Herr der Ringe "Eine Frau in der Gemeinschaft des Ringes" von Sironi19 (~Überarbeitete Vision~) ================================================================================ Kapitel 3: Unerfreuliche Nachrichten ------------------------------------ Kiran war mitlerweile einen Monat in Bruchtal. Meistens verbrachte sie die Zeit in der Bibliothek und versuchte, soviel wie möglich zu lernen. Sie hatte in Erfahrung gebracht, dass es noch ein ganzes Jahr dauern würde, bis Frodo mit dem Ring und den anderen in Bruchtal eintreffen würde. Zeit, die sie zu nutzen gedenkte. Zum einen, um sich alles anzueignen, was sie wissen musste, wenn sie hier überleben wollte und zum anderen war es genug Zeit, um herauszufinden, wie sie wieder nach Hause kommen konnte. Über das "Warum-sie-hier-war", machte sie sich keine Gedanken mehr. Es war nun einmal so und Kiran hatte früh gelernt, dass sich manche Tatsachen einfach nicht ändern liesen. Jetzt saß sie auf einen der großen steinenden Fensterbänke, umringt von Kissen und Büchern und las begierig in einem Buch, welches über Feanor berichtete. Nach gut einer Woche hatte Kiran die erstaunliche Entdeckung gemacht, dass sie schon den größten Teil der elbischen Sprache verstand. Ein Talent, welches sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Auch sie konnte eine Sprache inerhalb kürzester Zeit alleine durch das zuhören erlernen. Die Schrift war, wenn man sie erst einmal begriffen hatte, auch nicht mehr so schwer. Obwohl es Herbst war, schien die Sonne warm und fröhlich. Seufzend schloss Kiran das Buch, lehnte ihren Kopf gegen die kühle Steinwand und lies sich die Sonne einfach ins Gesicht scheinen. Kiran hatte die Augen geschlossen und atmete tief die klare Luft ein. Dieser Ort war das reinste Paradies. "Wage es nicht, mich zu erschrecken, Elladan." Irritiert trat der älteste Sohn Elrond's hinter dem Bücherregal hervor und sah Kiran stirnrunzelnt an, die immer noch die Augen geschlossen hatte. "Wie machst du das?" "Was denn?" "Mich und meinen Bruder auseinander halten. Personen wahr nehmen, obwohl du die Augen geschlossen hast." Kiran seufzte leise, dann schlug sie die Augen auf und sah Elladan kurz an, dann blickte sie aus dem Fenster. "Wie macht euer Vater das? Oder Erestor? Frag doch einen der hundert Elben, die das auch können." Elladan verschränkte sie Arme vor der Brust. "Das sind ja auch Elben. Aber du bist ein Mensch. Bis jetzt sind mir nur wenige Menschen untergekommen, die das können. Und das waren alles Waldläufer." Kiran verdrehte im Geiste die Augen, weil Elladan immerzu ihr, ach so seltsames Verhalten, analüsieren musste. "Ich bin keine Dunedain, Elladan. Ist es denn so abwegig, dass auch normale Menschen etwas können, was du nicht gleich verstehst?" "Aber du bist nicht normal." Kiran schlug die Augen auf und taxierte den jungen Elben mit einem Blick, der eine Mischung aus Wut, Irritation und Humor hatte. "Ach, bin ich das nicht? Wie überaus galant von dir, mir ein solches Kompliment zu machen, Elladan. Und jetzt entschuldige mich. Ich habe zu tun." Kiran hob das Buch so weit nach oben, dass es demonstratiev ihr Gesicht verbarg. Ein überaus deutliches Zeichen, dass für sie das Gespräch beendet war. Aber Elladsan hatte anderes im Sinn. Er ignorierte die ganz eindeutigen Zeichen, die Kiran ausstrahlte und setzte sich neben sie auf die Fensterbank. "Kiran, du bist wirklich nicht normal. Du konntest nach einer Woche unsere Sprache und unsere Schrift. Nicht mal Aragon, einer der Waldläufer, hatte das so schnell lernen können. Er hat mehrere Jahre gebraucht, bis er sich perfekt unterhalten konnte. Geschweige denn ein Buch zu lesen. Aber du? Du scheinst das alles ohne Probleme hin zu bekommen. Und manchmal redest du so seltsam. So habe ich noch nie einen Menschen sprechen gehört und erst recht keine Frau. Und du ziehst dich an wie ein Mann. Und was noch unglaublicher ist: du kämpst wie ein Mann. Nein, Moment. Das ist falsch. Du kämpfst, als ob dein Leben davon abhinge. Deine ganze Haltung ist ... merkwürdig. Als müsstest du dich jeden Augenblick verteidigen oder angreifen." Kiran seufzte. In dem einen Monat, in dem sie schon hier war, hatte sie eines gelernt. Wenn man Elladan keine Antworten gab, die für ihn sinnig waren, würde er einen immer weiter nerven. So lange, bis er hatte, was er wollte. Und in diesem Fall wollte er ihre Vergangenheit kennen. Etwas, was Kiran nicht preisgeben wollte. Sie legte das Buch zur Seite und sah Elladan genervt an. "Elladan, kannst du es nicht ertragen, wenn du etwas mal nicht verstehst? Es reicht mir schon, dass dein Vater ständig nachfragt, da musst du das nicht auch noch machen. Ich möchte nicht über mein Leben reden." "Aber es belastet dich." In Kiran's Gesicht zuckte ein Muskel. Ein sehr deutliches Zeichen dafür, dass man ins Schwarze getroffen hatte. Für einige Augenblicke lag in ihren Augen der Ausdruck von unendlichem Leiden und Elladan bereute es, sie nach ihrer Vergangenheit gefragt zu haben. Er wollte ihr entschuldigend eine Hand auf die Schulter legen, doch als er seine Hand anhob, sprang Kiran auf. Dabei fiel das Buch, welches sie auf ihrem Schoß hatte, zu Boden und blieb dort unbeachtet liegen. In ihren goldbraunen Augen konnte Elladan Panik erkennen und sie starrte seine Hand einige Sekunden lang an. Doch dann blinzelte sie und hatte sich wieder im Griff. "Entschuldige mich, Elladan. Ich habe noch etwas zu erledigen." Fast fluchtartig verlies Kiran die Bibliothek und lies Elladan dort alleine zurück. Dieser seufzte, hob das Buch auf und legte es ganz oben auf den Stabel Bücher, die Kiran sich zur Seite gezogen hatte. Er staunte über die Auswahl, die sie getroffen hatte, denn irgendwie passten die Bücher nicht zusammen. Sie ergaben einfach keinen Sinn. Feanor's Geschichte. Ein Buch über die Entstehung Adar's. Ein Buch über die verschiedenen Reiche in Mittelerde. Ein Buch mit Kalenderberechnung. Doch dann las er einen Titel, der ihn stutzen lies. Erst dachte er, er hätte sich verlesen, doch egal wie oft sein Blick über den Titel schweifte, er blieb der gleiche. Nachdenklich runzelte Elladan die Stirn. Darüber sollte er mit seinem Vater reden. Es musste was bedeuten, wenn Kiran dieses Buch las. Kurzerhand klemmte er sich das Buch unter den Arm und verlies die Bibliothek. Seine Schritte führten ihn direkt zu den privaten Räumen seines Vaters. *** "Es war eine kluge Entscheidung von dir, mit diesem Problem zu mir zu kommen, Elladan. Das sie dieses Buch liest oder zu lesen vorhat, kann nichts gutes vermuten lassen." Elladan stand seinem Vater gegenüber und sah ihn ernst an. Elrond hatte sich gegen den steinernden Kamin gelehnt und starrte nachdenklich in die Flammen. "Es würde zumindest erklären, wieso sie nie über ihre Vergangenheit reden will." Elrond schüttelte bei dieser Äußerung den Kopf. "Nein. Ich denke, ihr beharrliches Schweigen bezüglich ihrer Vergangenheit hat einen anderen Grund. Aber dennoch. Ich werde mit ihr reden müssen." Elladan's schönes Gesicht verfinsterte sich und er verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß. "Wieso hast du dieses Buch eigendlich noch? Wolltest du es nicht schon längst verbrannt haben?" "Ja, schon. Aber du kennst ja Erestor. Er beklagte die lange Arbeit." "Aber er hat das Buch doch gar nicht geschrieben. Wieso beschwert er sich dann?" "Ich habe nie behauptet, meinen ersten Berater, Buchführer und langjährigen Freund zu verstehen, Elladan. Ich weis wirklich nicht, was in seinem Kopf vor geht. Und ich will es eigendlich auch gar nicht wissen." Elladan musste lachen. Ja, wirklich niemand wollte wissen, was in dem Kopf von Erestor vorgeht. Vermutlich hätte sogar Elrond, Herr von Bruchtal, Probleme damit, seinen Gedanken zu folgen. "Elladan, ich möchte, dass du Kiran zu mir bringst. Es ist besser, ich regel die Sache gleich." Elladan nickte und drehte sich um. An der Tür hielt er inne und sah noch einmal zu seinem Vater. "Du solltest das Buch wirklich verbrennen. Am besten jetzt gleich, damit Erestor es nicht mit bekommt." Elrond nickte, starrte dabei aber immer noch in die Flammen. Erst als sein Sohn das Zimmer verlassen hatte, verlies er seinen Platz am Kamin und ging zu seinen Schreibtisch. Seine Finger strichen über den Titel des Buches, dann nahm er es in die Hand und schmiss es kurzerhand ins Feuer, bevor er es sich selbst noch anders überlegte. Die Flammen leckten an den alten Seiten entlang und verschlangen das Buch begierig. Das letzte, was Elrond sah, waren die goldenen Lettern. Er seufzte. Ein Buch über schwarze Magie hatte in Bruchtal wirklich nichts zu suchen. *** Kiran hatte sich nach ihrer Flucht vor Elladan in ihr Zimmer zurück gezogen. Jetzt saß sie an ihrem Schreibtisch und brütete über einige Zauber, die sie aus einem Buch geschrieben hatte. Frustriert kaute sie auf ihrer Unterlippe rum. Keiner der Zauber hatte die Kraft, sie in ihre Welt zu bringen. Und außerdem konnte sie ja gar nicht zaubern. Außerdem wusste sie nicht, ob man Magie so erlernen konnte oder ob es im Blut lag. Seufzend lehnte sie sich zurück und schloss die Augen. Sie wollte nach Hause. Sie vermisste Mel, Beth und Kitty. Verflucht noch mal, sie vermisste sogar ihre Aufgaben im Haushalt. Als es leise klopfte, schrak Kiran auf. Schnell verbarg sie ihre Notizen unter einigen anderen Blättern. Gerade noch rechtzeitig, denn die Tür ging auf und Elladan trat in ihr Zimmer. "Kannst du nicht warten, bis man herein sagt?" Elladan blieb stehen. Verblüfft musste Kiran fest stellen, dass er irgendwie distanziert wirkte. "Mein Vater will mit die sprechen. Ich soll dich zu ihm bringen." Kiran stand auf und sah Elladan dabei unentwegt an. Irgendwas stimmte hier nicht und sie war sich sicher, dass es ihr nicht gefallen würde, was Lord Elrond mit ihr zu besprechen hatte. "Ich finde den Weg zu dem Arbeitszimmer deines Vaters auch alleine. Trotzdem Danke, Elladan." "Er besteht darauf, dass ich dich zu ihm bringe. Komm." Elladan hielt die Tür auf und Kiran trat auf den Flur. Das ganze war mehr als merkwürdig. Er blieb immer dicht hinter ihr, fast so, als würde er sie bewachen. Kiran fühlte sich immer unwohler und sie wollte das ganze so schnell wie möglich hinter sich bringen. Vor dem Arbeitszimmer blieben die beiden stehen und Ellasan klopfte an, dann traten beide ein. "Vater, ich bringe dir Kiran." "Danke, Elladan. Du kannst dich jetzt zurück ziehen." Wortlos verlies Elladan das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Kiran sah zu Lord Elrond, der an seinem Schreibtisch saß und auf etwas sehr seltsames starrte. "Komm ruhig näher, Kiran. Setz dich." Langsam trat Kiran näher und lies sich wachsam auf dem Stuhl nieder, der vor dem Schreibtisch stand. Lange Zeit sagte keiner der beiden ein Wort, doch dann wurde Kiran das Schweigen unerträglich. "Was wollt Ihr denn mit mir besprechen, Lord Elrond?" Lord Elrond seufzte schwer und sah sie jetzt zum ersten Mal an, seit sie den Raum betreten hatte. "Elladan hat mir ein Buch gebracht, welches du entweder gelesen hattest oder vorhattest, zu lesen. Ein Buch, bei dem sich mir die Frage auftut, wieso du es hattest." Kiran runzelte die Stirn. Gab es da ein spezielles Buch, welches die Aufmerksamkeit der beiden Elben errungen hatte? Hatte sie ein Buch gelesen, welches sie nicht hätte lesen dürfen? "Lord Elrond, ich kann Euch nicht folgen. Von welchem Buch redet Ihr?" "Von dem Buch über schwarze Magie." Fast sofort verkrampften sich Kiran's Muskeln, ihre Atmung ging schneller und ihr Blick wurde wachsamer. "Da es in Eurer Bibliothek steht, bin ich davon ausgegangen, dass es für jeden zu lesen ist. Sollte ich Euch damit gekränkt haben, dann tut es mir leid." "Warum schwarze Magie?" "Es hat mich interessiert. Ich habe keine bösen Absichten, Lord Elrond, doch dieses Buch erweckte mein Interesse und so habe ich es gelesen." Lord Elrond lehnte sich in seinem Stuhl zurück und starrte Kiran an. "Nun ja, jetzt wird es niemand mehr lesen können." "Was meint Ihr damit? Ich hatte es noch nicht bis zum Ende gelesen." Panik machte sich in Kiran breit. Die ersten paar Zaubersprüche hatten ihr nicht weiter geholfen, doch die letzten, die sie abgeschrieben hatte, schienen mächtige Zauber zu sein. Sie hatte die Hoffnung, dass einer der letzten Zauber sie nach Hause bringen könnte. Doch was meinte Lord Elrond mit seiner Äußerrung? "Ich meine es so, wie ich es sage." Kiran's Blick glitt zu dem komischen schwarzen Haufen vor ihr auf den Tisch. Erst setzte ihr Herz ein paar Schläge aus und schlug dann schmerzhaft schnell gegen ihre Brust. Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn, ihre Augen wurden trübe, ihr Mund trocken und ihre Hände feucht. Als Lord Elrond wieder sprach, kam es ihr so vor, als würde sie viele Meilen weit weg sein, so undeutlich erschien ihr die Stimme. "Ich habe es verbrannt. Niemand wird es je wieder lesen." Die ersten Worte von dem Herrn von Bruchtal hallten Kiran immer und immer wieder in den Ohren, einem Echo gleich. Verbrannt. Verbrannt. Verbrannt. Der verzweifelte Schrei, der sich seinen Weg aus Kiran's Kehle bahnte, hallte durch ganz Bruchtal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)