Herr der Ringe "Eine Frau in der Gemeinschaft des Ringes" von Sironi19 (~Überarbeitete Vision~) ================================================================================ Kapitel 1: Ungewollte Reise --------------------------- Die Regentropfen schlugen hart auf den Boden auf und veranlassten die Menschen dazu, sich so schnell wie möglich nach Hause zu begeben oder sich einen Unterschlupf zu suchen. Nur die wenigsten hatten Regenschirme bei sich, da es bis vor einigen Minuten noch wolkenlos und angenehme 30 Grad war. Kiran sauste zwischen anderen Passanten hindurch und versuchte, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Sie hasste Regen. Ihre Kleider klebten wie eine zweite Haut an ihr und ihre nassen Haare wurden immer schwerer, da sie sich immer weiter mit Wasser vollsogen. Kiran schimpfte leise vor sich hin, wärend sie darauf achtete, keinen anderen Menschen umzurennen und trotzdem so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. "Kiran!" Kiran wand den Kopf, als sie eine vertraute Stimme hörte und entdeckte Beth, ihre beste Freundin und Mitbewohnerin, an der Bushaltestelle stehen. In dem kleinen Häuschen drängten sich schon recht viele Menschen, doch trotz allem lief Kiran zu ihrer Freundin hinüber. "Hy Beth. Was machst du denn hier? Müsstest du nicht in der Uni sein?" Beth wrang sich gerade ihre hüftlangen silberblonden Locken aus und richtete sich dann zu ihrer vollen, und beeindruckenden Größe von sage und schreibe 1m85, auf und winkte mit einer eleganten Handbewegung ab. "Ach, lass mal die Uni. Würde sowieso nur noch zwei Stunden gehen. Bei dem schönen Wetter hatte ich keine Lust, mich in einen Höhrsaal mit 40 anderen Studenten zu drängeln und einem alten Professor mit einer einschläfernden Stimme zuzuhören. Ich war gerade auf den Weg in den Park, als mich das Unwetter überraschte. Und du?" Kiran hob nur wortlos die schwere Einkaufstüte und Beth verzog verlegen den Mund. "Sorry, Süße. Ich hab's wieder mal vergessen." Kiran hob eine Augenbraue an. "Wieder mal ist gut, Beth. Du vergisst ständig den Einkauf. Wieso bleibt eigendlich der Haushalt an mir hängen? Du machst nichts." Beth warf ihre, noch immer feuchten Locken, auf ihren Rücken zurück und erwischte dabei einen jungen Mann, der ebenfals Schutz vor dem Unwetter gesucht hatte. Dieser drehte sich empört zu Beth um. "Können Sie nicht aufpassen? Ich bin schon nass genug, da müssen Sie nicht noch für eine zusetzliche Dusche sorgen." Beth zwinkerte Kiran schnell zu und formte mit dem Mund das Wort "Frischfleisch" und drehte sich dann mit einem betörenden Augenaufschlag zu dem jungen Mann um. Diesem fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er in Beth sturmgraue Augen blickte und er schien jedliche Beschimpfung vergessen zu haben. Als Beth dann auch noch mit ihrer verführerischen rauchigen Stimme eine Entschuldigung flüsterte, war es endgültig um den Mann geschene. Kiran verdrehte nur die Augen. "Wir sehen uns später." Beth antwortete ihrer besten Freundin nicht, doch Kiran wusste, dass man sie gehört hatte. Mit einem missmutigen Blick gen Himmel machte sie sich wieder auf den Weg nach Hause. *** Die Tür fiel geräuschvoll ins Schloss und Kiran stellte die Einkaufstüte in den Flur, damit sie sich die Schuhe ausziehen und in ihre Hausschuhe schlüpfen konnte. Seufzend hob sie die Tüte wieder auf und ging in die große Küche. "Mel? Bist du da? Mel!" Wärend Kiran auf ihre zweite Mitbewohnerin wartete, räumte sie die Einkäufe weg und bereitete alles zum Kochen des Abendessens vor. Nachdem sie die Kartoffeln geschält, gewaschen und in Scheiben geschnitten hatte, hörte sie eine Tür aufgehen. Kurz darauf huschte Kitty, das Haustier der drei Freundinen in die Küche, um sich an Kiran's Bein zu reiben. "Hallo Kitty. Na, hast du wieder mal bei Mel im Bett geschlafen?" Wie als wolle ihr die alte Katze antworten, setzte sie sich hin und mautzte Kiran an. Als sie die schlurfenden Schritte von Mel hörte, sah Kiran zur Küchentür. Eine total verschlafene Mel stand da und rieb sich müde die Augen. Ihre dunkelbraunen Haare standen ihr wirr vom Kopf und bildeten so einen stacheligen Heiligenschein. Mel blinzelte Kiran aus haselnussbraunen Augen verschlafen an und gähnte herzhaft. "Morgen Kiran." Kiran schmunzelte. "Morgen? Abend wäre passender. Herr Gott, Mel, wann bist du denn nach Hause gekommen?" Mel schlurfte in die Küche, stöberte im Kühlschrank nach etwas trinkbarem, fand den frischen Orangensaft und füllte sich etwas in ein Glas. "Keine Ahnung. So gegen 7, glaub ich. Kann auch 8 gewesen sein. Es war die Hölle los und ich musste länger arbeiten." Kiran schüttelte den Kopf und machte sich daran, die Möhren zu schälen und zu schneiden. "Wieso suchst du dir nicht eine andere Arbeit? Durch das Kellnern in dieser Bar verschläfst du ja den ganzen Tag." Mel machte ein komisches Geräusch, wärend sie an ihrem Saft nippte. "Irgendwie muss ich ja die Miete ranschaffen. Und der Job ist gar nicht mal so schlecht. Die Bezahlung stimmt und ich bekomme Trinkgelder on mass." "Ich weis echt nicht, wieso du dir Sorgen um die Miete machst. Ich habe dir und Beth schon oft genug gesagt, dass ich keine Miete von euch haben will. Ihr könntet das Geld echt anders anlegen." "Na hör mal, Kiran. Wir dürfen schon bei dir wohnen, da können wir dir ja wenigstens Miete zahlen." "Was ja eigendlich nicht sein muss." "Hör auf zu meckern. Wann kommt Beth denn? Wir wollten uns doch heute diesen Film ansehen. Wie heißt der noch mal?" Kiran seufzte. "Der seltsame Fall des Benjamin Button, Mel. Der Titel ist eigendlich nicht so schwer." "Jaja, ist ja gut. Und? Wann kommt sie?" "Keine Ahnung. Sie hat sich wieder mal Frischfleisch geangelt. Könnte sein, dass wie sie heute gar nicht mehr zu Gesicht bekommen." Mel lachte und nahm Kitty dabei auf ihren Arm, was diese mit einem lauten und zufriedenen Schnurren quiettierte. "Klasse. Müssen wir uns dann diesen Button-Film ansehen? Es läuft auch Mirror. Der ist echt klasse." Kiran verzog den Mund. "Mirror? Das ist doch dieser Horrorfilm mit dem verspiegeltem Kaufhaus, oder?" "Jap." "Nee, Mel. Auf sowas hab ich echt keine Lust. Läuft denn nichts anderes?" "Mensch, du bist echt wählerisch. Nee, heute laufen nur diese beiden Filme. Aber wenn du willst, können wir ja mal unsere persönliche Videothek durchforsten. Da sind doch ein Haufen guter Filme." Kiran schob den Auflauf in den Ofen und wusch sich die Hände. "Dann wird es wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass wie uns zum X-Mal Herr der Ringe, X-Man oder Eragon ansehen werden. In dem Fall bin ich dann eher für Herr der Ringe. Und du?" Mel gab Kitty einen Kuss und grinste. "Das liebe ich so an dir. Mit dir kann man echt wunderbar verhandeln. Also gucken wir beim Essen Herr der Ringe. Haben wir denn noch Knabberzeug?" "Ich habe zwei Tüten Chips, zwei Liter Cola und unmengen an Obst mitgebracht. Gibst du dich damit zufrieden?" "Wie? Keine Schokolade?" Kiran zog einfach nur eine Augenbraue hoch und Mel gab sich geschlagen. "Ist ja schon gut. Ich werde mich eben anziehen und zum Kioske laufen. Soll ich dir auch was mit bringen?" Kiran nickte und holte zwanzig Doller aus ihrer Tasche. "Drei Schachtel JPS und eine Tüte Apfelringe. Restgeld bekomm ich wieder." Mel schnappte sich das Geld und murrmelte etwas von Geizkragen, dann ging sie in ihr Zimmer, um sich fertig zu machen. Kiran seufzte und lies sich auf einen Stuhl in der Küche nieder, um sich eine Zigarette anzuzünden. Der erste nikotingetränkte Zug beruhigte sie enorm und sie legte den Kopf in den Nacken. Langsam blies sie Rauchringe in die Luft und massierte sich den Nacken. Sie sollte duschen gehen, so verspannt wie sie war. Und trockene Sachen wären ja auch nicht so verkehrt. Sie zog noch drei Mal an ihrer Zigarette, drückte sie dann im Aschenbecher aus, warf einen prüfenden Blick in den Ofen und schlenderte in ihr Zimmer. Im Flur lief ihr Mel über den Weg. Sie hatte sich eine Bundeswehrhose und einen schwarzen Rollkragenpullover angezogen und schlüpfte gerade in ihre Turnschuhe. "Ok, ich gehe jetzt. Drei Mal JPs und eine Tüte Apfelringe für dich, fünf Tafeln Marzipanschokolade und eine Flasche Vodka für mich. Sonst noch was?" "Ja. Nimm 'n Regenschirm mit. Draußen herrschen Monsunartige Zustände." Mel verzog spöttisch den Mund. "Im Gegensatz zu dir und Beth bestehe ich nicht aus Zucker und bin die Tochter eines Generals. Regen ist auch nur Wasser. Wann ist das Essen fertig?" Kiran massierte sich den Nacken und seufzte. "So in ner dreiviertel Stunde. Ich geh jetzt duschen und zieh mir trockene Sachen an. Danach mach ich noch Salat." "Aber lass die Pilze weg." "Sonst noch was? Wolltest du nicht zum Kiosk?" Mel streckte Kiran die Zunge raus und verschwand dann durch die Haustür. *** Kiran konnte über die unbeschwerte Art ihrer Freundin nur den Kopf schütteln und trottete in ihr Zimmer. Dort schnappte sie sich schnell ihr Handtuch und trockene Sachen, dann ging sie ins Badezimmer, dicht gefolgt von Kitty. "Na, Wasserkatze. Willst wohl mit." Kitty hielt es für unter ihrer Würde, bei etwas so offensichtliches zu antworten und huschte schnell ins Badezimmer, bevor Kiran es sich wieder anders überlegen konnte. Kiran lachte leise, schlug die Badezimmertür zu, schaltete das Radio an, drehte die Dusche auf, schlüpfte aus ihren nassen Sachen und stieg unter die heiße Dusche. Sie genoss es, dass heiße Wasser auf ihrer Haut zu spüren und merkte, wie sich ihre verkrampften Muskeln lockerten. Einige Minuten stand sie einfach nur da, dann massierte sie Shampoo in ihre langen Haare und wusch dies wieder gründlich aus. Als sie sich viel entspannter und wärmer fühlte, drehte sie das Wasser ab, wickelte sich in ihr Handtuch ein und trocknete sich in aller Ruhe ab. Wärenddessen sprang Kitty in die Duschkabiene und hatte ihren Spaß an der Wasserpfütze, die noch nicht in den Abfluss gesickert war. Kiran, die sich inzwischen auf den Hocker gesetzt hatte, um sich die Haare zu trocknen, sah ihrer Katze amüsiert beim Baden zu. "Weist du, Kitty, du bist eine Katze. Und Katzen hassen Wasser. Bei dir scheint irgendwas nicht ganz richtig zu sein." Kitty maunzte einfach nur und tapste weiter im Wasser umher. Kiran wickelte ihre fast trockenen Haare in ein frisches Handtuch und warf die beiden benutzten in den Wäschekorb, der zu ihrem Leidwesen auch schon wieder voll war. Dann griff sie nach ihrer Bodylotion und rieb sich damit ein. Als die Creme gut eingezogen war, schlüpfte sie in ihre frischen Sachen, rubbelte noch etwas an ihren Haaren und warf dann auch dieses Handtuch in den Wäschekorb, nur um sich ihn gleich darauf zu schnappen um die Schmutzwäsche in die Waschmaschiene zu stopfen. Manchmal fragte sie sich, was ihre beiden Freundinen im Haushalt machten. Kochen war es schon mal nicht. Den Einkauf erledigte sie auch selbst. Putzen tat sie auch noch jeden zweiten Tag und mindestes jeden dritten Tag hatte sie eine Maschiene Wäsche zu waschen. Sogar das Säubern des Katzenklo's und das Füttern machte sie. Kiran bürstete sich das dichte Haar, wärend sie sich einerseits über ihre beiden Freundinen aufregte und auf der anderen Seite mehr als glücklich war, die beiden bei sich zu haben. Ohne die beiden würde sie verrückt werden. Langsam schlenderte sie wieder in die Küche und warf einen Blick in den Ofen. Der Auflauf war so gut wie fertig, also konnte sie den Salat machen. Kiran holte Paprika, Gurken, Mais und Möhren aus dem Kühlschrank und machte sich daran, den Salat fertig zu machen. *** Gerade als sie den Auflauf aus dem Ofen holte, hörte sie, wie die Tür aufging und Mel in die Küche kam, von oben bis unten klitschnass aber überaus glücklich. "Hab alles bekommen! Hol die Gläser raus, Baby. Es gilt zwei Flaschen Vodka zu killen." Schwungvoll legte sie die kleine Tüte mit den Besorgungen auf den Tisch und tanzte dann in ihr Zimmer, um sich umzuziegen. "Mel! Hast du etwa schon wieder Speed gezogen?" "Nur ein wenig. Hab unterwegs Gil getroffen und der hat mir was angeboten. Man, er hat echt immer das beste mit." Kiran schüttelte den Kopf und holte den Auflauf aus dem Ofen. Der köstliche Duft verbreitete sich schnell in der Wohnung und lockte sowohl Mel als auch Kitty wieder in die Küche. Kiran tat Mel und sich etwas auf den Teller und eine kleine Portion für Kitty in den Fressnapf und lies es etwas auskühlen, damit ihr kleiner Liebling keine Magenschmerzen bekam. Mel gluckste vor sich hin und schüttelte sich und Kiran etwas Vodka in die Gläser und mischte sich ihren mit Orangensaft. "Hier Schätzchen. Spül runter." Kiran nam das Glas in die Hand und stürzte den Vodka hinunter. Die Flüssigkeit brannte in ihrer Kehle und wärmte sie von innen. Mel klatschte in die Hände, schnappte sich ihren Teller und hüpfte ins Wohnzimmer. "Komm Süße. Film liegt schon im Player. Kitty, komm." Kitty lief maunzend hinter Mel her und lies ihr Fressen fürs erste stehen. Wenn Mel rief, dann lief Kitty gleich los, denn sie liebte dieses verrückte Mädchen über alles. Fast so sehr wie ihr Frauchen. Aber bei Mel konnte sie immer abstauben. Kiran griff sich ihren Teller und ihr leeres Glas und folgte Mel ins Wohnzimmer. Mel hatte sich mal wieder auf das komplette Sofa gelegt, Kitty an ihrer Brust und den Teller vor sich. Kiran seufzte, stellte ihre Sachen auf den Tisch, schnappte sich einige Kissen und arangierte sie sich auf dem Boden. Sie setzte sich im Schneidersitz hin und legte ihren Teller auf ihre Knie. Mel drückte auf den Playknopf und schon lief der Film los. *** Kiran wusste wirklich nicht mehr, wie oft sie mit Mel schon Herr der Ringe gesehen hatte, doch trotz allem heulten die beiden Freundinen bei den entsprechenden Szenen. Wärend des ganzen Film's über verputzte Mel drei ihrer fünf Tafeln Schokolade und Kiran vernichtete eine ganze Schachtel ihrer Zigaretten. Kitty hatte sich in der Zwischenzeit auf Kiran's Schoß zusammengerollt und schnurrte zufrieden. Als der zweite Teil zu Ende war, konnte Mel ein Gähnen nicht mehr unterdrücken. "Mann, bin ich müde. Ich geh ins Bett. Wenn du willst, kannst du dir ja noch den dritten Teil ansehen." "Ja, ich glaube, dass werde ich machen. Schlaf gut, Mel." Mel erhob sich müde, streckte sich ausgiebig und gähnte noch einmal. "Jo, werd ich. Kitty, komm." Die Katze erhob sich von Kiran's Schoß und trottete hinter Mel her. Kiran stand auf, legte den dritten Teil ein und kuschelte sich dann aufs Sofa. Sie sah sich ihren Lieblingsfilm sowieso lieber alleine und in Ruhe an. Gesapannt verfolgte sie das Geschehen, doch offenbar war sie übermüdet, denn ihr fielen irgendwann die Augen zu und sie schlief ein. *** Sie wusste nicht, wie spät es war, als sie wieder aufwachte, nur drei Dinge wusste sie mit absoluter Sicherheit. 1) Es war stockdunkel. 2) Es war saumäßig kalt. 3) Da, wo sie aufwachte, war ganz bestimmt nicht ihr Zuhause. Kiran richtete sich erschrocken auf und fühlte kühlen Stein unter ihren sensibelen Fingerspitzen. Wieso Stein? Kiran fasste sich an den Kopf und schüttelte diesen. War sie jetzt vollkommen durchgedreht? Hatte Mel ihr irgendeine Droge ins Glas gemixt ohne das sie es mitbekommen hatte? Zuzutrauen wäre es dieser durchgeknallten Person schließlich. Vorsichtig tastete sie mit ihren Händen über den Boden und bekam dann etwas zu fassen. Nach nährem Befühlen erkannte sie ihren Rucksack. Jetzt war sie sich sehr sicher, dass es sich um einen Streich handelte. Und zwar einen der üblen Sorte. Vermutlich hatten die beiden sie in irgendeine Höhle gesteckt, wärend sie ko. war und jetzt durfte sie sich den Heimweg in die Zivilisation erforschen. Und das vermutlich mit den lächerlichen Sachen, die ihre beiden Freundinen in den Rucksack gesteckt hatten. Und wie sie vermutete, war es nicht mal etwas nützliches. Langsam stand Kiran auf und stieß sich auch prompt schmerzhaft den Kopf. Ein sehr undamenhafter Fluch verließ ihre Lippen und hallte in der Höhle wieder. Vorsichtig und sehr darauf bedacht, sich nicht noch einmal den Kopf zu stoßen, tastete sie sich an der Höhlenwand entlang. Irgendwo würde sie ja wohl rauskommen. Und wenn es ein Streich von Mel und Beth war, konnten die beiden etwas erleben. Die würden sich dann wünschen, nie diesen Streich mit ihr gespielt zu haben. Kiran wusste nicht, wie lange sie sich schon an der Wand entlang tastete, doch irgendwann sah sie einen schmalen Streifen Licht und ging zielstrebig darauf zu. Kurz darauf stand sie im gleißenden Sonnenschein und musste sich die Augen abschirmen, damit sie nicht geblendet wurde. Nachdem sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, senkte Kiran den Arm und besah sich ihre Umgebung. Grün! Alles war grün! Wo zum Teufel war sie? Das Gewicht auf ihrem Rücken erinnerte sie an ihren Rucksack. Sie streifte ihn ab, kniete sich hin und öffnete ihn, um sich ihren Besitz anzusehen. 4 Schachteln JPS, zwei Feuerzeuge, Dinge für gewisse Tage einer Frau, ihren Personalausweis, ihren Führerschein, etwas Make-Up und zu ihrem Erstaunen die Landkarte von Mittelerde. Ok, dieser Streich nahm selbst für Beth und Mel verrückte Ausmaße an. Frustriert seufzte Kiran, schulterte wieder ihren Rucksack und stapfte einfach drauf los. Irgendwo würde sie schon ankommen, und wenn es nur ein kleines Dorf war. Von dort aus würde sie den Weg nach Hause schon finden. Und dann würden ihre beiden Freundinen etwas erleben. *** Kiran hatte aufgehört, wütend zu sein. Denn da, wo sie jetzt gerade war, war es einfach traumhaft schön. Die Farben der Natur waren viel leuchtender, viel intensiever. Die Luft war sauber und sie konnte die Tiere des Waldes hören, auch wenn sie sie nicht sah. Mitlerweile schlenderte Kiran nur noch durch die Gegend. Vergessen war die Wut auf ihre Freundinen und die Suche nach einem Dorf. Jetzt, wo sie schon mal hier war, wollte sie die Ruhe und die Natur in vollen Zügen genießen. Und wer weis. Vielleicht war es ja kein Streich der beiden, sondern eine gut gemeinte Geste. Soetwas wie ein Kurzurlaub. Weg von der Arbeit, vom Haushalt und dem Stress. Kiran leugnete nicht, das sie dringend diese Auszeit brauchte. Früher oder später wäre sie vermutlich zusammen gebrochen. Kiran schob einen dichten Ast eines Busches zur Seite und betrat eine wunderschöne Blumenwiese. Hier wuchsen die verschiedensten und schönsten Blumen, die sie je gesehen hatte. Langsam glitt sie durch das hohe Gras, lies ihre Handflächen über das Gras gleiten und erfreute sich einfach an diesem Gefühl. Kiran war so sehr in dieser wunderbaren und farbenprächtigen Welt versunken, dass sie erst sehr spät das brechen eines Astes hörte. Ruckartig blieb sie stehen, ihr ganzer Körper war angespannt und bereit. Entweder zur Flucht oder zur Verteidigung. Kiran blendete alles aus. Sie hörte nur noch auf irgendwelche Geräusche, die nicht in dieses friedliche Bild passten. Sie konzentrierte sich darauf, die Gegenwart eines anderen Wesens zu spüren. Dann, kurz bevor sie dachte, sie hätte sich das Knacken nur eingebildet, hörte sie etwas durch die Luft sausen. Blitzschnell vollführte sie eine Drehung und entging so den Pfeil, der sich an der Stelle in die Erde bohrte, wo sie eben noch gestanden hatte. Kiran duckte sich und suchte so Deckung im hohen Gras. Ihr ganzer Körper war jetzt auf Angriff gestellt und all ihre Muskeln waren angespannt und bereit, sich im Notfall zur Wehr zu setzen. Kiran konnte leise Schritte hören, die aus unterschiedlichen Richtungen kamen. Es waren also mehrere Personen. Sie schloss die Augen, verlangsamte ihre Atmung und verlies sich jetzt nur noch auf ihr Gehör und auf das jahrelange Training mit ihrer Familie. Ihre Finger spreitzten sich, so das sie mehr Abstoßfläche hatte. Ihre Beinmuskeln zuckten kurz vor Anspannung, doch sie wartete. Eine Person kam immer näher und als Kiran einen Schatten sah, befahl sie ihren Körper zum Angriff. Wie eine Katze sprang sie die Person an, die so dicht bei ihr stand und riss sie zu Boden. Ein erschrockenes und erstauntes Keuchen war zu hören, dann schlugen die beiden Körper auch schon auf dem Boden auf. Kiran rollte sich sofort ab und hielt ihren Körper in einer Haltung, die einen an eine Katze kurz vorm Sprung erinnerte. Die Person, die sie zu Boden gerissen hatte, war, wie sie jetzt sah, ein junger Mann mit pechschwarzen Haaren und sturmgrauen Augen. Er sah sie überrascht an und seltsame Worte verließen seinen Mund, die Kiran nicht verstand. Sie fauchte ihn einfach an. Er würde so schon verstehen, dass sie wütend und überaus gereitzt war. Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen und Kiran fletschte ihre Zähne. "Verstehst du mich jetzt?" Kiran hörte augenblicklich auf, den Mann anzuknurren, als dieser sie im gebrochenen Englisch ansprach. Langsam nickte sie, behielt ihre lauernde Haltung aber bei. "Gut, dann können wir uns ja unterhalten und du hörst auf, mich anzufauchen." "Mit Männern, die auf wehrlose Frauen schießen, verhandle ich nicht." Der junge Mann zog eine Augenbraue hoch, dann lachte er schallend. "Wehrlos? Das bist du ja nun wirklich nicht." Er stand auf und sah sich um. "Bruder! Glorfindel! Erestor! Es ist nur ein kleines Mädchen, was gerne faucht. Nichts gefährliches also." Es kam ihr so vor, als würde man ihr 1000 Volt durch den Körper jagen, als sie zwei ihr bekannte Namen hörte. Glorfindel? Erestor? Wieso nannte er zwei seiner Freunde wie zwei Chrakteren aus Herr der Ringe? Langsam richtete Kiran sich auf, behielt aber ihre angespannte Haltung bei. Als sie sich zu ihrer vollen Größe aufgerichtet hatte, sah sie der junge Mann erstaunt an. Und er musterte ihre Kleidung, als hätte er soetwas noch nie gesehen. Kiran sah noch drei weitere Personen auf sie zukommen und war selber erstaunt über die Kleidungsweise von ihnen. Mittelalterlich. In schlichten Grün und Brauntönen gehalten. Und sie hatten Schwerter an ihren Hüften befestigt. Und außerdem trug jeder von ihnen einen Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken, sowie einen Bogen in der Hand. Der Mann, der ihrem "Sprungopfer" zu verwechseln ähnlich sah, trat neben ihm, legte einen Arm auf die Schulter seines Bruders und nahm eine lässige Pose ein. Er musterte Kiran von oben bis unten. "Wirklich. Es ist nur ein kleines Mädchen." Kiran schnappte überrascht nach Luft. Sie wusste nicht, wie lange es her war, dass sie jemand klein genannt hatte. Denn mit ihren 1m80 war sie alles andere als klein. Mit einer ernergischen Geste warf Kiran sich ihre langen Haare zurück und blitzte den Mann wütend an, doch dieser lachte nur. "Ein kleines Mädchen mit sehr viel Mut. Vater wird begeistert sein." Ein Mann mit goldblonden Haaren trat zu den Zwillingen. Er musterte Kiran ebenfals von oben bis unten. "Woher kommt Ihr?" "New York. Und selbst?" Kiran's Ton war mehr als nur angriffslustig. Das verrieten auch ihre Körperhaltung und das blitzen in den Augen. Wer zum Teufel waren diese Kerle? Hielten die hier 'ne Cosplayveranstalltung ab? "Wo liegt denn dieses New York?" Kiran musste lachen, als der blonde Mann New York aussprach. Er betonte es so falsch wie ein Kleinkind. "Bitte. Jeder weis, wo New York liegt. Ihr seit doch erwachsen, oder? Schlecht in Erdkunde aufgepasst?" Der Mann richtete sich beleidigt auf. "Seit Euch gewiss, Madame, dass ich alle Städte und Länder in Arda kenne. Und von einer Stadt, die so heißt, habe ich noch nie etwas gehört." Kiran erstickte fast an ihrem Hustenanfall, als der Mann das Wort Arda verwendete. Arda war das elbische Wort für Erde. Ok, die veranstalteten hier also einen HdR-Cosplay. Sollten die ruhig. Als Kiran sich wieder erholt hatte, richtete sie sich auf und hob die Hand. "Jaja, schon klar. Spielt mal weiter. Ich geh jetzt nach Hause. Und tschüss." Kiran drehte sich um und war gerade mal ein paar Schritte gegangen, als sie schon wieder das Surren einer Bogensehne und das Zischen eines Pfeiles hörte. Diesesmal jedoch konnte sie sich nicht schnell genug zur Seite drehen, so das der Pfeil sie am Oberarm streifte. Entgeistert drehte sie sich zu den Männern um und sah sie erschrocken und verärgert zu gleich an. "Sagt mal, gehts noch? Man schießt nicht auf fremde Menschen." "5." "Was sollte das denn? Ich hab euch doch nichts getan." "4." "Hallo? Würde mir einer von euch mal bitte antworten?" "3." "Und was soll das dämliche zählen? Auf was wartet ihr denn?" "2." Gerade als Kiran erneut etwas sagen wollte, spürte sie eine bleiernde Müdigkeit, die sich rasend schnell in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Stöhnend fiel sie auf die Knie. Vor ihren Augen drehte sich alles und sie hatte Schwierigkeiten, sie offen zu halten. "1." Kiran hob den Kopf, doch sie konnte die Männer nur noch verschwommen sehen. Die Müdigkeit war so stark, dass sie nicht dagegen ankämpfen konnte und so schloss sie die Augen und lies sich einfach fallen. "Angenehme Träume." Das war das letzte, was Kiran hörte und ihr kam noch der Gedanke, wo sie da nur hineingeraten war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)