Mein einzigartiger Engel von xXSasukeUchihaXx (Kratos x Raine x ?) ================================================================================ Kapitel 19: Unendliche Sehnsucht -------------------------------- "Ich werde in einigen Stunden die Erde erreichen, Yuan" berichtete der Braunhaarige und legte ein zaghaftes Lächeln auf, als er den erleichterten Gesichtsausdruck seines besten Freundes erspähen konnte. Das Kontrollsystem funktionierte wieder und er hatte einen zuverlässigen Engel gefunden, welcher an seiner Stelle die Engel beschützen und sie sicher zu einem neuen Planeten bringen würde. Lange und sehr intensiv hatte er in den letzten Tagen nachgedacht und seine Entscheidung war nun endlich gefallen. Selbst wenn Raine nun einen anderen Mann an ihrer Seite hatte, so wollte er sie wenigstens noch einmal sehen, bevor er ein weiteres Mal die Welt bereisen würde, um sein Wissen zu erweitern. "Wirst du ihr von deinen Gefühlen erzählen?" erwiderte der Halbelf, denn im Moment erschien ihm die gesamte Situation sehr schwierig. Sicher, er hatte Richter beschimpft und sogar bedroht, aber eigentlich konnte er dem Langhaarigen keine Vorwürfe machen. "Ich weiß es nicht. Du hast mir doch erzählt, dass Raine mit ihm... Wie auch immer... Ich möchte ihr Leben nicht noch einmal auf den Kopf stellen. Vielleicht ist sie glücklich mit ihm und sollte dies der Fall sein, so würde ich ihr Glück zerstören". Der Braunhaarige seufzte und natürlich hatte Yuan's Vermutung unsagbar geschmerzt, denn die Frau, die er so unsagbar liebte, wäre angeblich mit einem anderen Mann im Bett gewesen. Kratos konnte ihr jedoch keine Vorwürfe machen, denn dieses Recht besaß er nun mal nicht. Er war weder mit ihr verheiratet, noch waren sie ein offizielles Liebespaar. "Meinst du? Ich denke, dass er für Raine nur ein Trostpflaster ist, auch wenn er bereits Gefühle für sie entwickelt haben sollte. Ich denke nicht, dass Raine ebenso fühlt. Vielleicht hat sie sogar beim Beischlaf an dich gedacht. Frauen sind bei solchen Sachen ziemlich...". "Also Yuan... Diese Unterhaltung sollten wir keineswegs fortsetzen" unterbrach Kratos seinen besten Freund und konnte die Röte auf seinen Wangen kaum verbergen. Yuan räusperte sich, nicht ohne ein gehässiges Grinsen auf seinen Lippen erscheinen zu lassen. Mit dieser Reaktion war er äußerst zufrieden, weswegen er nochmals seine Stimme erhob. "Ich zähle auf dich und wenn du ihr deine Gefühle nicht gestehst, werde ich es tun". Der Halbelf ließ Kratos keine Zeit, um ihm eine Antwort zu erwidern, sondern trennte die Verbindung und ging zurück in sein Büro. Er würde nun warten und dieses Mal nicht die guten Neuigkeiten verkünden. Nein, seine Freunde würden Augen machen, wenn Kratos plötzlich vor ihnen stünde. Zur gleichen Zeit erhob sich Richter aus seiner hockenden Haltung, straffte seine Gestalt und betrat das Zimmer, in welches Raine auf dem Bett lag. Seine Hoffnungen waren auf einen Schlag zertrümmert worden, aber er war von Anfang an auch auf dieses Ende gefasst gewesen. "Ich sagte doch, du wirst die Nacht mit mir bereuen. Ich kann nur noch eines für dich tun. Dir ein guter Freund sein und mit dir auf Kratos warten, weil dein Herz niemals aufhören wird, für ihn zu schlagen". Ein müdes Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er ihr diese Worte zuflüsterte und sich ein letztes Mal einen Kuss von ihr stahl. "Raine... Wir sollten gehen" murmelte er und rüttelte leicht an ihrer Schulter. Die blauen Augen öffneten sich müde, ehe Raine einige Male blinzelte und Richter über sich erkennen konnte. "Ich muss wohl eingeschlafen sein" dachte sie sich und setzte sich langsam auf. Nur kurz ließ sie ihre Augen durch das Zimmer schweifen und allmählich begann sich die junge Professorin zu erinnern. Sie war noch immer mit Richter in der versunkenen Stadt. Ja, die damalige Stadt der Engel. Ihr Blick fiel schließlich auf das Bild, welches sie noch immer mit ihren Händen umklammerte. Traurig sah Raine erneut zu Richter auf, öffnete ihren Mund, doch kein einziger Laut kam über ihre Lippen. "Du bereust es... Ich weiß, weil du ihn so sehr liebst" lächelte der Langhaarige traurig und strich ihr einige Haarsträhnen hinter ihr Ohr. "Ich werde mit dir auf Kratos warten. Mehr kann ich nicht mehr für dich tun, Raine, auch wenn...". Richter beugte sich leicht vor, lehnte seine Stirn gegen ihre Schulter und seufzte leise aus. "Auch wenn du mir inzwischen weitaus mehr bedeutest" sprach er leise seine Gefühle aus. Er wusste, mit seinen Worten konnte er ihr Herz nicht mehr berühren, aber zumindest wusste Raine nun, dass er sie wirklich sehr mochte und sein Leben für sie riskieren würde. "Ich...". "Komm... Dein Bruder macht sich sicher schon Sorgen um dich" unterbrach er Raine und stieg vom Bett. Er wollte nicht länger mit ihr in diesem Zimmer bleiben, wollte dieses Gebäude und einfach diese Stadt verlassen, welche er nie hätte betreten sollen. Eigentlich hatte er ihr doch nur eine kleine Freude machen wollen, doch nun musste er seine Hoffnungen und auch seine Träume aufgeben, weil Raine nun mal einen anderen Mann liebte. Wäre die junge Halbelfe nicht so eine liebenswürdige und vor allem sehr zerbrechliche Frau, wäre er einfach ohne ein Wort verschwunden, aber im Moment brauchte sie seine Hand, brauchte seinen Halt und vor allem seine Schulter, um sich nicht in einem Meer aus Einsamkeit und Kummer zu verlieren. Raine nickte ihm leicht zu, ergriff seine behandschuhte Hand und blickte zu ihm auf. "Richter...". "Hör auf, dich bei mir entschuldigen zu wollen. Ich wusste es doch von Anfang an, verdammt noch mal" unterbrach er sie ein weiteres Mal, dieses Mal jedoch schreiend und abweisend, ehe er das Zimmer verließ und den Rückweg antrat. Raine blieb noch einige Sekunden an Ort und Stelle stehen, wendete sich dem Nachttisch zu und zog eines der Schubladen auf. "Ein Tagebuch" dachte sie sich und nahm ein blaues Buch zur Hand. Rasch durchblätterte sie die ersten Seiten und erkannte diese schöne Handschrift. Vielleicht erfuhr sie in diesem Tagebuch, warum die damalige Stadt der Engel gegründet und anschließend versunken war. Das Bild und das Tagebuch in ihrer Umhängetasche verstauend, verließ auch sie endlich das Zimmer. Vermutlich würde die Heimreise schweigend verlaufen, aber konnte sie es dem Langhaarigen verübeln. Raine hatte ihm falsche Hoffnungen gemacht und nun war ihre Affäre, wenn sie diese kurze Beziehung so bezeichnen durfte, beendet. Richter hatte allen Grund so wütend zu sein, weswegen sie ihm keine Vorwürfe machte. Nein, eher machte sich Raine selbst Vorwürfe, denn sie hatte nicht nur Richter verletzt, sondern auch sich selbst. Mit einem Kompromiss wäre sie nicht glücklich geworden, aber sollte sie bis zu ihrem Lebensende auf einen Mann warten, welcher vermutlich für immer verschwunden war? Die junge Professorin wusste es nicht und durchquerte schweigend die Eingangshalle, ehe sie nochmals vor einem Bild stehen blieb. Ihre Hand erneut hebend, strichen ihre Finger erneut über die gemalte Wange, dessen Haut ihr noch immer sehr wohl in Erinnerung geblieben war. Ebenso konnte sie seine weichen Lippen nicht vergessen, mit denen er sie geküsst hatte. "Kratos..." hauchte Raine und lehnte ihre Stirn an die kühle Wand, während sie ihre Augen für einige Sekunden schloss. Kein Mann war bisher so liebevoll zu ihr gewesen, nicht einmal Richter, welcher sich in den letzten Tagen soviel Mühe gegeben hatte. "Ich wollte einen Neuanfang machen, aber... Ich kann dich nicht vergessen. Ich... Ich vermisse dich, Kratos. Ich vermisse deine Stimme, deine Fürsorge und... Ich werde vor Sehnsucht sterben, wenn ich dich nicht irgendwann wiedersehen darf". Richter blieb in einiger Entfernung vom Gebäude stehen, versuchte seinen Kummer zu bekämpfen und blickte zur gläsernen Kuppel auf. Er hatte seine Stimme nicht erheben wollen, aber die gesamte Situation lief nicht spurlos an ihm vorbei, bereitete ihm höllische Schmerzen in seiner Brust und auch wenn er Raine nun am liebsten alleine lassen wollte, so konnte er es nicht. Nein, er biss lieber in den sauren Apfel, würde ihr Halt geben und ihr auch weiterhin ein guter Freund sein. Leise Schritte holten ihn aus seine Gedanken, ehe er über seine Schulter blickte und Raine in einiger Entfernung zu ihm erkennen konnte. "Sei stark und warte auf ihn. Ich werde nicht von deiner Seite weichen, Raine. Du hast mein Wort" murmelte er, wollte er ihr nochmals versichern, dass er dennoch bei ihr bleiben würde, auch wenn er höllische Qualen in ihrer Anwesenheit erleiden würde. Ein leiser Seufzer entwich seinen Lippen, ehe er sich zu ihr umwendete und seine Hand leicht lächelnd nach ihr ausstreckte. Raine lief die wenigen Schritte zu ihm, ergriff seine Hand und sah zu ihm auf. Ja, er würde sein Wort halten, auch wenn seine Augen diese tiefe Traurigkeit ausstrahlten. Gemeinsam liefen sie den Gang hinab, ehe sie die Leiter zur Oberfläche erreichten. Die junge Halbelfe sah sich um, dämmerte es bereits und die ersten Sterne leuchteten am Himmel. Wie lange hatte sie wohl geschlafen? "Du hast einige Stunden geschlafen" erklärte Richter und atmete die kühle Abendluft ein. Im Untergrund war die Luft sehr stickig gewesen, doch weitere Gedanken konnte er sich nicht machen, da Raine ihre Flügeltasche aus ihrer Umhängetasche holte und den Rheaird erscheinen ließ. Ohne ein Wort zu verlieren, setzte sich Raine auf den Sitz, spürte im nächsten Moment zwei Hände auf ihre Hüftknochen und zuckte merklich zusammen. Verwundert, weil ihr diese zaghafte Berührung sehr vertraut erschien, warf sie einen Blick über ihre Schulter, ehe sich ihre blauen Augen weiteten. "Kratos?" fragte Raine leise, ehe das Bild vor ihr verschwamm und sie in das Gesicht des Langhaarigen sah. Eine Einbildung, war ihr nächster Gedanke, wendete sich wieder um und startete den Antrieb. Ihre Sinne spielten ihr Streiche, weil diese zaghafte Berührungen einige Erinnerungen in ihr wach gerufen hatten. Warum? Wieso beherrschte er nur so sehr ihre Sinne? Ein leiser Seufzer erklang hinter ihr, während Richter seinen Kopf auf ihre Schulter und seine Augenlider sinken ließ. Er bemerkte nicht einmal, wie der Rheaird vom Boden abhob und Raine erneut in Tränen ausgebrochen war. Im Moment konnte er ihr auch nicht helfen, denn Richter war selbst mit seinen Nerven am Ende. Die kommende Nacht würde er nicht bei ihr im Zimmer nächtigen, denn er brauchte wenigstens einige Stunden ein bisschen Abstand. Ihr kleiner Bruder würde zwar einen weiteren Aufstand machen, aber wenn er ihm in ruhigen Worte die jetzige Lage erklärte, würde er es sicherlich verstehen. Nach nicht enden wollenden und vor allem schweigsamen Minuten, erreichten Raine und der Langhaarige hinter ihr Iselia. Genis saß mit seinen Freunden vor dem kleinen Teich, doch nun hob er seinen Kopf und deutete auf den sich nähernden Rheaird. "Raine sieht traurig aus, oder?" murmelte Zelos und beobachtete die junge Professorin, welche zur Landung ansetzte und nur einen Wimpernschlag später den Rheaird in der Flügeltasche verstaute. Ohne ein Wort an ihren Bruder zu richten, betrat sie das Haus und ignorierte die verwunderten Blickte ihrer Freunde. "Genis... Die kommende Nacht werde ich wohl in deinem Zimmer schlafen müssen" erwähnte Richter und strich sich einige Strähnen aus der Stirn. Der junge Halbelf war nun wirklich irritiert, sah kurz zu Lloyd, Colette und Zelos, welche ebenso verwirrt zu sein schienen, ehe er sich wieder Richter zuwendete. "Wenn du mir Gründe nennst... Was ist denn zwischen dir und meiner Schwester vorgefallen?" wollte Genis in Erfahrung bringen, denn er musste Zelos zustimmen. Seine Schwester hatte einen wirklich traurigen Ausdruck in den Augen gehabt, weswegen er sich nun schon wieder Sorgen machte. Jedoch begann Richter nach einigen Minuten zu erklären, wo er eigentlich mit Raine gewesen war und warum die junge Halbelfe nun auch so traurig wirkte. Seine Gefühle erläuterte er jedoch nicht, denn seine Gefühle gingen nur ihm selbst etwas an. Raine saß bereits in ihrem Zimmer auf dem Bett, während sie das Bild von Yuan und Kratos betrachtete. Das Tagebuch lag neben ihr, doch im Moment konnte sie einfach keine einzige Zeile lesen, auch wenn sie sich noch so sehr bemühen würde. "Ja... Ich bin auch enttäuscht von mir, Yuan. Du hast allen Grund, so wütend auf mich zu sein, weil ich... Weil ich vergessen wollte und nun... Ich kann einfach nicht mehr" schluchzte Raine, kniff ihre Augen zusammen, um weitere Tränen zu verhindern und ließ sich auf ihr Bett nieder. Ihr Gesicht verbarg sie im Kissen, drückte das Bild an ihre Brust und holte mit ihrer freien Hand den Umhang von Kratos hervor. Unter ihrem Kissen, neben ihrem Tagebuch, hatte sie den Umhang stets aufbewahrt, während der Abschiedsbrief in der Schublade im Nachttisch zu finden war. "Ich vermisse deinen Geruch" hauchte sie und vergrub ihr verweintes Gesicht in dem Umhang, ließ ihre Augenlider sinken und erinnerte sich an das Bankett. Ihr gemeinsamer Tanz kam ihr unweigerlich in den Sinn, ebenso seine Röte auf den Wangen. Beinahe hätten sie sich auf dem Balkon und unter dem Sternenhimmel geküsst, doch wurde die romantische Stimmung durch ein auffälliges Geräusch zunichte gemacht. Schon beim Bankett hatte sie diese Gefühle für Kratos empfunden, aber Raine hätte sich diese reinen Gefühle nicht eingestehen können. In ihren Augen war der Engel schon immer eine besondere Person gewesen, aber wie würde Kratos auf ihre Gefühle reagieren? Selbst wenn er vielleicht die gleichen Gefühle für sie empfinden könnte, in die Augen sehen konnte sie ihm schon längst nicht mehr. Nein, ihr Vergehen war unverzeihlich und somit auch ihre Liebe aussichtslos. Mit diesen Gedanken schlief sie letzten Endes ein, war sie einfach zu müde und wollte wenigstens für einige Stunden eine Pause, bevor ihre Trauer erneut erwachte. "Richter, würdest du meine Schwester zum Abendessen holen?" murmelte Genis und stellte die Pfanne in die Mitte des Tisches. Es war bereits spät geworden und seine Freunde nach Hause gegangen. Nun hegte er keinen Groll mehr gegen den Langhaarigen, da Raine nach wie vor den Braunhaarigen vermisste, auch wenn Richter ihr für einige Tage wahrlich nahe gewesen war. Genis war sich sogar sicher, dass Richter weitaus mehr für seine Schwester fühlte, aber er schien mit diesem Kapitel abgeschlossen zu haben und blieb auch nur noch, weil er seiner Schwester in der schweren Zeit zur Seite stehen wollte. Richter erhob sich wortlos, lief in den Flur und klopfte zaghaft an die Zimmertür der jungen Professorin. Als er keine Antwort erhielt, betätigte er die Klinke und warf einen Blick ins Zimmer. Raine schien zu schlafen, jedenfalls hörte er ihre Atmung ruhig und gleichmäßig erfolgen. Auch bemerkte er, dass sie den Umhang ihres Liebsten und dieses Bild aus der versunkenen Stadt an ihrer Brust gepresst hielt. Wortlos schloss er die Tür wieder, ging zurück in die Küche und schüttelte seinen Kopf. Genis brauchte keine Erklärung, seufzte leise aus und schöpfte Richter etwas von seiner gemachten Reispfanne auf dessen Teller. Warum konnte Kratos nicht einfach an die Haustür klopfen und mit einem Lächeln auf den Lippen sagen, dass ihm sein damaliges Verschwinden unendlich Leid tat? Aus seinem Wunschdenken gerissen, blickte Genis zur Haustür und legte seinen Kopf leicht schief. Hatte er sich das zaghafte Klopfen nur eingebildet? Es klopfte nochmals und erst jetzt erhob er sich vom Stuhl und warf einen kurzen Blick zu Richter, welcher ebenso neugierig die Tür ins Visier genommen hatte. Langsam lief Genis auf die Haustür zu, betätigte die Klinke und atmete nochmals tief durch. Wer kam denn noch um diese Uhrzeit zu ihnen? Die Tür öffnend und zu einem Mann aufblickend, dessen Anwesenheit er nun nicht erwartet hätte, blinzelte er einige Male, ehe der Mann vor ihm auf sein linkes Knie sank und seinen Kopf gen Boden senkte. "Verzeih mir, Genis. Ich...". Der junge Halbelf wartete nicht lange, schloss den Älteren in seine Arme und vergrub sein Gesicht in dessen Halsbeuge, um seine aufkommenden Tränen verbergen zu können. "Danke... Du weißt gar nicht, wie sehr ich mich freue, dass du wieder da bist, Kratos" murmelte Genis und nun wurde seine Umarmung erwidert. Einige Minuten verweilte Genis noch in den Armen des Braunhaarigen, ehe er sich von ihm löste und sich überhastet die Tränen aus dem Gesicht wischte. "Willkommen zurück, Kratos. Du darfst von nun an nie mehr verschwinden, sonst lernst du den Zorn eines verzweifelten Bruders kennen" drohte er dem Älteren, auf dessen Lippen ein zaghaftes Lächeln erschien und er der Drohung ebenso zaghaft zunickte. Genis ergriff Kratos' Hand, zog ihn mit sich ins Haus und schloss die Haustür hinter sich. Bei all der Freude hatte er Richter vergessen, welcher sich nun vom Stuhl erhob und Kratos argwöhnisch musterte. Der Braunhaarige blieb ruhig, jedoch machte er sich bereit, um sein Schwert zu ziehen, denn die grünen Augen verrieten Verachtung und unbändigen Hass. "Richter Abend... Yuan hat mir von dir erzählt. Du bist der Halbelf, den Raine und ich gesucht haben" erläuterte Kratos unbeeindruckt und behielt den Langhaarigen im Auge. Yuan hatte ebenso erzählt, dass er dessen richtigen Namen nicht aussprechen sollte, da die Vergangenheit von ihm nicht gerade rosig ausgesehen haben musste. "Sehr wohl... Dein feiner Freund hat also seine Drohung wahr gemacht. Warum bist du hier? Willst du Raine erneut das Herz brechen? Kannst du dir vorstellen, wie sehr Raine in den letzten Tagen gelitten hat? Verschwinde wieder, wenn du nicht die Absicht hegst, für immer bei ihr zu bleiben. Lieber lebe ich mit einer einseitigen Liebe, bevor du ihr erneut das Herz brichst und ich... Ich...". Richter brach seinen Satz ab, lief die wenigen Schritte auf Kratos zu und ergriff dessen Kragen, ehe er ihn in seiner blinden Wut gegen die Haustür presste. "Du verdammter Bastard... Weißt du, wie es sich anfühlt, nur die zweite Geige zu sein? Weißt du, wie es ist, wenn dich eine wunderschöne Frau anfleht, ihre Erinnerungen an einen anderen Mann vergessen zu lassen?". Genis wollte schon sein Wort erheben, aber Kratos erhob nun seine Hand und ergriff die Schulter des Langhaarigen, welcher mit dieser Geste nichts anzufangen wusste. Dieser Kerl war nicht einmal wütend, obwohl er ihm gerade etliche Vorwürfe gemacht hatte. Warum? "Ich weiß nicht, wie du dich fühlst und... Es tut mir schrecklich Leid. Ich habe erfahren, dass du ihr Kompromiss bist und das du wahrscheinlich mit ihr... Wie auch immer... Ich mache weder dir, noch Raine irgendwelche Vorwürfe, weil ich gegangen bin. Ich war nicht da, als sie mich brauchte. Vermutlich muss ich mich sogar bei dir bedanken, denn ohne dich...". Kratos brach seinen Satz ab, als Richter seinen Kragen aus den eisernen Griff entließ und ihm nun den Rücken kehrte. "Geh zu ihr. Geh zu ihr und bringe Raine ihr Lächeln zurück. Ich hasse dich so sehr und ich würde dich auf der Stelle töten, aber... Raine braucht dich und ein Kampf wäre ohnehin aussichtslos" murmelte Richter leise, biss sich auf die Unterlippe und ballte seine behandschuhten Hände zu Fäusten. Es war vorbei und er würde sich nun dem Glück der jungen Halbelfe nicht länger in den Weg stellen. Kratos ging nochmals in die Hocke, wisperte Genis noch einige Worte zu, ehe er sich wieder aufrichtete und dem jungen Halbelfen durchs Haar strich. Genis lächelte müde, nickte jedoch dem Älteren zu und sah Kratos schließlich hinterher. Ein leiser Seufzer entwich seiner Kehle, ehe er sich Richter zuwendete und dessen behandschuhte Hand ergriff. "Danke, dass du an das Wohl meiner Schwester denkst. Ich... Weißt du...". "Sei einfach still" unterbrach Richter den Jungen und setzte sich wieder an den Tisch. Er wollte kein Mitleid, auch wenn er sich im Moment beschissen fühlte. Einzig eine mitfühlende Hand spendete ihm Trost, während er seinen Kopf auf seine Arme sinken ließ. Vor der Zimmertür der jungen Halbelfe verharrte Kratos wenige Sekunden, ehe er zögerlich die Klinke betätigte und in das dunkle Zimmer eintrat. Seine Augen erblickten Raine auf ihrem Bett liegen, seinen Umhang umklammernd und das Gesicht in den feinen Stoff verbergend. Auf leisen Sohlen, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, lief er zum Bett, schaltete die Nachttischlampe ein und ging in die Hocke. "Raine... Verzeih mir... Ich war so dumm und... Ich habe meine Gefühle zu spät erkannt" murmelte Kratos, legte seine Hand auf ihren Kopf und genoss das Gefühl ihres seidigen Haares auf seiner Haut. Er hatte sie so sehr vermisst und nun wurde ihm wirklich schmerzlich bewusst, welchen Fehler er bereits gemacht hatte. Vorsichtig schob er den Stoff aus ihrem Gesicht, betrachtete ihren ruhigen Gesichtsausdruck und beugte sich schließlich zu ihr vor. Ebenso vorsichtig legte er seine Lippen auf ihre Wange, unterdrückte einen Schluchzer und vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. "Ich hätte auf Anna hören sollen, aber ich hatte solche Angst um dich. Ich will nicht noch einmal eine geliebte Person verlieren müssen" hauchte er, erhob sich wieder und begann sich zu entkleiden. Er wollte nun einfach nur in ihrer Nähe sein, wollte über Raine wachen und ihr ein bisschen seiner Wärme spenden. Darauf bedacht, wollte Kratos die junge Halbelfe nun nicht wecken, entfernte er seinen Umhang, ehe er verwundert sein Augenmerk auf ein uraltes Bild lenkte, welches Raine mit ihrer Hand umklammerte. Ein leichtes Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er ihr das Bild aus der Hand nahm und es für einige Minuten betrachtete. Natürlich fragte er sich, woher Raine dieses Bild hatte, aber im Moment konnte sie ihm keine Antworten geben, weswegen er das alte Bild erstmal auf den Nachttisch ablegte. Die Zudecke anhebend, seufzte er und ergriff ein bläuliches, auch sehr uraltes, Buch, welches nun zum Vorschein gekommen war. "Du warst in der versunkenen Stadt? Der Zugang ist doch kaum erkennbar" dachte er sich insgeheim und legte nun ebenfalls sein Tagebuch zur Seite. Hoffentlich hatte Raine nicht alle Seiten im Tagebuch gelesen, denn er wollte sich so manch peinliche Situation lieber nicht vorstellen. Leicht den Kopf schüttelnd, legte er sich zu ihr unter die Decke, zog Raine in seine Arme und gab einen erleichterten Seufzer von sich. Die Nacht im Gasthaus kam ihm unweigerlich in den Sinn, erinnerte er sich noch sehr wohl, wie sie seine Nähe gesucht und wie er die junge Professorin in seine Arme geschlossen hatte. Wäre Yuan nicht gewesen, wäre er vermutlich bei ihr geblieben und die Sache mit Richter wäre niemals geschehen. Die Eifersucht, denn Raine hatte wahrscheinlich mit dem Langhaarigen geschlafen, zerfraß Kratos innerlich, aber er konnte ihr keine Vorwürfe machen. Nein, er war ein verständnisvoller Mann und konnte ihre Gefühle verstehen. "Kratos..." murmelte Raine, kuschelte sich näher an die warme Brust vor ihr und legte ein zufriedenes Lächeln auf. "Keine Sorge, meine liebste Raine. Ich habe dich in der Nacht verlassen und bin in der Nacht zurück gekehrt. Noch einmal werde ich nicht gehen. Ich werde nur gehen, wenn du mich nicht länger an deiner Seite wissen willst" murmelte Kratos ihr ins Ohr, strich ihr mit seiner Hand behutsam über ihren Rücken und seufzte wohlig aus, als er plötzlich ihre Arme um seinen Körper spürte. Ein kaum merkliches Lächeln erschien auf seinen Lippen, ehe auch er seine Augenlider sinken ließ und Raine noch ein wenig mehr an seine Brust zog. Nie wieder würde er diese wunderschöne Frau alleine lassen, denn gegen die Liebe gab es kein Heilmittel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)