My Beloved Target von Night_Baroness (Gin&Rye-FBI VS. Black Organization) ================================================================================ Kapitel 20: Breath ------------------ „Ein ehemaliges Polizeipräsidium, wie passend.“ Gin spuckte seine Zigarette auf den hellgrauen Steinboden. Das Gebäude stand völlig frei, lediglich von einer gelben Absperrung umgeben, da es demnächst abgerissen werden sollte. Der perfekte Ort also, um diesen Narren ihr Requiem zu spielen. „Was für eine Ironie.“ Rye trat neben ihn und sprach das aus, was er gerade gedacht hatte. „Das ehemalige Polizeihauptquartier zum Grab der amerikanischen Staatspolizei zu machen.“ Gin beobachtete Rye aufmerksam. Wenn er wirklich ein N.O.C. war, dann musste er jetzt handeln, sonst würde die gesamte Japanmission des FBI scheitern. So wichtig seine Position in der Organisation für das FBI auch war, dass würden sie nicht riskieren. Das würde niemand riskieren. Also Rye? Was wirst du jetzt tun? Wirst du deine Identität offenbaren und mich herausfordern oder wirst du dich feige davonschleichen wie ein räudiger Köter? „Worauf wartest du?“ Rye stand bereits vor der Tür und schnitt die Eisenkette, die sie sicherte mit einer Stahlschere durch. Vor ihnen öffnete sich der finstere Eingangsbereich wie ein gähnendes Maul. Bedrohlich. Gins sechster Sinn für Gefahr schlug Alarm. Er konnte nicht sagen was es war, doch irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. „Ich werde zur Sicherheit noch einmal den Boss kontaktieren…“ „Wieso?“ Rye schenkte ihm ein herausforderndes Lächeln. „Hast du Angst?“ Für diese Bemerkung hätte Gin ihm am liebsten die Zunge rausgerissen. Er konnte sich gerade noch so beherrschen. „Nein. Ich bin nur vorsichtig, wie du weißt.“ Rye nickte. „Lass uns erst einmal den Raum inspizieren, in dem die Agenten sich einfinden sollen.“ Sie stiegen rasch die steilen Treppen hinauf, da die Aufzüge außer Betrieb waren, bis sie schließlich den dritten Stock erreichten. Hier befand sich ein großer Verhörraum, der für ihren Zweck ideal geeignet war. Alle Agenten würden problemlos reinpassen und nie wieder rauskommen. Kurz bevor er den Raum betreten konnte, hielt Rye ihn jedoch auf. „Warte.“ Gin blickte ihn irritiert an. „Was?“ „Versprich mir, dass du mir vertrauen wirst, wenn diese Mission erfolgreich verläuft.“ Rye wirkte ehrlich und offen, während er das sagte. Es schien, als würde ihm wirklich etwas daran liegen, sein Vertrauen zu gewinnen. Gin hatte lange überlegt, was Rye tun musste, um seine Zweifel zu zerstreuen. Natürlich gab es wohl keinen besseren Beweis für Loyalität als den Mord an zahlreichen FBI Agenten, bei denen es sich um seine Kollegen handeln könnte, dennoch hielt Gin etwas davon ab dieses Versprechen zu geben, etwas, das er nicht definieren konnte. „Wir werden niemals zusammenarbeiten können.“ In seinem Blick lagen, zumindest oberflächlich, Trauer und Resignation. „Es sei denn, du beginnst mir zu vertrauen. Sonst können wir niemals etwas erreichen, weil wir uns einfach nicht aufeinander verlassen können.“ Gin drehte sich von ihm weg, um das Zimmer endlich zu betreten-Sie konnten ja später noch reden-doch Rye ergriff seinen Arm und hielt ihn fest. „Wir haben uns doch neulich in Shuka toll ergänzt. Wenn du nicht so stur wärst, könnten wir für die Organisation ein perfektes Spiel spielen und wenn du ehrlich bist, dann weißt du das auch.“ Was bildete dieser Typ sich eigentlich ein? Andererseits hatte er natürlich Recht. Sie waren sowohl erfahren, als auch clever. Ein Team, das das FBI zweifellos fürchten würde. Ein unschlagbares Team. „Von mir aus.“ Sie betraten den Verhörraum ungefähr gleichzeitig, nur um eine Sekunde später darin eingesperrt zu werden. Wie vom Donner gerührt blickte Gin auf die Tür, die sich wie von Zauberhand schloss. „Wie ist das möglich? Der Strom war doch abgeschaltet!“ „Tja, anscheinend nicht.“ Rye ging zur Tür, um diese zu untersuchen. „Da war eine Lichtschranke eingebaut. Als wir die Tür passiert haben, hat sie sich automatisch geschlossen.“ Was das bedeutete, musste er nicht extra erklären. Gin wusste es nur zu gut. Die Agenten hatten sie überrumpelt. Sie hatten irgendwie den Plan herausgefunden, bevor Fox sie kontaktiert hatte und den Raum vorbereitet. Als Todesfalle für sie. Nicht die Agenten waren es, die hier ihr Ende finden würden, sondern sie. Gin griff nach seinem Handy und blickte auf den Display. Kein Netz. Natürlich. „Anscheinend haben sie hier in der Nähe einen starken Magneten aufgestellt, der das Handynetz unterbindet. Sie haben echt an alles gedacht.“ „Ja, das haben sie.“ Gin musterte ihn eiskalt. „Aber unser Maulwurf sicher auch.“ Rye sah ihn stirnrunzelnd an. „Du denkst, ich habe sie informiert?“ Er schüttelte den Kopf. „Wohl kaum. Du wurdest erst kurz vor dem Gespräch mit Fox über den Treffpunkt informiert. Es wäre viel zu kurzfristig für die Agenten gewesen, dann noch alles zu planen. Es muss jemand gewesen sein, der von Anfang an in den Plan involviert gewesen ist. Das grenzt den Kreis der Verdächtigen auf mich, Vermouth, Kir und Calvados ein, da du und Metaxa zu dieser Zeit Fox bewacht haben und deshalb nichts vom neuen Plan mitbekommen haben.“ Rye seufzte. „Eine ziemliche große Erleichterung mal nicht auf deiner Abschussliste zu stehen. Trotzdem denke ich, falls ich diese Schlussfolgerung aufgestellt hätte, hättest du sie trotz ihrer Logik sofort angezweifelt.“ „Sei nicht albern.“ Fast ärgerte sich Gin, dass er Rye Unrecht getan hatte. Es passte ihm gar nicht, dass der N.O.C. scheinbar jemand Anderes war. Er konnte sich sonst immer auf sein Gefühl verlassen, dass es ihn diesmal getrübt hatte, versetzte ihn in Unbehagen. Sich selbst und Vermouth schloss er als Verdächtige aus, blieben also noch Kir und Calvados. Einer von beiden war hundertprozentig die miese Ratte, die sie überhaupt erst in diesen Schlamassel gebracht hatte. „Kir oder Calvados.“ Rye war anscheinend zu demselben Schluss gelangt. „Ja. Nur dummerweise nützt uns diese Information jetzt nichts mehr. Wahrscheinlich hatten sie es von Anfang an genauso geplant. Wir können hier weder raus, noch jemanden warnen, dass einer der beiden ein Verräter ist. Sie werden sicher bald hier auftauchen, um uns einzusammeln und zu befragen. Vermutlich wird der Verräter sie begleiten und vor der restlichen Organisation seinen Tod vortäuschen, damit niemand weiß, dass er mit dem FBI zusammengearbeitet hat.“ Rye lehnte sich mit einem Seufzer gegen die Wand. „Sieht übel aus für uns.“ Nicht nur übel, sondern sogar katastrophal. Aussichtslos. Gin lächelte. Was für ein dummer Fehler. Schon wieder. Aber diesmal gab es keine Scharfschützen, keine Gewehrkugeln, die den Feind wie Botschaften eines dunklen Gottes durchbohrten. Diesmal gab es nur ihn und Rye. Ihr gemeinsames Schicksal. Mit einem Klicken entsicherte er seine Waffe. Rye sah ihn schockiert an. „Was hast du vor?“ „Was wohl?“ Gin hob die Waffe und richtete sie auf seinen Kopf. „Denkst du, ich lasse mich von ihnen verhaften und über die Organisation befragen? Alles, was sie hier finden werden, wird meine Leiche sein.“ Er legte seinen Finger auf den Abzug und atmete tief durch. Das war’s also. Er drückte nicht ab. Ryes Hand hatte sich auf den Lauf der Pistole gelegt, sodass Gin zögerte zu schießen. „Was soll das?“ Knurrte Gin ärgerlich. Er wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen und hatte wirklich keine Lust mit Rye darüber zu diskutieren. „Lass den Unsinn.“ Ryes Gesicht befand sich direkt vor seinem. Seine grünen Augen spiegelten die seinen wieder. Obwohl sie in diesem Moment völlig unterschiedlich empfanden, waren ihre Augen doch völlig gleich. Aus irgendeinem Grund faszinierte Gin dieser Gedanke. „Noch gibt es Möglichkeiten. Wir können sie überwältigen, wenn sie versuchen uns hier rauszuholen, oder unterwegs entkommen…“ „Auf welchem Planeten lebst du eigentlich?“ Der Zorn ließ die Lautstärke seiner Stimme bedrohlich ansteigen. „Der N.O.C. hat sie sicher über alles informiert. Sie sind darauf vorbereitet, dass wir uns ihnen stellen werden. Sie werden uns sicher gebührend empfangen. Sie es doch einfach ein, es ist zu spät.“ Einen Moment lang sahen sie sich beide einfach nur an, unfähig etwas zu sagen. Dann wurde alles rot. Rot wie Blut. Die Farbe explodierender Flammen, die mit einem lauten Knall ihre gesamte Wirklichkeit erfüllten und sie alles vergessen ließen. „Was zur Hölle?“ Rye erhob sich mühsam, während er keuchend versuchte Luft in seine Lunge mit Luft zu füllen. Der Raum existierte zum größten Teil noch, lediglich die Wand mit der Tür, vor der Gin gestanden hatte, war eingerissen. Das Bild, das sich dahinter bot, war erschreckend. Das gesamte Gebäude war nur noch ein brennendes Skelett, das jeden Moment in sich zusammenfallen konnte. Sie mussten hier raus und zwar sofort. Bevor das Haus einstürzte und sie unter sich begrub. „Gin?“ Rye sah sich nach seinem Partner um. Gin war ein wenig von der Tür weggeschleudert worden und lag deshalb einige Meter entfernt im inneren des Raumes. Sein Mantel war verkohlt und aufgerissen, ebenso wie sein Pullover. Die Haut, die darunter zum Vorschein kam, war übersät mit blutenden, tiefschwarzen Brandwunden. Entsetzt stellte Rye fest, dass ein Stahlsplitter, der sich aus der zerfetzten Tür gelöst hatte, in seiner Seite steckte und ihn halb durchbohrte. Es war ein furchtbarer Anblick. Schnell rannte Rye zu ihm hinüber und fühlte seinen Puls. Stille. Poch. Erleichtert atmete er auf. Gin lebte. Sein Puls war schwach, aber lebte. Er wusste nicht einmal warum es ihn so erleichterte, aber das spielte keine Rolle. Er war am Leben und seltsamerweise war das alles, was in diesem Moment für ihn zählte. „Wach auf.“ Er rüttelte behutsam an Gins Oberkörper. „Wir müssen hier raus, bevor alles zusammenfällt, wie ein verdammtes Kartenhaus.“ Er musste einfach aufwachen. Er war selbst verletzt und konnte unmöglich einen Bewusstlosen schleppen. Er brauchte seine Kooperation. „Gin!“ Er ließ eine Ohrfeige auf seine Wange klatschen, doch nichts rührte sich. „Wach auf! Ich weiß, dass du noch lebst.“ Keine Reaktion. Wie konnte er ihn nur dazu kriegen sich zu rühren? Wie konnte er ihn wecken? Und der Prinz blickte in das Gesicht der jungen Frau, die dort friedlich schlafend auf ihrem königlichen Bette lag. Das wunderschöne Dornröschen, umgeben von roten Rosen zum hundertjährigen Schlaf verdammt…Wieso fiel ihm gerade jetzt dieses alte Märchen ein? „Wusstest du, dass starke Emotionen sogar Komapatienten aufwecken können? Manche erwachen dann, wenn ein geliebter Mensch sich ihnen nähert, weil sie einfach spüren, dass er da ist, wunderschön, oder?“, erinnerte er sich an Akemis Worte. Gin lag da in seinem roten Blut, das lange, silberne Haar wie einen Schleier, auf dem er gebettet lag. Versuch es, dachte er. Was hast du schon zu verlieren? Nichts, was nicht jetzt schon verloren wäre. Er beugte sich zu ihm hinunter und lehnte sich über ihn, die Hände links und rechts von seinem Kopf abstützend. Wenige Zentimeter befanden sich nun zwischen ihren Gesichtern. Und der Prinz sah ihre kirschroten Lippen, die wie die eines Engels anmuteten und schloss sie sofort ein in sein tollkühnes Herz und seine Leidenschaft, ohne zu wissen, dass seine Magie den Bann der Hexe brechen würde. Ihre Lippen berührten sich in einem zarten Kuss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)