sie auch schon vor ihm und glitt mit seinen Fingern über sein Kinn und die markanten Züge seines Gesichtes. „Ashido, du bist die ganze Zeit im Irrtum gewesen. Das Blut der Menschen ist eine Gabe! Sie stärkt und kräftigt uns und lässt uns alles schaffen. Du bräuchtest nie wieder dich von Lord Serendair beeinflussen lassen oder vor ihm kriechen! Oder das hier..“ sprach sie und packte an den Arm, der durch die Drachenklaue aufgerissen war. Sofort keuchte er leise vor Schmerz auf und spürte, wie ihre Finger durch die Wunde glitten, die sich nur langsam schloss. „Das wäre nicht passiert, wenn du Menschenblut trinken würdest. Du hättest die Stadt retten können, die Dämonenarmee im Alleingang besiegen können! Doch dank dir werden nun jede Menge Frauen vergewaltigt und ihre Männer nur so zum Spaß gefoltert. Du hast der Stadt den Untergang beschert, Ashido, weil du zu Dumm bist, um das Blut der Menschen zu trinken!“ sprach sie weiter und für die letzten Worte hatte sie sich auf ihre Zehenspitzen gestellt und ihm die Worte ins Ohr geraunt. Sie merkte, dass der Vampir sie gerade packen wollte, und so war sie schon in der Nächsten Sekunde verschwunden und stand auf dem Dach des Brunnens, der mitten im Marktplatz war. „Khihi, nur nicht so stürmisch, mein Geliebter! So würde es doch keinen Spaß machen..~“ kicherte Chiari amüsiert und bewies damit, wie schnell sie nun wirklich war, denn er hatte sie nicht greifen können, obwohl sie so dicht bei ihm stand. Auf dem Dach stehend, führte sie langsam ihre Hände zu den Trägern des Kleides und strich sich diese sinnlich die Schultern hinab, bis ihre nackten und vollen Brüste darunter zum Vorschein kamen. Mit ihren blutverschmierten Fingern, die zuvor noch in seiner Wunde gesteckt hatten, glitt sie sich langsam über die weiblichen Rundungen und deutete dann auf drei Punkte unterhalb ihrer Brüste. „Hier haben mich eben erst drei Pfeile getroffen, weil sich eine Frau eine Waffe der Wachen geschnappt hatte. Drei Stück und es hat mich nicht aufgehalten. Ich hab die Pfeile herausgezogen und die Wunden schlossen sich sofort! Auch deine Wunde würde sich schließen, wenn du deinen Stolz ablegen würdest und endlich einen Schluck richtigen Blutes zu dir nehmen würdest, nicht nur das Blut von Ratten und anderem Ungeziefer! Komm, Ashido! Hol dir das Blut der Kinder in der Kirche und zusammen können wir dem Lord das Handwerk legen und die Stadt wieder aufbauen! Wir würden gemeinsam herrschen und dieses Land zu einem besseren Ort nur für uns zwei machen!“ sprach sie weiter und zog sich das Kleid wieder hoch, wartete nun erstmals auf eine Antwort von ihm. Er stand einfach nur da und blickte zu ihr auf und das erste, was sie von ihm hörte, war ein leises Seufzen. „Chiari, ich hatte gehofft, dass ich dir den richtigen Weg gezeigt hätte. Dass ich dir beigebracht hätte, nicht auf Kosten anderer deine Kräfte zu stärken, sondern deine Kräfte für etwas Gutes einzusetzen. Zum Schutz jener, die du hier und heute Abend getötet hast! Ich habe dir alles beigebracht, was ich wusste und was war die wichtigste Lektion? Nimm niemals das Blut eines Menschen! Chiari, was du da glaubst, zu spüren ist nichts weiter als die Macht einer Droge! Du wirst nicht mehr aufhören können, das Blut von Menschen zu trinken, bis du irgendwann nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden kannst und selbst diese beißen wirst, angetrieben von deiner Gier nach größerer Macht! Du glaubst ernsthaft, ich wüsste nicht, wie verlockend das Blut von Menschen ist? Oh doch, Chiari, das weiß ich! Ich werde niemals wieder das Blut eines Menschen in den Mund nehmen, ich bin dessen überdrüssig und beschütze lieber diese hochintelligenten Wesen und führe sie auf den richtigen Weg zurück! Auf einen Pfad, auf den auch ich dich vermutete, nachdem du mir damals das Leben gerettet hast. Aber ich sehe, ich habe mich geirrt. Du stehst da, wie ein Monster, in dem kein Funken Anstand zu finden ist! Und du willst den Lord besiegen? Was glaubst du, wer du bist? Du bist nichts weiter als ein kleines Kind, das zum ersten Mal einen Eimer Wasser statt eines Glases in der Hand hält und glaubt, damit gleich einen Großbrand löschen zu können!“ sprach nun Ashido und wurde dabei mit seiner Stimme immer lauter, um auch Chiari zu erreichen. Und scheinbar zeigten seine Worte Wirkung, denn die wunderschöne Vampirin blickte teils verwundert, teils verärgert drein und biss sich schließlich auf die Unterlippe. Konnte er sie also doch zum Umkehren bewegen und an ihre Vernunft appellieren? Doch im nächsten Moment war sie verschwunden und das nächste, was er spürte, war ihre Hand, die gegen seine Brust schlug und dabei verharrte. Für einen Moment schien die Zeit langsamer zu verlaufen und er sah, wie ihre Haare sich leicht vor seinem Gesicht fächerten, dann erfasste ihn die ganze Wucht ihres Schlages und er wurde zurück gerissen. Blitzschnell schoss er auf ein Haus zu und riss ein Loch in die Mauer, blieb in den Trümmern liegen und hustete erstaunt. Er hatte nie erlebt, das Chiari eine solche Wucht in ihren Schlag stecken konnte. Das war also das Ausmaß ihres Massakers und ihrer neuen Kraft. „Du weißt überhaupt nichts und denkst, ich sei noch immer ein Kind! Mach die Augen auf, Ashido! Ich bin kein Kind, ich bin eine erwachsene Frau und niemand mehr, den du belehren kannst!“ herrschte sie ihn an, denn just in der Sekunde, in der er realisierte, was sie getan hatte, erhob sie sich von einem Sessel in dem Haus, in welchem er sich nun befand und trat auf ihn zu. Sie war wirklich wahnsinnig schnell, das sie in der Millisekunde, in der sein Körper ein Loch in die Mauer riss, durch dieses hindurch schlüpfen konnte und sich hinsetzte, als wäre nie etwas gewesen. Und sie wirkte auch keineswegs erschöpft oder so, während er noch immer leicht nach Luft rang, auch wenn er sie zum Leben eigentlich nicht mehr brauchte. Das war einfach ein Reflex, der in jedem Lebewesen steckte. Noch ehe er reagieren konnte, hatte sie ihn am verletzten Arm gepackt und drückte seine Hand gegen ihre Brust. „Spürst du das? Das ist mein Busen, der Busen einer erwachsenen Frau, die weiß, was sie will und sich nicht mehr von dir bevormunden lässt! Du bist der einzige, der stets im Irrtum ist! Ich weiß alles besser als du, denn heute hast du echt alles verloren! Du bist gescheitert, als du die Stadt beschützen wolltest, hast möglicherweise einen blinden Drachen auf ein anderes Land losgelassen, hast deine Miliz verloren, deinen Status…und auch MICH!“ Ihr letztes Wort rief sie laut, als sie ihn am Arm herum riss und ihn wieder nach draußen auf den Marktplatz beförderte, wo sie ihn nur einen Moment später auffing, in den Boden vor sich rammte, dass sich die Pflastersteine verschoben, wenn sie nicht gar zertrümmert wurden und sie kurz darauf ihren nackten Fuß auf seinen Brustkorb stemmte. „Na, merkst du es nun? Ich bin stärker geworden! Weiblicher, erwachsener! Wie lange muss ich weiter machen, bis du das endlich akzeptierst?!?“ fragte sie ihn und holte kurz mit ihrem Bein aus, indem sie es anwinkelte und es nach unten sausen ließ, direkt auf seinen Brustkorb zu. Dieser Tritt würde ihm sämtliche Rippen brechen, doch Ashido reagierte und packte ihren Fuß am Gelenk, hielt diesen somit gerade so noch auf und blickte zu ihr hoch. Eine kleine Träne rann über seine Wange. „Du bist stärker, in der Tat. Aber um welchen Preis? Sieh dir all die Frauen an, die tot am Boden liegen! Was meinst du, wie viele Kinder in der Kathedrale du zu Waisen gemacht hast? Zu Waisenkinder, wie auch du eines warst! Du hast ihnen das selbe Schicksal eingebrockt, wie dir! Du hast Familien zerstört, das Lebensglück entrissen! UND WOFÜR?! Damit du nun behaupten kannst, stark und erwachsen zu sein?! SEI KEIN DUMMKOPF!!“ rief Ashido nun und im nächsten Moment war er es, der Chiari am Fußgelenk herum schleuderte und wegwarf. Sie fing sich zwar wieder, war aber selbst erstaunt über die Kraft, die Ashido aufbrachte, selbst jetzt wo er so verletzt und am Ende war. Sie verstand es nicht, begriff nicht, was ihn stärkte. Sie hatte all das Menschenblut in sich, nicht er. Und doch konnte er sie herum schleudern..? Und dann diese Träne, warum weinte er? Sie hatte ihn nur einmal weinen sehen und das war, als er sie nicht davor bewahren konnte, zum Herrscher gebracht zu werden. Doch warum jetzt? Etwa, weil er das Schicksal der Kinder so sehr bedauerte? Wieder biss sie sich auf die Lippe. „Du bist hier der Dummkopf, Ashido! Du denkst immer nur an andere und nie an dein eigenes Glück! Du hältst für alles den Kopf hin, verteidigst nur die Schwachen und behinderst dich selbst damit! Du könntest mich haben, aber du lehnst mich ab! Ich biete dir an, mein Prinz zu sein und an meiner Seite zu herrschen, doch auch das lehnst du ab! Selbst die Stärke und Macht durch das Blut der Menschen lehnst du ab! Warum Ashido, warum begreifst du nicht endlich, das jedes Wesen nur für sich selbst das Glück schmieden kann!“ fragte sie nun nach und es schien, als sei auch sie erschüttert durch sein Handeln, denn auch ihr rannen nun die Tränen über die Wangen. Sie begriff es einfach nicht. Ashido richtete sich nun wieder auf und keuchte leise, denn der Schmerz schoss nur noch stärker durch seine Glieder. Doch mit einem selbstsicheren Lächeln blickte er zu Chiari. „Solange du dies nicht begreifst, wirst du niemals erwachsen sein können und immer nur ein Kind bleiben, das sich zu den Kindern in der Kathedrale gesellen kann.“ Antwortete Ashido ihr daraufhin und blickte sie lächelnd an, wie einen nur ein Vater anlächeln konnte. Sanft und zugleich allwissend. Und sofort entfachte dieses Lächeln wieder die Wut in Chiari und sie biss sich die Unterlippe schon blutig, ehe sie zur Kathedrale sah und ihre Hand in diese Richtung ausstreckte. „So, wenn du meinst, dass ich das Leben dieser Kinder zerstört habe, wie damals meines zerstört wurde, dann wäre es doch nur sinnvoll, wenn ich ihnen dieses Leid erspare und dem Leben gleich ein Ende bereite! Das ist doch die Antwort, die du dir wünschst, nicht wahr? Um Leben zu retten, muss man andere vernichten und Opfer bringen! Und wahre Macht hat derjenige, der entscheidet, wer Leben darf und wer nicht!“ sprach sie recht gefasst, aber dabei fast schon emotionslos klingend, ehe sie in einer dunklen, alten Sprache zu sprechen begann. Schon immer hatte die schwarze Magie ihre Faszination auf sie ausgeübt und sie hatte diese trainiert, wann immer sie konnte, bis sie ihre Kraft sogar in einer Kugel manifestieren konnte, die so groß war, wie ein Ball, pechschwarz und mit zuckenden, violetten Blitzen darum. Doch was sie nun zustande brachte, ließ selbst Ashido die Augen weiten. Wollte sie wirklich die Kathedrale und alle Kinder samt Mönche und Nonnen auf einmal vernichten? So sah es zumindest aus, denn die magische Energie, die sie zu einer Kugel formte, war gewaltiger als alles, was sie bislang vollbracht hatte. Sie konnte die Hand nicht mehr vor sich in Richtung der Kathedrale halten, ohne dass sie damit den Boden zerstören würde und die Kugel dadurch detonieren konnte. Stattdessen hielt sie ihre Hand nun hoch und die Kugel nahm immer weiter an Größe zu. Selbst vom Schloss aus würde man das dunkle Ding mit den zuckenden Blitzen erkennen können, das allmählich den Durchmesser des ganzen Marktplatzes annahm. Mit einer solchen Kugel würde sie die halbe Stadt vernichten können! „Chiari, halte ein! Du kannst doch nicht solch eine Kugel..!“ begann er, doch sie achtete nicht mehr auf seine Worte. Mit einem leichten Handschwung aus dem Handgelenk heraus deutete sie in Richtung der Kathedrale und die gewaltige Kugel setzte sich in Bewegung. Ashido glaubte seinen Augen nicht zu trauen, denn sie war wirklich bereit, den Kindern das Leben auszuhauchen. Und so zögerte er keine Sekunde, sondern rannte zur Kathedrale, um die Kugel aufzuhalten. Die Kugel aus schwarzer Magie explodierte mit einem Ohrenbetäubenden Lärm, als sie auftraf und erzeugte dabei eine solch starke Druckwelle, das viele Scheiben zu Bruch ging. Der Boden riss auf und die Pflastersteine schossen durch die Luft. Die Leichen der Frauen wurden allesamt weggerissen und die Gebäude um den Marktplatz herum rissen ein. Der Staub wirbelte durch die Gassen und drückte selbst einige Dämonen hinfort, auch wenn sie weit abseits des Geschehens waren. Chiari selbst war etwas in Deckung gegangen und wich nun den heran fliegenden Steinen aus. Der Luftdruck war so stark, dass sogar die Türme des Schlosses leicht ins wanken gerieten. Sämtliche Bäume der Stadt verloren all ihre Blätter mit nur einem Mal und wurden teilweise entwurzelt. Ein gewaltiger Krater hatte sich auf dem ehemaligen Marktplatz gebildet, der Brunnen war nicht mehr zu erkennen und eine dicke Schicht aus Staub und Sand lag in der Luft, verwehrte den Blick auf die Katastrophe. Nur langsam legte sich dieser wieder und Chiari kam aus ihrem Versteck hervor, strich sich die Haare kurz frei vom Staub und hustete etwas. Sie selbst hatte nicht damit gerechnet, dass sie eine solche Kraft freisetzen konnte. Einen Moment lang blickte sie erschrocken um sich und sah, wie die Ruinen der ehemaligen Gebäude bröckelnd in sich zusammen fielen. Das hatte sie eben erreicht? War sie wirklich so stark? Doch diese Erkenntnis ließ sie sogleich wieder grinsen. Ja, das war ihre Stärke, die Stärke der Vampirprinzessin Chiari, die damit schon bald die ganze Welt beherrschen würde! Suchend blickte sie sich nach Ashido um, damit sie ihm ihren Hohn ins Gesicht lachen konnte. Doch er war nirgends zu sehen. Langsam schloss sie die Augen, um heraus zu finden, wo sich seine Aura befand, da auch er scheinbar weg geschleudert wurde. Doch dann riss sie die Augen auf und trat aus Reflex zwei Schritte zurück, ehe sie zur Kathedrale sah. Denn mit einem Mal wurde der Staub von dieser weg gepustet und die freie Sicht darauf wiederhergestellt. Abgesehen von zerbrochenen Glasscheiben war das alte Gebäude unversehrt geblieben und eine Spur aus erhaltener Landschaft zog sich kegelförmig bis zum Vampir, der an der Spitze dieses Kegels stand und seine Arme weit ausgebreitet hielt. Seine Kleidung war mehr als zerfetzt und nur noch Lumpen bedeckten das nötigste von seinem Körper. Seine Haut war an vielen Orten verbrannt und qualmte noch immer, blitze zuckten durch seinen Leib und sein Blick war zu Boden gerichtet, als sei er kurz davor, umzukippen. Doch seine Aura verriet etwas anderes, denn diese war es, die den Staub wegdrückte und immer weiter anstieg. Mit weit aufgerissenen Augen blickte Chiari zu ihren Meister, der immer stärker zu werden schien und nun selbst aufsah, wobei seine Augen smaragdgrün leuchteten und deutlich zu erkennen waren. „Wie…? Das kann nicht…Wieso..?“ fragte die Vampirin stotternd nach, denn Ashido konnte sich doch nicht in diesen gewaltigen Angriff hinein geworfen haben und dies so verletzt, wie er war, überlebt haben, geschweige denn noch stärker werden, als er es eben war. „Chiari, du weißt es nicht, aber ich bin der glücklichste Vampir der Welt! Du sagtest, das wahre Macht sei, selbst entscheiden zu können, wer lebt und wer stirbt. Aber du irrst dich! Wahre Macht liegt darin, alle am Leben zu lassen und beschützen zu wollen, selbst wenn es das eigene Leben beenden sollte! Aus diesem Empfinden und aus der Dankbarkeit all jener, die ich auf diese Weise rette, beziehe ich meine Kraft!“ sprach Ashido seine Antwort auf die Frage vorhin aus, die Chiari selbst nicht begriffen hatte. Und langsam senkte er seine Arme hinab, ehe er in die Überreste seiner Hosentasche griff und eine kleine Phiole voll mit roter Flüssigkeit zog, die dickflüssig herum schwenkte. „Ich habe dir immer alle Freiheiten gelassen und dich nie bestraft, wenn du etwas falsches tust. Ich dachte immer, du hättest in deinem Leben eh schon mehr als genug, was du durch machst, da brauche ich dich nicht noch mehr zu strafen. Und bis jetzt warst du immer einsichtig. Aber ich merke, dein Streben nach Macht hat dich verdorben und du bist sogar bereit, Kinder umzubringen. Es wird Zeit, dass ich dir das erste Mal deine Grenzen aufzeige und dich für deine Taten bestrafe!“ sprach Ashido leise und öffnete die Phiole, ehe er die rote Flüssigkeit hochhielt. „Das hier ist das Blut des Ungeziefers, wie du es nennst. Rattenblut, nichts weiter. Doch es ist verdickt und hochkonzentriert. Letztlich bleibt es aber das Blut, das es ist. Und du sagst doch, nur Menschenblut verleihe einem Kraft? Es wird Zeit, dich über deinen Irrtum aufzuklären!“ sprach Ashido weiter zur erstaunten Vampirin, die das alles noch immer nicht zu glauben schien und er führte die Phiole an seine Lippen, trank den winzigen Schluck des dickflüssigen Blutes und warf das Glas dann zur Seite weg. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann entfaltete sich die Wirkung. Und zum ersten Mal erlebte Chiari eine Angst, die sie bis heute nicht vergessen konnte. Ashidos Wunden schlossen sich blitzschnell, wie bei ihr, als sie das Menschenblut in sich spürte. Doch nicht nur das, mit lautem Knacken regenerierten sich auch die vielen Knochenbrüche in seinem Körper. Er war ein Alchemist und hatte lange geforscht, um aus dem Blut von Kleintieren eine mächtige Mischung zu machen. Und der Erfolg gab ihm recht, denn seine Kraft schien unermesslich groß zu sein. Das war er, Ashido der Vampir, der er eigentlich war. Nichts erinnerte mehr an den freundlichen, bunten Vampir, wenn man in der Lage war, seine Stärke zu spüren. Chiari betrachtete den muskulösen Mann mit den leuchtenden Augen nach wie vor mit weit aufgerissenen Augen und trat nun gleich vier Schritte zurück, um noch mehr Abstand zu ihm zu gewinnen. Ihr ganzer Körper zitterte und jede Zelle in ihrem Körper sagte ihr, dass sie fliehen musste, und zwar sofort. Selbst Lord Serendair spürte die Kraft in seinem Schloss und hielt darin inne, sich über ein Mädchen her zu machen, erschauderte leicht und blickte ungläubig zum Fenster in die Richtung, aus der die Kraft kam. Sie überstieg die, welche er zuvor gespürt hatte, um ein Vielfaches und würde man ihm sagen, es sei Ashidos Kraft, die er da spürte, dann würde er dies niemals glauben können. Doch genauso war es und tief atmete dieser ein und wieder aus, ehe er mit ernster Miene zur wunderschönen Chiari sah. „G-Glaubst du etwa, das beeindruckt mich?! Ich bin nach wie vor stärker als du..!“ begann diese nun zu prahlen und versuchte, nach außen hin stark und unbeeindruckt zu wirken, auch wenn sie sich fühlte, als würde sie jeden Moment in die Hose machen. „Auch wenn du nun so stark bist, kenne ich deinen Schwachpunkt! Glaubst du wirklich, du warst schnell genug, bevor ich in der Kathedrale war? Irrtum, ich habe noch ein Ass im Ärmel! Ich kenne deine Schwächen, Ashido! Du wirst mit deiner Kraft nichts gegen mich unternehmen können!“ rief Chiari nun lauter, damit zum einen er sie hören konnte, zum anderen aber, damit sie sich selbst Mut zurief. Und für einen Moment blickte Ashido etwas überraschter drein. Hatte sie etwa wirklich die Kinder getötet? Doch die Tür der Kathedrale schlug auf und lieferte die Antwort. Eine Menge Kinder liefen heraus und sie wirkten keineswegs tot, sondern quicklebendig. Und so war es auch, Chiari hatte sie nicht getötet. Dennoch umringten sie den starken Vampir und hielten ihn fest. Ihre Augen wirkten leer, als sie zu ihn aufblickten und als Ashido von ihnen aufsah und zu Chiari blickte, erkannte er ihre Fingerhaltung. Sie kontrollierte die Kinder also, weil sie nicht wollte, dass er angriff? Würde er sie nun angreifen, dann würden auch Kinder darunter leiden und das konnte er nicht riskieren. Doch Ashido blieb ruhig, spannte ganz leicht die Muskeln an und erzeugte damit eine Druckwelle, die die Kinder stolpern ließ und auf ihre kleinen Hintern fallen ließ. Und im nächsten Moment stand Ashido auch schon vor Chiari, in etwa der gleichen Geschwindigkeit, mit der auch sie sich bewegt hatte. Instinktiv riss Chiari die Augen auf und sprang sofort ebenso schnell zurück, ehe sie mit dem Rücken gegen seine Brust prallte, denn er stand hinter ihr und war scheinbar sogar schneller als sie. Sie erschrak deutlich, konnte die Kinder gar nicht so schnell zu sich holen, dass sie ein Hindernis für Ashido darstellten. Also sprang sie wieder reflexartig nach vorne, dieses Mal mitten in die Gruppe aus Kindern hinein, die sie um sich scharrte, damit Ashido ihr nichts anhaben konnte. Doch wieder war er hinter ihr, als wäre er wirklich schneller gewesen und sie hörte sein tiefes Seufzen, das sie erschaudern ließ, ehe sie ihre Augen zusammenkniff, als er sie an ihren blonden Zöpfen hochzog und drehte. Sie öffnete ihre Augen wieder und zappelte leicht. „Lass mich los! Wie kannst du schneller sein als ich? Das geht doch nicht!“ knurrte sie und zappelte stärker, sah dabei leicht panisch wirkend in die leuchtenden grünen Augen des Vampirs, der kaum eine Mühe mit ihr hatte. Und dann erschallte ein Knallen, fast ebenso laut wie die Explosion der Kugel von vorhin. Doch dieses Mal war es Ashidos Hand gewesen, die Chiaris Wange getroffen hatte und ihr damit eine deftige Ohrfeige verpasst hatte. Ihr Gesicht war zur Seite gerissen und jedes Zappeln erstarb. Auch ihre Magie ließ nach und die Kinder kamen wieder zu sich, fragten sich, wo sie waren und erschraken, als sie das Bild des zerstörten Marktplatzes erkannten und auch, wie der Vampir Chiari an den Haaren noch immer hoch hielt. „Es ist vorbei, Chiari. Du hast genug angerichtet. Nun lass ab von deiner Eitelkeit und deiner Überheblichkeit. Ich war nie schneller als du, aber ich bin dein Lehrer und ich kenne dich am besten. Wärst du stehen geblieben, hättest du entkommen können, doch ich bin immer eine exakte Sekunde vor dir los gerannt und dachte mir, wo du als nächstes hin springen würdest. Du hast keine Chance gegen mich, also hör auf und beginne, über deinen Fehler nachzudenken!“ erklärte Ashido ihr und seufzte erneut, ehe er sie vorsichtig zu Boden ließ und seine Augen ihre normale Farbe annahmen. Ein letztes Mal blickte Chiari zu ihm und Tränen rannen ihr über die Wange, ehe sie auf ihre Knie sank und ihre Hände vor ihr Gesicht legte. Und während Ashido nun ihr den Rücken kehrte, begann sie laut zu weinen, wie er es noch nie von ihr erlebt hatte. Scheinbar tat ihr der Schmerz, von ihm zurechtgewiesen worden zu sein und eine Ohrfeige kassiert zu haben, mehr weh, als die Ohrfeige an sich, auch wenn sich Ashido dieses Mal nicht zurückgehalten hatte. Doch er blieb konsequent und ging einfach vom zerstörten Marktplatz weg. Chiari blieb alleine zurück und das einzige, was da war, um ihr Trost zu spenden, waren die Kinder um sie herum, die ihr weinen hörten und allesamt ihre kleinen Hände an sie legten und sie schließlich umarmten, dabei sagten, dass sie nicht weiter zu weinen brauche. Dies tat gleich doppelt so weh, doch Chiari begriff nun zum ersten Mal, was die Reinheit der Menschen ausmachte. Und zumindest jetzt war es zuviel für sie. Sie wollte nicht von den Kindern getröstet werden, welche sie zuvor benutzt hatte und sogar töten wollte. Nein, das verletzte sie gleich noch umso mehr und so stand sie wieder auf, schob die Kinder wortlos beiseite und machte sich auf den Weg nach Süden. Sie hatte kein Zuhause mehr, denn auch wenn der Lord sie mit offenen Armen empfangen würde, so wollte sie nicht weiter mit ansehen, wie er sich sabbernd über sie her machte. Zu Ashido konnte sie nicht zurück, sie wollte ihm nicht unter die Augen treten, nie wieder! Und so verließ sie die Stadt und lief nur noch nach Süden, immer weiter und weiter und ward bis zum heutigen Tage nicht wieder gesehen. Ashido selbst ging durch die Trümmer der Stadt und erkannte den Helm seines Hauptmannes Alfred, der im Staub lag. Es hatte ihn also auch erwischt und sicher war es Chiari, die ihn umgebracht hatte. Die Stadt lag in Trümmern, der Drache hatte sein Werk vollbracht und noch immer ertönte das Wimmern und Keuchen der Besiegten und das Weinen der Verlierer. Dieser Tag war ein dunkler Tag in der Geschichte dieses Landes und Ashido wusste, dass es zum Teil seine Schuld war, dass er nicht vorher sich darum gekümmert hatte. Er war aus der Stadt verbannt und würde dies auch ernst nehmen. Doch zuvor lief er zu seinem Haus und betrat dieses, wusch sich und zog sich neue Kleidung an, ein orangefarbendes Hemd und eine blaue Jeans, dazu Sandalen. Es würde das letzte Mal für eine lange Zeit sein, dass er dieses Haus betrat und schweigend fiel sein Blick auf die Puppe, die vor dem offenen Kamin stand. Er hob sie auf und betrachtete sie still für sich. Dann nahm er sie mit hoch in ihr Zimmer und legte sie vorsichtig auf ihr Bett. Bei diesem Anblick rann ihn erneut eine Träne über die Wange, denn er hatte seine Chiari verloren, die ihm eine Tochter gewesen war, seit er sie aufgenommen hatte. Niemand sollte jemals wieder dieses Haus betreten, daher schloss er jeden Raum einzeln ab und versiegelte jeden auf magische Weise. Aus seinem Arbeitszimmer nahm er sich das nötigste, was er brauchte, um einen neuen Trank zu kreieren. Denn er wusste, auch wenn Chiari nun abgehauen war und sicher eine ganze Weile nicht wieder kam, so saß der Hass auf Lord Serendair zu tief in ihr, sodass sie irgendwann von ihrer Rache getrieben zu ihm zurück kehren würde. Und bis dahin musste er vorbereitet sein. Nein, nicht wieder mit einem Trank aus konzentriertem Blut, um sich zu stärken. Er würde nicht noch einmal zulassen, dass sich ein solches Massaker wie an diesem Abend wiederholte. Er würde etwas anderes brauen, sollte Chiari wirklich so naiv sein und wiederkehren, ohne etwas dazu gelernt zu haben. Und dieser Trank würde für sie schlimmer sein, als für jedes andere Wesen auf der Welt. So verließ er sein Haus und versiegelte es gleich doppelt und dreifach, dass nur er sich wieder Zugang verschaffen konnte. Er würde sich ein leeres Bauernhaus suchen und dort unterkommen, bis der Tag gekommen war, an dem Chiari wieder kehrte. Er wusste nicht, wie lange dies dauern mochte, doch gerade er hatte alle Zeit der Welt. Das einzige, was er wusste war, dass seine kleine Prinzessin auf jeden Fall zurückkehren würde. Und er würde ihre Antwort abwarten, bevor er etwas unternahm. Diese Antwort würde über ihr weiteres Schicksal und ihr weiteres Leben entscheiden. Diese Antwort hatte Ashido von ihr vor zehn Tagen erhalten, als sie wieder zurückgekehrt war, um zu beenden, was sie begonnen hatte. Und leider war ihre Antwort die falsche gewesen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)