Lektionen fürs Leben von Zyra (Wenn Kaiba vor dem Nichts steht ...) ================================================================================ Kapitel 7: Neues Zuhause ------------------------ Neues Zuhause „Nett“, sagte Kaiba spöttisch, nachdem er Lanas Wohnung begutachtet hatte. Seitdem er wusste, dass er bleiben konnte, fühlte er sich etwas wohler. Was beschwerst du dich eigentlich, fragte er sich keine drei Sekunden später, das ist wesentlich komfortabler, als das, womit man rechnen muss, wenn man enteignet und auf die Straße gesetzt wird. Genau genommen war die Wohnung größer und besser eingerichtet, als die eines Durchschnittsbürgers. Seine Vermutung der „Oberen Mittelschicht“ schien zuzutreffen. „Höre ich da einen ironischen Unterton?“, fragte Lana lauernd. „Mitnichten“, erwiderte Kaiba und bemühte sich zumindest um Neutralität. Hier würde er es aushalten können, auch wenn es nicht die Art von Behausung war, die er gewohnt war. „Hast du schon gefrühstückt?“, fragte seine Mitbewohnerin, während sie Kaffee kochte. „Nein“, sagte Kaiba und fügte spontan hinzu: „Ich hab noch ein paar Sandwiches, wenn du keine Lust hast, etwas zuzubereiten.“ „Klingt nach einem guten Angebot“, erklärte Lana grinsend, „sofern du sie nicht gemacht hast.“ Kaiba hob eine Augenbraue. „Ich kann mich nicht daran, dir jemals eins gemacht zu haben. Wie kommst du also auf die Idee, meine Sandwiches beurteilen zu können?“ „Guter Einwand. Allerdings habe ich bezweifelt, dass du vor denen, die du mir angeboten hast, jemals welche gemacht hast.“ Wortlos verließ Kaiba die Küche und holte die Brotdose aus seiner Reisetasche, die er auf einem Sofa im angrenzenden Wohnzimmer abgestellt hatte. Er hatte schon einmal Sandwiches gemacht. Aber das war lange her. Zu der Zeit hatte sein Vater noch gelebt. Eine warme Erinnerung kam in ihm hoch, aber er verdrängte sie sofort. Gerade im Moment schien es nicht sonderlich sinnvoll, gedanklich in der Vergangenheit zu hängen. Besonders, weil diese so viel besser gewesen war. „Und hast du?“, hakte Lana nach, als er in die Küche zurückkehrte. „Ja, ich habe schon einmal Sandwiches gemacht, aber nein, diese hier nicht“, gestand Kaiba widerwillig ein und das auch nur, weil Lana bereit schien, ewig weiternachzufragen. Er setzte sich an den bereits gedeckten Tisch und wartete auf den Kaffee. Kaum dass Lana ihm eingeschenkt hatte, trank er schon den ersten Schluck. „Und?“, fragte sie. „Annehmbar?“ „Ja, aber es gibt besseren.“ „Tatsächlich“, bemerkte sie ironisch, dann seufzte sie. „Wenn dein bevorzugter Kaffee nicht allzu teuer ist, holen wir uns den am besten ins Haus. Ich habe das Gefühl, dass du morgens nicht besonders genießbar bist, wenn du keinen guten Kaffee bekommst.“ Kaiba lächelte grimmig. Ganz Unrecht hatte sie nicht. Seine morgendliche Stimmung hing ein wenig vom Kaffee ab. In der nächsten Zeit würde er jedoch mit ihrem auskommen müssen. „Wenn ich mich in deinem Appartement umsehe, ist der Preis nicht das Problem“, erklärte Kaiba. „Allerdings ist es eine sehr exklusive Marke und du stehst besser nicht auf der Liste der Konsumenten, wenn mein Bruder auf die Idee kommt, diese zu überprüfen.“ „Das traust du ihm zu?“, fragte Lana ungläubig. Kaiba nickte nur und biss in ein Sandwiches. Wenn Mokuba eine längere Zeit nicht wusste, wo er sich aufhielt, würde er wahrscheinlich nach jedem Strohhalm greifen, der ihm helfen konnte. Dann wäre der Kaffee noch naheliegend. „Okay. Ich glaube, du klärst mich am besten mal über die ganze Situation auf“, verlangte die junge Frau. „Ich will wissen, womit ich es zu tun habe.“ Er hatte gewusst, dass das passieren würde. Es war ein logischer Schluss. Lana hätte bescheuert sein müssen, wenn sie nicht gefragt hätte. Dennoch behagte es ihm nicht. Es war demütigend, von dieser Schmach zu berichten. Er würde jedoch nicht darum herum kommen. „Während meiner letzten Amerikareise hat mein Bruder mich enteignet und mich bei meiner Rückkehr vor vollendete Tatsachen gestellt. Rechtlich scheint alles abgesichert zu sein. Ich habe eine Gefälligkeit genutzt, um unbemerkt aus Japan auszureisen. Ich nehme an, dass mein Bruder alle ihm zur Verfügungen stehenden Möglichkeiten ausschöpfen wird, um mich zu finden, da er zu Recht eine feindliche Übernahme der KC durch mich fürchtet. Abgesehen von dir, wissen bisher nur Duke Devlin und seine Verlobte, sowie der Sicherheitschef des JFK Airports, dass ich mich in Amerika aufhalte.“ Zumindest war die Liste so „kurz“, wenn ihn nicht jemand auf der Straße erkannt hatte. Davon ging er jedoch nicht aus. In den Kreisen, in den man ihn kannte, hatte sich die Nachricht seiner Enteignung sicherlich wie ein Lauffeuer verbreitet und man hätte ihn angesprochen. „Warum hat dein Bruder dich enteignet?“, fragte Lana. Eine gute Frage. Wichtige Frage für sie, wichtige Frage für ihn. Nur dumm, dass er die wirkliche Antwort nicht zu kennen schien. „Er ist der Meinung, ich hätte ihn in der letzten Zeit zu sehr vernachlässigt“, sagte Kaiba widerwillig. Sein Gegenüber runzelte die Stirn, war aber klug genug, nicht zu fragen, ob er das getan hatte. Er gestand es sich nicht gerne ein, aber er hatte in den letzten Monaten tatsächlich wenig Zeit für Mokuba gehabt. Allerdings sah er darin noch lange keine Begründung, ihn zu enteignen. Bisher hatte Mokuba immer einen anderen Weg gefunden, seine Aufmerksam zu bekommen. Er wusste nicht, was dieses Mal anders gewesen sein sollte. „Was ist jetzt dein Plan?“, wollte Lana wissen. Ich habe keinen Plan, dachte Kaiba missmutig, allerdings würde er das so niemals zugeben. „Ich werde mir meine Firma zurückholen. Dazu muss ich an Geld kommen, was unter den derzeitigen Bedingungen schwierig ist.“ „Wie viel Geld?“ „Fürs erste acht Millionen“, antwortete er automatisch. Das war in etwa die Summe, die er für das Projekt mit Devlin brauchte. „Tja, passe. Soviel hab ich nicht.“ Sie hätte ihn unterstützen wollen?! Damit hatte Kaiba nicht gerechnet. Es stand zu viel auf dem Spiel, als dass man sein Geld leichtfertig investieren sollte. Lana kicherte. „Du brauchst gar nicht ungläubig eine Augenbraue zu heben. Wenn mich mein Vater etwas gelehrt hat, dann einen gesunden Geschäftssinn und wie man mit Geld umgeht. Wenn ich das Kapital gehabt hätte, hätte ich mir schon noch genügend Informationen über das Geschäft eingeholt. Auch wenn das vielleicht nicht nötig gewesen wäre, denn, was du anfasst, endet normalerweise mit guten Gewinnen, Seto.“ Na prima. Nun ließ ihn auch noch seine Mimik im Stich. Er brauchte dringend einen Plan und er musste schlafen, sonst würde er bald völlig die Kontrolle verlieren. „Wo wir gerade dabei sind, alles zu besprechen, können wir ja auch gleich klären, inwiefern du dich am Haushalt beteiligst“, sagte Lana und das in einem Tonfall, der Kaiba bevorzugte Variante – nämlich überhaupt nicht – von vornherein ausschloss. „Ich höre“, sagte er und versuchte seinen Unwillen zu verbergen. Wie tief war er gesunken, dass er sich um den Haushalt kümmern musste? Das hatte in seinem ganzen Leben noch nie getan. „Du beteiligst dich am Einkauf und an der Wäsche und räumst hin und wieder den Geschirrspüler aus“, zählte Lana auf und es klang nicht danach, dass es in irgendeiner Form verhandelbar war. „Du willst, dass ich die Wäsche mache?“, echote Kaiba und fand keine passende Beschreibung für seinen Tonfall. Ungläubig. Entsetzt. Empört. Irgendeine konfuse Mischung daraus. „Nein, ich will, dass du die Wäsche zum Trocknen aufhängst. So verrückt, dass ich das Schicksal meiner Klamotten in die Hände eines unmotivierten Mannes lege, bin ich nicht.“ Lana blickte Kaiba abwartend an. Mit ihr zu verhandeln war unangenehm. Zu einer Verhandlung kam es nicht im eigentlichen Sinne. Zumindest dann nicht, wenn sie die Oberhand hatte. Sie war stur und wenn man ihren Vorschlag nicht annehmen wollte, musste man ihr entweder etwas anbieten, dass ihr ebenso gefiel oder man kam gar nicht mit ihr überein. Beides stand im Moment nicht zur Option. Er hatte keine Grundlage, auf der er argumentieren konnte. Eine Gefälligkeit war nichts worauf er sich berufen konnte. Wenn es drauf ankam, hätte er das Nachsehen. Lana wusste das. Sie war alles andere als dumm. Er würde wohl keine andere Wahl haben, als darauf einzugehen. Unwillkürlich schloss Kaiba die Augen. Gibt es denn keine andere Möglichkeit?, fragte er sich in einer seltsamen Mischung aus Verärgerung und Resignation. In was für einen Mist war er da nur manövriert worden? Sein Kopf war leergefegt. Ihm fiel nichts ein. „Einverstanden“, sagte er schließlich, „unter der Bedingung, dass ich dein Wort habe, dass sich diese Pflichten während meines Aufenthalts nicht verändern.“ Zumindest konnte er noch versuchen, den Schaden zu begrenzen. Wenn er es recht bedachte, war er seit der Enteignung nur noch in der Reaktion. Ständig musste er auf die Gegebenheiten reagieren, kontrollieren tat er schon länger nichts mehr. Eine wirklich unkomfortable Situation. Lana hob eine Augenbrahe, runzelte die Stirn und lächelte. „Abgemacht!“, stimmte sie zu und reichte ihm die Hand. „Willst du das schriftlich haben?“ Kaiba meinte zwar in ihrer Stimme einen leicht ironischen Unterton auszumachen, aber darauf nahm er keine Rücksicht: „Allerdings.“ Wenn Lana irritiert war, ließ sie es sich nicht ansehen. „Okay. Dann setz ich nach dem Frühstück etwas Entsprechendes auf.“ Kaiba widersprach nicht. Normalerweise kümmerte er sich um Vertragstexte. Aber im Moment schien er nicht in der Lage zu sein, mit durchdachten, kniffeligen Formulierungen noch Profit aus der Sache zu schlagen. Er war alles andere als produktiv. Das restliche Frühstück verlief still. Während Lana abräumte, ließ Kaiba sich neben seiner Reisetasche auf dem Sofa nieder. Kurz spielte er mit dem Gedanken, seinen Laptop auszupacken. Allerdings fiel ihm im Moment keine nützliche Verwendung für das Gerät ein. Noch immer hatte er keinen Plan oder zumindest eine vage Idee. Also holte er seinen Notizblock und einen Stift heraus. Das würde reichen, um grobe Ideen zu skizzieren. Wenig später lagen Block und Stift neben der Reisetasche auf dem Boden und Seto Kaiba dösend ausgestreckt auf dem Sofa. Die physische und psychische Belastung der letzten Tage forderte ihren Tribut. *** Ein warmer Finger, der über seine Wange strich, holte ihn aus seinen Dämmerschlaf. Für einen angenehmen Moment wusste er weder wo er war noch was passiert war. Die Erinnerung traf ihn wie ein Schlag und plötzlich war er wieder hellwach. „Was ist?“, brummte er unfreundlich, während er die Augen öffnete. Sie beugte sich über ihn und lächelte zufrieden. Als er sich auf den Rücken drehte, um seinen verspannten Körper besser unauffällig strecken zu können, ließ sie sich auf seiner Hüfte nieder. Fragend hob er eine Augenbraue. Was führt sie im Schilde?, fragte er sich skeptisch. „Was du machst, machst du gründlich, hm?“, meinte Lana neckend. „Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass das auch fürs Verdrängen gilt.“ „Worauf willst du hinaus?“, fragte er lauernd. Er hatte keine Ahnung, worum es ging, aber es klang eindeutig nach einer Beleidigung. „Stichwort Mietvertrag“, sagte sie und wedelte mit ein paar Blättern vor seiner Nase herum. Kurz dachte er, dass sie einen Vertrag über seinen Aufenthalt in ihrer Wohnung aufgesetzt hatte, jedoch erkannte er das Dokument bei näherem hinsehen als ihren Mietvertrag. „Klingelt da was?“ Kaiba hob abermals eine Augenbraue. Was hatte ihr Mietvertrag mit der jetzigen Situation zu tun? Er sah keinen Zusammenhang, konnte aber das ungute Gefühl nicht abschütteln, etwas zu übersehen. „Anscheinend nicht!“, stellte Lana grinsend fest. Sie schien es außerordentlich zu genießen, mehr zu wissen als er. „Dann werd ich dir wohl auf die Sprünge helfen müssen. Du hast dich damals sehr über die Unnachgiebigkeit des Vermittlers geärgert, der den Vertrag partout nicht so aufsetzen wollte, wie du es gern gehabt hättest.“ Kaiba hatte Probleme den Impuls zu unterdrücken, sich mit der Hand an den Kopf zu schlagen. Wie hatte er das nur übersehen können?! Das änderte seine Situation gegenüber Lana vollkommen. Verdammt. Jetzt hatte er den Fehler schon gemacht. „Die Umkehrung der Vertragslage in Teilen“, brachte er schließlich hervor und hatte Mühe seinen Ärger unter Kontrolle zu halten. „Allerdings. Und du hast dich damals noch darüber lustig gemacht und gesagt, diese Inkompetenz würdest so schnell wie möglich aus deinem Gedächtnis streichen“, kicherte Lana vergnügt. Zum ersten Mal verfluchte Kaiba sein Geschick darin, Geschehnisse zu verdrängen. Wenn er das vorher gewusst hätte, müsste er sich jetzt vielleicht nicht im Haushalt beteiligen. Allerdings konnte er es in dieser Situation versuchen, noch mal mit ihr zu diskutieren. Im Grunde sollte er sich nicht ärgern. Die Vertragslage war durchweg positiv. Schließlich konnte sie ihn nicht rauswerfen oder Miete verlangen. Ebenso wenig wie er das gekonnt hatte, als ihm die Wohnung noch gehört hatte. Umkehrung der Vertragslage in Teilen, dachte er spöttisch und unterdrückte den Impuls, den Kopf zu schütteln. Nun kam es ihm tatsächlich zu Gute, dass der Makler der Wohnung auf seine seltsame Methode bestanden hatte. Der Kauf der Wohnung hatte damals für Probleme gesorgt. Schließlich musste Kaiba der Eigentümer des Appartements sein, da Lana noch nicht volljährig war und Pegasus sie ihr auch nicht wegnehmen können sollte. Lana wollte allerdings eine Sicherheit haben, dass Kaiba sie nicht aus der Wohnung warf bis sie sie besitzen durfte. Deshalb hatte er ihr ein Wohnrecht eingeräumt. Damit die Abwicklung nach Lana 21. Geburtstags reibungslos verlief, hatte Kaiba sich verschiedenen Klauseln überlegt, der Makler hatte allerdings auf diese Umkehrung bestanden. Nun war Lana die Eigentümerin und Kaiba derjenige mit dem Wohnrecht. Warum hat sie mich daran erinnert?, fragte sich Kaiba. Sie war absolut im Vorteil gewesen. Warum hatte sie diesen aufgegeben? „Das war strategisch unklug von dir“, sagte er, aber Lana beugte sich nur schelmisch lächelnd zu ihm herunter. „Kann schon sein“, murmelte sie gegen seine Lippen und ihre Hände fuhren unter seine Shirts, „aber ich mag es nicht, wenn du zahm bist. Das passt nicht zu dir!“ Ehe Kaiba antworten konnte, küsste sie ihn. Er genoss das warme Gefühl und sein Körper entspannte sich merklich. Nur zu gerne, erwiderte er den Kuss, der langsam stürmischer wurde. Das war eine willkommende Abwechslung zu den letzten Stunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)