Wodka & Coffee von CrazyGirly ================================================================================ Kapitel 12: Love me,or leave me! -------------------------------- → Suzie Hatcher Nach den Ferien, die das Gleichgewicht unserer Freundschaften wieder grob hergestellt hatten, verlief der erste Schultag beklemmt. Man fand sich im Gedränge wieder und erblickte sogar vereinzelt neue Gesichter. Jessy gab sich Mühe, normal mit James umzugehen, wobei man bemerkte, dass sie sich nur sehr skeptisch wieder an ihn herantastete. James verhielt sich mir gegenüber wie in den Ferien auch. Offen, freundlich und zufrieden. Und auch die Tatsache, dass Jessy ihn nicht mehr zu verabscheuen schien, freute ihn sichtlich. Wir hatten uns darauf geeinigt, uns gemeinsam für die wenigen freien Minuten der Pause auf den Pausenhof zu verziehen, da im Gebäude die pure Hektik herrschte. Matt hatte sich auf dem Weg nach draußen an meine Seite gesellt und mich grinsend gemustert. Heute morgen in den ersten beiden Stunden war er mir schon begegnet, doch erst jetzt rückte er mit der Sprache raus, da er sich unbeobachtet fühlte: „Habt ihr euch endlich geeinigt?“, wollte er wissen und nickte unauffällig zu James hinüber, der gerade mit Zac sprach, einem guten Freund von ihm, der ebenfalls in meiner Klasse gelandet war. „Geeinigt?“, hakte ich nach, doch konnte ich mir denken, was er meinte. Das ewige Hin und Her war wohl kaum jemandem entgangen, der James und mich auch nur ein kleines bisschen kannte. „Darauf, dass ihr es doch probiert.“, als er auf eine Beziehung zu sprechen kam, musste ich lachen und schüttelte den Kopf: „Wir sind nicht zusammen.“, Doch was waren wir eigentlich? Freunde...? Wohl kaum, dazu war zu viel passiert...außerdem merkte man anscheinend, dass etwas zwischen uns in der Luft lag, da ich heute Morgen schon einmal von Tia darauf angesprochen wurde. James hatte mich morgens nämlich abgefangen und zu meinem Klassenraum begleitet. Kurz zu ihm hinüber gesehen, bemerkte ich, dass auch er mich angeschaut hatte und schob die Gedanken seufzend zur Seite - mir persönlich hatte vor kurzem eine Beziehung noch widersprochen, doch wenn ich ihn so anschaute und mich dazu zwang, ehrlich zu mir zu sein, kam ich mittlerweile zu dem Entschluss, dass es mir gefallen würde, wenn es nun doch drauf hinauslief. Ich meine...was würde sich schon großartig ändern? Nichts. Wir gingen jetzt schon vertrauter miteinander um, als manches Pärchen. Und Jessy pflegte zu sagen, dass unsere Freundschaft wohl eine der erotischsten war, die sie kannte...immerhin enden nicht täglich zwei gute Freunde nachts auf einem umfunktionierten Billardtisch und kamen sich gefährlich nah. Doch über diese freche Aussage schwieg ich jedes Mal, wenn Jessy sie brachte. Matt hatte meine Antwort einfach hingenommen und die Lust daran verloren, mich auszufragen, also gesellte er sich zu Jessy und Ted, die gerade lautstark diskutierten, da Ted sie wohl mal wieder aufgezogen hatte. Ich hingegen drängelte mich zu James und Zac. Es dauerte nicht lange, da gesellte sich ein weiter Freund von James zu uns den ich jedoch nicht besonders gut kannte - Lou. Auch Jamie ließ nicht mehr lange auf sich warten und somit waren wir wieder komplett. Als sich eine kurze Pause in das Gespräch der Jungs legte, schenkte James mir ein herzliches Lächeln und warf seinen Arm sacht um meine Schultern, während sie sich weiter unterhielten und ich mich mit meinem Handy beschäftigte - Seth wollte mich nach der Schule sehen. Wahrscheinlich war er neugierig, was es Neues zu erzählen gab. Gesagt, getan. Der Rest des Vormittags verlief locker und unerwartet angenehm. Tia saß in den letzten beiden Stunden neben mir und malte gelangweilt auf ihrem Block herum. Ich beobachtete ihr Gekritzel und verspürte den inneren Drang für etwas Unterhaltung zu sorgen: „Tia...? Wir sprechen so viel über mich. Wie steht’s bei dir mit den Kerlen?“, wollte ich grinsend wissen und schien sie an der Angel zu haben. Sie hatte aufgeblickt und den Stift sinken gelassen. „Huh? Also...eigentlich ist niemand in Sicht. Ich bin schon eine ganze Weile wieder auf dem Markt.“, die lässige und doch irgendwie verlegen wirkende Art mit der sie sprach, brachte mich zum lachen. „Okay...und welcher Kerl gefällt dir aus der Klasse am besten?“, Tia zog die Augenbrauen zusammen und vermutete wohl, dass ich scherzte. Doch als sie sah, wie auch mein Blick prüfend von einem Jungen zum anderen glitt, tat sie es mir nachdenklich gleich. „Ich schätze Marc.“, murmelte sie und auch mein Blick legte sich auf ihn. Obwohl ich mich mit allen aus der Klasse verstand und wir uns über die ersten Monate kennengelernt hatten, war Marc einer der Fälle, den ich nicht zuordnen konnte. Keine Frage, wenn man genauer hinsah hatte er seine Vorzüge. Groß, gebräunt, trainiert...doch ihm fehlte das gewisse Etwas. Immer wieder ging er zwischen den einfachsten Kerlen einfach unter und wurde übersehen. Anders als Ian, der neben ihm saß und mal wieder einen lockeren Spruch laut in die Klasse warf und uns somit alle zum Lachen brachte. Er schien sich ebenfalls zu langweilen und legte sich daher mit der Lehrerin an, die ihn unbeholfen in seine Schranken weisen zu versuchte. „Wenn ich mich entscheiden müsste, würde meine Wahl mittlerweile wohl auf Ian fallen.“, gab ich breit grinsend zu. Ian war beliebt und selbstbewusst. Stets hatte er einen frechen Spruch auf Lager und spielte sich auf eine sympathische Art und Weise in den Mittelpunkt. „Er sieht gut aus, keine Frage...aber er würde mir schnell auf die Nerven gehen...so selbstverliebt wie der ist.“, sprach Tia skeptisch. Ich sah das ganz anders...mich sprach seine Optik nicht unbedingt an [es war ähnlich wie bei Max, dass seine Vorzüge einem erst auf den zweiten Blick ins Auge sprangen]. Was mich interessierte war sein Charakter. Mit Langweilern oder gar schüchternen, ruhigen Kerlen konnte ich nichts anfangen...kleine vorlaute Rebellen oder aufgeweckte Machos mit Herz fingen mein Interesse stets ein - wie das Laternenlicht die Motten. Rein optisch gefiel mir noch immer Mike am besten [ihr erinnert euch bestimmt an ihn, bereits im zweiten Kapitel hatte sein Aussehen mich mächtig beeindruckt], doch er zählte wohl zu den uninteressanteren Persönlichkeiten. Ruhig und bedacht. Zwar konnte man sich gut mit ihm unterhalten und er war ein wirklich höflicher Mensch aber...das war’s dann leider auch schon wieder. Das genaue Gegenteil von ihm - zumindest äußerlich - war Marcus. Er trug kurze dunkle Haare, sein Gesicht wurde von einem lässigen Drei-Tage-Bart geziert und die dunklen Augen stellten eindeutig einen Blickfang dar. Seine Bewegungen schienen stets lässig und auch er machte den Eindruck, eine Menge Selbstbewusstsein zu besitzen - ja, auch er gefiel mir. Doch mit Max war er der zweite Fall, den ich nicht einschätzen konnte und mit dem ich mich bisher wenig beschäftigt hatte. „Sei froh, dass du James hast. Die Jungs hier lassen zu wünschen übrig, wenn man Charakter und Aussehen beachtet.“, lachte Tia frech. Sie hatte Recht - ich war mit meiner Wahl, die gerade jedoch in einem anderen Klassenraum saß, zufrieden. „Vielleicht ändert das ja der neue Kerl, der im Laufe der nächsten Wochen zu uns kommen soll.“, flüsterte Tia vorfreudig. Wir würden also Zuwachs bekommen? „Damon O‘Malley.“, hakte sich plötzlich Linda ein, die auf der anderen Seite neben mir saß. Sie war ziemlich ruhig und vermittelte den Eindruck sich für etwas Besseres zu halten. In unserer Klasse sprach sie bloß gelegentlich mit Tia, Jill oder mir - sie schien heil froh, bald nicht mehr mit den ganzen Chaoten in einem Raum sitzen zu müssen. „Er ist ganz in Ordnung. Ich war schon vorher mit ihm in einer Klasse. Er ist einer der besten Freunde von Ian und Marcus.“, wir hatten sie angesehen und ihr beinahe gebannt zugehört. Einer der besten Freunde von Ian und Marcus? Dann war er wohl auch einer der beliebten und interessanten Sorte, die sich gerne mal aufspielte? Nach den letzten Minuten eintönigen Unterrichts und ein paar weiteren amüsanten Sprüchen, die Ian über die Lippen gerutscht waren, wurden wir entlassen. Zu meiner Überraschung holte mich Seth gleich von der Schule ab und entscheid sich dazu mit mir in die Stadt zu fahren. Wie immer munterte mich seine Gegenwart auf, auch wenn ich nicht einmal deprimiert war. Auf dem Rückweg in seinem Auto wagte er es endlich mich nach James zu fragen: „Was antwortest du, wenn er endlich mit der Sprache rausrückt, eine Beziehung zu wollen?“, wollte er wissen und klang dabei wie ein Regisseur, der einen beliebigen Schauspieler streng nach seinem auswendig gelernten Text fragte. Seth akzeptierte kein Nein - nicht in James Fall. Auch wenn er wusste, dass tief in mir eine ernstzunehmende Bindungsangst schlummerte. „Ich antworte: Ja, ich will.“, zog ich ihn lachend auf, doch er schien das nicht ganz so lustig zu finden. „Suzie...du bekommst Ärger von mir, wenn du im letzten Moment einen Rückzieher machst!“, es gelang mir jedoch ihn zu beruhigen, bevor er mich Zuhause aussetzte. Kaum war ich die Treppe hinaufgelaufen und hatte meine Tasche abgestellt, klingelte mein Handy - James. „Gutes Timing...“, murmelte ich zu mir selbst, bevor ich abhob: „Hey Suzie...“, setzte er zögernd an und klang bedrückt. „Sag mal...hast du heute noch Zeit? Ich würde gerne persönlich mit dir sprechen. Meine Bahn zu dir kommt in 15 Minuten, ich bleibe auch nicht lange.“, überfuhr er mich. Ich verzog das Gesicht und warf einen Blick auf die Uhr an meiner Zimmerwand - 16 Uhr. Zeit hatte ich also durchaus noch...doch war ich mir nicht sicher, ob ich hören wollte, was er zu sagen hatte. Nachdem er jedoch ein leidendes Bitte in den Hörer gejammert hatte, gab ich nach und lud ihn zu mir ein. Allerdings schaffte ich es nicht ruhig herumzusitzen und auf ihn zu warten. Im Kopf ging ich alle möglichen Szenarien durch und entschied mich schließlich, die letzen Minuten Jessy anzurufen und mir Beistand von ihr einzuholen: „James kommt gleich vorbei. Er hat sich angehört, als wäre es wirklich wichtig...“ - „Er kommt bei dir vorbei? Ohje...wenn das mal nicht bedeutet, dass er seinen Mut zusammengetrommelt hat.“, Jessy klang aufgeregt, jedoch nicht begeistert. „Was ist, wenn...“, setzte ich zögernd an und wagte es gar nicht auszusprechen. „Dann antwortest du das, was dich glücklich macht.“ - wieso klang das immer so einfach, wenn andere das sagten...? Noch bevor ich weiter mit ihr sprechen konnte klingelte es an der Haustür. Ich war alleine zuhause und trat unsicher meinem Schicksal entgegen. „Viel Glück.“, wünschte sie mir und wollte bereits auflegen, doch hielt ich sie davon ab. „Ruf in einer Stunde wieder an, falls ich ihn loswerden will...okay?“, Jessy lachte laut ins Telefon: „Du brauchst immer einen Notfallplan, hm? Aber...okay, kannst dich auf mich verlassen.“ Und damit war das Gespräch endgültig beendet, sodass ich James die Tür öffnen konnte. James begrüßte mich erleichtert und betrat unsere Wohnung. „Ich hab aber nur ne Stunde...“, warnte ich ihn feige vor und wollte ihm etwas zu Trinken anbieten, doch er lehnte dankbar ab. Ich für meinen Teil schenkte mir ein Glas Cola ein, auch wenn ich dadurch nur erhoffte, Zeit zu schinden...erbärmlich. Hätte er nicht direkt hinter mir gestanden und mich beobachtet, hätte ich über mich selbst den Kopf geschüttelt. Aber das war erst der harmlose Anfang. Bis 16.40 Uhr spielte ich mit aller Mühe Homeentertainer und quatschte ihn mit langweiligem Smalltalk voll, bis er mich schließlich unterbrach. „Suzie...eigentlich bin ich hier, um mit dir über etwas anderes zu sprechen.“ Und da waren sie wieder - Ich bekam Magenschmerzen vor Aufregung. Und vor lauter Sorge. „...über uns. Was empfindest du für mich?“ Seine direkte Frage überforderte mich maßlos. Ich rutschte nervös auf meinem Schreibtischstuhl hin und her. Ich hatte mich extra nicht zu ihm aufs Bett gesetzt - Sicherheitsabstand war heilig. Zumindest im Moment. „Ich...ähm...also...eigentlich...ähhh...“, stammelte ich leise vor mich her. Was verlangte er da von mir? Er wusste, wie schlecht ich in so etwas war! Es gab nur eine Sache in der ich noch schlechter war, als darin, ehrlich über meine eigenen Gefühle zu sprechen - und zwar im Entschuldigen. Mein Gesicht und meine Reaktion grinsend gemustert, sah er kurz vor sich auf den Boden und erlöste mich von meiner Qual: „Ich liebe dich.“ Diese drei Worte schnürten mir fast die Kehle zu. Natürlich erleichterten sie mich...und sie machten mich stolz. Die ganzen letzten Wochen hatte ich nichts dringender gewollt, als dass er Gefühle dieser Art für mich entwickelt...und nun? Tja, nun bekam ich wieder zu spüren, wie viel Angst diese kleinen Worte, mit der um so größeren Bedeutung, in mir auslösten. Ein aufrichtiges ich liebe dich war immer mit großer Verantwortung verbunden. Verantwortung, die ich in vorherigen Beziehungen nie hatte übernehmen können... „Du läufst große Gefahr verletzt zu werden.“, doch er kannte mich und diese Geschichten bereits. Den Kopf geschüttelt, seufzte er laut und klopfte neben sich auf das Sofapolster. „Komm mal her.“, zögernd erhob ich mich und setzte mich nun doch zu ihm. „Ich hatte eine andere Antwort erhofft und weiß um ehrlich zu sein nicht so genau, was ich nun dazu sagen soll.“, sprach er nachdenklich und sah mich direkt an. „Du weißt, wie schwer mir solche Gespräche fallen...gib mir etwas Zeit. Ich meine...man weiß nie, wie es in einer Beziehung wirklich laufen würde. Und ich möchte solch große Worte nicht in den Mund nehmen, wenn alles noch in den Kinderschuhen steckt.“, zu meinem Glück verstand er mich und nickte einsichtig. Es war also doch von Vorteil etwas mit guten Freunden anzufangen...man ersparte sich lange erklärungen, da sie einen schon nahezu bestens kannten. Seine Finger strichen nachdenklich über meinen Handrücken. Meine Hände wiederum lagen angespannt auf meinen Oberschenkeln. „...Glaubst du, wir haben eine Chance und sollten es versuchen?“ Als ich ihn so ansah, kam mir Seth in den Kopf. Zwar antwortete ich nicht mit einem selbstbewussten und unbestrittenen Ja,ich will aber ich nickte lächelnd. „Ich finde, das sollten wir. Wo es endet, werden wir sehen.“ Und noch bevor er mein Lächeln erleichtert erwiderte und näher an mich heran rutschte, klingelte das Telefon. Jessy war ein paar Minuten zu früh dran, doch ich war ihr dankbar...der Schock musste erst einmal sacken, noch immer war ich viel zu angespannt. „Entschuldige.“, schob ich ihn also ab und sprang auf die Beine um abzuheben: „Hallo?“ „Und? Hatte ich Recht? Hat er es gesagt?“, löcherte sie mich neugierig. „Ahh,hi Jessy - Ja.“, sprach ich beiläufig und ließ mir nichts davon anmerken, dass Jessy längst Bescheid wusste und darauf brannte, mir die News zu entlocken, die ihr eigentlich noch hätten unbekannt sein sollen. „Oh mein Gott! Und du hast ihm gesagt, dass auch du ihn liebst?“ „Nein, nicht wirklich.“ „Moment...du hast doch nicht etwa gekniffen, oder?“ „Nein!“, lachte ich leise. „Also verweilst du nicht länger unter den Singles?“ „Natürlich erkläre ich dir Mathe, hab ich doch versprochen...einen Moment, ich hole schnell mein Buch raus.“ „Antworte mir gefälligst eindeutig, du blöde Kuh!“, lachte nun auch sie. „Ja...“ „Was ja? Ja, du bist vergeben?“ „Mhm...genau, das stimmt soweit. Nur das zweite Ergebnis war falsch, soweit ich mich erinnere. Allerdings weiß ich das Richtige nicht mehr...“ James saß die Zeit über skeptisch an Ort und Stelle und lauschte meinen Worten. „Soll ich helfen?“, mischte er sich ein. Tja, blöd gelaufen, dass mir als erstes Mathe in den Sinn gekommen war...mein schlechtestes und sein bestes Fach... „Ähm, nein. Schon okay.“, winkte ich schief grinsend ab. „Ach, er ist noch da?! Soll ich euch noch 20 Minuten geben...?“ „Nein! Ich...muss mir das bloß nochmal anschauen. Das ist eine der wenigen Aufgaben gewesen, die ich verstanden habe und rechnen konnte.“ „Ähm...“, gab Jessy am anderen Ende überfordert von sich. „Das war also ein nein,,ja? Ist es nicht unhöflich, ihn da so sitzen zu lassen...? Endgültig abwimmeln musst schon du ihn. Ich meine...natürlich ich könnte ihn auch verekeln, aber...auf mich wird er wohl kaum hören. Außerdem kann ich mich in den ersten Minuten eurer Beziehung nicht gleicht mit deinem Freund anlegen.“ Sie wollte ihn verekeln? Hmm...da kam mir eine Idee. Ich schob es einfach komplett auf Jessy: „James? Wie gesagt...ich hatte nur die Stunde...und ich hab Jessy versprochen, ihr in Mathe etwas zu helfen...“, doch wollte er es mir nicht so leicht machen. „Sie soll Jamie anrufen, der ist so gut in Mathe wie ich. Außerdem sind die beiden doch auch befreundet.“, er machte nicht den Anschein gehen zu wollen und lehnte sich gelangweilt zurück. Ich verzog das Gesicht und biss mir leicht auf der Unterlippe herum. „Tja...und was sagst du jetzt dazu, Su?“, machte sie Jessy gleichzeitig über mich lustig. „Du wusstest, dass ich nicht lange kann...außerdem kommen meine Eltern gleich wieder.“ „Ach...? Sie kennen mich. Und es wäre mir neu, dass sie striktes Männerverbot für euch ausgehängt haben.“, meine Eltern mochten James. Und zu meinem Nachteil wusste er, dass sie nicht sonderlich streng waren. Wir hegten eigentlich sogar ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis. Seufzend gab ich für den Moment also auf: „Jessy? Ich ruf dich gleich zurück...“, erneut lachte sie über James Widerworte und legte dann auf. Wie ihr euch sicher denken könnt, bin ich ihn wirklich nicht gleich losgeworden. Meine Mutter war gegen halb 6 in mein Zimmer gestürmt und hatte uns vorgefunden. Sie schien erfreut darüber, James zu sehen und bot ihm an noch einen Moment zu bleiben...also verabschiedete er sich erst gegen 19 Uhr. Ich brachte ihn an die Tür und begann langsam, mich mit dem Gedanken nun als seine feste Freundin betitelt zu werden, anzufreunden. Zum Abschied hatte ich ihn aus purer Gewohnheit in den Arm genommen. Lachend drückte er mich an sich, ehe er mein Gesicht in seine Hände nahm und mich sanft küsste. Noch bevor er sich wieder von mir löste, wurde die Tür, vor der wir standen aufgezogen. Ich hatte extra einen Schritt mit ihm nach draußen gemacht, um neugierige Blicke abzuwenden - tja, das war wohl nichts. Mein Vater hatte uns erschrocken angesehen, stimmte dann aber in ein Lachen ein. „Tut mir Leid.“, entschuldigte er sich frech und stellte seine Schuhe in das kleine, ordentliche Schuhregal neben uns. Ich warf ihm einen missmutigen Blick zu, doch er ignorierte diesen einfach und verschwand hinter der Tür wieder nach drin. Kaum war er weg, musste zu meiner Verwunderung auch James lachen und ließ völlig von mir ab: „Wir sehen uns morgen, ja? Bis dann.“ Ich hatte ihm nachgesehen und war erst nach einem kurzen Moment wieder nach drin gegangen. Mein Vater stand bei meiner Mutter in der Küche, in die man von der Haustür aus blicken konnte. Die beiden Köpfe hatten sich neugierig in meine Richtung gedreht. Ich sah die beiden skeptisch an und brachte ein leichts Grinsen hervor, als ich die Tür zugeschoben hatte. „Und...?“,wollte meine Mutter gleich wissen. „Gibt es was zu erzählen?“, ich lachte über ihre neugierige Frage und dennoch neugierigeren Blick. Typisch... „Keine Ahnung.“, spannte ich sie auf die Folter. Mein Dad war in der Zeit zu mir gelaufen und hatte mir zufrieden den Kopf getätschelt und mir dabei absichtlich die Haare zerzaust, um mich aufzuziehen: „James geht in Ordnung.“, gab er mir die Erlaubnis, was mich ihn irritiert ansehen ließ. „Achja? Na da bin ich aber beruhigt.“, für meinen Dad ging eigentlich fast jeder Kerl in Ordnung, solange er den Anschein machte auf mich aufpassen zu können. „Ihr seid also ein Pärchen? Seit heute?“, hakte sich meine Mutter erneut ein. Gleichzeitig hatten mein Vater und ich den Mund zum sprechen geöffnet: „Sei nicht so neugirig!“, sprachen wir beide, was uns sichtlich amüsierte...bloß meine Mom lachte nicht mit. Doch schließlich klärte ich auch sie auf. Wieder in meinem Zimmer angekommen, rief ich Jessy wie versprochen zurück und musste diesmal nicht darauf achten, was ich erzählte. Bis ins kleinste Detail durfte ich ihr erzählen, was passiert war. Wer was gesagt hatte und wer wie auf was reagiert hat. „Ich werde ihm nur für dich noch eine Chance geben!“, ergriff Jessy nachdem ich ausgesprochen hatte das Wort. Mehr verlangte ich von ihr gar nicht. „Was gibt es bei dir so neues?“, wollte ich dann wissen und schon begann Jessy zu erzählen. Ihre Klasse war genau so wie vor den Ferien auch...langweilig und nervig. Noch immer ging sie nicht gerne zur Schule und freute sich auf das Kurssystem, das nächstes Jahr anstand: „Hoffentlich haben wir ein paar Kurse zusammen.“, murrte sie leise. Ich hoffte es zwar auch, doch hatten mich auch die Zweifel gepackt. Die Chancen waren nicht besonders groß, da es von jedem Fach mindestens vier Kurse geben würde. „Und wir haben einen neuen in der Klasse...ich glaube er ist ganz nett. Aber nicht der gesprächigste.“, erzählte sie weiter, was mich kurz an unseren mir noch unbekannten Neuzugang erinnerte, den ich nächste Woche kennenlernen durfte. Vielleicht rückte ja etwas Interessantes nach...wobei, ich galt nun als glücklich vergeben. Also konnte mir das eigentlich egal sein. Und so kam es dazu, dass ich die nächsten Wochen vergeben durch die Welt lief. Ich hatte in den ersten Tagen viele neugierige Mäuler stopfen dürfen und es stellte sich heraus, dass James und ich wirklich gut harmonierten. Wir sahen uns regelmäßig - nicht nur in der Schule. Oft kam er unter der Woche bei mir vorbei und am Wochenende war ich entweder bei ihm oder wir waren mit gemeinsamen Freunden aus. → What‘s going on in Jessys life? Während sich für Suzie herausstellte, dass sie überraschend gut mit dem neuen Zustand klar kam und zufriedener war als gedacht, wurde ich von Tag zu Tag missmutiger. Durch James bekam ich sie wochenlang nicht alleine zu Gesicht. Entweder es hieß: „Sorry, da bin ich mit James verabredet.“ oder „Ja, da können wir uns sehen. Kann James auch kommen?“ - es gab die beiden bloß noch im Doppelpack. Umso blöder für mich, dass ich bloß Interesse an ihr hatte...wozu sollte ich unnötig Zeit mit James verschwenden? Zwar hatte sich mein Bild von ihm seit dem Vorfall, der den großen Streit damals ausgelöst hatte, gebessert aber es würde nie wieder völlig ins Reine kommen. Ich ging davon aus, dass sich dieser Zustand mit der Zeit legen würde...und das tat er zum Glück auch. Bei Suzie zumindest. Kaum war die erste Aufregung, die man in einer frischen Beziehung anfangs verspürte, abgeebbt, suchte sie Freiraum, den James ihr jedoch nur bedingt bot. Und da sie ihn nicht enttäuschen und eine gute Freundin abgeben wollte, stimmte sie seinen Verabredungen stets zu, wenn sie wirklich Zeit hatte. Doch schlug sie selbst nichts mehr vor - seine Vorschläge genügten für beide. Doch noch immer hatte ich das Gefühl, bloß beiläufig Rolle in Suzies Leben zu spielen. Wir unterhielten uns nicht einmal ausgiebig über das Geschenk, das ich für Patrick geschlagene zwei Wochen herumschleppte, ohne mich zu trauen es ihm zu überreichen. Als ich ihn irgendwann nach der Schule abfing und Suzie mal wieder nicht aufzufinden gewesen war, nutzte ich meine Chance Zeit zu haben und ihn alleine anzutreffen. „Patrick?“, holte ich ihn aus seinen Gedanken und empfing sein freundliches Lächeln, das mir erneut den Atem raubte und mich vergessen ließ, wieso ich ihn überhaupt angesprochen hatte. „Was gibt‘s?“, wollte er grinsend wissen und blickte auf das kleine ,hübsche Tütchen in meinen Händen nieder - damit fiel mir alles wieder ein. Ich war seinem Blick hinab auf sein Geschenk gefolgt und streckte ihm die Arme entgegen: „Das ist für dich.“, brachte ich leise Worte über meine Lippen und gab mir alle Mühe selbstbewusst zu wirken, doch ich versagte wohl. Nickend nahm er seine Mitbringel entgegen und beäugte sie skeptisch. Tja...in diesem Moment hatte ich es für eine süße Idee gehalten, einem Jungen, der einem etwas bedeutete - obwohl man ihn eigentlich garnicht kannte und ihm langsam auffallen wollte...positiv - etwas zu schenken...doch sollte ich lernen, dass solche Taten auch abschrecken konnten. Es dauerte nicht lange, da wurde ich das Gefühl nicht mehr los, dass er anfing mir aus dem Weg zu gehen. Er sprach nicht mehr mit mir und sah mich auch nicht mehr an, was mir auch sein Lächeln verbarg. Patrick tat es mit der Zeit Suzie gleich...Er schien alles um sich herum stehen und liegen zu lassen und seine Aufmerksamkeit immer mehr auf die Blondine zu richten, die schon länger aktuell in seinem Leben gewesen war, ohne dass ich es wusste. Der einzige Anhaltspunkt, den ich zu dieser Vermutung hatte, war die Tatsache, dass er in den Pausen seit neustem mit dieser langweiligen Person händchenhalten durch die Gegend rannte. Und so vergaß er wohl auch mich völlig und bekam nicht mit, wie sehr ich ihn vermisste. Mit wem ich darüber sprach, dass sein Verlust mich innerlich aufzufressen drohte und wirklich belastete, da ich mir noch immer ausmalte, dass er an meine Seite passen und gehören würde? Mit niemandem...Suzie hatte ich kaum noch für mich alleine. Vorhalten wollte ich es ihr nicht - sie war glücklich. Das gönnte man der besten Freundin doch...oder? Unsere Gespräche zu zweit beschränkten sich mittlerweile auf eine Begrüßung ein lockeres Wie geht‘s dir so? die darauf folgenden Antworten und ein zaghaftes Lächeln. Also hielt ich meinen Gemütszustand im Verborgenen und lernte mit der Zeit zu lächeln, statt traurig zu sein - das war einfacher, als vor allen erklären zu müssen, wieso man Tränen der Enttäuschung in den Augen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)