Blutige Begegnungen von Diracdet (Teil 7 des Detektiv Conan-Noir Crossovers) ================================================================================ Kapitel 9: Wissende, Unwissende und Halbwissende ------------------------------------------------ Hallo liebe Lesenden, und willkommen zurück zum... ja... *grübel* zum 9. Kapitel halt. XD Zu erst natürlich möchte ich mich ganz herzlich bedanken bei all den fleißigen Kommi-Schreibern, die mir weiterhin treu ihre Gedanken zukommen lassen – und die diesmal recht einhellig der Meinung waren, dass der Abbruchmoment recht gut gewählt war. Teilweise wohl... zu gut. ;p Das freut mich wirklich sehr, wenn ich dadurch etwas mehr noch die Spannung aufbauen konnte. Und tja... um es dann lieber gleich vorweg zu nehmen, ich fürchte, zumindest in dieser einen Hinsicht wird dieses Kapitel das letzte noch toppen. Also lediglich, was den Charakter des Endes angeht. Nicht dass ich da Drohbriefe bekomme wegen den zwei Wochen Pause danach. *inDeckunggeht* Ansonsten... habe ich mal nicht viel zu sagen. Lasst euch einfach überraschen, was die vielen Protagonisten – meiner Zählung nach 15 ohne Kir, die gerade nicht mitspielt – weiter so treiben. Viel Spaß beim Lesen und bis zum nächsten Mal.^^ LG, Diracdet ___________________________________________________________________________ Kapitel 9: Wissende, Unwissende und Halbwissende „Ran...?“ „Mhm?“ „Warum folgst du mir?“ Shinto war einige Zeit einfach nur stumm gerade aus gegangen. Ran folgte ihm mit einem stetigen Lächeln, welches ihm aufdringlicher erschien als ihre Anwesenheit an sich. Er hatte nachdenken müssen, wie er seine ungebetene Begleiterin möglichst elegant los wurde, ohne zu viel Aufsehen zu erregen. Entkommen würde er ihr von alleine kaum. Sie war schneller als er, definitiv auch stärker, wozu sie mit ihren Fähigkeiten in der Lage war, konnte er sich höchstens im Ansatz vorstellen, und sie wirkte ungewöhnlich fokussiert auf ihn. Was hatte er nur getan, dass er ihr auf einmal so wichtig vorkam? Doch nicht nur wegen der Sache mit der Vase vorhin... 'Dieser komische Junge, mit dem sie und ihr Vater mich verglichen hatten, wie hieß er noch... Conan Edogawa... hat der was damit zu tun?' Hatte er diesen Namen nicht auch schon mal irgendwo gehört; nicht in irgendeiner Zeitung gelesen? Denkbar, sicher war er sich nicht, was auch einfach bedeuten konnte, dass es ihn weniger interessierte, als zum Beispiel die Berichte zur Karatemeisterin Ran Mori oder dem schlafenden Detektiv Kogoro Mori... 'Detektiv... doch da war was... ein Kind, das Detektiv spielte... ja, doch, dunkel erinnere ich mich. Also..., wenn er das sein sollte, reden wir von einem Detektiv in Form eines Kindes und sein Name besteht aus den Namen zweier berühmter Krimiautoren.' Seine Lippen vollzogen eine leichte Grimasse, die man als Außenstehender keiner bestimmten Emotion zuordnen konnte. Bei Shinto aber tauchte sie immer dann reflexartig auf, wenn er sich... irgendwie veralbert vorkam von der Realität, im falschen Film glaubte, so als ob eine vollkommen paradoxe Situation sich vor seinen Augen als angebliche Wahrheit etablierte. Und in den meisten Fällen war diese Situation am Ende leider falsch, wie er mittlerweile festgestellt hatte. 'Demnach... ein Junge, den sie kennen, an dem etwas nicht stimmt. Und an den ich sie erinnere. Kein Wunder... an mir stimmt ja auch so einiges nicht. Schön das erklärt zwar Aufmerksamkeit an sich, aber nicht, warum insbesondere Ran das so interessiert. Ich meine, man folgt doch nicht einem unbekannten Menschen, nur weil er einen an einen Bekannten erinnert. Das ist doch lächerlich.' Unsicher knabberte er an einem Stück seines linken Daumennagels, hämmerte dann mit der verbliebenen Spitze gegen seine Schneidezähne. 'Sie will etwas von mir. Nur was? Was weiß sie über mich, und was hat es mit diesem Conan Edogawa auf sich? Das, was sie will, hat doch offenbar etwas mit ihm zu tun. Tja... das sind definitiv die Fragen, deren Antworten auch ihr Motiv liefern. Aber freiwillig wird sie mir diese Antworten wohl kaum geben. Oder doch? Wenn ich... reinen Tisch mache.' Er verdrängte bewusst den Gedanken, Conan könnte tatsächlich mit dem gleichen Schicksal bedacht sein, welches ihn heimgesucht hatte. Er wollte das im Moment einfach nicht glauben. Auch wenn das wenige, was er über Conan Edogawa aus seinem Gedächtnis kramte und die Beobachtungen zu Ran Mori ihn dazu drängten. Aber somit blieb ihm eigentlich nur die Option, sie dazu zu bringen, ihn freiwillig in Ruhe zu lassen. Und das, ohne, dass sie diese Bitte in irgendeiner Weise merkwürdig finden durfte oder hinterfragte. 'Toll. Selbst wenn ich sie jetzt verscheuchen könnte, so wie sie mich gerade verfolgt, würde sie doch nicht loslassen, nur, weil ich sie nicht um mich haben will.' Schließlich schien es ihm doch angebracht, einfach den radikalen Schnitt zu versuchen, sie vor die direkte Wahl zu stellen. Dementsprechend hielt er nun an, drehte sich bei der gestellten Frage zu ihr um, versuchte so ernsthaft und störrisch zu wirken, wie es ihm sein Kindergesicht erlaubte. „Warum ich dir folge?“ Sie lächelte noch freundlicher. So freundlich, dass Shinto seine Miene einfach nicht aufrecht erhalten konnte. War das noch Schauspiel, dieses Lächeln? Schwer für ihn einzuschätzen, aber es war dem Mädchen aus seiner Sicht bei diesem Lächeln nichts böses zuzutrauen. Es war wohl echt! „Ich fand deinen Vortrag vorhin einfach so klasse. Ich würde dich gern kennen lernen, Shinto. Und ich dachte, wenn du sowieso hier alleine unterwegs bist... könntest du ein wenig Gesellschaft gebrauchen.“ 'Nein! Nein, nein und nein! Gesellschaft ist das, was ich gerade als aller letztes gebrauchen kann.', sprang ihm sein Gewissen ins Genick und prügelte mit Tiraden an Unwohlsein auf ihn ein. „Dir ist diese Gesellschaft... nicht so lieb, oder?“ Aus seinen Gedanken gerissen blickte er wieder auf. Mitleid – verstehendes Mitleid – schien sich in Rans Augen wiederzuspiegeln. 'Weißt du es... doch? Wer... bist du... wirklich?', hörte er sich in Gedanken flüstern. Sie beugte sich hinunter, wollte ihre Hände auf seine Schultern legen, aber er entzog sich dem Griff sofort und entschlossen. „Entschuldige.“, bat sie um Verzeihung und nahm die Arme wieder runter. „Du solltest nicht... hier bleiben, Ran. Das ist nicht gut für dich.“, gab Shinto mit leiser Stimme zurück. Kein Zweifel, er floh vor jemandem, er hatte Angst. Um sich... um sie... vielleicht sogar mehr um Ran als um sich? 'Du ahnst gar nicht, wie sehr du Conan ähnelst.' „Ich weiß... oder besser, ich glaube glaube zu wissen... zu verstehen, teilweise, warum du lieber alleine sein möchtest. Du... du denkst, es ist besser, gerade niemanden um dich zu haben, den du verletzen könntest. Ungewollt, unfreiwillig, nicht von dir aus, sondern durch jemand anderen, sicher..., aber dennoch... würdest du dir die Schuld geben und das weißt du, Shinto. Stimmt das... so in etwa, mein Kleiner?“ Etwas an ihr zog ihn in seinen Bann. Ob es ihre Worte selbst waren, die Stimme, die Gestik, Mimik oder sonst etwas, schien ihm unmöglich klar zu bestimmen, aber er konnte sich dem nicht wirklich entziehen. Zu seinem großen Schock. Sie wirkte nicht nur ehrlich freundlich und gutherzig, sondern fast ein klein wenig naiv. Wusste dieses Mädchen überhaupt, welche Macht sie besaß? „Mhm...“, blockte er still ab. „Aber dennoch, Shinto, trotz aller... berechtigter Furcht... darfst du dich nicht isolieren von deinen Mitmenschen. Dich nicht darauf berufen, alles alleine schaffen zu wollen... zu müssen... und alles erledigen zu können, ohne mit deiner Umwelt... in Kontakt zu treten. Du musst auch... etwas an dich heran lassen, sonst... sonst wird die Einsamkeit, die du jetzt als Zuflucht aufsuchst... die... “ Ran fand kein richtiges Wort für den Abschluss dieser Metapher. Ihre Gedanken rasten, aber immer nur in die falsche Richtung. Sie hatte die Bilder von Conan vor ihrem geistigen Auge, von Shinichi, von all den Erlebnissen seit dem ersten Auftauchen des Grundschuldetektivs in Shinichis Haus damals; und wie sie diese Ereignisse nun, im Rückblick, verstellt, entstellt teilweise, erfuhr. Es war eine ungewohnte Melancholie darin, als sei alles, was geschehen war, ein langer und doch nun allmählich vergehender Traum. Eine Illusion, der sie nur durch Schlaf, durch Betäubung der Sinne verfallen war. So als sei es bald... vorbei... Schluss. 'Schluss? Ende?' Hieß das, eine Ahnung, dass die Lügen bald ein Ende haben würden, sie ihn endlich seine Maske abnehmen sehen würde? Oder eher... sie schluckte kräftig, aber der plötzliche Kloß im Hals verschwand davon nicht... dass es enden würde... mit Schrecken und mit der bittersten aller denkbaren Pillen zum Abschluss? Damit, dass er für die größte der Lügen niemals würde Abbitte leisten können, oder... sie die Erklärung niemals hören dürfen... oder können? Ein Gefühl von Eiseskälte erfasste sie kurzzeitig. So raste es in ihrem Kopf und mit jedem Blick zu Shinto kam ihr der Junge mehr wie Conans Ebenbild vor. So sehr, dass sie es nicht hinbekam, mit dem äußerlich kleinen Jungen wie mit einem solchen zu reden. Ihre eigene Wortwahl war ganz anders, als sie es von Ayumi und den anderen so oft gewohnt war. Selbst mit Conan unterhielt sie sich selten so erwachsen. Und jetzt... die Worte, die ihr am Ende fehlten, lagen ihr längst auf der Zunge, nur konnte sie sie niemals einem Kind sagen. '...sonst wird die Einsamkeit, die du jetzt als Zuflucht aufsuchst... die... Hölle, in der du untergehst.' „Die Qualen des Tantalus?“ „Was?“ „Du bist ins Stocken geraten, Ran. Meintest du am Ende vielleicht die Qualen des Tantalus?“ „Die... Qualen des Tantalus?“ Der Junge wog ihre Blicke sehr genau ab, während er, erstaunlich monoton, erklärte. „Tantalus versuchte die Götter zu täuschen und wurde zur Strafe in den Tartarus verbannt, wo er für ewig die Qual von Hunger und Durst erleiden musste. Er stand in einem See, konnte aber nichts trinken, weil das Wasser immer seinen Händen entglitt und obwohl Früchte über seinem Kopf wuchsen, konnte er keine greifen. Auf diese Situation – und deine Erklärung – umgemünzt, wäre das die Aussage, dass ich zwar meine, die richtige Entscheidung zu treffen, wenn ich allein sein will, aber Gefahr laufe, einige fundamentale Bedürfnisse, wie menschliche Nähe, für immer von mir zu stoßen und darüber mehr zu leiden, als diese Ruhe es Wert wäre. Trifft es das so etwa?“ Ran konnte nichts darauf antworten, musste es aber wohl auch nicht, so eindeutig war ihr Blick, der zwischen einer Form von erkennender Erleichterung und Verzweiflung hin und her schwankte. Er hatte nicht einfach ein Wort gefunden, welches sie sich scheute zu benutzen, er hatte es gleich auf eine höhere Stufe gehoben. Sicher, die Qualen des Tantalus kannte Ran auch, das war Allgemeinwissen... nur nicht bei einem kleinen Kind. Und dann so gewählt formuliert. Es gab keine Zweifel mehr für sie. Dieses Kind war kein Kind, es war ein Erwachsener und im Rahmen dessen, was sie erfahren hatte, was sie durch Shinichi verstanden zu haben glaubte, war es mehr als naheliegend, dass er ein Opfer dieser geheimnisvollen Organisation war, der auch Chris Vineyard angehörte. Nicht viel anders bewertete Shinto die Situation, auch wenn er versuchte, seine Emotionen nicht zu stark in seine Mimik einfließen zu lassen. Auch für ihn bestanden nun keine Zweifel mehr. 'Sie weiß, wer ich bin?! Woher? Heißt das, dieser Conan ist tatsächlich... oh nein.' Irgendwie ahnte er die Antwort und doch machte es ihn zu seiner eigenen Verwunderung nur noch neugieriger auf diesen mysteriösen Jungen. Er überlegte einen Augenblick, schnalzte dabei leicht unkontrolliert seine Zunge, und sah sie dann wieder an. „Wenn ich... jemanden rufen würde, von der Polizei... und sage, dass mich ein Mädchen, welches ich nicht kenne, verfolgt...“ „Würde ich sagen, dass ich dich nur zu deinen Eltern bringen wollte, weil du hier alleine rumliefst. Die Polizei würde der Faktenlage nach mir da eher glauben, als einem Siebenjährigen, oder? Und in deinem Alter solltest du wirklich nicht in so einem großen Park alleine rumlaufen. Schon gar nicht, wenn hier heute am Eröffnungstag so viele Leute sind.“ „Ich kann aber schon auf mich aufpassen, Ran!“ Sie schmunzelte leicht. „Vielleicht, ich glaube dir das sogar, aber die Polizei wird es nicht, Shinto. Wenn ich dich nicht zu deinen Eltern bringe, wird sie es tun. Daran besteht kein Zweifel.“ Erneut seufzte er tief. „Eine Bedingung!“, drohte er dann energisch sie anstarrend. „Wie, Bedingung?“ „Du kannst in meiner Nähe bleiben, aber nur unter einer Bedingung.“ „Ähm... und was für eine Bedingung sollte das sein?“ Dieser Gedanke kam ihr nun reichlich ungelegen. Wenn sie mit einem echten Kind sprach, wäre das überhaupt kein Thema und sie hätte OK gesagt, bevor sie nach der genauen Forderung gefragt hätte. Jedoch... wenn das Kind kein Kind war... waren manche Forderungen... einfach kritisch bis nicht erfüllbar für sie. Augenblicklich rasten ihre Gedanken wieder zu der unausgesprochenen Unanständigkeit, um es diplomatisch auszudrücken, zurück, der sich Conan ihrer Meinung nach auf dem Schiff schuldig gemacht hatte und ein ungesunder roter Ton erfüllte sofort ihre Wangen. 'Der Junge wird doch nicht...' Shintos Blick war fest auf sie gerichtet, wirkte auf Ran direkt beängstigend. Dieser sture Blick, von jemandem, der ein 'Nein' nicht duldete, wenn er etwas wirklich wollte. 'Wie Shinichi, wenn er bei einem Fall hinter einer Spur her ist und diese ihm durch die Lappen zu gehen versucht. Er lässt dann nicht locker, bis alles zu seiner Zufriedenheit ausfällt.' „Erzähl' mir was von ihm.“ „Ihm? Von wem... redest du?“ „Conan Edogawa. Der Junge, dem ich angeblich so ähnlich sein soll. Ich möchte ihn kennen lernen. Du kennst ihn, dein Vater auch. Ich möchte wissen, wer diese Person ist, ihn treffen. Also, Ran, versprich mir, mir etwas von ihm zu erzählen und ihn mir, so bald wie möglich, vorzustellen!“ Ran fiel mehr als nur ein kleiner Stein vom Herzen. Es war nicht einfach nur eine Bedingung, die sie ohne weiteres erfüllen konnte. Es war sogar genau das, was sie wollte. Sie wollte Conan und Shinto ja zusammen führen. Sollte sich ihr Engagement diesmal vielleicht mehr auszahlen, als vor drei Tagen? Sie konnte doch schließlich... nicht immer Shinichi so zur Last fallen... und um Rettung durch ihn bitten müssen, wie auf dem Schiff... nein, das wollte sie nicht und das durfte sie nicht. Hier war ihre Chance, dafür Abbitte zu leisten, ihm wirklich zu helfen. Ohne sich in Gefahr zu bringen, ohne tief in die Machenschaften der Organisation hinein gezogen zu werden. Einfach nur den einen falschen Jungen dem anderen falschen Jungen vorstellen. Sie schluckte alle Emotionen hinunter, ließ nur das Glücksgefühl, dass sich nicht mehr verdrängen lassen wollte, übrig, welches ihr ein heiteres, fröhliches, zufriedenes Schmunzeln aufs Gesicht zauberte. „OK... damit bin ich einverstanden, Shinto. Ich werde euch noch heute vorstellen, wenn es geht.“ „Na schön.“ Er drehte sich wortlos um, und schritt los. „Was...? Wohin willst du, Shinto?“ „Los gehen. Du kannst gerne in eine andere Richtung gehen, dann trennen sich unsere Wege hier. Ich zwinge dich sicher nicht, mitzukommen, ich habe nur eine Bedingung dafür gestellt.“ „Aber... schon gut, ich komme.“ Ruckartig stand sie wieder auf und folgte dem kleinen Jungen. Er sah sich gar nicht groß um, sondern schritt gleich los. 'Hm... jetzt bleibt „nur“ das Problem, dass sie unweigerlich mit hineingezogen wird in die Aktion heute... Raushalten selbst geht nicht... aber vielleicht kriegen die Scharfschützen der Organisation sie ja verscheucht. Ganz recht kann das denen doch auch nicht sein, wenn hier noch ein unbeteiligtes Mädchen mit rum läuft. Mal sehen, was sie jetzt tun werden...' 'Ganz schön gewieft, der Kleine.', musste Akai, der das Gespräch aus seiner Position verfolgen konnte, anerkennend feststellen. 'Aber... irgendetwas ist an dem Jungen faul... auch als geschrumpfter, wie Kudo, wirkt er nicht so real, wie dieser Schülerdetektiv.' Kaum weniger beunruhigte ihn Rans Verhalten. Es zeigte sich doch deutlich, dass sie mindestens ahnte, was mit Conan war. 'Heißt das, sie weiß womöglich über ihn Bescheid, aber die beiden haben sich noch nicht ausgesprochen darüber? Denn sonst hätte er doch sicher nicht zugelassen, dass sie hier her kommt.' Ein dunkler Schatten zog über seine Stirn, verschwand aber sofort wieder. Da kam ihm einiges leider viel zu bekannt vor und das Ende der Geschichte war ihm sein Leben lang wie eingebrannt. 'Kudo... du bist ein Dummkopf.' Jodie und James gingen förmlich die Augen über, als langsam der kleine Junge hinter dem Baum zum Vorschein kam, an dem Mireille vor einigen Minuten noch gelehnt hatte. „C-Conan... how long have you been...“ Sein Blick wirkte ernst, aber auch ungewöhnlich hart und kalt. „Nicht lange... aber lange genug, Agent Starling...“, gab er nur monoton zurück, ignorierte, dass sie wegen des Schreckens gerade ihr Japanisch nicht heraus bekam. Dann wandte er sich bewusst von den beiden Agenten ab, vermied insbesondere Jodies Blick und suchte stattdessen die Haare und den Rücken von Mireille Bouquet. “Beeindruckend... wirklich.”, musste er neidlos und doch nicht ohne gemischte Gefühle zugeben. „Seit wann wussten Sie, dass ich hinter dem Baum stand?“ Mireille lächelte nur schwach. „Ich lehnte selbst eine Weile an diesem Baum. Daher kannte ich das Geräusch, wenn der Wind daran vorbei streift und seine Krone durchzieht.“ „Wie bitte? Der Wind? Sie meinen...“ Nun gingen ihm die Augen über. „Beim letzten Windstoß kam unerwartet ein schwacher Pfeifton hinzu, relativ weit unten. Egal, wie sehr man sich an einen Baum lehnt, fast immer hinterlässt man eine kleine Lücke, einen schmalen Spalt, durch den der Wind pfeift. Weil Körper und Baum nunmal nicht direkt aneinander passende Formen sind. Vermutlich in deinem Fall in der Höhe des Halses, da dein Kinderkopf ja weiter nach hinten reicht als bei einem Erwachsenen, bei dem der Hals mittlerweile angepasst ist.“ Conan schaute sie streng an, versuchte seine Verblüffung nicht zu lange und zu sehr durchscheinen zu lassen. „Das... können Sie hören? Ich nehm's zurück, beeindruckend ist eine deutliche Untertreibung für Ihre Fähigkeiten.“ „Merci.“, nickte sie nur zustimmend. Das war sie also. Die wahre... Mireille. Er war ihr ja schon vor einiger Zeit mal begegnet, auch damals schon mit diesem unguten Gefühl in der Brust beladen. Er hatte die Attentäterin in ihr förmlich gespürt. 'An sich... Attentäter... und Noir, das sind halt nicht wirklich vergleichbare Ausdrücke. Da muss ich Vermouth recht geben.' Diesmal nämlich... diesmal begegnete er ihr zum ersten mal in dem Wissen, dass sie... Noir war. Und als ob es noch irgendeiner Form von Beweis dieser Hypothese bedurft hätte, war allein die Art und Weise, wie sie seinen 'Überraschungsauftritt' zerstörte, wie sie seine erhoffte Sicherheit entblößte, mehr als ausreichend. Erschreckend und... faszinierend, in ihren Bann ziehend, zugleich. Solch empfindliche Sinne, solch ein Gespür, dabei diese Ruhe und Übersicht, diese Erhabenheit, die sie verströmte; von so einer Kombination hatte er niemals bisher in dieser Form gehört. Das waren wohl die Qualitäten von einer Auftragskillerin, wie es keine zweite auf der Welt gab, ausgenommen Kirika Yuumura vielleicht. Es brauchte wohl solche Qualitäten, um in so einem 'Gewerbe' zu überleben. Dennoch, es war einfach nur furchteinflößend, sich vorzustellen, was diese beiden Frauen noch alles konnten, was sie bis jetzt noch verborgen hielten vor der Welt. Conan merkte, dass seine Kehle leicht trocken wurde bei dem Gedanken, in wessen Rücken er da stand. Mireille hatte sich immer noch nicht mal zu ihm gewandt, ihn angesehen oder sonst etwas. Würde sie nicht auf seine Fragen antworten, könnte man meinen, sie ignorierte ihn direkt, so als wäre er... '... niemand, der für sie in irgendeiner Form eine Gefahr darstellte. Was sie – und Kirika – schon erlebt haben mögen, um an diesen Punkt zu kommen... dass der Auftritt der Organisation, und des FBIs, dieser ganze Trubel hier... sie einfach kalt lässt?' Eine weitere Frage, die er an die vielen anreihte, die ihm bei Noir noch nicht schlüssig beantwortet schienen. 'Und dennoch... etwas Licht wirft diese Diskussion vielleicht doch auf die beiden Frauen.' „Warum haben Sie... Kir... eigentlich nicht getötet?“ Jodie musste kurz schlucken, während James ruhig blieb und nur noch mehr den undurchdringlichen Blick festigte, den er die ganze Zeit auf behielt. Ja, die Frage war wohl berechtigt. Wenn sie wirklich noch am Leben sein sollte, wäre das sehr ungewöhnlich. „Hm... wer sagt, ich hätte es nicht getan?“ „Ich weiß, wo sie ist.“ „Woher?“ „Ich war dort.“ „Das bezweifle ich.“, grinste sie verschmitzt. „Hm... danke für die Bestätigung meiner Theorie.“ Mirelle schloss kurz die Augen, schmunzelte noch ein wenig mehr, dann noch heftiger, bis man es fast als ernsthaftes lachen betrachten konnte. „Du kleiner Schlaufuchs, du...“ Ein bitterer Geschmack machte sich auf seiner Zunge breit. Es war wohl wirklich so... Sie war gut genug, um den kleinen Trick mit der umgekehrten Psychologie sofort zu durchschauen. Er konnte, selbst als kleiner Junge, nicht mal kurz ins Damenklo verschwinden und die Tür hätte er eh nicht öffnen können. Entsprechend war ihr 'Das bezweifle ich.' eine Bestätigung für den Tatort, den er nicht aufsuchen konnte. Aber wenn sie das sofort verstand, hatte sie ihm folglich freiwillig und wissentlich verraten, wo Kir war. Warum? Warum zum Geier tat sie das? „Tun Sie nicht so, das war Absicht.“ „Ja. Und nun?“ „Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Warum?“ „Vielleicht... dir zuliebe? Unsere Beziehung wäre doch sonst von vorn herein auf einem unnötig schlechten Stand.“ Nun musste Conan schmunzeln, auch wenn es etwas zynisches in sich trug, das man auch in der Stimmlage wahrnahm. „Nein, ernsthaft. Haben Sie ein Problem damit... wenn Sie den Menschen nicht als... 'böse genug' ansehen?“ „Hm... das darfst du selber raten, mein Lieber.“ Ihr breites Lächeln, welches nur die Agenten traf, schickte Jodie einen nur noch kälteren Schauer als das ganze bisherige Gespräch über den Rücken. 'What... the Hell is going on here?' Selten, eigentlich noch nie, fühlte sie sich in einer Diskussion so unwissend, unbeteiligt, unbedeutend, wie hier. Zuschauer in einer Scharade, während die Schauspieler die Lösung kannten. Mirelle stand über ihr, ja, das hatte diese schon demonstriert, und allmählich akzeptierte Jodie, dass sie ihr nicht einfach so das Wasser reichen konnte. Aber auch ihr Chef... und Conan schienen weit mehr über Mireille zu wissen, als die Agentin. Sie wussten... wie mit ihr umzugehen war. Sie wirkte kein bisschen weniger erhaben und doch so, als sei sie interessierter an einem ernsthaften Gespräch, als würde sie auf sie eingehen, während Jodie nur... wie ein Tölpel hingestellt wurde. Sie war älter als Conan oder auch Kudo und vor allem älter als Mireille, gleichzeitig aber auch deutlich jünger als ihr Vorgesetzter, der, wie er selbst ab und zu betonte, über seinen Zenit längst hinaus war. Wieso war ausgerechnet sie diejenige, die hier nicht mitreden konnte? Was genau wussten die anderen, was sie nicht wusste? Und dann nagte ja noch etwas an ihr. Eine Aussage Mireilles, die ihr keine Ruhe mehr ließ. Wenn sie eh keinen Beitrag zu diesem Gespräch leisten konnte, dann musste sie es eben unterbrechen und endlich Klarheit bekommen. „It's not true, Conan!“, weckte ihn eine aufgebrachte, aber auch leicht verunsicherte Jodie Starling aus seinen Gedanken. Ihre Stimme hatte einiges an Sicherheit eingebüßt und das konnte der Moment Ruhe, in dem Conan und Mireille unter sich waren, nicht wettmachen. „Sag ihr, das es eine Lüge ist! Sag es ihr... sag... sag es mir..., please.“ Das Bitte war kaum noch hörbar, so sehr erstarb ihre Stimme gegen Ende. Je leiser sie wurde und je länger er ihr nicht antwortete, desto mehr Flüssigkeit füllte langsam ihre Augen. Es war unglaublich, dass sie sich noch mal so in der Öffentlichkeit, in der Gegenwart einer Verbrecherin so gehen lassen würde, Tränen zu vergießen... aber es ging nicht anders. Sie brach gerade ein in einen unendlich tiefen See aus Schuldgefühlen und Anschuldigungen. Das letzte Wort war nur noch ein verzweifelter Hilferuf, sie aus diesem Albtraum zu wecken. Einen Hilferuf, von dem sie schon wusste, er würde ihn nicht mehr erhören. Dieser Junge, dem sie so sehr vertraute... sollte sie so direkt angelogen haben, ihr etwas verheimlicht haben, von dem er wusste, wie wichtig es für sie war? Wie unglaublich wichtig... 'Maybe... now I know how Mori feels... Ran!?' Ihre Augen drückten ihren Schrecken so deutlich aus, dass es auch Mireille überraschte. Mit ironischem Blick legte sie den Kopf leicht schief. „Ach, hatten Sie gerade eine Eingebung, dass Sie noch einen Auftrag zu erledigen hatten?“ „You... wait... this was a trick!“ Jodies Gedanken überfluteten gerade ihren Kopf. 'Jetzt wird mir alles klar. Der Windstoß, von dem sie sprach, der Conan entlarvte. Während dieses Moments hielt sie kurz inne. Sie wollte sagen, dass ich den Auftrag hatte, Ran zu suchen, sagte danach aber nur „jemanden“, nicht den Namen. das heißt, Conan...' „Conan!“, schrie sie ihn wie aus Trance gerissen, an. „Ran und ihr Vater sind hier im Park!“ „Was?!“ Nun war auch er alle äußerliche und innerliche Ruhe los. Sie waren hier? Heute? Nach der Diskussion am Morgen mit Onkel Kogoro?! Warum? „Dann geht endlich und sucht sie!“, unterbrach Black schließlich herrisch. „Im Moment ist Shuichi Akai in ihrer Nähe, aber das Problem ist, dass Ran scheinbar die Zielperson gefunden hat. You have to go and help her to get out, Mr. Holmes!“ „Verdammt, das hatten Sie gekonnt ausgelassen in Ihrer Rede.“, warf er wütend Mireille ins Gesicht. „Wärst du denn sonst so lange hier geblieben, um unsere Diskussion zu Ende zu hören? Ich würde Mr. Black übrigens zustimmen, dass ihr mal machen solltet, denn...“ Sie holte ihre Taschenuhr heraus, ließ die Musik beim Aufklappen auf sie wirken. Erneut bemerkte Conan in ihren Augen diese kurze Melancholie, die sie überkam. Dann schloss sie sie mit Druck wieder und die Melancholie verschwand, als wäre sie nie da gewesen. „... in fünf Minuten ist es schon drei Uhr und das nächste Feuerwerk beginnt!“ „Die Scharfschützen!“, erschrak Jodie. „Andererseits... im Moment ist Ran noch in Sicherheit. Kirika kümmert sich darum.“ Conan hörte zwar noch zu, rannte aber schon los, und zog Jodie förmlich mit sich. „Kommen Sie schon!“, fauchte er wie ein wütender Löwe, als sie doch noch stehen blieb, ihn leicht benommen ansah. „Y-Yes, I'm coming.“ 'I'm coming... for now. But this is not yet over, Kudo!' Black beobachtete angespannt, wie sich die beiden entfernten, bevor er sich wieder Mireille zuwandte. Sein tiefer, ruhiger Blick schien durch die Abwesenheit anderer weiter an Größe zu wachsen. Er fühlte sich erstmals in der Lage, sich wirklich Noir zu stellen. „You look quite well... Ms. Bouquet.“ „Merci, Monsieur Black...“ Sie musste unweigerlich erneut schmunzeln, trug er doch den gleichen Namen, den auch sie, wenn auch im Geheimen, benutzte. Man konnte ihm ansehen, dass er den Witz auch verstand. „Ironie, nicht wahr?“ „Ich gebe zu, jetzt bin ich ein wenig beeindruckt, dass Sie wissen, wer ich bin.“, gestand Mireille ohne Scheu. Es erheiterte sie sichtlich, mal mit jemandem außerhalb der Soldats reden zu können, der mehr kannte, als die Oberfläche von allem. Mehr sah als andere. „Wissen... wäre bis vor kurzem wohl Übertreibung gewesen. Ich hatte es geahnt, aber Sie haben es erst bestätigt.“ „Ist das die berühmte Altersweisheit, die Ihnen das verraten hat?“ „Muss ich mich vor jemandem rechtfertigen, der angeblich 20 mal älter ist als ich?“ Jetzt lachte Mireille wirklich herzlich auf. Und James konnte nicht unterdrücken, ebenfalls zumindest die Lippen anzuheben, obwohl er es nicht wollte. Es war weder ein gespieltes noch ein überhebliches, arrogantes Lachen. Es war... ehrlich. Sie krümmte sich vor Lachen; ihre verschränkten Arme verformten sich, weil sie sich den Bauch halten musste. Es vergingen sicher dreißig Sekunden, bis sie wieder ruhiger wurde. Für ihn hingegen war die Sache mehr als ernst, aber anders konnte er ihr gar nicht entgegen treten als mit dieser offenen Art, einem Witz auf den Lippen, sonst fast wie immer. Alles andere würde sie als schlechtes Spiel durchschauen. „Touche, mein Lieber. Sie haben also wirklich von diesen Legenden gehört?“ „Mhm... man hört viel im Laufe der Jahrzehnte, wenn man dauernd mit allen möglichen Verbrechern zu tun hat. Aber geglaubt hätte ich es bis zu Ihrem Auftritt auch nicht. Ja, Les Soldats waren mir bekannt und auch, dass ihre Gründungszeit in etwa mit der Ihres Ursprungs zusammen fiel, was einen Zusammenhang andeutete. Von den Jungfrauen mit den schwarzen Händen, den Händen der Soldats... von diesen Legenden habe ich schon gehört. Nun ja, und dann kommen zwei Frauen, die Attentäter sind, auf diese Insel und zeigen offen ihre...“ Er zögerte kurz, als er Mireille's finsteren Blick gewahr wurde. „ihre... Beziehungen zu den Soldats... das hat mich dann schon stutzig gemacht.“ „Ach... aber das klingt doch mehr als suspekt, finden Sie nicht? Ich hätte dann eher auf eine Schmierenkomödie der Soldats getippt, die mit unserem Namen andere Leute erschrecken wollten.“, konterte sie skeptisch. „Und das ist die Alterssenilität, Ms. Bouquet. Ich hatte es irgendwie im Gefühl... dass es mehr als ein Spiel war. Außerdem... ich bin mir schon sicher, dass Sie keine eintausend Jahre alt sind. Aber Sie könnten unabhängig davon ja ausgebildet sein, trainiert von den Soldats. Sie könnten schon... die Beste sein.“ „Die Beste? Hm... nein, da kann ich Sie beruhigen, Monsieur Black. Egal wie gut jemand ist, es gibt immer jemanden...“ Bis eben schaute sie eher, als sei sie nicht ganz bei sich, immer noch etwas auf einer höheren Ebene, von der sie auf ihn herab blickte. Nun aber sah sie ihn direkt, scharf an, ihr Lächeln bekam etwas fratzenhaftes, unwirkliches... dämonisches. „..., der noch besser ist.“ Er schluckte schwer bei ihrer Mimik, suchte die Antwort auf die Frage, die sie aufwarf. „Y-Yuumura?“ „Oui.“ „Diese Kirika... sie ist die bessere von Ihnen beiden?“ „Viel besser... Sie haben keine Vorstellung, wie gut sie ist.“ „Wie gut?“ Er war jetzt noch unsicherer geworden und das konnte er auch nicht mehr verbergen vor ihr. Die ganze Art, wie Mireille sich präsentierte, wie sie ihre Qualitäten darstellte, ihre Fähigkeiten als einzelne Trümpfe ausspielte, durch die sie sich über die Agenten, sowohl vom FBI als auch vom CIA, emporhob, das alles war selbst für ihn kaum zu ertragen. Und er wusste immerhin, dass sie Noir war! Er fühlte sich um das winzige Stück des Halbwissens mehr der Begegnung gewachsen, als Jodie oder Shuichi. Deshalb wollte er sie raushalten; er wusste, auf was man sich einließ bei ihr. Den Tod. Nicht mehr und nicht weniger. Und dennoch war es praktisch schon zu viel für ihn. Die Vorstellung, dass die zweite von den Jungfrauen mit den schwarzen Händen noch viel... 'mächtiger' sein sollte, noch tödlicher, noch unüberwindlicher, als diese Frau, die vor ihm stand, schien ihm einfach absurd. Das konnte nicht sein, unmöglich. Und doch wusste Mireille genau, wie sie dieser ablehnenden Haltung den Todesstoß versetzen konnte. „Immerhin... ist sie diejenige..., die Noir getötet hat.“ Conan hatte beim Laufen mehr Schwierigkeiten, als er dachte. Zum einen war Jodies Tempo für seinen Körper schlicht zu heftig, auch wenn er um keine Sekunde später bei Ran sein wollte, als absolut notwendig. Zum anderen ließ ihn der Gedanke an ihre Anwesenheit einfach nicht mehr los. 'Verdammt. Ich hatte Onkel Kogoro doch überzeugt, Ran nicht hier her zu bringen. Was hat nur seine Meinung... Oh nein, er wird doch nicht meinen Ausbruch...' Zähneknirschend wurde ihm klar, was passiert ist. 'Ich Idiot. Kogoro muss stutzig geworden sein, wie extrem ich reagierte. Und prompt interessiert er sich wirklich dafür und kommt her.' So sehr er sich über sich selbst ärgerte, vergaß er nicht, dass auch sein ständiger Wirt einen eben solchen logischen Fehler begangen hatte. Nämlich übersah Kogoro Mori, dass im Falle einer Gefahr als Ursache für Conans striktes Ablehnen, zum Park zu gehen, er nicht seine Tochter mitbringen sollte. 'Aber wahrscheinlich wird Kogoro immer noch nicht in Betracht ziehen, dass meine Aktionen bewusst etwas mit Gefahr zu tun haben...' Als Jodie klar wurde, dass der einzige Effekt, den es hatte, so schnell wie möglich zu laufen, darin bestand, Conan erneut aus den Augen zu verlieren, drosselte sie sich etwas, so dass der Junge hinterher kam, ohne völlig aus der Puste zu geraten. „Machen Sie hin, ich schaffe das schon!“, hustete er zwischen zwei kräftigen Atemzügen. Was musste dieser Park auch so verdammt groß sein. „Es nützt nichts, wenn du bei Ran ankommst und umfällst, Kudo. Dann nützen weder ihr noch dir, noch sonst irgendwem auch deine besten Ideen in irgendeiner Form.“ Er verstand die Anspielung auf Mireilles Worte. Die Ansicht, Jodie würde unüberlegt handeln, sobald es um Vermouth ging, und dass der kleine Detektiv sie teilte. Insbesondere hatte Jodie ihn noch nie Kudo genannt. Ein Zeichen persönlicher Distanz, die momentan zwischen ihnen bestand. Cool Kid, selbst unter dem Aspekt, dass es ihn als Kind deklarierte, kam ihm auf einmal wie eine so angenehme und entfernte Vergangenheit vor. Er drosselte sich selbst auf ihr neues Tempo ein, vermied aber zunächst weiterhin direkten Blickkontakt. „Why?“ Keine Antwort. Sie suchte seinen Kopf, der stur geradeaus gerichtet war und offenbar bereits Pläne auskalkulierte, wie Ran aus dem Park zu kriegen sei und das möglichst ohne, dass die Organisation auf sie aufmerksam wurde... oder in dem Fall, das sie sie schon bemerkt hatten, wie es anzustellen sei, sie als unbedeutende, unwissende Person hinzustellen und sie damit für die Männer in Schwarz als obsoletes Detail erscheinen zu lassen. Und diese Gedankenkette wollte sie auch nicht wirklich unterbrechen, nur... es nagte ziemlich an ihr, was Mireille sagte. Damit alleine könnte sie umgehen, aber dass Conan es stillschweigend absegnete, hatte bei ihr sehr tiefe Narben hinterlassen. Sie musste einfach... „Können wir darüber nach dem Fall sprechen?“, las er ihre Gedanken und antwortete abweisend. „Mhm... am I... really that easy seen through?“ „Weil ich Ihre Gedanken gelesen habe, genau wie Mireille vorhin? Nein, nicht in diesem Fall, dafür hätten zu viele genauso reagiert; es war nur sehr naheliegend.“ Sie seufzte. Viel besser war die Antwort aus ihrer Sicht nicht. Sie war wohl ziemlich... gewöhnlich in jemandes Augen, der von einem Schrumpfgift verjüngt wurde... oder jemandem, der die Soldats besser kannte. „Kannst du es mir denn erklären, Conan? Warum du mir nicht erzählst, was hinter dem Tod meiner Eltern wirklich steckt?“ „Es würde nichts ändern, Miss Jodie.“, konterte er nachdenklich. „Es war Sharon Vineyard, es war ein geplanter, ausgetüftelter Mord, so weit lagen Sie ja richtig.“ „But...? Kommt da noch eine Ergänzung, wo ich dann falsch liege?“ Er biss sich unsanft auf die Zähne. „Ich sagte doch, Sie können nichts am geschehenen ändern. Die Art des Verbrechens und der Täter bleibt erhalten, lediglich das Motiv ist... etwas anders, als Sie denken. Aber das ist... das ist doch für die Verfolgung eigentlich irrelevant.“ Er wollte es jetzt partout nicht aussprechen. Ein Satz zum genauen Sachverhalt der Ereignisse von vor 20 Jahren und Agent Starling würde nicht mehr aufhören, ihn zu löchern. Dafür war doch später noch beliebig viel Zeit... Jodie biss sich beinahe die obere Hautschicht von der Unterlippe ab. „Na schön, aber sobald der Fall vorbei ist... noch heute, klar?“ Ihre Augen funkelten scharf. Sie fühlte sich, als musste sie gerade jedes bisschen Würde, welches sie ihr Eigen glaubte, runterschlucken, nur um diesem Jungen seinen Willen zu lassen. Und dennoch... er hatte diesmal, mal wieder, recht. Jetzt war wirklich nicht der Zeitpunkt, darüber zu diskutieren, was gewesen ist und sowieso fest steht. Was nun oder später, ohne Veränderung der Realität, erörtert werden konnte. Jetzt hingegen ging es um eine noch lebende Person, die beiden auf ganz unterschiedliche Art wichtig war und die in Lebensgefahr schwebte. „Also gibt es tatsächlich eine offizielle Zielperson der Organisation?“, begann Conan damit die eigentliche Diskussion. „Ich weiß ja nicht, was du die ganze Zeit über gemacht hast. Wir haben aufgeteilt Informationen besorgt. Kanin hat offenbar was mit der Organisation zu tun, aber die sind sich nicht ganz grün. Nun hatte er zwar ein paar Sicherheitsmaßnahmen seinerseits vorbereitet, aber die wurden bereits von Korn und Chianti überwunden und...“ „Nein.“ „Wie... nein?“ „Akai hat wegen des Telefonats zum falschen Zeitpunkt Kanin verlassen.“ „How... you were there?!“ „Auch ich sah Kanin als zentralen Drehpunkt in dieser Scharade. Deswegen hab ich mir einen kleinen Ausguck von einem der Bäume besorgt. Von da aus konnte ich nicht nur das Gespräch mit Gin verfolgen, sondern auch sehen, was unmittelbar nach dessen Ende war.“ Er zögerte kurz, als er an die Worte Kanins und sein hämisches Lachen dazu dachte. „Es war alles nur Show. Was immer Kanin geplant hatte, ging deutlich weiter als besagte Sicherheitsleute. Ich glaube sogar er hat damit gerechnet, dass die Organisation diese aus dem Weg räumen wollte.“ „You mean... er hat das alles so geplant, wie es passiert ist und seine eigentlichen Trümpfe stehen noch aus? Aber das würde bedeuten, er hätte wissentlich den Tod zweier unschuldiger in Kauf genommen“ „Mhm... das oder...“ „Oder... was?“, hakte Jodie nur noch verwunderter nach. „Na, wenn er wirklich das alles mit eingeplant hatte...“ „... No way...“ „Wer weiß. Hideichi Kanin hatte, gerade in der letzten Zeit, Schlagzeilen gemacht mit einigen als 'genial' titulierten Marketing- und Geschäftsstrategien. Deswegen war ich auch mit der 'wahren Zielperson' etwas skeptisch. Doch wenn dort wirklich eine ist, wird Kanin schon etwas mit dieser Person planen. Mir macht aber momentan etwas anderes mehr zu schaffen. Kir.“ „Du meintest doch zu Bouquet, du wüsstest, wo sie ist.“ „Weiß ich auch. Auf dem Damen-WC, auf dem steht, es wäre defekt.“ „Aber da... hatte ich doch geklopft!“ „Sie vergessen, dass Rena Mizunashi eine Doppelagentin ist, Miss Jodie. Wäre sie einfach so überwältigt worden, scheint es merkwürdig, dass sie nicht antwortet, wenn jemand bekanntes kommt. Allerdings muss sie immer zwischen zwei Extremen balancieren. Zum einen versuchen, die Organisation daran zu hindern, Verbrechen im großen Maßstab zu fabrizieren; zum anderen, nicht durch diese Aktionen auffallen. Ich denke, so wie es sich verhält, ist sie durchaus nicht abgeneigt, nicht zu tief in so einem größeren Fall drin zu stecken.“ „Aber das wäre doch...“ „Ich weiß, nicht ganz gemäß ihrem NOC-Auftrag. Das will ich auch nicht wirklich anzweifeln. Aber wenn sie überwältigt wird, lebt sie fast besser damit, offiziell nicht aus dem Versteck zu kommen, als wenn sie durch Sie zum Beispiel frei käme, dann folglich Kontakt zum FBI aufnehmen würde, und sich unmittelbar danach wieder der Organisation stellen müsste.“ „Also hat Bouquet sie... überredet, wenn auch mit etwas Nachdruck, vermutlich.“ Conan zog seine Augenbrauen ungewöhnlich eng zusammen. „Und genau das verstehe ich nicht. Was genau hat Mireille Bouquet davon, gerade Kir außer Kraft zu setzen, die selber gegen die Organisation arbeitet? Ich meine... wem nützt das und warum?“ „Stimmt, merkwürdig ist das schon... allerdings nur, wenn man einige Parameter voraussetzt, die wir nicht sicher haben können. Zum Beispiel, ob Bouquet und Yuumura nicht selber für die Organisation arbeiten. Oder ob sie wirklich über die Soldats von den Plänen der Organisation... und Kanins wohl auch... informiert sind.“ „Ja, aber beides können wir als gesichert ansehen...“ „Warum?“ Er schwieg. 'Great... I really enjoy, how open our new openness is.' „Mireille Bouquet...“, antwortete er schließlich doch, als ihn ihr wütender Blick wie Messerstiche traf. „Sie hatte mich hierher eingeladen, weil sie etwas von mir wollte.“ „Und was?“ „Das weiß ich nicht... Sie hatte es mir nicht gesagt...“ Sie schien es zu akzeptieren, aber mehr konnte er bis jetzt auch einfach noch nicht sagen. „Weiß eigentlich die Organisation über Kirs Fähigkeiten Bescheid?“, setzte er nach einem Moment erneuten Schweigens an. „Wie meinst du das?“ „Na haben die sie nur engagiert, weil sie Reporterin ist, oder haben sie, auch ohne was über ihre CIA-Zugehörigkeit zu ahnen, vielleicht ne Vorstellung davon, was sie so alles besonderes kann?“ „Oh, ihre Fähigkeiten, die sie als Agentin besitzt... Schwierig, aber zum Teil wohl schon. Wenn man den kursierenden Informationen um Rena Mizunashi glauben darf, ist es bekannt, dass sie über sehr feine Sinne verfügt und ihr selten etwas aus ihrer Umgebung entgeht.“ Conan verfiel unmittelbar in Nachdenken. 'Angenommen, sie kennen ihre Fähigkeiten, haben sie intern sogar noch gesteigert, dann könnten diese vielleicht der Grund für Noirs Eingreifen sein. Nur... bleibt auch dann die Frage, was genau sie verhindern wollten, dass sie tut, und wem das etwas nützt?' „Maybe... vielleicht sollte ich doch hin und sie unbemerkt befragen. Ich krieg' das schon hin. War ja wie gesagt vorhin auch schon da.“ „Moment mal!“ Nun hielt Conan tatsächlich an. Der Gedanke traf ihn wie ein Blitz. „Sie waren dort in der Nähe, unmittelbar, nachdem Mireille Kir überwältigt hat?“ „Y-Yes...“ „Verdammt! Wir müssen vom Hauptweg runter, Miss Jodie! Sofort!“ Er sah auf die Uhr. Nur noch eine Minute und ein paar Sekunden bis 15:00 Uhr und dem nächsten Feuerwerk. Ran, Akai und die Zielperson, von der beide immer noch nichts wussten, würden sie niemals erreichen. 'Oh nein, Ran!' Und dann lief er wieder los, zunächst ein Stück vom Weg weg, dann wieder Richtung Parkmitte. „What?“ Der Satz hatte gesessen und so sehr der alte Mann sich auch zur Ruhe zwang, konnte er ein lautes, kräftiges Einziehen der Luft, das nötig war, um sich von dem Schock zu erholen, nicht unterdrücken. Als er den Augenblick, in dem er stocksteif gefroren war, überstanden hatte und langsam wieder zu sich kam, stand Mireille mit einem Mal unmittelbar vor ihm, lächelte ihn hinterlistig an. „That is... impossible. You are...“ Aber Mireille legte den Zeigefinger sanft auf die Lippen des alten Mannes. „Shht. Sie haben schon recht... es gab so etwas, wie eine Ausbildung bei den Soldats.“ Sie rückte ihm immer näher auf die Pelle, sah ihn dabei immer bedrohlicher an. Er merkte nicht mal, wie sie parallel aus ihrer Tasche ein Stofftaschentuch hervorholte, bis... „Was... lassen Sie das... ah!“ Dann sah er vor sich nur noch den Lauf der Pistole. Nicht irgendeiner Pistole und nicht den der Walther von Mireille. Nein, es war seine eigene Dienstwaffe, die sie ihm klammheimlich aus dem Halfter unter seinem Jackett gezogen hatte, während er sie nur ansehen und nicht reagieren konnte. „Sie wollen doch nicht jemand anderes Fingerabdrücke auf Ihrer Waffe haben, Mr. Black. Wie macht sich das denn in der Vita, wenn sich ein so engagierter Special Agent seine Waffe von einer Frau wegnehmen ließe? Es ist mehr als bedauerlich, dass ich schon zu viel gesagt habe. Aber Sie konnten ja nicht aufhören zu fragen. Dafür müssen Sie sich an Ihre eigene Nase fassen.“ Er schluckte, merkte, wie jede Bewegung in ihm verkrampfte. Dann schien er zu akzeptieren. „Leave... leave my agents alone!“, kam es mehr bittend als drohend. „Ich will nichts von Ihren Agenten.“ „But... what... do you want then?“ „Beenden, was ich vor vier Jahren begonnen hatte.“ Wenige Sekunden später, als Jodie und Conan noch durch den Wald jagten, als Kogoro und Shiratori sich unwissend auf sie zu bewegten, als Ran und Shinto, unmerklich verfolgt von Akai und Kanins Leuten sich einen Platz für das Feuerwerk suchten, wurde die erste Rakete in den Himmel gefeuert. In nächsten Moment, als sie mit Getöse und einer leuchtend weißen Fahne explodierte, wurden vier Schusswaffen, von Korn, Chianti, Kirika und Mireille, gleichzeitig abgefeuert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)